Gliederung
A. EINFÜHRUNG
B. HAFTUNG DER KAPITALGEBER IM INSOLVENZFALL
I. Typische Konsortialkreditnehmer
II. Arten von Konsortien
III. Haftung außerhalb des Eigenkapitalersatzrechts
1. Eigenkapital
2. Darlehen unter Rangrücktrittserklärung
3. stille Gesellschaft
4. qualifiziert faktischer Konzern
IV. Haftung von Konsortialkreditgebern nach dem Eigenkapitalersatzrecht
1. Zweck und Entwicklung des Eigenkapitalersatzrechts
a) wirtschaftliche Begründung des Eigenkapitalersatzrechts
b) Entwicklung des Eigenkapitalersatzrechts
c) weitere erfaßte Gesellschaftsformen
2. Haftungsvoraussetzungen des Eigenkapitalersatzrechts
a) Gesellschafterdarlehen und wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlungen
b) Gewährung und vergleichbare Rechtshandlungen
c) Gesellschafter und gleichgestellte Personen
d) Eigenkapitalersatzfunktion
3. Rechtsfolgen nach der Novellenregelung
4. Rechtsfolgen nach den Rechtsprechungsregeln
5. Verhältnis der Novellenregelung zu den Rechtsprechungsregeln
C. FINANCIAL COVENANTS UND AGB DER BANKEN
I. Begriff
II. Covenants und AGB der Banken
III. Zweck von Financial Covenants
IV. Wirkungsweise von Covenants
V. Typische Covenants
1. Informationsrechte
2. Financial Covenants
3. sonstige Nebenabreden
VI. Rechtsfolgen eines Verstoßes
VII. Schlußbetrachtung
Anhang: Gesetzessynopse
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
A. EINFÜHRUNG
Mit jeder Kreditvergabe gehen wirtschaftliche Risiken einher, insbesondere das der Uneinbringlichkeit. Dies betrifft Konsortialkredite in gleichem Maße. Doch wegen der besonderen Situation, in der sich Konsortialkreditgeber als Gesellschafter, Großgläubiger oder Sanierer des finanzierten Unternehmens oft befinden, beschwören sie bestimmte zusätzliche Risiken herauf und bedürfen in einigen Bereichen spezieller rechtlicher Regelungen.
Der erste Abschnitt der Arbeit beschäftigt sich demgemäß mit Haftungsfragen im Fall der Insolvenz des finanzierten Unternehmens. Wie sich zeigen wird, spielt hier das Eigenkapitalersatzrecht eine überragende Rolle. Dabei wird im wesentlichen das ab 19991 mit Inkrafttreten der neuen Insolvenzordnung geltende Recht dargestellt. Soweit sich nach der bisherigen Konkurs- und Vergleichsordnung und des alten Anfechtungsgesetzes Unterschiede ergeben, wird darauf in der Regel nur in den Fußnoten verwiesen.
Im zweiten Abschnitt werden einige Regelungen näher beleuchtet, die spezifisch für Konsorti- alkreditverträge größeren Maßstabs sind. Diese sind nötig, um das auch für Großbanken erhebli- che Risiko im Zusammenhang mit der Gewährung von Krediten entsprechender Größenordnung zu minimieren. Im Unterschied zu den aus dem Privatbereich bekannten Standardverträgen kom- men dort dingliche Sicherheiten in viel geringerem Maße zum Zuge als schuldrechtliche Neben- pflichten und Finanzkenngrößen, die den beteiligten Banken eine frühzeitige Erkennung der Un- ternehmenskrise ermöglichen.
B. HAFTUNG DER KAPITALGEBER IM INSOLVENZFALL
Bevor auf die einzelnen Haftungstatbestände einzugehen sein wird, sollen kurz die typischen Konsortialkreditnehmer vorgestellt und die verschiedenen Arten von Konsortien nach hier relevanten Kriterien klassifiziert werden.
I. Typische Konsortialkreditnehmer
Zwar werden Konsortialkredite in der Regel nur an Staaten, internationale Großunternehmen oder Träger finanzintensiver Großprojekte2 vergeben, weil nur hier ein von einzelnen Geldinstitu- ten nicht mehr zu deckender Finanzbedarf besteht.3 Diese Kreditnehmer bürgen allein schon we- gen ihrer Größe für ein geringes Insolvenzrisiko. Trotzdem kann auch hier die Zahlungsunfähig- keit eintreten. Bei bloßen Projektträgern liegt dies auf der Hand, da sie vollständig vom wirt- schaftlichen Erfolg des Projekts abhängen. Aber auch Großunternehmen sind nicht immun gegen weltweite Wirtschaftskrisen oder etwa das Zusammenbrechen ihres Hauptmarktes. Staaten schließlich können zwar praktisch nicht in Konkurs im technischen Sinne fallen, doch die ständi- gen Umschuldungs- und Schuldenerlaßverhandlungen unter Einsatz des Internationalen Wäh- rungsfonds (IWF) zeigen, daß auch hier Kredite nicht immer vertragsgemäß getilgt werden.4 Dann allerdings sind alle rechtlichen Insolvenzregelungen der betroffenen Banken machtlos, obwohl die Weltbank bzw. der IWF durchaus nicht auf Sicherungsmittel verzichtet.5
Wenn nun der Fall der Zahlungsunfähigkeit eintritt, werden die betroffenen Kreditinstitute angesichts der Höhe ihres eigenen Engagements vielleicht eher als sonst geneigt sein, ihren Einsatz fortzusetzen. Noch dazu sind ihre Kredite bei dieser Art von Geschäften häufig besonders gefährdet, weil sie wegen der besonderen rechtlichen Schwierigkeit der Sicherheitenbestellung oder der fehlenden Sicherheitengrundlagen nicht oder nicht hinreichend gesichert sind. Auch der Druck der Öffentlichkeit oder eines Staates kann sie entgegen wirtschaftlichen Erwägungen dazu zwingen, weitere Kredite zu gewähren.6 Damit sind die hier beschriebenen Konsortialkredite stärker als andere den besonderen Haftungsregeln ausgesetzt, die für Kredite im Zusammenhang mit Sanierungsmaßnahmen und anderen Mitteln der Konkursvermeidung gelten.
II. Arten von Konsortien
In der Literatur werden die Arten von7 Konsortien nach nicht immer einheitlichen Kriterien unterschieden; zudem ist ihr Verhältnis zueinander nicht unumstritten. Im Rahmen dieser Arbeit sind allein Kreditkonsortien im weiteren Sinne von Interesse.
1. Diese lassen sich zum einen nach Verwendungszweck des Kredits in einfache Kreditkonsor- tien und Projektfinanzierungskonsortien differenzieren. Bei ersteren wird der Kredit einem beste- henden Unternehmen oder Staat zwar aus bestimmtem Anlaß, doch weitgehend zur ungebunde- nen Verwendung gewährt. Die Finanzierung erfolgt aus den allgemeinen Geschäften des Kredit- nehmers, je nach den Umständen ist er in der Lage, entsprechende Sicherheiten zu gewähren oder Garantien Dritter einzuholen, oder allein sein „guter Name” bürgt für die vertragsgemäße Rück- zahlung. Bei letzteren werden die Kredite zweckgebunden zur Finanzierung eines bestimmten Projektes an eine allein zum Zweck der Durchführung dieses Projekts gegründete Trägergesell- schaft vergeben. Daher muß auch die Finanzierung allein aus dem erwarteten Einkommensstrom des Projekts erfolgen.8 Hier ist der Eigenkapitaleinsatz der Projektträger im Verhältnis zur Fremd- finanzierung eher gering und damit die Sicherungsmöglichkeit durch das Anlagevermögen sehr begrenzt. Außerdem wird eine echte Haftung der hinter dem Projektträger stehenden Unterneh- men oder Staaten durch die rechtliche Gestaltung (z.B. als GmbH) in aller Regel ausgeschlossen (non-recourse-financing9 ). Somit kann auch in diesem Fall als „Sicherheit” außer Garantien durch Dritte nur der „gute Name” der Projektträger dienen.
