Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Thematische Abgrenzung der ,,mittlere Breiten"
3. Allgemeine Merkmale der k ü hlgem äß igten Mittelbreiten
4. Klima
4.1 Bestrahlungsverh ä ltnisse
4.2 Einfl ü sse der planetarischen Zirkulation
5. B ö den
6. Vegetation
7. Geomorphologische Aspekte
8. Hydrologische Merkmale
8.1 Einzugsgebiete/Abflussmengen
8.2 Abflussregime
9. Schlussbemerkung
10. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das vorliegende Skript stellt - aufgrund des doch sehr umfassenden Themenkomplexes - lediglich ein Abriss der physischen Geographie der mittleren Breiten dar. Die Referate, die von den Kommilitonen in den Themenblöcken ,,Globaler Rahmen" sowie ,,Prozesse und Formen" gehalten wurden, stellen eine Art Basis dar, die zum besseren Verständnis der hiesigen Ausarbeitung beitragen. Die Aufgabe besteht nun darin, die dargestellten Inhalte der Themen (jedenfalls einen Teil daraus) nicht erneut allgemein zu formulieren, sondern konkret auf das Gebiet der mittleren Breiten anzuwenden und zu beschreiben.
2. Thematische Abgrenzung der ,,mittlere Breiten"
Die Mittelbreiten (auch ,,gemäßigte Zone") stellen eine Klimazone dar, die sich zwischen den Wende- und Polarkreisen befindet (LESER 1997, S. 518). Aufgrund des relativ großen Gebietes und den resultierenden unterschiedlichen geographischen Gegebenheiten, wird diese Region in mehrere Subzonen unterteilt. Troll und Paffen differenzieren beispielsweise in kaltgemäßigte, kühlgemäßigte und warmgemäßigte Zone, die ihrerseits wiederum gesplittet werden.
Da das vorherige sowie das nachfolgende Referat Teile der mittleren Breiten behandeln (Physische Geographie ,,Subpolarzone" und ,,Subtropen"), wird folglich auf eine Darstellung des gesamten Betrachtungsgebietes verzichtet. Schwerpunkte werden hauptsächlich auf die kühlgemäßigte Zone in Europa gelegt.
3. Allgemeine Merkmale der kühlgemäßigten Mittelbreiten
Betrachtet man eine Welt-Klimakarte, so ist erkennbar, dass sich die kühlgemäßigte Zone, im Vergleich zu den anderen Klimazonen, insofern unterscheidet, dass diese nicht eine geschlossene Gürtelform besitzt, sondern fragmentiert auftritt. Zu diesem Bereich zählen große Teile West-, Zentral- und Osteuropas, der NE der USA mit dem benachbarten Teil Kanadas, Teile Japans und Chinas sowie auf der Südhalbkugel einige Gebiete Australiens und Neuseelands.
Die gemäßigte Zone stellt einen Zwischenbereich dar, der als Resultat unterschiedlich starker klimatischer Einflüsse aus Polar- und Tropenzone sowie verschieden temperierter Meeresströmungen zu sehen ist.
Dies bedeutet, dass nicht nur die geographische Lage der kühlgemäßigten Zone, sondern auch deren Wesensmerkmale (bezogen auf die Gesamtheit der Klimazonen) als eine Art ,,Mitte" oder Durchschnitt anzusehen sind; extreme Verhältnisse wie in den niederen und hohen Breiten sind hier nicht anzutreffen.
Beispiele hierfür wären:
- mittellange Vegetationsperiode von ca. 4 - 5 Monaten
- mittlere Pflanzenproduktivität des Waldes mit 200 - 600 gC/m² (Kohlenstoffassimilation)
- mittellange Sonnenscheindauer von 1400 - 1800 Stunden pro Jahr (Deutschland), (Vergleich: N-Afrika: 3000 Std., Island: 1000 Std.)
