In diesem Essay sollen die Kernkategorien des regulationstheoretischen Ansatzes, welche sich unter den Begriffen Akkumulationsregime und Regulationsweise zusammenfassen lassen, erklärt und die gesellschaftsanalytische Brauchbarkeit der Regulationstheorie dargestellt werden. In diesem Kontext soll zunächst der regulationstheoretische Ansatz vorgestellt werden, um dann näher auf diese Kernkategorien eingehen zu können. Im zweiten Teil dieser Arbeit soll die Theorie dann auf ihre Praktikabilität hin überprüft werden.
Die Regulationstheorie ist kein klar abgrenzbarer, monotheoretischer Ansatz, sondern stellt vielmehr ein empirisch und methodisch-theoretisch unabgeschlossenes Forschungsprogramm bzw. eine heuristische Konzeption dar. Dennoch lassen sich einige grundlegende Merkmale darstellen. Das Konzept dient der kritischen Hinterfragung kapitalistischer Strukturen und insbesondere der Beantwortung der Frage, wie es möglich ist, dass der Kapitalismus trotz seiner inhärenten Widersprüche bisher fortbestehen konnte.
Diese Widersprüche drücken sich vor allem in hegemonialen Strukturen aus. Also solchen Strukturen, in welchen eine Gruppe über andere Gruppen herrscht und somit die eigenen Rahmenbedingungen festlegt und festigt, unter welchen sie den eigenen Profit weiter steigern kann. Der Begriff der Regulation knüpft deshalb an folgende Frage an: Wie ist eine auf arbeitsteiliger Privatproduktion und Warentausch beruhende Gesellschaft überhaupt möglich und was gewährleistet ihre Reproduktions- und Bestandsfähigkeit trotz des im Lohnarbeitsverhältnis wurzelnden Antagonismus?
Der Begriff der Regulation verdeutlicht also vor allem das Überwinden der Vorstellung, der Markt sei einer Selbstregulation unterlegen, welche zu einem ökonomischen Gleichgewicht im Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage führe, wie es in neoklassischen Gleichgewichtstheorien gedacht wird.
In diesem Essay sollen die Kernkategorien des regulationstheoretischen Ansatzes, welche sich unter den Begriffen Akkumulationsregime und Regulationsweise zusammenfassen lassen, erklärt und die gesellschaftsanalytische Brauchbarkeit der Regulationstheorie dargestellt werden. In diesem Kontext soll zunächst der regulationstheoretische Ansatz vorgestellt werden, um dann näher auf diese Kernkategorien eingehen zu können. Im zweiten Teil dieser Arbeit soll die Theorie dann auf ihre Praktikabilität hin überprüft werden.
Die Regulationstheorie ist kein klar abgrenzbarer, monotheoretischer Ansatz, sondern stellt vielmehr „[…] ein empirisch und methodisch-theoretisch unabgeschlossenes Forschungsprogramm bzw. eine heuristische Konzeption“ dar (Bieling und Deppe 1996, zitiert nach Eser 2014, 36). Dennoch lassen sich einige grundlegende Merkmale darstellen. Das Konzept dient der kritischen Hinterfragung kapitalistischer Strukturen und insbesondere der Beantwortung der Frage, wie es möglich ist, dass der Kapitalismus trotz seiner inhärenten Widersprüche bisher fortbestehen konnte (vgl. Hirsch 1990, 17) . Diese Widersprüche drücken sich vor allem in hegemonialen Strukturen aus. Also solchen Strukturen, in welchen eine Gruppe über andere Gruppen herrscht und somit die eigenen Rahmenbedingungen festlegt und festigt, unter welchen sie den eigenen Profit weiter steigern kann (vgl. Lipietz 1985, 111). Der Begriff der Regulation knüpft deshalb an folgende Frage an: „Wie ist eine auf arbeitsteiliger Privatproduktion und Warentausch beruhende Gesellschaft überhaupt möglich und was gewährleistet ihre Reproduktions- und Bestandsfähigkeit trotz des im Lohnarbeitsverhältnis wurzelnden Antagonismus?“ (Hirsch 1990, 18). Der Begriff der Regulation verdeutlicht also vor allem das Überwinden der Vorstellung, der Markt sei einer Selbstregulation unterlegen, welche zu einem ökonomischen Gleichgewicht im Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage führe, wie es in neoklassischen Gleichgewichtstheorien gedacht wird (vgl. Hübner und Mahnkopf 1988, zitiert nach Eser 2014, 25). Das Konzept entwickelte sich als Reaktion auf die in den 1970er Jahren stattgefundenen gesellschaftlichen Umbrüche als Folge ökonomischer Krisen, deren Ursachenforschung durch vorhandene Theorien nicht ausgefüllt werden konnte (vgl. Hirsch 1990, 21). Dennoch greift es auf bekannte Vokabeln der Kritik an der politischen Ökonomie von Karl Marx zurück, indem es von Marx geprägte Begriffe wie Arbeit und Kapital, Klassen, Profit, Arbeitszeit, Geld, Lohn, Akkumulation und Krisen einbindet. Die Argumentation des Strukturzusammenhangs weicht dabei ab. So wird die Annahme einer dem Kapitalismus inhärenten, linearen Entwicklungslogik zurückgewiesen (vgl. Hirsch 1996, 48). Was den regulationstheoretischen Konzepten jedoch erhalten bleibt, ist die Grundannahme, dass der Mensch ein vergesellschaftetes Wesen sei. Hieraus lasse sich die Anerkennung einer dynamischen Reproduktion sozialer Verhältnisse und deren Einfluss auf ökonomische Reproduktionsprozesse ableiten (vgl. Hirsch 1990, 16–18). Der Ansatz hat demnach sowohl eine ökonomische, als auch eine gesellschaftliche und eine politische Ebene.
