Zusammenfassung
Physiologische Stressoren wie der pränatale Testosteron-Spiegel können vom ursprünglichen genetischen Plan abweichende Entwicklungen sowohl im Zentralnervensystem als auch in peripheren anatomischen Strukturen nach sich ziehen. Ziel dieser Untersuchung war es, mögliche Zusammenhänge zwischen Körperasymmetrien, operationalisiert als Differenz der Fingerlängen beider Hände, und Depressivität, erhoben mittels einer Subskala des Freiburger Persönlichkeitsinventars, zu finden. Zusätzlich wurde ein emotionaler Stroop-Test zur Messung von Depressivität entwickelt. Die Stichprobe bestand aus 60 Personen (30 Männer, 30 Frauen). Der emotionale Stroop-Test war nur bei Frauen geeignet, Depressivität zu erfassen, jedoch ergab sich kein Zusammenhang zwischen Körperasymmetrie und Depressivität. Bei Männern fand sich ein negativer Zusammenhang zwischen diesen beiden Variablen, asymmetrische Männer waren also weniger depressiv.
Schlagwörter: Körperasymmetrie, Fingerlänge, Depressivität, Stroop-Test
Abstract
Physiological stressors such as the prenatal testosterone level may cause deviations of the developmental plan in the central nervous system and in peripheral anatomic structures. The purpose of this work was to investigate possible links between fluctuating asymmetry, measured as differences of right and left digit lengths, and depressiveness, measured by a subscale of the Freiburger Persönlichkeitsinventar. In addition an emotional Stroop task was developed. The sample consisted of 60 subjects (30 men, 30 women). The emotional Stroop task was able to measure depressiveness only in women, but there was no correlation between fluctuating asymmetry and depressiveness. In men a negative correlation was found between those variables, i.e., asymmetric men reported less depressiveness.
key words: fluctuating asymmetry, digit length, depressiveness, Stroop task
Alle Lebewesen, einschließlich des Menschen, entwickeln sich nach einem genetisch verankerten Plan. Bei der Umsetzung dieses Plans können Störfaktoren, wie physiologische Stressoren, wirksam werden. Es gibt Hinweise darauf, dass Strukturen des menschlichen Körpers, die an und für sich in einer perfekten Symmetrie angelegt wären, manchmal von dieser abweichen, wobei es starke interindividuelle Unterschiede gibt. Ein möglicher Grund für diese Abweichungen sind hormonelle Einflüsse. In diesem Zusammenhang wurde oft der pränatale Testosteron-Spiegel als bedeutsam diskutiert.
Dieser trägt nicht nur zur Ausbildung des männlichen Urogenitalsystems bei, sondern bestimmt auch wesentlich die Entwicklung des Gehirns mit und zieht dabei nicht nur positive Effekte nach sich (Bardin & Caterall, 1981; McEwen, 1981; MacKlusky & Naftolin, 1981, zitiert nach Martin, Manning & Dowrick, 1999). Möglicherweise führt ein hoher pränataler Testosteron-Spiegel zu einer Verlangsamung des Wachstums der linken Hemisphäre und zu einer relativen Beschleunigung des Wachstums der rechten Hemisphäre. Deshalb kann ein zu hoher Testosteron-Level als Stressor wirken und zu bestimmten Fehlentwicklungen wie beispielsweise Dyslexie, Autismus, Stottern, Migräne und reduzierter Immunfunktion führen (Bardin & Caterall, 1981; McEwen, 1981; MacKlusky & Naftolin, 1981, zitiert nach Martin, Manning & Dowrick, 1999).
Da die Differenzierung der Gonaden und der Finger durch dieselben Gene (HOX- Gene) erfolgt (Kondo et al.,1997; Piechel et al., 1997, zitiert nach Martin, Manning & Dowrick, 1999), besteht die Annahme, dass auch die Fingerlänge mit der pränatalen Testosteron-Konzentration korreliert ist (Manning et al., 1998, zitiert nach Martin, Manning & Dowrick, 1999). In Untersuchungen dazu hat sich gezeigt, dass ein hoher Testosteron- Spiegel besonders mit einem längeren Ringfinger zusammenhängt (Manning et al., 1998b, zitiert nach Martin, Manning & Dowrick, 1999). Zusammenfassend kann man also sagen, dass Testosteron einerseits Körperasymmetrien (fluctuating asymmetry, FA) beeinflusst, andererseits zu verschiedenen ungünstigen Entwicklungsverläufen prädisponieren kann.