- Niederschläge über das Jahr verteilt relativ ausgeglichen, ausreichende Feuchtigkeit
- mittlere Strahlungs-/Beleuchtungsverhältnisse (·Schiefe der Ekliptik), d. h. Tageslängen ~ 8 - 16 Stunden (in den Tropen gleichbleibend, in Polnähe extreme Abweichungen)
- Rhythmik der vier Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter
Aufgrund dieser moderaten und günstigen Gegebenheiten, stehen für das Tier- und Pflanzenleben vielfältige Möglichkeiten - ohne stärkere Anpassungszwänge an z. B. mangelnde Feuchtigkeit - zur Verfügung. Dies äußert sich beispielsweise an dem hohen Anteil landwirtschaftlicher Nutzfläche bzgl. der einzelnen Staaten, die Teil dieser Klimazone sind. Dieses Phänomen steht typischerweise für sogenannte Industriestaaten. (HOFMEISTER/ROTHER 1985, S. 9 ff.)
4. Klima
Im folgenden werden einige klimageographische Aspekte angeschnitten und beschrieben. Allgemeine Charakteristika der kühlgemäßigten Breiten stellen z. B. eine durchschnittliche Jahrestemperatur zwischen 8° und 12°C, warme Sommer und relativ milde Winter (Monatsmittel nicht wesentlich unter 0°C) oder das Fehlen einer kontinuierlichen Schneedecke, die in manchen Wintern sogar komplett ausbleiben kann, dar (LESER 1997, S. 421 f.; HOFMEISTER/ROTHER 1985, S. 19). Der hier vorwiegend herrschende Westwind sowie der Golfstrom, beeinflussen diese Verhältnisse maßgeblich.
4.1 Bestrahlungsverhältnisse
Wie bereits in Kapitel 3 angedeutet, hängt die Bestrahlungsdauer gewichtig von der Schiefe der Ekliptik ab. Gekoppelt mit dem Faktor Erdrevolution (Umlauf der Erde um die Sonne), entstehen somit unterschiedliche Tageslängen und auch Jahreszeiten. Demnach läge die potentielle Sonnenscheindauer auf dem 52. Breitengrad bei ca. 4500 Stunden pro Jahr. Infolge der doch recht häufigen Wolkenbedeckung in diesen Breiten, werden jedoch nur lediglich etwa 1600 Sonnenstunden erreicht.
In Tabelle 1 ist die differenzierte Sonnenscheindauer der einzelnen Monate ersichtlich.
Zusätzlich - zum Vergleich - sind Werte jeweils eines höheren und eines niedrigeren Breitengrades (beide in den mittleren Breiten) angegeben. Während beim 40. Breitengrad eine durchschnittliche Angleichung der Tageslängen festzustellen ist, so stellt sich dies bei 62° genau umgekehrt dar. Dies bedeutet, dass sich die Differenz des Minimum- und Maximumwertes (im Dez. bzw. Jun.) der mittleren Tageslängenstunden erhöht, je weiter man in die Nähe des Poles vorrückt.
Tab 1: Mittlere Tagesl ä ngen in Stunden pro Monat
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Quelle: HOFMEISTER/ROTHER 1985, S. 15, verändert)
4.2 Einflüsse der planetarischen Zirkulation
Die klimatischen Verhältnisse der mittleren Breiten sind maßgeblich von den hier vorherrschenden Westwinden (Westwinddrift) gekennzeichnet. Deren Entstehung beruht auf dem polwärts gerichteten Druck- und Temperaturgefälle sowie der Wirkung der Corioliskraft. Die Westwinde umströmen die Erde in Form von großen mäandrierenden Wellen von mehr als 2000 km Breite, den sogenannten Rossby-Wellen. Die Art der Ausprägung dieser Wellen spielt für die Witterung der mittleren Breiten eine entscheidende Rolle. Die Variabilität geht auf die Zyklen (Tiefdruck) und Antizyklen (Hochdruck) zurück, die sich in dieses Windsystem integrieren und so die mäandrierende Form permanent verändern. (GOUDIE 1995, S. 101)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Abbildung 2 wird dargestellt, wie sogenannte Cut-offs zustande kommen. Die