Der Verkehr der Zukunft kann aufgrund dringend benötigter, aber auch strenger Klima- und Umweltschutzziele langfristig nicht mehr über fossile Brennstoffzelle erfolgen. Somit kommt emissionsfreier Mobilität - und damit speziell der Elektromobilität - bei der Verkehrswende weltweit eine Schlüsselrolle zu. Wie die Elektromobilität jedoch künftig ausgestaltet sein wird, ist bisher unklar. Das Ziel der Untersuchung ist daher, auf Basis von Innovations- und Geschäftsmodellaspekten herauszufinden, ob und inwiefern Elektromobilität mit oder ohne die Brennstoffzelle umgesetzt wird. Darüber hinaus dient die Untersuchung der Identifizierung von Beweggründen, die dazu führten, dass die deutsche Automobilindustrie das Thema deutlich später bearbeitet als ausgewählte Konkurrenten. Um die Forschungsfrage zu beantworten wurde eine qualitative Interviewstudie mit Branchenexperten durchgeführt. Die Untersuchung hat gezeigt, dass das Konzept der Elektromobilität ganzheitlich gedacht werden muss, wodurch Brennstoffzellenfahrzeuge mit berücksichtigt werden müssen. Die Zukunft der Elektromobilität wird sich jedoch nicht auf Basis des Antriebs entscheiden, sondern aus Anwendungssicht. So gilt es für jedes Fahrzeugsegment und insbesondere für individuelle Kundenbedürfnisse zu entscheiden, inwiefern Brennstoffzellenfahrzeuge sinnvoll sind. Für die deutschen Automobilkonzerne gilt es darüber hinaus, der durch den Wandel bedingten und unaufhaltsamen Transformation zum einen mit Innovationen und adäquaten, ergänzenden Geschäftsmodellen zu begegnen. Dazu wurde das Business Model & Innovation Framework entwickelt. Auf der anderen Seite ist es unabdingbar, die gesamte Unternehmensorganisation und Denkweise auf diese Transformation auszurichten, um Technologievorsprünge und daraus resultierende Wettbewerbsvorteile zu erreichen.
I. Inhaltsverzeichnis
I. Inhaltsverzeichnis
II. Abkürzungsverzeichnis
III. Abbildungsverzeichnis
IV. Tabellenverzeichnis
Abstract
1. Einleitung
1.1 Motivation und Relevanz des Themas
1.2 Problemstellung und Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit
2. Konzeptionelle Grundlagen aus Innovationsmanagement- und Geschäftsmodellsicht
2.1 Ansätze des Innovationsmanagements
2.1.1 Definition und Begriffsabgrenzung von „Innovation“
2.1.2 Klassifikation von Innovationen
2.1.3 Adoption und Diffusion von Innovationen
2.1.4 Ausgewählte Innovationsstrategien im Vergleich
2.2 Abgrenzung von Geschäftsmodellen und Geschäftsmodellinnovationen
2.2.1 Charakteristika von Geschäftsmodellen
2.2.2 Charakteristika von Geschäftsmodellinnovationen
2.3 Organisationale Energie und Organisationale Trägheit
3. Stand der Praxis und Analyse des Status Quo der deutschen Automobilindustrie
3.1 Definition und Begriffsabgrenzung „Elektromobilität“
3.2 Elektromobile Antriebskonzepte und -technologien im Vergleich
3.3 Status Quo der deutschen Automobilindustrie im Hinblick auf Elektromobilität
3.4 Analyse des Status Quo und des Verhaltens der deutschen Automobilindustrie auf Basis der Innovationsmanagement- und Geschäftsmodell-Ansätze
4. Qualitative Interviewstudie zum Thema Elektromobilität in der deutschen Automobilindustrie
4.1 Ziel der Untersuchung
4.2 Determinanten der Forschung und Methodik
4.2.1 Forschungsdesign
4.2.2 Messinstrument
4.2.3 Auswahl und Befragung der Teilnehmer
4.3 Daten- und Ergebnisanalyse
5. Diskussion der Interviewergebnisse zur Bildung von Implikationen und Handlungsempfehlungen für die deutsche Automobilindustrie
6. Fazit, kritische Würdigung und Ausblick
Literaturverzeichnis
IV. Anhang
II. Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
III. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Markt-Technologie-Matrix zur Bestimmung des Innovationsgrades
Abbildung 2: Innovationsentscheidungsprozess
Abbildung 3: S-Kurve der Diffusion von Innovationen
Abbildung 4: Übernahme-Kategorien im Diffusionsprozess
Abbildung 5: Produkt-Markt-Matrix nach Ansoff
Abbildung 6: Technologielebenszyklus
Abbildung 7: S-Kurven-Konzept für Technologien
Abbildung 8: Markteintrittszeitpunkte im Marktlebenszyklus
Abbildung 9: Zustände organisationaler Energie
Abbildung 10: Marktpotential und Innovationsimpulse der Elektromobilität
Abbildung 11: Technologielebenszyklus der Elektromobilität
Abbildung 12: S-Kurven-Konzept für Verbrenner und Elektromobilität
Abbildung 13: Einordnung der Elektromobilität in die Produkt-Markt-Matrix
Abbildung 14: Business Model Canvas der Elektromobilität
Abbildung 15: Koexistenz beider Antriebsalternativen
Abbildung 16: Kreislauf der E-Mobilitäts-Akzeptanz
Abbildung 17: Elektromobilität als disruptive Innovation
Abbildung 18: Erweitertes Business Model Canvas der Elektromobilität
Abbildung 19: Business Model & Innovation Framework (BMIF)
Abbildung 20: Business Model & Innovation Framework (BMIF) befüllt.
IV. Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Elektromobile Antriebskonzepte im Vergleich
Tabelle 2: Auflistung und Einordnung der Interviewteilnehmer
Tabelle 3: Haupt- und Unterkategorien der Forschung
Tabelle 4: Interviewergebnisse der induktiven Kategorien
Abstract
Der Verkehr der Zukunft kann aufgrund dringend benötigter, aber auch strenger Klima- und Umweltschutzziele langfristig nicht mehr über fossile Brennstoffzelle erfolgen. Somit kommt emissionsfreier Mobilität - und damit speziell der Elektromobilität - bei der Verkehrswende weltweit eine Schlüsselrolle zu. Wie die Elektromobilität jedoch künftig ausgestaltet sein wird, ist bisher unklar. Das Ziel der Untersuchung ist daher, auf Basis von Innovations- und Geschäftsmodellaspekten herauszufinden, ob und inwiefern Elektromobilität mit oder ohne die Brennstoffzelle umgesetzt wird. Darüber hinaus dient die Untersuchung der Identifizierung von Beweggründen, die dazu führten, dass die deutsche Automobilindustrie das Thema deutlich später bearbeitet als ausgewählte Konkurrenten. Um die Forschungsfrage zu beantworten wurde eine qualitative Interviewstudie mit Branchenexperten durchgeführt. Die Untersuchung hat gezeigt, dass das Konzept der Elektromobilität ganzheitlich gedacht werden muss, wodurch Brennstoffzellenfahrzeuge mit berücksichtigt werden müssen. Die Zukunft der Elektromobilität wird sich jedoch nicht auf Basis des Antriebs entscheiden, sondern aus Anwendungssicht. So gilt es für jedes Fahrzeugsegment und insbesondere für individuelle Kundenbedürfnisse zu entscheiden, inwiefern Brennstoffzellenfahrzeuge sinnvoll sind. Für die deutschen Automobilkonzerne gilt es darüber hinaus, der durch den Wandel bedingten und unaufhaltsamen Transformation zum einen mit Innovationen und adäquaten, ergänzenden Geschäftsmodellen zu begegnen. Dazu wurde das Business Model & Innovation Framework entwickelt. Auf der anderen Seite ist es unabdingbar, die gesamte Unternehmensorganisation und Denkweise auf diese Transformation auszurichten, um Technologievorsprünge und daraus resultierende Wettbewerbsvorteile zu erreichen.
Schlagwörter
E-Mobilität, BEV vs. FCEV, Innovationsmanagement, Business Models, Geschäftsmodellinnovationen, Organisationale Trägheit
Due to urgently needed but also strict climate and environmental protection goals, the traffic of our future can no longer be realized using fossil fuel cells. Thus, emission-free mobility – especially electric mobility – will play a key role in the global transport transition. However, it is still unclear how e-mobility will be designed in the future. The aim of the study is therefore to examine on an innovation and business model basis whether and to what extent e-mobility is implemented with or without the fuel cell technology. In addition, the thesis serves to identify the reasons that led the German automotive industry to deal with the topic of e-mobility much later than selected competitors. To answer the research question, a qualitative interview study with industry experts was carried out. The investigation has shown that the concept of e-mobility must be considered and defined holistically. This means that fuel cell electric vehicles must also be taken into account. The future of e-mobility will not be decided on the basis of the drive itself but rather from an application perspective. For each and every possible vehicle segment, and especially for individual customer needs, it is important to decide to what extent fuel cell electric vehicles make sense. For the German automotive corporates it is also important to counter the unstoppable transformation on the one hand with innovation and adequate as well as complementary business models. The Business Model & Innovation Framework was developed to deal with exactly this purpose. On the other hand, it is essential to align the entire company organization and the overall mindset in order to achieve technological advances as well as resulting competitive advantages.
Key words
E-Mobility, BEV vs. FCEV, Innovation Management, Business Models, Business Model Innovation, Organizational inertia
Gender-Hinweis
In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.
