Was sind die Ursachen für das geschlechtsspezifische Lohndifferenzial? Welche wirtschaftlichen Auswirkungen bringt das geschlechtsspezifische Lohndifferenzial mit sich? Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um das geschlechtsspezifische Lohndifferenzial weiter zu verringern?
Mittlerweile hat sich bezüglich der Einstellung zu Gleichberechtigung und Frauenrechten in der Gesellschaft viel verändert. Beide Themen haben in den letzten Jahren mehr Aufmerksamkeit erhalten und die Öffentlichkeit wurde stark für diese Themen sensibilisiert. Dennoch sind Frauen nach wie vor in fast allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens mit Benachteiligungen aufgrund ihres Geschlechts konfrontiert. Besonders ausgeprägt ist diese Benachteiligung bei der Besetzung von Führungspositionen durch Frauen und bei geschlechtsspezifischen Einkommensunterschieden, die trotz aller Bekenntnisse zur Gleichberechtigung immer noch bestehen.
Die Richtlinien 2006/54/EC, die am 05. Juli 2006, durch das Europäische Parlament und den Europäischen Rat verabschiedet worden sind, schreiben Chancengleichheit und die Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeit und Bildung vor. Damit machen sie die Reduzierung des Gender-Pay-Gaps zu einem der wichtigsten Themen der EU-Gender Kommission. In dieser Arbeit gilt es herauszufinden, wo die Ursachen für das geschlechtsspezifische Lohndifferenzial liegen, welche wirtschaftlichen Auswirkungen dieses mit sich bringt und was getan werden kann und muss, um das Differenzial in Zukunft abzubauen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das geschlechtsspezifische Lohndifferenzial
2.1 Definition
2.2 Der unbereinigte Gender Pay Gap
2.3 Der bereinigte Gender Pay Gap
3. Aktuelle Kennzahlen
3.1 Datengrundlage
3.2 Betrachtung aktueller Daten
3.2.1 Unbereinigter Gender Pay Gap
3.2.2 Bereinigter Gender Pay Gap
4. Einflussfaktoren und mögliche Ursachen
4.1 Segregation
4.1.1 Horizontale Segregation
4.1.2 Vertikale Segregation
4.2. Erwerbsunterbrechungen
4.3. Beschäftigungsumfang
4.4. Wettbewerbsverhalten (unbereinigter)
4.5. Unterschiedliches Verhandlungsverhalten (bereinigter)
5. Wirtschaftliche Auswirkungen
5.1 Auswirkung auf die Gesamtwirtschaft
5.2 Altersarmut
5.3 Einflüsse auf das Humankapital
5.4 Unternehmensproduktivität
6. Ansätze für die Zukunft
6.1 Lohntransparenz
6.2 Erwerbsunterbrechungen
6.3 Segregation
6.4 Allgemeine Änderung der Arbeitsstrukturen
7. Fazit
Literaturverzeichnis I
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Einflussfaktoren der Lohnlücke
Abbildung 2 Der unbereinigte & bereinigte Gender Pay Gap im Zeitverlauf
Abbildung 3 Der unbereinigte Gender Pay Gap 2018 im Europäischen Vergleich
Abbildung 4 Bereinigter Gender Pay Gap im Vergleich dem unbereinigten Gender Pay Gap nach Jahr
Abbildung 5 Interdependenzen verschiedener Ursachen
Abbildung 6 Der Teufelskreis der statistischen Diskriminierung
Abbildung 7 Verdienstunterschied nach Geschlecht und verschiedenen Altersklassen
Abbildung 8 Teilzeitquote nach Geschlecht und Alter
Abbildung 9 Durchschnittlicher täglicher Zeitaufwand für unbezahlte und bezahlte Arbeit in Deutschland
1. Einleitung
Seit 1957 ist das Recht auf gleiche Bezahlung unabhängig vom Geschlecht in den Europäischen Verträgen festgelegt. „ Jeder Mitgliedstaat wird während der ersten Stufe den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit anwenden und in der Folge beibehalten.“(Art. 119 Abs. 1, EWG-Vertrag, 1957/58) Bis heute ist dieser Grundsatz gleich geblieben. Aktuell ist er in Artikel 157 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zu finden. Obwohl die Diskriminierung in Berufen in vielen Ländern, so auch in Deutschland, gesetzlich verboten ist, gab es in der Vergangenheit immer wieder Meldungen darüber. Ein bekanntes Beispiel in der Literatur ist eine im Jahr 2000 durchgeführte Studie. In dieser Studie wurden die Auswirkungen von Blindanhörungen1 bei Orchesterbewerbungen mehrerer Symphonieorchester untersucht. Bei dieser Art der Anhörung besteht kein Sichtkontakt zwischen dem Bewerber und der Jury, wodurch jegliche optische Beeinflussung verhindert werden und der Fokus nur auf den musikalischen Qualitäten der Bewerber liegen soll. Ein Ergebnis dieser Studie war, dass der Frauenanteil der untersuchten Orchester, die Blindanhörungen verwendeten um rund 25 Prozentpunkte höher war, als in denen, die auf Blindanhörungen verzichteten. Außerdem konnte durch die Blindanhörungen ein Großteil der seit 1970 angestiegenen Frauenquote in Orchestern erklärt werden (Vgl. Goldin & Rouse, 2000, p. 21 ff.). Zwar ist diese Studie nicht mehr unbedingt Zeitgemäß, so zeigt sie dennoch deutlich, wie Diskriminierung bewusst oder unterbewusst stattfinden und ein optimales Ergebnis verhindern kann.