verschiedenen Witterungszustände in den mittleren Breiten - beispielsweise in Europa - werden somit erklärbar. Im ersten Stadium ist eine relativ breitenkreisparallele Zirkulation zu beobachten, welches nichts anderes bedeutet, dass maritime Luftmassen des Atlantiks auf das Festland strömen. In Stadium 2 wird ein Vordringen von Warm- bzw. Kaltluftmassen evident; es vollzieht sich ein intensiver Energieaustausch, bei dem die polare Kaltluft äquatorwärts, die tropische Warmluft in die entgegengesetzte Richtung transportiert wird. Im dritten Stadium werden schließlich Kalt- und Warmluftwirbel der vorgedrungenen Luftmassen abgetrennt. Eine Eigenschaft der Wirbel ist diejenige, dass sie eine
Abb. 1: Cut-off-Bildung Blockierung (blocking action) der Westwindströ-(Quelle: WEISCHET 1988, S. 216) mung bewirken. D. h., dass die unterschiedlich
positionierten Wirbel differenzierte Luftmassen mit typischen Eigenschaften in ein bestimmtes Gebiet befördern und bestimmend für die jeweilige Wetterlage sind. In Abbildung 2 bzw. Tabelle 2 sind diejenigen Luftmassen dargestellt, die Zentraleuropa betreffen. Dabei wird diese Region vorwiegend von den Luftmassen mit den Bezeichnungen mT, cT, mP sowie cP bestimmt. Im langjährigen Mittel kommt es zu einer Häufung von Tiefdruckgebieten über Island (Islandtief) und von Hochdruckgebieten über den Azoren (Azorenhoch).
Nach einigen Tagen lösen sich die ostwärts bewegenden Wirbel auf; kurz darauf vollzieht sich das Phänomen der Wirbelbildung erneut.
(WEISCHET 1988, S. 215 ff.; GOUDIE 1995, S. 103 f.)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: F ü r Mitteleuropa wirksame Luftmassen und ihre Eigenschaften
(Quelle: HEYER 1998, S. 199)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab 2: Die Luftmassen Europas
(Quelle: HEYER 1998, S. 200)
5. Böden
Die kühlgemäßigte Klimate (Europa) ist hauptsächlich durch drei Bodentypen charakterisiert: Podsole, Braunerden sowie Parabraunerden. Diese Verschiedenartigkeit ist stark geprägt von den jeweiligen regionalen geologischen Voraussetzungen (vgl. Abb. 4). Allgemein sind diese Böden einem so hohen Niederschlag ausgesetzt, dass eine nach unten gerichtete Auswaschung löslicher Bodenbestandteile vollzogen werden kann.
Podsole trifft man vorwiegend im nördlichen Teil Zentraleuropas an. Sie sind durch einen ausgelaugten, aschefarbenen Horizont unmittelbar unter der Erdoberfläche gekennzeichnet, der als Ergebnis eines sauren Sickerwasserstromes (Nadelstreu) zu betrachten ist. Hohe Niederschläge und verhältnismäßig niedrige Jahrestemperaturen fördern die Podsolbildung. Podsole bilden sich am besten auf Kiesen und Sanden aus (·Rückstände der Eiszeiten). Braunerden bilden sich zumeist auf silikatischem Ausgangsgestein (·Tonbildung) mit geringem CaCO3 - Gehalt und fehlendem Grundwassereinfluss. Sie sind im hangigen Gelände vorfindbar und werden in hohem Maße von laubabwerfenden Wäldern beeinflusst. Der Laubfall besitzt - gegenüber der Streu der Nadelwälder der Podsolgebiete - einen hohen Nährstoffwert, der von der Bodenfauna leichter zersetzt wird. Der entstandene Humus wird von Regenwürmern in den Boden eingearbeitet.
Parabraunerden kommen vor allem auf karbonathaltigem Lockergestein in tieferen Lagen (·Lößablagerungen) von Laub- und Mischwäldern vor und gelten als sehr fruchtbar. Der Unterschied zum Podsol liegt darin, dass hier keine vollkommene Ausspülung stattfindet, sondern lediglich eine Verlagerung von Tonmineralen.