1. Einleitung
1.1 Motivation und Relevanz des Themas
Die deutsche Automobilindustrie steht vor einem enormen Umbruch und einer in der Form noch nie da gewesenen Transformation. Neue Technologien, Trends und Innovationen, aber auch politische und gesellschaftliche Forderungen führen zu einer unumgänglichen Neuausrichtung der kompletten Branche, sowohl strategisch als auch produktseitig (vgl. Dressler, 2019, o. S.; vgl. Schiller, 2018, o. S.). Langfristig wird aufgrund von strengen nationalen und EU-weiten Klimaschutz- und CO2-Zielen eine emissionsfreie Mobilität angestrebt. Der Verkehr kann daher künftig nicht mehr über fossile Brennstoffe erfolgen, weshalb der Elektromobilität bei dieser Verkehrswende weltweit eine Schlüsselrolle zukommt. Darüber hinaus bietet eine verstärkte Elektrifizierung des Antriebs nicht nur die Chance einer deutlichen CO2- und Schadstoffreduzierung, sondern auch eine geringere Abhängigkeit von fossilen und zu importierenden Rohstoffen (vgl. BMBF, 2020, o. S.). Die deutschen Automobilhersteller sind daher gefordert, diesem Umbruch mit Innovationen zu begegnen, um sich auch im weltweiten Vergleich durch innovative Fahrzeuge, Antriebe und Komponenten sowie attraktive Geschäftsmodelle als Leitanbieter zu positionieren (vgl. BMWi, 2018, S. 3 f.). Dennoch verdeutlicht ein Blick auf die aktuellen Zulassungszahlen sowie zahlreiche Studien und Kundenumfragen, dass die deutschen OEMs sich bisher nicht mit dem nötigen Handlungsdruck für die Entwicklung innovativer und massenmarkttauglicher Produkte sowie Geschäftsmodelle eingesetzt haben. Dies gilt sowohl für Brennstoffzellen- als auch für rein batterieelektrische Fahrzeuge. Weiterhin sind bis zuletzt die drei Themen Reichweite, Ladeinfrastruktur und Preis der Elektrofahrzeuge die zentralen Hindernisse, die eine durchgängige Akzeptanz auf Kundenseite erschweren (vgl. Franz, 2020, o. S.). Gleichzeitig hat beispielsweise der Volkswagen Konzern den kompletten Fokus auf das Thema Elektromobilität und weitere Zukunftstrends gelegt, um der führende Hersteller in diesem Bereich zu werden (vgl. Menzel, 2020, o. S.). Die Elektromobilität ist maßgeblicher Kern des Transformationsprozesses in der deutschen Automobilindustrie. Dabei bieten beide denkbaren Antriebsalternativen, rein batterieelektrisch (BEV) und Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEV), jeweils Vor- und Nachteile. Um diese auszumachen, ist der entsprechende Anwendungsfall sowie der gesamte Lebenszyklus ganzheitlich zu betrachten. Bislang ist jedoch unklar, ob die Elektromobilität in Zukunft mit oder ohne Brennstoffzelle umgesetzt wird. Aus den genannten Gründen ist eine Betrachtung daher von größter Relevanz und begründet die Auswahl des Themas.
1.2 Problemstellung und Zielsetzung
Das Thema E-Mobilität nimmt nicht nur bei den Automobilherstellern einen immer größeren Stellenwert ein. Auch die Politik, Gesellschaft und bisher branchenfremde Unternehmen setzen sich verstärkt mit dem Thema auseinander und sorgen mit gemeinsamen Digitalisierungstrends für eine Transformation der gesamten Branche. Oftmals ist dabei jedoch nicht einheitlich definiert, welche Antriebsarten und Technologien unter dem Begriff der Elektromobilität vereint werden. So berücksichtigt die Bundesregierung in Deutschland lediglich Fahrzeuge, deren Antrieb durch einen Elektromotor erfolgt und die durch Strom aus dem Stromnetz aufgeladen werden. Vernachlässigt werden dabei Brennstoffzellenfahrzeuge. Auch in den Zukunftsstrategien der großen deutschen Automobilhersteller wird sich nahezu ausschließlich auf die rein batterieelektrische Mobilität fokussiert. Brennstoffzellenprojekte werden dabei – wenn überhaupt – häufig nur am Rand thematisiert und eher im Hintergrund bearbeitet. Welche Vorteile der Brennstoffzelle jedoch zukommen ist oft unklar und nicht berücksichtigt. Daher gilt es in dieser Arbeit herauszufinden, inwiefern das Konzept der Elektromobilität mit oder ohne Brennstoffzelle in Zukunft Anwendung findet. Dazu wird sich dem Thema aus einer Innovationsmanagement- und Geschäftsmodellsicht genähert, um nachvollziehen zu können, wie sich die deutsche Automobilindustrie im Umgang mit neuen Technologien und Geschäftsmodellen, die nicht den heutigen entsprechen, verhält. Zudem ist herauszufinden, inwiefern organisationstheoretische Ansätze, bspw. organisationale Energie oder organisationale Trägheit, die Bearbeitung von innovativen Elektromobilitätsprojekten beeinflussen. Dazu werden entsprechende Experten der Branche mit einem weit gefassten Hintergrund befragt. Ziel ist es, Implikationen für die Zukunft der deutschen Automobilindustrie herauszuarbeiten und dabei anhand eines entwickelten Frameworks Handlungsempfehlungen für eben diese Branche zu formulieren.
1.3 Aufbau der Arbeit
Innerhalb des ersten Kapitels wird neben der Relevanz des Themas auch die Problemstellung sowie Zielsetzung dieser Arbeit erläutert. Im darauffolgenden Kapitel gilt es, konzeptionelle Grundlagen aus dem Bereich des Innovationsmanagements und der Geschäftsmodellentwicklung zu betrachten. Hierbei wird auch Bezug zu organisationstheoretischen Aspekten, die das Innovationsgeschehen in einem Unternehmen beeinflussen können, genommen. Auf Basis dieser Grundlagen wird der Stand der Praxis und der Status Quo der deutschen Automobilindustrie hinsichtlich der Elektromobilität analysiert. Darüber hinaus wird im vierten Kapitel die Methodik und Vorgehensweise der Untersuchung, welche der Arbeit zugrunde liegt, detailliert beschrieben. Daraufhin erfolgt eine umfangreiche Ergebnisanalyse der Untersuchung. Die gewonnenen Erkenntnisse werden im Anschluss mit dem zuvor analysierten Status Quo verknüpft und bilden gemeinsam die Grundlage für das eigens entwickelte Framework. Auf Basis dessen werden schlussendlich Implikationen für die deutsche Automobilindustrie in Bezug auf die Elektromobilität formuliert. Das letzte Kapitel umfasst neben einem Fazit die kritische Würdigung, Limitationen der Ergebnisse sowie einen Ausblick auf anschließende Forschungsoptionen, für die die Erkenntnisse dieser Arbeit einen wichtigen Input darstellen können.
2. Konzeptionelle Grundlagen aus Innovationsmanagement- und Geschäftsmodellsicht
Das folgende Kapitel behandelt theoretische Grundlagen, die für den weiteren Kontext dieser Arbeit als wichtig und nützlich erachtet werden. Beschrieben werden zunächst verschiedene und grundlegende Ansätze des Innovationsmanagements. Es folgt eine Abgrenzung von Geschäftsmodellen und Geschäftsmodellinnovationen. Schließlich werden relevante organisationstheoretische Ansätze, die Bezug zu Innovationen nehmen, dargestellt.
2.1 Ansätze des Innovationsmanagements
2.1.1 Definition und Begriffsabgrenzung von „Innovation“
Vor dem Hintergrund der Analyse aus Innovationsmanagementsicht wird in diesem Kapitel zunächst der Begriff der Innovation eingeführt und abgegrenzt. In der Fachliteratur lässt sich aktuell jedoch keine allgemein gültige Definition des Innovationsbegriffes finden (vgl. Gleich; Munck; Tkotz, 2017, S. 315). Viele Autoren legen einen unterschiedlichen Schwerpunkt bei dem Versuch, den Begriff zu definieren. Aus diesem Grund werden nachfolgend verschiedene Definitionsansätze beleuchtet. Zunächst aber wird zwischen den Begriffen Invention und Innovation differenziert, da diese oftmals fehlerhaft als Synonyme verwendet werden (vgl. Müller; Görres, 2009, S. 5). Unter einer Invention, oder auch Erfindung, versteht man die Schaffung eines Produkts oder die erstmalige Einführung eines Prozesses (vgl. Grasty, 2017, o. S.). Etwas allgemeiner beschreibt eine Invention damit die Einführung von etwas Neuem und wird somit als unabdingbare Voraussetzung einer Innovation verstanden (vgl. Müller; Görres, 2009, S. 5). Letztere ist von einer Invention abzugrenzen. Diese Abgrenzung wird auch von Schumpeter (1939) vorgenommen. So beschreibt er: „Technologische Veränderungen in der Produktion von Gütern […], die Erschließung neuer Märkte […] – kurz jedes ‚Andersmachen‘ im Gesamtbereich des Wirtschaftslebens -, das alles sind Beispiele dessen, was wir Innovationen nennen wollen. Es sollte zunächst beachtet werden, daß dieser Begriff nicht synonym mit ‚Erfindung‘ ist.“ (vgl. Schumpeter, 1939, S. 91). Rogers (1983) versteht unter einer Innovation eine Idee oder ein Objekt, welches von einem Individuum als neu wahrgenommen wird (vgl. Rogers, 1983, S. 11). Neben dem Aspekt der Neuheit kann der Begriff der Innovation auch auf Prozessebene definiert werden. Garcia und Calantone (2001) verstehen unter einer Innovation einen iterativen Prozess, der die technologische Entwicklung einer Erfindung mit deren Markteinführung für den Endnutzer kombiniert (vgl. Garcia; Calantone, 2001, S. 112). Einen ähnlichen Ansatz verfolgen auch Baragheh, Rowly und Sambrook (2009). Sie beschreiben eine Innovation als einen mehrstufigen Prozess, bei dem Unternehmen ihre Ideen in neue oder verbesserte Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse umwandeln, um so eine erfolgreiche Weiterentwicklung, Wettbewerbsfähigkeit und Differenzierung am Markt zu erreichen (vgl. Baragheh; Rowley; Sambrook, 2009, S. 1334).
