Das Ziel dieser Arbeit ist, für klein- und mittelständische Unternehmen die Möglichkeiten der langfristigen Mitarbeiter*innenbindung anhand von Benefits für das Personal aufzuzeigen. Zusätzlich sollen diese mit vertrags- beziehungsweise arbeitsrechtlichen Möglichkeiten kombiniert werden. Unter Berücksichtigung beider Methoden, soll zum einen den Unternehmen das Finden von Fachpersonal erleichtert und zum anderen der Fluktuation entgegengewirkt werden. Durch ein passendes Angebot von Benefits besteht die Möglichkeit, sich als Arbeitgeber*innen am Arbeitsmarkt positiv hervorzutun und gegenüber anderen Unternehmen attraktiver für geeignete Bewerber*innen zu sein. Zusätzlich können vertragliche Vereinbarungen sowie für Benefits spezifizierte Anpassungen, eine längere Bindung des Personals ermöglichen. Es wird erwartet, dass die gefundenen Ergebnisse miteinander verknüpft werden können, um der Problematik des Fachkräftemangels entgegen zu wirken.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Forschungsstand und theoretische Grundlage
1.4 Methodisches Vorgehen
2. Employer Branding
2.1 Herzbergs 2-Faktoren-Theorie
2.2 Mitarbeiter*innenmotivation
2.3. Mitarbeiter*innenbindung
2.3.1 Formen der Mitarbeiter*innenbindung
2.3.2 Vorteile für das Unternehmen
2.3.3 Forschungsergebnisse
3. Benefits
3.1 Historische Entwicklung von Benefits
3.2 Aktuelle Nachfrage nach Benefits
3.3 Auswirkungen von Benefits bei Mitarbeiter*innen
3.4 Auswirkung auf das Unternehmen
3.5 Sozialabgaben
4. Maßnahmen zur Mitarbeiter*innenbindung
4.1 Materielle Benefits
4.2 Immaterielle Benefits
4.3. Finanzielle Anreize
4.3.1 Prämien/ Variable Vergütung
4.3.2 Zinsfreie Mitarbeiter*innen Darlehen
4.4 Firmen-KFZ zur Privatnutzung
4.5 Essen und Getränke
4.6. Fortbildung
4.6.1 Interne Fortbildungen
4.6.2 Externe Fortbildungen
4.7. Work-Life-Balance
4.7.1 Gleitzeit
4.7.2 Flexibles Arbeiszeitmodell
4.7.3 Homeoffice
4.8 Gesundheitsmanagement
4.9 Effizienzkontrolle der Maßnahmen
5. Juristische Grundlagen für Bindungsmaßnahmen
5.1. Standortvergleich Österreich/Deutschland
5.1.1 Gesetzliche Unterschiede
5.1.2 Kollektivvertrag/Tarifvertrag
5.1.3 Kündigung und Abfertigung
5.2 Kollektivvertrag
5.3 Kündigungsfristen
5.4 Konkurrenzklausel
5.5 Ausbildungskostenrückersatz und Bindungsdauer
5.6 Mitarbeiter*innenbeteilung
5.7 Mitarbeit*innendarlehen
5.8 Widerrufsverobehalt
6. Abschluss
6.1 Fazit
6.2 Handlungsempfehlung
6.3 Ausblick
7. Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Grafik 01: „Hygienefaktoren“
Grafik 02: „Modell der Mitarbeitermotivation und Mitarbeiterbindung“
1. Einleitung
1.1 a Problemstellung
Laut der Manpower-Umfrage aus dem Jahre 2018 gab es weltweit einen Fachkräftemangel von durchschnittlich 45 Prozent bei Klein- und mittelständischen Unternehmen. Hierbei wurde in 43 Ländern und Territorien insgesamt 39.195 Arbeitgeber*innen befragt. Österreich (46 Prozent) und Deutschland (51 Prozent) lagen beim Fachkräftemangel über dem Durchschnitt. Die Schweiz war hingegen mit 33 Prozent unter dem Durchschnitt. Die Umfrage richtete sich an Personaler*innen, welche direkt für Stellenausschreibungen und Besetzungen zuständig waren. Bei großen Unternehmen mit der als 250 Mitarbeiter*innen lag der Wert bei 67 Prozent. Dabei sind alle Branchen betroffen und der Fachkräftemangel betrifft: das produzierende Gewerbe, den Bergbau, die Logistik sowie den Handel. (Manpower Group, 2018). Die detaillierte Grafik aus der Umfrage ist im Anhang 01 „ Fachkräftemangel Weltweit “ angeführt.
In den letzten 40 Jahren hat sich das Bildungsniveau in Österreich positiv entwickelt und kann nicht als auschlaggebendes Argument für diesen Fachkräftemangel angeführt werden. War im Jahr 1971 noch die Pflichtschule der verbreitete und höchste Bildungsabschluss mit 57,8 Prozent bei der Wohnbevölkerung, ist dieser Wert im Jahr 2017 auf 18 Prozent gesunken. Hingegen stieg der Abschluss einer Hochschule von 2,8 Prozent im Jahr 1971 auf 15,2 Prozent im Jahr 2017 und die der Lehre ist mit 34,1 Prozent, der am weitesten verbreitete Abschluss (Statistik Austria, 2020). Trotz der Steigerung, insbesondere bei Hochschulabschlüssen, gibt es nachweislich einen Fachkräftemangel bei den österreichischen Unternehmen. Somit sind hierfür andere Gründe wie der globale Wettbewerb, der demografische Wandel und in der sich ändernden Anforderungen und Bedürfnissen der Belegschaft zu finden.
Der Erfolg eines Unternehmens wird entscheidend vom Wissen der Belegschaft mitbestimmt. Es sind nicht nur mehr die Produkte oder die verwendete Technik zielführend für den Erfolg, sondern im Endeffekt die Belegschaft und deren Fachkompetenz. Um am Arbeitsmarkt geeignetes Personal zu finden, der Fluktuation der bestehenden Belegschaft vorzubeugen, um deren Kompetenz und betriebsinternes Wissen zu erhalten, muss mehr auf die Bedürfnisse bezüglich Arbeitsplatz, Selbstverwirklichung und Work-Life-Balance eingegangen werden (Cisik, 2018).