Nicht geklärt ist, ob sich dieser Zusammenhang zwischen der FA und Depressivität auch in einer nicht-klinischen Stichprobe zeigt. Die vorliegende Untersuchung schließt direkt an eine Arbeit von Martin, Manning und Dowrick (1999) an. Die Autoren zogen dabei sowohl eine klinische als auch eine nicht-klinische Stichprobe heran und verwendeten die Fingerlängen (außer Daumen), den maximalen Durchmesser der Handgelenke und den größten horizontalen Abstand der Ohrmuscheln als Indikatoren der FA. Ergebnis dieser Studie war, dass asymmetrische Männer tatsächlich signifikant höhere Werte im Beck Depression Inventory (BDI, 1978) aufweisen als symmetrische Männer. Dabei erwiesen sich besonders die Ringfinger als mit dem BDI-Score positiv korreliert. Für Frauen konnte ein derartiger Zusammenhang zwischen Körperasymmetrien und Depression nicht nachgewiesen werden.
Die vorliegende Untersuchung soll gewissermaßen eine Replikation dieser Studie in einer nicht-klinischen, studentischen Stichprobe sein und darüber hinaus der Versuch, einen emotionalen Interferenztest nach Stroop zur Messung von Depressivität zu entwickeln.
Dieses von J. Ridley Stroop (1935) erstmals eingesetzte Verfahren erhebt in seiner ursprünglichen Form jene Interferenzen, die in der Verarbeitung von zwei gleichzeitig auftretenden antagonistischen Stimulusaspekten entstehen. Stroop hat dafür entweder Farbkästchen oder Farbwörter, die in verschiedenen Farben geschrieben waren (z.B. das Wort „rot“ in blauer Farbe geschrieben), als Stimuli verwendet. Es zeigt sich generell, dass das Benennen der Farbe schneller möglich ist, wenn es sich nur um farbige Kästchen handelt, also wenn kein zweiter Stimulusaspekt gleichzeitig vorhanden ist. Der klassische Stroop- Interferenz-Effekt tritt besonders deutlich dann auf, wenn die Farbbezeichnungen nicht der Farbe, in der das Wort gedruckt ist, entsprechen. Erklärt wird dieses Phänomen so, dass das Lesen ein hochgradig automatisierter Prozess ist und der Wortinhalt somit immer Aufmerksamkeit auf sich lenkt und von der eigentlichen Aufgabe des Farbe-Benennens abzieht.
Beim emotionalen Stroop-Test handelt es sich um eine Weiterentwicklung der ursprünglichen Form. Die Idee dahinter ist, dass emotional relevante Wörter mehr Interferenz erzeugen sollen als emotional neutrale (McNally, 1990). Somit sollte beispielsweise ein Phobiker längere Latenzen bei der Farbbenennung der phobierelevanten Wörter (z.B. „Schlange“) aufweisen als bei neutralen Wörtern (z.B. „Haus“). Ob sich dieses Prinzip auch bei der Depressivität zeigt, ist eine Fragestellung dieser Untersuchung. In zahlreichen Arbeiten mit klinischen Stichproben wurde untersucht, ob der emotionale Stroop-Test eine geeignete Methode ist, um emotionale Störungen wie zum Beispiel Posttraumatische Belastungsstörungen, Angststörungen und Major Depression nachzuweisen (McNeil et al., 1999; Mogg et al., 1993; für einen Überblick siehe Williams et al., 1996). Die Ergebnisse dazu sind allerdings nicht eindeutig.
Das Ziel der vorliegenden Studie ist es also, die Beziehung zwischen Depressivität und FA zu untersuchen und die Frage zu klären, ob sich dieser Zusammenhang auch bei Operationalisierung der Depressivität mittels eines emotionalen Stroop-Tests abbilden lässt.