2.1.2 Klassifikation von Innovationen
Neben verschiedener Definitionsansätze zum Begriff der Innovation gibt es auch verschiedene Innovationsarten, die klassifiziert werden. Hierbei wird zwischen dem Innovationsgegenstand und Innovationsgrad unterschieden (vgl. Zapfl, 2018, o. S.). Der Innovationsgegenstand, auch Innovationsobjekt genannt, wird in der Regel nach Produkt-, Prozess- und Sozialinnovationen differenziert. Eine Produktinnovation ist „ein neues Erzeugnis, das sich durch neue oder zusätzliche Funktionen […] auszeichnet.“ (Tatarczyk, 2009, S. 12). Strathmann (2019) fasst die Produktinnovation mit der Dienstleistungsinnovation zusammen und beschreibt diese beiden als Weiter- oder Neuentwicklung von Produkten und Dienstleistungen (vgl. Strathmann, 2019, S. 6). Mast (2016) hebt die Dienstleistungsinnovation jedoch als eigenen Innovationstyp hervor, die als Verbesserung einer bestehenden oder als gänzlich neue Leistung verstanden wird. Der Dienstleistungsinnovation kommt dabei eine immer größere Bedeutung zu, da sie beim aktuell zunehmenden Wandel von einer Industriegesellschaft hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft eine zentrale Rolle hinsichtlich der Abhebung vom Wettbewerb darstellt (Mast, 2016, S. 20). Unter einer Prozessinnovation, auch Verfahrensinnovation genannt, werden neue Vorgänge oder Methoden im Produktherstellungsprozess verstanden, welche oftmals auf dem Einsatz neuer Produktionsfaktoren basieren. Sie dienen der Erstellung eines marktfähigen Angebots, die Prozessinnovation selbst ist dabei jedoch nicht marktfähig (vgl. Hofbauer; Bergmann, 2012, S. 8). Daher sind Prozessinnovationen für den Endkunden in der Regel nur indirekt wahrnehmbar und zeigen sich beispielsweise durch günstigere Preise oder verbesserte Qualität der Produkte (vgl. Mast, 2016, S. 20). Sozialinnovationen hingegen beziehen sich auf Neuerungen, die einen Nutzen für die Gesellschaft bieten und bei denen nicht der finanzielle Gewinn im Vordergrund steht (vgl. Zapfl, 2018, o. S.). Neben diesen klassischen Innovationstypen gibt es noch weitere wie beispielsweise die Umwelt- oder auch Organisationsinnovation (vgl. Zapfl, 2018, o. S.). Diese sind jedoch für die Arbeit nicht weiter von Bedeutung und werden somit nicht weiter berücksichtigt. Die Form der Geschäftsmodellinnovation wird in dieser Arbeit hervorgehoben und im weiteren Verlauf des Kapitels näher beschrieben. Immer mehr Forscher schreiben dieser Innovationsart eine stark wachsende Bedeutung zu. Da Länder wie Deutschland „vor neue – über Technologie hinausgehende – Anforderungen gestellt“ werden, sei es zukünftig nicht mehr ausreichend, sich ausschließlich auf die hier vorgestellten klassischen Innovationstypen zu fokussieren (Jansen; Mast, 2014, S. 25).
Wie zu Beginn bereits erwähnt, wird neben dem Innovationsobjekt auch der Innovationsgrad bei der Klassifizierung von Innovationen berücksichtigt. In der Literatur des Innovationsmanagements findet sich eine Vielzahl an Ansätzen zur Bestimmung des Innovationsgrades, die sich in ihren Herangehensweisen und im Detailgrad aber deutlich voneinander unterscheiden (vgl. Weise, 2007, S. 34). Ihnen gemein ist jedoch, dass sie den Innovationsgrad als ein komplexes und mehrdimensionales Konzept beschreiben, anstelle der einfachen Unterscheidung zwischen innovativ und nicht-innovativ (vgl. Reichwald; Piller, 2009, S. 121). Festzustellen bleibt, dass der Innovationsgrad den Neuheitsgrad einer Innovation beschreibt (vgl. Emprechtinger, 2018, o. S.) und diesen in das Verhältnis zum bereits bestehenden Produkt setzt. Er beantwortet damit die Frage nach wie neu ist etwas? (vgl. Strathmann, 2019, S. 6). Die bereits erwähnte Mehrdimensionalität des Innovationsgrades liegt u. a. darin begründet, dass Innovationen einen Einfluss auf sämtliche Bereiche des Wirtschaftslebens haben können. Zu den möglichen Dimensionen zählen u. a. die Technologie, der Absatzmarkt, die Unternehmensumwelt oder die Organisation an sich (vgl. Tatarczyk, 2009, S. 17). Häufig werden die beiden Dimensionen (Absatz-)Markt und Technologie miteinander kombiniert und ihr jeweiliger Neuheitsgrad in Verbindung gebracht, sodass sich folgender Zusammenhang als Matrix ergibt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Markt-Technologie-Matrix zur Bestimmung des Innovationsgrades . Eigene Darstellung. Inhalt in Anlehnung an Reichwald, Piller (2009), S. 122
In der relevanten Literatur hat sich weitgehend die Unterscheidung zwischen inkrementellen1 und radikalen Innovationen bewährt (vgl. Tatarczyk, 2009, S. 17). Es ergeben sich zwar auch weitere Kombinationen und Zwischenformen für die Klassifikation von Innovationen, jedoch soll der Fokus an dieser Stelle zunächst auf den zwei erwähnten liegen.
Radikale Innovationen besitzen einen hohen Innovationsgrad und sorgen in Unternehmen in der Regel für wesentliche Veränderungen (vgl. Kaschny; Nolden, Schreuder, 2015, S. 27). Wie auch Abbildung 1 zeigt, spricht man von einer radikalen Innovation, wenn durch neue Technologien neue Märkte bedient und erschlossen werden können. Dabei werden bestehende Lösungen verdrängt (vgl. Reichwald; Piller, 2009, S. 122). Eine derartige Innovation steigert laut Gatignon et al. (2002) das aktuelle Preis-Leistungs-Verhältnis des Produkts deutlich stärker als es durch den normalen technischen Fortschritt möglich wäre (vgl. Gatignon et al., 2002, S. 9). Radikalinnovationen verändern den Aufbau der Wertschöpfungskette nachhaltig und zeigen den Bedarf nach Veränderung innerhalb des Unternehmens auf. „Sie gehen mit Strategieänderungen und Verschiebung der Macht- und Kontrollverhältnisse einher, weswegen ihnen oft mit Widerstand begegnet wird“ (Tatarczyk, 2009, S. 17 f.). Inkrementelle Innovationen stellen hingegen Verbesserungen und Veränderungen von bereits bestehenden Produkten, Prozessen oder Geschäftsmodellen dar und beeinflussen damit einen ebenfalls bereits bestehenden Markt (vgl. Kaschny; Nolden, Schreuder, 2015, S. 27). Aus Sicht des Konsumenten wird das verbesserte Produkt als überlegen im Vergleich zum vorherigen wahrgenommen (vgl. Reichwald; Piller, 2009, S. 122). Inkrementelle Innovationen führen zu Leistungsverbesserungen entlang eines bestehenden Entwicklungspfades von Technologien, basieren aber auf bisherigen Kompetenzen des Unternehmens, wodurch letzteres seine ggf. etablierte Stellung im Wettbewerb bestärken kann (vgl. Weise, 2007, S. 19). Die Einordnung von Innovationen in radikal und inkrementell ist die Basis für eine Vielzahl von Modellen, die sich mit der Messung von Innovationen beschäftigen.2
Neben dieser Differenzierung werden in neuerer Literatur zum Thema Innovationsmanagement häufig weitere Formen, wie z. B. die disruptiven Innovationen erwähnt.3 Ursprünglich und erstmals erwähnt hat Clayton Christensen, Professor an der Harvard Business School, diese Form der Innovation (vgl. Strathmann, 2019, S. 9). Unterschieden werden soll zunächst der Begriff der Disruption von disruptiven Innovationen. Der Begriff Disruption beschreibt einen Prozess, bei dem ein in der Regel kleineres Unternehmen mit geringeren Ressourcen dazu fähig ist, das bestehende Geschäft eines etablierten Unternehmens herauszufordern und ggf. zunichte zu machen. Etablierte Unternehmen hingegen konzentrieren sich insbesondere auf die Verbesserung ihrer Produkte und Dienstleistungen – in Form inkrementeller oder erhaltener Innovationen – für ihre profitabelsten Kunden. Wenngleich sie auch die Anforderungen einiger Kundensegmente übertreffen, vernachlässigt das Unternehmen die Anforderungen anderer. An dieser Stelle setzen folglich Neueinsteiger des Marktes an, stören das etablierte Unternehmen und sprechen gezielt die übersehenen Segmente an. Für diese stellen sie geeignete Funktionen oder auch Produkte bereit, häufig zu einem niedrigeren Preis (vgl. Christensen; Raynor; McDonald, 2015, S. 46). Die neuen Unternehmen treten demnach mit disruptiven Technologien in den Markt ein. Disruptive Technologien oder Innovationen stellen Produkte dar, deren Eigenschaften sich von denen unterscheiden, die der durchschnittliche Kunde in diesem Segment eigentlich wertschätzt. Darüber hinaus schneiden die disruptiven Technologien in einer oder mehreren Eigenschaften, die dem Kunden in der Regel wichtig sind, schlechter ab, weshalb Bestandskunden zunächst nicht daran interessiert sind, diese Produkte zu nutzen (vgl. Christensen; Bower, 1995, S. 45). Aus Sicht der Kunden kann die neue, disruptive Innovation zunächst nicht die Leistungserbringung der bestehenden Technologie erreichen (vgl. Frießem, 2014, S. 28). Jedoch kann mit dieser Art von Technologien ein Nutzen für Konsumenten im „Low-End- oder Nischenmarkt“ generiert werden (Strathmann, 2019, S. 12). Aufgrund dessen werden disruptive Technologien zunächst nur in neuen Märkten oder für neue Anwendungen eingesetzt und von den dortigen Kunden geschätzt. Sie ermöglichen die Entstehung gänzlich neuer Märkte (vgl. Christensen; Bower, 1995, S. 45). Im weiteren Zeitverlauf kann durch die disruptiven Innovationen jedoch ein neuer, bisher unerfüllter Kundennutzen entstehen, der dazu führt, dass die bisher vorherrschende Technologie von der disruptiven abgelöst wird (vgl. Christensen; Matzler; von den Eichen, 2015, S. 6 f.).