„Als wesentliche Herausforderung wird die Bewältigung „des Fach- und Führungskräftemangels“ gesehen. Hieraus ergeben sich Rekrutierungsvorteile für entsprechend „aufgestellte“ Unternehmen insbesondere bei jüngeren Hochqualifizierten, die Wertewandel bedingt einer besseren Work-Life-Balance eine hohe Bedeutung beimessen“ (D. Wagner & Herlt, 2010, S.190). Durch mitarbeiter*innenorientierte Maßnahmen zur langfristigen Bindung können hohe Fluktuationsraten verringert und die Fehlzeiten vermindert werden (Wolf, 2018).
Daneben gibt für das Unternehmen auch gesetzliche Bestimmungen, Vorgaben und Möglichkeiten, welche Einfluss auf die Anstellung und Beschäftigung von Mitarbeiter*innen haben. Gesetzliche Rahmenbedingungen werden unter anderem durch das Gleichbehandlung-, Angestellten-, Arbeitsverfassungs- oder Arbeitszeitgesetz geregelt. Den gesetzlichen Bestimmungen untergeordnet sind in Österreich Kollektivverträge, an welche sich die Unternehmen der jeweiligen Branchen halten müssen.
Ein Wettbewerbsvorteil kann somit durch aktives Eingehen des Personalmanagements auf die veränderten Bedingungen am Arbeitsmarkt, das Aufbauen von langfristigen Mitarbeiter*innenbindungen und das Einhalten sowie das Nutzen von gesetzlichen Möglichkeiten, erzielt werden. Die damit gewonnenen Fachkräfte tragen zu einer positiven Unternehmensentwicklung bei. Neben dem Verlust von unternehmensinternem Know-How, kann auch Wissen über Partner*innen und Kunden*innen verloren gehen. Dadurch ist eine negative Auswirkung auf die Geschäftsbeziehung möglich, da das Vertrauen zwischen den Mitarbeiter*innen und Kund*innen verloren geht. Zusätzlich entstehen neben dem personellen Verlust, dem Unternehmen Fluktuationskosten, welche sich aus der Rekrutierung neuer Fachkräfte sowie deren Einarbeitung zusammensetzen. Als weitere mögliche Auswirkung, kann auch das Betriebsklima negativ beeinflusst werden und die Teamarbeit zu geringeren Ergebnissen führen (D. Wagner & Herlt, 2010).
Die Vorliegende Bachelorarbeit befasst sich mit der Forschungsfrage:
Welche Benefits können unter Verwendung vertraglicher Vereinbarungen und der Berücksichtigung des österreichischen Arbeitsrechts angeboten werden, um dem Fachkräftemangel für KMUs entgegen zu wirken und eine langfristige Mitarbeiter*innenbindung zu erzielen?
1.2 Zielsetzung
Das Ziel dieser Bachelorarbeit ist, für klein- und mittelständische Unternehmen die Möglichkeiten der langfristigen Mitarbeiter*innenbindung anhand von Benefits für das Personal aufzuzeigen. Zusätzlich sollen diese mit vertrags- beziehungsweise arbeitsrechtlichen Möglichkeiten kombiniert werden. Unter Berücksichtigung beider Methoden, soll zum einen den Unternehmen das Finden von Fachpersonal erleichtert und zum anderen der Fluktuation entgegengewirkt werden. Durch ein passendes Angebot von Benefits besteht die Möglichkeit, sich als Arbeitgeber*innen am Arbeitsmarkt positiv hervorzutun und gegenüber anderen Unternehmen attraktiver für geeignete Bewerber*innen zu sein. Zusätzlich können vertragliche Vereinbarungen sowie für Benefits spezifizierte Anpassungen, eine längere Bindung des Personals ermöglichen. Es wird erwartet, dass die gefundenen Ergebnisse miteinander verknüpft werden können, um der Problematik des Fachkräftemangels entgegen zu wirken.
1.3 Forschungsstand und theoretische Grundlage
Was ist eine Fachkraft? Bei einer Fachkraft handelt es sich um eine Person, welche für die zu erfüllenden Aufgaben oder Tätigkeit, eine anerkannte akademische Ausbildung vorweisen kann oder eine Berufsausbildung mit entsprechender Berufserfahrung. Ein Mangel an Fachkräften liegt dann vor, wenn die Nachfrage nach diesem Personal längerfristig besteht und die Stelle nicht besetzt werden kann. Im Endeffekt steht einer hohen Anzahl an ausgeschriebenen Stellen eine zu geringe Anzahl an geeignetem Personal gegenüber (Obermeier, 2014, Abs. 1). „Ein Fachkräftemangel besteht vereinfacht gesagt dann, wenn die Nachfrage nach Arbeitskräften einer bestimmten Qualifikation das Angebot bei den vorherrschenden Arbeitsbedingungen übersteigt“ (Kägi, 2014, S.1).
Der Fachkräftemangel ist in vielen Branchen am Arbeitsmarkt ein zentrales Thema. Ein ausreichender Pool an geeignetem Personal ist in vielen Unternehmen nicht vorhanden. Durch weitere Entwicklungen in Bezug auf den demografischen Wandel, der technischen Entwicklung sowie Digitalisierung, ist in naher Zukunft mit einer negativen Entwicklung für die Unternehmen zu rechnen. Da insbesondere im IT-Bereich eine begrenzte Auswahl an Fachkräften vorhanden ist (Barsch & Trachsel, 2018). Solch ein Mangel ist wie unter Punkt 1.1 erwähnt überdurchschnittlich am Arbeitsmarkt in Österreich und Deutschland zu beobachten. Daneben spielen auch weitere Faktoren wie regionale und bildungspolitische Gegebenheiten eine Rolle. Laut einer Studie des Instituts Prognos (2015) , wird sich das Defizit der Fachkräfte bis 2040 in Deutschland auf 3.9 Millionen erhöhen. Erst ab diesem Zeitpunkt ist mit einem leichten Rückgang zu rechnen. Als ausschlaggebender Grund hierfür ist der Mangel an Qualifikationen sowie beruflichen Abschlüssen und auch Hochschulabschlüssen angegeben. Das daraus resultierende fehlende Know-How führt zu einem Rückgang der Produktivität und Innovation. Die langfristige Auswirkung ist insbesondere in der Benachteiligung im internationalen Wettbewerb zu sehen und kann das zukünftige deutsche Wirtschaftswachstum verlangsamen (Brossardt, 2015).
1.4 Methodisches Vorgehen
Die vorliegende Arbeit ist in sechs Kapitel unterteilt. Im einleitenden Teil wird das Thema des „Fachkräftemangels“ und die „Mitarbeiter*innenbindung“ sowie die Problemstellung dargestellt. Hierzu wird der Fachkräftemangel anhand von Statistiken und Studien nachgewiesen. Der daraus entstehende zukünftige Handlungsbedarf wurde im Punkt „1.2 Zielsetzung“ erläutert.