2. Weiterhin läßt sich nach dem Zeitpunkt der Kreditvergabe differenzieren. Kreditkonsortien im engeren Sinne gewähren den Kredit zu einer Zeit der noch ordnungsgemäßen Geschäftstätig- keit. Ein Sanierungskonsortium hingegen wird erst gebildet, um einen drohenden Konkurs abzu- wenden, also in der Regel erst dann, wenn bereits Konkursreife eingetreten ist. Dies kann durch bloße Absprachen über die Nichtfälligstellung oder Kündigung der Kredite geschehen, was dann teilweise als Stillhaltekonsortium bezeichnet wird, oder über Erlaß alter bzw. Vergabe neuer Kre- dite und ähnliche Handlungen. Auch ein ursprüngliches Kreditkonsortium kann sich bei drohen- dem Konkurs in ein Sanierungs- oder Stillhaltekonsortium verwandeln. Da sich diese Konsortien allein in der anfänglichen Motivation zu ihrer Bildung, nicht aber in ihren Rechtsfolgen unterscheiden, ist diese Unterscheidung im vorliegenden Zusammenhang entbehrlich.
3. Schließlich kommen verschiedene rechtliche Strukturen in Betracht. Sog. Parallelkredite sind nur koordinierte Darlehen ohne verbindliche Abmachungen zwischen den Kreditgebern. Sie stellen keine Konsortien im eigentlichen Sinne dar. Bei Außenkonsortien werden die Banken im Außenverhältnis von der Konsortialführerin rechtsgeschäftlich vertreten; sie übt auch die Ge- schäftsführung des Konsortiums aus. Es handelt sich dabei um eine durch den Konsortialvertrag (der nur aus Beweisgründen in der Regel schriftlicher Natur sein wird) begründete BGB-Außen- gesellschaft, üblicherweise ohne eigenes Gesamthandsvermögen. Ein Innenkonsortium tritt im Außenverhältnis als einzelnes Kreditinstitut auf; die übrigen werden nur mittelbar vertreten. Es liegt daher eine verdeckte BGB-Innengesellschaft vor, bei der die Konsortialführerin in eigenem Namen, aber anteilsmäßig auf fremde Rechnung handelt. Von einer Unterbeteiligung oder einem Unterkonsortium ist die Rede, wenn ein einzelnes Institut ein weiteres an seinem Anteil beteiligt, ohne daß es damit zugleich Vertragspartner des Konsortiums würde. Wesentlich ist dabei die Ri- sikoteilung. Damit nicht zu verwechseln ist die bloße Refinanzierung, bei der die kreditgebende Bank zur Finanzierung selbst Kredite aufnimmt, ohne daß ihre Kreditgeber aber am Risiko ihres Geschäfts teilhaben.
III. Haftung außerhalb des Eigenkapitalersatzrechts
1. Eigenkapital
Ursprünglicher Haftung im eigentlichen Sinne unterliegt das Eigenkapital eines Gesellschaft. In der Insolvenz dient es dazu, die Gläubiger des Unternehmens zu befriedigen; eine Ausschüttung ist unzulässig und muß bei Verstoß rückgängig gemacht werden.10 Die Eigenkapitalgeber, also die Gesellschafter oder Aktionäre, sind selbst nicht Gläubiger der Gesellschaft in Höhe ihrer Einlage. Allerdings wird das nach der Liquidation der Gesellschaft eventuell verbleibende Vermögen ent- sprechend ihren Eigenkapitalquoten auf sie verteilt. Aufgrund ihrer fehlenden Gläubigerstellung stehen ihnen insbesondere die Gläubigerrechte nach der Insolvenzordnung11 (bzw. bis 1998 nach der Konkurs-, Vergleichs- oder Gesamtvollstreckungsordnung) sowie dem Anfechtungsgesetz nicht zu.
2. Darlehen unter Rangrücktrittserklärung
Darlehen können unter Vereinbarung eines sog. Rangrücktritts gewährt werden. Sie bleiben damit zwar Darlehen, so daß die Gläubiger ihre Rechte im Insolvenzverfahren behalten, aber die An- sprüche sind erst nach auch den nachrangigen Insolvenzgläubigern zu erfüllen, vgl. § 39 II InsO.
3. stille Gesellschaft
Bei der stillen Gesellschaft gemäß §§ 230 ff. HGB handelt es sich um eine Innengesellschaft zwi- schen dem Stillen und dem Unternehmen, an dem er beteiligt ist. In der Liquidation des Unterneh- mens wird der Anteil des stillen Gesellschafters zunächst wie Eigenkapital behandelt (vgl. § 236 HGB), d.h. er haftet ebenfalls. Allerdings kann der Stille seinen Anspruch als Gläubigerforderung (§ 236 I a.E. HGB) durch Anmeldung zur Insolvenztabelle geltend machen. Dies scheidet aller- dings dann aus, wenn schärfere Haftungsregeln greifen; hier kommt insbesondere das unten dargestellte Eigenkapitalersatzrecht in Betracht. Eine Rückgewähr der Einlage oder ein Verzicht auf ihre Einzahlung ist nach § 136 I InsO12 anfechtbar.13
In diesem Zusammenhang sind mehrere Fälle auseinanderzuhalten: Ist eine Person oder Bank bereits Gesellschafter, so kann zusätzlich gewährtes Kapital ein einfaches Darlehen, eine stille Einlage (dann gilt das soeben dargestellte) oder aber eigenkapitalersetzendes Fremdkapital sein. Letzteres wird sogleich unter IV. dargestellt. Ist derjenige jedoch nur als typischer stiller Gesellschafter, also ohne unternehmerische Verantwortung, beteiligt, so kann ihn mangels Finanzierungsverantwortung14 das Eigenkapitalersatzrecht nicht treffen.15 Bei ihm stellt sich nur die Frage, ob das weitere Kapital als Darlehen oder als zusätzliche stille Einlage zu qualifizieren ist. Für den atypischen, also unternehmerischen stillen Gesellschafter findet das Eigenkapitalersatzrecht dagegen in derselben Weise Anwendung wie für „echte” Gesellschafter.16
Auch Konsortial„kreditgeber” können grundsätzlich stille Gesellschafter sein. Insbesondere werden bei ihnen die dann als starkes Indiz zu berücksichtigende Mitwirkungs- und Kontrollrechte17 aufgrund der vertraglichen Nebenabreden bzw. Covenants18 gegeben sein. Angesichts der Summen, um die es bei Konsortialkrediten geht, und der daher erforderlichen Planungssicherheit werden sich die Kreditinstitute aber kaum auf eine gewinnabhängige Verzinsung einlassen, die von der stillen Gesellschaft zwingend vorausgesetzt wird. Im übrigen droht auch hier zusätzlich die Umqualifizierung kraft Eigenkapitalersatzrechts.
4. qualifiziert faktischer Konzern
Als weiterer Haftungstatbestand kommt für Kreditkonsortien der sog. qualifiziert faktische Konzern19 in Betracht. Dies setzt den objektiven Mißbrauch der beherrschenden Gesellschafter- stellung bei gleichzeitiger Unmöglichkeit des Einzelausgleichs für die zugefügten Nachteile vor- aus. In der Rechtsfolge finden die Verlustausgleichsregeln des Vertragskonzerns (§§ 302 ff. AktG) analoge Anwendung.20 Zwar ist angesichts des oft weitreichenden Eingriffsbefugnisse der Banken gerade in Sanierungsfällen auch hier eine Beherrschung denkbar,21 doch wird es am objek- tiven Mißbrauch fehlen, der typischerweise eine nur kraft Beherrschung mögliche Gewinn- bzw. Verlustverschiebung innerhalb des Konzerns verlangt. Diese Möglichkeit besteht zwischen Ban- ken und einen Industrie- oder Handelsunternehmen aber praktisch nicht. Davon abgesehen greift die Haftung im qualifiziert faktischen Konzern dann nicht, wenn ein Einzelausgleich möglich ist.22
IV. Haftung von Konsortialkreditgebern nach dem Eigenkapitalersatzrecht
1. Zweck und Entwicklung des Eigenkapitalersatzrechts
Während bei Personengesellschaften für Gesellschaftsgläubiger die Vermögensmassen der Gesell- schaft und ihrer Gesellschafter sich wirtschaftlich als Einheit darstellen23 und die Gesellschafter daher ihrer Haftung für Gesellschaftsschulden nicht entrinnen können, haftet die Kapitalgesell- schaft nur mit ihrem eigenen Kapital. Bei ihr ist daher die Ausstattung mit Eigenkapital von ent- scheidender Bedeutung. Somit drängt sich hier die Frage auf, wann formal als Fremdkapital ge- währte vermögenswerte Leistungen ausnahmsweise wie Eigenkapital zu behandeln sind. Trotz- dem bleibt das Eigenkapitalersatzrecht nicht auf die Kapitalgesellschaften beschränkt, wie noch auszuführen sein wird.
