Inhaltsverzeichnis
1 VORWORT
2 EINLEITUNG
3 VORGESCHICHTE DES AUFSTANDES
3.1 Zur Geschichte der DDR
3.1.1 Allgemeines
3.1.2 Zur Verfassung der DDR
3.1.3 Verhältnis zur Sowjetunion
3.1.4 Nationale Front
3.1.5 Absicherung der DDR nach Innen
3.1.6 Die ersten Wahlen in der DDR
3.1.7 Der Aufbau des Sozialismus
4 DER 17. JUNI 1953
4.1 Vorgeschichte des Aufstandes
4.1.1 Der neue Kurs
4.1.2 Der Vortag
4.1.3 Die Ereignisse des 17. Juni 1953
4.2 Nach dem Aufstand
4.2.1 Stärkung der SED
4.2.2 Faschismus und Nationalismus als Erklärung
4.2.3 Die Bürger nach dem Aufstand
4.2.4 Die Kirchen und der Aufstand
4.2.5 Der Westen und der Aufstand
5 FAZIT
5.1 Zum Forschungsstand
6 VERZEICHNISSE
6.1 Literaturverzeichnis
6.1.1 Internetadressen zum Thema
6.2 Abbildungsverzeichnis
1 Vorwort
Ich möchte diese Arbeit mit einer eingearbeiteten Anekdote beginnen: „Wer hat die größte Flotte? - Ostdeutschland, 16 Millionen Kohldampfer, 2 Millionen Abdampfer und 3 Zerstörer: Pieck, Grotewohl und Ulbricht!“1 Dieser „Situationsbericht“ wurde in einem Kleinbetrieb in der Region Görlitz gefunden. Der von Arbeitern stammende Bericht wurde in den Bericht des Zentralkomitees der SED am 30. September 1953 aufgenommen, wo er als „Feindarbeit“ aufgenommen wird. Bei den „drei Zerstörern“ handelt es sich um den Präsidenten der DDR, Weilhelm Pieck, um den Ministerpräsidenten Otto Grotewohl und um den 1. Sekretär der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Diese von schwarzem Humor geprägte Antwort skizziert die Stimmung des Jahres 1953 recht zutreffend. Obwohl sich nach offizieller Darstellung des DDR Staatsapparates die Lage nach den Aufständen beruhigt hatte, zeigt der Kommentar eindeutig, dass sich die Bevölkerung noch nicht zur Ruhe gekommen war. Der Tag des Aufstandes, der 17. Juni 1953, der Tag, an dem der Zusammenbruch der DDR nur durch das Eingreifen der sowjetischen Truppen zu verhindern war, lag zum Zeitpunkt des Kommentars bereits drei Monate zurück. Die Ruhe, die in der Bevölkerung zu beobachten war, war, wie die Notiz der Arbeiter belegt, trügerisch und keineswegs mit der Befriedung der Bevölkerung oder gar mit der Zufriedenheit der Gesellschaft der DDR verbunden.
Diese Arbeit befasst sich mit den Ereignissen des Jahres 1953, genauer mit dem Aufstand am 17. Juni 1953. Es soll ein darstellender Überblick gegeben werden über die Geschehnisse während des Aufstandes sowie über die Abläufe im Vorfeld des 17. Juni.
Bevor der Blick der Arbeit sich auf die Streiks und Demonstrationen vom Juni ´53 richtet, soll eine kurze Darstellung der Geschichte der DDR geliefert werden, die die Ereignisse des Jahres 1953 in einen entsprechenden Zusammenhang stellen soll. Die gesellschaftliche Krise des Vorjahres, die mit der 2. Parteikonferenz der SED und dem danach folgenden beschleunigten Aufbau des Sozialismus begann, steht in engem Zusammenhang mit den Geschehnissen vom Juni ´53.
Nach dieser Überblicksdarstellung über die Entstehung und Entwicklung der DDR bis zum Juni 1953 folgt die genauere Beleuchtung des Aufstandes. Es werden die Ereignisse des Vortages, die Streiks der Bauarbeiter, die als eine Art Initialzündung für die Geschehnisse des 17. Juni zu sehen sind, genauer betrachtet. Im Rahmen der Betrachtungen des „Tages X“ ist die Entwicklung der Forderungen der Aufständischen, die auch genauer betrachtet wird, von Bedeutung.
Die verschiedenartigen unterschiedlich motivierten Interpretationsansätze des Aufstandes stehen, im Zusammenhang mit der Betrachtung und Darstellung des 17. Juni 1953 in einem Spannungsfeld. Die Demonstrationen und die Aufstände von ´53 wurden in den vergangenen Jahrzehnten stets politisch instrumentalisiert: Auf der Seite der DDR blieb der 17. Juni bis zu ihrem Ende ein „konterrevolutionärer, von außen inszenierter Putsch“.2 Die Darstellungen, die auf Seiten der Bundesrepublik entstanden, standen oftmals unter dem Eindruck des Kalten Krieg oder den Darstellungen wurde ein solcher Einfluss einfach unterstellt.
3 Vorgeschichte des Aufstandes
3.1 Zur Geschichte der DDR
3.1.1 Allgemeines
Die DDR wurde am 7. Oktober 1949 mit der Konstitution des „DeutschenVolksrates“ gegründet. Der Volksrat, der 330 Mitglieder hatte und der ein Organ des Deutschen Volkskongresses war, diente als „provisorische Volkskammer“ und beschloss eine Verfassung.
Der 3. Volkskongress wurde im Mai 1949, erstmals nach einer Einheitsliste, gewählt. Für diese Einheitsliste stimmten jedoch nur 66 % der Wähler in der SBZ.3 Die Gründung der DDR bedeutete, nach der Konstituierung der Bundesrepublik, die staatsrechtliche Spaltung der beiden deutschen Staaten. Diese Entstehung der Deutschen Demokratischen Republik war jedoch keinesfalls eine „Antwort“ auf die der Bundesrepublik Deutschland. Die Phase des Kalten Krieges war es vielmehr, die zur Bildung der beiden Staaten und zu ihrer schrittweisen Spaltung führte.
Die „provisorische Volkskammer“ wählte gemeinsam mit der neu gewählten Länderkammer am 11. Oktober 1949 den Kommunisten Wilhelm Piek zum Präsidenten der DDR. Zum Ministerpräsidenten wählte die Volkskammer am darauffolgenden Tag, dem 12. Oktober 1949, den ehemaligen Sozialdemokraten Otto Grotewohl. Zu seinen Stellvertretern wurden Walter Ulbricht (SED), Otto Nuschke (CDU) und Hermann Kastner (LDP) erklärt. Von den 14 gewählten Fachministern gehörten sechs der SED an (unter anderem die Minister für Inneres, für Volksbildung und der Justizminister). Auch viele wichtige Staatssekretariate wurden von SED- Personal besetzt. Es lagen somit bereits in der ersten DDR - Regierung die wichtigsten Entscheidungspositionen in den Händen der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), auch wenn noch einige andere Parteien in der Regierung vertreten waren.4 Wichtige Führungspositionen in der Gesellschaft waren schon im Vorfeld bestimmt worden. Die theoretischen Vorüberlegungen hierzu haben bereits vor dem Ende des 2. Weltkrieges stattgefunden.5
Im bürgerlichen Lager gab es schon früh Auseinandersetzungen. Man kritisierte die Verschiebung der 49er Landtagswahlen auf das Jahr 1950. Die CDU - Führung unter Otto Nuschke war jedoch der Auffassung, dass sie sich mit ihrer Zustimmung zum Beschluss, die Wahl zu verschieben, einen größeren Einfluss auf die Politik im Lande sichern konnte. Diese Position wurde zudem noch dadurch bestätigt, dass der CDU das Außenministerium überlassen wurde. Sie erwies sich schon bald als ein Trugschluss, da die SED ihre Macht immer weiter auf Kosten der anderen Parteien ausbaute und diese sogar zu ihren Blockparteien, d.h., zu ihrem Anhängseln machte.6 Neben einer Umgestaltung der politischen Landschaft kam es in der weiteren Entwicklung zu einer Aushöhlung der Verfassung der DDR.
3.1.2 Zur Verfassung der DDR
Die Verfassung der DDR von 1949 hatte eine Vielzahl Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen mit der Weimarer Verfassung auf. Die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik gliederte sich in drei Abschnitte, die die Grundlagen der Staatsgewalt, den Staatsaufbau, seinen Grenzverlauf und den Staatsaufbau regeln sollten. In dieser Verfassung wurde Deutschland als eine „unteilbare Republik“7 betrachtet, die sich auf ihre Länder stützen sollte.
Die Verfassung sah eine zentralistische Staatsform mit einem Parlament, der Volkskammer, als „höchstem Organ der Republik“8 vor.
Für die Wahl der Abgeordneten wurde das allgemeine, gleiche, unmittelbare und geheime Wahlrecht nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes festgelegt.
Der Artikel 3 der DDR - Verfassung bestimmte nicht nur, dass alle Macht vom Volke ausging, sondern auch folgendes:
„Die Staatsgewalt muß dem Wohl des Volkes, der Freiheit, dem Frieden und dem demokratischen Fortschritt dienen. Die im öffentlichen Dienst Tätigen sind Diener der Gesamtheit und nicht einer Partei.“ Die Verfassung garantierte die Grundrechte der Bürger. (Rede,- Presse,- Versammlungs- und Religionsfreiheit sowie das Postgeheimnis) Auch das Streikrecht und das Recht auf Eigentumsschutz wurden zugestanden.9
Eine Besonderheit in der Verfassung der DDR war der Artikel 6, der neben Bekundungen über die Ablehnung von Glaubens,- Rassen- und Völkerhass sowie von Kriegshetze auch die beigefügte Bekundung enthielt: „Boykotthetze gegen demokratische Einrichtungen und Organisationen...und alle sonstigen Handlungen, die sich gegen die Gleichberechtigung richten...als Verbrechen im Sinne des Strafgesetzes zu definieren.“10 Diese Formel des 6. Artikels verhalf der SED in der folgenden Zeit dazu, dass durch eine entsprechende Auslegung des Gesetzes alle Gegner und jede Form von Opposition strafrechtlich verfolgt werden konnten.
3.1.3 Verhältnis zur Sowjetunion
Der sowjetische Staatschef Stalin nannte die Gründung der DDR einen „Wendepunkt in der Geschichte Europas“. Die Sowjetunion versuchte darüber hinwegzutäuschen, dass sie zwar formelle Änderungen vorgenommen (die SMAD wurde durch eine sowjetische Kontrollkommission ersetzt), trotzdem aber ihren Einfluss als Besatzungsmacht in der DDR erhalten hatte. Noch im September 1949, also kurz vor Gründung der DDR, hielten sich Mitglieder des Politbüros der SED einige Zeit in Moskau, um die „Schritte zur Staatsgründung“ mit der Führung in Moskau zu beraten. Die SED - Spitze war willens der Politik der UdSSR und damit der Stalins bedingungslos zu folgen.11 Gleichzeitig beteuerte die DDR - Führung, dass das Ziel der deutschen Einheit bestehen bleibe. Die Führung der DDR verstand die Gründung des Staates als eine Reaktion auf die Bildung der BRD. Sie sahen den zweiten deutschen Staat, als eine Art Kernstaat für ein späteres Gesamtdeutschland. Tatsächlich führte jedoch der Kalte Krieg und seine Verschärfung dazu, dass die Spaltung der beiden deutschen Staaten immer weiter vertieft wurde. Die noch vorhandenen politischen und wirtschaftlichen Gemeinsamkeiten zwischen den Staaten lösten sich allmählich auf. Unter der Führung von Walter Ulbricht, des Generalsekretärs der SED, nahm sich die DDR das stalinistische Modell nicht nur zum Vorbild, sondern kopierte es vollends. Dies ist bemerkenswert, weil formell ein Mehrparteiensystem stets beibehalten wurde. Die Einheitspartei, die SED, sollte nun, stets unter der Kontrolle der UdSSR, die Macht mit diktatorischen Mitteln ausüben. Es entwickelte sich, wie auch in der Sowjetunion, eine kommunistische Einparteienherrschaft. Die politische Entscheidungsgewalt lag allein in den Händen der SED, durch die DDR mit ihrem hierarchisch gegliederten Apparat nun regiert wurde. Die unterschiedlichen Volksvertretungen übten lediglich nur noch eine Alibifunktion aus.
Der gesamte Staatsapparat, Justiz, die Wirtschaft und auch die Massenorganisationen wurden nun durch die Einheitspartei kontrolliert und gelenkt. Durch die Kontrolle der Medien und der Kultur besaß die Partei, die den Marxismus - Leninismus stalinistischer Prägung zur Ideologie erklärt hatte, sogar das Meinungsmonopol. Es gab in der DDR keine Meinungsfreiheit noch gab es politische Freiheiten. Jede Opposition wurde verfolgt.12 Es bestand keine Rechtssicherheit.
Das auf die DDR übertragene stalinistische System hatte als wesentliches Merkmal eine verstaatlichte und zentralistisch geplante Wirtschaft. Die bürgerliche Oberschicht wurde hierbei stets privilegiert und die Arbeiter wurden nicht wirklich berücksichtigt, was im Jahre 1953 zum Aufstand führen sollte.
Die Übernahme des Modells der Volksdemokratie erfolgte schrittweise und ging mit einem steigenden Personenkult um Stalin einher, der zu seinem 70. Geburtstag im Dezember 1949 noch einmal verstärkt wurde. Stalin wurde nun dargestellt als der „große Lehrer der deutschen Arbeiter und beste Freund des deutschen Volkes“13
3.1.4 Nationale Front
In der Zeit des Kalten Krieges war es der DDR, wie auch den anderen sowjetischen Satellitenstaaten, nicht erlaubt eine eigenständige Außenpolitik zu entwickeln. Die DDR konnte sich nur auf die Deutschlandpolitik konzentrieren. Sie verkündete weiterhin, wie auch die Bundesrepublik, die Einheit Deutschlands als Ziel. Gleichzeitig mit der Staatsgründung 1949 erfolgte die Bildung der „Nationalen Front des demokratischen Deutschlands“, in der alle Parteien und Massenorganisationen zusammenschlossen wurden. Die DDR durfte nach der Einrichtung des Außenministeriums eine eigenständige Außenpolitik betreiben, solange diese nicht den Interessen der Sowjetunion widersprach, was zu einer verfassungsrechtlichen Verbindung von DDR und SU führte. Der Schwerpunkt der DDR- Außenpolitik musste in der Ostintegration liegen, da die DDR mit den meisten anderen Staaten keine offiziellen Beziehungen unterhielt. (Hallstein- Doktrin) Durch ihre mangelnde Legitimation nach innen und außen musste die Außenpolitik der DDR stets darum bemüht sein, nach Außen wie ein eigenständiger Akteur zu erscheinen und entsprechende Anerkennung zu gewinnen. Das Bestreben nach Anerkennung von Außen war bis in die 70er Jahre maßgeblicher Bestandteil der DDR- Politik (bis zum UNO- Beitritt).
