Die ursprüngliche Arbeitsstellung, eine Arbeit zu einem politischen Thema unserer Wahl zu erstellen, erwies sich nach anfänglicher Erleichterung darüber, dass keine Eingrenzung in der Themenwahl vorgegeben wurde, dennoch als ziemlich kompliziert, da uns spontan viele politische Ereignisse zu interessieren schienen.
Im Verlauf unserer Überlegungen stellten wir fest, dass uns beide vor allem die südeuropäischen Staaten und ihre meist nachhinkende Entwicklung gegenüber Westeuropa am meisten interessierten. Wir entschlossen uns nicht zuletzt aus persönlichem Interesse und Vorliebe für spanische Kultur und Lebensweise für eine genauere Betrachtung der politischen Entwicklung der iberischen Halbinsel.
Mit dieser Entscheidung war uns auch sofort klar, daß das signifikanteste politische Ereignis in jüngster Geschichte die noch bis vor etwa 20 Jahren andauernde Diktatur unter Francisco Franco darstellt. Jedoch nicht die Ausprägungen des Franco-Regimes sollen Mittelpunkt unserer Arbeit sein, sondern der Demokratiesierungsprozess in Spanien nach Francos Tod 1975. Unsere zentrale Forschungsfrage lautet demnach:
Wie veränderte sich das politische System in Spanien nach dem Tode Francos?
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Themenstellung und zentrale Fragestellung
1.2 Aufbau der Arbeit
1.3 Begriffserklärung
1.3.1 ,,Diktatur"
1.3.2 ,,Demokratie"
2. Kurzer Rückblick auf Spaniens jüngere Geschichte
2.1 Ursachen und Entstehung des Spanischen Bürgerkrieges (1936-1939)
2.2 Grundzüge und Entwicklung des Franco Regimes
2.3 Zusammenfassung
3. Die Schlüsselrolle des Königs Juan Carlos im Demokratiesierungsprozess
4. Erste ,,Reformen" unter Navarro im Sinne des franquistischen Regimes (1975-1976)
5. Beschleunigung des politischen Wandels unter Suárez (1976-1981)
6. Die Vollendung des Demokratiesierungsprozesses mit der Wahl Félipe González (1982)
7. Zusammenfassung
Literatur- und Quellenverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Themenstellung und zentrale Fragestellung
Die ursprüngliche Arbeitsstellung, eine Arbeit zu einem politischen Thema unserer Wahl zu erstellen, erwies sich nach anfänglicher Erleichterung darüber, dass keine Eingrenzung in der Themenwahl vorgegeben wurde, dennoch als ziemlich kompliziert, da uns spontan viele politische Ereignisse zu interessieren schienen.
Im Verlauf unserer Überlegungen stellten wir fest, dass uns beide vor allem die südeuropäischen Staaten und ihre meist nachhinkende Entwicklung gegenüber Westeuropa am meisten interessierten. Wir entschlossen uns nicht zuletzt aus persönlichem Interesse und Vorliebe für spanische Kultur und Lebensweise für eine genauere Betrachtung der politischen Entwicklung der iberischen Halbinsel.
Mit dieser Entscheidung war uns auch sofort klar, daß das signifikanteste politische Ereignis in jüngster Geschichte die noch bis vor etwa 20 Jahren andauernde Diktatur unter Francisco Franco darstellt. Jedoch nicht die Ausprägungen des Franco-Regimes sollen Mittelpunkt unserer Arbeit sein, sondern der Demokratiesierungsprozess in Spanien nach Francos Tod 1975. Unsere zentrale Forschungsfrage lautet demnach:
Wie veränderte sich das politische System in Spanien nach dem Tode Francos?
1.2 Aufbau der Arbeit
Trotz der von uns gewählten Eingrenzung der politischen Lage zwischen 1975-1982 erschien es uns dennoch notwendig, auch auf Entstehung und Verlauf des Franco-Regimes einzugehen.
Zwar würde es den Umfang dieser Arbeit sprengen Hintergründe und Ursachen dafür zu suchen, wieso sich in Spanien eine Diktatur bis in die späten 70er Jahre halten konnte, aber es ist zumindest relevant, einige historische Gegebenheiten zu erwähnen um die Schwierigkeit einer Demokratisierung in Spanien zu veranschaulichen. Zu diesem Zweck beginnt die Arbeit mit dem 2. Kapitel, welches einen kurzen Rückblick auf Spaniens jüngere Geschichte, d.h. Ursachen und Entstehung des spanischen Bürger-kriegs und Grundzüge sowie Entwicklung des Franco-Regimes geben soll. Der weitere Aufbau dieser Arbeit ist dadurch gekennzeichnet, dass wir und auf die vier wesentlichen Etappen des Demokratiesierungsprozesses konzentrieren werden und da vor allem die politischen Akteure und die von ihnen ausgehenden Maßnahmen einer intensiveren Beobachtung unterziehen.
1.3. Begriffserklärung
Bevor man sich mit dem Übergang von der Diktatur zur Demokratie in Spanien auseinandersetzt, bedarf es einer eindeutigen Erklärung und Erläuterung der zentralen Begriffe ,,Diktatur" und ,,Demokratie". Die folgenden Definitionen wurden von uns absichtlich herangezogen, um zu veranschaulichen, dass genau jene Merkmale von ,,Diktatur" auf das Spanien unter Franco zutreffen und sich nach seinem Tod 1975 innerhalb von sieben Jahren in das Gegenteil verkehrten, nämlich zu Merkmalen von ,,Demokratie".