a) wirtschaftliche Begründung des Eigenkapitalersatzrechts
Es gibt vielerlei Gründe, die den Gesellschaftern eines Unternehmens die Ausstattung mit Fremd- kapital attraktiver scheinen lassen mögen als die Aufbringung neuen Eigenkapitals. Beispielsweise können im Falle einer unfreiwilligen Liquidierung wegen Überschuldung bereits die Gläubiger der Gesellschaft in der Regel nicht vollständig befriedigt werden: Üblicherweise liegt die Konkursquo- te unter 5%,24 in über 70% der Fälle kommt es mangels Masse erst gar nicht zur Eröffnung des Verfahrens.25 Die Gesellschafter hingegen erhalten aus ihren Einlagen gar nichts mehr, während sie auf ihre Darlehen immerhin noch die Quote erlangen könnten. Ein Darlehen bedeutet also ge- ringeres wirtschaftliches Risiko.26 Auch steuerliche Gründe können für den Einsatz von Fremdka- pital sprechen.27 Generell sind Darlehen in der Handhabung flexibler,28 da sie jeweils durch bloßen Vertrag gewährt und zurückgezahlt werden können, ohne daß Gesellschafterbeschlüsse und ein- tragungspflichtige Satzungsänderungen nötig wären.29
Diese an sich legitimen Anliegen30 stellen jedoch dann einen Mißbrauch der Gestaltungsmög- lichkeiten dar, wenn so der Schutzzweck anderer Vorschriften unterlaufen wird. Da bei Kapitalge- sellschaften kein unbeschränkt haftender Eigentümer im Hintergrund steht, muß gesetzlich ge- währleistet werden, daß die Gesellschaft selbst ein gewisses eigenes Vermögen besitzt. Dazu die- nen die Vorschriften über die Kapitalaufbringung und -erhaltung31 sowie die Konkursantrags- pflicht für den Fall, daß das garantierte Kapital nicht mehr vorhanden ist.32 Insbesondere müssen Dritte darauf vertrauen dürfen, daß die GmbH, solange sie werbend am Wirtschaftsleben teil- nimmt, auch noch hinreichend Kapital besitzt. Somit dürfen die Gesellschafter den Augenblick der Zahlungsunfähigkeit nicht durch die Gewährung eines Darlehens in einem Augenblick hinauszö- gern, da kein Außenstehender noch Kredit gewährt hätte, weil dieser offensichtlich verloren ge- wesen wäre. Tun sie dies trotzdem, so haben sie auch die Folgen dieser Finanzierungsentschei- dung zu tragen: Weil aufgrund der wirtschaftlichen Bedingungen des Unternehmens zum betref- fenden Zeitpunkt eine Finanzierung nur noch durch Zuführung von Eigenkapital möglich war, werden schon durch das Reichsgericht33 die „angeblichen Darlehen als das behandelt, was sie in Wirklichkeit sind, nämlich Gesellschaftereinlagen”, unabhängig vom Willen der Gesellschafter und der vertraglichen Gestaltung. Dies bezeichnet man auch als Finanzierungsverantwortung oder Finanzierungsfolgeverantwortung34 der Gesellschafter.
Im Falle von Konsortialkrediten liegt eine derartige Umqualifizierung besonders nahe: Setzt das Eigenkapitalersatzrecht im Normalfall voraus, daß der Darlehensgeber selbst rechtlich Gesell- schafter ist oder ausnahmsweise wirtschaftlich als solcher zu behandeln ist, so kann es bei Kredit- konsortien schon ausreichen, wenn auch nur eine beteiligte Bank selbst Anteile an der krisenge- schüttelten Gesellschaft innehat. Auch sind aufgrund der besonderen Art der Projekte und der Schwierigkeiten der Sicherheitenbestellung35 die Kreditgeber zumeist nicht hinreichend dinglich oder über Ausfallbürgschaften oder Garantien gesichert. Damit aber ist das Interesse an der Fort- führung des Projekts - gerade bei Projektfinanzierungskonsortien - trotz Krise in der Regel hoch, weil nur so die Chance besteht, die Kredite überhaupt zurückgezahlt zu erhalten. Schließlich kann auch ein bei Großprojekten dieser Art naheliegender staatlicher oder öffentlicher Druck aus- schlaggebend sein für eine Fortführung des Unternehmens entgegen reinen Wirtschaftlichkeitser- wägungen. Jeder weitere Kredit oder Zahlungsaufschub in diesem Moment oder die Vereinbarung eines Sanierungskonsortiums gilt dann aber kraft des Eigenkapitalersatzrechts als eigenkapitaler- setzend und darf vor dauerhafter Überwindung der Krise weder abgezogen noch sonst als Fremd- kapital geltend gemacht werden.
b) Entwicklung des Eigenkapitalersatzrechts
Der Ursprung des Eigenkapitalersatzrechts liegt in den §§ 30, 31 GmbHG. Danach ist die Rück- zahlung von Kapital an die Gesellschafter verboten und sanktioniert, soweit dadurch das Stamm- kapital der Gesellschaft angegriffen wird. Hier drohte jedoch Umgehung in der Weise, daß rein formal das möglichst gering angesetzte und eingetragene Eigenkapital nicht angetastet wurde, sondern ein großer Teil des betriebsnotwendigen Vermögens in Form von sog. Drittgeschäften der Gesellschafter beigesteuert wurde. Dieser Teil konnte dann ohne die Schranke der Kapitaler- haltungsregeln frei zurückgezahlt und auch im Konkurs als gewöhnliche Darlehensforderung zur Konkurstabelle angemeldet werden.
Auf Grundlage dieser Kapitalerhaltungsvorschriften hat die Rechtsprechung schon früh ein Ei- genkapitalersatzrecht entwickelt, das in die sog. Rechtsprechungsregeln oder -grundsätze des BGH zu §§ 30, 31 GmbHG mündete. Dies hat der Bundesgesetzgeber im Rahmen der GmbH- Novelle 1980 zum Anlaß genommen, das Eigenkapitalersatzrecht gesetzlich zu normieren, und zwar für die GmbH in den §§ 32a, b GmbHG.36 Schnell zeigte sich jedoch, daß von diese sog. No- vellenregelung nur Teilbereiche der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen erfaßt waren, so daß der BGH in seiner Nutzfahrzeug-Entscheidung37 klarstellte, daß auch weiterhin die Recht- sprechungsregeln Anwendung fänden. Damit war ein „duales Schutzsystem für den Eigenkapital- ersatz”38 festgeschrieben.
c) weitere erfaßte Gesellschaftsformen
Neben der GmbH, die wegen ihrer Flexibilität besonders anfällig ist für alle Formen der Umgehung des Kapitalerhaltungsgrundsatzes, war schon früh auch die GmbH&Co KG Opfer entsprechende Manipulationen. Daher findet sich auch für sie eine Normierung in § 172a HGB, der die §§ 32a, b GmbHG für entsprechend anwendbar erklärt. Dasselbe gilt für die seltenere OHG ohne natürliche Person als Gesellschafter, vgl. § 129a HGB. Doch selbst für eine gewöhnliche KG müßte das Eigenkapitalersatzrecht entgegen dem möglichen Gegenschluß aus § 172a HGB insoweit gelten, wenn ein Kommanditist ein Darlehen gewährt.39
Die entsprechende Anwendung beschränkt sich dabei nicht auf die Novellenregelung, sondern gilt ebenso für die älteren Rechtsprechungsgrundsätze.40
Nach bisherigem Recht nicht geregelt war die Anfechtungsmöglichkeit des Konkursverwalters jenseits der reinen GmbH. Hier wurden die § 32a KO, § 3b AnfG analog angewandt.41 Ab 1999 gelten § 135 InsO sowie der neue § 6 AnfG, die eine Analogie überflüssig machen.