Als Grundlage für diese Arbeit wird im zweiten Teil das Employer Branding in Bezug auf Mitarbeiter*innenmotivation und die Mitarbeiter*innenbindung definiert; der einflussnehmende Effekt aufeinander wird anhand von Forschungsergebnisse nachgewiesen. Im dritten Kapitel wird die Entwicklung der Benefits erläutert und welche Auswirkungen diese auf die langfristige Bindung des Personals haben können. Zusätzlich werden auch die Auswirkungen auf das Unternehmen eingegangen. Um nachhaltige Mitarbeiter*innenbindung zu erreichen und dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken, bedarf es einer geeigneten Auswahl an Maßnahmen zur Bindung.
Aus diesem Grund wird im vierten Abschnitt auf die einzelnen Maßnahmen im Detail eingegangen. Diese unterscheiden sich grob in materielle und immaterielle Benefits. Da es ein breites Spektrum an Möglichkeiten gibt, wird in diesem Kapitel eine geeignete Auswahl unter der Nennung der gesetzlichen Richtlinien geboten. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen beziehen sich hierbei auf das österreichische Arbeitsrecht und werden näher erläutert.
Um eine gezielte Auswahl der Benefits hinsichtlich des Nutzens und der Wirtschaftlichkeit zu treffen, bedarf es einer Kontrolle im Unternehmen. Daher wird als Abschluss des vierten Kapitels noch auf die Effizienzkontrolle eingegangen. Bei gewissen Benefits besteht auch die Möglichkeit, diese auf Vertragsebene weiter zu spezifizieren beziehungsweise den Umfang und die Auswirkung festzulegen.
Im fünften Kapitel wird der rechtliche Aspekt in Bezug auf arbeitsrechtliche Möglichkeiten thematisiert. Im ersten Schritt wird hierbei der Unterschied zwischen dem Standort Österreich und Deutschland erläutert. Gefolgt ist diese Ausführung von den detaillierten Möglichkeiten der vertraglichen Anpassungen in Bezug auf das österreichische Gesetz. Diese stellen lediglich eine Auswahl dar und beinhalten nicht alle Möglichkeiten. Sie beziehen sich zum Teil auf die zuvor angeführten Benefits, zeigen aber auch eigenständige Möglichkeiten ohne Bezug zu Benefits. Es wird auf den gesetzlichen Rahmen eingegangen und welche möglichen Rechtsfolgen daraus resultieren können. Das Ziel hierbei ist aufzuzeigen, wie durch geeignete Maßnahmen eine langfristige Bindung ermöglicht werden kann und Mitarbeiter*innen zum Verbleib im Unternehmen bewegt werden können. Somit bilden, in dieser Arbeit, das vierte und fünfte Kapitel den Hauptteil: gewisse Punkte können miteinander kombiniert und manche können als alleinstehende Methode betrachtet werden.
Im letzten Kapitel werden die zuvor genannten Maßnahmen bewertet, um die Forschungsfrage (siehe Punkt 1.1) zu beantworten. Abschließend liefert die Arbeit Empfehlungen, wie die Maßnahmen zusammen gestaltet und eingesetzt werden können.
2. Employer Branding
Die demografische Entwicklung führt zwangsläufig zu einem Fachkräftemangel am Arbeitsmarkt und daraus resultiert ein gesteigertes Interesse der Unternehmen am Employer Branding. (Immerschitt & Stumpf, 2019). Beim Employer Branding handelt sich um eine Zusammenführung der Markenführung und des Personalmanagements (Sponheuer, 2010). Dabei umfasst es die Darstellung des Unternehmens als attraktiven Arbeitgeber, nach außen für neue Bewerber*innen und nach innen für die Angestellten. Insbesondere die Führungskultur, Mitarbeiter*innenführung sowie die gegebenen Arbeitsrahmenbedingungen und gebotenen Leistungen spielen eine zentrale Rolle beim Employer Branding (Kriegler, 2018). Gerade kleinere Unternehmen sehen sich hierbei im Nachteil zu großen Unternehmen, welche meist mehr Ressourcen (Kapital, Personal, Wissen) zur Verfügung haben. Diese haben auch durch eine gegebene längere Firmenhistorie, ein gewisses Arbeitgeber*innenimage aufgebaut und dadurch am Arbeitsmarkt einen gewissen Wettbewerbsvorteil (Pekruhl, Vogel & Strohm, 2018).
Doch durch verschiedene Möglichkeiten und Kombination der Rahmenbedingungen, kann auch mit weniger Ressourcen eine Arbeitgebermarke geschaffen werden, welche einen positiven Einfluss auf die Identifikation mit dem Unternehmen, die Leistungsbereitschaft bis hin zur Senkung von Krankenständen hat (Jahrbuch Personalentwicklung, 2011). Gerade Benefits können in diesem Zusammenhang zu den Arbeitsrahmenbedingungen und gebotenen Leistungen gezählt werden. Sie nehmen hierdurch einen zentralen Einfluss auf die Marke des Unternehmens beziehungsweise auf die Art, wie die einzelnen Mitarbeiter*innen das Unternehmen wahrnehmen und sehen. Im folgenden Kapitel werden die Einflussfaktoren auf die Mitarbeiter*innenmotivation und der daraus resultierenden Mitarbeiter*innenbindung genauer erläutert.
2.1 Herzbergs 2-Faktoren-Theorie
In der Wissenschaft gibt es verschiedene Modelle für die Motivation der Menschen. „Motivationstheorien basieren auf einer Identifikation von menschlichen Bedürfnissen und den Möglichkeiten ihrer Befriedigung“ (Lippold, 2019, S. 20). Diese Theorien basieren auf den Bedürfnissen der Menschen und lassen sich auch auf die Arbeitswelt übertragen, da die Mitarbeiter*innenmotivation ein entscheidender Faktor zu langfristigen Mitarbeiter*innenbindung ist. Hierbei gilt es äußere, positive Anreize für die einzelnen Beschäftigten zu schaffen, welche durch verschiedene Instanzen in einem Unternehmen erfolgen können.
Dies fängt mit dem äußeren Anreiz der Arbeitsplatzgestaltung durch das Unternehmen an. Des Weiteren kann hier auch die Personalabteilung eine Rolle spielen: durch das zur Verfügung stellen eines Weiterbildungskatalogs oder als Ansprechpartner*in in personellen Belangen.