Der kritische Ansatz regulationstheoretischer Konzepte besteht in einer differenzierten Betrachtung gesellschaftlicher Akteure. Anstatt von der zentralen Rolle des Individuums, welches als Handlungsmotiv die eigene Nutzenmaximierung verfolgt, geht dieser Ansatz von einer Interaktion von Einzelnen und kollektiven Interessensgruppen aus, welche den Mechanismen gesellschaftlich und zudem historisch gebundener institutioneller Rahmen unterlegen seien und diese selbst mit formen. Diese kontinuierliche Interaktion drücke sich in sozialen Verhältnissen aus (vgl. Eser 2014, 25). Es sei Aufgabe der legitimierten Gewalt staatlicher Institutionen, die „[…] gegenwärtige Konfiguration sozialer Verhältnisse“ aufrecht zu erhalten (Lipietz 1985, 113), also durch Regulation für eine Reproduktion der sozialen Verhältnisse zu sorgen, was den Nationalstaat als zentralen Akteur der Theorie etabliert (vgl. Lipietz 1985, 113–114). Dennoch könne der Begriff der Regulation nicht auf den Nationalstaat als politisch-staatlichen Akteur, welcher bewusst reguliert, verengt werden. Vielmehr umfasse Regulation den „[…] Gesamtzusammenhang sozialer Verhältnisse und gesellschaftlicher Akteure“ (Sablowski 2013, 88). Die Charakteristika sozialer Verhältnisse seien hierbei soziale Machtverhältnisse und die Herausbildung unterschiedlicher Institutionalisierungsformen, was zu einer wechselseitigen Abhängigkeit zwischen sozialer Stabilität und ökonomischer Produktion führe (vgl. Hirsch 1996, 47). Kommt es zu einem Scheitern der Reproduktion sozialer Verhältnisse, also zu einer Instabilität gesellschaftlicher Strukturen und somit zu einer Krise, sei dies ein Ausdruck der gesellschaftlichen Diskontinuität. Denn jede Regulation könne die gesellschaftliche Stabilität nur bis zu einem gewissen Kipppunkt gewährleisten, welcher irgendwann überschritten werde. Die Krise und die Regulation seien also in einem ständigen Wechselverhältnis (vgl. Lipietz 1985, 113–114). Als Folge seien auch die Institutionen selbst immer wieder strukturellen Umbrüchen unterworfen, was zu einer Dynamik ökonomischer und gesellschaftlicher Prozesse führe. Die Geschichte kapitalistischer Systeme sei deshalb eine Aneinanderreihung „sozialer Innovationen“ als Folge von sozialen Konflikten und „institutionalisierten Kompromissen“, aus welchen eine Anpassung der kapitalistischen Produktionsweise als Lösungen gesellschaftlicher Widersprüche hervorgehe (vgl. Lipietz 1985, 114).
Diese Anpassung der Produktionsweise setze zunächst voraus, dass innerhalb kapitalistischer Systeme unterschiedliche Wachstumsmodelle möglich seien. Diese entstünden in einer Abhängigkeit von historischen und räumlichen Faktoren, welche einen Einfluss auf die Art und Weise der sozialen und ökonomischen Reproduktion der Verhältnisse hätten (vgl. Hirsch 1990, 19–20). Diese Dynamik fordere also eine ständige institutionelle Neubewertung der Verhältnisse von Arbeit (und somit Lohn) und Kapital und eine Anpassung von Strategien, um diese Verhältnisse zu stabilisieren (vgl. Lipietz 1985, 120). Diese Strategien bestimmen demnach die Rahmenbedingungen, unter welchen Kapital akkumuliert werden kann, was folglich als Akkumulationsregime verstanden wird. Hierauf soll im Folgenden genauer eingegangen werden.