Die Hypothesen, die sich somit ergeben sind:
1. Je depressiver eine Person ist, desto höher ist auch ihr Aufmerksamkeitsbias für depressivitätsrelevante Informationen, wobei sich Frauen und Männer hinsichtlich ihrer Depressivitätsausprägungen nicht unterscheiden.
2. Je höher die FA einer Person ist, desto depressiver ist sie und desto höher ist auch ihr Aufmerksamkeitsbias für depressivitätsrelevante Informationen.
Methode
Stichprobe
Die Stichprobe bestand aus 30 weiblichen und 30 männlichen Studierenden bzw. SchülerInnen. Das Durchschnittsalter betrug 23 Jahre (Frauen: 22 Jahre, Männer: 24 Jahre), die Spannweite reichte von 16 bis 39 Jahren bei den Männern und von 16 bis 34 bei den Frauen. Der Großteil der Frauen waren Studierende der Psychologie an der Karl-Franzens- Universität Graz, die Stichprobe der Männer setzte sich hingegen aus Studierenden verschiedener Studienrichtungen zusammen.
Material, Apparatur
Es wurde die Subskala DepressivitÄt des Freiburger Persönlichkeitsinventars (FPI 3, Fahrenberg, J., Hampel, R., Selg, H., 1978) verwendet, die geschlechtsunabhängig den Grad an Depressivität erfassen soll. Diese Skala besteht aus 28 Items mit einem dichotomen Antwortformat („trifft zu“ und „trifft nicht zu“). Der in Kooperation mit Peter Holzer entwickelte emotionale Stroop-Test für Depressivität und der FPI 3, von Dr. Papousek für Microsoft Word adaptiert, wurden auf einem Personalcomputer des Typs 86486-DX33 und einem 14-Zoll-VGA-Farbmonitor S30 dargeboten.
Der Stroop-Test bestand aus einem Übungsdurchgang mit 20 depressivitätsirrelevanten Items und vier Blocks à 40 Items (20 depressivitätsrelevante, 20 depressivitätsirrelevante Substantiva) in der Testphase mit jeweils 15 Sekunden Pause zwischen den einzelnen Blocks. Die depressivitätsrelevanten Wörter wurden sinngemäß aus klinischen Tests zur Erfassung von Depression (Beck Depressionsinventar (BDI), Hautzinger, M., Bailer, M., Worall, H., Keller, F., 1994; Hamilton Depressions-Skala (HAMD), Hamilton, M., 1986; Selbstbeurteilungs-Depressions-Skala (SDS), Zung, W.W.K., 1986; Depressions- Status-Inventar (DSI), Zung, W.W.K., 1986) entnommen (z.B. Trauer, Selbstmord, Müdigkeit), bei den Kontrollwörtern handelte es sich um Begriffe aus dem Themenbereich „Haushalt“ (z.B. Vorhang, Mikrowelle, Blumenvase). Die zwei Itemkategorien waren der Länge nach gematcht und die Wörter wurden je einmal in vier Farben (gelb, blau, rot, grün) dargeboten. Die Reihenfolge der Items wurde so festgelegt, dass jedes Wort einmal pro Block und dieselbe Farbe nicht unmittelbar hintereinander vorkam. Die Items wurden einzeln in der Mitte des Bildschirms in DOS-Standardschriftgröße dargeboten. Zwischen zwei Items war eine Pause von zwei Sekunden, unmittelbar vor jedem Item erschien ein Fixationspunkt. Auslasser (keine Reaktion innerhalb von drei Sekunden) und Fehler (falsche Farbwahl) wurden am Ende jedes Blocks noch einmal vorgegeben, so dass für jedes Wort vier „gültige“ Reaktionszeiten vorlagen. Die Aufgabe der Versuchsperson bestand darin die Farbe, in der das Wort geschrieben war, richtig zu erkennen und möglichst rasch mittels Tastendruck einzugeben. Die Antwort war mit beiden Händen gleichzeitig per PC-Standard-Tastatur einzugeben. Für jede Farbe als Antwortmöglichkeit waren also zwei Tasten möglichst rasch zu drücken, wobei die erste Anschlagzeit als Testwert herangezogen wurde. Die Tasten waren „a“ und „ö“ für gelb, „s“ und „l“ für grün, „d“ und „k“ für blau und „f“ und „j“ für rot. Die Tastatur war mit entsprechenden Farbstickern gekennzeichnet, die Finger sollten während des gesamten Versuches auf den Tasten liegen.