1.3.1 ,,Diktatur"
,,Herrschaftsform mit unbeschränkter Macht einer Person oder Gruppe; bes. als Gegensatz zu Demokratie verstanden. Zu unterscheiden sind: 1) ... 2) die dauernde Konzentration der gesamten Macht in der Hand eines Einzelnen oder einer Gruppe, häufig mit ideolog. Begründung (eigentl. Diktatur).- Die D. als Dauerherrschaft ist verbunden mit der Unterdrückung der Opposition, der Aufhebung der Gewaltenteilung, der Ausschaltung oder Behinderung deröffentlichkeit bei der Kontrolle polit. Macht sowie der weitgehenden Einschränkung der verfassungsm äß igen Grund- und Mitwirkungsrechte der Bürger. Sie stützt sich meist auf eine Partei, auf das Militär oder das Proletariat..." (Brockhaus multimedial 1998)
Das Regime unter Franco enthielt alle Ausprägungen des gerade definierten Begriffs ,,Diktatur". Der Franquismus kann als andauernde Machtkonzentration bezeichnet werden die ausschließlich, d.h. von 1939-1975 in Francos Hand lag. Oppositionelle Bewegungen gegen die Einheitspartei ,,Falange" wurden zerschlagen, indem zum einen die sozialistische und kommunistische Partei verboten waren und im Untergrund agierten, unabhängige Zeitungen nicht zugelassen waren und zum anderen öffentliche Protestkundgebungen blutig niedergeschlagen wurden.
1.3.2 ,,Demokratie"
Der im weiteren Verlauf der Arbeit beschriebene politische Wandel führte zur Erfüllung der wesentlichen Merkmale einer ,,Demokratie", die wie folgt lauten:
,,[grch.>Herrschaft des Volkes<] die, Volksherrschaft, eine Form des polit. Lebens, die von der Gleichheit und Freiheit aller Bürger ausgeht und die Willensbildung der Gemeinschaft oder des Staates vom Willen des gesamten Volkes ableitet ..." (Brockhaus multimedial 1998)
,,... Grundbestandteile einer demokrat. Verf. sind allgemeine, freie, geheime und in bestimmten Mindestabständen stattfindende Wahlen, die Verteilung der drei Hauptaufgaben staatl. Machtausübung (Gesetzgebung, Regierung, Rechtsprechung) auf unabhängige Organe (Gewaltenteilung) und die Garantie der Grundrechte ..." (Brockhaus multimedial 1998)
,,... Voraussetzung einer D. ist, dass die Minderheit als Opposition ungehindert zu Wort kommt, dass ein Regierungswechsel mit friedl. Mitteln gesichert ist ... und dass die Organe deröffentl. Meinung vom Staat unabhängig sind." (Brockhaus multimedial 1998)
2. Kurzer Rückblick auf Spaniens jüngere Geschichte
2.1 Ursachen und Entstehung des Spanischen Bürgerkriegs (1936- 1939)
Schon vor der Diktatur Francos gab es eine Machtkonzentration unter Primo de Rivera, die jedoch 1929-1930 im Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise gestürzt wurde.
Die Situation in Spanien war von nun an von weitgehender Unsicherheit geprägt und auch die Monarchie konnte daran nichts ändern. Am 14. April 1931 wurde nach den Wahlerfolgen der Linken die Republik ausgerufen und eine Verfassung erarbeitet, die einer starken Exekutive mißtraute und dem Parlament viel Macht zubilligte (vgl. Hermens 1976, S.70).
Ziele der ersten Regierung waren tiefgreifende Reformen des Bildungswesens, der Agrar- und Sozialstruktur und des Militärs. Diese Vorhaben scheiterten sowohl an der Schwierigkeit ihrer Durchsetzung als auch an der Unfähigkeit der Beamtenschicht. Bedingt durch diese Mißerfolge und die blutige Niederschlagung einiger Aufstände verlor die Regierung an Bedeutung und hatte auch im Parlament keine Mehrheit mehr. Folge waren Neuwahlen im November 1933, welche die Rechtsparteien für sich entscheiden konnten (vgl. Hermens 1976, S.72).
Die Linken hielten die Regierung, mußten sich jedoch an den Rechten orientieren und somit wurden einige Reformen wieder rückgängig gemacht. Der damalige Ministerpräsident Lerroux trat aufgrund eines Finanzskandals zurück, Staatspräsident Zamora weigerte sich, die Rechten unter Gil Robles mit der Regierungsbildung zu beauftragen und somit wurden Neuwahlen unumgänglich (vgl. Hermens 1976, S.74).
Beide Seiten waren im Falle einer Niederlage zur Gewaltanwendung bereit und eine Eskalation der Gewalt war die Folge auf den Wahlsieg der Linken, die, bevorzugt durch das geltende Wahlrecht, einen überwältigenden Sieg errangen. Diese extreme Radikalisierung der Linken und ihre Forderung nach einer Diktatur des Proletariats, sowie Terrorakte gegen Personen und Einrichtungen der Kirche führten am 18. Juli zum Aufstand der Generäle unter Francisco Franco, dem sich Teile der Armee, Monarchisten und rechte Gruppierungen anschlossen (vgl. Hermens 1976, S.75).