2.1.3 Adoption und Diffusion von Innovationen
Stehen Konsumenten vor dem Kauf eines neuen Produkts bzw. einer Innovation, durchlaufen sie einen Entscheidungsprozess. Innerhalb dieser Entscheidung für oder gegen eine Innovation wird zwischen den Begriffen Akzeptanz und Adoption differenziert, die in einigen Fällen jedoch synonym verwendet werden (vgl. Fazel, 2014, S. 82). Akzeptanz wird dabei von Dethloff (2004) definiert als „die positive Annahme oder Übernahme einer Idee […] oder eines Produktes, und zwar im Sinne aktiver Bereitwilligkeit und nicht nur im Sinne reaktiver Duldung“ (Dethloff, 2004, S. 18). Dabei wird Akzeptanz oftmals als Voraussetzung für den positiven Ausgang eines Entscheidungsprozesses, somit für die Adoption einer Innovation gesehen (vgl. Fazel, 2014, S. 82 f.). Adoption beschreibt die Entscheidung, eine Innovation in vollem Umfang zu nutzen und als beste verfügbare Alternative anzunehmen (vgl. Rogers, 1983, S. 21). Die Adoption steht folglich am Ende des Innovationsentscheidungsprozesses, auch Adoptionsprozess genannt. Letzterer beschreibt, ob eine Innovation vom Kunden angenommen oder aber abgelehnt wird (vgl. Schneck, 2019, S. 21). Nach Rogers (1983) besteht dieser Prozess aus den folgenden fünf Phasen: Wissen (Knowledge), Überzeugung (Persuasion), Entscheidung (Decision), Implementierung (Implementation) und Bestätigung (Confirmation) (vgl. Rogers, 1983, S. 164). Diese Schritte lassen sich in der Regel als zeitlich geordnete Abfolge beschreiben (vgl. Rogers, 1983, S. 21). Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht diesen Zusammenhang.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Innovationsentscheidungsprozess. Eigene Darstellung. Inhalt in Anlehnung an Rogers (1983), S. 165
Die Diffusion beschreibt hingegen den Übernahmezeitpunkt einer Innovation. Hinsichtlich der Ausbreitung von neuen Produkten wird sie „als das Ergebnis eines sozialen Prozesses interpretiert, in dessen Verlauf […] Nutzer neuer Produkte oder Verfahren weitere potentielle Übernehmer informieren und beeinflussen (Gierl, 2007, S. 1). Für die weitere Erklärung der Diffusion und diesbezüglich zugrunde liegenden Diffusionstheorie wird jedoch die Definition von Rogers (1983) herangezogen. Er versteht unter einer Diffusion „the process by which an innovation is communicated through certain channels over time among the members of a social system” (Rogers, 1983, S. 5). Neben der Innovation selbst werden hier folglich drei weitere Kernelemente der Diffusion hervorgehoben: Die Innovation wird durch bestimmte Kanäle (1), im Laufe der Zeit (2) unter den Mitgliedern eines sozialen Systems (3) kommuniziert (vgl. Rogers, 1983, S. 10). Dem begrenzten Umfang des Kapitels der konzeptionellen Grundlagen geschuldet wird im Folgenden jedoch nur auf das Element der Zeit näher eingegangen. Dies liegt auch darin begründet, dass im weiteren Verlauf der Arbeit besonders zeitorientierte Innovationsstrategien hervorgehoben werden. Zudem schreibt Rogers (1983) der Zeit als Variable in der Diffusionsforschung einen hohen Stellenwert zu (vgl. Rogers, 1983, S. 20). Denn der Zeitfaktor spielt u. a. bei der Diffusion von Innovationen am bereits erläuterten Innovationsentscheidungsprozess eine wichtige Rolle. Zudem ist er auch für die Innovativität der Individuen sowie die Adoptionsrate einer Innovation im System von Bedeutung (vgl. Rogers, 1983, S. 20). Unter Innovativität wird die grundsätzliche Tendenz eines Individuums, Innovationen (eher als andere) anzunehmen, verstanden und kann daher den Persönlichkeitsmerkmalen zugeordnet werden (vgl. Karnowski, 2017, S. 14). Auf Grundlage dieser Innovativität, auch Innovationskraft genannt, können Mitglieder eines sozialen Systems in verschiedene Übernahme-Kategorien (adopter categories) eingeordnet werden. Man unterscheidet dabei die folgenden fünf Kategorien:
1. Innovatoren (Innovators)
2. Frühzeitige Übernehmer (Early Adopters)
3. Frühe Mehrheit (Early Majority)
4. Späte Mehrheit (Late Majority) und
5. Nachzügler (Laggards) (vgl. Rogers, 1983, S. 22).
Jedoch wird häufig nicht die Verbreitung unter einzelnen Nutzern, sondern die gesamte Verbreitung einer Innovation innerhalb eines Systems betrachtet. An dieser Stelle setzt die dritte hier zu benennende Dimension des Diffusionsprozesses an, die Adoptionsrate. Sie beschreibt die relative Geschwindigkeit, mit der eine Innovation von Mitgliedern eines sozialen Systems angenommen wird (vgl. Rogers, 1983, S. 23). Wird also die kumulierte Adoptionsrate aller beteiligten Nutzer in Abhängigkeit von der Zeit beleuchtet, so ist das Resultat der Verteilung eine s-förmige Kurve (vgl. Karnowski, 2017, S. 19). Der Kurvenverlauf ist in folgender Abbildung aufgetragen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: S-Kurve der Diffusion von Innovationen. Eigene Darstellung. Inhalt in Anlehnung an Karnowski (2017), S. 20
Dieser Verlauf kann jedoch auch hinsichtlich der Zahl der Übernehmer pro jeweilige Zeiteinheit, also nicht aggregiert, betrachtet werden. Es ergibt sich eine sogenannte Glockenkurve, durch die sich die bereits erwähnten fünf Kategorien der Übernehmer hinsichtlich ihres Adoptionszeitpunktes unterscheiden lassen (vgl. Karnowski, 2017, S. 20).4
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Übernahme-Kategorien im Diffusionsprozess. Eigene Darstellungen. Inhalt in Anlehnung an Rogers (1983), S. 247
Eine kurze Beschreibung der jeweiligen Kategorie ist der Tabelle in Anhang 1 zu entnehmen.
2.1.4 Ausgewählte Innovationsstrategien im Vergleich
Die Innovationsstrategie leitet sich aus der Unternehmensstrategie ab und ist eng mit ihr verbunden. Sie kann somit als Substrategie der Unternehmensstrategie verstanden werden (vgl. Wentz, 2008, S. 53) Externe Faktoren wie z. B. Marktgegebenheiten, Kundenbedürfnisse oder Wettbewerbsaspekte haben einen starken Einfluss auf die Ausgestaltung der Innovationsstrategie (vgl. Trillig, 2012, S. 2). Aufgrund verschiedener Entscheidungsfelder lassen sich Innovationsstrategien nach Müller und Görres (2009) in
- wettbewerbsorientierte,
- marktorientierte,
- kooperationsorientierte,
- zeitorientierte sowie
- technologieorientierte
Innovationsstrategien unterteilen (vgl. Müller; Görres, 2009, S. 17). Hinsichtlich der vorliegenden Untersuchung wird jedoch lediglich auf die markt-, technologie- und zeitorientierten Innovationsstrategien näher eingegangen.
Marktorientierte Innovationsstrategie Wie bereits zuvor beschrieben, ist bei Innovationen die Diffusion am Markt nicht zu vernachlässigen. Somit stellt die Orientierung am Markt einen zentralen Bestandteil der Innovationsstrategie dar. Für die erfolgreiche Diffusion einer Innovation ist die Konzentration auf die Kundenanforderungen von großer Bedeutung. Können diese am Markt bisher nicht abgedeckt werden, ergeben sich Lücken, die eine Innovation füllen kann (vgl. Trillig, 2012, S. 4). Letztere nennt man hinsichtlich des Innovations-Impulses Market-pull-Innovationen, deren Auslöser in diesem Fall marktbasiert ist (vgl. Schuh; Bender, 2012, S. 30). Market-pull-Innovationen lassen sich häufig den inkrementellen Innovationen zuordnen (vgl. Reichwald; Piller, 2005, S. 6). Darüber hinaus sind Unternehmen bezüglich der marktorientierten Innovationsstrategie der Herausforderung ausgesetzt, die „richtigen Produkte auf den richtigen Märkten zu platzieren“ (Trillig, 2012, S. 4). Daraus ergibt sich eine Produkt-Markt-Kombination, die aus vier verschiedenen Feldern besteht. Die folgende Abbildung stellt diesen Zusammenhang in der Produkt-Markt-Matrix nach Ansoff dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Produkt-Markt-Matrix nach Ansoff. Eigene Darstellung. Inhalt in Anlehnung an Müller; Görres (2009), S. 22 und Burr; Stephan; Werkmeister (2012), S. 337
Hierbei wird auf beiden Achsen jeweils zwischen bestehenden und neuen Produkten und Märkten unterschieden. Werden bestehende Produkte auf bestehenden Märkten angeboten, folgt das Unternehmen der Strategie der Marktdurchdringung oder Marktabschöpfung (vgl. Trillig, 2012, S. 4 sowie Müller; Görres, 2009, S. 27). Da sich das Unternehmen lediglich auf verstärkte Marketingaktivitäten konzentriert, lässt sich innerhalb dieses Ansatzes die geringste Innovationstätigkeit verglichen mit den weiteren Strategietypen feststellen. Bei der Markterweiterungs- oder Marktentwicklungsstrategie tritt ein Unternehmen mit seinen bestehenden Produkten in neue Märkte ein (vgl. Müller; Görres, 2009, S. 22 f.). Die Innovationstätigkeit umfasst hier folglich die Erschließung neuer Märkte, z. B. durch Modifikationen des Produkts (Trillig, 2012, S. 4). Die zwei verbliebenen strategischen Innovationsalternativen beinhalten eine signifikant höhere Investitionstätigkeit als die zuvor beschriebenen. Während bei der Produktentwicklung, auch Marktrestrukturierung genannt, neue Produkte in bereits bestehende Märkte eingeführt werden, konzentriert sich die Diversifikation, auch Markterschließung genannt, darauf, gänzlich neue Märkte mit neuen Produkten zu schaffen (vgl. Müller; Görres, 2009, S. 24 f.).