Zur Bestimmung der Fingerlängen wurden die Hände der Vpn mit einem Fotokopiergerät kopiert und anschließend die Länge der ventralen Oberfläche jedes Fingers von der basalen Falte bis zur Spitze vermessen.
Scores
Stroop-Interferenz-Scores
Für jeden Versuchsteilnehmer wurde die Latenzzeit bei jedem Item bis zum Tastendruck gemessen. Für jede Person und jedes Wort wurde dann der Median der vier Latenzen und anschließend jeweils ein Mittelwert dieser Mediane für die 20 depressivitätsrelevanten und 20 depressivitätsirrelevanten Items berechnet. Die Differenz dieser Werte ergaben den Stroop-Interferenz-Score, die durchschnittliche Mehrzeit für depressivitÄtsrelevante Wörter.
FPI 3-Scores
Es wurde für jede Vp ein Summenscore aller in Richtung Depressivität weisenden Antworten berechnet.
FA-Scores
Für jeden Versuchsteilnehmer wurde für jeden Finger ein FA-Score berechnet nach der Formel zur Berechnung der relativen FA nach Martin et al. (1999): ÍL-R Í/ .5*(L+R).
Versuchsablauf
Alle Einzeltests wurden zwischen 29.11. und 16.12.1999 in einem Versuchsraum des Instituts für Psychologie an der Karl-Franzens-Universität Graz durchgeführt. Die Instruktion für den emotionalen Stroop-Test wurde am Bildschirm dargeboten, anschließend folgte der Übungsdurchgang. (Der genaue Wortlaut der Instruktion ist dem Anhang zu entnehmen.)
Danach wurde der Stroop-Test ohne weitere Unterbrechungen durchgeführt. Nach Beendigung des Stroop-Tests wurden die Hände der Versuchspersonen außerhalb des Versuchraums am Psychologie-Instituts kopiert und anschließend wurde der FPI 3 wiederum am PC vorgegeben. (Die Instruktion des FPI 3 liegt ebenfalls im Anhang bei.)
Ergebnisse
Die Stroop-Interferenz-Scores (mittlere Mehrzeit für depressivitätsrelevante Items) waren normalverteilt (Kolmogorov-Smirnov-Z = 1.060, n = 58, p = .211). Es gab keine Unterschiede hinsichtlich der Geschlechtszugehörigkeit (t = .683, df = 58, p = .978). Die mittlere Mehrzeit für depressivitätsrelevante Items war auch nicht korreliert mit dem Alter der Probanden (Pearsons Korrelationskoeffizient = -.017, n = 60, p = .897).
Die FPI 3-Summenscores wiesen einen Mittelwert von 10.87 und eine Spannweite von 1 bis 22 auf, wobei der Mittelwert der weiblichen Probanden 13.63 (Spannweite: 2 bis 22, Streuung: 5.07) und der der männlichen 8.10 (Spannweite: 1 bis 16, Streuung: 3.92) betrug. Die Summenscores zeigten keine signifikante Abweichung von einer Normalverteilung (Kolmogorov-Smirnov-Z = .682, n = 60, p = .742). Ein ŧTest für unabhängige Stichproben ergab signifikant höhere Depressivitätswerte für Frauen (t = -4.732, df = 58, p = .000). Eine Umwandlung der FPI 3-Testwerte in FPI 3-Standard-T-Werte getrennt für männliche und weibliche Probanden laut Normtabellen der FPI-Handanweisung (1978) ließ diesen Geschlechtsunterschied weiter bestehen (t = -3.394, df = 58, p = .001). Weiters waren die männlichen Vpn auch signifikant älter als die weiblichen (t = 2.326, df = 58, p = .024).