Die Bundesrepublik mit dem Bundestag ihrerseits, die sich als das politisch stabilere und das wirtschaftlich erfolgreichere System erwies, erhob für sich den Anspruch das einzige frei gewählte Organ für alle Deutschen zu sein und für alle Deutschen (also auch für die Bewohner der DDR) zu sprechen und zu handeln. Die „Nationale Front“ versuchte einen Einfluss in der Bundesrepublik zu gewinnen, sprach von einer „Versklavung er Kolonie Westdeutschland“14 und von einer Kriegsgefahr, die vom Westen ausginge. Es kam zu keinem Dialog zwischen den beiden deutschen Staaten. Zwar gab es Gespräche zwischen den beiden Staaten, die jedoch zu keinem greifbaren Ergebnis führten.
3.1.4.1 Aufgaben und Funktionen der Nationalen Front
Als im Januar 1950 das Sekretariat der Nationalen Front und auch ihre Landes, Kreis- und Ortsausschüsse der „Nationalen Front“ gegründet wurden, erhielt diese die endgültige Organisationsstruktur. Mit der „Nationalen Front“ sollte nicht nur Einfluss auf die Bundesrepublik ausgeübt, sondern auch der Einfluss und die Kontrolle der SED auf die übrigen Parteien und Massenorganisationen gesichert und ausgebaut werden. In den Sekretariaten der „Nationalen Front“ nahm die SED ihre selbst proklamierte Führungsrolle an und instrumentalisierte die Organisation so zur Lenkung für andere Gruppen. Durch die Schaffung von Hausgemeinschaften gelang es ihr sogar, Einfluss auf die unpolitischen Gruppen in der DDR zu gewinnen.
Weiterhin bestand die Aufgabe der „Nationalen Front“ darin, Einfluss in der Bundesrepublik zu gewinnen und zwar in Hinblick auf die Hauptforderung der DDR, die wie folgend lautete: „Schaffung eines einheitliches, demokratischen, friedliebenden und unabhängigen Deutschlands.“15 Die Forderungen nach einem einheitlichen Staat dienten der Nationalen Front dazu die Macht der SED zu verfestigen und die Strukturen in der DDR zu stärken.
3.1.5 Absicherung der DDR nach Innen
3.1.5.1 Oberster Gerichtshof und Ministerium für Staatssicherheit
Im Dezember 1949 wurde der Oberste Gerichtshof und auch eine neue Generalstaatsanwaltschaft, im Rahmen einer Neuordnung gesamten Gerichtsverfassung, eingesetzt. Die SED nahm auch hier Einfluss. Die Partei beherrschte die Justiz und nutzte sie als Instrument ihrer Diktatur. Es kam allein im Jahre 1950 zu 78.000 Anklagen wegen politischer Delikte, in denen 15 Personen sogar zum Tode verurteilt wurden.
Es entstand ein System, in dem politischer Druck und Terror bewusst zur Erhaltung der Macht eingesetzt wurden.
Um die bestehenden Machtverhältnisse weiter zu festigen, wurde das Innenministerium der DDR um das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) erweitert. Auch die Kasernierte Volkspolizei (KVP) wurde zum bewaffneten, zentral gelenkten Organ ausgebaut. Bereits 1950 zählte sie 50.000 Mann.
Das MfS, das am 8. Februar durch einen Volkskammerbeschluss gegründet wurde, war ein selbständiger Apparat und unterstand nur dem Politbüro der SED. Mit Hilfe eines weitreichenden Netzes von Agenten überwachte das Ministerium das öffentliche Leben in der DDR und trug dazu bei, jede aufkommende Opposition aufzuspüren, im Keim zu ersticken und endgültig auszuschalten.16
3.1.6 Die ersten Wahlen in der DDR
Der ersten Wahlen zur Volkskammer fanden in der DDR im Jahre 1950 statt. Sie führten zu einer deutlichen Veränderung im Parteieinsystem, denn es wurden Einheitslisten eingeführt, in die alle Parteien eintraten, die sich in der „Nationalen Front“ vereinigt hatten. Noch im Vorjahr hatten sich die CDU und die LDP gegen eine solche Liste wehren können, doch 1950 wichen sie immer mehr zurück. Es war ausgerechnet der CDU- Vorsitzende Otto Nuschke, der eine Einheitslistenwahl mit der „drohenden Weltsituation“17 begründete. Mit ihrer Bildung war die Abkehr vom herkömmlichen Parteienstaat besiegelt.
Die Wahlen von 1950 waren vielerorts nicht mehr geheim, sondern offen, d.h. ohne Wahlkabinen. Es zeigten die selben Resultate, wie bei Abstimmungen in der Sowjetunion, nämlich eine Wahlbeteiligung von 98 % mit einem Stimmenanteil von 99,7 % für die Einheitsliste. Die Zahl der Flüchtlinge aus der DDR, 2,7 Millionen in den Jahren zwischen 1949 und 1961, lassen diese Ergebnisse jedoch in einem anderen Licht erscheinen und lassen an der Legitimation der Gewählten zweifeln.18 Bei der Volkkammerwahl von 1950 erhielt die SED 100 Sitze, CDU und LDP jeweils 60 Sitze, NDPD und DBD je 30 Sitze. Auf den FDGB und die anderen Massenorganisationen entfielen insgesamt 80 Sitze. Da fast alle Abgeordneten den Massenorganisationen und auch der SED angehörten, hatte die SED die absolute Mehrheit der Stimmen inne. Auch in der neu gewählten Regierung unter Grotewohl stieg der Einfluss der SED an. Die Regierung wurde sogar vom Einfluss der SED abhängig.
3.1.6.1 Die Rolle der SED und ihrer Funktionäre
Aus der Volkkammerwahl von 1950 ging die SED de facto als stärkste Kraft in der Volkskammer hervor. Die Führungsmitglieder der SED dominierten nicht nur in der Volkskammer, sondern auch im Ministerrat, insofern, als die Beschlüsse des Politbüros der SED für den Ministerrat bindend waren.
Auf dem III. Parteitag der SED hatte die Partei im Juli 1950 den Ausbau der Volkswirtschaft nach sowjetischem Vorbild beschlossen und in den Mittelpunkt ihres Interesses gerückt. Walter Ulbricht, der „starke Mann“ der Partei, der zum Generalsekretär der Partei gewählt worden ist, sprach auf dem Parteitag über den Fünfjahrplan von 1951 bis 1950. Ziel der staatlichen Lenkung sollte es sein, in dieser Zeit die Produktion im Vergleich zur Produktion von 1936 zu verdoppeln. Dabei sollten sowjetische Wirtschaftsmethoden zur Anwendung kommen.
Der Parteitag gab auch ein Signal für den weiteren Umbau der SED zur „Partei neuen Typus“ und zur weiteren Instrumentalisierung des Parteiensystems für ihre Zwecke. Es wurde der „demokratische Zentralismus“ eingeführt, der die Kampfkraft der Partei verbessern sollte, der sich in der Realität eher als ein hierarchischer Zentralismus erwies. Diese Hierarchie war für die Partei und ihre Führung notwendig, um die Kontrolle über ihre Pläne, deren Ausführung sowie über ihre Anordnungen zu gewährleisten. Um eine reibungslose Kontrolle sicher zu stellen, waren Hierarchien nötig, das hatte auch Lenin schon erkannt.
Die SED begriff sich nun als „bewusster und organisierter Vortrupp“ der deutschen Arbeiterbewegung, wobei sie sich durch die „Theorie von Marx, Engels, Lenin und Stalin“ geleitet sah und, unter der „Führung der Sowjetunion“ den Frieden sichern, sowie die deutsche Einheit erkämpfen wollte.19 Die Partei der Arbeiter begriff sich stets als die Avantgarde der Arbeiterklasse, die die Interessen der Arbeiter am Besten vertreten und artikulieren konnte.
Die Partei verkündete stets, mit ihrer Ideologie des Marxismus-Leninismus, der stalinistisch ausgelegt wurde, im Besitz der alleinigen Wahrheit zu sein. Sie glaubte die Gesetze der Geschichte zu kennen und unter deren Ausnutzung den Übergang zu einer neuen Gesellschaftsordnung vollziehen zu können. Entsprechend dogmatisch war der Totalitätsanspruch der SED - Führung. Dies wird zum Beispiel dadurch belegt, dass die SED auf ihrem III. Parteitag das Lied von Louis Führnberg verbreiten ließ, das den Refrain hatte: „Die Partei, die Partei, die hat immer recht.“. Es entstand schnell ein System, in dem die übergeordneten Führungsgremien immer die Kontrolle über die untergeordneten Gremien ausübten. Das Politbüro und das Sekretariat des ZK versuchten stets alle Bereiche von Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und vor allem Kaderangelegenheiten zu beherrschen und so zu einer Allmacht zu gelangen.
Das Prinzip der „monolithischen Einheit“ wurde für die SED zum wichtigsten Prinzip erklärt. Opposition oder gar Fraktionen wurden gar nicht erst zugelassen. Pluralistische Tendenzen, welcher Art auch immer (Opposition oder Fraktionsbildung) hätten den absoluten Wahrheitsanspruch der SED unterlaufen. Opposition war nach dem Marxismus- Leninismus ein Resultat aus den Gegensätzen im Kapitalismus, der sich aus dem Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit herleitet. Nach der Beseitigung des Privateigentums an Produktionsmitteln, die der Revolution folgt, entfällt jede Basis für Opposition.20
Da die Partei jedoch gleichzeitig durch ihre wachsende Monopolstellung immer mehr zum politischen Zentrum der DDR wurde, musste es in ihren Reihen zwangsläufig zu Widersprüchen kommen, die aus der Gesellschaft in die Partei getragen wurden. Es traten also verschiedene oppositionelle Strömungen auf, die nur durch rigorose Säuberungen auch innerhalb der Partei beseitigt werden konnten. Der III. Parteitag reif ausdrücklich zum „Kampf gegen Spione und Agenten“ auf. Auch die Reste des „Sozialdemokratismus in der SED“ sollten bekämpft werden. Es kam in den Jahren 1950/51 zu Parteiausschlüssen, die mit der Säuberung der Führungsspitze einhergingen. Die Parteisäuberungen verliefen parallel zu Schauprozessen, die in anderen kommunistisch regierten Ländern stattfanden. Diese Prozesse beruhten meistens auf absurden Geständnissen der Angeklagten. Hinter den Parteisäuberungen stand die UdSSR, die ihren Einfluss in den betroffenen Ländern sichern wollte. Auch in der DDR sollte solche Schauprozesse stattfinden. Sie unterblieben, da Stalin 1953 starb. Die Parteiführung der SED wollte zu dieser Zeit die Parteieinheit und die Zentralisierung nicht nur durch eine ständige ideologische Indoktrination, sondern auch durch Einschüchterung und Repressalien absichern.
3.1.6.2 Die Blockparteien
Ab 1950 war zwar die Dominanz der SED21 in der Parteienlandschaft klar und eindeutig. In diesem System hatten die Blockparteien bestimmte Funktionen, nämlich:
- Eine Alibifunktion (Die kommunistische Einparteienherrschaft sollte verschleiert und ein pluralistisches System sollte vorgetäuscht werden.);
- Einen gesamtdeutschen Auftrag (Sie sollten den Kontakt nach Westen erhalten.);
- Eine Transmissionsfunktion (Die Blockparteien sollten bestimmte Vorstellungen der SED in Bevölkerungsteile tragen, die der SED nicht nahe standen. Beispiel: Die CDU sollte die christlichen Kreise „versorgen“.).
Diese Funktionen waren der Hauptgrund für die Nicht- Auflösung der Parteien nach 1949. Die SED hatte also ein neues kommunistisches Herrschaftsmodell gefunden, nämlich das sogenannte „sozialistische Mehrparteiensystem“, in dem die Blockpolitik eine wichtige Rolle spielte. Anfangs gab es noch Widerstand durch die Blockparteien. Nachdem diejenigen aus den Parteien, die eine oppositionelle Haltung entwickelt hatten, aus ihren Ämtern entfernt worden waren. (Es gab Massendemonstrationen gegen bürgerliche Politiker, die durch die SED organisiert wurden. Danach hatten die betroffenen Personen ihre Ämter verloren.) Die akzeptierte innerhalb der Blockparteien nur noch führende Funktionäre, die ihr recht waren. Bürgerliche Politiker und Spitzenfunktionäre wurden verhaftet, was zur Einschüchterung und zur Gleichschaltung der Blockparteien führte. Diese schwenkten schließlich ein und erkannten die Führungsrolle der SED voll und ganz an.22 Die Transmissionsaufgabe wurde anerkannt und der Einheitspartei die Einwirkungsmöglichkeiten in den Gesellschaftsschichten, die ihr nicht nahestanden, eröffnet und gesichert.
3.1.6.3 Die Massenorganisationen
Die Massenorganisationen, die schon seit 1949, sowohl personell, als auch politisch unter dem Einfluss und der Kontrolle der SED standen, billigten ihr schon früh die Führungsrolle zu und erkannten ihren den Zugriff auf die Gesellschaft an. Den Massenorganisationen gehörten große Teile der Gesellschaft an (Der FDGB hatte z.B. 4,7 Millionen Mitglieder). Die FDGB - Spitze rechtfertigte die Führung der SED 1952. Auch die FDJ beschloss im Jahre 1952 eine „Verfassung“, in der sie die Rolle der „großen Sozialistischen Einheitspartei“ anerkannte.23 Ähnlich akzeptierten die anderen Massenorganisationen ohne jede Einschränkung oder Kritik den Führungsanspruch der SED.
Die Massenorganisationen besaßen in der „Nationalen Front“ ein Stimmrecht und hatten erhebliche Bedeutung für die Festigung des Parteiensystems. Mit Hilfe der Organisationen konnte das System der DDR, trotz der Ablehnung durch eine Bevölkerungsmehrheit, etabliert werden. Im Jahre 1952 war das neue politische System im Wesentlichen installiert. Jetzt waren, nach Ansicht der DDR - Führung, die Voraussetzung für den „Aufbau des Sozialismus“ gegeben, der auf der zweiten Parteikonferenz der SED beschlossen wurde.24
3.1.7 Der Aufbau des Sozialismus
Auf der 2. Parteikonferenz am 12. Juli 195225 verkündete Walter Ulbricht den Delegierten, dass das ZK der SED beschlossen habe, der Tagung den planmäßigen Aufbau des Sozialismus in der DDR vorzuschlagen. Es wurde festgestellt, dass die Bedingungen sowie das Bewusstsein der Arbeiterklasse und der Mehrheit der Werktätigen...so weit entwickelt (seien), dass der Aufbau des Sozialismus zur grundlegenden Aufgabe...“26 gemacht werden könnte.