Mittlerweile hat sich bezüglich der Einstellung zu Gleichberechtigung und Frauenrechten in der Gesellschaft viel verändert. Beide Themen haben in den letzten Jahren mehr Aufmerksamkeit erhalten und die Öffentlichkeit wurde stark für diese Themen sensibilisiert. Dennoch sind Frauen nach wie vor in fast allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens mit Benachteiligungen aufgrund ihres Geschlechts konfrontiert. Besonders ausgeprägt ist diese Benachteiligung bei der Besetzung von Führungspositionen durch Frauen und bei geschlechtsspezifischen Einkommensunterschieden, die trotz aller Bekenntnisse zur Gleichberechtigung immer noch bestehen. Die Richtlinien 2006/54/EC, die am 05. Juli 2006 , durch das europäische Parlament und den Europäischen Rat verabschiedet worden sind, schreiben Chancengleichheit und die Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeit und Bildung vor. Damit machen sie die Reduzierung des Gender Pay Gaps zu einem der wichtigsten Themen der EU-Gender Kommission. In dieser Arbeit gilt es herauszufinden wo die Ursachen für das geschlechtsspezifische Lohndifferenzial liegen, welche wirtschaftlichen Auswirkungen dieses mit sich bringt und was getan werden kann und muss, um das Differenzial in Zukunft abzubauen.
Dafür werden folgende Forschungsfragen aufgestellt.
Was sind die Ursachen für das geschlechtsspezifische Lohndifferenzial?
Welche wirtschaftlichen Auswirkungen bringt das geschlechtsspezifische Lohndifferenzial mit sich?
Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um das geschlechtsspezifische Lohndifferenzial weiter zu verringern?
Um diese Fragen zu beantworten werden in Kapitel 2 die theoretischen Grundlagen dargestellt, indem der Begriff Geschlechtsspezifisches Lohndifferenzial definiert und die theoretischen Konstrukte hinter den wichtigsten Begriffen erklärt werden. Darauf aufbauend wird in Kapitel 3 die aktuelle Situation in Deutschland und den Ländern der Europäischen Union betrachtet. In Kapitel 4 werden einige der wichtigsten Einflussfaktoren auf die geschlechtsspezifische Lohnlücke betrachtet. Kapitel 5 beinhaltet die anschließende Analyse bezüglich der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen. Abschließend folgen in Kapitel 6 mögliche Ansätze für die Zukunft, um die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen weiter abzubauen.
2. Das geschlechtsspezifische Lohndifferenzial
2.1 Definition
Im Folgenden muss für ein einheitliches Verständnis der Begriff des geschlechtsspezifischen Lohndifferenzials definiert werden. Das geschlechtsspezifische Lohndifferenzial, auch geschlechtsspezifisches Lohngefälle, oder geschlechtsspezifische Lohnlücke genannt, beschreibt den Unterschied zwischen dem durchschnittlichen Brutto-Stundenlohn von Männern und Frauen.
Gemäß der Europäischen Kommission wird es wie folgt definiert: „ Unter dem geschlechtsspezifischen Lohngefälle versteht man den Unterschied in der Bezahlung, der bestimmt wird auf der Basis der durchschnittlichen Differenz zwischen den Bruttostundenlöhnen aller beschäftigten Männer und denen aller beschäftigten Frauen “ (Europäische Kommission, 2014). Im Folgenden wird analog zu diesem Begriff auch der Begriff „Gender Pay Gap (GPG)“ verwendet. Der Begriff Gender beschreibt dabei lediglich das jeweilige Geschlecht und nicht die selbstwahrgenommene Geschlechtsidentität. Für die Messung des Gender Pay Gap werden in der Regel zwei Indikatoren verwendet. Der unbereinigte und der bereinigte Gender Pay Gap.
