Gruppenarbeit bei Schülern mit einer geistigen Behinderung
1 Lernvorausetzungen
1.1 Methodenkompetenzen
- Spielregeln der Gesprächsführung
- Arbeitsprotokolle erstellen ( bei Geistigbehinderten eignen sich besonders Wandzeitungen, Collagen und Fotodokumentationen)
- Fragen für das anschließende Unterrichtsgespräch formulieren
- Sammeln von Informationen
Um Geistigbehinderten mit der Methode der Gruppenarbeit vertraut zu machen, sollte sie vorher (eventuell frontal) in kleinen Schritten geübt werden.
1.2 Allgemeine Lernvoraussetzungen
Sowohl kognitive als auch motorische Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit die geistigbehinderten Schüler selbständig in der Gruppe arbeiten können.
2 Räumliche Voraussetzungen
In fast allen Schulen für Geistigbehinderte stehen in den Klassen gesonderte Gruppenarbeitsräume zur Verfügung. Das Problem der Umgestalltung der Klassenräume in arbeitsfreundliche Gruppenarbeitsplätze, das in den Regelschulen öfters auftaucht, regelt sich hier also von selbst. Die jeweiligen Gruppe sollten ihren festen Platz in der Klasse haben und ihn auch persönlich gestalten dürfen.
3 Gruppenbildung
- Die Größe und Zusammensetzung der Gruppen sollte von den Zielen und Inhalten des Unterrichtes abhängig gemacht werden
- Sind Schwerstbehinderte im Klassenverband so kann man sie bei einer heterogenen Gruppenbildung integrieren. Es bietet sich hier aber auch die Möglichkeit einer Einzelförderung des Schwerstbehinderten bei gleichzeitiger selbständiger Gruppenarbeit der anderen Mitschüler an
- Bildet man homogene Gruppen, so kann man die Aufgaben für die einzelnen Gruppen differenziert formulieren und so den einzelnen Schüler verstärkt fördern
4 Vermittlung der Arbeitsaufträge
Die Schüler brauchen hier eine genaue Anweisung. Dieses muß in kleinen Schritten geübt werden. Am Anfang muß der Lehrer verstärkt überwachen, aber er darf nicht von alleine eingreifen. Eventuell kann er auch ohne Aufforderung in die Gruppen gehen. Das Auftreten muß jedoch abnehmen, damit die Schüler die erforderliche Eigenständigkeit lernen. Die Arbeitsaufträge können durch Bildanweisungen vermittelten werden, teilweise sind Stichwörter für die lesenden Schüler hilfreich.
5 Durchführung/Lehrerrolle
Bei der Durchführung ist eine spezielle Hilfe notwendig, die sich nach dem sonderpädagogischen Förderbedarf der Schuler richtet, beispielsweise kann hier eine Rutschfolie für motorisch unruhige Schüler sehr hilfreich sein. Der Lehrer sollte sich bei der Gruppenarbeit zurückhalten und nur auf direkte Anfrage eingreifen. Er muß jedoch verstärkt überwachen, wobei sich die Schüler nicht kontrolliert fühlen dürfen. Desweiteren muß er die Gruppen motivieren und ihnen nicht das Gefühl geben, daß sie alleine gelassen werden.
6 Dokumentation/Präsentation
Die Dokumentation und Präsentation muß den kognitiven Fähigkeiten der Schüler gerecht werden. Hier zu eigenen sich je nach Leistungsstärke und Gruppenarbeit:
- Fotos
- Aufmalen der einzelnen Arbeitsschritte
- Ausstellungen für alle Schüler
- Erzählen und Zeigen der Ergebnisse
- Collagen
- Rollenspiele und Standbilder
7 Themenauswahl
Für die Gruppenarbeit geeignet sind Themen, welche die Selbständigkeit der Schüler nahelegen bzw. erzwingen (z.B. Experimente, Rollenspiele), sowie konstruktive Anwendungsgebiete. Typisch ist an Schulen für Geistigbehinderte der Gruppenunterricht im Fach Hauswirtschaft (Pudding kochen), ebenso eignet sich der Sportunterricht oder das Üben lebenspraktischer Fähigkeiten.
8 Stundenentwurf
Thema: Blumenpflanzen
Richtlinienbezug: 3.5.2 ,,Mit Pflanzen sachgerecht umgehen" Förderung Schwerstbehinderter:
1. Fahigkeit, über die Hand Tasteindrücke wahrzunehmen
2. Fähigkeit, zur unmittelbaren Umgebung, dem Nahraum, Beziehungen aufzunehmen
5. Fähigkeit, verschiedene Materialien anzunehmen und sich mit diesen zu beschäftigen
Gruppenbildung:
3-4 Schüler pro Gruppe, heterogene Zusammensetzung (möglichst ein Schüler welcher Lesen kann pro Gruppe)
Voraussetzungen:
- möglichst Gruppenarbeitserfahren
- einige sollten lesen und schreiben können
- eventuell einige, die mit einem Fotoapparat umgehen können
- Fähigkeit, möglichst sauber und genau zu kleben und zu basteln
Durchführung:
Wenn die Möglichkeit gegeben ist, sollte jede Gruppe ein eigenes Beet bepflanzen können, ansonsten reicht eine größere Holzkiste aus. Die Schüler sollen das Beet vorbereiten, die Samen aussäen, bei Bedarf bewässern und das Wachstum bis zur Blüte beobachten. Die Schwerstbehinderten können als taktile Erfahrung die Erde befühlen, eventuell im Unterschied trocken-feucht.
Dokumentation:
Welche Art der Dokumentation gewählt wird, sollte den Schülern überlassen bleiben. Gut wäre es jedoch, Vorschläge zu machen, wie Fotos, Zeichnungen, Kurzbe-schreibungen, etc.
Variationen:
- verschiedenes Saatgut (Zwiebeln, Samen, Ableger)
- Gemüse pflanzen (im Hauswirtschaftsunterricht weiterverwenden)
- Saatgut selber besorgen
- Schilder basteln
9 Literatur
- Meyer, Hilbert, UnterrichtsMethoden Band II, 1987, Frankfurt/Main
- Richtlinien Schule für Geistigbehinderte
- Richtlinien zur Förderung Schwerstbehinderter
- Arbeit zitieren
- Kerstin Holtz (Autor:in), 1996, Gruppenarbeit bei geistig Behinderten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97822
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