Inhalt:
1.Akt:
Prinz Leonce ist von der Welt, ihrem Treiben und ihren Genüssen gelangweilt, und flieht mit seinem Freund, dem Landstreicher Valerio, für den das Leben allein aus Nichtstun und Essen besteht, vom Hof seines Vaters, wo er auch die Liebe zur Tänzerin Rosetta zurücklässt. Vor allem aber veranlasst ihn die bevorstehende Hochzeit mit der Prinzessin Lena zur Flucht.
2.Akt:
Doch auch Lena will sich nicht verheiraten lassen und ist mit ihrer Gouvernante geflüchtet. Unerkannt treffen sich Prinz und Prinzessin in einem Wirtshausgarten. Die beiden verlieben sich und nachdem Leonce seine Lena geküsst hat, will er Selbstmord begehen, wird jedoch von Valerio vor solcher „Leutnantsromantik“ bewahrt.
3.Akt:
Der Prinz beschließt nun - ohne zu wissen, wer seine Geliebte wirklich ist - Lena zu heiraten. Sie machen sich auf den Weg zum Hof König Peters, wo die Hochzeit schon vorbereitet ist, sogar die Bauern stehen zur Huldigung bereit. Valerio kündet das maskierte Brautpaar als „die zwei weltberühmten Marionetten“ an. Nach dem väterlichen Segen werden die Masken abgenommen und man erkennt sich gegenseitig. König Peter dankt zugunsten seines Sohnes ab, der nun ohne Uhren und Kalender ein zeitloses Glück im Lande herbeiführen möchte. Valerio wird zum Staatsminister gemacht und verbietet sofort jegliche Arbeit.
Zentrale Themen:
- Gesellschaftskritik soziale Ungerechtigkeit (Armut der Bauern) Unfähigkeit des deutschen Kleinstaates Monarch als bedeutungsloses Staatsoberhaupt
- Distanz zur Romantik
- Langeweile, M üß iggang
- Sehnsucht nach einer märchenhaften utopischen Welt
Eine Geschichte ohne Moral, allerdings keine amoralische Geschichte, so könnte das Lustspiel Leonce und Lena charakterisiert werden, wenn es denn überhaupt eine Geschichte enthielte. Doch es fällt schwer, das Wenige an Handlung - den Versuch des Titalhelden vor der festgelegten Hochzeit zu fliehen - als bedeutungstragenden Inhalt anzusehen. Büchner hat Leonce und Lena 1836 geschrieben, um an dem Preisausschreiben teilzunehmen, das der Cotta Verlag für das beste deutsche Lustspiel ausgeschrieben hatte. Das Handlungsgerüst hat er aus Clemens Brentanos „Ponce de Leon“ übernommen und mit literarischen Zitaten seiner Zeit gespickt. Er hat sein Manuskript anonym verschickt, um sich der politischen Zensur in Deutschland entziehen, sein Beitrag kam jedoch zwei Tage zu spät und wurde ungeöffnet zurückgeschickt.
Im Wesentlichen geht es in Leonce und Lena um den Versuch des Prinzen Leonce vor der festgelegten Hochzeit zu fliehen, was aber dann daran scheitert, dass er sich in genau die Prinzessin, die er heiraten sollte, verliebt und sie dann freiwillig heiratet, so dass alles beim Alten bleibt.
Ich werde euch jetzt die Handlung erzählen und hab mir gedacht, dass es am besten geht, wenn ich auch einige Passagen vorlese, damit ihr einen Eindruck von dem Stück bekommt. Im 1.Akt liegt Leonce in seinem Garten und stellt Betrachtungen über die Monotonie und das Nonsens des Erdendaseins an. Zitat: S. 29f Z. 31 bis 10
In Valerio hat er einen Freund und Gleichgesinnten gefunden, der noch Zitat: „Jungfrau in der Arbeit” ist und „nichts, als eine ungeheure Ausdauer in der Faulheit“ besitzt. Während sich die beiden über tiefgreifende Themen wie Natur oder Arbeit unterhalten, philosophiert Leonces Vater, König Peter, seinen Kammerdienern beim Ankleiden etwas vor. Zitat: S.32 Z.16-26
Später am Abend nimmt Leonce bei Kerzenschein und gedämpfter Musik von seiner Geliebten Rosetta Abschied. Diese Scheinromantik stört er aber selbst immer wieder durch sein Eingeständnis, dass er sich langweile Zitat: S.34 Z.21-22 Während er Rosetta mitteilt, dass er „ihre Liebe begraben habe“ und diese sich traurig entfernt, sitzt Valerio schmatzend unter einem Tisch und verzehrt einen Braten, den er aus der Küche gestohlen hat. Als ein Staatsrat verkündet, dass Prinzessin Lena für den nächsten Tag erwartet wird, suchen die beiden sofort das Weite, um nicht durch die Heirat und die damit zusammenhängende Regierungsübernahme „ein nützliches Mitglied der menschlichen Gesellschaft“ zu werden. Zur gleichen Zeit bricht auch Lena mit ihrer Gouvernante auf - ebenfalls um der bevorstehenden Vermählung zu entgehen.
Im 2.Akt treffen die vier dann aufeinander à Vorlesen (typischer Dialog zwischen Valerio & Leonce und wie sich Leonce und Lena zum ersten mal begegnen) Noch in der gleichen Nacht treffen sich Leonce und Lena dann im Garten und verlieben sich ineinander. Leonce küsst sie und will sich in den Fluss stürzen, um das Glück des Augenblicks festzuhalten. Valerio jedoch hindert ihn daran und schimpft über Leonces Leutnantsromantik.
