Der Investmentfonds als Anlageform in Deutschland kann auf eine über 50jährige Historie zurückblicken. Das dynamische Wachstum der Investmentfondsgesellschaften, insbesondere das Ansteigen der Volumina im Aktienfondsbereich in den 90er Jahren, ist sicherlich nicht nur auf das Aufflammen einer lebendigen Aktienkultur in Deutschland zurückzuführen, sondern auch auf die erfolgreichen Marketingaktivitäten der Kapitalanlagegesellschaften.
In dieser Ausarbeitung wird die Vielfalt des Produktes Investmentfonds betrachtet, schwerpunktmäßig der Teilbereich der Publikumsfonds, da Publikumsfonds privaten Anlegern öffentlich zugänglich sind. Die Spezialfonds werden aufgrund des thematisch großen Umfanges in dieser Arbeit nur am Rande erwähnt. Der Publikumsfonds bietet sowohl den institutionellen als auch den privaten Nachfragern eine Möglichkeit für eine diversifizierte (gestreute) Kapitalanlage. Der Privatanleger wird als Nachfrager von Publikumsfonds betrachtet, der institutionelle Anleger wird sowohl als Nachfrager als auch in der Rolle des Anbieters von Investmentfonds betrachtet.
Das Ziel dieser Arbeit ist es die preis- und vergütungspolitischen Maßnahmen aufzuzeigen und Lösungen für eine „faire“ Verteilung von Risiken auf die Vertragspartner „Nachfrager“ und „Anbieter“ vorzustellen. Da der Investmentfondsmarkt sowie die Marketingstrategien sich im ständigen Wandel befinden, ist eine Betrachtung dieses sehr dynamischen Marktes bis teilweise September 2001 - aus aktuellem Anlass - erforderlich.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Investmentfondsmarkt in Deutschland
2.1 Entwicklung des Investmentfondsmarktes
2.1.1 Historische Entwicklung
2.1.2 Entwicklung des monetären Marktvolumens
2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen
2.3 Grundtypen von Investmentfonds
2.3.1 Geldmarktfonds
2.3.2 Rentenfonds
2.3.3 Immobilienfonds
2.3.4 Aktienfonds
2.3.5 Gemischte Fonds
2.4 Innovationen der Investmentgesellschaften
2.4.1 Länder- und Regionenfonds
2.4.2 Branchen- und Themenfonds
2.4.3 Garantiefonds
2.4.4 Indexfonds
2.4.5 No-Load-Fonds
2.4.6 Dachfonds
2.4.7 AS-Fonds
2.5 Nachfrager von Investmentfonds-Produkten
2.5.1 Der institutionelle Nachfrager
2.5.1.1 Anlageziele
2.5.1.2 Investmentprozess und Anlageverhalten
2.5.1.3 Risikopräferenzen
2.5.2 Der private Nachfrager
2.5.2.1 Anlageziele
2.5.2.2 Investmentprozess und Anlageverhalten
2.5.2.3 Risikopräferenzen
2.6 Anbieter von Investmentfonds-Produkten und
Marketingentwicklungen im Investmentfondsbereich
2.6.1 Vertrieb von Konkurrenzprodukten
2.6.2 Der Drang der Spitzenfondsmanager in die Selbstständigkeit
2.6.3 Herding von Investmentfondsgesellschaften
2.6.4 Value versus Growth Fonds als Marketingstrategie
2.6.5 Einsatz von speziellen Marketinginstrumenten
2.6.5.1 Fondsranking/ -rating
2.6.5.2 Multi-Manager-Ansatz
3. Preis- und Vergütungspolitik
3.1 Die Preispolitik
3.1.1 Direkte Preise
3.1.1.1 Ausgabeaufschlag
3.1.1.2 Verwässerungsgebühr
3.1.1.3 Switch-Gebühr
3.1.1.4 Depotgebühr
3.1.2 Indirekte Preise
3.1.2.1 Verwaltungs- und/oder Managementgebühr
3.1.2.2 Depotbankgebühr
3.1.2.3 Transaktionskosten
3.1.2.4 Depotgebühr
3.1.2.5 Weitere Kostenfaktoren
3.2 Die Vergütungspolitik
3.2.1 Direkte Vergütung
3.2.2 Indirekte Vergütung
3.2.2.1 Absolute Erfolgsmessung
3.2.2.2 Relative Erfolgsmessung
4. Mehrdimensionale Interessenskonflikte