Zweifelhafter ist dagegen, ob das Eigenkapitalersatzrecht auch auf die AG anwendbar ist. Nicht nur finden die §§ 32a, b GmbHG im AktG keine Parallele. Auch die Rechtsprechungsregeln beruhen auf ausschließlich im GmbHG geltenden Kapitalerhaltungsvorschriften, während das AktG ganz eigenständige Regelungen42 enthält, die aufgrund ihrer wesentlich größeren Strenge ein besonderes Eigenkapitalersatzrecht überflüssig machten.43 Vor allem sei die AG unvergleich- lich viel seltener dem Mißbrauch ausgesetzt.44 Der BGH hat sich hingegen für eine entsprechende Anwendung seiner Rechtsprechungsgrundsätze entschieden,45 worin ihm die überwiegende Auf- fassung in der Literatur gefolgt ist.46 Daß im Rahmen der Novellenregelung das AktG nicht eben- falls geändert worden sei, liege daran, daß sich der Gesetzgeber damals mit der GmbH befaßt ha- be. Auch das striktere Kapitalerhaltungsrecht der AG könne einen der Situation bei der GmbH entsprechenden Mißbrauch von Aktionärsdarlehen nicht verhindern. Demzufolge müsse auch für die AG das Eigenkapitalersatzrecht Anwendung finden, wobei die Grundlage allerdings nicht in der nach der Intention des Gesetzgebers allein auf die GmbH bezogenen Novellenregelung, son- dern in den Rechtsprechungsregeln zu suchen sei.47 Im Hinblick auf die rechtliche Struktur von Aktiengesellschaften sind jedoch bei der Anwendung des Eigenkapitalersatzrechts einige Beson- derheiten zu beachten, auf die jeweils im Zusammenhang einzugehen sein wird, wobei stets von der GmbH als Modell ausgegangen wird.
2. Haftungsvoraussetzungen des Eigenkapitalersatzrechts
Da die Novellenregelung auf Grundlage der alten Rechtsprechung entwickelt wurden, sind Begriffsverwendung und Voraussetzungen der Haftung identisch oder werden jedenfalls mit Rücksicht auf die Entstehungsgeschichte gleich ausgelegt. Deshalb sollen hier die Rechtsprechungsregeln und die Novellenregelung insoweit gemeinsam dargestellt werden. Unterschiede ergeben sich erst beim Anknüpfungspunkt der Haftung, bestimmten Fristen sowie den Rechtsfolgen. Diese werden anschließend getrennt erläutert.
a) Gesellschafterdarlehen und wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlungen
Der Grundtatbestand des § 32a I 1 GmbHG verlangt die Gewährung eines Darlehens und ver- weist damit auf § 607 BGB. Somit sind in weiter Auslegung48 bereits hier alle Arten von Geld-, Sach- oder Vereinbarungsdarlehen im Sinne des § 607 II BGB, und zwar unabhängig von der Art der Verzinsung.49 Der einfachste Weg der Umgehung, nämlich die formale Darlehensgewährung durch einen Dritten unter Besicherung durch einen Gesellschafter (sog. mittelbares Gesellschaf- terdarlehen), ist von § 32a II GmbHG erfaßt.50 Nach § 32a III GmbHG gleichgestellt sind der Darlehensgewährung oder Besicherung wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlungen,51 bei- spielsweise die stille Beteiligung eines Gesellschafters,52 die Nichtgeltendmachung von Forderun- gen, der Erwerb gestundeter Drittforderungen, Pensionsgeschäfte oder Factoring.53
Der Zweck der Darlehensgewährung spielt grundsätzlich keine Rolle. Ausnahmsweise können ausschließlich zur kurzfristigen Überbrückung von Liquiditätsengpässen gewährte Mittel vom Eigenkapitalersatzrecht jedoch ausgenommen werden, wenn die begründete Erwartung bestand, daß die Gelder innerhalb sehr kurzer Zeit zurückgezahlt würden.54
Nach Sinn und Zweck der Regelung, nämlich umfassenden Eigenkapitalschutz zu gewähren, werden von den drei Varianten des § 32a GmbHG alle Rechtshandlungen erfaßt, die der Gesellschaft wirtschaftlich betrachtet „Kredit” im ursprünglichen Sinne gewähren, also Vertrauen auf hinreichende Kapitalausstattung im Rechtsverkehr zu verschaffen geeignet sind.
b) Gewährung und vergleichbare Rechtshandlungen
i) allgemein
Nicht nur die unmittelbare Gewährung eines Darlehens oder gleichgestellter Leistungen, sondern auch das bloße sog. „Stehenlassen” von Krediten im Falle der Gesellschaftskrise kann den Anforderungen des Eigenkapitalersatzes genügen,55 also der Fall, daß ein zu Zeiten noch prosperierender Geschäfte gewährtes Darlehen in der Gesellschaftskrise nicht abgezogen wird. Die Voraussetzungen im einzelnen sind hier umstritten. Das bloß objektive Verbleiben des Werts im Vermögen der Gesellschaft kann jedenfalls nicht ausreichen.
Zunächst ist Kenntnis oder Kennenmüssen der Gesellschaftskrise erforderlich, wobei die Anforderungen an das Kennenmüssen angesichts der Stellung und Informationsmöglichkeiten eines Gesellschafters keine hohen Anforderungen zu stellen sind.56 Darüber hinaus wird teilweise nur eine einseitige Finanzierungsentscheidung des Gesellschafters verlangt,57 andererseits eine zumindest konkludente Finanzierungsabrede zwischen Gesellschaft und Gesellschafter.58 Die praktische Bedeutung dieses Streits ist jedoch eher gering.59
Weiterhin muß die rechtliche Möglichkeit des Abzugs bestanden haben.60 Diese Voraussetzung ist zumindest bei Fälligkeit oder regulärer Kündbarkeit gegeben. Darüber hinaus soll auch eine außerordentliche Kündbarkeit analog § 610 BGB wegen drohender Umqualifizierung in Eigenkapitalersatz genügen.61 Dies stellt jedoch einen Zirkelschluß dar, weil die Umqualifizierung ja nur wegen der (außerordentlichen) Kündbarkeit droht, die aber selbst die drohende Umqualifizierung voraussetzt. Schließlich kann nach Auffassung des BGH ein „Abzug” auch in der Weise stattfinden, daß der Mehrheitsgesellschafter62 in der Krise die Liquidation der Gesellschaft betreibt und so seine gewährten Mittel zurückfordert.63
ii) Kreditkonsortien
Besondere Beachtung im Hinblick auf die Eigenart von Konsortialkrediten verdient beim Stehenlassen von Krediten das Erfordernis der Abzugsmöglichkeit.
Keine Unterschiede zu den sonstigen Fällen des Stehenlassens sind bei schlichten koordinierten Parallelkrediten ersichtlich, da diese rechtlich voneinander unabhängig sind. Echte Konsortialver- träge bezwecken jedoch unabhängig von ihrer sonstigen Ausgestaltung stets eine wirtschaftliche Einheit der Kredite. Demzufolge sehen die Konsortialverträge regelmäßig keine Kündigungsmög- lichkeit für einzelne Konsorten vor.64 Eine Pflicht der Mitkonsorten zur Zustimmung zum (meist Einstimmigkeit erfordernden) Kündigungsbeschluß besteht aber nur bei Mißbrauch oder evidentem Einfluß externer Gründe.65
Somit bleibt dem Konsortialteilnehmer nur die Aufkündigung des Konsortiums. Allerdings ent- halten Konsortialverträge keine Kündigungsregelung.66 Stets möglich bei Dauerrechtsverhältnis- sen ist hingegen die Kündigung aus wichtigem Grund.67 Wegen des Konsortialzwecks der Risiko- verteilung ist sie aber nur unter ganz engen Voraussetzungen zulässig, nämlich wenn das Konsor- tium auf eine wesentliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Kreditnehmers mit bankmäßig unangemessenen Mitteln reagiert, so daß der Verlust der Darlehensvaluta unmittelbar droht.68 In diesem Fall werden die zwischen den Konsorten bestehenden Verträge untereinander abgewickelt.