Dass Kapital akkumuliert wird, sei eine Grundeigenschaft jeder kapitalistischen Gesellschaft (vgl. Hirsch 1996, 48). Kapital werde akkumuliert, indem Kapitaleigner ihre Erfahrungen dazu nutzen, das Risiko einzugehen, unter dynamischen Rahmenbedingungen ihr Kapital in neue Produktionsprozesse zu reinvestieren und neuen Profit zu erwirtschaften, also einen Mehrwert zu schaffen. Das Kapital setze sich also im Sinne der gesellschaftlichen Reproduktion in Arbeit und Löhne um, was ebenso zu einer Reproduktion des Konsumverhältnisses und des Lohnverhältnisses führe. Die Kapitalakkumulation könne jedoch durch eine Veränderung der Produktionsmittel beeinflusst werden. Durch technische Entwicklungen sei eine Änderung der Produktionsnormen möglich (vgl. Lipietz 1985, 130–131). Beispielsweise führte die Steigerung der Produktivkraft, wie sie sich im Fordismus infolge maschineller Innovationen und der Einführung der Fließbandarbeit zeigte, zur Herausbildung einer profitorientierten Massenproduktion und somit zu einem neuen Verhältnis zwischen der Arbeitskraft des Arbeiters und der Produktion durch Maschinen (vgl. Scherrer 2005, 146–147). Dies resultierte wiederum in einer Abhängigkeit einst unabhängiger Produzenten von den Produktionsmitteln der Kapitalisten. Um mehr Kapital zu akkumulieren, sei die Arbeit infolge individueller Entscheidungen der Kapitaleigner somit immer stärker an das Kapital gebunden, also der Arbeitsprozess kollektiviert und somit ein kapitalistischer Kontrollmechanismus für die Arbeitszeit geschaffen worden (vgl. Lipietz 1985, 118). Auf der anderen Seite habe diese Massenproduktion zu einer Neustrukturierung des Konsumverhaltens durch die Verwertung der Löhne geführt, sodass der Produktionsnorm der Massenproduktion die Konsumnorm des Massenkonsums im Verhältnis entsprochen habe. Um eine intensive Kapitalakkumulation gewährleisten zu können, sei es wichtig, dass das Verhältnis, in welchem Produktionsgüter, Konsumgüter, Kapital und die Kaufkraft der Lohnempfänger vorhanden sind, möglichst ausgewogen ist (vgl. Lipietz 1985, 120). Ein solches Entsprechungsverhältnis zwischen Produktions- und Konsumnorm sei nach jedem krisenhaften Umbruch eine notwendige Entwicklung, um innerhalb der jeweiligen historischen Phase, die Kapitalakkumulation gewährleisten zu können. Der Begriff Akkumulationsregime beschreibt demnach die einzelnen kapitalistischen Wachstumsphasen, also eine zeitlich und räumlich gebundene Verfahrensweise, wie Kapital akkumuliert wird und welche Eigenschaften sich im Entsprechungsverhältnis zwischen der Produktions- und der Konsumnorm ergeben (vgl. Lipietz 1985, 118–120). Außerdem seien neben kapitalistischen Produktionsverhältnissen auch nichtkapitalistische Produktionsverhältnisse, wie beispielsweise die nicht durch Lohn verwertete familiäre Betreuung der Kinder, relevant, da sie die sozialen Voraussetzungen der kapitalistischen Produktionsverhältnisse mitgestalten (vgl. Lipietz 1985, 120). Jedes nationale Akkumulationsregime sei zudem abhängig vom Weltmarkt und von der Bedingung, dass in kapitalistischen Systemen ein Mehrwert bzw. Profit erwirtschaftet werden muss, ohne welchen der Kapitalismus zusammenbrechen würde (vgl. Hirsch 1996, 49). Akkumulationsregime werden also sowohl durch soziale, als auch durch ökonomische Einflussfaktoren geprägt. Formal lassen sich unterschiedliche Akkumulationsregime in einem Reproduktionsschema darstellen, welches verdeutlicht, welche Produktions- und Konsumnormen in welcher Phase kapitalistischer Systeme vorherrschen (vgl. Lipietz 1985, 120). Über den Begriff des Akkumulationsregimes wird also ein Analyseinstrument bereitgestellt, welches ermöglicht, für jede kapitalistische Wachstumsphase die Kapitalreproduktion, unter Einbeziehung der gesellschaftlichen Institutionen, in einen gesamtgesellschaftlichen Reproduktionszusammenhang zu bringen (vgl. Hübner 1990, 29).