2.2 Der unbereinigte Gender Pay Gap
Der unbereinigte Gender Pay Gap vergleicht die absoluten Durchschnittslöhne aller Arbeitnehmer ohne Sonderzahlungen miteinander, indem er den prozentualen Unterschied des durchschnittlichen Bruttostundenverdienstes der Männer und Frauen, bezogen auf den durchschnittlichen Bruttostundenverdienst der Männer, darstellt. Der Bruttolohn wird deshalb verwendet, weil der Nettolohn von individuell bedingten Faktoren abhängt und diese Effekte nicht in die Berechnung mit einfließen sollten, da sie ein verzerrtes Ergebnis verursachen könnten. Als Beispiel können steuerliche Effekte wie das Ehegattensplitting genannt werden, die in der Regel zu einem höheren Verdienst der Männer und einem geringeren Verdienst der Frauen führen (Vgl. Finke, 2010, p. 5).2 Neben der Betrachtung der Brutto- und Nettolöhne wären unter anderem auch die Betrachtung der Monats-/Jahreslöhne oder nur die Betrachtung von speziellen Gruppen möglich. Bedingt durch die vielen verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten, die immer von der Fragestellung der jeweiligen Untersuchung abhängig sind zeigt sich, dass es das eine korrekte Maß für die Ermittlung des Lohnunterschiedes nicht gibt. Allerdings gibt es bestimmte Vorgehensweisen, die um eine bessere Vergleichbarkeit zu ermöglichen, als allgemeingültig betrachtet werden. Die Art der Berechnung, die von Eurostat3 und der Organisation für Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD4 ) verwendet wird gilt in Europa als allgemein übliche Konvention. Die Berechnung ist unter folgender Formel definiert (Vgl. Schmidt, et al., 2009, p. 9 ff.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bei der Berechnung des durchschnittlichen Bruttostundenverdienstes nutzen die Europäische Kommission und das Statistische Bundesamt eine andere Vorgehensweise als die OECD (Vgl. Leythienne & Ronkowski, 2018, p. 11). Die von Eurostat vorgegebene und somit von der Europäischen Kommission und dem statistischen Bundesamt genutzte Methode zur Ermittlung des durchschnittlichen Bruttostundenverdienstes lautet wie folgt (Vgl. Finke, 2010, p. 6).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der unbereinigte Gender Pay Gap wird jährlich von Eurostat in Zusammenarbeit mit den nationalen statistischen Ämtern der EU-Mitgliedstaaten und der EFTA-Länder (Europäische Freihandelszone) veröffentlicht. Seine Art der Darstellung ist, zumindest in Europa, einheitlich, da sie Teil der europaweiten gleichen Vorgaben von Eurostat ist. Die Einheitlichkeit gewährleistet eine bessere Vergleichbarkeit zwischen den Ländern. Dieser Indikator ist dafür da ein Gesamtbild des geschlechtsspezifischen Lohndifferenzials zu bekommen. Dabei wird allerdings keine Rücksicht auf unterschiedliche Positionen, Branchen, oder auch unterschiedliche Arbeitszeiten genommen. Eventuelle Unterschiede, die durch unterschiedliche Charaktereigenschaften oder tatsächliche Diskriminierung bedingt sind, werden nicht mit erfasst (Vgl. Leythienne & Ronkowski, 2018, p. 6) Somit wird allerdings auch der Teil des Verdienstunterschiedes erfasst, der durch eventuelle andere benachteiligende Strukturen verursacht wird., die z.B. Frauen die Zugangschancen zu bestimmten Berufen oder Karrierechancen erschweren.
2.3 Der bereinigte Gender Pay Gap
Der bereinigte Gender Pay Gap befasst sich mit der Ermittlung des Verdienstabstandes zwischen Männern und Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Biographien und Tätigkeiten. Dafür wird der Teil des Verdienstunterschiedes herausgerechnet, der auf strukturelle Unterschiede, beispielsweise ein unterschiedlicher Bildungsgrad zwischen den Geschlechtern zurück zu führen ist. Dadurch wird eine bessere Vergleichbarkeit geschaffen als beim unbereinigten Gender Pay Gap, da nur Gleiches mit Gleichem verglichen wird (Vgl. Finke, 2010, p. 6).
Zur Bestimmung des bereinigten Gender Pay Gap können verschiedene Methoden verwendet werden. Eine Übersicht über die verschiedenen Methoden ist Hübler (2003, p. 544 f.) zu entnehmen. Auch hier gibt es keine allgemeingültige abgestimmte Standardmethode für das weltweite Vorgehen. Gemäß den europäischen Standards wird die Oaxaca-Blinder-Zerlegung verwendet (Vgl. Oaxaca, 1973; Blinder, 1973; Leythienne & Ronkowski, 2018, p. 7). Die Oaxaca-Blinder-Zerlegung ist die am häufigsten verwendete Methode zur Ermittlung von Verdienstunterschieden (Vgl. Hübler, 2003, p. 557). Die Methode lässt sich grundsätzlich in zwei Stufen aufteilen. In der ersten Stufe wird eine Regressionsanalyse der Verdienststruktur durchgeführt, mithilfe derer die „Verdienstgleichungen“ für Männer und Frauen geschätzt werden. Mithilfe dieser Gleichungen wird versucht die Art und Stärke der Einflüsse der verschiedenen Merkmale auf den Verdienst der Männer und Frauen in jeweils zwei getrennten Gleichungen bestmöglich abzubilden. Die zweite Stufe beinhaltet ein Dekompositionsverfahren, um mithilfe der erstellten Gleichungen und einer zusätzlichen kontrafaktischen Gleichung mögliche Gründe für den Unterschied zwischen der Bezahlung der Männer und Frauen zu ermitteln. Um eine bessere Interpretation zu ermöglichen wird der unbereinigte Gender Pay Gap in einen erklärten Teil und einen unerklärten Teil aufgeteilt. Der erklärte Teil des Gender Pay Gaps lässt sich durch unterschiedliche personenspezifische Merkmale erklären, der unerklärte hingegen nicht. Er bildet den bereinigten Gender Pay Gap ab (Vgl. Leythienne & Ronkowski, 2018, p. 8 ff.). Eine allgemeine Übersicht ist Abbildung 1 zu entnehmen.