Während nun aber beim Innen- sowie Unterkonsortium der kündigende Konsorte seine Kredit- quote zurückerhält und der Kreditvertrag zwischen Konsortialführerin und Unternehmen bzw. der ganze Hauptkonsortialvertrag bestehen bleibt, trifft dies beim Außenkonsortium nicht zu: Dort ist jedes Konsortialinstitut selbst Vertragspartner des kreditnehmenden Unternehmens. Diese Verträ- ge bleiben vom Untergang des Konsortiums unberührt69 und können wegen § 730 II BGB, nach dem im Außenverhältnis die Gesellschaft zur Abwicklung schwebender Geschäfte als fortbeste- hend zu betrachten ist, weiterhin nur von den Konsorten gemeinsam gekündigt werden. Hier hat der einzelne Konsorte also gar keine Möglichkeit, sein Kapital abzuziehen. Daher dürfte ihn das Eigenkapitalersatzrecht insoweit nicht treffen. Auf diese Weise könnten sich aber alle Konsorten dem Eigenkapitalersatzrecht entziehen; es entsteht eine vergleichbare Problematik wie bei der de- liktischen Verantwortlichkeit von kollegial organisierten Unternehmensvorständen.70 Dem kann nur mit der Fiktion begegnet werden, daß bei Abschluß des Konsortialvertrags jeder Konsorte be- reits in das Risiko eingewilligt hat, daß er in der gegebenen Situation überstimmt und damit sein Darlehen in Eigenkapital umqualifiziert wird. Möglicherweise kann sein Darlehen von der Haftung dann ausgenommen werden, wenn er nachweislich alles rechtlich Mögliche getan hat, um sein Beitrag abzuziehen.
c) Gesellschafter und gleichgestellte Personen
i) allgemein
Für die Gesellschaftereigenschaft nach § 32a I GmbHG ist der Zeitpunkt der Gewährung oder des Stehenlassens des Darlehens maßgeblich; im Gegensatz zur AG71 reicht jegliche Beteiligung auch ohne unternehmerisches Interesse.72
Nach § 32a III GmbHG sind auch Rechtshandlungen Dritter erfaßt, soweit sie einer Darlehensge- währung durch den Gesellschafter wirtschaftlich entsprechen. Die Einschaltung von Strohmännern kann also nicht die Anwendbarkeit der Eigenkapitalersatzrechts verhindern.73 Relevant ist die auch für Treuhandverhältnisse, bei denen nicht nur der Treuhänder erfaßt wird, der rechtlich die Gesell- schafterstellung innehat, sondern außerdem auch der Treugeber, der wirtschaftlich als Gesell- schafter zu betrachten ist.74
ii) Konzerne als Darlehensgeber und Gesellschafter
Umstritten ist die Behandlungen von Konzernen und konzernähnlichen Gebilden. Der bislang herrschenden Meinung genügte eine Abhängigkeit der kreditgebenden Bank von einer Gesell- schafter-Bank im Sinne verbundener Unternehmen nach §§ 15 ff AktG.75 Inzwischen wird weiter- gehend verlangt, daß die beiden Institute eine wirtschaftliche Einheit bilden müßten, was unwider- leglich vermutet werde, wenn es sich um einen Vertragskonzern76 oder einen qualifiziert fakti- schen Konzern77 handele.78
iii) Aktiengesellschaft als finanziertes Unternehmen
Aufgrund der umfassenden Macht der Gesellschafterversammlung in der GmbH79 ist jeder Gesell- schafter als ein die GmbH leitender Unternehmer anzusehen. Daher trifft ihn unabhängig von der Größe und Art seiner Beteiligung stets die Verantwortung für die Geschicke der Gesellschaft und damit auch die Finanzierungsverantwortung, die die Umqualifizierung seiner Darlehen an die Ge- sellschaft in Eigenkapital ermöglicht. Anders ist es bei der AG. Dort herrscht eine strikte Aufga- bentrennung zwischen Hauptversammlung und Aufsichtsrat.80 Auch werden Aktien im Gegensatz zu GmbH-Anteilen regelmäßig auch zur bloßen Geldanlage verwendet,81 ohne daß damit in ir- gendeiner Weise unternehmerische Verantwortung angestrebt ist. Aus diesem Grund kann nicht jeder Aktionär dem Eigenkapitalersatzrecht unterfallen. Vielmehr ist hier über den Tatbestand bei der GmbH hinaus ein unternehmerisches Interesse des Aktionärs an der AG erforderlich.82 Dieses ist nach Auffassung des BGH in aller Regel bei einer Beteiligung von mind. 25% gegeben, schon weil diese für wichtige Entscheidungen eine Sperrminorität gewährt.83 Bei Beteiligungsquoten un- ter 25% kann eine Unternehmerstellung aus weiteren Umständen, insbesondere einem tatsächli- chen Einfluß auf die Unternehmensleitung etwa im Zusammenwirken mit anderen Minderheitsak- tionären oder aus der wirtschaftlichen Macht eines Großkreditgebers heraus hergeleitet werden.84
iv) Zusammentreffen von Aktiengesellschaften und Kreditkonsortien
Weitere Probleme wirft das Zusammentreffen von AG auf der Unternehmensseite und Konsortium auf der Darlehensgeberseite auf.
Im Rahmen eines Konsortiums besteht nun die Möglichkeit, daß jedes einzelne Institut die kri- tische Schwelle einer Sperrminorität von 25% noch nicht erreicht, jedoch in Addition aller eine entsprechende Beteiligung zustande kommt. Fraglich ist nun, wie eng die Verbindung innerhalb des Konsortiums sein muß, damit eine bei sonstigen Aktionären (außerhalb des Konzernrechts) nicht mögliche Zusammenrechnung vorgenommen werden kann und welche Folgen dies für die einzelnen Konsorten hat. In diesem Zusammenhang kann es nicht auf den nur wirtschaftlichen Einfluß ankommen, den die Konsorten auf das Unternehmen ausüben, denn dieser beruhen auf ih- rer Stellung als Kreditgeber, nicht als Gesellschafter. Entscheidend ist vielmehr das Stimmverhal- ten der einzelnen Konsortialbanken in der Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung.85 Streng zu trennen sind daher die Kreditgeber- und die Gesellschafterebene: Der Tatsache des Vorliegens ei- nes Außenkonsortiums, bei dem im Zusammenhang mit den Kreditgeschäften nur die Konsortial- führerin im Außenverhältnis zum Kreditnehmer auftritt, ist keinerlei Aussage bezüglich der mögli- chen Stimmrechtswahrnehmung durch die Konsortialführerin zu entnehmen.
Zunächst ist festzustellen, ob überhaupt eine Zusammenrechnung in Betracht kommt. Dazu müssen die Konsortialteilnehmer in der Hauptversammlung wie ein Einzelaktionär auftreten. Dies ist offensichtlich dann der Fall, wenn eine Konsortialbank zugleich als Stimmvertreterin der ande- ren auftritt, wie es beispielsweise Depotbanken für ihre Kunden tun, oder wenn das Kreditkonsor- tium zugleich ein Anteilsbildungskonsortium darstellt. Liegt ein Stimmbindungsvertrag zwischen den Konsorten über ihr Abstimmverhalten in der Hauptversammlung vor, so ist dieser unabhängig von seinem exakten Inhalt Grund genug für eine Zusammenrechnung: Selbst wenn nicht aus- drücklich ein Einigungszwang, sondern nur die Erörterung aller Fragen und ein Streben nach Übereinstimmung86 vereinbart wurde, so spiegelt auch dieser das Streben nach gemeinsamer un- ternehmerischer Machtausübung in der Gesellschaft hinreichend wider. Die Konsorten können sich dann auch nicht darauf berufen, daß im Einzelfall dieses Einverständnis nicht erzielt worden sei, denn das liegt allein in ihrer Risikosphäre.87 Wenn schließlich gar kein Kooperationsvertrag nachweisbar ist, so kann nur auf das faktische Stimmverhalten abgestellt werden. Hier soll die gleichgerichtete Stimmabgabe über einen längeren Zeitraum starkes Indiz für einen hinreichenden Interessengleichklang sein.88 Dies bedarf aber insoweit einer Einschränkung, als das Abstimmver- halten allein dann wenig aussagekräftig ist, wenn die indiziellen Entscheidungen mit großer Mehr- heit oder gar einstimmig getroffen wurden.