4.1 Zielkonflikte zwischen Anleger und Investmentfondsgesellschaft
4.1.1 Performanceziel und mögliche Fehlanreize
4.1.2 Zielkonflikte in der Vergütungsstruktur
4.1.3 Kritische Betrachtung des Multi-Manager-Ansatzes
4.1.4 Kostentransparenz
4.2 Zielkonflikte im Fondsvertrieb
5. Fazit
Glossarium
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Entwicklung des Publikumsfondsmarktes in Deutschland
Abb. 2 Systematik der Investmentfonds
Abb. 3 Das „magische Dreieck“ der Vermögensanlage
Abb. 4 Neue Technologiefonds vs. MSCI-Technologie-Index
Abb. 5 Performancevergleich Nestor Osteuropa Fonds und Griffin Eastern European Fund
Abb. 6 Preis und Marketing Mix
Abb. 7 Ausgabeaufschläge der Produktneuheiten seit 1999
Abb. 8 Jahresgebühren der Produktneuheiten seit 1999
Abb. 9 Anzahl Fondsneuheiten mit Performancegebühr im Jahr 2000: Fondstyp
Abb. 10 Anzahl Fondsneuheiten mit Performancegebühr im Jahr 2000: Modelle der Erfolgsmessung
Abb. 11 Principal-Agent-Beziehungen im Investmentprozess
Abb. 12 Erster Beschaffungskanal für Investmentfondsanteile
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Der Investmentfonds als Anlageform in Deutschland kann auf eine über 50jährige Historie zurückblicken. Das dynamische Wachstum der Investmentfondsgesellschaften[1], insbesondere das Ansteigen der Volumina im Aktienfondsbereich in den 90er Jahren, ist sicherlich nicht nur auf das Aufflammen einer lebendigen Aktienkultur in Deutschland zurückzuführen, sondern auch auf die erfolgreichen Marketingaktivitäten der Kapitalanlagegesellschaften.
In dieser Ausarbeitung wird die Vielfalt des Produktes Investmentfonds betrachtet, schwerpunktmäßig der Teilbereich der Publikumsfonds, da Publikumsfonds privaten Anlegern öffentlich zugänglich sind. Die Spezialfonds[2] werden aufgrund des thematisch großen Umfanges in dieser Arbeit nur am Rande erwähnt. Der Publikumsfonds bietet sowohl den institutionellen als auch den privaten Nachfragern eine Möglichkeit für eine diversifizierte (gestreute) Kapitalanlage. Der Privatanleger wird als Nachfrager von Publikumsfonds betrachtet, der institutionelle Anleger wird sowohl als Nachfrager als auch in der Rolle des Anbieters von Investmentfonds betrachtet.
Das Ziel dieser Arbeit ist es die preis- und vergütungspolitischen Maßnahmen aufzuzeigen und Lösungen für eine „faire“ Verteilung von Risiken auf die Vertragspartner „Nachfrager“ und „Anbieter“ vorzustellen. Da der Investmentfondsmarkt sowie die Marketingstrategien sich im ständigen Wandel befinden, ist eine Betrachtung dieses sehr dynamischen Marktes bis teilweise September 2001 - aus aktuellem Anlass - erforderlich.
In Kapitel zwei wird zunächst die historische Entwicklung des Investmentfondsmarktes bis heute betrachtet. Anschließend wird die Systematik der Investmentfonds vorgestellt. Die Dreiecksbeziehung „Produktinnovationen“, „Nachfrager“ und „Anbieter“ macht die rasanten Veränderungen des Investmentfondsmarktes deutlich.
Kapitel drei beschäftigt sich mit den verschiedenen Aspekten der Preis- und Vergütungspolitikpolitik der KAGs. An eine Darstellung der offensichtlichen Preisstruktur für den Anleger schließt sich die Beschreibung von Risiken unter Berücksichtigung von latenten Preisen an. Anhand der Komponenten der Vergütungspolitik im Fondsmanagement werden verschiedene Modelle einer erfolgsabhängigen Entlohnung aufgezeigt.