Francos Aufstand brachte nicht die erhoffte Machtübernahme des Militärs und dies veranlasste auch alle anderen politischen Gruppierungen zur Aufgabe der Neutralität. Konsequenz war, dass mit dem Militär Gruppierungen kämpften, die nicht mit den antidemokratischen und nationalistischen Zielen des Aufstandes übereinstimmten. Ein gemeinsamer Nenner unter den Rechten fand sich in der Beendigung der grausamen Kirchenverfolgung, die auch politisch nicht exponierte Kreise der Bevölkerung miteinbezog. Bei den Linken gewannen die Kommunisten immer mehr an Einfluss und radikalisierten die Gangart um ein Vielfaches. Die demokratische Mitte Spaniens war spätestens Ende 1937 zerstört und lag unter den Füßen zweier tyrannischer Mächte (vgl. Hermens 1976, S.79f).
In den folgenden Kriegsjahren kam es auf beiden Seiten zu grausamen Aktionen gegen wahre oder vermeintliche Gegner und nach erbitterten Kämpfen gelang es den Nationalen (mit militärischer Hilfe Deutschlands und Italiens) das Gebiet der Republikaner zu minimieren. Nach dem Rückzug der Russen und der internationalen Brigaden, die auf der Seite der Republikaner gekämpft hatten, gelang Franco der entscheidende Vorstoß gegen Katalonien. Der Krieg endete mit dem Fall von Madrid und Valencia im April 1939 und hinterließ ein zerschundenes Land. Franco hatte sich als politischer Führer der Nationalen durchgesetzt und versuchte nun durch Kompromisse die Macht auf sich zu vereinigen. Er war alleiniger Führer der Falange und der Armee, dennoch benötigte er die Zustimmung der anderen Kräfte der Nationalen, die er unter dem Dach des ,,Franquismus" vereinigte. Dies brachte die Herausbildung eines nicht vergleichbaren Regimes hervor, auf dessen Eigenheiten im folgenden Kapitel eingegangen werden soll.
2.2 Grundzüge und Entwicklung des Franco-Regimes
Im heutigen Sprachgebrauch wird das Regime Francos in Spanien stets als faschistisch bezeichnet, doch man muss anmerken, dass es kein totalitäres Regime oder eine Diktatur gab, die sich seit Ende des 2. Weltkrieges die Bezeichnung faschistisch gab, vielmehr kennzeichnen sich die Rechten und Ultrarechten heute als radikal, national oder sozial. Dem folgte auch Franco, denn es gab zwar eine faschistisch aufgebaute Einheitspartei, die Falange, in dieser bündelten sich jedoch die unterschiedlichsten nationalistischen Kräfte. Es gab in Spanien zu diesem Zeitpunkt keine Parteiideologie, die mit der des nationalsozialistischen Deutschlands oder des faschistischen Italiens der 30er und 40er Jahre zu vergleichen sei und es herrschte ein (unter den Rechten begrenzter) ,,Pluralismus".
Der Franquismus bildete sich aus diversen politischen Kräften, die jedoch ein gemeinsames Ziel vor Augen hatten: die Zerstörung der Arbeiterbewegung. Folgende wichtige Strömungen wurden im Franquismus zusammengefasst:
(a) das Militär, dessen Führer Franco selbst war
(b) Monarchisten
(c) Traditionalisten
(d) Falangisten
(e) Katholiken
(f) Technokraten
Da sich die Einheitspartei ,,Movimiento" nicht als ideologisch einheitlich definieren lässt, waren auch die Mitgliederzahlen der Bewegung nicht mit früheren faschistischen Regierungen zu vergleichen. Es ging in dieser Einheitspartei mehr um eine Mentalität als um eine Ideologie, die sich auf die Idee Francos nach einer wahren christlichen Gesellschaft stützte, dann aber auch von ihm selbst gebrochen wurde, als er nicht zögerte, sich gegen die Kirche zu richten, nachdem diese sich zu Kritik erhoben hatte.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es im Franquismus kein einheitliches politisches Credo gab, vielmehr eine Vielzahl von Ideen, die als Franquismus zu bezeichnen sind (vgl. Maier 1977, S. 5f).
Die wichtigsten darunter sind:
(a) Das allgemeine Wahlrecht wird abgelehnt und die wenigen Institutionen werden durch das organische Wahlrecht ermittelt
(b) Ablehnung der traditionellen Gewaltenteilung (Exekutive, Judikative, Legislative)
(c) Franco genießt ausserordentliche Vollmachten
(d) enge Begrenzung der Rede-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
(e) totales Vertrauen in die Sicherheitskräfte zur Gewährleistung der Ordnung (vgl. Maier 1977, S. 6)
2.3 Zusammenfassung
Es lässt sich feststellen, dass das System, das als ,,Franquismus" in die Geschichte eingehen wird ein äusserst komplexes war. Es gab keine Staatsideologie, die mit der im nationalsozialistischen Deutschland oder dem faschistischen Italien gleichzusetzen wäre, sondern nur eine Idee, die Idee Francos. Dass es der Caudillo schaffte, so verschiedenartige politische und ideologische Strömungen unter einen Hut zu bringen muss als politisches Kunststück gewertet werden und zeigt gleichzeitig schon einen grossen Teil der späteren Problematik auf. Dieses System konnte nicht ewig wären, da es sich gegen jede Vorstellung von Pluralismus und Meinungsfreiheit wandte. Wie es zum Ende dieses menschen- und ideenverachtenden Regimes kam, wird in den nächsten Kapiteln näher erläutern.