Die Führungskraft hat einen Einfluss auf die Motivation in Form der Aufgabenverteilung sowie den individuellen Zielvereinbarungen mit den einzelnen Mitarbeiter*innen. Somit gilt es, die Motivation der einzelnen Menschen zu erkennen und diese zu befriedigen, um ein positives Ergebnis zu erzielen. Im Jahr 1959 begründet Herzberg die 2-Faktor-Theorie, die auch Motivationstheorie nach Herzberg genannt wird. Hierbei wird die Motivation in 2 Faktoren unterteilt. Einerseits gibt es die die sogenannten Motivatoren, die sich auf die Arbeit und deren Inhalt beziehen und sich in exogene sowie endogene Motivatoren unterteilen. Zum anderen gibt es die Hygienefaktoren, welche sich auf die äußeren Einflüsse und Arbeitsbedingungen beziehen (Iqbal, Guohao & Akhtar, 2017). Das entstandene Modell basiert auf der Betrachtung des Arbeitsumfeldes und der Einflussfaktoren auf den Menschen. Dabei kann das positive Nutzen der Motivatoren zur positiven Beeinflussung der Belegschaft genutzt werden. Hingegen führt ein Nichterfüllen der Hygienefaktoren zu einer Demotivation (Gagne, 2014).
Insbesondere die Motivatoren, welche sich auf die einzelnen Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen beziehen und einer individuellen Betrachtung bedürfen, sind ein wesentlicher Faktor bei der langfristigen Mitarbeiter*innenbindung.
Auf der Ebene der extrinsischen und intrinsischen Anreize, gibt es noch einen weiteren Faktor: die „wahrgenommene Fairness“. Dabei kann die wahrgenommene Gerechtigkeit, wie die einzelne Person die Verteilung der Motivatoren wahrnimmt, eine Rolle spielen. Offensichtlich existieren bislang keine empirischen Erkenntnisse zwischen der wahrgenommenen Fairness und Anreizsystemen (Willenbacher, 2017).
Arbeitsrechtliche Maßnahmen können in diesem Modell zu einem Hygienefaktor gezählt werden. Es gibt in Österreich Gesetze für die Ergonomie zum Beispiel bei Bildschirmarbeitsplätzen. Dieses ist im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) unter § 67 zu finden. Aber auch das tarifliche Gehalt ist in Österreich durch die Kollektivverträge geregelt und darf nicht unterschritten werden. Jedoch können die Hygienefaktoren positiv vom Unternehmen auf vertraglicher Ebene beeinflusst werden, indem diese über den gesetzlichen Bestimmungen liegen. Somit sollte darauf geachtet werden die Hygienefaktoren zu erfüllen, um einer Demotivation entgegen zu wirken.
Grafik 01 „Hygienefaktoren“ (Hollmann, 2013, S.31)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Ergebnis, dass eine motivierte Person durch die Hygienefaktoren negativ in ihrer Motivation beeinflusst werden kann und eine Steigerung der Motivation auch nicht dann gegeben ist, wenn alle Hygienefaktoren als neutral empfunden werden, verdeutlicht die Wichtigkeit der Motivatoren. Der dynamische Ansatz des Modells für die Arbeitswelt zeigt, welcher Einfluss wichtig ist und wo die Grenze zum einzelnen Individuum gezogen werden kann. Auch zeigt es die Grenzen auf die Motivation der Mitarbeiter*innen einzuwirken auf und streicht heraus, auf welche Bereich nur teilweise Einfluss genommen werden kann (Hollmann, 2013).
2.2. Mitarbeiter*innenmotivaion
Motivation ist die Ausrichtung des menschlichen Verhaltens nach den Interessen. Anreize können diese Ausrichtung in bestimmte Richtungen lenken und intensivieren sowie zu einer Reaktion anregen. Somit dient die Motivation der Leistungs- und Zufriedenheitssteigerung der Mitarbeiter*innen. Begründet durch Herzberg wirkt sich die Steigerung der Zufriedenheit auch als zusätzlicher Faktor zur Motivationssteigerung aus (Nerdinger, Blickle & Schaper, 2014).
Eine gezielte Mitarbeiter*innenmotivation durch ein gezieltes Angebot an Benefits kann dazu beitragen, Fachkräfte zu gewinnen und diese langfristig an das Unternehmen zu binden (Bernard, 2006). Ein weiterer Einflussfaktor kann die positive Gestaltung von Arbeitsverträgen für die Angestellten sein. Als Beispiele wären mehr Urlaubstage, als gesetzlich vorgeschrieben oder eine Entlohnung über dem Niveau der Kollektivverträge zu nennen. Weitere detailliertere Beispiele und Ausführungen zu den Arbeitsverträgen, sind im Kapitel 5 zu finden. Laut Herzbergs 2-Faktoren-Theorie stellt der Lohn einen Hygienefaktor dar und wird von den Angestellten als adäquat zur Arbeit gesehen (Gagne, 2014).
Laut Lippmann (2019) wirkt sich der Motivationsprozess nicht nur während der Handlung von Personen aus, sondern auch davor und danach und stellt in sich ein geschlossenes System dar. Dieses ist aber kein starres System, sondern verändert sich stetig durch die äußere Einwirkung.
Die Mitarbeiter*innenbindung ist im Unternehmen organisatorisch dem Personalmarketing zuzuordnen. Dieses versucht positiven Einfluss auf das bestehende Personal, welches schon den Arbeitsvertrag unterzeichnet hat, zu nehmen (Szebel-Habig, 2004).
2.3. Mitarbeiter*innenbindung
In der Literatur sind unterschiedliche Definitionen zum Begriff „Mitarbeiter*innenbindung“ zu finden, aber gemeinsam drücken sie aus: Die Leistungserbringung und der längerfristige Verbleib der Mitarbeiter*innen wird durch unterschiedliche Methoden vom Unternehmen angestrebt (Wolf, 2018). Die Bindung zwischen Unternehmen und Mitarbeiter*innen kann auf zwei Ebenen erfolgen.
Zum einen gibt es eine juristische Bindung, welche durch einen von beiden zugestimmten Arbeitsvertrag begründet wird und Rechte und Pflichten von beiden Seiten beinhaltet. Eine Kündigung dieser, ist von beiden Parteien möglich (Steinau-Steinrück & Vernunft, 2016).