Es ergab sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen FPI-T-Werten und Alter (Pearsons Korrelationskoeffizient = -.418, n = 60, p = .001). Eine partielle Korrelation der FPI 3-T-Werte und der Stroop-Interferenz-Scores, wobei die Variable Alter kontrolliert wurde, ergab für die männlichen Versuchsteilnehmer keinen signifikanten Zusammenhang (r = -.0664, df = 27, p = .740). Bei den weiblichen Versuchsteilnehmern war diese Korrelation jedoch signifikant (r = .3764, df = 27, p = .044).
Eine multiple lineare Regression nach der Rückwärts-Methode wurde getrennt für die Geschlechter berechnet. Prädiktoren waren die fünf FA-Scores, Kriterium die FPI 3-T-Werte. Für die männlichen Probanden ergab sich für ein Modell, das alle fünf Fingerscores enthält ein multipler Korrelationskoeffizient R = .603 (F5, 24 = 2,748, p = .042), für ein Modell, das nur den zweiten, dritten und vierten Finger als Prädiktoren enthält, ein Koeffizient R = .525 (F3, 26 = 3,297, p = .036; zweiter Finger: Beta = -.297, t = -1.659, p = .109; dritter Finger: Beta = -.401, t = -2.261, p = .032; vierter Finger: Beta = -.306, t = -1.653, p = .110). Es ergab sich also eine negative Korrelation zwischen FPI 3-T-Wert und dem FA-Score des dritten Fingers, die selbe Tendenz erhält man auch beim zweiten und vierten Finger. Die gleiche multiple lineare Korrelation für die weiblichen Probanden ergab keinerlei signifikanten Zusammenhang.
Um auszuschließen, dass diese Korrelation bei den männlichen Vpn aufgrund eines Einflusses der Richtung der Abweichung von der Symmetrie zustande gekommen ist, wurde eine Kurvenanpassung für die männlichen Vpn durchgeführt, die als Prädiktor einen Summenscore aus zweitem, drittem und vierten Fingerscore und als Kriterium den FPI 3-T- Wert enthielt. Hier zeigte sich ein signifikant quadratischer Zusammenhang (F = 5.22, df = 27, p = .012; umgekehrt U-förmig).
Für die weiblichen Probanden wurde zusätzlich noch eine multiple lineare Korrelation nach der Rückwärts-Methode mit den fünf Fingerscores als Prädiktoren und der mittleren Mehrzeit für depressivitätsrelevante Items als Kriterium berechnet. Für das Modell, das alle fünf Prädiktoren enthält, ergab sich ein multipler Korrelationskoeffizient R = .550 (F5, 24 = 2,077, p = .104) . Als bestes Modell stellte sich jenes heraus, das nur den zweiten und vierten Finger als Prädiktoren berücksichtigt. Hierbei betrug der multiple Korrelationskoeffizient R = .505 (F2, 27 = 4,626, p = .019; zweiter Finger: Beta = -.305, t = -1.779, p = .087; vierter Finger: Beta = .487, t = 2.836, p = .009). Es gibt also bei Frauen einen positiven Zusammenhang zwischen dem FA-Score des vierten Fingers und dem Stroop-Interferenz- Score und eine gegenläufige Tendenz beim zweiten Finger.
Diskussion
Frauen zeigten der ersten Hypothese entsprechend einen signifikanten Zusammenhang zwischen Depressivität (FPI 3-Score) und Aufmerksamkeitsbias für depressivitätsrelevante Items (Stroop-Interferenz-Score), bei Männern fand sich diese Beziehung nicht. Somit gilt auch nicht der Zusatz der Geschlechtsunabhängigkeit bei der ersten Hypothese. Zusätzlich muß erwähnt werden, dass die in der FPI 3-Handanweisung angegebene Geschlechts- unabhängigkeit für diese Untersuchung nicht haltbar ist, wobei sich dies möglicherweise auf die Inhomogenität der Stichprobe bezüglich des Alters und der Studienrichtung zurückführen läßt, da diese Unterschiede trotz Standardisierung der FPI 3-Summenscores bestehen blieben.