Unter der Formulierung des „planmäßigen Aufbaus“ wurde dabei eine noch stärkere Angleichung an das sowjetische Modell verstanden und beinhaltet. Resultat des Aufbaus waren wirtschaftliche Planungen, ideologische Haltungen und Positionen sowie Veränderungen in Staat und Gesellschaft. Die SED reduzierte den Begriff des Sozialismus also letztlich auf das stalinistische System in der Sowjetunion. Die DDR erweiterte in Folge dieses Beschlusses ihre wirtschaftlichen Beziehungen zur UdSSR und den weiteren kommunistischen Staaten. Der Außenhandel mit diesen Staaten stieg rapide an, so dass im Jahre 1954 ein Viertel des Außenhandels auf Staaten entfiel, die unter kommunistischer Herrschaft standen. Die Ziele und Inhalte der Wirtschaftsplanung der DDR setzte der Fünfjahrplan fest, der zwischen 1951 und 1955 in Kraft war.27 Der Fünfjahrplan sah eine Steigerung der Industrieproduktion (von 23 auf 45 Milliarden Mark) vor. Die Erträge der Landwirtschaft sollten um 25 % und das Volkseinkommen sollte um 60 % erhöht werden. Die Arbeitsproduktivität sollte sogar um 72 % gesteigert werden. Eine Anzahl von Produktionszweigen (Industrien, wie Energieunternehmen, Braunkohleförderer und Rohstahlhersteller) erfüllten den Plan jedoch nicht, wodurch das Versprechen eines steigenden Lebensstandards nicht erfüllt werden konnte. Zwar stieg bis 1952 der Produktionsstand auf 108 % des Standes von 1936, doch konnte die Verbrauchsgüterindustrie ihren Vorkriegsstand nicht erreichen.28 Auch die Struktur der Unternehmen wurde immer mehr verändert: Weg vom Privatunternehmen, hin zum „volkeigenen Betrieb“. Die Zahl der „volkseigenen Betriebe“ (VEB) stieg deutlich an: Während es im Jahre 1949 nur 1764 Betriebe dieser Art gab, stieg die Anzahl der VEB bis 1950 auf 5000 an. Auch die Zahl der Beschäftigten in den VEB´s wuchs. Waren im Jahre 1950 noch 900.000 Personen in volkseigenen Betrieben beschäftigt, so stieg diese Zahl bis 1953 auf 1,7 Millionen an. Der Anteil an staatseigenen und genossenschaftlichen Betrieben an der Bruttoproduktion der DDR lag 1950 bei 73,1 %. Bis 1951 stieg ihr Anteil auf 79,2 %. Nach dem Willen der 2. Parteikonferenz sollte dieser Wert bis Ende 1952 auf 81 % ansteigen.29
Die Bedeutung der VEB stieg zudem noch dadurch, dass die Sowjetunion einige wichtige ihrer „Sowjetischen Aktiengesellschaften“ (SAG) der DDR- Wirtschaft übergab. Von ursprünglich 200 SAG´s, die seit 1946 bestanden, wurden bereits 1947 47 unter die Verwaltung der DDR gestellt. 1950 folgten 23 weitere SAG - Betriebe. Trotz allem blieben die SAG ein wichtiger Bestandteil der DDR- Wirtschaft, denn sie umfassten immerhin 13 % aller Beschäftigten und erbrachten 32 % der Gesamtproduktion der DDR. Zu den sowjetischen Aktiengesellschaften, die vollständig von der UdSSR kontrolliert wurden, zählten:
- Der Uran- Erzabbau,
- die Erzeugung von Stickstoff,
- die Produktion von künstlichem Kautschuk.
Auch die Herstellung von folgenden Gütern lag zu 80 % in der Hand der SAG, stand also unter sowjetischer Kontrolle:
- Uhren,
- Motorrädern und
- Benzin.
Als 1952 weitere SAG - Betriebe an die DDR übergeben wurden, stieg die Leistung der VEB deutlich an. Die staatseigene Industrie bildete nun den Schwerpunkt im DDR - Wirtschaftssystem.
Bereits im Juni 1951 stellte die Führung der SED die Losung „Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen“ in den Vordergrund ihrer Politik, was zur Folge hatte, dass die VEB ausgebaut und weiterentwickelt wurden. An alle am Wirtschaftsleben beteiligten Gruppen wurde die Anforderung gestellt, die „Prinzipien der sowjetischen Wirtschaftsführung und ihre Methoden“30 gründlich zu studieren um diese dann zu übernehmen. Besondere Berücksichtigung fanden die durch Stalin entwickelten Formen der Anleitung der Wirtschaft durch die Partei. Nachdem das Wirtschaftssystem der UdSSR übernommen worden ist, sollten nun auch die Leitungsmethoden nach sowjetischem Vorbild übernommen werden. Höchstes Ziel der Wirtschaftspolitik war die Steigerung der Arbeitsproduktivität. Bereits im April 1950 wurde das „Gesetz der Arbeit“31 erlassen, das die Lage der Arbeiter verbessern sollte und ein „Recht auf Arbeit“ garantierte. Dieses Gesetz sah vor allem eine Steigerung der Produktivität vor. Die auf der zweiten Parteikonferenz beschlossene Förderung der Schwerindustrie hatte dann Engpässe in der Versorgung der Bevölkerung zur Folge. Zwar war es der DDR bis 1952/53 gelungen, ohne fremde Hilfe, wie zum Beispiel den Marschallplan, das zerrüttete Wirtschaftssystem wieder aufzubauen. (Die Rohstahlerzeugung, die Produktion in der chemischen Industrie sowie die Leistungen in der Energiewirtschaft stiegen stark an.) Die Entwicklung der Konsumgüterindustrie blieb jedoch in ihrer Entwicklung stecken, was einen niedrigen Lebensstandard für die Bevölkerung mit sich brachte. Lebensmittel wie Fett, Fleisch und Zucker mussten rationiert werden. Viele Güter waren Mangelware, deren Qualität zudem oftmals zu Wünschen übrig ließ.
Gleichzeitig waren die monatlichen Einkommen, im Verhältnis zur Preisentwicklung in den HO - Märkten, bei durchschnittlich 312. Bis 1955 stieg der monatliche Lohn von Arbeitern und Angestellten auf 345 Mark. Zum Vergleich, einige Preise der HO - Märkte:
- 1 kg Zucker kostete 12 Mark,
- 1 kg Schweinefleisch 15 Mark,
- 1 kg Butter kostete 24 Mark,
- ein Herrenhemd lag bei 40 Mark,
- ein Frauenkleid kostete 108 Mark.
Erschwinglich waren hingegen die rationierten Lebensmittel. Rationiertes Schweinefleisch kostete 2,68 Mark pro Kilogramm - ein Kilo Butter lag bei 4,20 Mark. Besonders Preisgünstig waren Mieten und die Fahrpreise für die öffentlichen Verkehrsmittel.32
Im Vergleich zu Bundesrepublik blieb die Wirtschaft der DDR dauerhaft hinter der Bundesrepublikanischen zurück. Dies hatte einerseits seine Gründe in der schlechteren wirtschaftlichen Ausgangslage der DDR nach dem Krieg (Demontage, schlechtere Rohstoffbasis, keine Wirtschaftshilfen, wie den Marschall - Plan), andererseits ist jedoch auch festzuhalten, dass die Weichen der DDR- Wirtschaftspolitik falsch gestellt wurden. Trotz fehlender Betriebe und mangelnder Rohstoffe hat die DDR eine eigene Schwerindustrie aufgebaut und infolgedessen die Konsumgüterindustrie und das Dienstleistungsgewerbe vernachlässigt. Es wurden unproduktive Betriebe an falschen Standorten aufgebaut und mit der Bevorzugung der traditionellen Schwerindustrie wurden nur die alten, verkrusteten Strukturen der Sowjetunionen übernommen.
Zukunftsfähige Branchen wurden (zugunsten des Aufbaus der einer Schwerindustrie) vernachlässigt.33
Der Aufbau des Sozialismus war also nicht der eigenständige Versuch eine Konzeption von Wirtschaft zu entwickeln, sondern es blieb bei einem „Hinterherlaufen“ hinter den gängigen (sowjetischen) Formen von Industrie. Das Ziel der DDR- Wirtschaft, die auf bloße Imitation des sowjetischen Systems beruhte, war möglichst das „Gleichziehen oder das Überholen“34 des Wirtschaftssystems der Bundesrepublik. Es war für die DDR von vornherein unwahrscheinlich, dass beim „Aufbau des Sozialismus“ unkonventionelle Wege gegangen würden, da das System der UdSSR unkritisch übernommen wurde. Das hierarchische und undemokratische politische System der DDR wirkte sich auch auf die Gesellschaft der DDR ein und löste eine mangelhafte Flexibilität der Bevölkerung aus. Der starre Weg der Befehle von oben nach unten verhinderte ideenreiche Impulse von der Basis und auch Innovationen durch die Wissenschaft. Der „Aufbau des Sozialismus“ wurde für die DDR nicht zur Realisierung neuer Ideen, sondern zur Anpassung an das Rückständige System der stalinistischen Sowjetunion. Dies galt auch in ideologischer Hinsicht. Nach der II. Parteikonferenz rückte die SED den „ideologischen Kampf“ in den Vordergrund. Das Studium der Werke Stalins sollte verstärkt werden. Die Nachahmung der UdSSR verengte sich immer mehr auf den bloßen Personenkult um Stalin und seine diktatorische Praxis.35
Auch die SED ordnete sich gegenüber dem Stalinismus immer stärker unter. Das System der Parteischulungen auf den verschiedenen Ebenen zielte auf die Ergebenheit der Funktionäre gegenüber der Sowjetunion, insbesondere gegenüber Stalin ab. Die Schaffung eines zuverlässigen Funktionärsapparates war ein wichtiges Anliegen der Führung. In diesem Zusammenhang wurde ideologische Ausrichtung höher bewertet als tatsächlicher Sachverstand. Alle wichtigen Positionen in der Partei, im Staat, in der Kultur und in der Wirtschaft wurden mit Kadern besetzt. Die Kaderprinzipien rückten immer stärker in den Vordergrund: Kritik und Selbstkritik sowie die Anleitung und die Kontrolle durch übergeordnete Stellen dienten der Machtsicherung.
Dem Ausbau und der Festigung der Macht dienten auch die Auflösung der Länder und ihre Ersetzung durch 14 Bezirke. Damit waren die Reste des Föderalismus beseitigt. Die Verwaltungsreform führte nicht nur zur Zentralisierung, sondern auch dazu, dass die Führung der SED die Kontrolle des Staatsapparates weiter vorantreiben konnte.36
Die Partei nutze drei von der Sowjetunion und von Stalin übernommene Herrschaftsmethoden, mit denen sie ihre Macht durchsetzte:
1. Gegner wurden mit Gewalt niedergehalten. Das MfS und die Justiz richtete sich gegen Personen, die den Anspruch hatten, das vorhandene System aktiv verändern wollten.
2. Die SED praktizierte die Politik der Neutralisierung von „unpolitischen Menschen“, d.h. von Personen, die weder Anhänger noch Gegner des vorhandenen Systems waren. Dieser Personenkreis wurde mit einem gewissen Maß an Wohlstand und persönlicher Freiheit ausgestattet, so dass in diesen Kreisen keine Opposition entstehen konnte. Es entstand eine Nischengesellschaft.
3. Die Ideologie spielte für die Herrschaft der Partei eine große Rolle. Sie war nicht Bindeglied der herrschenden Eliten, sondern es sollten stets neue Anhänger gewonnen werden. Die neuen Anhänger sollten durch Indoktrination geschaffen werden. Die Weltanschauung diente also nicht nur der Anleitung für das politisch- soziale Handeln, sondern auch als Rechtfertigungs- und Verschleierungsinstrument der Führung.37
4 Der 17. Juni 1953
4.1 Vorgeschichte des Aufstandes
Die Übertragung des sowjetischen Models auf die DDR führte zwischen 1952 und 1953 zur Krise. Die Förderung der Schwerindustrie zu lasten der Konsumgüterindustrie führte zu einer Verschlechterung des Lebensstandards der Menschen. Die Mangelwirtschaft wurde zu einem Dauerzustand.
Gleichzeitig nahm die politische Verfolgung ein größeres Ausmaß an. Verfolgung und die Unterdrückung griffen nun auch auf die Kirchen und den ihr nahestehenden Bewegungen über. Dies betraf vor allem die evangelischen Kirchen, der noch 80 % der Bevölkerung angehörten. Zwischen Januar und April 1953 wurden etwa 50 Geistliche, Laienhelfer und Diakone verhaftet. Auch die „junge Gemeinde“ war schweren Angriffen ausgesetzt.38
Auch in anderen gesellschaftlichen Gruppen steigerte sich der Unmut durch Zwangsmaßnahmen gegen Bauern, Selbständige und Intellektuelle. Die fortschreitenden Preissteigerungen heizten die Stimmung noch zusätzlich an.
4.1.1 Der neue Kurs
Nach dem Tode Stalins am 5. März 1953 wurde die SED- Führung durch das veränderte Verhalten der neuen Führung in der UdSSR überrascht. Die sowjetische Spitze forderte eine Abkehr der SED von der harten Linie der letzten Jahre. Das Politbüro der KPdSU kritisierte in einem Beschluss die „fehlerhafte Linie der SED“39:
„Unter den heutigen Bedingungen (ist) der Kurs auf eine Forcierung des Aufbaus des Sozialismus in der DDR, der von der SED eingeschlagen und von Politbüro der KPdSU (B) in seinem Beschluss vom 8. Juli 1952 gebilligt worden war, für nicht richtig zu halten.“40
Unter dem Druck der Sowjetunion korrigierte das Politbüro der SED seinen Kurs und fasste am 9. Juni 1953 den Beschluss über den „Neuen Kurs“. Die Staats- und Parteiführung räumte Fehler ein, die durch den „neuen Kurs“ nun beseitigt werden sollten. Die Repressalien und Verfolgungen, die im Rahmen des „Aufbaus des Sozialismus“ unter der Begründung des „Verschärften Klassenkampfes“ gegen Bevölkerungsteile vorgenommen wurde, wurde für falsch erklärt. Auch die Preissteigerungen wurden zurückgenommen.
Eine stärkere Berücksichtigung der Konsumgüterindustrie sollte die Lebenssituation der Menschen verbessern. Es wurde neben der Rechtssicherheit für die Bevölkerung auch die Annäherung an der beiden deutschen Staaten in Aussicht gestellt.