Abbildung 1 Einflussfaktoren der Lohnlücke
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Strub, et al., 2008, p. 11)
Multivariate Regressionsanalyse
Mithilfe der (linearen) Regressionsanalyse kann überprüft werden, ob ein Zusammenhang zwischen einer abhängigen Variable und einer unabhängigen Variablen besteht. Eine Multivariate Regressionsanalyse hingegen untersucht den Zusammenhang zwischen einer abhängigen Variablen und mehreren unabhängigen Variablen. Der erste Schritt der Regressionsanalyse ist es, zwei Gleichungen zu bestimmen, die den Einfluss verschiedener Merkmale auf den logarithmierten Bruttoverdienst von Männern und Frauen separat darstellen. Bei der Erstellung der Formel sollten alle möglichen Einflussfaktoren berücksichtigt werden, da dies die Aussagekraft des Modells beeinflusst. Nach der Berechnung nehmen die einzelnen Variablen positive oder negative Werte an, mithilfe derer Aussagen über die Richtung und Stärke des Zusammenhangs zwischen der abhängigen und den unabhängigen Variablen möglich sind. Für die Analyse wird auf die Methode der kleinsten Quadrate5 (QLS) zurückgegriffen (Vgl. Finke, 2010, p. 7 ff.).
Laut Backhaus et al. (2016, p. 69 ff.) wird die Formel bei einer multiplen Regression folgendermaßen formuliert:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Auf eine umfangreichere Erklärung des Themas wird im Folgenden verzichtet, da es den Rahmen der vorliegenden Arbeit überschreiten würde. Eine umfassendere Behandlung der Regressionsanalyse ist Backhaus et al. (2016, p. 69 ff.) zu entnehmen.
Angepasst an das Modell sehen die Regressionsgleichungen für den Bruttostundenverdienst von Männern und Frauen wie folgt aus:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
M/F steht für das jeweilige Geschlecht (Mann oder Frau)
Der Bruttostundenverdienst einer Person i ist logarithmiert, weil dadurch zum einen eine Normalverteilung erreicht wird. Normalverteilung ist eine der zentralen Annahmen von Regressionsanalysen und erleichtert die Interpretation, indem u.A. durch die Eliminierung von Extremwerten eine bessere Vergleichbarkeit garantiert wird (Vgl. Wooldridge, 2012, p. 41 f.). Außerdem basieren die Überlegung unterschiedlicher Charaktereigenschaften auf der Humankapitaltheorie. Diese Theorie geht von einem Zusammenhang von Bildung bzw. Berufserfahrung und Einkommen aus. Eine zentrale Überlegung der Theorie ist, dass der daraus entstehenden Lohngleichung ein logarithmiertes Einkommen zugrunde gelegt wird (Vgl. Mincer, 1974, p. 83 ff.). Aus Gründen der Kontinuität wird diese Annahme auch bei voneinander unabhängigen Variablenangewandt. Durch die Logarithmierung lassen sich die Werte so interpretieren, dass sich die abhängige Variable Y um Prozent verändert, wenn sich Merkmal X um eine Einheit erhöht. Die Regressionskoeffizienten werden als „partielle Regressionskoeffizienten“ interpretiert. Das bedeutet, dass davon ausgegangen wird, dass sich alle anderen Merkmale bei Erhöhung des betrachteten Merkmals nicht verändern. Als erklärende Variablen werden eine Reihe von persönlichen und beruflichen Merkmalen, wie z.B. Alter, Ausbildung oder Berufserfahrung verwendet (Vgl Finke, 2010, p. 7 ff.). Eine detaillierte Auflistung der vom statistischen Bundesamt verwendeten Variablen ist Tabelle 1 im Anhang zu entnehmen. Die von Eurostat verwendeten Variablen sind Tabelle 2 im Anhang zu entnehmen. Ein optimales Schätzmodell für den bereinigten Gender Pay Gap ist nicht vorhanden. Aufgrund der Datengrundlage oder anderer Faktoren gibt es immer wieder Variationen bei den verwendeten Variablen (Vgl. Chamberlain, 2017, p. 3). Das bekannteste darauf basierende Problem des bereinigten Gender Pay Gaps sind die fehlenden Angaben über Erwerbsunterbrechungen, auf das in späteren Kapiteln noch genauer eingegangen wird.
Dekompositionsverfahren
Beide Lohnfunktionen werden im nächsten Schritt miteinander subtrahiert. Durch Umformen ergibt sich dabei folgende Formel (Vgl Finke, 2010, p. 9).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Formel lässt sich wie in Abbildung 1 bereits verdeutlicht in einen erklärten und einen unerklärten Teil aufteilen. Im Folgenden werden die einzelnen Bestandteile dieser Formel aufgeschlüsselt.