Technologieorientierte Innovationsstrategie Während bei der marktorientierten Innovationsstrategie hinsichtlich des Innovationsimpulses die Rede von Market-pull-Innovationen ist, stehen bei technologieorientierten Ansätzen die Technology-push-Innovationen, und damit nicht die Kundenbedürfnisse, sondern die eigentliche Entwicklung einer Technologie im Vordergrund (vgl. Schuh; Bender, 2012, S. 30). Die Leistung und der Nutzen einer Technologie verändern sich jedoch mit der Zeit. Technologien durchlaufen somit einen festen Lebenszyklus – den Technologielebenszyklus (vgl. Gochermann, 2020, S. 5). Dieser und das dahinter stehende Modell treffen Aussagen darüber, in welchem Existenzstadium sich eine Technologie befindet und wie lange diese aufgrund von Leistungen und Nutzen im Zeitverlauf noch Akzeptanz am Markt erfährt (vgl. Goos; Hagenhoff, 2003, S. 40). Dieses Modell wird auch zur Darstellung von Technologiesprüngen verwendet, ebenso wie das auf dem Technologielebenszyklus aufbauende S-Kurven-Konzept, welches später näher erläutert wird (vgl. Schuh; Bender, 2012, S. 80). Angelehnt an den Produktlebenszyklus (vgl. Goos; Hagenhoff, 2003, S. 40), untergliedert sich auch der Technologielebenszyklus in die folgenden vier Phasen: Einführung, Penetration, Reife und Degeneration. Dargestellt wird dabei die Verbreitung einer Technologie in Abhängigkeit der Zeit (vgl. Gochermann, 2020, S. 5). Je nach Einordnung einer Technologie in den Zyklus, wird zwischen Schrittmacher-, Schlüssel- und Basistechnologien unterschieden (vgl. Trillig, 2012, S. 5). Schrittmachertechnologien sind dabei jene Technologien, die neu am Markt sind und daher mit Unsicherheit, aber auch mit großem Wachstumspotential verbunden sind (vgl. Müller; Görres, 2009, S. 50). Sie weisen häufig einen noch geringen Entwicklungsstand mit geringer Verbreitung auf (vgl. Gochermann, 2020, S. 5). Etabliert sich dieser Technologietyp zunehmend am Markt, wird aber immer noch als neu betitelt, so spricht man von Schlüsseltechnologien (vgl. Müller; Görres, 2009, S. 50). Sie beschreiben einen Technologietyp, der mit großem Wachstum verbunden ist und als Basis „technologischen Vorsprungs und daraus resultierenden Wettbewerbsvorteilen gegenüber der Konkurrenz“ (Goos; Hagenhoff, 2003, S. 41 f.) gilt. Ab einem gewissen Reifegrad einer Technologie spricht man von Basistechnologien, welche ein nur noch geringes Differenzierungspotential aufweisen und als ausgereift gelten (vgl. Goos; Hagenhoff, 2003, S. 42). Hinsichtlich dieser drei Technologietypen finden sich in der Literatur nahezu einheitliche Definitionen. Es werden jedoch auch weitere angeführt, wie z. B. die Zukunfts- oder embryonische Technologie. Diese Technologieart befindet sich noch im frühen Forschungs- und Entwicklungsstadium, weist daher hohe Unsicherheit auf und findet bisher noch keinen Einsatz in der Industrie (vgl. Gerybadze, 2004, S. 88 u. 131; Gerpott, 2005, S. 116). Somit lässt sich der Technologielebenszyklus neben den vier bestehenden Phasen auch um die Phase der Forschung erweitern. Gochermann (2020) beschreibt u. a. die bedrohten Technologien, die sich in die Phase der Degeneration einordnen lassen. Ihre Verbreitung am Markt ist rückläufig, da sie von anderen Technologien substituiert werden und am Ende ihrer Leistungsfähigkeit stehen (vgl. Gochermann, 2020, S. 6).
Die folgende Abbildung verdeutlicht den beschriebenen Zusammenhang und zeigt die Einordnung der verschiedenen Technologiearten sowie die jeweilige Lebenszyklusphase.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Technologielebenszyklus. Eigene Darstellung. Inhalt in Anlehnung an Gerybadze (2004), S. 88 u. 131; Gerpott (2005), S. 116; Gochermann (2020), S. 6
Wie bereits angedeutet, baut das S-Kurven-Konzept auf dem Technologielebenszyklus auf. Dass neue Technologien alte ablösen, zeigt bereits der Technologietyp der bedrohten Technologien. Während eine neue Technologie eine alte überholt, befindet sich diese oft noch erfolgreich am Markt. Dieser Zusammenhang kann mit der S-Kurve verdeutlicht werden (vgl. Gochermann, 2020, S. 9). Dabei wird die Leistungsfähigkeit einer Technologie in Abhängigkeit der aufgewendeten, kumulierten Mittel aus Forschung und Entwicklung grafisch wiedergegeben (vgl. Specht; Möhrle, o. J., o. S.). Diese Abhängigkeit beschreibt schließlich den technischen Reifegrad einer Technologie in ihrem Lebenszyklus (vgl. Schuh; Uam, 2012, S. 354). Somit durchläuft eine Technologie folgende Phasen in Bezug auf ihre technische Leistungsfähigkeit: Der Entwicklungsbeginn einer neuen Technologie ist durch geringe Leistungsfähigkeit bei einem vergleichsweise hohen benötigten F&E-Aufwand gekennzeichnet (vgl. Goos, Hagenhoff, 2003, S. 43). Es folgt eine Phase mit überdurchschnittlicher Steigerung des Leistungspotentials. An diesem Punkt wird eine kritische Masse erreicht, in dem besonders viel Wissen über die neue Technologie vorhanden ist. Schlussendlich erreicht die Technologie ihre Leistungsgrenze. In diesem Stadium sind trotz hoher F&E-Aufwände keine Leistungssteigerungen mehr möglich (vgl. Schuh; Uam, 2012, S. 354).
Auch die neue, ablösende Technologie durchläuft diesen Prozess der S-Kurve, in der Regel beginnt sie aber auf einem bereits höheren Leistungsniveau. Bei selbem Kurvenverlauf überholt die neue Technologie zu gegebener Zeit die alte und bietet eine höhere Leistung. In diesem Stadium finden oftmals Wechsel seitens der Kunden zur neuen Technologie statt. Schließlich gerät auch die neue Technologie an ihre Leistungsgrenze und der Prozess wiederholt sich ggf. (vgl. Gochermann, 2020, S. 11).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: S-Kurven-Konzept für Technologien. Gochermann (2020), S. 9
Zeitorientierte Innovationsstrategien Neben den Markt- und Technologieaspekten spielt auch der Zeitfaktor bei der Innovationsstrategie eine große Rolle (vgl. Goos; Hagenhoff, 2003, S. 62).
So ist besonders u. a. in der Automobilindustrie der Erfolg von Produktinnovationen unmittelbar mit der Zeit als Wettbewerbsfaktor im Innovationsprozess verbunden (vgl. Buchholz, 1998, S. 21). Neben Zeitorientierung ist in diesem Zusammenhang auch von Timing die Rede, worunter man die „zeitliche Steuerung, d. h. die synchrone Abstimmung verschiedener Handlungen bzw. Abläufe untereinander“ (Upitz, 2013, S. 49) versteht. Nach Buchholz (1998) wird beim Timing von Innovationsprozessen zwischen Produktentwicklungsbeginn und Markteintritt differenziert, wobei die dazwischenliegende Zeit als Time-to-Market oder Produktinnovationszeit bezeichnet wird. Time-to-Market beschreibt hierbei die Zeit, die von der ursprünglichen Idee eines Produkts über die Produktentwicklung bis hin zur Einführung auf einem Markt vergeht (vgl. Buchholz, 1998, S. 21/22). Sowohl für die Produktentwicklung als auch für den Markteintritt lassen sich zwei grundlegende Strategiealternativen differenzieren: die Pionier- und Folgerstrategie, auch Followerstrategie genannt, oder eine Kombination zu den jeweiligen Zeitpunkten. In der hier vorliegenden Arbeit soll jedoch nur auf den Markteintritt und die damit einhergehenden Strategiealternativen eingegangen werden. Auf dieser Grundlage ist davon auszugehen, dass ein gewisses Zeitfenster für den optimalen Zeitpunkt vorherrscht, in welchem die Potentiale für den Markteintritt liegen. Aufgrund von sich verändernden Umweltbedingungen ist dieses Zeitfenster jedoch nicht von Dauer, sondern verschließt sich mit Ablauf der Zeit. Man spricht hier von strategic windows oder auch von einem window of opportunity. Diese Zeitpunkte liegen vor, sobald die Merkmale des innovierenden Unternehmens mit denen der Umwelt übereinstimmen (vgl. Upitz, 2013, S. 53).
Zunächst gilt es jedoch zwischen Pionier- und Folgerstrategie zu differenzieren. Neben der grundlegenden Unterscheidung dieser zwei Strategiealternativen lässt sich in der Literatur überwiegend auch eine Unterscheidung innerhalb der Folgerstrategie finden. So wird zusätzlich zwischen frühen Folgern und späten Folgern unterschieden. Letztere werden auch Nachahmer, Late Follower oder als Late-to-Market bezeichnet. Frühe Folger hingegen werden auch Nachfolger, Fast Follower oder Second-to-market genannt (vgl. Wentz, 2008, S. 68; vgl. Schuh; Bender, 2012, S. 21; vgl. Buchholz, 1998, S. 26; vgl. Neumair; Schlesinger; Haas, 2012, S. 337 f.). Ein Unternehmen, das die Pionier-Strategie verfolgt, tritt als erstes mit seinen neuen Produkten oder Technologien in den Markt ein (vgl. Buchholz, 1998, S. 26). Durch die frühe Präsenz am Markt kann der Pionier, oder auch First Mover, bestimmte Merkmale des Produkts nachhaltig beeinflussen und damit Standards am Markt durchsetzen (vgl. Neumair; Schlesinger; Haas, 2012, S. 337). Doch der frühe Markteintritt ist auch mit Risiken verbunden. Da es sich um ein neues Produkt und ggf. auch um einen neuen Markt handelt, besteht die Herausforderung darin, die Akzeptanz der potentiellen Kunden oder Early Adopters zu gewinnen. Doch es bieten sich auch entscheidende Vorteile für den First Mover wie z. B. die Gewinnung von Erfahrungswerten oder Skaleneffekten gegenüber späteren Followern. Zudem kann der Pionier Markteintrittsbarrieren aufbauen, welche kommenden Folgern den Markteintritt erschweren. Darüber hinaus ist der First Mover in der Lage, sich bei den Kunden als erster Anbieter des innovativen Produkts zu platzieren und sich im Bewusstsein der Zielgruppe zu verankern (vgl. Wentz, 2008, S. 70). Diese und weitere Vorteile des Pioniers werden von Lieberman und Montgomery (1988) als First-Mover Advantages bezeichnet. Sie schreiben den Vorteilen die folgenden drei Quellen zu:
- Technologieführerschaft (technology leadership),
- Vorkaufsrecht von Vermögenswerten (preemption of assets) sowie
- Wechselkosten der Käufer (buyer switching costs) (vgl. Lieberman; Montgomery, 1988, S. 41f.).