Im vierten Kapitel werden die Auswirkungen von Preis- und Vergütungspolitik sowie der Marketingstrategien der KAGs auf die Marktteilnehmer untersucht. Interessenskonflikte - auf Basis der Principal-Agent-Problematik - bestehen in diesem mehrdimensionalen Beziehungsgeflecht insbesondere zwischen Anleger und Fondsmanagement sowie zwischen Anleger und Fondsvertrieb.
Das fünfte Kapitel gibt einen zusammenfassenden Ausblick über mögliche Entwicklungen und Tendenzen im Investmentfondsmarketing. Des Weiteren werden Möglichkeiten von alternativen Vergütungsformen des Fondsmanagements aufgezeigt, die eine gerechtere Verteilung von Chancen und Risiken zur Folge haben.
2. Investmentfondsmarkt in Deutschland
2.1 Entwicklung des Investmentfondsmarktes
2.1.1 Historische Entwicklung
Die Ursprünge der Investmentfondsidee sind in Schottland zu suchen. Hier herrschte Mitte des 19. Jahrhunderts ein Niedrigzinsszenario und ein Kapitalüberhang. Die Anlage der freien Mittel fand daher in Nordamerika statt, da hier ein höheres Zinsniveau attraktiver erschien. Die Geldanlage dort war jedoch nur mit größeren Beträgen möglich. So kamen zuerst die Schotten auf die Idee, die Gelder mehrerer Anleger zusammenzufassen und gebündelt anzulegen. Für die Verwaltung des Vermögens wurde ein Treuhänder beauftragt.
Der im Jahr 1868 in Schottland aufgelegte erste Investmentfonds „Foreign & Colonial Government Trust“ existiert noch heute[3]. Nach einer Festigung des Zinsniveaus in den USA wurde dort im Jahr 1924 mit dem „Massachusetts Investors Trust“ der erste Investmentfonds gegründet[4].
Nach einigen gescheiterten Versuchen in Deutschland in den zwanziger Jahren Investmentgesellschaften zu gründen, hat sich der Investmentfondsmarkt im Gegensatz zu den angelsächsischen Ländern erst nach dem 2. Weltkrieg entwickelt. Im Jahr 1949 wurde die „Allgemeine Deutsche Investmentgesellschaft“ (ADIG) in München gegründet. Die ADIG legte im Jahr 1950 die ersten beiden Aktienfonds auf. Mit dem einsetzenden Wirtschaftsaufschwung folgten in den nächsten Jahren weitere Fondsgründungen. 1959 erfolgte die Auflage des ersten offenen Immobilienfonds. Mit dem Jahr 1966 und dem wachsenden Sicherheitsbewusstsein der Anleger folgte der erste Rentenfonds. Gegen Ende der 60er Jahre strömten dann zahlreiche ausländische Fondsanbieter an den deutschen Kapitalmarkt.
Mit dem Zusammenbruch der internationalen Investmentgesellschaft „Investment Overseas Services“ (IOS), ausgelöst durch überhöhte Verwaltungskosten und Unkorrektheiten in der Abwicklung von Transaktionen, erlebte die Branche einen Rückschlag. Dank des Ansehens der mit den deutschen KAGs verbundenen Banken und dem auf die Sicherheit bedachten Fondsmanagement, wurde die Krise gemeistert.[5]
Jedoch konnten während der 70er und 80er Jahre deutsche Investmentgesellschaften aufgrund der fehlenden ausländischen Konkurrenz kaum Mittelzuflüsse verbuchen. Erst die europäische Harmonisierung[6] erleichterte ausländischen Anbietern den Markteintritt in Deutschland. Sie brachten Anfang der 90er Jahre innovative Produkte auf den Markt und unterstützten den Reifeprozess der deutschen Anbieter[7].
Die Ursachen des starken Wachstums ab Mitte der 90er Jahre sind sicherlich in dem gestiegenen Renditebewusstsein der Anleger zu suchen sowie in dem Bestreben nach einer Zukunfts- und Alterssicherung. Ebenfalls weckte die Erkenntnis der Sicherheit, der Verfügbarkeit sowie der relativ einfachen Handhabung der Investmentanlage das Interesse der Anleger. Hinzu kamen die medienträchtigen Börsengänge der Deutschen Telekom AG im Jahr 1996 und der Deutschen Post AG im Jahr 2000, sowie die marketingpolitischen Maßnahmen der Investmentfondsgesellschaften zur Erweiterung des Produktportfolios und die Erschließung weiterer Vertriebswege.