Falls trotz alledem die Anteilsquote von 25% nicht erreicht wird, kommen noch immer die bereits erwähnten weiteren Umstände in Betracht, die eine unternehmerische Verantwortung begründen können. Hier ist die wirtschaftliche Macht, die Konsortien aufgrund des Umfangs ihrer Kredite üblicherweise ausüben können, besonders hervorzuheben.89 Dies genügt jedoch nur, wenn eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Unternehmens vom Konsortialkredit vorliegt und die Konsorten die ihnen gewährte Macht auch tatsächlich nutzen; die bloße Möglichkeit begründet noch keine Finanzierungsverantwortung.90
d) Eigenkapitalersatzfunktion
Die schwierigste und umstrittenste Frage ist diejenige, in welchen Fällen einem Darlehen Eigenka- pitalersatzfunktion zukommt. Aufgrund der Finanzierungsverantwortung der Gesellschafter ist dies nach der Formulierung des § 32a I 1 GmbHG, die auf die für §§ 30, 31 GmbHG von der Rechtsprechung unter Zustimmung der Lehre entwickelten Kriterien zurückgreift, dann der Fall, wenn ordentliche Kaufleute in diesem Zeitpunkt Eigenkapital zugeführt hätten. Das Finanzie- rungsverhalten ordentlicher Kaufleute ist dabei ein ausfüllungsbedürftiger Begriff,91 der allgemein so verstanden wird, daß Eigenkapital genau dann hätte zugeführt werden müssen, wenn Fremdka- pital von Dritten nicht mehr zu marktüblichen Konditionen zu erhalten gewesen wäre, wenn die Gesellschaft also nicht mehr kreditwürdig war.92 Dieser Zeitpunkt wird allgemein als Gesell- schaftskrise bezeichnet.93
i) Kriterium der Konkursreife
Kreditunwürdigkeit liegt jedenfalls bei Konkursreife im Sinne von § 64 GmbHG, §§ 16 ff. InsO bzw. § 102 KO vor, also bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Ersteres meint ein auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhendes, voraussichtlich andauerndes Unvermögen, fällige Geld- schulden im wesentlichen zu erfüllen.94 Für die Kapitalgesellschaften ist als zweiter Konkursgrund aus Gläubigerschutzgründen die der Zahlungsunfähigkeit in der Regel vorausgehende sog. rechtli- che Überschuldung95 vorgesehen. Diese erfordert neben einer unter Ansatz der Liquidationswerte einschließlich stiller Reserven negativen Bilanz eine negative Fortbestehensprognose. Dabei ist das kraft Eigenkapitalersatzrechts umqualifizierte Fremdkapital bilanzschädlich als Fremdkapital zu bilanzieren, das kraft Rangrücktrittsvereinbarung haftende Fremdkapital hingegen wie Eigenkapital.96
ii) Indiz der tatsächlichen Kreditgewährung
Wenn die Kreditwürdigkeit bestimmt werden soll, liegt es natürlich nahe, auf die tatsächliche Kreditvergabe als starkes Indiz abzustellen. Denn in dabei sind die Banken zum einen selbst an einer Prüfung der Kreditwürdigkeit interessiert, zum anderen dazu auch nach § 18 KWG verpflichtet. Wenn sich also nachweisen läßt, daß im relevanten Zeitpunkt die Gesellschaft tatsächlich einen Kredit erhalten hat bzw. ihr ein solcher verweigert wurde, so steht damit ihre Kreditwürdigkeit bzw. Kreditunwürdigkeit zu diesem Zeitpunkt beinahe sicher fest.97
Diese Indizwirkung kann einer Finanzierungsentscheidung grundsätzlich dann beigemessen werden, wenn die es sich um eine unabhängige Bank oder auch die Hausbank des Unternehmens handelt, die jedoch nicht zu dem bereits als Gesellschafter im Sinne von § 32a GmbHG erfaßten Personenkreis gehören darf. Es sind jedoch einige Ausnahmen zu machen: Beim Stehenlassen von Krediten oder der Neugewährung in einem Zeitpunkt, da bereits erhebliche Verbindlichkeiten be- stehen, wird möglicherweise die Motivation, die andernfalls sicher verlorene Valuta noch zu ret- ten, die an sich aufgrund der Kreditwürdigkeitsprüfung zu treffende Entscheidung überwinden.98 Das Ergebnis dieser Prüfung wird auch dann regelmäßig nicht hinreichende Beachtung finden, wenn der Kreditgeber das Risiko nicht selbst trägt, beispielsweise weil ihr von dritter Seite eine entsprechende Sicherheit oder Garantie gewährt wird. Hier ist die Kreditwürdigkeit der Gesell- schaft vollkommen ohne Belang für das wirtschaftliche Kalkül der Bank; demzufolge kann ihrer Entscheidung auch keinerlei Indizwirkung zuerkannt werden.99 Dies gilt allerdings nicht, wenn der Sicherungsgeber selbst das Risiko nicht abdecken kann, wie es in den häufig vorkommenden Fäl- len des gewohnheitsmäßigen Bürgschaft durch die privaten Inhaber einer GmbH der Fall ist.100 Genauso können rein externe Einflüsse den Ausschlag geben. In der heutigen „Mediengesellschaft” hängt der gute Ruf von Kreditinstituten von der öffentlichen und vielleicht noch mehr von der veröffentlichten Meinung ab. Was einflußreiche Interessengruppen, Medien oder der Staat fordern, dem können sich Banken nicht ohne Rufschädigung entziehen. In noch stärkerem Maße wirkt ein solcher Einfluß auf die mittelbar staatsgelenkten Landesbanken und sonstigen öffentlichen Kreditinstitute.101 Schließlich können auch vermeintlich vollkommen irratio- nale Gesichtspunkte entscheidend sein, wie beispielsweise, daß es sich bei dem betroffenen Unternehmen um ein „alteingesessenes Traditionsunternehmen” handelt.102
Diese grundsätzliche Bejahung der Indizwirkung kann jedoch nicht unbesehen auf konsortial gebundene Kreditinstitute übertragen werden. Hier ist verstärkt darauf zu achten, daß vornherein schon nur diejenigen Konsorten in Betracht kommen, die selbst nicht am finanzierten Unterneh- men beteiligt sind. Spezifisch für Konsortien ist, daß ein Institut schon rechtlich gegenüber den anderen hervortritt103 oder wenigstens aufgrund seiner Größe oder Erfahrung eine gewisse fakti- sche Leitungsmacht besitzt.104 Dann liegt es nahe, daß gerade die kleineren Institute auf das „standing”105 des führenden Instituts verlassen und somit keine eigene Finanzierungsentscheidung treffen. Daher kann ihrer Kreditgewährung auch keine Indizwirkung zukommen. Im Falle des Ste- henlassens von Krediten besteht wie oben ausgeführt106 bei Außenkonsortien für die einzelnen Konsorten keine rechtliche Möglichkeit des Abzugs ihrer Kreditquote. Daher kann hier dem Nichtabzug durch eine Nichtgesellschafter-Bank eine Bedeutung im Hinblick auf die Kreditwür- digkeit des Unternehmens ebenfalls nicht zuerkannt werden.
iii) weitere Indizien
Im übrigen können noch bestimmte andere Indizien für oder gegen eine Kreditunwürdigkeit sprechen. In Betracht kommen eine lange Laufzeit107 oder sehr geringe Verzinsung108 des Gesellschafter-Kreditvertrages. Auch spricht eine um so stärkere Vermutung dafür, daß sich die Gesellschaft bereits im Zeitpunkt der Überlassung in der Krise befand, je näher der spätere Konkurs der Darlehensgewährung liegt. Gegen eine Kreditunwürdigkeit kann beispielsweise ins Feld geführt werden, daß die Gesellschaft noch zur Sicherheitenbestellung in der Lage war109 oder daß sie noch nicht ausgeschöpfte Kreditlinien110 besaß.