Durch nachhaltige Technologieführerschaft kann das Unternehmen Lern- oder Erfahrungskurveneffekte generieren, unter Zugrundelegung von sinkenden Kosten bei steigender bzw. kumulierter Leistung (vgl. Lieberman; Montgomery, 1988, S. 42). Weiterhin kann das Pionier-Unternehmen Vorteile erzielen, indem es den Konkurrenten den Erwerb knapper Ressourcen und Vermögenswerte vorenthält. Hierbei profitiert das Unternehmen von der Kontrolle von bereits bestehenden Vermögenswerten und nicht von denen, die durch die Entwicklung ihres neuen Produktes oder ihrer neuen Technologie geschaffen wurden (vgl. Lieberman; Montgomery, 1988, S. 44). First-Mover Vorteile können sich darüber hinaus aus den Kosten des Käuferwechsels (buyer switching costs) ergeben. Folger oder Second-Mover müssen unter Umständen zusätzliche Investitionen tätigen, um Kunden vom First-Mover Unternehmen abzuziehen. Im Laufe der Zeit passt sich jedoch der Kunde an die Leistungen und Merkmale des Produktes und seiner Hersteller an, sodass es ihm kostspielig erscheinen kann, auf eine andere Marke umzusteigen (vgl. Lieberman; Montgomery, 1988, S. 46). Die folgenden Unternehmen, frühe und späte Folger, verfolgen im Gegensatz zum Pionier die Strategie bewusst nicht als Erster mit ihren neuen Produkten oder Technologien am Markt zu sein. Sie konzentrieren sich eher auf die Weiterentwicklung der bereits eingeführten Innovation (vgl. Schuh; Bender, 2012, S. 21). Der schnelle Folger, auch Fast-Follower genannt, kann zunächst die Reaktionen der Kunden auf das Produkt des First-Movers abwarten und bringt sein ggf. verbessertes oder modifiziertes Produkt schnell im Anschluss auf den Markt (vgl. Wentz, 2008, S. 68). Mit Blick auf den Produkt- oder Technologie-Lebenszyklus treten die frühen Folger, ebenso wie der Pionier, noch in der Entstehungsphase in den Markt ein. Ihr Eintritt kann bis zum Übergang in die Wachstumsphase erfolgen. Dieser Übergang wird als take-off bezeichnet (vgl. Buchholz, 1998, S. 26). Während der sich anschließenden Wachstumsphase treten die späten Folger, auch Late-Follower oder Late-to-market genannt, in den Markt ein. Sie können jedoch prinzipiell bis zur Degeneration des Marktes und somit über alle folgenden Lebenszyklusphasen hinweg in den Markt eintreten (vgl. Upitz, 2013, S. 61). Die späten Folger warten einen Zeitpunkt ab, zu dem bereits mehrere Unternehmen am Markt sind (vgl. Schuh; Bender, 2012, S. 21). Sie profitieren dabei oftmals von den bereits getätigten Investitionen und gesammelten Erfahrungen ihrer Vorgänger, wodurch das Marktrisiko minimiert ist (vgl. Goos; Hagenhoff, 2003, S. 63 f.). Dem Verhalten als später Folger stehen jedoch auch gewisse Risiken gegenüber. Unter Umständen erfolgt der Markteintritt zu spät und ein Großteil des Potentials ist bereits vom Pionier und den frühen Folgern ausgeschöpft (vgl. Buchholz, 1998, S.29). Denkbar ist auch, dass bei den Kunden „bereits stark ausgeprägte Präferenzen für die etablierten Anbieter“ (Buchholz, 1998, S. 30) bestehen. Hier knüpfen folglich die schon genannten buyer switching costs nach Lieberman und Montgomery an.
Die folgende Abbildung zeigt zusammenfassend die Einordnung der verschiedenen Markteintrittszeitpunkte in den Marktlebenszyklus. Die verschiedenen Phasen des Lebenszyklus sowie der Kurvenverlauf ähneln dabei denen des Technologielebenszyklus.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Markteintrittszeitpunkte im Marktlebenszyklus. Eigene Darstellung. Inhalt in Anlehnung an Buchholz (1998), S. 27
Ausgehend von den konzeptionellen Grundlagen des Innovationsmanagements, sollen in den zwei nachfolgenden Unterkapiteln die grundlegenden Charakteristika von Geschäftsmodellen erläutert und von denen der Geschäftsmodellinnovationen abgegrenzt werden.
2.2 Abgrenzung von Geschäftsmodellen und Geschäftsmodellinnovationen
2.2.1 Charakteristika von Geschäftsmodellen
Wie in den vorangegangenen Beschreibungen deutlich wurde, ist die technologische Leistungsfähigkeit einer Innovation innerhalb des Lebenszyklus und deren erfolgreicher Position am Markt von großer Bedeutung. Hinter diesem Leistungspotential steht die Forschung und Entwicklung innovativer Produkte. Doch heutzutage können immer weiter steigende Entwicklungskosten bei immer kürzer werdenden Lebenszyklen von Innovationen, oder allgemeiner von Produkten, beobachtet werden. Diese und weitere Tendenzen führen dazu, dass Innovationen nicht mehr nur die Technologie selbst und die Forschungs- und Entwicklungsaufwände berücksichtigen dürfen, sondern vielmehr Geschäftsmodelle umfassen müssen (vgl. Chesbrough, 2007, S. 12). Das Geschäftsmodell wird damit zum Innovationsobjekt eines Unternehmens (vgl. Mast, 2016, S. 85). Da es sich als schwierig erweist, eine einheitliche Definition des Begriffes des Geschäftsmodells zu formulieren, werden im Folgenden die Ansätze mehrerer Autoren betrachtet. Eine in der Literatur weit verbreitete Definition ist die von Osterwalder und Pigneur (2010). Sie definieren ein Geschäftsmodell als grundlegendes Prinzip, wie eine Organisation Wert schafft, bereitstellt und sichert. Die beiden Autoren liefern dazu das Rahmenwerk des Business Model Canvas, eine vereinfachte Darstellung der neun Kernelemente eines Geschäftsmodells (vgl. Osterwalder; Pigneur, 2010, S. 14 f.). Das Business Model Canvas nach Osterwalder und Pigneur (2010) ist in Anhang 2 abgebildet. Auch Johnson, Christensen und Kagermann (2008) beziehen sich bei ihrer Definition auf die Wertschöpfung und beschreiben ein Geschäftsmodell als ein Konstrukt, welches aus vier Elementen besteht, die zusammen Wert schaffen und liefern. Diese vier Elemente sind das Kundenwertversprechen (customer value proposition, CVP), eine Profitformel (profit formula), Kernressourcen (key resources) sowie Kernprozesse (key processes) (vgl. Johnson; Christensen; Kagermann, 2008, S. 52). Zusammen bilden sie das von Johnson formulierte Rahmenwerk des Four-Box Business Model (vgl. Johnson, 2010, o. S.). Einen weiteren Ansatz liefert Schallmo (2013). Laut ihm ist ein Geschäftsmodell „die Grundlogik eines Unternehmens, die beschreibt, welcher Nutzen auf welche Weise für Kunden und Partner gestiftet wird (Schallmo, 2013, S. 22 f.).
2.2.2 Charakteristika von Geschäftsmodellinnovationen
Von Geschäftsmodellen abzugrenzen sind die Geschäftsmodellinnovationen. Auch hier gibt es eine Vielzahl von Definitionsansätzen, von denen im Folgenden eine Auswahl zur Begriffserklärung herangezogen wird. Foss und Saebi (2017) beschreiben eine Geschäftsmodellinnovation als neuartig entworfene, nicht triviale Änderung an den Schlüsselelementen des Geschäftsmodells eines Unternehmens (vgl. Foss; Saebi, 2017, S. 2). Darüber hinaus kann eine Innovation des Geschäftsmodells dazu dienen, eine grundlegend neue Art von Unternehmen zu kreieren oder aber eine höhere strategische Vielfalt in das bisherige Geschäft zu integrieren (vgl. Skarzynski; Gibson, 2008, S. 112). Weniger auf die Neuheit selbst bezogen, sondern vielmehr aus Prozesssicht definiert Johnson (2010) die Geschäftsmodell-Innovation als schrittweisen Prozess, in dem die Elemente des bisherigen Geschäftsmodells verändert werden (vgl. Johnson, 2010, S. 144). Neue Tendenzen im Markt oder neue Entwicklungen von Technologien können ebenso wie sich verändernde politische Gegebenheiten der Auslöser für Geschäftsmodellinnovationen sein (vgl. Posselt; Abdelkafi, 2016, S. 5). Dabei gelten insbesondere Flexibilität und das richtige Timing als Erfolgsfaktoren und Voraussetzungen beim Hervorbringen von Geschäftsmodellinnovationen. Einem flexiblen Unternehmen gelingt es, sich und seine bisherigen Geschäftsmodelle schnell und kurzfristig an eine sich verändernde Unternehmensumwelt anzupassen (vgl. Zollenkop, 2006, S. 297 f.). Wie auch bei der Diffusion von Innovationen, spielt der Zeitfaktor bei der Initiierung von Geschäftsmodellinnovationen eine große Rolle und gilt als zentraler Wettbewerbs- und Erfolgsfaktor. Die zunehmende Bedeutung des Zeitfaktors liegt dabei wie bereits zuvor erwähnt in der Tendenz von sich weiter verkürzenden Lebenszyklen bei immer länger werdenden Entwicklungsphasen, die folglich mit höheren Entwicklungskosten zusammenhängen. Zudem ist der Zeitfaktor bezüglich der Reihenfolge des Markteintritts oder aber auch der Geschwindigkeit, mit der sich ein Unternehmen an Veränderungen des Marktes anpasst, entscheidend. Analog zu den zeitorientierten Innovationsstrategien, ist auch bei der Umsetzung einer Geschäftsmodellinnovation das optimale window of opportunity zu bestimmen (vgl. Zollenkop, 2006, S. 308 f.).