Im Gegenzug zur rechtlichen Bindung gibt es die empfundene Bindung, welche sich nicht einheitlich definieren lässt. Anja vom Hofe (2005, S.8) hat es gefolgt treffend definiert: „Mitarbeiterbindung betrachtet die vom Mitarbeiter empfundene Verbundenheit sowie seine Gebundenheit an ein Unternehmen und umfasst alle Maßnahmen eines Unternehmens, die darauf abzielen, die Mitarbeiter darin zu beeinflussen, beim Unternehmen zu verbleiben und die Beziehung zu stabilisieren[…]“. Damit entspricht die detaillierte Definition von vom Hofe, der Definition - wie oben angeführt - durch Gunther Wolf.
Die Monster Worldwide Deutschland GmbH hat bei der Otto-Friedrich-Universität Bamberg eine empirische Studie in Auftrag gegeben. Dabei wurden im Jahr 2017 insgesamt 3400 Personen aus über 2300 Unternehmen befragt. Diese setzten sich aus den Top-1000-Unternehmen aus Deutschland, 1000 mittelständischen sowie Top-300-Unternehmen der IT-Branche zusammen. Ziel der Umfrage war es, die Maßnahmen zur Mitarbeiter*innenbindung festzustellen. Als entscheidende Faktoren wurden die Entlohnung, Karrieremöglichkeiten, das Weiterbildungsangebot, die Personalführung und Beförderungsmöglichkeiten genannt. Eine Unterscheidung nach Präferenzen wurden in Bezug auf das Geschlecht festgestellt. Weitzel (2017a) und sein Team fanden dabei heraus, dass Frauen Karrieremöglichkeiten bevorzugten und bei Männern ein höheres Gehalt als attraktiver empfunden wird.
2.3.1 Formen der Mitarbeiter*innenbindung
Die Mitarbeiter*innenbindung lässt sich in 4 Formen unterteilen.
Die erste Form basiert auf der emotionalen Bindung an das Unternehmen. Hierbei fühlen sich die Mitarbeiter*innen mit dem Unternehmen emotional verbunden, welche durch soziale Aspekte entstehen. Diese kann die persönliche Beziehung unter den Kolleg*innen oder zur eigenen Führungskraft, in Form emotionaler Wärme oder Wertschätzung untereinander sein. Insbesondere neben dem Privatleben und den Beziehungsstand, stellt das Arbeitsumfeld für viele Mitarbeiter*innen ein weiteres wichtiges soziales Umfeld dar, in dem das Bedürfnis nach Zugehörigkeit angestrebt wird (Jost, 2008). Die positiven Effekte sind eine geringe Fluktuationsrate, weniger Fehlzeiten sowie eine gesteigerte Leistungsbereitschaft.
Die kalkulative Bindung kann als wichtigster Faktor zur Mitarbeiter*innenbindung angesehen werden (van Dick, 2017). Die Abwägung von Vor- und Nachteilen, die über den Verbleib in einem Unternehmen entscheiden, wird als kalkulative Bindung bezeichnet. Hierbei ist die zentrale Frage für die Mitarbeiter*innen „Was für Vorteile bietet mir das Unternehmen?“. Die einzelnen Faktoren wie Entlohnung, sinnvolle Nebenleistungen, Sicherheitsgefühl der Mitarbeiter*innen sowie deren Anerkennung und Selbstverwirklichung werden ergründet, die den Verbleib im Unternehmen attraktiv machen (Gabler Verlag, 2010). Arbeitsrechtlich kann das Unternehmen Einfluss auf diese Form der Bindung nehmen. Dazu bedarf es gewisser vertraglicher Zusatzvereinbarungen zu gewährten Benefits, welche im Kapitel vier näher erläutert werden. Eine weitere Möglichkeit sind rein rechtliche Maßnahmen, welche im Kapitel fünf im Detail angeführt werden. Die Abwägung erfolgt im Vergleich zu alternativen Jobangeboten und auch die Nachteile, welchem mit dem Verlassen des bisherigen Unternehmens einhergehen, werden kritisch im Vergleich zu den Vorteilen bewertet (F. Wagner, 2017).
Die dritte Form bezieht sich auf die Weiterentwicklung der Mitarbeiter*innen in fachlicher und persönlicher Hinsicht. Somit orientiert sich diese Bindungsform an die Qualifikation durch interne und externe Weiterbildungsmöglichkeiten. Diese helfen zum einen dem Unternehmen durch eine fachlich besser geschulte Arbeitskraft deren Leistungsfähigkeit zu steigern, zum anderen wird hierdurch die Selbstverwirklichung der einzelnen Mitarbeiter*innen unterstützt und eine langfristige Bindung erreicht (van Dick, 2017).
Als letzte Form ist die normative Bindung zu nennen, welche häufig in Verbindung mit der qualifikationsorientierten Bindung genutzt wird. Hierbei wird auf vertraglicher Ebene ein bestimmter Zeitraum zum Verbleib im Unternehmen angestrebt, wenn dieses eine Weiterbildung finanziert. Verbleiben die Mitarbeiter*innen nicht im Unternehmen, kann das Unternehmen auf die anteilige Rückzahlung der Fortbildungskosten bestehen (F. Wagner, 2017). Die hierdurch zwangsbedingte Bindung ergibt sich aus dem Umstand, dass die Mitarbeiter*innen davon überzeugt sind, ein vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses würde negative Konsequenzen mit sich bringen. Ähnliches tritt auch bei einem vertraglich vereinbarten Konkurrenzverbot auf. Die Anwendung dieser Methoden ist jedoch kritisch zu betrachten. Das Vermeiden des vorzeitigen Ausscheidens der Mitarbeiter*innen kann auch mit einer Demotivation einhergehen und somit zur schlechteren Leistung führen (Wolf, 2018). Um der Demotivation entgegen zu wirken gibt es auch arbeitsrechtliche Methoden, welche keinen Zwang durch negative Auswirkung erwirken, sondern eine Bindung durch Belohnung erzielen. Dazu zählen unter anderem Prämien, für den gewissen zeitlichen Verbleib im Unternehmen oder die Mitarbeiter*innenbeteiligung.