Weitere positive Impulse für die Entwicklung des Investmentfondsmarktes in Deutschland gehen außerdem von der Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen aus.
2.1.2 Entwicklung des monetären Marktvolumens
Die Startphase ab dem Jahr 1949 für die Anlage in Investmentfonds in Deutschland gestaltete sich schwierig. Die Anleger hielten sich fern von den Wertpapiermärkten, da die Enttäuschung über die Dezimierung des Vermögens seit der Währungsreform groß war. So betrug Ende 1950 das Fondsvermögen der zwei bis dahin aufgelegten deutschen Aktienfonds nur rund 1 Mio. Euro. Bis zum Jahr 1954 wuchs das Fondsvolumen auf 5 Mio. Euro an[8]. Das Sicherheitsdenken der Anleger stand im Vordergrund. Bis Ende 1959 flossen 23 Mrd. Euro in Bundesanleihen und Sparbücher[9].
Verstärkte Mittelzuflüsse gab es bei den Rentenfonds ab dem Jahr 1966. Der Anteil des Rentenfondsvolumens am gesamten Fondsvermögen in Deutschland stieg zwischen 1970 und 1980 von 29 auf 58 % an. Das gesamte Fondsvolumen der Publikumsfonds stieg von 4,9 auf 17,7 Mrd. Euro. In dieser Zeit erhöhte sich die Gesamtzahl der deutschen Publikumsfonds von 60 auf 119 Fonds[10].
Die relativ einseitige Entwicklung zugunsten der Rentenfonds setzte sich auch in den achtziger Jahren trotz stetig steigender Aktienmärkte weiter fort. Ende 1986 verfügten die Rentenfonds über ein Volumen von 24,6 Mrd. Euro, die Aktienfonds hingegen „nur“ über ein Volumen von 6,6 Mrd. Euro[11].
Die Nebeneffekte der EG-Harmonisierung schlugen sich insbesondere zu Beginn der neunziger Jahre in einem Anstieg der Anlagevolumina im Bereich der neuen Fondskonzepte aus Luxemburg nieder[12]. Allein mit geldmarktnahen Fonds und Garantiefonds verbuchten die Investmentfondsgesellschaften zwischen 1990 und 1993 einen Mittelzufluss von mehr als 56 Mrd. Euro.[13]
Im Jahr 1990 besaßen Rentenfonds ein Fondsvolumen von 54,1 Mrd. Euro, während bei den Aktienfonds „nur“ 7,8 Mrd. Euro verwaltet wurden. Die volumenmäßige Überschreitung der Rentenfondsanlagen durch Aktienfondsanlagen wurde erstmals im Jahr 1999 erreicht.
Mit Inkrafttreten des 3. Finanzmarktförderungsgesetzes am 01.04.1998 wurden in Deutschland erstmals Dachfonds und AS-Fonds (Altersvorsorge-Sondervermögen-Fonds) für den Anleger zugänglich gemacht[14].
Ende 1999 hatten deutsche Anleger bereits 5,8 Mrd. Euro in Dachfonds investiert. Im Dezember 2000 verwalteten die im Bundesverband deutscher Investment- und Vermögensverwaltungs-Gesellschaften e.V. (BVI) organisierten deutschen Investmentgesellschaften und ihre ausländischen Tochtergesellschaften bereits 20,9 Mrd. Euro Vermögen in 157 Dachfonds[15]. Bis März 2000 wuchs die Zahl der AS-Fonds auf 43 mit einem verwalteten Vermögen von 2,1 Mrd. Euro an.
Die Änderungen des 5. Vermögensbildungsgesetzes vom 01.01.1999 fördern ebenfalls bis heute die Aktienkultur in Deutschland. Durch die Anhebung der Einkommensgrenzen und die Verteilung der Vermögenswirksamen Leistungen auf inzwischen zwei förderfähige Produkte können zur Zeit 13 Mio. Arbeitnehmer Anspruch auf staatliche Förderung geltend machen. Zum Jahresende 1999 verwalteten die im BVI angehörigen Investmentgesellschaften ein Aktienfondsvolumen von 176,0 Mrd. Euro.