Zwar wurden mit dem „neuen Kurs“ viele Zugeständnisse an die Bevölkerung gemacht, doch die DDR- Führung blieb den Arbeitern gegenüber weiterhin hart. Die am 28. Mai 1953 erhöhten Arbeitsnormen41 wurden nicht zurückgenommen. Der Streit um die Normen war dann der das auslösende Moment für einen Streik der Bauarbeiter in der Berliner Stalinallee und in Berlin- Friedrichshain, der sich am 17. Juni 1953 über das gesamte Land erstreckte.42
4.1.2 Der Vortag
Die allgemeine Verschlechterung des43 Lebensstandards und die Erhöhung der Arbeitsnormen brachten den Arbeitern weitere Lohneinbußen. Der Unmut wurde auf der Seite der Arbeiter besonders gesteigert, da der „neue Kurs“ ihnen gegenüber keine Zugeständnisse machte. Der „neue Kurs“, der eigentlich eine Verbesserung der Lebenssituation bringen sollte, berücksichtigte die Lage Arbeiter nicht.
Am 16. Juni 1953 kam es auf zwei Berliner Großbaustellen, am Krankenhausneubau in Berlin- Friedrichshain und am Block 40 in der Stalinallee zu ersten Protesten und Arbeitsniederlegungen. Zwischen den Arbeitern der beiden Baustellen hatte es zuvor informelle Absprachen gegeben. Sie hatten ein gemeinsames Protestschreiben an Otto Grotewohl gesandt.44
Nun erschienen SED- Agitatoren, die die Arbeiterproteste beruhigen sollten. Sie wurden jedoch von den Demonstranten abgewiesen, da die Arbeiter beschlossen hatten, in einer größeren Gruppe zur Regierung zu marschieren, um sich dort die Antwort auf ihre Forderungen einholen. Gegen 9.00 Uhr startete eine Gruppe von etwa 80 Personen von der Baustelle an der Stalinallee. Kurze Zeit später, am Strausberger Platz, trafen sie auf die Delegierten aus Friedrichshain. Der Zug passierte auf seinem Weg noch einige anderen Baustellen, was weitere Bauarbeiter dazu anregte, sich dem Zug anzuschließen.
Als der Demonstrationszug am Haus des Ministerrates ankam, war er bereits auf mehrere tausend Menschen angewachsen.45
Es war wohl kein Zufall, dass es ausgerechnet die privilegierten Arbeiter der SED- Baustellen waren, die protestierten. Ihr Selbstbewusstsein war größer und noch nicht so angegriffen, wie das vieler anderer Arbeiter. Sie waren davon überzeugt, dass die Partei, die sich auf sie berief, nicht an „ihren Arbeitern“ vorbeikonnte.
Die Bauarbeiter wurden von der Hoffnung getragen, dass sich auch der FDGB ihrer Anliegen annehmen würde. Einige Gewerkschaftsfunktionäre hatten sich bereits den Forderungen der Arbeiter gestellt.46 Als der Protestzug jedoch auf seinem Weg zum Ministerrat am „Haus der Gewerkschaften“ in der Wallstraße Station machte, hatten sich die Gewerkschaftsführer angesichts der großen Menschenmenge im Haus verschanzt. Sie wollten die Arbeiter nicht empfangen.
Als die Protestierenden am Regierungsgebäude ankamen, blieben ihnen auch dort die Türen verschlossen. Die Personen, die die Arbeiter eigentlich treffen wollten, nämlich Grotewohl und Ulbricht, kamen nicht. Es traten schließlich einige SED Agitatoren vor die Demonstranten und versprachen die Rücknahme der Normenerhöhung. Die Menge war jedoch nicht mehr zu beruhigen. Aus den ursprünglichen Forderungen nach einer Senkung der Arbeitsnormen wurden nun weitreichende soziale Forderungen. Die Arbeiter verlangten die Bestrafung und den Rücktritt der Regierung. Auch der Ruf nach einem Generalstreik wurde laut.
Am Nachmittag schließlich zogen mehrere Demonstrationszüge durch die Stadt. Es wurden Betriebe aufgesucht und versucht dort die Belegschaften zum Streik zu überreden. Auf diese Weise sollte der Streik ausgeweitet werden. Auch der RIAS in Westberlin berichtete über den Aufstand und über die Forderungen der Arbeiter. Durch den RIAS- Bericht wurde der Streik schnell in der gesamten DDR bekannt. Bis zu den späten Abendstunden hatten sich die Straßen Ostberlins mit Demonstranten gefüllt. Es kam bereits zu ersten Ausschreitungen durch die Demonstranten. Fenster gingen zu Bruch, Fahnen und Plakate wurden abgerissen und zerstört. Die Ereignisse zu denen es am 16. Juni gekommen war, waren zunächst von einer kleinen Gruppe ausgelöst worden. Sie verliefen weitgehend spontan, ungeordnet und ohne System.47 Die Proteste ließen die angestaute Unzufriedenheit der Arbeiter offen zu Tage treten. Zur Bildung von Streikleitungen war es nicht gekommen.
Am späten Nachmittag des 16. Juni 1953 ergriff die SED die ersten Gegenmaßnahmen. Der Alarmzustand wurde für die Volkspolizei ausgerufen, die Grenzbewachung in Berlin verstärkt und es wurden Maßnahmen mit der sowjetischen Kontrollkommission abgesprochen. Noch glaubte die Führung der SED, dass sich die Arbeiter durch eine gezielte Agitation der Kader und durch nachdrückliche Bekanntgabe der Rücknahme der Normenerhöhung beruhigen ließen. Die Partei glaubte nicht an eine Ausbreitung der Proteste auf das ganze Land. Die Partei, die sich als die Partei der Arbeiter definierte, hatte keinen Bezug zur Bevölkerung (sofern ein solcher Bezug zur Bevölkerung je bestanden hat) und schätzte die Lage nun völlig falsch ein.48
4.1.3 Die Ereignisse des 17. Juni 1953
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Die Demonstranten marschieren zum Brandenburger Tor.
Am Morgen des 17. Juni war der Aufstand im ganzen Land49 ausgebrochen. Über Nacht war die Bevölkerung durch westliche Sender informiert worden. Außerdem hatten die Arbeiter untereinander telefonisch oder auch durch Kuriere Kontakt aufgenommen. Mit Beginn der Frühschicht brach eine weitreichende Streikwelle aus, die zahlreiche große Betriebe erfasste. Es formierten sich schnell Demonstrationszüge, die in die Zentren der größeren Städte zogen.
In etwa 600 Betrieben kam es zu Arbeitsniederlegungen, an denen ca. 500.000 Beschäftigte beteiligt waren. In etwa 400 Städten und Orten gab es Demonstrationen und Unruhen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Demonstranten greifen einen Grenzposten in Westberlin an und reißen diesen nieder. Berlin, 17. Juni 1953
Besondere Kraft entfaltete der Aufstand in den industriellen Ballungszentren um Halle, Leipzig und Gera - dort erreichte der Aufstand sogar eine größere Intensität als in Berlin. Eine große Wirkung hatte der Aufstand in Cottbus, Magdeburg, Potsdam und im Industriegürtel des Harzvorlandes. In Dresden streikten ebenso viele Menschen wie in Berlin. In diesen Streikzentren wurde ein höherer Organisationsgrad erreicht als in Berlin.50 Vereinzelt wurden auch überregionale Streikleitungen gewählt. Oftmals wurden Gewerkschaftsfunktionäre dazu gezwungen Resolutionen der Belegschaften zu unterschreiben.
Die Regionen, in denen ein höherer Organisationsgrad erreicht wurde, waren bereits vor 1933 Hochburgen der kämpferischen deutschen Arbeiterbewegung gewesen.51 Die Protestierenden haben sich also auf die alten Traditionen besonnen - allerdings wurden keine Kommunisten als Anführer gewählt, sondern, wenn es möglich war, dann wählten die Demonstranten Personen zu Vorsitzenden der Streikleitungen, die sich bereits vorher als Sozialdemokraten hervorgetan hatten. So zum Beispiel in Dresden, wo der Alt-Sozialdemokrat Wilhelm Grothaus zum Sprecher gewählt wurde.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Dies ist wohl das bekannteste Bild des 17. Juni 1953: Die Demonstranten in der Leipziger Straße in Berlin wehren sich mit Pflastersteinen gegen die sowjetischen Panzer.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Berlin, 17. Juni 1953: Sowjetische Panzer greifen am Potsdamer Platz die Demonstranten an.
Auch in kleineren Orten kam es zu Streiks. Die Gruppen in den kleineren Orten hatten mit einer besonderen Schwierigkeit zu kämpfen, denn sie waren geringer in der Zahl der Teilnehmer und deshalb auch isolierter. Diese Streiks hatten nicht die Vorteile, die eine große Masse von Menschen für einen Streik bietet. Die Aktionen, die in den zahlreichen Dörfern stattfanden, standen den anderen Aufständen jedoch in nichts nach. Zahlreiche Bauern protestierten, da für sie die Abgabenlast und der Arbeitsaufwand gestiegen war. Zentren der Bauernproteste waren:
- Die Magdeburger Börde,
- Nordthüringen,
- die Altmark,
- die Umgebung von Cottbus.
Zur größten Bauerndemonstration kam es in Nordthüringen, wo sich in Mühlhausen, der Heimatstadt von Thomas Münzer, zahlreiche Landwirte zu einem Protestmarsch zusammengefunden hatten.52
Der Verlauf der Aktionen war an den meisten Orten ähnlich. Die Symbole der SED wurden entfernt, abgerissen und zerstört. Parteimitglieder entfernten ihre Parteiabzeichen, warfen diese weg oder verbrannten öffentlich ihre Parteibücher. Volkpolizisten zogen ihre Uniformen aus. Die Demonstrationszüge suchten die Zentren der Macht auf, wo sich die SED- Funktionäre, falls diese nicht geflüchtet waren, verborgen hielten. Es wurden insgesamt 140 Häuser der SED, des MfS, der Volkspolizei, des FDGB und der Verwaltung besetzt. Akten wurden aus den Fenstern geworfen oder vernichtet, Einrichtungen und gefundene Waffen zerstört.53 In den Betreiben wurden die Räume der Betriebsparteiorganisationen besetzt. Stellten sich die Polizei oder andere Sicherheitskräfte in den Weg der Demonstranten, so kam es zu Tätlichkeiten. Meistens wurden im Rahmen der Besetzungen zunächst die Sicherheitskräfte vertrieben.54
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Sowjetische Panzer fahren direkt in die Menschenmenge.
Insgesamt verliefen die Aktionen jedoch wegen besonnener Demonstranten, eher selten gewalttätig. Selbst vereinzelte Plünderungen von Geschäften wurden durch Mitdemonstranten verhindert. An den Orten, wo es Streikkomitees gab, waren diese darum bemüht, die Demonstranten von Gewalttaten abzuhalten. An vielen Orten wurden Zuchthäuser und Gefängnisse gestürmt. In neun Fällen gelang die Erstürmung und es kam zur Befreiung von 1300 Häftlingen.55 Bei den Gefängniserstürmungen kam es auch zur Anwendung von Gewalt durch die Demonstranten. In Magdeburg zum Beispiel wurde während einer Schießerei, drei Sicherheitsleute getötet. Die Sicherheitskräfte waren der Größe und dem Ausmaß des Aufstandes nicht gewachsen, zumal sie ohnehin ursprünglich durch ihre Befehle dazu angewiesen worden waren, die Proteste ohne Waffengewalt zu beruhigen.
Auch die SED- Führung wollte anfangs keine Gewalt einsetzen.56
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Dieses Plakat zeigt die Verbreitung des Aufstandes. Die roten
Markierungen auf der Karte sind die Orte, an denen es zu Unruhen gekommen ist.
4.1.3.1 Forderungen der Demonstranten
Anlass des Streiks war zwar ursprünglich die Normenerhöhung, doch schon auf den Demonstrationen am 16. Juni wurden Forderungen laut, die über die Forderung nach Senkung der Normen hinausging. Es war die spontane Forderung nach Rücktritt der Regierung, die laut wurde. Auf dem Wege des Protestzuges verstärkte sich bei den Demonstranten der Ärger über die Regierung und die Partei, die ihrer Ansicht nach missliche Lage verursacht hatte. Die Versuche der SED Kader, die Lage durch die Verbreitung der Rücknahme der Normenerhöhung zu beruhigen scheiterten. Schon in dieser Phase waren die Arbeiter sich ihrer politischen Kraft voll und ganz bewusst. Sie wollten sich nun nicht mehr mit einer Beschwichtigung durch das Eingehen auf die sozialen Forderungen abspeisen lassen. Es gab keinen Streik, auf dem nicht die politischen Forderungen gestellt wurden. Bei den Protesten auf der Straße traten die sozialen Forderungen sogar völlig in den Hintergrund.57 Das Volk hatte erkannt, dass die wirtschaftliche Misere eine politische Ursache hatte: Die ökonomische Krise war durch eine verfehlte Politik ausgelöst worden. In Bitterfeld, wo sich Streikleitungen bilden konnten, die handlungsfähig waren, wurde sogar durch die Streikleitungen ein überregionales Streikkomitee, das aus 25 Personen bestand, gewählt. Dadurch wurden immerhin 30000 Menschen im Streik vertreten. Das Komitee organisierte Aktionen der Demonstranten in der gesamten Region. Es wurden Stadtverwaltungen, Räume des MfS, der Polizei und anderer staatliche Einrichtungen besetzt. Es wurde sogar in Bitterfeld versucht die SPD zu reorganisieren. Zu Ausschreitungen kam es im Einflussgebiet des Streikkomitees nicht, weil es stets seinen Einfluss bei den Demonstranten geltend machen konnte.
Das Bitterfelder Streikkomitee stellte einen Katalog von Forderungen auf, der nur eine soziale Forderung enthält. Die restlichen acht Punkte des „Bitterfelder Kataloges“ sind politischer Natur. Die Forderungen sind:
1. Die sofortige Normalisierung des sozialen Lebensstandards,
2. der Rücktritt der Regierung,
3. die Bildung einer provisorischen Regierung,
4. die Zulassung der demokratischen Parteien aus Westdeutschland,
5. freie und geheime Wahlen,
6. die Freilassung der politischen Gefangenen auch der „Wirtschaftsverbrecher“,
7. die Freilassung der aus religiösen Gründen verfolgten,
8. die Abschaffung der Zollgrenzen,
9. die Abschaffung aller paramilitärischen Verbände.58
Der Inhalt des Bitterfelder Kataloges ist annähernd identisch mit den allgemeinen Forderungen der Demonstranten während des Aufstandes. Auch die Inhalte und Aussagen der Resolutionen und Erklärungen, die von den Streikkomitees verfasst wurden, waren mit den Inhalten des Kataloges im Kern identisch.59
Politisch stellten die Forderungen der Arbeiter die Erleichterungen, die der „neue Kurs“ bringen sollte, noch in den Schatten. Der Aufstand hatte keine sozialen Erleichterungen zum Ziel, sondern wurde zu einer Absage an das zentralistische System der DDR und zu einem Ruf nach einer pluralistischen Demokratie. Wo die Möglichkeit bestand, wurde sogar die SPD reorganisiert. Auch die Blockparteien, insbesondere die CDU und die LDPD zeigten kurze Zeit lang entsprechende Aktivitäten.