Im Rahmen des Dekompositionsverfahrens muss entschieden werden, welches Geschlecht als nicht diskriminiert angesehen wird (Vgl. Bazen, 2011, zitiert nach Leythienne & Ronkowski, 2018, p. 10). Basierend auf der Definition des unbereinigten Gender Pay Gap wird angenommen, dass die Verdienststruktur der Männer diese Rolle einnimmt. Aufgrund dessen werden die Regressionskonstante und die Regressionskoeffizienten der Männer als Maßstab für diskriminierungsfreie Variablen verwendet. Unter Verwendung derer wird eine sogenannte kontrafaktische Gleichung erstellt, die den Frauen denselben Grundverdienst zuschreibt und die einkommenswirksamen Merkmale der Frauen mit demselben Wert vergütet, wie es bei Männern der Fall wäre. Das bedeutet, dass die Gleichung darstellt, was eine Frau verdienen würde, wenn sie nach den gleichen Maßstäben wie die Männer bezahlt würde (Leythienne & Ronkowski, 2018, p. 10). Die dazugehörige Gleichung lässt sich wie folgt darstellen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der erklärte und der unerklärte Teil der oben genannten Gleichung lassen sich unter Verwendung der kontrafaktischen Formel alternativ auch in dieser, etwas allgemeineren Darstellungsform abbilden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der erklärte Teil (E) der Gleichung beschreibt die Differenz zwischen dem logarithmierten Bruttoeinkommen der Männer und dem der Frauen, die nach den Maßstäben der Männer bezahlt werden. Dieser Teil lässt sich nach einigen Umformungen mithilfe folgender Formel darstellen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die geschlechtsspezifischen Unterschiede zwischen den erklärenden Variablen lassen sich nun besser erkennen und ablesen. Dieser Teil der Gleichung beschreibt den Teil des Verdienstunterschiedes, der auf geschlechtsspezifischen Unterschieden bezüglich der durchschnittlichen Merkmale basiert. Dieser Effekt nennt sich auch Erklärungs- bzw. Ausstattungseffekt (Vgl. Finke, 2010, p. 9; Leythienne & Ronkowski, 2018, p. 10 f.).
Der unerklärte Teil (U) beschreibt die Differenz zwischen dem logarithmierten Bruttoeinkommen der Frauen, die nach Maßstäben der Männer bezahlt werden und dem tatsächlichen logarithmierten Bruttoeinkommen der Frauen. Er vergleicht also das was eine Frau mit durchschnittlichen Merkmalen verdienen würde, wenn sie nach den Maßstäben der Männer bezahlt werden würde mit dem, was sie tatsächlich verdient (Vgl. Bazen, 2011, Zitiert nach Leythienne & Ronkowski, 2018, p. 11). Wie auch in Teil E wurden für weitere Interpretationen einige Umformungen vorgenommen. Der unerklärte Teil ist wie folgt definiert:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dieser Abschnitt der Gleichung beschreibt also den Teil der Differenz, der sich nicht durch unterschiedliche Ausstattungsmerkmale erklären lässt. Er lässt sich wiederum in zwei einzelne Teile aufteilen, die für ein besseres Verständnis mit A&B markiert wurden.
Teil A stellt den Unterschied zwischen den beiden Regressionskonstanten dar, also den Unterschied zwischen den Mittelwerten, wenn nichts über die Merkmale derjenigen Personen bekannt ist. Es wird der Teil des Verdienstunterschiedes beschrieben der besteht, obwohl die Merkmale und die Honorierung dieser identisch sind. Diese Differenz lässt sich in keiner Weise begründen (Vgl. Leythienne & Ronkowski, 2018, p. 11). Allerdings wird davon abgeraten diesen Teil als Diskriminierungsmaß zu verwenden, da die Verteilung der Merkmale eventuell auch schon das Ergebnis diskriminierender gesellschaftlicher Strukturen sein könnte. Somit könnte das Ausmaß der Diskriminierung möglicherweise sogar unterschätzt werden (Vgl. Blinder, 1973, p. 445). Zusätzlich bei der Verwendung der in Europa genutzten Datengrundlage nicht sichergestellt werden, dass alle lohndeterminierenden Eigenschaften der Geschlechtergruppen berücksichtigt werden. In den Datensätzen gibt es unter anderem keine Angaben über eventuelle Erwerbsunterbrechungen, die durchaus einen großen Einfluss auf die Höhe des Bruttoverdienstes haben. Auf Grund dessen sollte der bereinigte Gender Pay Gap eher als eine Art Obergrenze angesehen werden, um zu verhindern, dass der bereinigte Gender Pay Gap nicht überschätzt wird (Vgl. Finke, 2010, p. 10). Auf die unterschiedlichen Einflussfaktoren wird in folgenden Kapiteln genauer eingegangen.
Abschnitt B des unerklärten Teils gewichtet die durchschnittlichen Merkmale der Frauen mit der Differenz zwischen den Regressionskoeffizienten der Männer und Frauen. Dieser gibt an, in welchem Ausmaß die erklärenden Variablen unterschiedlich bewertet werden. Das bedeutet, dass zum Beispiel die Berufserfahrung oder die Art der Ausbildung je nach Geschlecht unterschiedlich stark monetär vergütet werden. Ein gleicher oder gleichwertiger akademischer Abschluss kann so unter sonst gleichen Merkmalen für Männer einkommensbezogen mehr wert sein, als für Frauen (Vgl. Leythienne & Ronkowski, 2018, p. 11).