Nachdem an dieser Stelle im Vorfeld wichtige, für den Kontext der gesamten Arbeit relevante Grundlagen aus klassischer Innovations- und Geschäftsmodellsicht erläutert wurden, werden im Folgenden ausgewählte Ansätze aus der Organisationstheorie angewendet, die mit Innovationen in Verbindung stehen.
2.3 Organisationale Energie und Organisationale Trägheit
Im Folgenden werden die beiden Konzepte der organisationalen Energie und als eine Unterform derer die organisationale Trägheit näher betrachtet. Diese Ansätze wurden ausgewählt, da sie großen Einfluss auf das Innovationsgeschehen einer Organisation haben können.
Organisationale Energie ist ein Phänomen, welches insbesondere von Prof. Dr. Heike Bruch der Universität St. Gallen erforscht wird. Dabei beschreibt organisationale Energie „die Kraft, mit der ein Unternehmen zielgerichtet Dinge bewegt“ (Bruch; Vogel, 2009, S. 29). Sie fördert die Intensität, die Geschwindigkeit sowie die Beständigkeit von Veränderungs- oder Innovationsprozessen eines Unternehmens (vgl. Bruch; Goshal, 2003, S. 45). Es handelt sich bei organisationaler Energie um eine gemeinschaftliches Konstrukt, welches ein individuelles Merkmal des gesamten Unternehmens darstellt und sich nicht nur auf die individuelle Energie oder Motivation der Mitarbeiter bezieht (vgl. Bruch; Vogel, 2009, S. 30). Ähnliche Konstrukte bilden in einer Organisation z. B. die Unternehmenskultur. Zwar gilt die Unternehmenskultur als fest verankert in einem Unternehmen und als weniger schwankend, jedoch bleibt festzuhalten, dass die Unternehmenskultur die organisationale Energie unmittelbar beeinflusst (vgl. Bruch; Vogel, 2009, S. 34 f.). Letzteres Konstrukt besagt, dass ein Unternehmen verschiedene Energie-Zustände annehmen kann. Dabei wird zunächst zwischen Intensität und Qualität der organisationalen Energie unterschieden. Die Intensität beschreibt das Ausmaß organisationaler Energie u. a. in Bezug auf das Aktivitätsniveau oder der Menge an Interaktionen sowie positiven Emotionen (vgl. Bruch; Goshal, 2003, S. 45 f.). Sie beschreibt darüber hinaus, inwiefern die Wachsamkeit des Unternehmens beurteilt werden kann oder bereits bestehende Potentiale aktiviert werden (vgl. Bruch; Vogel, 2009, S. 39). Im Vergleich dazu beschreibt die Qualität der organisationalen Energie, inwieweit diese Potenziale - seien sie emotionaler, mentaler oder auch verhaltensbezogener Natur - auf die gemeinschaftlichen Unternehmensziele einwirken (vgl. Bruch; Vogel, 2009, S. 39). Das Ausmaß der Intensität organisationaler Energie wird mit hoch oder niedrig gekennzeichnet, das der Qualität mit positiv und negativ. Mit positiver organisationaler Energie werden Spaß oder Zufriedenheit mit den Kernaktivitäten des Unternehmens assoziiert, wohingegen sich negative organisationale Energie in „fehlender gemeinsamer Ausrichtung der Unternehmenspotenziale auf gemeinsame Ziele“ widerspiegelt (Bruch; Vogel, 2009, S. 39/40). Werden diese beiden Dimensionen und ihr jeweiliges Ausmaß miteinander kombiniert, so ergibt sich folgende Matrix bezüglich der Zustände organisationaler Energie:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Zustände organisationaler Energie. Eigene Darstellung. Inhalt in Anlehnung an Bruch; Vogel (2009), S. 40
Die wesentlichen Charakteristika der jeweiligen Energiezustände sind der Tabelle in Anhang 3 zu entnehmen. Während das Konstrukt der organisationalen Energie und deren Zustände bisher nur ansatzweise erforscht sind, wird in relevanter Literatur jedoch häufig Bezug auf die Ansätze der organisationalen Trägheit im Allgemeinen und der angenehmen Trägheit im Speziellen genommen. Daher soll besonders dieser Zustand im Folgenden näher erläutert werden, während die drei weiteren Zustände an dieser Stelle keine weitere Beachtung finden.
Zunächst gilt es zu definieren, was unter (organisationaler) Trägheit verstanden wird, bevor der Zustand der angenehmen Trägheit näher erklärt werden kann. Aus der betriebswirtschaftlichen Perspektive findet das Trägheitskonzept oft in Bezug auf Veränderungsprozesse und organisatorischen Wandel Anwendung. Organisationale Trägheit kann dabei einen immensen Einfluss auf die durch Wandelprozesse hervorgerufenen Veränderungen und deren Umsetzung haben (vgl. Welsch, 2009, S. 59 f.). Veränderungen ergeben sich auch oftmals durch sich verändernde Bedingungen der Unternehmensumwelt. Diesen Aspekt beziehen Hannan und Freeman (1984) in ihre Überlegungen zu organisationaler Trägheit mit ein. Sie sprechen von struktureller Trägheit (structural inertia). Organisationsstrukturen weisen ein hohes Maß an Trägheit auf, wenn die Geschwindigkeit der Reorganisation innerhalb des Unternehmens – bedingt durch die Veränderungen – bedeutend niedriger ist als die Rate, mit der sich die Umweltbedingungen ändern (vgl. Hannan; Freeman, 1984, S. 151). Eine Unterform der Trägheit und ein von Bruch und Goshal (2003) beschriebener Energiezustand ist die angenehme Trägheit. Sie weist neben einem geringen Aktivitätsniveau und dem Vorherrschen von Emotionen wie Zufriedenheit und Wohlbefinden eine verringerte Wachsamkeit gegenüber der Unternehmensumwelt auf. Befinden sich Unternehmen in diesem Zustand, erkennen sie Anzeichen aus der Unternehmensumwelt, z. B. von Wettbewerbern oder Kunden, oftmals erst später. Häufig ist die Ursache für diesen Zustand langanhaltender Erfolg des Unternehmens sowie aus dem Markt entgegengespielte Bestätigung, was in verminderter Wandlungsfähigkeit von Unternehmen resultieren kann. (vgl. Bruch; Vogel, 2009, S. 41). Deshalb richten betroffene Unternehmen ihre Aktivitäten oftmals auf die bereits bestehenden Kompetenzen aus und vernachlässigen dabei neue Umweltbedingungen, die die Einstellung auf Innovationen und den damit implizierten Wandel zufolge haben können (vgl. Bruch; Vogel, 2009, S. 42). Langanhaltender Erfolg wird auch von Audia, Locke und Smith (2000) als Ursache gesehen. Sie verwenden in ihrer Arbeit den Begriff der strategischen Beharrlichkeit (strategic persistence) und beschreiben damit die Tendenz, dass Unternehmen bei bereits bestehenden und in der Vergangenheit erfolgreichen Strategien bleiben (vgl. Audia; Locke; Smith, 2000, S. 837). Doch dieses Verhalten „may become self-destructive if it leads to persistence in the face of major environmental shifts, such as technological breakthroughs, regulatory changes, or alterations in trade barriers” (Audia; Locke; Smith, 2000, S. 839)5. Zudem kann diese Denk- und Verhaltensweise nicht nur mangels Aufmerksamkeit für z. B. neue Technologien negative Auswirkungen für das betreffende Unternehmen haben. Eine der bedeutendsten Bedrohungen für den Erfolg von Unternehmen ist die Entstehung neuer Organisationen, die speziell neue technische Möglichkeiten nutzen und sich dadurch große Vorteile am Markt sichern. Können bestehende Unternehmen ihre Strukturen und Strategien dann nicht mit der gleichen Geschwindigkeit anpassen, wie neue Unternehmer Organisationen gründen, haben letztere leichtes Spiel in dem betreffenden Markt Fuß zu fassen und Erfolg zu haben (vgl. Hannan; Freeman, 1984, S. 152). An dieser Stelle greift das Konzept der disruptiven Innovation bzw. der disruptiven Unternehmen, welches zuvor bereits beschrieben wurde.
Das nachfolgende Kapitel widmet sich neben dem Stand der Praxis dem Status Quo der deutschen Automobilindustrie in Bezug auf die Elektromobilität. Für ein besseres Verständnis erfolgt zunächst eine Begriffsabgrenzung der relevanten Definitionen und Termini sowie die Einführung einer Working Definition. Anschließend wird der Status Quo erläutert, um schlussendlich eine Verknüpfung dessen mit den relevanten Inhalten des Innovationsmanagements und der Geschäftsmodellentwicklung herzustellen.