Im Raum vom Görlitz bildeten sich im Verlaufe des Aufstandes sehr schnell politische Strukturen aus. Es entstand wieder eine SPD- Ortsgruppe und es wurde ein SPD- Revolutionskomitee eingesetzt. In der Stadt selbst kam es am 17. Juni sogar zur Bildung einer bürgerlich- demokratischen Stadtverwaltung und weiterer Exekutivorgane. An den Schulen der Stadt wurden die Parteistrukturen aufgelöst - die Forderung nach einem weltanschaulich neutralen Unterricht wurde laut. Sogar neue Schulleitungen wurden gewählt.
In Görlitz war es der LDPD- Abgeordnete Lothar Markwirth, der großen Einfluss auf die Maßnahmen in der Stadt und der Umgebung hatte, wofür er später, nach der Niederschlagung des Aufstandes als „Haupträdelsführer“ angeklagt und zu lebenslanger Haft verurteilt wurde.60
In Anbetracht der intensiven Aktivitäten von Seiten der Arbeiter wird leicht übersehen, dass auch andere Bevölkerungsgruppen an den Protesten beteiligt waren. Vor allem die Bauern sind in diesem Zusammenhang hervorzuheben. In ihrer Kritik am System unterschieden sich die Bauern, die Handwerker und die Unternehmer nicht von den Arbeitern. Dies gilt auch für die Nachdrücklichkeit, mit der sie ihre Forderungen und ihre Kritik vortrugen.
Die Liste der Verhaftungen zog sich durch alle Gesellschaftsschichten der DDR. So gab es neben 3500 verhafteten Arbeitern etwa 1800 inhaftierte Angestellte, Bauern und Selbständige.
Beteiligt an den Protesten waren auch Intellektuelle, Lehrer, Theologen und Verwaltungsangestellte.61 Insgesamt lässt sich festhalten, dass der Juniaufstand von 1953 kein reiner Arbeiteraufstand war, da die Beteiligung der anderen gesellschaftlichen Gruppen zu groß war.62 Problematisch für den Aufstand wirkte sich aus, dass es der Gesellschaft der DDR bereits zum Zeitpunkt des Aufstandes (zum Beispiel durch Flucht in den Westen) an kritischen Geistern mangelte. Die SED hatte bis 1953 bereits erfolgreich an der „Entpolitisierung der Bevölkerung“ gearbeitet. Die „neue Intelligenz“ der DDR verdankte ihre Karriere und ihre Privilegien dem vorhandenen System.63
Eine weitere politische Forderung, die während der Aufstände regelmäßig gestellt wurde, war der Ruf nach Wiederherstellung der deutschen Einheit. Die Streikkomitees gingen davon aus, dass freie Wahlen automatisch zu diesem Ergebnis führen würde.
Auch die SED - Führung war sich der Tatsache bewusst, dass die Demonstrationen auch die Frage der deutschen Einheit betreffen würden, was die Verstärkung der Grenztruppen an den Sektorengrenzen erklärt.64 In Berlin richteten sich die Proteste in der Tat gegen eine Trennung der beiden deutschen Staaten. Die Demonstranten vertrieben viele Grenzposten, wobei sie durch zahlreiche Westberliner unterstützt wurden, die in den Ostsektor kamen und sich mit den Protestierenden solidarisierten. Die „Einmischung“ der Westbürger wurde durch die Demonstranten nicht abgelehnt. Selbst die Arbeit des Ostbüros der SPD und der „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“ wurde akzeptiert. Die Berichterstattung des RIAS wurde sogar als nützliche Hilfe empfunden, da seine Rundfunkbeiträge ein guter, landesweiter Verbreitungsweg waren und da die Radioberichte oftmals auch die einzige Quelle über die Gesamtlage des Aufstandes waren.65
4.1.3.2 Niederschlagung des Aufstandes
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Erklärung des Ausnahmezustandes für die DDR.
Nachdem vorher das Kriegsrecht verhängt worden war, griffen in den Mittagsstunden des 17. Juni sowjetische Truppen in den Aufstand ein.66 Eine Gegenwehr durch die Demonstranten war nun kaum noch möglich. In einigen Städten wurden Steine gegen die Panzer geworfen oder Straßenbarrikaden errichtet.
Gleichzeitig mit den Truppen der Sowjetunion griff nun auch die Kasernierte Volkspolizei in das Geschehen ein. Der Aufstand war zum Zusammenbrechen verurteilt. Es gelang jedoch der sowjetischen Armee nur selten, die Straßen und Plätze vollständig zu räumen, da die Demonstranten immer wieder an anderen Stellen zusammenströmten.
An den Folgetagen kam es dennoch in vielen Orten zu Protesten, die jedoch auf eine sehr gut vorbereitete und gut organisierte Militärmacht trafen. Außerdem wurden, auf Befehl der sowjetischen Kommandanten, standrechtliche Erschießungen vorgenommen, die eine abschreckende Wirkung auf die Demonstranten haben sollten.
Die Aufständischen mussten realisieren, dass sie ihr Ziel gegen geballte die Militärmacht nicht realisieren konnten. Die Streiks gab es jedoch weiterhin in den Betrieben. Sie hatten ab dem 20. Juni jedoch eher den Charakter von Warnstreiks.
Eine der größten Schwächen des Aufstandes waren die fehlende oder die mangelhafte Organisations- und Führungsstruktur, die in der kurzen Zeit nicht gebildet werden konnte. Lediglich in der Region von Bitterfeld und im Gebiet von Görlitz gab es gewählte Führungen, die sich auch als handlungsfähig erwiesen hatten.
Nach dem Aufstand gab es viele Opfer zu beklagen. Mindestens 50 Demonstranten waren umgekommen. 10 Sicherheitskräfte starben. Hunderte Menschen wurden verletzt, viele davon schwer. 6000 Beteiligte wurden unverzüglich verhaftet, ein Drittel von ihnen jedoch schnell wieder freigelassen. Einer besonderen Verfolgung waren diejenigen ausgesetzt, die sich als Mitglieder von Streikleitungen erwiesen hatten oder diejenigen, die als Demonstranten das Wort ergriffen hatten.
Nach dem Aufstand stieg die Zahl der Flüchtlinge aus der DDR wieder an, da viele Teilnehmer und Initiatoren der Proteste in den Westen flohen.67 Nach der Niederschlagung des Aufstandes gab es noch weitere Proteste und Streiks, die erst nach und nach beendet wurden. Zum Teil gaben die Streikenden die Betriebe nur gegen Zugeständnisse (Straffreiheit oder Abzug des Militärs) wieder frei.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Bekanntgabe eines Todesurteils - Der Westberliner Willy Götting wurde zur Abschreckung der Demonstranten standrechtlich erschossen.
4.2 Nach dem Aufstand
4.2.1 Stärkung der SED
Die Arbeiter, Bauern und Angestellten, die sich am 17. Juni 1953 aufgelehnt hatten, protestierten gegen die Partei, die ihre Interessen nicht mehr vertrat, die sie nicht mehr repräsentierte.
Es gab viele Tote und Verletze, auch auf der Seite der sowjetischen Armee. Die sowjetischen Behörden gaben die standrechtliche Erschießung von sieben Soldaten bekannt. Tatsächlich war die Zahl der Erschossenen deutlich höher. Man geht von mindestens 20, eher jedoch 40 Personen aus.68 Auf Seiten der Demonstranten kamen im Verlauf des Aufstandes 50 Personen bei Auseinandersetzungen ums Leben.69
Die SED wurde nicht geschwächt, sondern ging gestärkt aus dem Aufstand hervor. Sie ging im Anschluss an die Aufstände massiv gegen die „Rädelsführer“ der Proteste vor. Direkt auf die Niederschlagung der Demonstrationen folgte eine Verhaftungswelle, die sich gegen die so genannten Rädelsführer richtete. Jeder, der sich an den Protesten aktiv beteilt hatte, sei es in Streikkomitees, in Streikleitungen oder sei es als Redner auf einer Protestkundgebung, wurde verhaftet. Im Verlauf dieser massiven Verhaftungswelle wurden allein in Berlin bin zum 19. Juni 1744 Personen inhaftiert, darunter viele Mitglieder von Streikleitungen. Die Haftbedingungen für die Festgenommenen waren sehr schlecht. In den Haftanstalten wurde großer Druck auf die Gefangenen ausgeübt und es kam auch zu Misshandlungen.70
Am 23. Juni 1953 wurden im Zusammenhang mit dem Aufstand 6000 Personen festgenommen worden - bis zum 1. Juli stieg diese Zahl sogar auf 8000 bis 10000 Menschen an. Über 60 % der Häftlinge waren Arbeiter, 6 % gehörten der SED an. Es kam zu über 1500 Anklagen und Urteilen. Zweimal wurde sogar die Todesstrafe verhängt.71
Der politisch- ideologische Druck auf die Bevölkerung begann nach dem Aufstand wieder zu steigen. Die Praxis der öffentlichen Selbstkritik wurde in der Partei und in der Gesellschaft wieder eingeführt. Es kam an zahlreichen öffentlichen Einrichtungen wie zum Beispiel an Hochschulen zu Entlassungen.72 Die SED rechnete auch mit den unzuverlässigen Personen in den eigenen Reihen ab. Die Parteiausschlüsse vermehrten sich rapide, Mitglieder wurden diszipliniert, entlassen oder sogar zu Haftstrafen verurteilt.73
Die Aufständischen waren jedoch durch die harten Maßnahmen nicht sofort ruhigzustellen. Ihr Widerstandswille brach nur allmählich. Erich Mielke, der damalige Staatsekretär im Ministerium für Staatssicherheit, berichtete am 22. Juni über die Situation nach der Niederschlagung des Aufstandes:
„Überall streikt die Bauunion noch. Die Bauarbeiter kommen nicht zur Arbeit. Vielleicht kommen sie am Montag wieder zur Arbeit. Genossen! Die Lage ist nicht nur auf diesem Gebiet so. Es gibt beispielsweise Betriebe, wo nur 5 % der Arbeiter wieder eingerückt sind. “ 74
Erst zwei Tage später, am 24. Juni stellte sich wie das MfS berichtete, wieder Ruhe ein. Nun trumpfte die SED wieder auf, nachdem sie am 17. Juni handlungsunfähig gewesen war.
Doch die Streiks und die Proteste waren noch nicht beendet. Am 15 Juli gab es in Buna einen erneuten Streik. Am 17./18. Juli wurde dem ZK der SED folgendes berichtet:
„ Es ist auch jetzt noch festzustellen, daßin den Betrieben teilweise sogar in Belegschaftsversammlungen (wie z.B. in der Mechanischen Weberei in Zittau) provokatorische Forderungen gestellt werden. Auch die Forderung nach Bestrafung der „ Schuldigen “ und Rücktritt der Regierung sowie die Hetze gegen Walter Ulbricht tritt noch auf. “ 75
Als entspannende Maßnahme wurde die Position des FDGB in der Gesellschaft der DDR besonders hervorgehoben. Es wurden noch zusätzlich Zugeständnisse an die Arbeiter gemacht, wodurch sich die Lage in der DDR entspannen sollten. Der Aufstand vom 17. Juni hatte jedoch zu sehr die Schwäche des FDGB gezeigt, der alles andere als eine freie Gewerkschaft war.76 Der Vorstand des FDGB trat zwei Monate nach dem Aufstand erstmals zusammen. Auf diesem Treffen kritisierte Walter Ulbricht den Gewerkschaftsbund, weil dieser den Arbeitern die „richtigen Beschlüsse“ nicht „erklärt“77 habe. Vor allem die IG Bau/Holz wurde kritisiert, weil ihre Mitglieder von der Baustelle an der Stalinallee den Aufstand ausgelöst hatten. Ihr Vorsitzender, Franz Jahn, gestand eine „falsche Ideologie“ ein- das Sekretariat der Gewerkschaft habe den „Klassenstandpunkt“ verlassen, so Jahn. Jahn wurde als Vorsitzender der Gewerkschaft IG Bau/Holz abgesetzt.78
Weniger bekannt wurden die Vorgänge, die sich nach dem Aufstand in der IG Metall abspielten. Ihr Vorsitzender Hans Schmidt weigerte sich nämlich, die moderate Haltung der Gewerkschaft während des Aufstandes als falsch zu bezeichnen. Daraufhin wurden er, sowie das Sekretariat der Gewerkschaft bezichtigt vor der „faschistischen Provokation zurückgewichen“79 zu sein. Die Leiter der Metall- Gewerkschaft, die sich für Selbstständigkeit ausgesprochen hatten, wurden als „Doppelzüngler“ geschmäht. Schmidt wurde zum „Feind der Arbeiterklasse“ erklärt und wurde aus der SED und dem FDGB ausgeschlossen. Dieser blieb weiterhin ein Transmissionsorgan für die SED.
Letztendlich kann die These aufgestellt werden, dass der Aufstand vom 17. Juni 1953 gezeigt hat, dass die DDR keineswegs, wie diese stets von sich behauptet hatte, ein Staat der Arbeiter gewesen ist. Dies stellt die Herrschaftslegitimation der DDR vollständig in Frage.80 Eine weitere Folge des Aufstandes war, dass die Position Ulbrichts, gegen den sich der Zorn der Demonstranten in erster Linie richtete, nicht geschwächt sondern sogar eher gestärkt wurde. Ulbricht blieb im Amt.81 „ Durch den Arbeiteraufstand ist Ulbricht nicht gestürzt, sondern vor einem drohen Sturz gerettet worden. “ 82 Das Herrschaftssystem gegen das sich die Proteste am 17. Juni 1953 richteten wurde weiter gefestigt und nicht, wie von vielen Aufständischen erhofft, erschüttert.