3. Aktuelle Kennzahlen
3.1 Datengrundlage
Als Datengrundlage für den bereinigten Gender Pay Gap wird europaweit die Verdienststrukturerhebung (VSE) (englisch: (SES) Structure of Earnings Survey) genutzt, die alle vier Jahre von den statistischen Ämtern der Länder durchgeführt wird. Im Rahmen der Verdienststrukturerhebung werden Betriebe stichprobenartig mit einer Auskunftspflicht befragt. Ausgenommen davon sind die Wirtschaftsbereiche6 P „Bildung“ & O “Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung“, bei denen die Ergebnisse mithilfe der Personalstandsstatistik ermittelt werden. Es werden abhängige Beschäftigungsverhältnisse aller Wirtschaftsbereiche und Unternehmensgrößen ab zehn Beschäftigten erfasst, allerdings keine Selbstständige. Dabei ist irrelevant, ob die Arbeitnehmer in Teilzeit oder Vollzeit beschäftigt sind. Die Wirtschaftsbereiche A „Forst- & Landwirtschaft, Fischerei“ und O „Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung", T „Private Haushalte mit Hauspersonal" und U „Exterritoriale Organisationen und Körperschaften" werden in Deutschland zwar mit erfasst, für eine bessere internationale Vergleichbarkeit allerdings später wieder heraus gerechnet (Vgl. Finke, 2017, p. 45 f.). Neben den Bruttoverdiensten werden noch einige weitere lohndeterminierende Daten erhoben, die Tabelle 1 entnehmen zu sind. Diese zusätzlichen Informationen machen die Berechnung des bereinigten Gender Pay Gaps möglich. Für die Jahre zwischen den Verdienststrukturerhebungen werden die Daten für die Ermittlung des unbereinigten Gender Pay Gap mithilfe der Veränderungsraten aus den Jahresergebnissen der vierteljährlichen Verdiensterhebung (VVE) geschätzt. Diese ist weitaus weniger komplex und somit für die Berechnung des bereinigten Gender Pay Gaps nicht geeignet (Vgl. Finke, 2010, p. 3 f.). Die Datengrundlage in der EU ist im Gegensatz zur internationalen Ebene einheitlich geregelt. Aufgrund der einheitlichen Darstellungsweise und der damit verbundenen besseren Vergleichbarkeit werden deshalb in dieser Arbeit nur Daten der Europäischen Union miteinander verglichen.
3.2 Betrachtung aktueller Daten
3.2.1 Unbereinigter Gender Pay Gap
In Abbildung 2 ist die Entwicklung des unbereinigten Gender Pay Gaps zu erkennen. Der unbereinigte Gender Pay Gap lag 2019 bei 20%. Das bedeutet, dass Frauen im Vergleich zu Männern in diesem Jahr im Durchschnitt 20% weniger verdient haben. Im Vergleich zum Jahr 2018 ist der Abstand damit um einen Prozentpunkt gesunken. 2006 lag dieser noch bei 22,7%. Die Höchstwerte wurden in den Jahren 2007 und 2008 mit jeweils 22,8% verzeichnet. In den darauffolgenden Jahren sank er dann insgesamt schwankend um -2,8 Prozentpunkte (siehe Abbildung 2 oder Tabelle 3, Anhang). Somit kann als Trend ein stetiges Sinken des Gender Pay Gaps in den letzten Jahren beobachtet werden.
Abbildung 2 Der unbereinigte & bereinigte Gender Pay Gap im Zeitverlauf
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Abbildung nach: (Eurostat, 2020a)
Auffällig ist, dass es große Unterschiede in den Werten Ost- und Westdeutschlands gibt.7 Während der Wert 2018 in Westdeutschland mit 21% in einem ähnlichen Bereich liegt wie der Wert für das gesamte Land, fällt der Wert für Ostdeutschland mit 7% deutlich geringer aus (siehe Tabelle 4, Anhang). Gründe dafür liegen Unterschieden in der Struktur zwischen Ost- und Westdeutschland zugrunde. Laut Christian Wienert von der Bundesargentur für Arbeit haben viele große Unternehmen ihren Standort im Westen. In vielen ostdeutschen Regionen hingegen gibt es eher kleinere Betriebsstrukturen, in denen generell eher ein geringeres Gehalt gezahlt wird und Lohnunterschiede nicht allzu stark ausgeprägt sind. Dazu kommt, so Wienert weiter, dass im Osten mehr Frauen im öffentlichen Dienst arbeiten, wo ein einheitlich geregeltes Tarifgehalt gezahlt wird (Vgl. Benrath & Giesel, 2018).
In Abbildung 3 ist ein Vergleich des Gender Pay Gaps innerhalb der europäischen Länder dargestellt. Im europäischen Vergleich hat Deutschland im Jahr 2018 den zweithöchsten Wert mit 20,9%. Damit liegt Deutschland deutlich über dem EU-Durchschnitt, der in dem Jahr bei 14,8% lag. Auffallend sind besonders niedrige Werte in Rumänien, Luxemburg, Italien oder Belgien, die sich allesamt unter 8% belaufen (siehe Abbildung 3 oder Tabelle 5, Anhang).
Abbildung 3 Der unbereinigte Gender Pay Gap 2018 im Europäischen Vergleich8
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Abbildung nach: (Eurostat, 2020a)
Die unterschiedlichen Werte lassen sich zum Teil zwar auch auf unterschiedliche institutionelle Gegebenheiten zurückführen, allerdings sind auch einheitliche Trends und Erklärungsmuster erkennbar. Die sehr geringen, bis negativen Werte in diesen Ländern lassen sich zum Teil durch die sehr niedrige Erwerbstätigenquote der Frauen erklären. Einem Bericht der Europäischen Kommission über den Gender Pay Gap in verschiedenen EU-Ländern zufolge ist ein klarer positiver Zusammenhang zwischen der Höhe der Beschäftigungsquote der Frauen und der Höhe des geschlechtsspezifischen Lohndifferenzials eines Landes vorhanden (Vgl. Boll & Lagemann, 2018, p. 18 f.). Die Meinungen über die Stärke des Zusammenhangs gehen oftmals auseinander, allerdings ist in vielen Studien zu erkennen, dass ein gewisser Zusammenhang besteht (Vgl. Olivetti & Petrongolo, 2008, p. 26; Schmidt, 2016, p. 11 f.).