3. Rechtsfolgen nach der Novellenregelung
Typische Fälle des eigenkapitalersetzenden Charakters von Darlehen sind somit gerade Sanierungskredite111 sowie sogenannte Finanzplankredite, also solche Kredite von Gesellschaftern, auf die die Gesellschaft für ihre Finanzplanung zwingend angewiesen ist.112
Die sog. Novellenregelung knüpfen an die Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens nach der Konkurs- bzw. Vergleichsordnung, demnächst der Insolvenzordnung, an. Die Rechtsfol- gen der §§ 32a, b GmbHG gelten ausdrücklich nur in diesen Verfahren. Darüber hinaus sind außer in der KO und VerglO bzw. der InsO auch im Anfechtungsgesetz (und damit für den Fall der Ein- zelzwangsvollstreckung) bestimmte von den §§ 32a, b GmbHG abhängige Rechtsfolgen vorgese- hen. Damit gelten die Regelungen aber insgesamt nur bei einer Liquidation des Unternehmens. Eine Analogie auf etwa freie Sanierungsverfahren ist ausgeschlossen.113 Die Rechtsfolgen im einzelnen sind folgende:
i) Der Gesellschafter selbst und gleichgestellte Personen können das Darlehen sowie wirtschaftlich entsprechende Leistungen im Insolvenzverfahren nicht als Drittforderung zurückverlangen (§ 32a I, III GmbHG): sog. Durchsetzungssperre. Jedoch kann die Forderung künftig gemäß § 39 I Nr. 5 InsO nachrangig nach den Ansprüchen Außenstehender geltend gemacht werden; wirtschaftlich ist diese Möglichkeit aber regelmäßig wertlos.114
ii) Ein entgegen § 32a I, III GmbHG im letzten Jahr vor Beantragung des Insolvenzverfahrens bzw. vor Anfechtung an den Gesellschafter zurückgewährtes Darlehen kann im Insolvenzverfahren oder in der Einzelzwangsvollstreckung nach erfolgter Anfechtung gemäß § 135 Nr. 2 InsO bzw. § 6 Nr. 2 AnfG115 zurückgefordert werden. Das Anfechtungsrecht verjährt jetzt erst innerhalb von zehn Jahren, § 146 I InsO.116
iii) Die Gewährung einer Sicherheit durch die Gesellschaft an den Gesellschafter bzw. Gleich- gestellte für eine Forderung im Sinne von § 32a I, III GmbHG kann innerhalb von 10 Jahren, § 135 Nr. 1 InsO117 bzw. innerhalb von zehn Jahren nach § 6 Nr. 1 AnfG n.F.118 angefochten wer- den.
iv) Bei Besicherung einer Drittforderung durch den Gesellschafter im Sinne von § 32a II, III GmbHG kann der Dritte zunächst nur vom Gesellschafter Befriedigung verlangen und erst sekun- där in der Höhe, in der er beim Gesellschafter ausgefallen ist, der Gesellschaft; es kommt zu einer Umkehrung der für akzessorische Sicherheiten wie die Bürgschaft typischen Primär- und Sekun- därschuld.
v) Bei Befriedigung der Drittgläubigers durch die Gesellschaft entgegen § 32a II, III GmbHG muß der Gesellschafter den von ihm eigentlich nach § 32a II, III GmbHG geschuldeten Betrag in das Gesellschaftsvermögen leisten (§ 32b GmbHG). D.h. auch hier ist der Gesellschafter der Verpflichtete, nicht etwa wird der Adressatenkreis von § 32a GmbHG ausgeweitet.
vi) Unproblematisch ist die Durchsetzung der Ansprüche: Die sog. Durchsetzungssperre tritt von selbst ein. Die Rückforderungsansprüche und Anfechtungsrechte werden im Konkurs durch den Konkursverwalter geltend gemacht; in der Einzelzwangsvollstreckung steht dieses Recht dem Drittgläubiger zu, § 2 AnfG n.F.119
vii) Für alle soeben erwähnten Ansprüche gilt, daß sie auch im Fall von Konsortialkrediten nur diejenigen Kreditquoten betreffen, die von Konsorten stammen, die zugleich Gesellschafter sind bzw. sonst unter § 30 I, III GmbHG fallen. Die Anteile der Nichtgesellschafter-Banken am Konsortialkredit bleiben von der Umqualifizierung in Eigenkapital verschont, denn diese trifft die Finanzierungsverantwortung gerade nicht.120
4. Rechtsfolgen nach den Rechtsprechungsregeln
Neben der soeben erläuterten Novellenregelung bleiben die zeitlich früher entstandenen sog. Rechtsprechungsgrundsätze zu §§ 30, 31 GmbHG nach Auffassung des BGH weiter anwendbar.121 Dies wird damit begründet, daß ausgewiesen der Gesetzesbegründung die §§ 32a, b GmbHG nur den bereits erreichten Stand festschreiben, nicht aber eine Schutzminderung bedeuten sollten. Dieser ist aber insbesondere in zweierlei Hinsicht nicht erreicht: Zum einen ist die Jahresfrist, innerhalb derer das Darlehen vor Verfahrenseröffnung an den Gesellschafter zurückgezahlt worden sein muß, viel zu kurz.122 Zum anderen sind alle Ansprüche von irgendeiner Art der Liquidierung des Unternehmens abhängig, also Konkurs, Vergleich, Insolvenzverfahren oder Einzelzwangsvollstreckung. Bei einem freien Sanierungsverfahren zur Rettung des Unternehmens können sie hingegen rechtlich nicht durchgesetzt werden.123
Da die §§ 30, 31 GmbHG aber primär nicht den Schutz der Gläubiger im Konkurs, sondern des eingetragenen Stammkapitals (zugunsten der Gläubiger) bezwecken, bildet den Anknüpfungspunkt hier nicht die Eröffnung eines Gesamt- oder Einzelvollstreckungsverfahrens, sondern vielmehr der Tatbestand der Unterbilanz.124
Liegt also Unterbilanz vor, ist jegliche Ausschüttung von Vermögen an die Gesellschafter und gleichgestellte Personen untersagt, soweit es sich dabei um eine Folge von Eigenkapitalüberlassung (dann gilt § 30 I GmbHG unmittelbar) oder eigenkapitalersetzenden Leistungen handelt (§ 30 I GmbHG analog). Erfaßt sind somit auch Zinszahlungen, nicht aber Gegenleistungen für echte Drittgeschäfte mit Gesellschaftern, also beispielsweise normale Kaufgeschäfte.
Bei der Feststellung der Unterbilanz ist allein die Handelsbilanz zu fortgeführten Buchwerten maßgeblich. Diese unterliegt den üblichen Bewertungsspielräumen, so daß sie möglicherweise durch veränderte Bewertung vermieden werden kann. Äußere Grenzen stellen jedoch stets die handelsrechtlichen Regeln wie Niederstwertprinzip und Stetigkeitsgebot dar. Für die Beurteilung der Ausschüttung selbst kommt es hingegen nicht auf ihren Niederschlag in der Bilanz an. Liegt bereits Unterbilanz vor, so ist auch ein reiner Aktivtausch, d.h. beispielsweise die Veräußerung gesellschaftseigener Gegenstände zum Buchwert, unzulässig, wenn der tatsächliche Wert höher liegt und also die im Gegenstand vorhandenen stillen Reserven von der Gesellschaft ab- und dem Gesellschafter zufließen.125
Gemäß § 31 GmbHG (wiederum ggf. analog) kann die Gesellschaft Zahlungen, die entgegen § 30 I GmbHG geleistet worden sind, vom Gesellschafter zurückfordern. Dabei trifft die anderen Gesellschafter eine Ausfallhaftung (§ 31 III GmbHG).
Schwieriger als nach der Novellenregelung gestaltet sich hier die Durchsetzung der Ansprüche, da sie als reine Innenansprüche der Gesellschaft gegen die Gesellschafter ausgestaltet sind und da- her nicht unmittelbar von Drittgläubigern geltend gemacht werden können. Sollten diese aber ihre Ansprüche nicht mehr durchsetzen können, so wird in der Regel zugleich eine Haftung nach der Novellenregelung begründet sein, da der Dritte dann zumindest die Einzelzwangsvollstreckung betreiben wird. Sind hingegen ausnahmsweise die entsprechenden Ansprüche bereits verjährt, so dann er noch immer den Anspruch der Gesellschaft aus § 31 I GmbHG pfänden und sich überwei- sen lassen.126 Besonders dringend erforderlich sind die §§ 30, 31 GmbHG aber gerade dann, wenn Drittforderungen auch ohne Liquidierung der Gesellschaft befriedigt werden könnten, wenn nur die Gesellschafter ihre Zahlungen zurückleisteten. In diesem Fall wird aber der Geschäftsführer und die dahinterstehenden weiteren Gesellschafter ein elementares eigenes Interesse an der Rück- forderung haben, so daß hier die Gefahr der Nichtgeltendmachung zu Lasten der Gläubiger nicht besteht.