Die Existenz eines vorherrschenden Akkumulationsregimes könne jedoch nur gewährleistet bleiben, solange es einer sozialen Regulation unterliege, welche sich an die spezifische „Dynamik und Struktur“ des jeweiligen Regimes anpasst (Hirsch 1996, 49). An diese Notwendigkeit knüpft der Begriff der Regulationsweise an.
Die Regulationsweise ist eine an das Akkumulationsregime angepasste, institutionelle Regulation, welche sich auf sozialer, ökonomischer und gesellschaftlicher Ebene vollzieht. Lipietz definiert die Regulationsweise als „[…] die Gesamtheit institutionalisierter Formen, Netze, expliziter oder implizierter Normen, die die Vereinbarkeit von Verhältnissen im Rahmen eines Akkumulationsregimes sichern, und zwar sowohl dem Zustand der gesellschaftlichen Verhältnisse als auch über deren konfliktuelle Eigenschaften hinaus“ (Lipietz 1985, 121). Regulation finde also nicht „[…] durch ein zentrales oder einheitliches Subjekt […]“ statt, sondern begreife sich als vielfältigen „[…] Prozess sozialer Auseinandersetzungen […]“, aus welchem sich spezifische institutionelle Formen und Werte entwickeln, deren Gesamtheit sich als Regulationsweise verstehen lässt (Sablowski 1998, 21).
Betrachtet man beispielsweise die kapitalistische Phase des Fordismus, welche auf Massenproduktion, Massenkonsum, somit der Bindung von Arbeit an Kapital und einer Ausweitung von Lohnverhältnissen beruhte, so forderte dieses Akkumulationsregime einen Ausgleich in Form von Regulation, um die daraus entstandenen gesellschaftlichen Widersprüche abfedern zu können. In der Folge bildeten sich also eine „[…] allgemeine Arbeitsdisziplin, stabile und stetig steigende Lohneinkommen und soziale Sicherungssysteme als Mittel der Konsumstabilisierung […] heraus (Hirsch 1996, 49–50). Die Regulationsweise im Fordismus beruhte somit auf Werten wie „Konsumismus, Wachstum und Fortschritt“, welche als Regulationsweise starke soziale Netze erforderten (Hirsch 1996, 50). Die Art und Weise, wie reguliert wird, orientiert sich folglich daran, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sichern, und gleichzeitig die Kapitalakkumulation innerhalb eines Akkumulationsregimes unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Widersprüche zu maximieren (vgl. Hirsch 1996, 50). Die Herausforderung für die Regulation sei hierbei die Identifikation der „Zwangskräfte“ und der „institutionellen Formen“, welche zur Stabilisierung eines Akkumulationsregimes beitragen (vgl. Lipietz 1985, 121). Denn die Regulation beziehe sich auf vielfältige Bereiche der kapitalistischen Produktionsweise, nämlich die Lohnverhältnisse, die branchenspezifische Kapitalreproduktion, die Gesamtheit der Waren- und Geldströme und „ […] die Formen juristischer bis hin zu ökonomischer Staatsintervention“ (Lipietz 1985, 121). Und auch die institutionellen Strukturen würden eine hohe Diversität aufweisen und sich über eine große Spannweite, beginnend von der Familie, über die Gewerkschaften bis hin zum politischen Apparat und den Unternehmen selbst, erstrecken (vgl. Hirsch 1996, 50). Diese komplexe Struktur des Marktes und der Institutionalisierungsformen seien ständigen Transformationen unterworfen, was wiederum Auswirkungen auf die Formen der Regulation habe (vgl. Hübner 1990, 156–157). Sowohl Akkumulationsregime, als auch ihre spezifischen Regulationsweisen, seien keine zufälligen gesellschaftlichen Produkte, sondern ein Ergebnis struktureller Vorbedingungen (vgl. Hirsch 1996, 50). Innerhalb jedes Nationalstaates seien dabei spezifische Vorbedingungen gegeben. Die Regulationsweise sei allgemein beschrieben also ein komplexer, durch historische Phänomene beeinflusster und national gebundener Prozess, welcher über vielschichtige Ebenen die Kohärenz zwischen ebenfalls historisch gebundenen Akkumulationsregimen und den daran gekoppelten gesellschaftlichen Verhältnissen und Institutionen gewährleisten soll (vgl. Hübner 1990, 156–157).
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- Malte Scholz (Author), 2020, Die Kernkategorien des regulationstheoretischen Ansatzes. Akkumulationsregime und Regulationsweise, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/974800
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