3. Die Schlüsselrolle König Juan Carlos` im Demokratisierungsprozess
Zu Beginn des Hauptteils dieser Arbeit soll das Hauptaugenmerk zuerst auf die Person gerichtet werden, ohne die eine (relativ) gewaltfreie Einführung eines demokratischen Systems in Spanien kaum möglich gewesen wäre. Juan Carlos' Rolle im Demokratisierungsprozess ist nicht wegzudenken und er ist auch heute noch eine der wichtigsten politischen Persönlichkeiten die Spanien je hatte. Wie es zu seiner Ernennung zum spanischen Staatsoberhaupt kam und inwiefern er an dem Systemwandel beteiligt war, soll folgendes Kapitel veranschaulichen.
Seit 1947 war Spanien wieder ein ,,Königreich", aber Franco hatte sich in der Verfassung das Recht zusprechen lassen, einen Thronfolger zu bestimmen, was er jedoch lange Zeit nicht in Anspruch nahm. Erst 1968 fiel seine Wahl auf den jungen Prinzen Juan Carlos aus dem Hause Bourbon. Zwar wäre der rechtmäßige Anwärter dessen Vater gewesen, doch dieser schien durch seine liberalen Überzeugungen für einen ,,Thron von Francos Gnaden" ungeeignet (vgl. Bernecker 1984, S. 185).
Franco wollte eine Monarchie, die sich im Geiste und in den Idealen ganz mit der nationalen Bewegung vereinen sollte und er glaubte, dass das Risiko, welches er mit der Ernennung Juan Carlos einging sehr gering war. Ausschlaggebender Grund für diese Entscheidung war nicht zuletzt auch der labile Gesundheitszustand Francos und die Tatsache, dass seit 1967 sein enger Vertrauter Admiral Luis Carrero Blanco die Regierungsgeschäfte führte.
Mitte Oktober 1975 erkrankte Franco schwer und eine Rückkehr des Diktators an die Macht war unwahrscheinlich. Am 30.Oktober 1975 wurde Juan Carlos zum Staatschef ernannt, nachdem ihm versichert wurde, dass er es diesmal nicht nur bis zur Genesung des Caudillo bleiben werde. Nach dem Tod Francos am 20. November 1975 legt sich über Spanien ein schockartiger Schleier, denn nach Jahren der Diktatur schien nun ein politischer Neuanfang möglich, den jedoch die Verfechter des Regimes verhindern wollten (vgl. Bernecker, 1984, S.206).
Der junge König war für alle ein unbeschriebenes Blatt und man wusste nicht, wie er mit der nun gegebenen Situation umgehen würde. Doch schon bei seiner Vereidigung vor den Cortes am 22. November 1975 ließ seine Rede aufhorchen, denn er versprach eine ,, gr öß ere Partizipation der Bürger und eine Demokratisierung des Systems" (Bernecker, 1984, S.208f).
Wie schwierig es war, diese Ziele zu erreichen, ist vor allem dann ersichtlich, wenn man bedenkt, dass die Regierung immer noch von Altfrankisten geleitet wurde und somit auch nicht bereit war, allzuviele Konzessionen zuzulassen. Dies war auch der Grund, weshalb die ersten Reformbemühungen von Juan Carlos bald zum Scheitern verurteilt wurden und sich der König entscheiden musste: ,,Bruch mit dem Franquismus oder Kontinuität bei unwesentlichen Korrekturen am System" (Bernecker 1984, S.211).
Juan Carlos entschied sich für den Mittelweg, einen langsamen Übergang in die Demokratie ohne schnelle Veränderung des status quo. Diese Politik überzeugte bald auch die Linken, da sie erkannten, dass die Durchsetzung ihrer Maximalforderungen zu diesem Zeitpunkt praktisch unmöglich waren. Der König verstand es außerordentlich gut, durch Überredungskunst und sanftem Druck auch Skeptiker auf seine Seite zu ziehen und so gelang es ihm bis Ende 1977 den gesamten Demokratiesierungsprozess zu beschleunigen. Freie Gewerkschaften und Parteien wurden zugelassen, freie Zeitungen wurden erlaubt, die das Sprachrohr einer neuen Gesellschaft wurden. Sie waren das eindeutige Symbol für das Ende des Regimes. Juan Carlos und seine Regierung hatten es in kürzester Zeit geschafft, das faschistische Spanien in eine Demokratie zu verwandeln ohne hierfür Tausende Tote beklagen zu müssen.
Inwiefern Juan Carlos konkret den politischen Wandel beeinflusste, wird in den folgenden Kapiteln detailliert beschrieben, um sein Vorgehen sowohl inhaltlich als auch zeitlich in einen Kontext zu bringen und somit den Gesamtprozess überschaubarer zu machen.
4. Erste ,,Reformen" unter Navarro im Sinne des franquistischen Regimes (1975-1976)
Trotz der Bedeutsamkeit von Juan Carlos darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es auch den jeweiligen Ministerpräsidenten zu verdanken ist, dass sich Spanien von Francos Vermächtnis befreien konnte. Zwar hinterließ der Diktator eine zwar gesunkene, aber immer noch in Regierungskreisen überwiegende Mehrheit von Anhängern, die den Franquismus auch nach seinem Tod fortzuführen gedachten, dennoch blieb die franquistische Riege nicht unbeeinflusst vom gesellschaftlichen Druck, der sie dazu zwang, reformfreudiger zu werden. Erste Reformen, insofern man sie im Vergleich mit den Reformen von Suárez und González überhaupt als solche bezeichnen kann, initiierte Arias Navarro.