Erklären lässt sich dieser Effekt unter anderem damit, dass viele Frauen aufgrund von geringen Lohnaussichten dem Arbeitsmarkt erst gar nicht beitreten, wodurch die wahre Höhe des Gender Pay Gap verborgen bleibt und damit meist unterschätzt wird (Vgl. Jacobsen, et al., 2015, p. 6). In Verbindung damit tritt in solchen Ländern meist der Effekt der positiven Selektion ein. Das bedeutet, dass in Ländern mit einer geringen Beschäftigungsquote überwiegend die Frauen arbeiten, die überdurchschnittlich gut ausgebildet und qualifizierter als der Durchschnitt der Bevölkerung sind. Diese Frauen haben aufgrund ihrer Qualifikationen Aussichten auf einen höheren Lohn, zu dem es sich lohnt dem Arbeitsmarkt beizutreten. Weniger qualifizierte Frauen bleiben dem Arbeitsmarkt fern, da, wie oben erwähnt, die Lohnaussichten zu gering sind. Das durchschnittliche Lohnniveau der Frauen ist in diesen Ländern deswegen insgesamt relativ hoch (Vgl. Boll & Lagemann, 2018, p. 21). Der Effekt der positiven Selektion lässt sich am Beispiel von Rumänien beweisen. Der Wert für die erklärende Variable „Bildung“ lag im Rahmen der Verdienststrukturerhebung in Rumänien bei -6,7 Prozentpunkten. Ein negativer Wert für den Faktor Bildung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Durchschnitt der erwerbstätigen Frauen in der Regel gebildeter ist als der Durchschnitt der erwerbstätigen Männer. Der Wert für die Variable „Beruf“ nimmt mit -8,2 Prozentpunkten ebenfalls einen hohen negativen Wert an. Im Durchschnitt arbeiten Frauen in Rumänien also in besser bezahlten Berufen als Männer und haben ein höheres Bildungslevel. Eine ähnliche Verteilung lässt sich für Polen und Slowenien beobachten, die ebenfalls einen relativ geringen Gender Pay Gap aufweisen. Auch diese beiden Länder verzeichnet ebenfalls vergleichsweise hohe negative Werte für die Variablen „Bildung“ und „Beruf“ (Vgl. Leythienne & Ronkowski, 2018, p. 14).
Italien und Rumänien, beides Länder mit einem sehr geringen unbereinigtem Gender Pay Gap, haben demnach ebenfalls vergleichsweise geringe Beschäftigungsquoten. So lag die Beschäftigungsquote der 20-64- Jährigen Frauen im Jahr 2018 in Italien bei 53,1% und in Rumänien bei 60,6%. Im Deutschland hingegen lag sie im selben Jahr bei 75,8% (Vgl. Eurostat, 2020b). Als ein Extrembeispiel für dieses Phänomen kann die Türkei herangezogen werden. Hier lag die Beschäftigungsquote der Frauen 2018 bei 35,2% und der Gender Pay Gap war mit -1,3 % sogar negativ, was bedeutet, dass Frauen im Durchschnitt mehr verdienen als die Männer (Vgl. Eurostat, 2020b; Eurostat, 2020c). Ausnahmen bilden in Bezug auf die Beschäftigungsquote lediglich die skandinavischen Länder und die Niederlande. Sie haben eine hohe Beschäftigungsquote der Frauen, sowie auch eine verhältnismäßig geringe Lohnlücke zu verzeichnen. In diesen Ländern könnten andere Faktoren wie z.B. länderspezifische zusätzliche Leistungen für Familien eine Rolle spielen, die beispielsweise die Länge und Häufigkeit der familienbedingten Erwerbsunterbrechungen reduzieren. Betrachtet man die aktuellsten verfügbaren Daten aus dem Jahr 2014 über die Erwerbstätigenquote von Eltern mit Kindern unter drei Jahren fällt auf, dass in Schweden in 61,2% der Fälle beide Partner vollzeitbeschäftigt sind und in Dänemark sogar 63,87%. In beiden Ländern steigt dieser Wert zusätzlich noch mit dem Alter der Kinder auf ca. 70-73%. Im Vergleich dazu liegt der Wert für Eltern mit Kindern unter drei Jahren in Deutschland bei geringen 25,1% und bleibt mit dem Alter des Kindes nahezu unverändert (Vgl. OECD, 2016). Nach einer umfangreichen Studie von Schmidt et al. (2009, p. 29 ff.) besteht ein Zusammenhang zwischen der Betreuungsinfrastruktur und der Erwerbstätigenquote von Müttern mit Kindern unter drei Jahren. Gemäß dieser Daten haben Schweden mit einer Betreuungsquote von 40% und Dänemark mit über 60% die höchsten Werte vorzuweisen. Deutschland hingegen hat eine vergleichsweise niedrige Betreuungsquote von unter 10%. Diese Zahlen bestätigen die These der Studie.