4.2.2 Faschismus und Nationalismus als Erklärung
Auf vielen Demonstrationen sangen die Teilnehmer das Deutschlandlied. Da die Menschen oft jedoch nur die erste Strophe kannten, wurde diese vorbelastete Strophe oft gesungen, was später zum Vorwurf des Faschismus und des Nationalismus durch die SED- Propaganda führte. Zusätzlich zum Deutschlandlied waren auf vielen Demonstrationen auch antisowjetische und antirussische Losungen zu hören. Auch diese Protestrufe wurden auch dazu genutzt den Faschismusvorwurf zu untermauern.83
Die Schuld am Aufstand wurde in der Folgezeit vollkommen westdeutschen Provokateuren und den alten Faschisten angelastet. Die Verfolgung und Aburteilung von Demonstrationsteilnehmern wurde somit zum Teil des antifaschistischen Kampfes der DDR, der für die DDR und die SED politisch notwendig und moralisch erforderlich war und politisch wie propagandistisch ausgenutzt wurde.
Die Arbeiter wurden Kampf gegen den Faschismus in eine „Rolle der verführten Opfer“ gedrängt. Sie traten aus Sicht der SED erneut als Masse auf, die es zu erziehen galt. Da sich für den Faschismus jedoch keine wirklichen Beweise fanden, wurden Legenden entwickelt, um den faschistischen Einfluss zu belegen. Die nach den Protesten inhaftierten Personen wurden pauschal zu faschistischen Elementen erklärt. Um den Einfluss des Westens untermauern zu können, war es der SED sehr nützlich, dass unter den Gefangenen, die in Berlin gemacht wurden, viele Westberliner waren. Auf diese Weise konnte man einen westlichen Einfluss deutlich machen. Zusätzlich wurden Flugblätter von westdeutschen Organisation, wie zum Beispiel vom Ostbüro der SPD oder der Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit gefunden, was die Theorie des vom Westen gesteuerten Putschversuches für die SED untermauerte.84 Das Ministerium für Staatssicherheit stellte einen Ursachenkatalog für den Aufstand auf. Nach Ansicht des MfS hatten die Proteste folgende Ursachen:
1. Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen Lage und mit den politischen Maßnahmen der Regierung.
2. Bewusste Opposition gegen die DDR und gleichzeitige Ausnutzung der Unzufriedenheit großer Teile der Bevölkerung.
3. Aktivitäten von Banditen, Provokateuren und anderen Feinden in der DDR.85
4.2.3 Die Bürger nach dem Aufstand
In der Folgezeit des Aufstandes baute die SED die innere Sicherheit aus, versuchte jedoch auch die sozialen Lebensbedingungen des Volkes zu verbessern, was unmittelbar nach dem 17. Juni durchaus spürbar wurde. Es wurde versucht den sozialen Druck auf die Bauern und die Selbständigen, die noch nicht geflohen waren, zu mildern.86 Es kehrte nun Ruhe in der DDR ein, was kein wirkliches Zeichen von Frieden in der Gesellschaft war. Die Ruhe, die nun in der DDR herrschte war eher eine Art erzwungene Friedhofsruhe.
Die rücksichtslose Niederschlagung des Aufstandes vom 17. Juni löste einen tiefen Schock in der Bevölkerung aus. Sie hatte einsehen müssen, dass es für sie keinen Weg gab, um gegen die SED- Macht vorzugehen. Es gab keine Bedingungen in der DDR, die eine Opposition zugelassen hätten- jedes kollektive Aufbegehren war aussichtslos, wie die Ereignisse vom 17. Juni gezeigt hatten. Hilfe aus dem Westen war auch nicht abzusehen.87 Auch die Kirchen zeigten keine Reaktionen, so dass die Bevölkerung nach dem Aufstand alleine dastand und außerdem noch den Triumph der SED miterleben musste. Es hatte sich auch gezeigt, dass nicht die gesamte Bevölkerung der DDR am Aufstand teilgenommen hatte, da ein Teil der Bevölkerung schon fest in das System der DDR eingebunden war. Der Unterdrückungsapparat der SED war sehr erfolgreich, denn die Propaganda vom faschistischen Putschversuch zeigte innerhalb der SED und unter den „Intellektuellen“ ihre Wirkung. Denunziationen durch Opportunisten sicherten Karrieren und Privilegien. Die Opportunisten wurden stärker an die SED angebunden, was kein Zeichen von freier Entscheidung war, sondern vielmehr ein Zeichen von physischer und psychischer Unterwerfung. Immer mehr Menschen ordneten sich dem System nun unter.
Der Aufstand bedeutete den moralischen und politischen Bankrott der DDR, weshalb er wohl auch in der Folgezeit nicht politisch verarbeitet wurde. Es wurde in den Folgejahren kaum noch über die Ereignisse gesprochen. Die jüngere Generation in der DDR wusste nichts von dem Aufstand. Die Proteste vom 17. Juni 1953 wurden also auch nicht in den Familien thematisiert. Wenn die Aufstände angesprochen wurden, so stellte sich oftmals heraus, dass sich diese Ereignisse für viele Menschen traumatisierend ausgewirkt hatten.88 Der Aufstand wirkte letztendlich entgegen seiner ursprünglichen Intention und wurde zu einem Argument für die Zwecklosigkeit von Opposition und Widerstand in der DDR.
4.2.4 Die Kirchen und der Aufstand
Für die Kirchen stellten die Unruhen und ihre Intensität eine Überraschung dar. Für die Führer der Kirchen war der „neue Kurs“ der Grund gewesen, warum sie die Lage in der DDR positiv beurteilten.
Die Reaktionen auf den Aufstand waren unterschiedlich, wobei in erster Linie zwischen den Führern der Kirche und der Basis zu unterscheiden ist. Der überwiegende Teil der Bischöfe und Kirchenleiter war den Protesten gegenüber eher negativ eingestellt. Sie äußerten sich sehr zurückhaltend und rieten dazu, sich nicht an den Demonstrationen zu beteiligen. Die Demonstranten wurden durch Kirchenvertreter zur Ruhe aufgerufen. Den Staatsfunktionären gegenüber distanzierten sich die Kirchenvertreter vom Aufstand. Die Protestierenden erhielten keine Unterstützung von den Kirchenleitungen was die SED positiv zur Kenntnis genommen wurde. Das Verhalten der Kirchenleitungen war zum einen dadurch begründet, dass die Kirchen erst zu einer Meinungsbildung über den Aufstand kamen, als dieser bereits niedergeschlagen worden war. Außerdem waren die Kirchen sehr auf die Durchführung und Umsetzung des „neuen Kurses“ konzentriert. Mit der Ankündigung von Erleichterungen durch die SED war die oppositionelle Haltung der Kirchen unterbrochen. Die Kirchvertreter fürchteten nun, dass die Durchsetzung des „neuen Kurses“ gefährdet seien - die Führer der Kirchen in der DDR realisierten eine gewisse Distanz zu den Arbeitern.89 Auf der Seite der kirchlichen Basis sah die Haltung zu den Protesten völlig anders aus, denn die Mehrheit der Aufständischen waren Kirchenmitglieder. In vielen Protestnoten und Forderungskatalogen wurde auch der Ruf nach einer Beendigung der Verfolgung der Christen laut. Unter den Demonstranten waren zusätzlich zu den Arbeitern auch eine Vielzahl von Theologierstudenten, kirchlichen Mitarbeitern und Pfarrer. Dort, wo sich die Protestwelle auch in den ländlichen Regionen ausbreitete, spielten Pfarrer oftmals eine Führungsrolle. Die Kluft zwischen kirchlicher Basis und ihrer Führung trat nun offen zu Tage. Ein Beispiel: In Thüringen kam es dazu, dass der Bruder des Bischofs, der Pfarrer Edgar Mitzenheim, verhaftet wurde. Er hatte gemeinsam mit Bauern an der Zerschlagung der LPG teilgenommen und war maßgeblich am Aufstand beteiligt. Mitzenheim wurde im Juli 1953 zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt. Sein Bruder, der Bischof von Thüringen, distanzierte sich öffentlich von ihm und die Kirchenleitung versetzte ihn nach seiner Haftentlassung in den Wartestand. Am 24. Juni 1953 tagte die Konferenz der evangelischen Kirchenleitungen, auf dem sich die Teilnehmer sich auf ein Schreiben an den sowjetischen Hochkommissar verständigten, in dem sich die Kirchenleitungen für einige Verhaftete einsetzte. In der Gesamtheit gesehen verhielt sich die Kirche gegenüber dem Aufstand jedoch eher zurückhaltend, was im Gegensatz zu verschiedenen Äußerungen vor dem Aufstand stand, in denen die Kirche immer wieder davor gewarnt hatte, dass eine repressive Politik in eine Katastrophe führen würde.
Die Zurückhaltung der Kirchenleitungen gegenüber der SED brachte den Kirchen jedoch keine Vorteile ein, denn die SED nahm den Kirchenkampf bereits 1953 mit unveränderter Härte wieder auf.90
4.2.5 Der Westen und der Aufstand
Die SED sah die Drahtzieher des Aufstandes im Westen, was nicht der
Realität entsprach. Zwar gab es westliche Unterstützung für den Aufstand:
1. Es gab kleine politische Gruppen, die aus Westberlin den Aufstand propagandistische unterstützten;
2. die bundesrepublikanischen, besonders die westberliner Medien sorgten für eine flächendeckende Nachrichtenübermittlung in der DDR, die eine große Rolle für den Aufstand gespielt hat;
3. viele Westberliner nahmen am Aufstand Anteil;
4. auch westliche Politiker gaben Erklärungen und Bekundungen der Solidarität mit den Aufständischen ab.
Doch der politischen Botschaft des Aufstandes stand der Westen eher hilflos gegenüber. Nicht einmal das vollständige Ausmaß der Revolte wurde erfasst.
Die Bundesrepublik nutzte die Ereignisse des 17. Juni zur Auseinandersetzung der beiden unterschiedlichen Systeme und erklärte den Tag zum Feiertag.91 Der bürgerlichen Demokratie nutzte der Aufstand stets als ergänzende Legitimation.
Für die auf Westintegration ausgelegte Deutschlandpolitik Konrad Adenauers war der 17. Juni hinderlich. Er lehnte die Wiedervereinigung unter kommunistischer Führung ab. Die Stabilitätskrise der SED wurde für die Bundesrepublik zu einem Sicherheitsrisiko. In der Politik der BRD gab es für die interne Opposition der DDR keinen Platz. Schließlich wurde am Abend des 18. Juni 1953 im RIAS durch Egon Bahr erklärt, dass die „Relation zur weltpolitischen Lage wiederhergestellt werden müßte.“92 Die Ostdeutschen hatten zwar auf Hilfe aus dem Westen gehofft, doch dieser erwies sich nun als passiv. Diejenigen, die in der DDR nun nichts mehr zu erwarten hatten, mussten sie nun endgültig verlassen. Die Widerständler in der DDR mussten einsehen, dass sich Veränderung nur innerhalb des Landes und außerhalb der SED abspielen würde, was nach den Ereignissen des 17. Juni als sehr unwahrscheinlich anzusehen war.93
5 Fazit
Mit den Demonstrationen im Juni 1953 erlebte die DDR die schwersten Proteste seit ihrer Gründung. Die Bauarbeiter, die am 16. Juni ´53 ihre Arbeit niederlegten und sich zu einem Protestmarsch formierten, lösten eine Welle von Protesten, Demonstrationen und auch von Zusammenstößen aus. Schnell wurde aus einer kleinen Gruppe von Bauarbeitern, die gegen die hohen Arbeitsnormen protestieren, eine Gruppe von mehreren tausend Menschen. Die Forderung nach Senkung der Arbeitsnormen schlug schnell in den Ruf nach freien Wahlen und nach einer neuen Regierung um. Am 17. Juni weiteten sich die Proteste dann teils durch Absprache unter den Streikenden, teils auch durch Rundfunkmeldungen im RIAS auf das gesamte Gebiet der DDR aus. Die Menschen traten in den Ausstand und bestreikten ihre Betriebe. Ausgelöst wurden die Ereignisse durch die Beschlüsse der zweiten Parteikonferenz, die den „Aufbau des Sozialismus“ forderten und die die Normenerhöhung mit sich brachten. Die Bevölkerung der DDR erhob sich spontan gegen ihren autoritären Staat, der seine Legitimation als „Arbeiter- und Bauernstaat“ Mitte Juni 1953 als eine Legende enthüllte. Es waren gerade die Arbeiter, für die die DDR und ihre Partei (die SED) stand, die die Demonstranten am 17. Juni zerschlagen wollten.
Das ironische Moment am Aufstand ist die Tatsache, dass der Aufstand ausgerechnet in dem Jahr stattfand, das von der SED zum „Karl-Marx-Jahr“ erklärt wurde. Denn es war die Idee des Karl Marx, dass nur die Arbeiter selbst ihre Emanzipation erreichen konnten und niemand anderes. Gerade die Arbeiter waren es nun, die sich gegen das bestehende System der DDR auflehnten.94
5.1 Zum Forschungsstand
Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der DDR hat erst spät begonnen. Noch im Jahre 1978 wurde festgestellt, dass in der Bundesrepublik die politische Geschichte der DDR nur wenig erforscht war. Die Ursache hierfür war zum Einen die schlechte Quellenlage, die vor allem für die sechziger Jahre schlecht ist. Zum Anderen liegt die Ursache hierfür aber auch in der Tatsache, dass die Forschung sich einfach den Themen der DDR nicht angenommen hat.
In der DDR hatte die Geschichtsschreibung einen besonderen Stellenwert, da die Geschichte stets als Legitimation für die SED- Herrschaft herangezogen wurde. Die Zahl der Publikationen in der DDR ist auf ein unüberschaubares Maß angewachsen. Der Nachteil dieser Publikationen ist jedoch die Tatsache, dass diese in politischem Auftrage angefertigt wurden. Sie waren also parteilich. Es entstand also ein verzerrtes, verfälschtes und deformiertes Geschichtsbild, das über die DKP auch in die Bundesrepublik getragen wurde. Der Forschung in der Bundesrepublik kam nun die Rolle zuteil, die Geschichte der DDR möglichst kritisch und objektiv zu beleuchten. So entstanden zwei unterschiedliche Geschichtsbilder der DDR:
1. Eine differenzierte Betrachtung der DDR- Geschichte durch die westliche Forschung, die methodisch und inhaltlich vielfältig vorging.
2. Eine legendenhafte Geschichtsschreibung, die in der DDR vorgenommen wurde.95
Die Quellenlage spielt für die Erforschung der DDR- Geschichte eine wichtige Rolle. Deshalb hat die Öffnung der östlichen Archive für die Geschichtsforschung eine große Bedeutung. Sie bietet die Möglichkeit für neue Untersuchungen. Durch die Wiedervereinigung haben Historiker die Chance bekommen sich mit der abgeschlossenen Entwicklung der DDR von ihrem Anfang bis zu ihrem Ende zu beschäftigen. Es bietet sich nun die Chance ein abgeschlossenes Themenfeld anhand der vorhandenen, ursprünglich internen DDR- Dokumente zu erarbeiten. Zur Quellenlage bleibt noch zu sagen, dass es zur Frühzeit der DDR umfangreiche Textsammlungen (auch im Westen) gab. Die DDR verfügte über ein ausgeprägtes Archivwesen. Es gab zudem auch publizierte Akten oder offizielle Texte - die wissenschaftlichen Publikationen (zum Beispiel Dissertationen), die auf einer breiten Quellenbasis aufbauten, waren zahlreich. Die frühe Zeit der DDR wurde jedoch besser bearbeitet als die spätere Phase.