Arias Navarro, sollte als Nachfolger von Carerro Blanco das krisengebeutelte Franco-Regime weiterführen. Dennoch konnte man schon an der Zusammensetzung des neuen Kabinetts eine reformerische Tendenz erkennen, die aber nicht Arias persönlicher Neigung zu verdanken war, sondern vielmehr dem Einsatz von Antonio Carro Martínez` zuzuschreiben ist. Dieser stand in enger Verbindung zu der reformistischen ,,Tácito"-Gruppe und konnte seit seiner Ernennung zum Leiter des Staatsdienstes Arias Navarro beeinflussen, was sich in der Tatsache widerspiegelte, dass Angehörige der ,,Tácitos" in zweiter Regierungsebene eingesetzt wurden und eine friedliche Reform des Systems von innen heraus anstrebten (vgl. Preston 1987, S.71).
Auch waren es die ,,Tácitos", die dazu beitrugen, dass der eigentlich othodox-franquistische Arias entgegen seinen Ansichten liberale Töne anschlug und somit in einen gefährlichen Balanceakt zwischen linken Reformkräften und den rechten ,,Bunker" geriet.
In seiner berühmten Rede vom 12. Februar 1974 kündigte Navarro ein Programm zur Öffnung des Systems an, eine ,,apertura", dessen Inhalt vor allem die Zulassung von politischen Parteien erlauben sollte und eine Wahlreform auf kommunaler Ebene vorsah. Dass diese Reformpolitik nicht durchführbar war, ist schon allein an der Tatsache zu erkennen, dass Bemühungen insofern umsonst waren, da Franco noch lebte und somit die entschlossene Verkündung Navarros, sein Reformprogramm zu verwirklichen, im September 1974 auf heftigen Widerstand stieß. Die Verfechter des Franquismus verübten einen Terroranschlag und selbst Teile der ,,Tácito"-Gruppe würdigten sein Reformprojekt nicht und bezeichneten es als ,,politischen Leichnam" (Preston 1987, S.81). Zwar fanden seine erfolglosen Bemühungen nach Francos Tod noch in der Billigung des Gesetzes über politische Vereinigungen Ausdruck, blieben praktisch jedoch bedeutungslos, da nur Anhänger der franquistischen Einheitspartei ,,Movimiento" zugelassen wurden.
Spätestens jetzt war festzustellen, dass es unter Navarro keinen konsequenten Neuanfang geben konnte, da er mehr dazu tendierte, das alte System zu perfektionieren, am fundamentalen franquistischen Denken festzuhalten und weiterhin soziale Unruhen radikal zu ignorieren, anstatt Zugeständnisse zu machen (vgl. Preston 1987, S.72ff). Nicht ohne Grund also wollte sich der junge und reformwillige König nach Francos Tod von Arias trennen, teilte die Mehrheit der Kabinettsmitglieder doch die politische Haltung des Premierministers und bestätigte dieser selber im Februar 1976:
,,Was ich will, ist, den Franquismus weiterzuführen. Und solange ich hier bin oder im politischen Leben stehe, werde ich ... gegen alle Feinde Spaniens kämpfen, die es gewagt haben, ihren Kopf zu erheben." (Preston 1987, S.94)
Der König sah sich mit folgender Situation konfrontiert. Auf der linken Seite radikale Systemgegner, die den Bruch mit der Vergangenheit forderten und nach einer Erneuerung riefen, auf der Rechten die Anhängerschaft des ,,Bunker", die nur ,,Scheinkorrekturen" (Bernecker 1984, S.211) vorsahen. Hier zeigte sich dann wieder das politische Fingerspitzengefühl von Juan Carlos, indem er keiner der beiden Seiten abrupte Zugeständnisse machte, sondern die Methode des langsamen Übergangs praktizierte.
Der Rücktritt Navarros auf Wunsch des Königs im Juli 1976 war jedoch unumgänglich, da er sich zum größten Hindernis im Demokratisierungsprozess entwickelte und unter der Bevölkerung schon am demokratischen Engagement Juan Carlos' gezweifelt wurde. Erst im Nachhinein wurde das langsame, wenn auch wohlüberlegte Handeln als bedeutender Faktor zur Herausbildung der Demokratie angesehen.
Im Allgemeinen lassen sich, trotz seines zeitweise unangemessenen Verhaltens und dem Ausbleiben faktischer Änderungen, die Amtsjahre von Navarro dennoch als eine Zeit bezeichnen, in der zumindest die Grundsteine für eine demokratische Zukunft gelegt wurden.
5. Beschleunigung des politischen Wandels unter Suárez (1976- 1981)
Als signifikanter Schritt im Demokratisierungsprozess Spaniens kann die Ernennung des erst 43jährigen Adolfo Suárez zum Premierminister im Juli 1976 bezeichnet werden. Zwar hatte er nach seinem Amtsantritt mit der Skepsis der Opposition zu kämpfen, da er wie Navarro aus dem franquistischen System hervorkam und dieser die Erwartungen auch nicht erfüllen konnte, aber ihm gelang im Verlauf seiner Amtszeit das Kunststück der ,,verfassungsrechtlichen Reform" (Bernecker 1984, S.214).