Die unterschiedlichen Ausprägungen dieser Werte verdeutlichen noch einmal, dass eine Vergleichbarkeit ausschließlich anhand des unbereinigten Gender Pay Gap schwierig ist, da zwischen den beiden Geschlechtergruppen große Unterschiede bei den Merkmalsausprägungen bestehen können. Im Schnitt arbeiten mehr Frauen in Berufen, die in der Regel geringer entlohnt werden als andere Berufe, was den Effekt weiter verstärkt. Auf diese Einflussfaktoren wird in Kapitel 4 weiter eingegangen.
3.2.2 Bereinigter Gender Pay Gap
Da zum jetzigen Zeitpunkt die Ergebnisse des bereinigten Gender Pay Gap der Verdienststrukturerhebung 2018 noch nicht vorliegen, wird auf die Werte aus dem Jahr 2014 zurückgegriffen. Das statistische Bundesamt geht davon aus, dass die Werte für 2018 ähnlich wie die Werte von 2014 ausfallen werden, da es keine Änderungen in der Vorgehensweise gab und die Faktoren, die Einfluss auf den Gender Pay Gap haben nur langfristigen Veränderungsprozessen unterliegen (Vgl. Statistisches Bundesamt, 2020a).
Abbildung 4 Bereinigter Gender Pay Gap im Vergleich dem unbereinigten Gender Pay Gap nach Jahr
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung. Siehe Tabelle 3 im Anhang
2014 lag der bereinigte Gender Pay Gap in Deutschland bei 5,8%. Im Vergleich dazu lag der unbereinigte Gender Pay Gap 2014 bei 22,3 %. Dieser hat sich im Verlauf der vorherigen Jahre kontinuierlich verringert. Lag er 2016, im ersten Jahr der Erhebung, noch bei 8,3%, sank er dann im Jahr 2010 auf 7,7%. Insgesamt sank er seit der Ersterhebung kontinuierlich um insgesamt 2,5 Prozentpunkte (siehe Abbildung 4 oder Tabelle 3, Anhang). Gemäß einer älteren Studie des Institutes der deutschen Wirtschaft Köln, die im Jahr 2013 einen alternativen bereinigten Gender Pay Gap berechnete, lag dieser Wert bei noch geringeren 2%. Im Rahmen der Studie wurden Faktoren wie Teilzeitbeschäftigung, der Bildungsstand, die Dauer der Betriebszugehörigkeit und der Umfang eventueller familienbedingter Auszeiten bei der Berechnung mit berücksichtigt (Vgl. IW, 2013). Dieser Wert stellt einen deutlichen Unterschied zu dem damals aktuellsten Vergleichswert der Verdienststrukturerhebung von 7,7% im Jahr 2010 dar. Wie in Kapitel 2.3 erwähnt, weist der durch das statistische Bundesamt herausgegebene bereinigte Gender Pay Gap nach eigenen Angaben Schwächen bezüglich der Datengrundlage auf, wodurch bei der Analyse nicht alle lohndeterminierenden Merkmale miteinbezogen werden können. Da dieser Wert deshalb eher als eine Art „Obergrenze“ angesehen werden soll, ist ein geringerer Wert nicht unrealistisch. Da die Studie des IW allerdings nicht weitergeführt wurde und nicht weiter untersucht wurde wie repräsentativ dieser Wert ist, werden im Folgenden weiterhin die Werte der Verdienststrukturerhebung genutzt. An den Daten der Verdienststrukturerhebung lassen sich ebenfalls Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland erkennen, die allerdings nicht so extrem ausfallen wie beim unbereinigten Gender Pay Gap. In Ostdeutschland liegt der bereinigte Gender Pay Gap 2014 bei 7%, in Westdeutschland nur bei 6% (siehe Tabelle 4, Anhang).
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1 Übersetzung des englischen Begriffs Blind audition
2 Oft befinden sich Männer, bedingt durch einen höheren Verdienst der Männer und eine Teilzeitbeschäftigung oder keine Beschäftigung der Frauen, in Steuerklasse 3 und Frauen in Steuerklasse 5. Beim Ehegattensplitting werden Frauen dann mit Steuerklasse 3 belastet, was zu einer höheren prozentualen Belastung der Frauen führt und somit den Einkommensunterschied verstärkt.
3 Eurostat ist das statistische Amt der Europäischen Union und ist für die Veröffentlichung von europaweiten Statistiken zuständig, um Vergleiche zwischen Ländern und Regionen zu ermöglichen (Vgl. Europäische Kommission, 2020a).
4 Die OECD ist eine internationale Organisation mit 37 Mitgliedsstaaten, die sich für die Demokratie und Marktwirtschaft in den Mitgliedsstaaten einsetzt (Vgl. OECD, 2020).
5 Eine ausführliche Erklärung der QLS-Methode ist Schmidt, et al. (2009, p. 15 f.) zu entnehmen
6 Gemäß der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ 2008)
7 Ostdeutschland = Alte Bundesländer, Westdeutschland = neue Bundesländer + Berlin (Vgl. Finke, 2017, p. 48)
8 Ländercodes sind ebenfalls Tabelle 5 im Anhang entnehmbar.
- Arbeit zitieren
- Jonas Heinken (Autor:in), 2020, Das geschlechtsspezifische Lohndifferenzial und seine wirtschaftlichen Auswirkungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/967972
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