Erörterung zu ,,Der Verlust der Stille von Stephan Clauss"
1. Stille ist in der heutigen Zeit zum Luxusartikel geworden. Immer mehr nimmt der Lärmpegel zu. Sei es nun der ständige Motorenlärm in der Großstadt oder das Aufheulen des Rasenmähers im idyllischen Dorf. Unterhält man sich mit dem Nachbarn am Gartenzaun, schafft es garantiert ein Flugzeug, die so wichtige Kommunikation zwischen den Gesprächspartnern zu blockieren. Doch es fällt auf, dass der Mensch aber auch gleichzeitig auf der Flucht vor diesem selbst verursachten Lärm ist, da er immer öfter ruhige Orte als Wohnort oder Ferienziel anpeilt. Der Mensch weiß also um den ,,großen Lärm" und will sich ihm immer weiter entziehen. Und TROTZDEM nimmt der Lärmpegel stetig zu. Auch wenn man die Lärmquelle, die von Maschinen ausgeht, zurücksetzten will, bleibt doch noch die Frage, ob dann der Mensch wieder ruhig leben wird, ob er das wirklich will und kann.
An manche Lärmursache hat sich der Mensch inzwischen allerdings gewöhnt, wobei man auf die Definition von Lärm eingehen muss. Denn Lärm wird nicht immer gleich als Lärm empfunden. Man sollte zwischen Unterhaltungsmusik und Motorenaufheulen eines Fahrzeuges unterscheiden.
2. Stephan Clauss ist der Ansicht, dass der Mensch unter jeglicher Art von Lärm leidet: Sei er nun mechanische oder akustische Umweltverschmutzung. Er verurteilt fast kompromißlos jede Art von Geräuschen. Sei es vermeidbarer Krach, entstanden durch unsere heutige Konsumgesellschaft oder sei es Musik, die bei vielen Menschen aber tatsächlich zu einer inneren Führung führt. Seine Argumentation zeigt sich meiner Meinung nach etwas einseitig, da er scheinbar mit Gewalt Stille fordert.
Clauss gibt an, dass Stille mehr als nur Abwesenheit von Lärm ist. Seiner Meinung nach kann sich die menschliche Zivilisation nur dann entfalten, wenn sich das Individuum Zeit und Muße nimmt, um bewusst mit sich und anderen umzugehen.
2.1 Er behauptet, dass der Mensch - unbewußt oder bewußt- immer mehr die Stille unterdrückt. Er kann sich somit dem ,,totalitären Machtanspruch" des Lärms nicht mehr entziehen. Mit diesem drohenden Verlust verliert der Mensch ein ,,unersetzbares Stück Lebensqualität". Für ihn ist Stille nicht nur Abwesenheit von Lärm sondern auch die Voraussetzung und der Bestandteil menschlicher Kultur und damit ein ,,tragendes Element eines zivilisierten Zusammenlebens" im Sinne der Verständigung. Die verbleibende Gesellschaft würde unerträglich sein, da man sich nicht mehr die Zeit nimmt, aufeinander zuzugehen oder sich mit sich selbst zu befassen.
2.2 Um seine Theorie zu unterstützen, benennt Clauss einige Beispiele aus dem täglichen Leben: Er bezeichnet Musik als akustische Lärmverschmutzung, da sie dem indirekten Zuhörer seine Autonomie raubt. Der Kunde im Supermarkt wird mit sanfter Musik zu noch mehr Konsum animiert, der U-Bahn-Wartende sanft gestimmt.
2.3 Weiterhin führt Clauss an, dass der Mensch auf der Flucht vor der Stille sei, da er in ihrer Anwesenheit ,,einen unerwünschten Einbruch in seiner betriebsamen Normalität" sieht. Als Reaktion darauf wirft man den Rasenmäher an oder dreht Musik auf, da der Mensch infolge des Lärmverlustes durch Verwirrung reagiert.
2.4 Dass Lärm als solcher krank macht ist bewiesen. Die Symptome reichen von Schlaflosigkeit bis zum Schlaganfall. Jeder könne unter Lärm direkt leiden, indem er anfällig für Krankheiten wird oder er würde indirekt leiden, indem er eine verstärkte Aggressivitätsbereitschaft aufweist.
Dass Stille heilt (oder Lärm ,,krank macht") weiß jeder Berufstätige: Kommt man abends nach Hause, so zieht man sich zurück und genießt das ruhige Leben: Man nimmt sich Zeit zum Entspannen.
2.5 Außerdem bezweifelt Clauss, dass ,,technische Verbesserung oder politische Kosmetik" die Lebensqualität des Menschen verbessert, denn dadurch würde der Mensch immer noch zu sehr unter dem Druck seiner Umwelt leiden, die ihm keine Freiheit lassen würde, sich auf sich selbst zu besinnen. Er regt den Menschen zu einer ,,Rückbesinnung auf verschüttete Werte" an. Wenn der Mensch sich wieder auf sich selbst besinnen würde, hätte er die Möglichkeit, daraus eine wesentlich größere Kraft für den Alltag zu ziehen.
3.1. Clauss benennt in den Zeilen 15-18 zwei Beispiele zum Thema Musik als akustische Umweltverschmutzung, mit denen er- meiner Ansicht nach- nicht überzeugen kann: Der Kunde im Supermarkt sieht musikalische Unterlegung als harmonischen Unterton an. Ohne ihn wäre die Stimmung in Kaufhaus kühl. Auf einer U-bahn-Station gibt es wesentlich höhere Lärmfaktoren als der, der von der Musik ausgestrahlt wird. Generell gilt auch Musik als Teil der menschlichen Kultur und deshalb darf auf sie nicht verzichtet werden. Somit sind die Beispiele ein Widerspruch zu seiner Theorie ,,Stille ist mehr als nur die Abwesenheit von Lärm" (s.o.).