Bis zum Jahresende 2000 stieg das Fondsvermögen auf 212,6 Mrd. Euro an. Im internationalen Vergleich fällt jedoch auf, dass in Deutschland ein erhebliches Nachholpotential besteht[16].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1[19]: Entwicklung des Publikumsfondsmarktes in Deutschland
Quelle: BVI, Deutsche Bundesbank, eigene Berechnungen
2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen
Nach derzeitigem deutschen Recht ist ein Investmentfonds ein Sondervermögen, das von einer Kapitalanlagegesellschaft verwaltet und von einer von ihr unabhängigen Depotbank verwahrt wird[20]. Die Depotbank hat die Aufgabe börsentäglich den Anteilswert zu ermitteln, Anteilscheine gegen Zahlung der entsprechenden Ausgabepreise auszugeben und Anteilscheine gegen Auszahlung der festgestellten Rücknahmepreise zurückzunehmen[21]. Das Sondervermögen ist unabhängig vom Betriebsvermögen der Investmentfondsgesellschaft zu halten.
In einem Investmentfonds bündelt eine KAG (Anbieter, Nachfrager) die Gelder vieler Anleger (Nachfrager) um sie nach dem Prinzip der Risikostreuung in verschiedene Vermögenswerte gewinnbringend anzulegen. Durch eine Streuung nach Branchen und/oder geographischen Gesichtspunkten soll sichergestellt werden, dass ein Ausgleich von Chancen und Risiken, die jeder Wertpapieranlage immanent sind, vorgenommen wird.
Rechtsgrundlage für das Geschäft der deutschen Investmentfondsgesellschaften ist das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG), das im Jahr 1957 in Kraft trat. Es definiert Kapitalanlagegesellschaften als Kreditinstitute[22], die die normativen Bestimmungen des Kreditwesengesetzes (KWG) zu befolgen haben.
Die Investmentgesellschaften mit Sitz im Ausland unterliegen dem (deutschen) Auslandsinvestmentgesetz (AuslInvestmG). Es wurde im Jahr 1969 für ausländische Fondsgesellschaften verabschiedet, die ihre Anteilscheine in Deutschland vertreiben. Das AuslInvestmG regelt vor allem die Zulassungsvoraussetzungen von Investmentfonds, deren Überwachung und Anlagemöglichkeiten, den Vertrieb und die Besteuerung deutscher Anleger von ausländischen Investmentfondsanteilen.
Viele ausländische Fondsgesellschaften haben Tochtergesellschaften in Luxemburg gegründet. Sie sind nach dem Prinzip der Société d`Investissement à Capital Variable (SICAV) aufgebaut. Hinter einer SICAV verbirgt sich eine Gesellschaft mit variablem Grundkapital, bei der der Anleger auch an der Fondsgesellschaft beteiligt ist. Jedoch ist die Trennung zwischen den Anlegergeldern und dem Fondsgesellschaftsvermögen stets gegeben[23].
Die Einhaltung der Vorschriften des KAGG, des AuslInvestmG sowie des KWG wird durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred) überwacht[24]. Das BAKred kontrolliert alle nach deutschem Recht aufgelegten und in Deutschland zum Vertrieb zugelassenen Investmentfonds, einschließlich der in Deutschland angezeigten Investmentfonds ausländischer Anbieter.
2.3 Grundtypen von Investmentfonds
Investmentfonds lassen sich grundsätzlich nach der Zielgruppe der Nachfrager in Publikums- und Spezialfonds unterscheiden. Diese Unterscheidung ist sinnvoll, da Publikumsfonds der breiten Öffentlichkeit und Spezialfonds (die im Weiteren nicht näher betrachtet werden) nur einem institutionellen Kreis von Anlegern zum Erwerb angeboten werden können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Systematik der Investmentfonds
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Demuth/Bustorf/Thiel (Fonds), S. 36
Nach dem Kriterium der Ertragsverwendung wird nach thesaurierenden und ausschüttenden Fonds unterschieden. Besteht die Möglichkeit der Rückgabe der Investmentanteile an die KAG spricht man von offenen Investmentfonds (open-end-funds). Besteht diese Möglichkeit nicht, so handelt es sich um geschlossene Investmentfonds (closed-end-funds).[25] Ein weiteres Kriterium ist die Diversifikation der Anlagestrategie in aktives und passives Fondsmanagement. Die Gründe für diese Art der Unterscheidung werden gesondert in Abschnitt 2.3.4 behandelt. Die verschiedenen Kriterien der Gebührenerhebung und die Wirkungsweise auf die Preispolitik ist Schwerpunktthema in Abschnitt 3.1.