2.3.2 Vorteile für das Unternehmen
Um an dem sich schnell entwickelnden Markt und der wachsenden Konkurrenz einen Vorteil zu haben, bedarf es geeigneten und gut ausgebildeten Personals. Insbesondere beim aktuellen Fachkräftemangel und dem globalen Wettbewerb haben Unternehmen, die in die Ausbildung ihres Personals investieren einen Vorteil. Somit kann durch eine langfristige Bindung und die passende Ausbildung der Mitarbeiter*innen ein Vorteil am Markt errungen werden (Brenner, 2019). Die Verringerung der Fluktuation und die langfristige Bindung zwischen Unternehmen und den Beschäftigten, ist das gemeinsame Ziel aller genannten Formen der Mitarbeiter*innenbindung (siehe 2.2. Mitarbeiter*innenbindung in KMUs). Insbesondere bei Fachkräften ist diese Bindung erwünscht und das Unternehmen versucht diese zum längeren Verbleib zu überzeugen, damit der Verlust des Fachwissens und der Erfahrung vermieden wird. „Ein weiterer Aspekt einer langfristigen Bindung besteht darin, dass diese eine Weiterentwicklungsmöglichkeit bei einem Arbeitgeber fördert und dem damit verbundenen Aufbau von wertvollem Expertenwissen rund um das Tätigkeitsfeld [sic]“ (Sass, 2019, S.19).
Durch die richtigen Prozesse verfügt das Unternehmen über die Möglichkeit, geeignete Maßnahmen zu entwickeln, um die Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen festzustellen und zu befriedigen. Die Auswirkungen des Verlustes der Fachkräfte und den damit verbundenen Qualifikationen bedeutet letztendlich auch den Verlust des Wettbewerbsvorteils und kann ökonomische Schäden nach sich ziehen. Zusätzlich wird das Unternehmen auch am Arbeitsmarkt als qualitativ hochwertiges Unternehmen von potenziellen Bewerber*innen wahrgenommen werden (Aron-Weidlich, 2012).
Auch die Kosteneinsparung, bei einer erfolgreichen Mitarbeiter*innenbindung, sind aus ökonomischer Sicht sinnvoll für das Unternehmen, da das Ausscheiden von Fachkräften Kosten nach sich ziehen. In der Fluktuationsstudie von Deloitte Consulting GmbH (2019) wurden die durchschnittlichen Fluktuationskosten pro Stelle in einem Unternehmen errechnet und stellen einen wichtigen Faktor dar: „Die durchschnittlichen Fluktuationskosten liegen bei rund 14.900,- Euro pro Stelle und sind mit der Anzahl der notwendigen Nachbesetzungen zu multiplizieren“ (S. 4). Diese setzen sich indirekt aus den Investitionskosten für das verlorene Fachwissen und den direkten Kosten für die Ausschreibung und Neuanstellung des Personals für die freigewordene Position zusammen (Preißing, 2010). Somit stellt dies einen entscheidenden ökonomischen Vorteil für das Unternehmen dar, wenn eine ungewollte Fluktuation vermieden wird.
2.3.3 Forschungsergebnisse
Insgesamt betrachtet gibt es ein Zusammenspiel zwischen der Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter*innen und deren Verbleib im Unternehmen. Die Zufriedenheit basiert auf individuellen Bedürfnissen der Mitarbeiter*innen, die sich aus der Lebenssituation, kulturellen Hintergründen sowie aus der bisherigen Erfahrung und Ausbildung zusammensetzt (Kanning, 2017).
Der Einfluss kann vom Unternehmen durch die Arbeitsbedingungen und das Eingehen auf die individuellen Bedürfnisse des Personals erfolgen (Holtbrügge, 2010). Letztendlich basiert die Beziehung zwischen den Mitarbeiter*innen und dem Unternehmen auf dem wechelseitigen Austausch. Dies stellt sich anhand des Schaffens von Anreizen durch das Unternehmen und dem Beitrag des Personals dar. Der Anreiz kann in materieller und immatieller Form erfolgen (Lippold, 2019). Das Ergebnis dieses Austausches hängt von der Zusammenwirkung der Wahrnehmung des einzelnen Individuums und deren Anreiz-Beitrags-Verhältnis ab, in welchem die beitragende Arbeit (Beitrag) mit den immateriellen sowie materiellen Anreizen verglichen wird (Topolosky, 2014). Sollte sich für die Person hier ein Ungleichgewicht bilden, wird davon ausgegangen, dass diese eher vom Unternehmen gehen wird (Staehle, 1999).
Ein Einflussfaktor auf dieses Empfinden hängt auch von der empfundenen Fairness der einzelnen Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter ab. Dieser Vergleich bezieht sich auf die Aufteilung der betrieblichen Ressourcen, wie zum Beispiel Vergütung oder Schulungsmaßnahmen. Daher besteht das Ziel nicht nur darin den Mitarbeiter*innen passende Anreize zu bieten, es muss auch auf eine ausgewogene Verteilung und distributive Gerechtigkeit geachtet werden. Da sich ansonsten eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter nicht fair behandelt fühlen kann und es somit die Wahrnehmung des einzelnen Individuums negativ beeinflusst (Stock-Homburg, 2013; Troger, 2019).
„Zum einen umfasst der Begriff damit einen kognitiven Bewertungsprozess, also das Bewerten der Arbeitssituation vor dem Hintergrund der eigenen Erwartungen. Zum anderen enthält diese Definition auch ein affektives Empfinden des Individuums, also eine emotionale Reaktion im Sinne von positiven oder negativen Gefühlen“ (Drabe, 2015, S.60).
Laut Cook (2008) gibt es 3 Faktoren die eine Rolle bei der Mitarbeiter*innenzufriedenheit spielen. Zu einem den Vorgesetzen sowie deren Eignung, die Kommunikation und die immaterielle sowie materielle Belohnung. Diese Faktoren sind auch der Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg zu entnehmen. Die Ergebnisse der Forschungen waren, dass es zwischen der Motivation und den Hygienefaktoren eine Wechselwirkung gibt. Eine komplette Zufriedenheit ist somit nicht zu erreichen, sollte einer der beiden Faktoren nicht gänzlich erfüllt sein (Rothlauf, 2012). Somit sollte das Unternehmen die Mitarbeiter*innen nicht nur als Arbeitskraft sehen, sondern deren Interessen mehr Beachtung schenken, um hierdurch die gewünschten Ziele zu erreichen (Badura, 2017).