Anzumerken wäre noch, dass die Mehrzahl der Böden Mitteleuropas nicht als ,,natürlich", sondern als Resultat anthropogener Einflüsse zu sehen sind (beispielsweise durch Abholzung von Wäldern und anschließender Kultivierung neuer Pflanzen). (GOUDIE 1995, S. 110; HOFMEISTER/ROTHE 1985, S. 50 ff.; SCHEFFER/SCHACHTSCHABEL 1979, S. 330 ff.)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Bodenkarte Mitteleuropa Abb. 4: Ge steinskarte Mitteleuropa
(Quelle: SEMMEL 1993, S. 46) (Quelle:SCHEFFER/SCHACHTSCHABEL 1979, S. 7)
6. Vegetation
Der Bereich Mitteleuropa wird großenteils von Wäldern gekennzeichnet, die im Winter ihr Laub abwerfen (sommergr ü ne Laub- und Mischw ä lder). Das Vorhandensein von laubabwerfenden Bäumen ist als eine Anpassungsform zu sehen, die an die besonderen klimatischen Gegebenheiten anknüpft:
- die Vegetationszeit beträgt hier 4 - 6 Monate (d.h. also mindestens 120 frostfreie Tage pro Jahr),
- die Feuchtigkeit ist ausreichend, die Niederschläge über das Jahr relativ gleich verteilt,
- der Sommer ist relativ warm (mittlere Julitemperatur > 15° C),
- eine winterliche Wachstumsunterbrechung von 3 - 4 Monaten bei nicht zu niedrigen Temperaturen.
Der sommergrüne Laubwald ist ein ,,mittelhoher, relativ artenreicher (20 - 70 Arten/400 m²), aus mehreren Gehölz- und Krautschichten aufgebauter, dicht schließender Wald aus sommergrünen Gehölzen [...]." (JÄGER 1997, S. 552) Zudem sind ,,in wintermilden Gebieten Beimischung[en] laurophyller Sträucher, im Grenzgebiet zur Taiga [...] Nadelhölzer, im ozeanischen Klima Lianen (Wein, Waldrebe, Efeu)" anzutreffen. (JÄGER 1997, S. 552) Konkretisiert man nun die Arten der sommergrünen Bäume, so wird evident, dass es sich vorwiegend um Buche, Eiche, Esche, Ahorn, Linde (sogenannte Breitlaubarten) sowie die Kleinlaubb ä ume Birke, Espe und Weide handelt (Richtung: W - E, d.h. ozeanisch - kontinental).
Infolge der o. a. Faktoren findet sich der sommergrüne Laubwald - neben Europa - nur noch an zwei ozeanisch geprägten Gebieten der mittleren Breiten: in Ostasien sowie dem östlichen Nordamerika. Entgegengesetzt zur o. a. relativ großen Artenvielfalt (global), ist dies im Falle der Betrachtung mit den anderen sommergrünen Laubregionen, eher gegenteilig. Ursache hierfür ist die Vernichtung während der letzten Kaltzeit; daneben spielt die Tatsache, dass das Klima Europas weniger feuchtwarm ist, eine gewichtige Rolle. In anderen Gebieten kann dieser Vegetationstyp nicht hervortreten, da hier die Kälte und/oder die Trockenheit zu weit fortgeschritten sind.
Betrachtet man das vorherige Kapitel ,,Böden", so läßt sich daraus ableiten, dass dieser Waldtypus vorwiegend auf Braunerden zu finden ist. Daneben können als Vegetationsböden auch Rendzinen, Gleye, Pseudogleye oder degradierte Schwarzerden dienen.
In diesem Teilbereich der physischen Geographie finden ebenfalls massive Einflüsse durch den Menschen statt. Konkretisiert bedeutet dies, dass der überwiegende Teil der natürlichen Vegetation zerstört wurde; nur noch ganz selten ist diese in ihrem ursprünglichem Zustand vorzufinden (hohe Bevölkerungsdichte). Äcker, Weiden, Wiesen, Siedlungen, aber auch neu angepflanzte, produktive Nadelholzforste nehmen den Raum des sommergrünen Breitlaubwaldes ein.