Im Unterschied zu Navarro beging Suárez nicht den Fehler, nur Vertraute aus dem Movimiento in seinem Kabinett aufzustellen, sondern besetzte es mit ambitionierten und reformfreudigen Politikern und somit konnte dessen Handlungsunfähigkeit relativ schnell überwunden werden. Suárez legte zum ersten Mal nach dem Bürgerkrieg ein Reformprogramm vor, welches ein demokratisches politisches System mit Volkssouveränität vorsah und auch schon im August 1976 teilweise durchgeführt wurde, indem es zum Abschluß der Strafrechtsreform kam und folglich politische Zusammenschlüsse legal waren und vielen politischen Gefangenen Amnestie ausgesprochen wurde (vgl. Bernecker 1984, S.214). Seine Absichten wurden somit unmissverständlich zum Ausdruck gebracht und durch seine Erklärung in einer Fernsehansprache am 6. Juli 1976 bestätigt, die er mit folgenden Worten beendete:
,,Die Krone hat ihren Wunsch ausgedrückt, Spanien zu einer modernen Demokratie zu machen; dem zu dienen, ist mein fester Entschlu ß." (Antoni 1981, S.165)
Das Kernstück des Reformprojekts bildetet das ,,Gesetz über die politische Reform", welches im November 1976 von den Cortes gebilligt wurde und das ein gewähltes Zweikammernparlament vorsah. Erstaunlich an diesem Prozess ist zum einen, dass er innerhalb des noch bestehenden franquistischen Systems vor sich ging ohne dessen autoritäres Verfassungsrecht formal zu brechen. Zum anderen ist es verwunderlich, dass die Streitkräfte und die alte Regime-Elite nicht eingriffen. Dies ist einerseits darauf zurückzuführen, dass Juan Carlos unermüdlich bei den Generälen um den Reformkurs warb und es Suárez mit seiner Überredungskunst und stets sanftem, aber dennoch nachhaltigem Druck gelang, sowohl die traditionelle Machtelite, als auch die Opposition zu überzeugen, andererseits auch auf das veränderte ,,politische Klima" in den Medien und des von internationaler Seite steigenden Interesses an der Einführung der Demokratie in Spanien hinzuweisen. Nicht zu vernachlässigen ist vor allem der Druck der Basis, d.h. der Arbeiterschicht, die aufgrund ihres unnachgiebigen Veränderungswunsches von unten maßgeblich an der Beschleunigung des politischen Wandels beteiligt waren (vgl. Bernecker 1990, S.323ff).
Die Beschließung des Reformgesetzes bescherte Spanien nicht nur liberal-pluralistische Politikstrukturen, sondern man kann auch von einer kulturpolitischen Öffnung bzw. Liberalisierung sprechen. Katalanische Tageszeitungen wurden offiziell zugelassen, politische Literatur, Bürgerinitiativen und Frauenbewegungen boomten und der Buch- und Zeitungsmarkt war nach der informellen Aufhebung der Zensurgesetze nicht wiederzuerkennen (vgl. Bernecker 1984, S.217f).
Eine weitere bedeutende Phase der Ära Suárez leitete die Ankündigung freier Parlamentswahlen für das Jahr 1977 ein. Dieses Vorhaben wurde jedoch von diversen Problemen überschattet. Erstens war eine Militärsubversion möglich, da dieses versuchte, den demokratischen Übergang zu blockieren, zweitens wuchs das Mißtrauen der Opposition, weil die bevorstehenden Wahlen von der bestehenden Regierung durchgeführt werden sollten und die Kommunistische Partei (PCE) immer noch nicht offiziell zu den Wahlen zugelassen wurde.
Um jedoch der spanischen Bevölkerung und der Welt seine demokratische Haltung zu beweisen, musste der riskante Schritt einer Legitimation der PCE erfolgen. Suárez selber trat als unabhängiger Kandidat der ,,politischen Mitte", die sich seit Mai 1977 zur ,,Union des Demokratischen Zentrums" (UCD) zusammengeschlossen hatte, zu den Parlamentswahlen am 15. Juni 1977 an und gewann diese auch mit 34,7% der Stimmen (vgl. Bernecker 1984, S.218ff). Seine Politik der ,,Reform in Ruhe" (Bernecker 1984, S.223) konnte er somit weiter fortsetzen.
Eine weitere wichtige Aufgabe von Suárez sollte es sein, im Oktober 1978 die neue Verfassung zu verabschieden, die im Grunde die schon im Reformgesetz von 1976 beschlossenen Grundlagen enthielt: Volkssouveränität, parlamentarische Demokratie und Einführung eines Zwei-Kammern-Systems. Spanien hatte hiermit drei Jahre nach dem Tod des ehemaligen Diktators verfassungsrechtlich den Franquismus überwunden und definiert sich laut Verfassung als ,,demokratischer und sozialer Rechtsstaat" (Bernecker 1984, S.226).
Trotz demokratischer Verfassung war der Demokratisierungsprozess in der Bevölkerung noch lange nicht abgeschlossen. In den folgenden Jahren wurde die spanische Demokratie immer wieder von Attentaten der Rechten oder Linken bedroht und dies führte dazu, dass selbst die politische Elite in die Krise geriet. Ein Grund hierfür war, dass das politische Reformprojekt zusehends von einer dringend nötigen Wirtschaftssanierung abgelenkt hatte und Inflation und steigende Arbeitslosigkeit die Folge waren. Hinzu kamen die Fehler der Regierung, die sie in der Behandlung der Amnestiefrage 1976/77 begangen hatte und ihr Unvermögen mit den wirtschaftlichen und sozialen Problemen umzugehen. Die Jahre 1979-1981 waren somit von einer Verschlechterung des politischen Klimas gekennzeichnet und führten letztendlich am 29. Januar 1981 dazu, dass Suárez aus nicht ganz eindeutigen Gründen zurücktrat (vgl. Preston 1987, S.171ff).