Die einzelnen Fondstypen (ausgenommen Aktienfonds) lassen sich ebenso nach dem Anlageobjekt sowie nach der Fristigkeit und den damit verbundenen Konsequenzen für den Anleger unterscheiden.
Im Folgenden werden die Grundtypen von Publikumsfonds der vierten Hierarchieebene beschrieben, da sie das Grundgerüst von weiteren innovativen Produktkategorien (vgl. Kapitel 2.4) darstellen. Diese lassen sich aufgrund ihrer Verschiedenartigkeit nicht in Abb. 2 einbinden. Obwohl der Geldmarktfondsbereich in der Hierarchie der Investmentfonds eine Unterkategorie des Rentenfondsbereichs darstellt, wird er hier wegen seiner volumenmäßig starken Stellung im Fondsmarkt vorangestellt.
2.3.1 Geldmarktfonds
Am Geldmarkt trifft sich Angebot und Nachfrage nach kurzfristiger Liquidität. Die Fristen (Restlaufzeiten) beschränken sich im engeren Sinne auf max. zwölf Monate (Tages-, Wochen-, Monats-, Dreimonats-, Sechsmonats- und Jahresgeld). Im weiteren Sinne zählen dazu auch fungible (leicht veräußerbare) Geldmarktpapiere, deren Laufzeit zwei Jahre nicht übersteigt.
Die für Geldmarktfonds hingegen erworbenen Bankguthaben bzw. Geldmarkttitel dürfen im Zeitpunkt des Erwerbs max. eine (Rest-) Laufzeit von zwölf Monaten haben[26]. Im Vordergrund bei dieser Kapitalanlage steht die Maximierung der Zinserträge bei geringst möglichem Kapitalrisiko und der Aufrechterhaltung hoher Liquidität. Das Sicherheitsbedürfnis[27] eines Anlegers wird - speziell in Zeiten volatiler Märkte[28] und insbesondere bei einer inversen Zinsstrukturkurve - durch Fonds aus dem Geldmarktbereich befriedigt.
Folgende Geldmarktfondstypen lassen sich am Markt unterscheiden:
1. Geldmarktnahe Fonds sind mit dem ersten Finanzmarktför-derungsgesetz seit dem 01.03.1990 zugelassen[29]. Bei dieser Variante können bis zu 49 % des Sondervermögens in Geldmarkttitel (Restlaufzeit bis zu einem Jahr) angelegt werden. Die restlichen 51 % stehen für Anlagen in festverzinsliche Wertpapiere mit kürzeren Restlaufzeiten zur Verfügung.
2. Reine Geldmarktfonds sind seit dem 01.08.1994 mit dem Inkrafttreten des zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes zugelassen. Hierbei können bis zu 100 % des Sondervermögens in kurzfristige Guthaben bei Kreditinstituten und in Geldmarkttitel investiert werden. Eine Sonderform innerhalb dieser Kategorie stellen sog. Cash-Fonds dar, bei denen mindestens 75 % des Sondervermögens in Bankguthaben investiert werden muss.[30]
3. Synthetische Geldmarktfonds stellen eine Kombination von langlaufenden variablen Rentenpapieren, sog. floating rate notes (FRN) und swaps dar[31].
Geldmarktfonds eignen sich vor allem für die Anleger, die ihr Kapital nur kurzfristig anlegen bzw. auf einen späteren ggf. günstigeren Einstiegszeitpunkt für längerfristige Kapitalanlagen warten wollen.
Die Vorteile für den Investor können an verschiedenen Gründen festgemacht werden:
- jederzeitige Liquidierbarkeit der Anlage,
- kurzfristige Disponierbarkeit mit relativ geringem Renditerisiko,
- relative „Sicherheit“ durch die kurze Laufzeit der Schuldtitel.
2.3.2 Rentenfonds
Rentenfonds stellen eine Art der Investmentfondsanlage dar, die entgegengenommene Gelder im eigenen Namen für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger nach dem Grundsatz der Risikomischung vornehmlich in fest- und/oder variabel verzinsliche Wertpapiere investieren. Über die sich hieraus ergebenen Rechte der Anleger werden Anteilscheine ausgestellt.