(JÄGER 1997, S. 552 ff.; HOFMEISTER/ROTHER 1985, S. 60 ff.)
7. Geomorphologische Aspekte
Die Ausbildung verschiedener Oberflächenstrukturen ist von vielfältigen Faktoren (z. B. tektonische Prozesse, Grundwasser, Grad der chemischen/physikalischen Verwitterung, Biospäre, Denudation, Flußaktivität (Transport, Erosion), Akkumulation) abhängig und somit regional sehr unterschiedlich. Aufgrund dessen erfolgt wiederum exemplarisch eine (kurze) Betrachtung hinsichtlich des Gebietes von Mitteleuropa, speziell von Deutschland. Diese Region läßt sich grob in drei Teile gliedern: Norddeutsches Tiefland, Mittelgebirgszone, Alpen.
Das nördlich gelegene Tiefland befindet sich i. d. R. unter 50 m ü.NN, nur in Ausnahmefällen steigt es bis maximal 200 m an; es ist durch das Vorherrschen flachen Reliefs gekennzeichnet. Die heutige Gestalt ist als Ergebnis der pleistozänen Eiszeiten zu sehen. In dieser Zeit fanden bedeutende glaziale Sedimentablagerungen statt, die eine Mächtigkeit von bis zu 500 m aufweisen. Ein weiterer Charakterzug glazialen Ursprungs ist die relativ große Anhäufung von Seen (Seenplatten in Holstein und Mecklenburg).
Die südlich des Tieflandes gelegene Mittelgebirgszone weist Höhen zwischen 200 und 1000 m auf; auch hier sind Ausreißer - wie z. B. der Feldberg oder Arber mit ca. 1500 m - festzustellen. Im geologischen Sinne stellt dieses Gebiet das Gegenteil des nördlich gelegenen Tieflandes dar. Hier herrscht(e) in großen Teilen Abtragung vor, da es sich bei der Mittelgebirgszone um ein tektonisches Hebungsgebiet handelt; hiesige Merkmale wären beispielsweise tief eingeschnittene Täler sowie tektonische Bruchlinien. Die Gebirgszüge lassen sich in Grund- (Magmatite, Metamorphite) und Deckgebirge (Sedimentgesteine) differenzieren. Das Grundgebirge entstand während der variszischen Orogenese und ist durch gefaltete Gesteine gekennzeichnet; im Unterschied dazu wurde das (postvariszische) Deckgebirge nicht gefaltet. Der in mehreren Gebieten beobachtbare Wechsel zwischen relativ weichen (z. B. Tonstein) und harten Gesteinen (z. B. Kalkstein) bot günstige Voraussetzungen für die Entwicklung sogenannter Schichtstufenlandschaften (Deckgebirge), während bei Grundgebirgen vielfach Rumpfflächen evident werden. Die Mittelgebirge wurden großenteils durch marine Transgression (Sedimentation, Ausfällung) beeinflußt.
Im Süden befinden sich die Alpen, die durch eine Höhe von über 1000 m und hohe Reliefenergie gekennzeichnet sind. Sie stellen eine glaziale Abtragungslandschaft dar, deren Kennzeichen beispielsweise Trogtäler, zugeschärfte Berggipfel (Karbildung) oder gerundete Formen infolge Gletscherabrasion sind. Die alpidische Gebirgsbildung beeinflußte jedoch auch Teile Mitteleuropas. Infolge des gewaltigen Druckes kam es zu Verbiegungen, Heraushebungen von Horsten, Einsinken von Gräben, vereinzelt wurden aber auch Vulkanausbrüche forciert (z. B. Vogelsberg).
(SEMMEL 1996, S. 9 ff.; LIETDKE/MARCINEK 1994, S. 122 ff.)
8. Hydrologische Merkmale
Wie im vorigen Kapitel, soll auch hier als Beispiel Deutschland herausgegriffen werden.