Als Nachfolger für sein Amt wurde sein damaliger Stellvertreter
Leopoldo Calvo Sotelo gehandelt und dieser sollte am 23. Februar 1981 offiziell dazu gewählt werden. Doch dieses Datum sollte die Demokratie in Spanien in eine tiefe Krise stürzen. Während der Abstimmung wurde das Parlament vom Militär besetzt, doch aufgrund mangelnder Planungsarbeit konnte der Putschversuch als fehlgeschlagen bezeichnet werden.
Maßgeblich an der Zerschlagung des Putsches war König Juan Carlos beteiligt, der öffentlich verlauten ließ, dass er eine Störung des Demokratiesierungsprozesses nicht dulden werde (vgl. Bernecker 1984, S. 253ff).
Zwei Tage später, am 25. Februar 1981 wurde Calvo Sotelo schließlich in sein Amt gewählt und er begann sofort im Anschluss an seinen Regierungsantritt, Maßnahmen gegen den Terrorismus einzuleiten. Die wirtschaftlichen und sozialen Probleme konnte aber auch die Regierung Sotelo nicht lösen; zu stark waren vor seinem Antritt schon politische Leistreterei und Desinteresse vorhanden. Gründe für sein eigentliches Scheitern lagen aber weniger an seiner Person, sondern vielmehr an den innerparteilichen Differenzen der UCD, die schon seit Februar 1981 die Partei zu zersplittern drohten (vgl. Bernecker 1984, S. 256ff).
6. Die Vollendung des Demokratieprozesses mit der Wahl Felipe González (1982)
Trotz der Bemühungen Sotelos, Kontinuität in das Regierungsverhalten zu bringen und einen offeneren und direkteren Regierungsstil einzuführen, konnte das Auseinanderbrechen der UCD nicht mehr aufgehalten werden. Bis zum Sommer 1982 war die Partei der ,,politischen Mitte" so zerstritten, dass die Neuwahlen vorgezogen wurden (vgl. Bernecker 1984, S.259f).
Schon im Vorfeld der Wahlen, die im Oktober 1982 stattfinden sollten, wurde der Führer der sozialistischen Partei (PSOE), Félipe González, als neuer Premierminister gefeiert, denn er verkörperte den neuen politischen Zeitgeist wie kein anderer. Er kämpfte mit den Sozialisten unaufhörlich für den Wechsel in eine, von jungen, dynamischen und ehrlichen Politikern geprägte Zukunft.
Grund für seine Popularität war einerseits sein gereifter Politikcharakter, der ihn verantwortungsbewusster und nachdenklicher gemacht hatte, andererseits sein Abweichen von der früheren Programmatik des Klassenkampfes hin zu einer Politik des ,,consenso". Ihm ging es vor allem darum, ,,die gesellschaftlichen Gruppen zusammenzuführen" (Bernecker 1984, S. 262) und die in der SuárezÄra vernachlässigten Modernisierungsmaßnahmen in Sozial-, Gesundheits- und Schulpolitik vorzunehmen.
Wie erwartet, siegte die sozialistische Partei bei der Wahl vom 28. Oktober 1982 mit über 46% der Stimmen, dennoch kann dieses Wahlergebnis als revolutionär bezeichnet werden, da es den Sozialisten erstmals nach 46jähriger Unterdrückung gelang, an die Macht zu kommen. Félipe González wurde knapp einen Monat später, am 2. Dezember 1982, mit 40 Jahren zum jüngsten Premierminister Spaniens gewählt.
Wesentliche Konsequenz dieser Wahlen war auch, dass die zentralistische Struktur Spaniens aufgegeben wurde, d.h. das seit Mai 1983 sowohl auf lokaler als auch regionaler Ebene die Vollendung des Demokratisierungsprozesses vollzogen wurde (Bernecker 1984, S. 260ff).
7. Zusammenfassung
Beachtet man die poilitische Lage Spaniens in den Jahren 1975-1982, so ist festzustellen, dass sich die Schlussphase des Franquismus geradezu umgekehrt zu der neuen politischen Situation von 1982 verhält. Zwar war das Spanien unter Franco gesellschaftlich und wirtschaftlich gesehen ein modernes Land, im politischen Bereich hinterließ er jedoch ein autoritäres System mit hierarchischen Grundzügen. Innerhalb von sieben Jahren nach dem Tode des ehemaligen Diktators gelang es dem spanischen König und den jeweiligen Regierungen jedoch, das Land in eine parlamentarische Demokratie zu führen.
Als wichtigster Faktor für den relativ raschen Demokratiesierungsprozess ist König Juan Carlos zu bezeichnen. Er übernahm die entscheidende Rolle, Spanien in langsamen Schritten, aber einigermaßen gewaltlos und ohne großes Blutvergießen (vernachlässigt man den Bombenterror der ETA) in einen demokratischen Staat zu verwandeln. Dies alles gelang ihm, obwohl er zu Beginn seiner Regentschaft als harmlos und vor allem machtlos gegenüber der Franco-Elite abgestempelt wurde. Den Weg den er einschlug, nämlich keinen, wie von den Linken immer geforderten, radikalen Bruch mit dem alten System, sondern einen langsamen Übergang in die Demokratie, veranschaulicht sein Fingerspitzengefühl, denn er konnte somit die Behinderung des Prozesses durch die Rechten verhindern. Ihm gelang es die Skeptiker beider Lager auf seine Seite zu ziehen, um somit den gesamten Demokratiesierungsprozess zu beschleunigen.