Ich bin der Ansicht, dass Musik erst dann als ,,akustische Umweltverschmutzung" angesehen werden kann, wenn der Geräuschspegel benachbarten Personen stört. Hierzu läßt sich das gegebene Beispiel vom ,,dynamischen Nachbarn" heranziehen. Hier stimme ich mit dem Autor überein, dass Lärm allgegenwärtig geworden ist und dass man sich seinem Machtanspruch kaum noch entziehen kann.
3.2. Clauss vertritt die Meinung, dass ,,viele Menschen sogar schone regelrechte Angst vor der Stille haben" . Auch hier stimme ich mit Clauss Grundthese überein, dass man sich Lärm kaum noch entziehen kann. Es ist schwierig, sich zurückzuziehen, um sich wirklich auf sich zu besinnen, zumal man sich ständig von anderen Verpflichtungen , und sei es nur das Mähen der Wiese, eingeholt fühlt. Wiederum kann ich die gegebenen Beispielen nicht als überzeugend betrachten. Ich glaube nicht, dass jemand freiwillig und nur aus Angst vor der Stille sich in Arbeit stürzt. Es ist eher die Angst vor der Untätigkeit: Das Leben ist hektischer geworden.
Zum Thema Musik aus Angst vor der Stille verweise ich auf den oben genannten Aspekt ,,Musik ist Teil der Kultur". Hier läßt sich aber noch ergänzen, dass Musik von vielen Menschen auch als Ausgleich benutzt wird. Sei es beim Entspannen nach getaner Arbeit, beim Joggen oder sogar während der Arbeit.
3.3 Clauss behauptet, das Lärm aggressiv macht. Seine Behauptung ist glaubwürdig, da er es an Statistiken belegen kann.
Der Leser wird allerdings hier mit der Frage konfrontiert, was genau Clauss unter Lärm versteht, da er in seinem Text sämtliche Geräusche als Lärm bezeichnet. Ob das wirklich seine These ist, wird nicht deutlich.
3.4 Meiner Meinung nach muss der Mensch sich ändern. Diesem inneren Wandel gehen meiner Ansicht nach aber ,,technische Verbesserungen und politische Kosmetik" voraus. Erst wenn der Gesellschaft die Möglichkeit geboten wird, sich zu verändern, kann sie es auch umsetzen. Andersherum würde eine ,,Rückbesinnung auf verschüttete Werte" viele Menschen in ein seelisches Fiasko stürzen, da sie sich zwischen zwei Welten zu entscheiden hätten.
Clauss sollte in seinem Bericht nicht nur eine Forderung stellen, sondern auch näher darauf eingehen. z.B: Wie kann man einen ,,Bewusstseinswandel" fördern?
4.1 Ich denke, Clauss zielt in seinem Bericht nicht nur auf die äußere Stille, die im Kontrast zum Lärm steht. Hier muss man zwischen äußerer und innerer Stille entscheiden. Als Beispiel kann man Zeile fünf heranziehen: ,,Stille ist nicht einfach nur die Abwesenheit von Lärm". Die Antwort gibt der Autor in Zeile 42: [Stille ist eine] ,,Rückbesinnung auf verschüttete Werte". Clauss geht meines Erachtens noch einen Schritt weiter, indem er behauptet, dass ,,Stille lange Zeit Voraussetzung und Bestandteil menschlicher Kultur war" (Klosterleben)
(7). Dieser Kerngedanke bildet gleichzeitig die Rückäußerung auf Zeile fünf und 42: Sowohl im alten Griechenland und alten Rom nahm man sich sehr viel Zeit (innere Stille) miteinander zu reden, aufeinander zuzugehen. Somit ist Stille nicht nur Abwesenheit von Lärm, sondern auch ein wichtiges Kulturgut.
Diese innere Stille/Ruhe kann aber auch vom Auge wahr genommen werden. So ist es mit Sicherheit nachvollziehbar, dass eine Idylle eine weitaus größere innere Ruhe aufkommen lässt, als der Anblick eines grauen Wohnblocks.
4.2 Ich finde die Theorie von Clauss interessant, dass sich ,,die von Clauss so benötigte Stille" nicht nur auf unsere Umwelt punktiert, sondern auch auf unsere Innenleben. Geht es um die innere Stille, so muss der Mensch an sich selbst arbeiten. Ein Exempel wäre, dass das Individuum auf andere mit mehr Zeit zugeht, sei es beim gemütlichen Nachbargespräch oder beim gemeinsamen Spieleabend. Der Mensch kann sich seine Insel der Besinnung also selber errichten. Eine wichtige Voraussetzung für dieses innere Stille ist aber erst dann gegeben, wenn sich auch eine äußere Stille eingestellt hat (Abwesenheit von Lärm), da dieser den Geist eines Menschen aggressiv handeln läßt und somit eine innere Ruhe zerstört oder erst gar nicht aufkommen läßt. ,,Technische Verbesserungen oder politische Kosmetik" wären somit für diesen Reifeschritt notwendig. So wäre z.B. eine Minimierung von Motoren- und Abrollgeräuschen im Hinblick auf die Forschung sinnvoll. Des Weiteren wäre eine Eliminierung des motorisierten Individualverkehr aus den Innenstädten ein Schritt in die richtige Richtung.
5. Abschließend meine ich, dass er den Bogen überspannt, wenn er behauptet, dass sanfte Musikuntermalung in öffentlichen Einrichtungen als ,,akustische Umweltverschmutzung" angesehen werden sollte.
Aber: Letztendlich möchte ich feststellen, dass der Autor sicherlich in vielen Punkten zutreffende Ansichten vertritt und der Mensch die Stille als ein wertvolles Gut behandeln sollte.
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