8.1 Einzugsgebiete/Abflussmengen
Nicht nur aus klimatischer Sicht zeichnet sich die Bundesrepublik Deutschland durch recht günstige Wasserverhältnisse aus. Schon aus der Vogelperspektive erkennt man die große Anzahl von Seen und Flüssen (autochthon und perennierend). Seen befinden sich v. a. im Norden und Süden des Landes; sie sind als Resultat der letzten Eiszeiten zu sehen. Die wichtigsten Flüsse sind Rhein, Weser, Elbe und Donau; ihnen sind ca. 85 % der Landesfläche tributär. Bedeutendster Fluß bzgl. des Abflusses (aber auch wirtschaftlich) stellt der Rhein dar: Deutschland liegt zu ca. 30 % in seinem Einzugsgebiet. Infolge der nach Norden gerichteten Abdachung des Landes, münden sämtliche deutschen Flüsse (Ausnahme: Donau) in die Nord- oder Ostsee; bis auf den Rhein entspringen alle Hauptflüsse in den Mittelgebirgen.
Mit den Einzugsgebieten stehen zwangsläufig die Abflussmengen in engem Zusammenhang. Dabei sind Faktoren wie z. B. Boden, Vegetation, Relief, Hangneigung, aber natürlich auch die jeweiligen regionalen Niederschlags- und Verdunstungsraten, von maßgeblicher Bedeutung. Vereinfacht werden oftmals nur die zwei letztgenannten Punkte zur Ermittlung von Abflussmengen herangezogen (Differenz). Allgemein kann jedoch festgehalten werden, dass die Abflussmenge mit zunehmender Größe des Einzugsgebietes wächst. In Tabelle 3 wird aber auch ersichtlich, dass dies nicht immer der Fall sein muss (Vergleich Donau/Elbe). Aufgrund der geringen Niederschläge (d.h. weniger Abfluss) im Ostteil Deutschlands (Elbe), läßt sich diese Tatsache erklären.
Tab. 3: Mittelwerte von Abflussmengen (MQ) und -spenden (Mq) an ausgew ä hlten
Pegelstationen (Zeitraum: 1931 - 1960).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Quelle: TIETZE, W. u. a. 1990, S. 271, verändert)
Faßt man nun die regionalen Daten zur Bestimmung des Gesamtabflusses in Deutschland zusammen, so lassen sich folgende Werte ermitteln:
Niederschlag: 783 mm (280 km³), Verdunstung: 513 mm (184 km³), Abfluss: 270 mm (96,4 km³).
(LIEDTKE/MARCINEK 1994, S. 132 ff.)
8.2 Abflussregime
Betrachtet man nun die Verteilung des Abflusses innerhalb eines Jahres, so sind deutlich regionale Unterschiede feststellbar.
a) Das pluviale Regime (ozeanisches Regenregime) ist für tiefergelegene Regionen charakteristisch. Höchste Abflüsse treten im Spätwinter (Februar) auf, wenn der Boden mit Wasser gesättigt ist und der vorwiegend als Regen fallende Niederschlag rasch zum Vorfluter gelangt. Das Abflussminimum ist zwischen Juni und August zu suchen, trotz des jährlichen Niederschlagsmaximums. Die Verdunstung ist während dieses Zeitraums sehr hoch, so dass die im Boden gespeicherten Wasservorräte von der Vegetation verbraucht und somit der Abfluss geringer wird.
b) Das pluvio-nivale Regime bestimmt die Lagen der Mittelgebirge. Hier liegt oftmals im Januar eine geschlossene Schneedecke vor, die den Niederschlag vorübergehend speichert; dies führt zu einem sekundären Abflussminimum. Der Schnee schmilzt im Februar oder März, so dass in diesen Monaten das Maximum vorfindbar wird; dadurch verschiebt sich auch das Jahresminimum bis in den August. Ein Nebenmaximum ist im Dezember feststellbar, da die Niederschläge großenteils noch als Regen einhergehen und wegen der geringen Verdunstung sehr schnell in den Abfluss gelangen.