Die Beschäftigung mit den Ereignissen im Juni 1953 wurde 40 Jahre lang politisch missbraucht. Die DDR behaarte bis zu ihrem Ende auf einem von außen inszenierten Putsch. In der Bundesrepublik entstanden Darstellungen, die direkt nach den Ereignissen und von den Aufständen beeinflusst wurden.
Diese Veröffentlichungen wurden häufig zu Produkten des Kalten Krieges herabqualifiziert.96
Die Sichtweise der fünfziger Jahre, und die Konzentration auf diese Zeit bewirkte eine Verengung des Blickwinkels.97 Besonders zeigen dies die späteren Auflagen der Arbeit von Arnulf Baring, der Die Juniaufstände als Arbeiteraufstände typisiert. Seine Arbeit wurde durch die Entspannungspolitik der siebziger Jahre maßgeblich beeinflusst. Die Quellenlage in jener Zeit hatte sich nur wenig geändert.
In der Zeit nach 1983 blieb, trotz einiger Detailstudien zum 17. Juni, hier sei zum Beispiel die Arbeit von Fricke und Spittmann98 genannt, die Sichtweise über den Aufstand unverändert. Erst als die Archive 1990 geöffnet wurden, begann sich die Sichtweise über die Ereignisse des Jahres 1953 zu verändern.
Zunächst hieß diese Veränderung der Sichtweise jedoch, dass es zur Festschreibung der Baring- Thesen kam, denn die Historiker aus der DDR begannen die bis dahin stets abgelehnte Theorie vom Arbeiteraufstand in der DDR zu übernehmen. Vor allem das Werk von Thorsten Dietrich99, das Auf Akten des Innenministeriums und auf Akten aus dem SED- Archiv beruhte, unterstützte die Hauptthesen Barings. Später zitierte Diedrich in einem anderen Werk Barings Worte über das Eingreifen der sowjetischen Armee völlig unkommentiert:
„Ihr Eingreifen war kein Wendepunkt, sondern hat nur einen Schlusspunkt gesetzt: die Streik- und Demonstrationsbewegung hatte sich im Laufe des Tages erschöpft, der Elan war versiegt, der Aufstand in seinen Anfängen steckengeblieben.“100 In diesem Fall geht sogar aus Diedrichs Ausführungen ein gegenteiliger Schluss hervor. Er behandelt in seinem Werk besonders genau die Rolle der Kasernierten Volkspolizei, sowie eine Fülle von Details in der Darstellung. Es bleibt offen, warum Diedrich so starr an der Meinung festhält, der 17. Juni 1953 sei ein reiner Arbeiteraufstand gewesen.101
Diedrich beharrt so sehr auf der Vorstellung von Arbeiteraufstand, dass er sogar beginnt, diese Idee in andere Arbeiten hineinzulesen. Dies gilt vor allem für die Arbeit von Manfred Hagen.102 Diese Arbeit beruht auf der Befragung von Zeitzeugen und der Analyse von Materialien aus SED- Archiven. Hagen betont die Bedeutung der Vorgeschichte des 17. Juni und er misst der Folgezeit ein größeres Gewichtet bei. Auch was die Beteiligung der anderen Bevölkerungsschichten angeht, kommt Hagen zu einer anderen Auffassung als der bisher gängigen. Er sagt folgendes: „Wollen wir nicht einen Kunstbegriff prägen, so läßt sich der Kern des Geschehens und das Handeln der großen Mehrzahl am besten bezeichnen als Volkserhebung - als erste Erhebung dieser Art gegen das stalinistische Regime.“103 Im Kern seiner Darstellung beschäftigt sich Hagen direkt mit den Geschehnissen um den 17. Juni 1953.
Die Aussagen Diedrichs lassen sich nicht mit denen Hagens in Übereinstimmung bringen. Diedrich übernimmt mit seinem Phasenmodell wiederum die Ideen Barings. Er spricht von drei Phasen:
1. Die ersten Phase beginnt bei Diedrich mit der Diskussion der Forderungen der Arbeiter, die oftmals durch Meldungen im RIAS, durch Absprachen der Arbeiter untereinander oder auch via Telefon verbreitet wurden.
2. In der zweiten Phase formieren sich dann die Demonstrationszüge.
3. Phase drei beschreibt die Entladung des Frusts über das SED- Regime auf Seiten der Arbeiter.
Hagen selbst fasst seine Ideen anders zusammen. Er widerspricht dem Gedanken, dass die Proteste im Juni 1953 immer in der selben Abfolge abliefen. Er sagt folgendes: „Oft hat man geglaubt, die verschiedenen Protestformen nach einer vielerorts gleichen Abfolge gliedern zu können:
Die auslösenden Arbeitsniederlegungen gingen in Streiks über, diese mündeten in den Ausmarsch der Arbeiter, die wiederum im Kern der folgenden Massenversammlungen oder Kundgebungen bildeten, an deren Ende oder doch am Rande dann brachiale Aktionen erfolgten. Damit sind zwar einige der charakteristischen Ereinungen bekannt; löst man sich aber einmal vom Denken in kausalen Sequenzen, fixiert statt dessen genauer und vergleichend die Erscheinungsformen und geht so gründlich wie möglich den Ereignissen an vielen Orten nach, so stellt sich heraus, daß manche der erst später zu erwartenden Phänomene wesentlich früher auftraten, daß also das idealtypische Nacheinander korrigiert werden muß.“104
Zum 40 Jahrestag des Aufstandes erschien eine Monographie von Gerhard Beier, die sehr umfangreich war. Beier bediente sich für seine Arbeit diverser Quellen: So nutzte er Befragungsprotokolle von Zeitzeugen, chronologisch gegliederte Dokumente und auch Fotos. Er nutzte nicht nur DDR- Archive, sondern ging auch in sowjetische, englische und westdeutsche Archive. Seine Monographie fokussiert die Arbeiter und die Geschehnisse in den Betrieben. Beier bezeichnet den Aufstand in der Einleitung seines Textes als „revolutionäre Erhebung“ der Arbeiter.105 Mitter, Wolle und Kowalczuk typisieren in ihrem Werk aus dem Jahre 1996106 den Aufstand als einen Volksaufstand. Sie beschreiben die Diskussion um den Begriff mit der Debatte in der Enquete- Kommission des Bundestages zur „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED- Diktatur“, in der sich Christoph Kleßmann für eine Typisierung als Arbeiteraufstand aussprach. Es entstand daraus eine kontroverse Diskussion um die Charakterisierung des Aufstandes.
In der gegenwärtigen wissenschaftlichen Diskussion ist die Frage danach von Bedeutung, ob der 17. Juni nun ein Arbeiter- oder ein Volksaufstand gewesen sei.107 Hermann Weber hält diese Diskussion für überzogen. Er hält jedoch fest, dass es die Arbeiter waren, die die Streikwelle in Gang gebracht haben, die also letzten Endes auch die Ereignisse des 17. Juni und der Folgetage ausgelöst haben. Der Streik hatte „tatsächlich das ganze Land, und zwar in weitaus stärkerem Rahmen als bisher angenommen, erfasst.“108 Auch wenn sich an dem Aufstand breite Bevölkerungsschichten beteiligt haben, so waren es laut Weber vor allem die Arbeiter und Angestellten, die den Streik ausgelöst und getragen haben. Vor allem die Arbeiter lehnten sich gegen „die Diktatur auf, die sich als Sozialismus ausgab, aber nicht ihre Interessen vertrat.“109 Der Aufstand war also, nach Weber, auch ein Arbeiteraufstand.
Dietrich Starnitz bezeichnet den Aufstand des Jahres 1953 in seiner „Geschichte der DDR“110 als eine Arbeiterrebellion, die in den unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten mehr oder minder aktive Sympathisanten fand.
6 Verzeichnisse
6.1 Literaturverzeichnis
Hermann Weber
„Geschichte der DDR“, München, 1999
Hermann Weber
„Die DDR 1945 - 1990“, München / Oldenbourg, 1999
Hermann Weber
„Kleine Geschichte der DDR“, Köln, 1980
Ehrhard Neubert
„Geschichte der Opposition in der DDR 1949 - 1989“, Berlin, 1998
Arnulf Baring
„Der 17. Juni 1953“ in: Berichte aus Mittel- und Ostdeutschland, Bonn, 1957
Arnulf Baring
„Der 17. Juni 1953“, Stuttgart, 1983
Manfred Hagen
„DDR - Juni ´53“, Stuttgart, 1992
Kowalczuk, Mitter, Wolle (Hg.)
„Der Tag X - 17. Juni 1953“, Berlin, 1996
Armin Mitter, Stefan Wolle
„Untergang auf Raten“, München, 1993
Dieter Starnitz
„Geschichte der DDR“, Frankfurt/Main, 1996
Christoph Kleßmann
„Die doppelte Staatsgründung - Deutsche Geschichte 1945 - 1955“, Bonn, 1991
6.1.1 Internetadressen zum Thema
www.chronik-der-wende.de/lexikon/glossar.jsp?key=17.Juni1953
www.de.news.yahoo.com/000617/4/xp7h.html
www.members.aol.com/pahling/ddr/ereignisse001.html
Eine Literaturliste zum Thema gibt es unter:
www.members.aol.com/grinpit/ddr/volksaufstand/literature.html
6.2 Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 ist entnommen aus:
www.members.aol.com/pahling/ddr/images.html, Stand:
21.06.2000
Abbildung 2 ist entnommen aus:
www.members.aol.com/pahling/ddr/images.html, Stand:
21.06.2000
Abbildung 3 ist entnommen aus:
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21.06.2000
Abbildung 4 ist entnommen aus:
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21.06.2000
Abbildung 5 ist entnommen aus:
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21.06.2000
Abbildung 6 Abbildung 4 ist entnommen aus:
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21.06.2000
Abbildung 7 Abbildung 4 ist entnommen aus:
www.members.aol.com/pahling/ddr/images.html, Stand:
21.06.2000
Abbildung 8 Abbildung 4 ist entnommen aus:
www.members.aol.com/pahling/ddr/images.html, Stand:
21.06.2000
[...]
1 Siehe in: Ilko- Sascha Kowalczuk, Armin Mitter, Stefan Wolle (Hg.) „Der Tag X - 17. Juni 1953“, Berlin, 1996, Seite 9
2 Siehe in: Ilko- Sascha Kowalczuk, Armin Mitter, Stefan Wolle (Hg.) „Der Tag X - 17. Juni 1953“, Berlin, 1996, Seite 11
3 Siehe in: Hermann Weber „Die DDR 1945 - 1990“ - Oldenbourg Grundriss der Geschichte - Band 20, München, Oldenbourg, 1999, Seite 28, zur Gründung der DDR, siehe auch: Hermann Weber „Kleine Geschichte der DDR“, Köln, 1980, Seite 52
4 Siehe in: Hermann Weber „Geschichte der DDR“, München, 2000, Seite 123f.
5 Siehe hierzu auch: Wolfgang Leonhardt „Die Revolution verlässt ihre Kinder“
6 Siehe in: Weber, 1999, Seite 28
7 Siehe in: Weber, 1999, Seite 29, auch in Weber „Kleine Geschichte der DDR“, 1980, Seite 53
8 Siehe in: Weber, 1999, Seite 29
9 ebd., Seite 29
10 ebd., Seite 29
11 Was auch naheliegend war, denn die politischen Funktionsträger sind in der Sowjetunion ausgebildet und geschult worden. Siehe hierzu: Wolfgang Leonhardt „Die Revolution entlässt ihre Kinder“
12 Die Stasi unterwanderte jedoch auch immer wieder einzelne Gruppen, um diese zu kontrollieren oder um diese für ihre Zwecke zu missbrauchen.
13 Siehe in: Weber, 1999, Seite 30
14 Siehe in: Weber, 1999, Seite 30
15 Nach einem im Februar 1950 beschlossenem Programm forderte die „Nationale Front“ die Einheit. Siehe in: Weber, 1999, Seite 31
16 Zur Absicherung der DDR nach innen, siehe: Hermann Weber „Geschichte der DDR“, 2000, Seite 130, auch in: Weber „Kleine Geschichte der DDR“, 1980, Seite 54
17 Siehe in: Weber, 1999, Seite 32
18 Die Akten des MfS, die nach dem Ende der DDR eingesehen werden konnten, zeigen, dass es zu umfangreichen Wahlfälschungen gekommen ist. Siehe in: Weber, 1999, Seite 31
19 Siehe in: Weber, 1999, Seite 32
20 Zur Opposition im Sozialismus, siehe: Klaus Ziemer „Opposition in Osteuropa“, in: Dieter Nohlen (Hg.) „Wörterbuch Staat und Politik“, München, 1995, Seite 487f.