Männer wiesen eine negative Korrelation zwischen FA und Depressivität auf, was gegenläufig zum Ergebnis von Martin et al. (1999) ist. Dieses Ergebnis läßt sich nicht auf einen Einfluß der Richtung der Asymmetrie zurückführen - sowohl links als auch rechts asymmetrische Männer weisen geringere Depressivitätswerte auf. Bei den weiblichen Vpn konnte ebenso wie in der Arbeit von Martin et al. (1999) ein Zusammenhang zwischen Depressivität und FA nicht festgestellt werden.
Da depressivere Frauen tatsächlich auch signifikant längere Latenzen bei den depressivitätsrelevanten Items aufwiesen, wurde der Zusammenhang zwischen FA und der mittleren Mehrzeit für depressivitätsrelevante Items untersucht, wobei sich nur der vierte Finger als Indikator entsprechend der zweiten Hypothese erwies.
Der emotionale Stroop-Test war in unserer Untersuchung eine nur bedingt brauchbare Technik, um Depressivität in der Normalbevölkerung zu erfassen. Hier ist wiederum auf die Zusammensetzung der Stichprobe hinzuweisen: die Varianz der Depressivitätsausprägungen bei den männlichen Vpn war im Vergleich zu den weiblichen Vpn stark eingeschränkt, was zu einer Unterschätzung eines möglichen tatsächlichen Zusammenhangs zwischen FPI 3-Werten und der mittleren Mehrzeit für depressivitätsrelevante Items geführt haben könnte.
Die hoch signifikante Korrelation zwischen der mittleren Mehrzeit für depressivitätsrelevante Items und dem vierten Fingerscore bei den weiblichen Vpn weist jedoch trotz mehrerer hypothesenwidriger Resultate unserer Meinung nach darauf hin, dass die dieser Untersuchung zugrunde liegende Theorie des Einflusses des pränatalen Testosteron-Levels Erklärungskraft besitzt - allerdings muß an der Operationalisierung der FA noch gearbeitet werden. Die nichtsignifikanten Ergebnisse bzw. die gegenläufigen Trends könnten Anzeichen dafür sein, dass ein Score, der sich aus mehreren FA-Indizes zusammensetzt (vgl. Martin et al., 1999) deutlichere Ergebnisse bringen könnte.
Weitere Empfehlungen für nachfolgende Untersuchungen sind eine Anhebung der Stichprobengröße und -homogenität, um Geschlechts- und Alterseffekte auszuschalten und eventuell vorhandene Korrelationen deutlicher aufzuzeigen. Die im emotionalen Stroop-Test verwendeten Wörter sollten in Voruntersuchungen hinsichtlich ihrer Relevanz für depressive Menschen getestet werden. Weiters ist das Kopieren der Hände zum Vermessen der
Fingerlängen (besonders des Daumens) ein suboptimales Verfahren, ideal wäre es, die Hände zu röntgen.
Darüber hinaus ist grundsätzlich noch zu beachten, dass es sich bei den klinischen Stichproben, die in den Vorgängerarbeiten untersucht wurden, um Personen mit der Diagnose Depression handelte. Hier kann man also davon ausgehen, dass ein Trait-Merkmal erfasst wurde. In der vorliegenden Untersuchung wurde hingegen Depressivität mittels einer einmaligen Vorgabe eines Persönlichkeitsfragebogens gemessen, der aufgrund der Itemformulierung ebenfalls ein überdauerndes Merkmal erfassen sollte. Es ist aber nicht auszuschließen, dass hier auch Störvariablen, wie z. B. Life Events, wirksam wurden.
Literaturverzeichnis
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Zung, W.W.K. (1986). Selbstbeurteilungs-Depressions-Skala (SDS). Internationale Skalen
für Psychiatrie (3., veraenderte Auflage). Weinheim: Beltz.