Auch können durch den erhöhten Leistungswillen, Stress bei einzelnen Mitarbeiter*innen ausgelöst werden. Die Langzeitfolge davon kann sich bis zum Burn-Out entwickeln. Daher sollte es auch im Verantwortungsbewusstsein des Unternehmens sein, eine Nachsorgepflicht zu wahren. Auch das Vorhandensein von Überprüfungsmethoden zum Erkennen solcher psychischen Folgen, kann hierbei hilfreich sein und sollte unbedingt bedacht werden (Felfe, 2020). Dafür bedarf es eines geeigneten Personalentwicklungsprozesses, bei dem die Interessen auf beiden Seiten vertreten und auf einen Nenner gebracht werden. Entscheidend ist hierbei die Mitarbeiter*innenzufriedenheit und die daraus resultierende langfristige Mitarbeiter*innenbindung. Doch auch die negativen Auswirkungen sollten in diesem Prozess bedacht werden und es bedarf einer dauernden Analyse und Anpassung (Troger, 2019).
Die Ausführungen in diesem Kapitel haben gezeigt, dass es Möglichkeiten gibt, Fachkräfte an ein Unternehmen zu binden, was für das Unternehmen auch einen wirtschaftlichen Vorteil hat. Betrachtet man den demografischen Wandel, wird sich der derzeit schon herrschende Fachkräftemangel in den nächsten Jahren nicht entschärfen und sich negativ auf die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen auswirken. Somit ist es wichtig, die Fluktuation von vorhandenem geschulten Personal zu verringern und mit einer langfristigen Mitarbeiter*innenbindung dem Weggang von Personal entgegen zu wirken.
3. Benefits
Benefits, auch unter der Bezeichnung „Fringe Benefits“ bekannt, sind freiwillige Zusatzleistungen, welche neben dem Gehalt angeboten werden. Laut Gablers Kompaktlexikon sind „Fringe Benefits“ Einkommensleistungen, die über den Rahmen (Fringe = Rand, Rahmen) des Grundgehaltes hinausgehen, z.B. variable, leistungsabhängige Zusatzleistungen, unbare Zusatzleistungen […] “ (Büdenbender & Strutz, 2011, S.120).
“Benefits haben das Ziel, dem Mitarbeiter einen Mehrwert zu bieten – finanziert durch Steuervergünstigungen, günstige Gruppenkonditionen für den Arbeitgeber oder Sozialversicherungsvorteile. Es ist ein dramatischer Fehler, dass die Ausrichtung der Benefit-Programme zu oft an den Mitarbeitern vorbei geht: „One size fits all“ heißt die teure und ineffiziente Lösung in den meisten Unternehmen“ (Wildner, 2015, 3. Absatz).
3.1 Historische Entwicklung von Benefits
Vor dem zweiten Weltkrieg, war nahezu kein Angebot von Benefits vorhanden. Erst durch den Krieg und den damit verbundenen niedrigen Löhnen kam es während des Krieges und danach zu einem erhöhten Angebot von Sachleistungen durch die Unternehmen. Seit 1950 sind Benefits ein Instrument der Personalverwaltung geworden. Die damit einhergehende Förderung der Effizienz durch die Steigerung der Motivation und die Verringerung der Fluktuation, war der entscheidende Faktor für die Unternehmen, die Benefits weiter auszubauen (Chen, 1981).
In den letzten Jahrzenten ist insbesondere bei den aktuell 25-40-jährigenden Mitarbeiter*innen das Interesse an Benefits besonders stark gestiegen. Es stellt für diese Altersgruppe auch einen ausschlaggebenden Faktor dar, sich bei einem neuen Unternehmen zu bewerben oder beim aktuellen Unternehmen zu verbleiben.
„Mit der Generation Y (zwischen 1980 und 1995 geboren) hat ein Umdenken stattgefunden. Der Job steht nicht mehr an erster Stelle. Ihr ist es wichtig, dass sich Job und Privatleben bestmöglich vereinbaren lassen. Lebensqualität, Selbstverwirklichung und Freiräume werden ab dieser Generation großgeschrieben“ (Bühringer, 2019, 3. Absatz) .
3.2 Aktuelle Nachfrage nach Benefits
Benefits haben in den letzten 15 Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Während im Jahr 2008 rund 74,9 Prozent der 11.242 Teilnehmer*innen, einer Umfrage vom sozio-ökonomischen Panel (siehe Anhang 02 „Statistik Benefit SOEP 2008“), angegeben haben, keine Benefits zu erhalten, ändert sich dieses Verhältnis im Jahr 2016 (Zusatzleistungen, die vom Arbeitgeber zum Gehalt gezahlt werden, 2009). In einer Studie von Kununu wurden im Jahr 2016 mehr als 120.000 Suchanfragen von Arbeitnehmer*Innen über 1 Jahr ausgewertet, siehe hierzu Anhang 03 „Statistik Benefit Kununu 2016“. Dabei wurde analysiert, dass acht von insgesamt 19 Benefits von 30-45 Prozent der Unternehmen angeboten werden. (Von Arbeitnehmern nachgefragte und von Arbeitgebern angebotene Benefits 2016, 2016). Dies verdeutlicht den Zuwachs beim Angebot der Benefits von der Unternehmensseite auf mindestens 45 Prozent und stellt somit eine signifikante Steigerung von rund 80 Prozent dar.
„Attraktive Anreize haben einen hohen Stellenwert für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Das zeigt das Resultat unserer Umfrage, bei der rund 4.800 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen befragt wurden. Denn über alle Alters- und Einkommensgruppen hinweg, sind Beschäftigte im DACH-Raum bereit, auf durchschnittlich 11 Prozent ihres Gehalts zu verzichten, wenn sie dafür attraktive Sozialleistungen erhalten. […] Ferner zeigt sich, dass der Verzicht höher wird, je jünger die Arbeitnehmer sind: Die Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen wäre zu einem Verzicht von 13,4 Prozent bereit, bei den 30- bis 39-Jährigen liegt der Wert bei 11,1 Prozent und bei den Altersgruppen 40-49 sowie 50+ bei jeweils 10,5 Prozent ” (Reumann, 2020).
Eine Vereinheitlichung der Benefits für die Mitarbeiter*innen ist nicht zielführend. Vielmehr geht es darum, dass das Angebot auf die unterschiedlichen Bedürfnisse des Personals angepasst wird. Diese können sich je nach Lebensphase unterscheiden. So sind Berufseinsteiger*innen weniger an Benefits interessiert und haben ein gesteigertes Interesse an einem höheren Gehalt, hingegen haben Mitarbeiter*innen, welche sich gerade in der Phase der Familiengründung befinden, ein höheres Interesse an flexiblen Arbeitszeiten oder einer Kinderbetreuung. Daher bedarf es der Analyse, welches Angebot auch den gewünschten Effekt der Motivationssteigerung auslöst und somit beiden Parteien einen Mehrwert bietet (Wildner, 2015). „Ein anderer Mitarbeitender der mRaP GmbH fühlt sich wertgeschätzt,da es einzigartige Benefits gibt und man merkt, dass sich der Arbeitgeber Gedanken um seine Beschäftigten macht” (Reumann, 2020, 2. Absatz).