21 Zur Entwicklung und Veränderung der Parteiensystems, siehe: Hermann Weber „Geschichte der DDR“, 2000, Seite 133, auch in: Hermann Weber „Kleine Geschichte der DDR“, 1980, Seite 55
22 Die CDU erkannte im Juli 1952 „die führende Rolle der SED als die Partei der Arbeiterklasse“ vorbehaltlos an. Siehe in: Weber, 1999, Seite 35
23 Siehe in: Weber, 1999, Seite 35
24 Zur Blockpolitik und zur Rolle der Massenorganisationen, siehe: Hermann Weber „Kleine Geschichte der DDR“, 1980, Seite 59
25 Zum Aufbau des Sozialismus, siehe: Hermann Weber „Geschichte der DDR“, 2000, Seite 147ff., siehe auch unter: www.members.aol.com/pahling/ddr/ereignisse001.html, Stand: 21.06.2000, auch in Hermann Weber „Kleine Geschichte der DDR“, 1980, Seite 61; Dietrich Starnitz „Geschichte der DDR“, Frankfurt/Main, 1996, Seite 94ff.; auch in: Ilse Spittmann, Karl Wilhelm Fricke (Hg.) „Der 17. Juni 1953 - Arbeiteraufstand in der DDR“, 1982, Seite 5
26 Siehe in: Arnulf Baring „Der 17. Juni 1953“, Stuttgart, 1983, Seite 19
27 Die Ziele wurden jedoch sehr wohl durch die Aufstände von 1953 verändert.
28 Siehe in: Weber, 1999, Seite 36; auch in: Hermann Weber „Kleine Geschichte der DDR“, 1980, Seite 63
29 Siehe in: Weber, 1999, Seite 37
30 Siehe in: Weber, 1999, Seite 37
31 Siehe in: Weber, 1999, Seite 37
32 Siehe in: Weber, 1999, Seite 38
33 Eventuell zukunftsfähige Brachen, sofern dies in einer zentral gelenkten Planwirtschaft zu sagen ist, wie Beispielsweise die Chemie, die Optik oder die Feinmechanik wurden vernachlässigt. Es bleibt die Frage offen, in wie weit diese Branchen zu zukunftsfähigen Hightech- Branchen hätten heranwachsen können. Siehe in: Weber, 1999, Seite 38
34 Siehe in: Weber, 1999, Seite 38
35 Der Personenkult um Stalin wurde insbesondere durch Ulbricht vorangetrieben. Ulbricht ließ folgende Losung ausgeben: „Wir werden siegen, weil uns der große Stalin führt!“ Siehe in: Weber, 1999, Seite 39
36 Siehe hierzu: Hermann Weber „Kleine Geschichte der DDR“, 1980, Seite 65
37 Siehe in: Weber, 1999, Seite 41
38 Siehe in: Weber, 1999, Seite 41. Zum Kultur- und Kirchenkampf in der DDR, siehe: Dietrich Starnitz „Geschichte der DDR“, 1996, Seite 104f.; auch in: Ilse Spittmann, Karl Wilhelm Fricke (Hg.) „Der 17. Juni 1953“, 1982, Seite 7. Die katholische Kirche blieb bis zum Ende der DDR in eine zu vernachlässigen Position, denn sie war zahlenmäßig klein, unbedeutend und war gleichzeitig sehr an das System angepasst.
39 Siehe in: Weber, 1999, Seite 41, auch unter: www.members.aol.com/pahling/ddr/ereignisse001.html, Stand: 21.06.2000, zum „neuen Kurs“ siehe auch: Hermann Weber „Kleine Geschichte der DDR“, 1980, Seite 67f.
40 Siehe in: Weber, 1999, Seite 42, auch in: Hermann Weber „Kleine Geschichte der DDR“, 1980, Seite 69
41 Zur Normenerhöhung, siehe: www.members.aol.com/pahling/ddr/ereignisse001.html, Stand: 21.06.2000, auch in: Hermann Weber „Kleine Geschichte der DDR“, 1980, Seite 69; Dietrich Starnitz „Geschichte der DDR“, 1996, Seite 101f., Seite 117; auch in: Ilse Spittmann, Karl Wilhelm Fricke (Hg.) „Der 17. Juni 1953“, 1982, Seite 9
42 Siehe in: Weber, 1999, Seite 42; auch in: Dietrich Starnitz „Geschichte der DDR“, 1996, Seite 109f.; hierzu auch: Ilse Spittmann, Karl Wilhelm Fricke (Hg.) „Der 17. Juni 1953“, 1982, Seite 10f.
43 Zu den Ereignissen am 16. Juni, siehe: Torsten Dietrich „Der 17. Juni in der DDR“, Berlin, 1991, Seite 55ff.; hierzu auch: Ilse Spittmann, Karl Wilhelm Fricke (Hg.) „Der 17. Juni 1953“, 1982, Seite 11f.
44 Siehe in: Erhard Neubert „Geschichte der Opposition in der DDR“, Berlin, 1998, Seite 80, hierzu auch: www.members.aol.com/pahling/ddr/ereignisse001.html, Stand: 21.06.2000
45 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 80
46 Dies geschah jedoch nicht immer aus voller Überzeugung der Funktionäre. Sie wurden oftmals dazu genötigt, sich der Arbeiter anzunehmen oder sie wollten den Aufstand mit ihrer Aktivität beschwichtigen. Siehe in: Neubert, 1998, Seite 80
47 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 81
48 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 81
49 Zu den Ereignissen am 17. Juni 1953, siehe: Dietrich Starnitz „Geschichte der DDR“, 1996, Seite 120f.; hierzu auch: Torsten Dietrich „Der 17. Juni 1953 in der DDR“, Seite 68ff.; hierzu auch: Ilse Spittmann, Karl Wilhelm Fricke (Hg.) „Der 17. Juni 1953“, 1982, Seite 13 ff.
50 Zu den Streikzentren, siehe: Ilse Spittmann, Karl Wilhelm Fricke (Hg.) „Der 17. Juni 1953“, 1982, Seite 15f.
51 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 82; auch in: Hermann Weber „Kleine Geschichte der DDR“, 1980, Seite 69f
52 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 82; eine ausführliche Abhandlung über die Bauernaufstände liefern Armin Mitter und Ilko- Sascha Kowalczuk in: Kowalczuk / Mitter / Wolle „Der Tag X- Der 17. Juni 1953 “, Seite 75 - 128
53 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 82
54 Es gab vereinzelt jedoch auch Misshandlungen an Wachpersonal; auch ein Todesfall ist bekannt. Siehe in: Neubert, 1998, Seite 83
55 Die Befreier gingen einfach davon aus, dass es sich bei den Gefangenen ausschließlich um politische Häftlinge handelte. Diese Annahme sollte sich oftmals als richtig erweisen. Siehe in: Neubert, 1998, Seite 83
56 Die SED- Führung vertraute den Truppen der Kasernierten Volkspolizei noch nicht vollständig. Tatsächlich gab es einige Befehlsverweigerungen von Offizieren und Mannschaften der Volkpolizei gegen den Einsatz. Siehe in: Neubert, 1998, Seite 83
57 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 84
58 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 84; siehe auch in: Ilse Spittmann, Karl Wilhelm Fricke (Hg.) „Der 17. Juni 1953“, 1982, Seite 15
59 Natürlich variierten die Forderungen der einzelnen Belegschaften voneinander, da die einzelnen Streikkomitees von Zeit zu Zeit spezifische Anliegen ihrer Belegschaften aufgriffen. Beispiel: Sozialabbau oder die einzelnen betrieblichen Angelegenheiten. Siehe in: Neubert, 1998, Seite 85
60 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 85
61 In Jena und in Leipzig spielten auch Studentengruppen eine Rolle, auch wenn diese nie als geschlossene Gruppe auftraten. Siehe in: Neubert, 1998, Seite 86
62 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 86
63 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 86, siehe auch unter: www.members.aol.com/pahling/ddr/ereignisse001.html, Stand: 21.06.2000, auch in: Dietrich Starnitz „Geschichte der DDR“, 1996, Seite 121
64 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 86
65 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 86, siehe auch unter: www.members.aol.com/pahling/ddr/ereignisse001.html, Stand: 21.06.2000; zur Niederschlagung, siehe auch: Ilse Spittmann, Karl Wilhelm Fricke (Hg.) „Der 17. Juni 1953“, 1982, Seite 16
66 Siehe in: Dietrich Starnitz „Geschichte der DDR“, 1996, Seite 120
67 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 83f.; siehe auch unter: www.members.aol.com/pahling/ddr/ereignisse001.html, Stand: 21.06.2000, auch in: Hermann Weber „Kleine Geschichte der DDR“, 1980, Seite 70; zur militärischen Niederschlagung des Aufstandes, siehe: Torsten Diedrich „Der 17. Juni 1953 in der DDR“, 1991, Seite 96 ff.
68 Siehe in: Hermann Weber „Geschichte der DDR“, München, 2000, Seite 166 Zu den Erschießungen siehe auch: Neubert, 1998, Seite 87
69 Zu den Zahlen der Opfer siehe: Armin Mitter, Stefan Wolle „Untergang auf Raten“, München, 1993, Seite 105; Hermann Weber „Geschichte der DDR“, Seite 166, Hermann Weber „Die DDR 1945 - 1990“, Seite 42
70 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 87
71 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 87, hierzu auch: Weber „Geschichte der DDR“, 2000, Seite 166
72 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 88
73 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 87
74 Siehe in: Hermann Weber „Geschichte der DDR“, 2000, Seite 166
75 Siehe in: Hermann Weber „Geschichte der DDR“, 2000, Seite 166. Siehe auch in: Armin Mitter, Stefan Wolle „Untergang auf Raten“, 1993, Seite 128 Hierzu auch: Neubert, 1998, Seite 88
76 Obwohl es sehr wohl unterschiedliche Haltungen in den Einzelgewerkschaften des FDGB gab. Siehe in: Hermann Weber „Geschichte der DDR“, 2000, Seite 167
77 Siehe in: Hermann Weber „Geschichte der DDR“, 2000, Seite 167
78 Siehe in: Hermann Weber „Geschichte der DDR“, 2000, Seite 167
79 Siehe in: Hermann Weber „Geschichte der DDR“, 2000, Seite 167
80 Siehe in: Hermann Weber „Geschichte der DDR“, 2000, Seite 167
81 Moskau zögerte Ulbricht abzusetzen, weil man fürchtete, dass eine Absetzung als Schwäche verstanden werden konnte, was möglicherweise neue Forderungen zur Folge gehabt hätte. Siehe in: Hermann Weber „Geschichte der DDR“, 2000, Seite 167
82 Siehe in: Hermann Weber „Geschichte der DDR“, 2000, Seite 167
83 Sicherlich wirkten in der Bevölkerung alte Vorurteile gegen „die Russen“, da sie diejenigen waren, auf deren Macht der Einfluss der SED basierte; die SED- Funktionäre wurden häufig als „Russenknechte“ bezeichnet. (Es gab auch schon in der Weimarer Republik antibolschewistische Strömungen in Stimmungen, die die Bevölkerung geprägt haben.) Was die Bevölkerung zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht wissen konnte, war dass die sowjetische Armee eigene Soldaten wegen Befehlsverweigerung im Einsatz gegen die deutsche Bevölkerung erschossen hat. Die sowjetische Armee gab im Verlauf d. Aufstände 7 standrechtliche Erschießungen bekannt. Tatsächlich waren es jedoch mindestens 40 Erschießungen, die es gegeben hat. Siehe in: Neubert, 1998, Seite 87
84 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 91f.
85 Aus diesem Ursachenkatalog geht hervor, wie sehr die DDR und die SED betont haben, dass die Arbeiter durch „feindliche Elemente“ aus dem Westen verführt wurden. Siehe hierzu auch: Dieter Starnitz „Geschichte der DDR“, Frankfurt/Main, 1996, Seite 123
86 1954 sank die Zahl der Flüchtlinge im Vergleich zu den Vorjahren. Siehe in: Neubert, 1998, Seite 88
87 Der Umgang mit dem Aufstand im Westen war zu einer Art Selbstbestätigungsritual für die Bundesrepublik geworden. Dieser Umgang nütze den DDR- Bürgern jedoch nicht. Siehe hierzu: Neubert, 1998, Seite 89
88 Es kam nur in politisch angespannten Situationen vor, dass die Älteren vom Aufstand sprachen. Siehe hierzu: Neubert, 1998, Seite 89
89 Die Kirchen waren in erster Linie auf die Eigensicherung bedacht.
90 Siehe hierzu: Neubert, 1998, Seite 90f
91 Siehe in: Ilko- Sascha Kowalczuk, Armin Mitter, Stefan Wolle (Hg.) „Der Tag X - 17. Juni 1953“, Berlin, 1996, Seite 11
92 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 93; Die beiden Staaten hätten in dieser Lage ohnehin nicht alleine Entscheiden können, denn für Berlin waren die Alliierten zuständig - eine Einmischung des Westens hätte in eine Katastrophe führen können.
93 Siehe in: Neubert, 1998, Seite 93
94 Siehe in: H. Weber „Geschichte der DDR“, 2000, Seite 167
95 Siehe in: H. Weber „Die DDR 1945-1990“, 1999, Seite 121
96 Siehe hierzu: Ilko- Sascha Kowalczuk, Armin Mitter, Stefan Wolle (Hg.) „Der Tag X - 17. Juni 1953“, Berlin, 1996, Seite 11. Veröffentlichungen zu diesem Thema: Stefan Brant „Der Aufstand. Vorgeschichte, Geschichte und Deutung des 17. Juni 1953“, Berlin, 1954
97 Siehe hierzu: Arnulf Baring „Der 17. Juni 1953“, Stuttgart, 1983; siehe hierzu: Kowalczuk, Mitter, Wolle (Hg.) „Der Tag X - 17. Juni 1953“, 1996, Seite 11
98 Hierzu: Karl Wilhelm Fricke, Ilse Spittmann (Hg.) „Der 17. Juni - Arbeiteraufstand in der DDR“, Köln, 1988
99 Siehe in: Torsten Diedrich „Der 17. Juni 1953 in der DDR“, Berlin, 1991
100 Siehe in: A. Baring „„Der 17. Juni 1953“, Stuttgart, 1983, Seite 89
101 Zumal, weil Diedrich explizit auch die Rolle der Bauern im Aufstand erarbeitet. Siehe in: Kowalczuk, Mitter, Wolle (Hg.)„Der Tag X - 17. Juni 1953“, Berlin, 1996, Seite 12
102 Vgl.: Manfred Hagen „DDR Juni ´53 - Die erste Volkserhebung im Stalinismus“, Stuttgart, 1992
103 Siehe in: Manfred Hagen „DDR - Juni ´53“, 1992, Seite 206. Auch zitiert in: Kowalczuk, Mitter, Wolle (Hg.) „Der Tag X - 17. Juni 1953“, 1996, Seite 13
104 Siehe in: Manfred Hagen „DDR - Juni ´53“, 1992, Seite 14. Auch zitiert in: Kowalczuk, Mitter, Wolle (Hg.) „Der Tag X - 17. Juni 1953“, 1996, Seite 14
105 Siehe in: Kowalczuk, Mitter, Wolle (Hg.) „Der Tag X - 17. Juni 1953“, 1996, Seite 14
106 Siehe in: Kowalczuk, Mitter, Wolle (Hg.) „Der Tag X - 17. Juni 1953“, 1996 - zur Typisierungsdiskussion, siehe: Seite 15f.
107 Siehe hierzu: Hermann Weber „Geschichte der DDR“, 2000, Seite 165
108 Zitat siehe in: Hermann Weber „Geschichte der DDR“, 2000, Seite 165, auch in: Ilko- Sascha Kowalczuk, Armin Mitter, Stefan Wolle (Hg.) „Der Tag X - 17. Juni 1953“, Berlin, 1996, Seite 335
109 Siehe in: Hermann Weber „Geschichte der DDR“, 2000, Seite 165
110 Siehe hierzu: Dietrich Starnitz „Geschichte der DDR“, Frankfurt/Main, 1996, Seite 122 52
- Citation du texte
- Matthias Skowera (Auteur), 2000, Der 17. Juni 1953 - Der Aufstand im Arbeiter- und Bauernstaat, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97197
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