Im 3. und letzten Akt beschließt Leonce dann Lena - ohne zu wissen, wer sie ist - zu heiraten. Am Hofe von König Peter sind in der Zwischenzeit die Hochzeitsvorbereitungen in vollem Gang. Ein Landrat studiert mit ausgehungerten Bauern das Vivat-Gejubel ein, während Leonce, Lena, Valerio und die Gouvernante die in Sichtweite gelegene Landesgrenze des Liliput -Königreiches überschreiten. Valerio kündet das Brautpaar als „die zwei weltberühmten Marionetten“ an „nichts als Kunst und Mechanismus, nichts als Pappendeckel und Uhrfedern“. König Peter beschließt nun anstatt der eigentlich geplanten Hochzeit die zwei Marionetten zu vermählen Zitat: S.55 Z. 16-20 Nach der Vermählung durch den Hofprediger nehmen beide die Masken ab und nach anfänglicher Enttäuschung Zitat beide: “Ich bin betrogen“ freuen sich alle, dass die geplatzte Hochzeit nun doch noch stattgefunden hat. König Peter zieht sich in den Ruhestand zurück, denn er will zusammen mit seinem Staatsrat viel denken und Leonce übernimmt die Regierung. Seine erste Amtshandlung ist, das ganze Publikum nach Hause zu schicken Zitat S.56 Z.30-37 . Zu guter Letzt macht er noch Valerio zum Staatsminister, der darüber wachen soll, dass keiner zu viel arbeitet. Zitat S.57
Was wohl am deutlichsten aus dem Stück herauszulesen ist, ist die Kritik an der damaligen Gesellschaft. Wir wissen ja schon durch den hessischen Landboten, dass sich Büchner stark für die benachteiligte Bevölkerung eingesetzt hat und auch hier bringt er das Elend der Bauern mit ein.
Als Leonce und Lenas Hochzeit bevorsteht, müssen sie total ausgehungert Spalier stehen und werden von dem Landrat auch noch auf den Arm genommen Zitat S.51 Diese ganze Passage in denen das Vivat-Gejubel geübt wird, trieft nur so vor Ironie und die Tatsache, dass die Bauern so aufgestellt sind, „dass der Wind von der Küche über euch geht und ihr auch einmal in eurem Leben einen Braten riecht“, verstärkt dies noch zusätzlich.
Auch das Reich Popo scheint wie eine Karikatur des damaligen deutschen Kleinstaates - mit einem lächerlichen kleinen Territorium, einer chaotischen Hofhaltung, unfähigen Staatsbeamten, devoten Untertanen, einem völlig realitätsfernen Monarchen und einer von Dummheit gekennzeichneten Polizei. à Vorlesen: S.43 mit Polizisten Büchner benützt aber König Peter nicht nur als Inbegriff des bedeutungslosen und unfähigen Staatsoberhaupt, sondern er kritisiert dessen Maxime „Der Mensch muss denken“. Peter meint, er müsse dies für seine Untertanen übernehmen, obwohl sein Denken eigentlich fortwährend nur Unsinn produziert. Zitat:S.33
Auch das „königliche Wort“ - die Sprache - also eines der wichtigsten Fähigkeiten des Menschen erweist sich als nichts, nicht nur in der Aussage des Präsidenten: „Tröste sich Eure Majestät mit anderen Majestäten. Ein königliches Wort ist ein ding, - ein Ding, - ein Ding, das nichts ist“, sondern auch in den permanenten sinnlosen Dialogen des gesamten Stückes, die wie eine Aneinanderreihung von Nonsens wirkt.
Büchner kritisiert aber nicht nur die gesellschaftlichen Zustände sondern er möchte sich auch von der Tendenz seiner Zeit, der Romantik distanzieren.
Durch verschiedene Passagen in seinem Werk, meistens in Valerios Zitaten, macht er sich nicht nur die Romantik im engeren Sinn lächerlich, sondern bezieht auch noch die Lyrik des Biedermeier und dessen Hang zur Idylle mit ein. Beispiel: Zitat S.30
Ein zentrales Element des Stückes ist auch die ständige Langweile und der Lebensüberdruss, eigentlich Themen in der zeitgenössischen Weltschmerzdichtung, die Büchner ironisch aufgreift und abwandelt. Schon auf den ersten Seiten wird deutlich, dass sowohl Leonce als auch Valerio notorische Nichtstuer sind, was einerseits als Parodie auf den Adel, aber auch durchaus als krankhafter Zustand gesehen werden kann. Zitat Leonce: Denn wer arbeitet, ist ein subtiler Selbstmörder, und ein Selbstmörder ist ein Verbrecher, und ein Verbrecher ist ein Schuft, also, wer arbeitet, ist ein Schuft.
Dennoch stellt Büchner den gesellschaftlichen und sozialen Verhältnissen kein realistisches Modell als Alternative entgegen. Er beendet sein Lustspiel durch eine Flucht in ein märchenhaftes Utopia, in dem es keinen Hunger und keine Langeweile gibt. Leonces ersehntes Reich aus dem alle Kalender, Uhren und Arbeit verbannt werden, ist der Ausdruck einer Sehnsucht, die in jedem Menschen verankert ist.
- Citation du texte
- Stephi Hellwig (Auteur), 2000, Büchner, Georg - Leonce und Lena, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96895