3.3 Auswirkung von Benefits bei Mitarbeiter*innen
Viele unterschiedliche Studien bis 2017 konnten die positiven Auswirkungen von Benefits auf die Mitarbeiter*innenzufriedenheit belegen.
Bowling (2010) konnte in seiner Meta-Analyse, bei der Studien von 1967 bis 2008 untersucht wurden, feststellen, dass es eine Wechselwirkung zwischen dem Privatleben und der Arbeit gibt. Hierbei wurden die Einflussfaktoren der Entlohnung, des Betriebsklimas sowie der Zufriedenheit im Unternehmen und der Arbeit berücksichtig. In Deutschland und Österreich konnte der positive Einfluss auf die Zufriedenheit durch eine ausgeglichene Work-Life-Balance bei den Mitarbeiter*innen in 57 Wirtschaftskanzleien festgestellt werden. Zusätzlich wurde eine erhöhte Bindung auf emotionaler Ebene erkannt (Kaiser, Ringlstetter, Reindl & Stolz, 2010).
Eine Studie von Weitzel (2017b), in der eine Umfrage in 2300 deutschen Unternehmen durchgeführt wurde, führte zu ähnlichen Ergebnissen. Insbesondere eine ausgeglichene Work-Life-Balance war ein entscheidender Faktor bei der Mitarbeiter*innenmotivation. Insgesamt wurden von 86,1 Prozent der befragten Personen, die Work-Life-Balance als sehr wichtig angesehen, siehe hierzu Anhang 04 „Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung“. Im Detail war es bei Frauen (90,1 Prozent) stärker ausgeprägt als bei Männern (83,8 Prozent).
Es zeigt sich, dass „[…] anreizorientierte Entlohnung stark mit den kulturellen und rechtlichen Normen eines Landes zusammenhängt. Was Mitarbeiter in einem Land als motivierend empfinden, kann in einem anderen als nicht-motivierend empfunden werden“ (Stock-Homburg, 2013, S.437).
Das Ergebnis der Studien zeigt auf, dass eine direkte Relation zwischen der Motivation und der langfristigen Bindung besteht. Es gibt Differenzen je nach geografischer Lage und dem kulturellen Hintergrund des Personals. Somit ist keine einheitliche Aussage, welche Benefits eine entscheidene Rolle einnehmen, möglich (Topolosky, 2014). Letzendlich bedarf es einer systematischen Personalentwicklung, welche sich nicht nur auf zukünftige Bewerber*innen spezialisiert, sondern auch die aktuellen qualitativen Mitarbeiter*innen und deren weiteren Verbleib in der Firma sicherstellt (Troger, 2019).
3.4 Auswirkung auf das Unternehmen
Um sich am Arbeitsmarkt von der Konkurrenz abzuheben und Fachpersonal dazu zu bewegen, sich auf die ausgeschriebenen Stellenanzeigen zu bewerben, müssen die Benefits schon in der Stellenanzeige ausgeschrieben sein (Bernard, 2006). Somit steht dem Unternehmen eine größere Auswahl an geeignetem Personal zu Verfügung. Für die bestehenden Mitarbeiter*innen sorgt das passende Angebot von Benefits zu einer gesteigerten Zufriedenheit. Die daraus resultierende Motivation sorgt für eine geringere Fluktuationsrate.
“In Zeiten eines zunehmenden Fachkräfteengpasses hat eine hohe Fluktuation für ein Unternehmen mit viel Fachkräftebedarf bereits mittelfristig dramatische Konsequenzen. [..] neben dem Kostenfaktor hat Fluktuation auch einen demoralisierenden Effekt auf die im Unternehmen verbleibende Mannschaft, die unter dem ständigen Kommen und Gehen leidet“ (Eva-Maria Ayberk, 2014, 2. Absatz).
Somit kann durch die gesteigerte Motivation dieser negative Effekt vermindert werden und zum anderen langfristig zur positiven Entwicklung des Unternehmens beitragen (Bühringer, 2019). Diese Entwicklung wird insbesondere durch den Faktor Wissen und dem daraus resultierenden Wettbewerbsvorteil erreicht. Der Aufbau von Wissen beim Personal kann nur durch eine langfristige Bindung erreicht werden und trägt nachhaltig zum Bestehen des Unternehmens bei (Loffing & Loffing, 2010).
Weitere positive Auswirkungen auf die Mitarbeiter*innenzufriedenheit wurde bei empirischen Studien festgestellt. Im Detail waren dies: eine höhere Produktivität, gesteigertes Engagement, eine bessere Teamarbeit, mehr Loyalität gegenüber dem Unternehmen sowie eine geringere Fluktuation und längere Mitarbeiter*innenbindung (Becker, 2015; Cook, 2008). „In particular, when employees do not feel valued or appreciated, they are less likely to deliver excellent internal or external service“ (Cook, 2008, S.26). Daher sollte die Befriedigung von vielen Bedürfnissen den Unternehmen ein Anliegen sein, um eine gesteigerte Nachhaltigkeit zu erreichen (Meifert, 2008).
3.5 Sozialabgaben
Benefits werden im Einkommenssteuergesetzt geregelt, laut dem sie eine Einnahme in Form von Geld oder geldwerten Vorteilen darstellen (§ 15 EStG).
Somit können diese Sachbezüge zu steuerlichen Abzügen und Lohnnebenkosten sowie Sozialversicherungsbeiträge für das Unternehmen führen. Es gibt steuerfreie Benefits, die nur dann steuerfrei sind, wenn sie allen Mitarbeiter*innen oder bestimmten Gruppen im Unternehmen gewährt werden. Daneben gibt es auch steuerfreie Benefits, die Mitarbeiter*innen individuell gewährt werden können, hierzu zählen nicht messbare Aufmerksamkeiten (zum Beispiel der Blumenstrauß zum Geburtstag). Diese sind vernachlässigbar und stellen keinen nennenswerten geldwerten Vorteil dar.
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- Quote paper
- Sven Heinike (Author), 2020, Employer Branding in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Benefits in Verbindung mit rechtlichen Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/980708
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