* zur Verfügung gestellt von Prof. Schulter
** Fernleihe
ANHANG:
Instruktion zum Stroop-Test, dargeboten in vier Teilen vor beginnt des Übungsdurchgangs:
Teil 1:
Im folgenden werden Ihnen Worte in 4 verschiedenen Farben (blau, rot, grün, gelb) dargeboten Ihre Aufgabe besteht darin die Farbe, in der das Wort geschrieben ist, richtig zu erkennen und so schnell wie möglich die entsprechende Taste zu drücken.
Teil 2:
Legen Sie bitte jetzt die Finger der linken Hand auf die Buchstaben a s d f Legen Sie bitte jetzt die Finger der rechten Hand auf die Buchstaben j k löDie beiden Daumen lassen Sie bitte ruhig auf der Leertaste liegen.
Teil 3:
Antworten Sie auf jedes Wort bitte so schnell wie möglich mit folgenden Fingern:
Bei einem blauen Wort drücken Sie bitte BEIDE Zeigefinger. Bei einem roten Wort drücken Sie bitte BEIDE Mittelfinger. Bei einem grünen Wort drücken Sie bitte BEIDE Ringfinger. Bei einem gelben Wort drücken Sie bitte BEIDE kleinen Finger.
Ignorieren Sie dabei den Inhalt des Wortes!
Es geht also nicht darum, das Wort zu lesen, sondern Sie sollen nur möglichst schnell seine Farbe richtig erkennen.
Teil 4:
Nochmals zur Wiederholung:
Beide Zeigefinger: BLAU Beide Mittelfinger: ROT Beide Ringfinger: GRÜN Beide kleinen Finger: GELB Falls Sie noch Fragen haben, wenden Sie sich bitte jetzt an den/die VersuchsleiterIn.
Wenn Sie keine Fragen mehr haben, beginnen wir jetzt mit einigen Übungsworten.
Instruktion zwischen Übungsitems und Testitems:
Falls Sie noch Fragen haben, wenden Sie sich bitte jetzt an den/die VersuchsleiterIn.
Wenn Sie keine Fragen mehr haben, beginnen wir jetzt mit dem Testdurchgang.
Instruktion in den Pausen zwischen den Testitems:
Es folgt nun eine kurze Pause von 15 Sekunden.
Lassen Sie bitte die Finger auf den Antworttasten liegen. Wenn der Bildschirm wieder schwarz wird, folgt der nächste Durchgang.
Items in dargebotener Reihenfolge und Farbe:
Farben:
1: rot
2: blau 3: grün 4: gelb
Übungsitems:
01 1 Zwirn
02 3 Pflanze
03 2 Kleiderbürste
04 4 Sessel
05 3 Kochlöffel
06 4 Herd
07 2 Schneidbrett
08 3 Mikrowellenherd
09 1 Gabel
10 4 Tischdecke
11 2 Kühlschrank
12 3 Tinte
13 4 Pfanne
14 1 Schreibtisch
15 2 Geschenkspapier
16 1 Tasche
17 4 Glas
18 3 Vorhangstange
19 1 Polster
20 2 Spiegel
Testitems:
001 3 Teller
002 1 Müdigkeit
003 4 Erschöpfung
004 2 Weinen
005 1 Radio
006 2 Wecker 007 3 Schuld
008 1 Waschmaschine
009 4 Schwermut
010 3 Vorhang
011 2 Selbstmord
012 3 Scham
013 1 Taschentuch
014 2 Zimmer
015 3 Wertlosigkeit
016 1 Sorge
017 4 Trauer
018 3 Zusammenbruch
019 2 Schachtel
020 4 Telefonbuch
021 1 Sterben 022 3 Kasten 023 2 Kritik 024 4 Kerze 025 1 Fön
026 2 Vorwurf
027 3 Blumenvase
028 1 Kochtopf
029 4 Schaukelstuhl 030 3 Tod
031 2 Trägheit
032 4 Einsamkeit
033 2 Verzweiflung
034 4 Bilderrahmen
035 1 Teppich
036 3 Schlüssel
037 4 Seife
038 1 Leere
039 2 Unsicherheit
040 4 Topflappen
(Pause)