3. Stand der Praxis und Analyse des Status Quo der deutschen Automobilindustrie
3.1 Definition und Begriffsabgrenzung „Elektromobilität“
Bevor im weiteren Verlauf der Arbeit der Status Quo der deutschen Automobilindustrie hinsichtlich E-Mobilität analysiert wird, gilt es zuvor diesen Begriff zu definieren und abzugrenzen. Dazu wird zunächst die Definition im Sinne der Bundesregierung Deutschlands heran gezogen. Laut dieser umfasst E-Mobilität ausschließlich Fahrzeuge, deren Antrieb durch einen Elektromotor erfolgt und die durch Strom aus dem Stromnetz aufgeladen werden. Darunter fallen sowohl rein elektrische Fahrzeuge (Battery Electric Vehicles – BEV), sogenannte Range Extender (Range Extension Electric Vehicles – REEV), die über eine Kombination von Elektromotor und einem kleineren Verbrennungsmotor verfügen, sowie Hybridfahrzeuge, die am Stromnetz aufladbar sind (Plug-In Electric Vehicles - PHEV) (vgl. BMU, 2018, o. S.). Diese Definition ist sehr eng gefasst und bezieht sich im Wesentlichen auf den Strom als Antriebs- und Energiequelle. Auf Elektromobilität als individuelle Mobilität stützt sich die Definition des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI. Es versteht unter Elektromobilität einen Individualverkehr, der elektrisch angetrieben ist und in der Regel auf der Straße stattfindet (vgl. Dallinger et al., 2011, S. 6). Weiter konkretisiert wird der Begriff von Wietschel, Bünger und Weindorf (2010). Sie beziehen Elektromobilität neben dem motorisierten Individualverkehr auf Fahrzeuge, die „einen Elektromotor als Antrieb verwenden und eine relevante Energiemenge entweder direkt als Strom in Batterien bzw. chemisch gebunden als Wasserstoff mit Umsetzung in Brennstoffzellen gespeichert haben“ (Wietschel; Bünger; Weindorf, 2010, S. 15). Abweichend von der Definition der Bundesregierung werden hier neben BEV und PHEV auch Hybrid-Fahrzeuge (Hybrid-Electric Vehicles - HEV) und Wasserstoff- bzw. Brennstoffzellenfahrzeuge (Fuel Cell Electric Vehicles – FCEV) inkludiert (vgl. Wietschel; Bünger; Weindorf, 2010, S. 15). Für den weiteren Verlauf der Arbeit wird basierend auf den hier dargelegten unterschiedlichen Definitionen eine vom Verfasser eigens entwickelte Definition als Working Definition6 verwendet:
Elektromobilität umfasst sämtliche Fahrzeuge, die über einen Elektromotor als Antriebsquelle verfügen, unabhängig vom elektrischen Antriebskonzept, der Verkehrsart und des Verkehrsträgers.
Diese Working Definition ist weiter gefasst als die der Bundesregierung Deutschlands und so gestaltet, dass sowohl BEV, HEV, PHEV und FCEV darunter fallen. Sie kann hinsichtlich der Verkehrsart sowohl den individuellen Personen- als auch den Güterverkehr umfassen. Bezüglich des Verkehrsträgers beinhaltet die Working Definition neben dem Straßenverkehr auch Schiene, Wasser und Luft. Zu erwähnen ist jedoch, dass sich sowohl in der Literatur, in aktuellen Forschungen und auch in den Aussagen der Interviewpartner der in dieser Arbeit durchgeführten Untersuchung die Tendenz abzeichnet, dass E-Mobilität vorzugsweise im Straßenverkehr betrachtet wird.
3.2 Elektromobile Antriebskonzepte und -technologien im Vergleich
Wie die verschiedenen Definitionsansätze im vorherigen Unterkapitel bereits zeigten, gibt es hinsichtlich der E-Mobilität verschiedene Antriebskonzepte und -technologien, die im Folgenden differenziert werden. Es soll an dieser Stelle jedoch lediglich ein Überblick über die wesentlichen Unterschiede erfolgen, dargestellt in der nachfolgenden Tabelle.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Elektromobile Antriebskonzepte im Vergleich. Eigene Darstellung. Vgl. Bertram; Bongard (2014), S. 30 f.
3.3 Status Quo der deutschen Automobilindustrie im Hinblick auf Elektromobilität
Nachfolgend wird der aktuelle Status Quo der Automobilindustrie bzgl. E-Mobilität kurz dargelegt, um einen Überblick über aktuelle Entwicklungen zu geben. Zum Jahresbeginn 2020 gab es in Deutschland rund 48 Mio. PKW, jedoch nur rund 137.000 rein batterieelektrische Fahrzeuge. Gemeinsam mit den in Deutschland zugelassenen Hybridfahrzeugen macht dies einen Anteil von 1,4 Prozent aus. Demgegenüber stehen Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb – Diesel und Benziner – mit mehr als 46,5 Mio. PKW, was einen Anteil von mehr als 97 Prozent ausmacht (vgl. KBA, 2020, o. S.). Die Tabelle in Anhang 4 verdeutlicht die Bestände. Im Jahr 2018 betrug der weltweite Marktanteil von Elektroautos 2,2 Prozent (vgl. GP Bullhound, 2019, S. 33). Weltweit ist 2019 ein Bestand von knapp 8 Mio. Elektrofahrzeugen zu verzeichnen, davon 3,8 Mio. in China und 1,5 Mio. in den USA. Während die Zahl der Neuzulassungen von E-Autos in diesen beiden Ländern rückläufig ist, verzeichnet Deutschland jedoch positive Wachstumsraten. Im weltweiten Vergleich der Neuzulassungen nach Herstellern lag Tesla 2019 mit rund 360.000 vorne (vgl. ZSW, 2020, o. S.). Laut einer Studie von Roland Berger zählten 2019 China, die USA und Japan noch vor Deutschland zu den wichtigsten Produktionsländern für Elektromobilität, wohingegen Deutschland noch vor China, Südkorea und Frankreich hinsichtlich des technologischen Entwicklungsstandes als wichtigste Industrienation gilt (vgl. fka GmbH; Roland Berger, 2019, S. 5). Hinsichtlich der Ladeinfrastruktur gibt es aktuell mehr als 19.000 Ladestationen mit rund 61.000 Anschlüssen in Deutschland (vgl. Chargemap, 2020, o. S.). In Deutschland können die Kunden derzeit aus 57 E-Fahrzeug-Modellen von deutschen Automobilherstellern wählen. Werden ausländische Hersteller hinzu gezählt sind es mehr als 100 (vgl. VDA, 2020, o. S.).
Bis zu diesem Punkt wurde lediglich der Status Quo hinsichtlich batterieelektrischer, Hybrid- und Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge beleuchtet. Die Ergebnisse der Recherche lassen zudem fast ausschließlich Aussagen über diese Antriebsarten zu. Da sich Elektromobilität nach der in dieser Arbeit verwendeten Working Definition jedoch unabhängig von der Antriebsart definieren lässt, werden im Folgenden die aktuellen Entwicklungen der Brennstoffzellenfahrzeuge ebenfalls näher beleuchtet. Laut Kraftfahrtbundesamt gab es zum Jahresbeginn 2020 einen Bestand von rund 500 Wasserstofffahrzeugen im PKW-Segment in Deutschland, rund 36 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum (vgl. KBA, 2020, o. S.). Zum aktuellen Zeitpunkt sind rund 120 Wasserstofftankstellen in Betrieb, 45 befinden sich in der Realisierung (vgl. H2 Mobility, 2020, o. S.). Weltweit gesehen sind die Stückzahlen von verkauften Brennstoffzellenfahrzeugen jedoch sehr gering. So wurden im Jahr 2019 rund 7.000 FCEVs weltweit verkauft, davon knapp 3.000 allein in Südkorea, was damit noch vor den USA und Japan als Leitmarkt zu betiteln ist. Die Unternehmensberatung McKinsey prognostiziert einen weltweiten Jahresabsatz von 43.000 FCEVs im Jahr 2025 sowie mehr als 5.000 Wasserstofftankstellen in den Kernmärkten (vgl. Automobilwoche, 2019, o. S.).
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1 In der Literatur zum Innovationsmanagement wird auch häufig der Begriff inkremental verwendet. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird jedoch einheitlich die Bezeichnung inkrementell verwendet.
2 Das 4P-Modell der Innovationen (Four Dimensions of Innovation Space) nach Tidd und Bessant (2009) basiert ebenfalls auf der Differenzierung zwischen radikal und inkrementell. Mit diesem Modell werden die verschiedenen Ausprägungen von Innovation entlang der vier anzusteuernden Dimensionen Product, Process, Position und Paradigm dargestellt. Jede Dimension kann eine Messbreite von inkrementell bis radikal aufweisen (vgl. Tidd; Bessant, 2009). Aufgrund des Umfangs der Arbeit wird dieses oder auch weitere Modelle jedoch nicht weiter berücksichtigt.
3 Neben disruptiven Innovationen, werden in aktueller Literatur – besonders im amerikanischen Raum - häufiger auch die erhaltenen Innovationen, auch sustaining innovations genannt, erwähnt. Sie beschreiben Innovationen, die dazu beitragen, dass bestehende Produkte oder Technologien erhalten bleiben. Damit sind sie mit den inkrementellen Inhalten gleichzusetzen (vgl. Kaan, 2010, o. S.). Aus diesem Grund werden sie in dieser Arbeit nicht weiter erwähnt.
4 Auf die Beschreibung der Methodik zur Einordnung der Adopter Categories wird in der Arbeit verzichtet. Vielmehr sollen die einzelnen Übernahmekategorien kurz erläutert werden. Es soll jedoch kurz erwähnt werden, dass die mathematische Basis für die Glockenkurve eine Standardnormalverteilung bildet, die mehrere Merkmale aufweist, die bei der Klassifizierung von Übernehmern verwendet wird. Eines dieser Merkmale ist der Mittelwert (x). Ein weiterer Parameter der Verteilung ist die Standardabweichung (sd), also das Maß für die Streuung um den Mittelwert. Sie erklärt die durchschnittliche Menge der Abweichungen (Varianz) auf beiden Seiten des Mittelwerts für die angenommene Stichprobe, hier also die Gruppe an Individuen, die eine Innovation übernehmen (vgl. Rogers, 1983, S. 246). Die Einteilung der Übernehmer in Kategorien orientiert sich daher an der Standardabweichung hinsichtlich des Übernahmezeitpunkts. Es sei jedoch zu erwähnen, dass diese Einteilung nicht symmetrisch erfolgt, wie die Prozentsätze in Abbildung 4 verdeutlichen (vgl. Karnowski, 2017, S. 20).
5 Übersetzung des Verfassers: Dieses Verhalten kann sich als selbstzerstörerisch erweisen, wenn es hinsichtlich starker Umweltverschiebungen, wie z. B. technologischer Durchbrüche, regulatorische Änderungen oder Veränderungen der Handelshemmnisse, zu Beharrlichkeit führt.
6 Hierunter soll eine Arbeitsdefinition verstanden werden, die spezifisch für den Kontext der Arbeit vom Verfasser erarbeitet wurde und lediglich der groben Abgrenzung des Untersuchungsgebietes dient. Sie ist das Ergebnis einer umfassenden Literaturrecherche zu bisherigen Definitionen und hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
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