Das Sondervermögen eines Rentenfonds besteht vorwiegend aus festverzinslichen Wertpapieren, differenziert nach Unternehmens- und Staatsanleihen.
Die Differenzierung nach „Investmentgrade“ und „Non-Investmentgrade“ erfolgt um die Anleihen in Bonitätskategorien einzugliedern.
Zu den Spezialitäten unter den Rentenfonds zählen Kurzläuferfonds, Währungsfonds, Null-Kupon-Anleihe fonds sowie Hochzinsanleihe fonds[32]. Bei den Anlageobjekten dieser jeweiligen Fonds handelt es sich um festverzinsliche Wertpapiere mit verschiedener Fristigkeit, unterschiedlichen Währungen und Bonitäten der Schuldner. Der Anteil der Bankguthaben und Geldmarktpapiere darf maximal bei 49 % liegen[33].
Rentenfonds bieten dem mittel- bis langfristig orientierten Investor den Zugang zu den nationalen und internationalen Rentenmärkten. Im Einzelnen bieten Investitionen in Rentenfonds inländischer Währungen folgende Vorteile:
Risikostreuung und Investitionssicherheit, herbeigeführt durch die Investition in eine Vielzahl von festverzinslichen und variabel verzinslichen Wertpapieren mit unterschiedlichen Laufzeiten, Kuponterminen und Tilgungsmodalitäten.
Chancen aus Erträgen positiver Wechselkursschwankungen und eventuelle Risiken aus Wechselkursverlusten müssen nur bei Investitionen in Anlagen in- und ausländischer Rentenfonds, die in ausländische Rentenpapiere investieren, bedacht werden.
2.3.3 Immobilienfonds
Immobilienfonds investieren die entgegengenommenen Gelder im eigenen Namen für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger nach dem Grundsatz der Risikomischung zu mindestens 50 % des Sondervermögens in Grundstücke und Liegenschaften (auch Projekte) und stellen über die sich hieraus ergebenen Rechte der Anleger Anteilscheine aus.
Immobilienfonds investieren in Haus- und Grundstücksbesitz mit dem vordergründigen Ziel der Risikominimierung. Eine möglichst hohe Wertsteigerung der Objekte und die Erwirtschaftung hoher Mieteinnahmen durch die Investition in gewerblich genutzte Mietimmobilien sind eher nachrangige Aspekte bei der Immobilienfondsanlage.
Im Gegensatz zu den Wertpapierfondstypen (Aktien-, Renten- und Geldmarktfonds) müssen offene Immobilienfonds - sie unterliegen ebenfalls dem KAGG und zählen damit zu den Wertpapierfonds - immer über hinreichende Liquiditätsreserven verfügen[34]. Gründe der hohen Liquiditätshaltung sind der Erwerb neuer Immobilien, der häufig mit extrem hohen Anschaffungskosten verbunden ist und die jederzeitige Möglichkeit der Rückgabe der Anteile durch den Anleger.
Unterschieden wird nach offenen und geschlossenen Immobilienfonds. Bei offenen Immobilienfonds ist die Ausgabe der Anteilscheine nicht begrenzt. Auch die Anzahl der Investoren ist unbegrenzt.
Der geschlossene Immobilienfonds charakterisiert sich durch eine genaue Fixierung der ausgegebenen Zertifikate und der dem Fondsvermögen zugeordneten Objekte bzw. Bauvorhaben. Dadurch ist natürlich auch die Anzahl der möglichen Investoren begrenzt.
Die Vorteile, die sich für den Investor bei der Anlage in offene Immobilienfonds (open-end-funds) ergeben, stellen sich wie folgt dar:
Im Durchschnitt erwirtschafteten die in Deutschland zugelassenen deutschen offenen Immobilienfonds in den letzten zehn Jahren eine Rendite von 6,0 bis 6,4 % p.a.[35] Sie besitzen eine Wertbeständigkeit - gewähr-leistet durch Wertsicherungsklauseln[36] - und eine Risikodiversifikation durch die Verschiedenartigkeit der Objekte hinsichtlich Größe und Nutzung, Lage der Objekte, Branche der Mieter und/oder Pächter sowie dem Alter der Objekte.
[...]