041 3 Müdigkeit 042 4 Radio
043 1 Telefonbuch 044 3 Leere
045 4 Wertlosigkeit 046 1 Kerze
047 3 Schwermut
048 2 Taschentuch
049 4 Waschmaschine
050 2 Trauer
051 1 Unsicherheit
052 3 Fön
053 1 Verzweiflung 054 4 Zusammenbruch 055 3 Wecker
056 2 Sorge
057 1 Erschöpfung
058 2 Schaukelstuhl
059 4 Schuld
060 3 Seife
061 2 Bilderrahmen
062 1 Kasten
063 3 Zimmer
064 1 Selbstmord
065 4 Kochtopf 066 2 Teppich 067 1 Tod
068 4 Sterben
069 2 Blumenvase
070 4 Weinen
071 2 Topflappen
072 3 Vorwurf
073 4 Schachtel
074 2 Vorhang
075 1 Kritik
076 3 Trägheit
077 2 Teller
078 1 Scham
079 3 Einsamkeit
080 4 Schlüssel
(Pause)
081 4 Tod
082 3 Kochtopf
083 1 Blumenvase
084 2 Zusammenbruch 085 4 Kritik
086 1 Weinen
087 3 Topflappen 088 2 Radio
089 1 Seife
090 3 Telefonbuch 091 4 Unsicherheit 092 3 Schaukelstuhl 093 2 Fön
094 1 Teller
095 4 Vorhang 096 2 Schwermut 097 3 Bilderrahmen 098 1 Trägheit
099 2 Schuld
100 4 Verzweiflung 101 3 Kerze
102 4 Selbstmord 103 2 Müdigkeit 104 3 Sorge 105 1 Wecker 106 2 Kasten
107 3 Erschöpfung
108 2 Waschmaschine 109 4 Vorwurf
110 1 Wertlosigkeit 111 3 Trauer
112 4 Scham 113 1 Zimmer 114 4 Leere 115 2 Sterben 116 1 Schlüssel 117 3 Taschentuch 118 1 Schachtel 119 4 Teppich 120 2 Einsamkeit
(Pause)
121 1 Zusammenbruch 122 3 Radio
123 2 Erschöpfung 124 4 Fön
125 2 Wertlosigkeit 126 3 Kritik
127 4 Teller 128 1 Schuld
129 2 Telefonbuch 130 3 Weinen 131 2 Leere
132 4 Blumenvase 133 1 Schwermut 134 3 Teppich 135 4 Wecker
136 1 Schaukelstuhl 137 2 Tod
138 3 Waschmaschine 139 1 Trauer
140 4 Müdigkeit 141 2 Kochtopf 142 4 Sorge
143 3 Selbstmord 144 1 Topflappen 145 2 Seife
146 3 Sterben 147 4 Zimmer 148 2 Scham 149 1 Vorwurf 150 4 Taschentuch 151 1 Vorhang 152 2 Kerze
153 3 Verzweiflung 154 4 Kasten
155 3 Unsicherheit 156 1 Bilderrahmen 157 4 Trägheit
158 2 Schlüssel 159 3 Schachtel 160 1 Einsamkeit
Instruktion zum FPI 3:
Sie werden im folgenden eine Reihe von Aussagen finden, die persönliche Eigenschaften und Einstellungen betreffen. Lesen Sie bitte jede Aussage sorgfältig durch und beantworten Sie sie entweder mit 'stimmt' oder mit 'stimmt nicht'. Markieren Sie bitte dafür das entsprechende Kästchen. Es gibt keine richtigen oder falschen Antworten. Antworten Sie bitte so, wie es für Sie am ehesten zutrifft. Arbeiten Sie bitte rasch, ohne lange über ihre Antworten nachzudenken und überlegen Sie bitte nicht, welche Antwort vielleicht den 'besten Eindruck' machen könnte, sondern antworten Sie so, wie es für Sie persönlich gilt.
Ihre Antworten bleiben anonym und werden streng vertraulich behandelt.
- Citation du texte
- Harald Lothaller (Auteur), Gudrun Schweninger (Auteur), Andrea Stipacek (Auteur), 2000, Körperasymmetrie und Depressivität: Erfassung der Zusammenhänge und Entwicklung eines emotionalen Stroop-Tests, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97997
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