Den ersten, wenn auch oft als unbedeutend deklarierten Schritt in ein demokratisches System ebnete Arias Navarro von 1975-1976. Trotz seiner orthodox-franquistischen Gesinnung entschied er sich für ein liberales Reformprogramm, welches eine Öffnung des Systems vorsah. Damit stieß er jedoch auf beiden politischen Seiten auf Widerstand und seine Bemühungen blieben somit mehr oder weniger erfolglos, zum einen weil er mehr dazu tendierte, das alte System zu perfektionieren, anstatt Zugeständnisse zu machen und zum anderen, weil linke Systemgegner einen radikaleren Bruch mit der Vergangenheit forderten.
Eine Beschleunigung erfuhr der Demokratiesierungsprozess erst unter Suàrez von 1976-1981. Der Nachfolger von Navarro hatte zu Beginn seiner Amtszeit zwar auch mit Skeptikern beider politischen Lager zu kämpfen, ihm gelang es jedoch seinen Wunsch nach einem demokratischen Spanien zu verwirklichen, indem seine Regierung 1976 ein Reformprogramm verabschiedete, das dem Land liberal- pluralistische Politikstrukturen brachte. Unter der Regierung Suàrez wurde noch ein weiterer Meilenstein im Demokratisierungsprozess gelegt, nämlich die Abhaltung freier Parlamentswahlen 1977. Spanien konnte sich laut seiner neuen Verfassung nun wieder als ,,demokratischer und sozialer Rechtsstaat" definieren (Bernecker 1984, S. 226).
Suàrez kann somit als weiterer entscheidender Faktor neben Juan Carlos in der Phase des politischen Wandels gesehen werden, denn er demontierte de facto das Franco-Regime, indem er Parteien zuließ, die franquistische Einheitspartei ,,Movimiento" auflöste, eine kulturpolitische Öffnung zuließ und Volkssouverämität und ein ZweiKammern-Parlament einführte.
Als endgültige Vollendung des Demokratiesierungsprozesses kann die Wahl Felipe Gonzàlez zum Ministerpräsidenten gesehen werden. Er schaffte es, die in der Ära Suàrez vernachlässigten Modernisierungsmaßnahmen in Sozial-, Wirtschafts- und Schulpolitik vorzunehmen und den demokratischen Wandel nicht nur auf politischer, sondern auch auf gesellschaftlicher Ebene zu vollziehen. Eine der wesentlichen Konsequenzen seiner Wahl war, dass nun auch die zentralistische Struktur Spaniens aufgegeben wurde und nun auch Kommunal- und Regionalpolitik innerhalb eines demokratischen Rahmens abliefen. Gonzàlez vollzog den Wechsel in eine von jungen, dynamischen und ehrlichen Politikern geprägte Zukunft und beendete somit die Phase des Übergangs, der mit der Aufnahme in die EU 1986 auch international bestätigt wurde.
Literatur- und Quellenverzeichnis
Antoni, Michael (1981). Spanien auf dem Weg zur parlamentarischen
Demokratie. Parteien, Wahlen, Verfassung und politische Entwicklung 1975 bis 1980. Frankfurt/Main: Lang.
Bernecker, Walther L.(1984). Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg. München: Beck.
Bernecker, Walther L. (1990). Sozialgeschichte Spaniens im 19. und 20.Jahrhundert. Frankfurt/Main: Suhrkamp.
Brockhaus multimedial (1998). Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG.
Hermens, Ferdinand A.; Koeppinger, Peter Hugo (1976). Von der Diktatur zur Demokratie. Das Beispiel Spaniens und Portugals. Berlin: Duncker und Humblot.
Maier, Lothar (1977). Spaniens Weg zur Demokratie.
Sozialwissenschaftliche Dissertation an der Universität Tübingen.
Preston, Paul (1987). Spanien. Der Kampf um die Demokratie. RhedaWiedenbrück: Daedalus.
Weiterführende Literatur:
Beyme, Klaus von (1971). Vom Faschismus zur Entwicklungsdemokratie. Machtelite und Opposition in Spanien. München: Piper.
Buse, Michael (1985). Die neue spanische Demokratie. Parteiensystem und Wählerorientierungen 1976-1984. Baden-Baden: Nemus Verlagsgesellschaft.
Cusnick, Uwe (1997). Übergangsprobleme von autoritären Regimen zu demokratischen Systemen am Beispiel Spanien. Frankfurt a. M.: Lang.
Gunther, Richard (1996). The impact of regime change on public policy. The case of spain. In: Journal of public policy, 16/1996, 2, S. 157-201.
Medhurst, Kenneth (1984). Spains evolutionary pathway from dictatorship to democracy. In: Westeuropean politics, 7/1984, 2, S. 30-49.
Mauersberger, Volker (1991). Spanien: Wandel nach Europa. Aarau: AT Verlag.
Shubert, Adrian (1990). A social history of modern Spain. London: Unwin Hyman Ltd.
- Arbeit zitieren
- Fabian Delussu (Autor:in), 1999, Der Weg Spaniens zur Demokratie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97053
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