[1] Die Begriffe „Investmentfondsgesellschaft“, „Investmentgesellschaft“ und „Kapitalanlagegesellschaft“ (KAG) werden im Folgenden synonym verwendet. Vgl. Dembowski (Profi-Handbuch), S. 40.
[2] Die im Folgenden kursiv geschriebenen Fachtermini werden im Glossarium S. VII ff näher erläutert.
[3] Vgl. Dembowski (Profi-Handbuch), S. 20 ff.
[4] Vgl. Balk/Eller/Gutmann (Investmentfonds), S. 4.
[5] Vgl. Balk/Eller/Gutmann (Investmentfonds), S. 7.
[6] Die EU-Kommission setzte in den Mitgliedstaaten der EG „Einheitliche Bedingungen für Investmentfonds“ durch. Gemäß dieser Richtlinie (in Kraft getreten am 01.07.1990) verpflichteten sich die Mitgliedstaaten, dass Fonds, die in einem Mitgliedsland der EG zugelassen sind, in weiteren Mitgliedsländern vertrieben werden dürfen.
[7] Vgl. Dembowski (Profi-Handbuch), S. 23.
[8] Vgl. Balk/Eller/Gutmann (Investmentfonds), S. 6.
[9] Vgl. Wachtendorf (Kursbuch), S. 23.
[10] Vgl. Balk/Eller/Gutmann (Investmentfonds), S. 7.
[11] Vgl. Wachtendorf (Kursbuch), S. 28.
[12] Vgl. Demuth/Bustorf/Thiel (Fonds), S. 17.
[13] Vgl. Wachtendorf (Kursbuch), S. 29.
[14] Vgl. o.V. (Finanzmarktförderungsgesetz), im Internet: http://www.nwb.de/aktuell/the men/1998/t0309_1.htm, 20.07.2001.
[15] Vgl. o.V. (Dachfonds), S. 1.
[16] Der Anteil des von deutschen KAGs verwalteten Investmentfondsvermögens beträgt 10,5 %, der der USA 59,6 % am Welt-Investmentfondsvermögen (Stand: September 2000). Vgl. FEFSI (World Statistics), S. 5.
[17] Die Betrachtung erfolgt jeweils am Ende des Jahres.
[18] Die Berechnung erfolgte inklusive ausländischer Fonds deutscher Provenienz.
[19] Abbildung 1 zeigt nur in- und ausländische Fonds, die Mitglied im BVI sind. Diesem Verband gehören insgesamt 72 Kapitalanlagegesellschaften an (Stand: 31.08.2001).
[20] § 6 Abs. 1 KAGG, Kapitalanlagegesellschaften.
[21] § 12 Abs. 1 KAGG, Besondere Vorschriften für Wertpapier-Sondervermögen.
[22] § 1 Abs. 1 KAGG, Kapitalanlagegesellschaften.
[23] Vgl. Ebner (Steuerentlastungsgesetz), S. 16.
[24] § 2 Abs. 1 KAGG, Kapitalanlagegesellschaften.
[25] Vgl. Balk/Eller/Gutmann (Investmentfonds), S. 133.
[26] § 7 a Abs. 2 KAGG, Besondere Vorschriften für Geldmarkt-Sondervermögen.
[27] Vgl. Maslow (Motivation), S. 69.
[28] Insbesondere aufgrund der inzwischen 18 Monate andauernden Baisse an den Kapitalmärkten und den Terroranschlägen in den USA ist das Sicherheitsbedürfnis seitens der Nachfrager stark angestiegen.
[29] Vgl. Achleitner (Investment Banking), S. 661.
[30] Vgl. Demuth/Bustorf/Thiel (Investmentfonds), S. 78 ff.
[31] Vgl. Grill/Perczynski (Kreditwesen), S. 251.
[32] Vgl. Dembowski (Profi-Handbuch), S. 195.
[33] § 8 Abs. 3 KAGG.
[34] Vgl. Dembowski (Profi-Handbuch), S. 209.
[35] Vgl. o.V. (Wertentwicklungen), S. 5.
[36] Mietanpassungen werden prozentual an den Änderungen der Lebenskostenindices fixiert.
- Quote paper
- Gregor Lenders (Author), 2001, Marketing von Investmentfonds im Fokus der Preis- und Vergütungspolitik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9749
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