c) Das nivo-pluviale Regime tritt beispielsweise vereinzelt in den Hochlagen des Schwarzwaldes oder Fichtelgebirges auf. Der Schneeanteil in diesen Gebieten ist mit ca. 30 % am gesamten Jahresniederschlag recht hoch. Es bildet sich eine geschlossene Schneedecke, die über einen längeren Zeitraum vorhanden ist. Der Niederschlag wird also gespeichert, wodurch sich ein Ablussminimum in den Wintermonaten verzeichnen läßt. Die höchste Wasserführung wird während der Schneeschmelze im April erreicht.
d) Das nivale Regime tritt in den Alpen auf. Aufgrund der späten Schneeschmelze kommt es zum Abflusshöchstwert im Juni, auch hier wird im Winter (Januar) der Jahrestiefststand erreicht (vgl. c)).
(TIETZE, W. u. a. 1990, S. 271 ff.)
9. Schlußbemerkung
Aufgrund der angerissenen Themen ist hoffentlich einigermaßen deutlich geworden, dass die mittleren Breiten einen Klimabereich darstellen, der i. a. über recht gute Bedingungen für den Menschen verfügt. Belegen läßt sich dies beispielsweise anhand der recht dichten Besiedlung oder der hohen Wirtschaftsleistung, die in diesem Gebiet zu beobachten sind.
Es kam aber auch zur Ansprache, dass die hiesigen Verhältnisse oftmals mit der natürlichen Umwelt nichts mehr gemein haben. Dies läßt sich quasi in allen angesprochen Bereichen feststellen. Die gravierenden menschlichen Eingriffe (zer)stören das natürliche Gleichgewicht und werfen Probleme auf, die im jetzigen Moment noch als relativ harmlos erscheinen und deswegen vielfach nur wenig zur Kenntnis genommen werden (Beispiel Bodenerosion). Der Mensch verändert also seinen Lebensraum, und dies in nur einem sehr kurzen Zeitraum. Bedenkenswert ist dabei aber nicht primär die Geschwindigkeit des Vollzugs, sondern dass diese Einschnitte ausschließlich künstlich sind und im Widerspruch mit der Natur stehen. Es stellt sich die Frage, wie die Natur auf diese Interventionen zukünftig reagieren wird oder wann die mittleren Breiten eher Charakteristika eines Ungunstraumes tragen werden.
10. Literaturverzeichnis
GOUDIE, A.(1995): Physische Geographie - Eine Einführung. (Spektrum) Heidel- berg, Berlin, Oxford.
HOFMEISTER, B. u. K. ROTHER (1985): Mittlere Breiten - Geographisches Seminar zonal. (Höller und Zwick) Braunschweig.
HEYER, E. (199810 ): Witterung und Klima. (Teubner) Stuttgart, Leipzig.
JÄGER, E. J. (19973 ): Allgemeine Vegetationsgeographie. In: HENDL, M. u. H. LIEDTKE (Hrsg.): Lehrbuch der allgemeinen physischen Geographie. Gotha, S. 511 - 578.
LESER, H. (Hrsg.) (19979 ): Diercke-Wörterbuch Allgemeine Geographie. (dtv) München.
LIEDTKE, H. u. J. MARCINEK (Hrsg.) (1994): Physische Geographie Deutschlands. (Perthes) Gotha.
SCHEFFER, F. u. P. SCHACHTSCHABEL (197910 ): Lehrbuch der Bodenkunde. (Enke) Stuttgart.
SEMMEL, A. (19933 ): Grundzüge der Bodengeographie. (Teubner) Stuttgart.
SEMMEL, A. (19965 ): Geomorphologie der Bundesrepublik Deutschland. (Steiner) Suttgart.
TIETZE, W. u. a. (Hrsg.) (1990): Geographie Deutschlands. Staat-Natur-Wirtschaft. (Borntraeger) Berlin, Stuttgart.
WEISCHET, W. (19884 ): Einführung in die Klimatologie. (Teubner) Stuttgart.
- Arbeit zitieren
- Ch. Naumann (Autor:in), 2000, Physische Geographie der mittleren Breiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97934
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