5. Verhältnis der Novellenregelung zu den Rechtsprechungsregeln
Wie bereits ausgeführt, sind nach Auffassung des BGH und auch des weitaus überwiegenden Teils der Literatur die Novellenregelung und die Rechtsprechungsregeln nebeneinander anwendbar. Dies stellt die Frage nach ihrem Verhältnis bezüglich Tatbestand und Rechtsfolgen. Daß die Rechtsprechungsregeln situationsbezogen weiter sind als die Novellenregelung, weil sie auch außerhalb jeglicher Liquidation eingreifen, wurde bereits dargestellt.
Davon abgesehen wollen die Rechtsprechungsregeln als Analogie zu §§ 30, 31 GmbHG die Gläubiger nur mittelbar im Wege der Erhaltung des Stammkapitals der Gesellschaft schützen.127 Daher greifen sie bereits wenn, aber auch nur soweit das Stammkapital angegriffen wird: Schon wenn die Bilanzsumme die Stammkapitalziffer nicht mehr erreicht (d.h. bei Unterbilanz), entsteht ein entsprechender Rückgewähranspruch. Dieser erfaßt jedoch nicht die gesamte Forderung, son- dern nur insoweit, als sie erforderlich ist, die Stammkapitalziffer wieder zu erreichen.
Demgegenüber findet die Novellenregelung der §§ 32a, b GmbHG erst dann Anwendung, wenn gar kein über die Verbindlichkeiten hinausgehendes Vermögen mehr vorhanden ist, d.h. bei rechnerischer Überschuldung. Dafür ergreift der Rückgewähranspruch das zurückgezahlte Darle- hen in voller Höhe, nicht nur bis zur Erreichung des Stammkapitals oder gar nur bis zu Ver- lustdeckung.
Schließlich sind noch die Fristen zu beachten: Nach der Novellenregelung können nur Zahlungen im letzten Jahr vor Beantragung des Insolvenzverfahrens (nach altem Recht: bis Konkurseröffnung) angefochten werden. Diese zugunsten der Rechtssicherheit eingeführte Frist ist in Anbetracht der zwischen Absehbarkeit des Zusammenbruchs und letztlicher Konkursanmeldung vergehenden Zeit ausgesprochen kurz. Dagegen läßt die Rechtsprechung für ihre Rechtsprechungsgrundsätze einen Zeitraum von fünf Jahren ausreichen.
Im Ergebnis stellt sich die Novellenregelung also als das härtere Sanktionsmittel bei entsprechend engeren Voraussetzungen dar. Soweit der Tatbestand beider Regelungen erfüllt ist, kann ein Anspruch auf beide Grundlagen gestützt werden, wobei derjenige nach §§ 32a, b GmbHG je nach Sachlage möglicherweise mehr gewährt.
C. FINANCIAL COVENANTS UND AGB DER BANKEN
I. Begriff
Covenants sind vertragliche Nebenabreden. Mit Ausnahme der vereinbarten Hauptleistungspflicht fallen alle weiteren vertraglichen Bestimmungen hierunter, insbesondere Nebenleistungspflichten, sonstige Nebenpflichten und Obliegenheiten, Bedingungen etc. unabhängig davon, ob sie individu- ell ausgehandelt oder formularmäßig eingeführt wurden. Es handelt sich also um einen umfassen- den Begriff.
Von Financial Covenants spricht man hingegen nur dann, wenn man bestimmte betriebswirtschaftliche Kenngrößen eines Unternehmens oder solche Klauseln, die mit ihrer Einhaltung zu tun haben, meint. Einige davon werden im folgenden noch dargestellt werden.
II. Covenants und AGB der Banken
Der Begriff „Covenant”128 wird unabhängig davon verwendet, ob die entsprechende Vertragsklausel individuell ausgehandelt oder von einer Seite ohne Verhandlungsmöglichkeit und möglicherweise durch formularmäßig gestalteten Vertrag gestellt wurde. Sie sind als solche mit deutschen Allgemeinen Geschäftsbedingungen daher nicht vergleichbar. Dasselbe gilt für die den Covenants in Konsortialverträgen entsprechenden Nebenabreden nach deutschem Recht. Diese werden, was angesichts der Kreditgröße und der Individualität eines jeden Geschäfts auf dieser Ebene verständlich ist, jeweils konkret auf die Erfordernisse des Projekts bezogen vereinbart. Trotzdem haben sich auch hier natürlich bestimmte Standardklauseln entwickelt.129
Die AGB der Banken hingegen stellen echte Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des AGBG dar.130 Im Unterschied zu sonst gebräuchlichen AGB betreffen sie jedoch eine weitaus grö-ßere Zahl an Geschäften: Die Privatbanken haben sich auf einheitliche AGB geeinigt, denen wie- derum die AGB der Sparkassen sowie die der Volksbanken und der Raiffeisenbanken inhaltlich weitgehend entsprechen.131 Der gesamte über Kreditinstitute abgewickelte Geldverkehr unterliegt also identischen Bedingungen.132 Daher werden die AGB der Banken oft auch als bankeigenes Recht bezeichnet, dessen Schaffung mit einem Gesetzgebungsakt verglichen werden kann.133 Dies ist insoweit nicht ganz falsch, als gleichwertige Regelungskraft entfaltet. Trotzdem ist die Be- zeichnung irreführend, weil sie suggeriert, der Inhalt stehe weitgehend im Belieben der Kreditin- stitute. Dagegen unterliegen im Gegensatz zu einem Gesetz nicht nur der vollständigen richterli- chen Inhaltskontrolle anhand des AGBG und der anderen Gesetze, sondern auch der Kontrolle durch das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen und das Bundeskartellamt.134
III. Zweck von Covenants
Auffällig ist, daß Financial Covenants bzw. entsprechende Nebenabreden und andere der Sicherung des Darlehens dienende Klauseln im Konsortialgeschäft eine so große Rolle spielen, nicht dagegen im alltäglichen Geschäft der Banken.
Im Alltagsgeschäft werden Kreditinstitute zunächst alle möglichen dinglichen und persönlichen Sicherheiten ausschöpfen. Diese gewähren ein Höchstmaß an Sicherheit bei gleichzeitig geringstem Kontrollaufwand. Kredite im Massengeschäft, die auf Financial Covenants aufbauten, wären wegen des immensen Kontrollaufwands, den sie erfordern, nicht durchführbar.
Im Gegensatz dazu sind Konsortialgeschäfte oder vergleichbare Einzelkredite eher selten. Hier fallen die zur ständigen Überwachung nötigen Ressourcen weitaus weniger ins Gewicht und ste- hen noch in angemessenem Verhältnis zur gewährten Kreditsumme. Die auch hier möglicherweise ein noch geringeres Verlustrisiko ermöglichenden dinglichen und persönlichen Sicherheiten sind weitaus schwieriger zu handhaben. Sobald es sich um einen internationalen Kredit handelt, ist nach Internationalem Privatrecht auf dingliche Sicherheiten zwingend das Recht desjenigen Ortes anzuwenden, an der die Sache gelegen ist.135 Bei Projektkrediten mangelt es darüber hinaus in al- ler Regel an einer hinreichenden Haftgrundlage. Die Vorstellung, Projekte seien „self-supporting” in dem Sinne, daß sich die Kreditsicherung auf das Anlagevermögen beschränken könne, ist eine Illusion,136 weil es gerade hier an verwertbarem Anlagevermögen in einem dem Kredit entspre- chenden Maße fehlt. Konsortien stellt sich zusätzlich das Problem der Aufteilung der akzessori- schen Sicherheiten auf die Kreditquoten der Konsorten. Wegen der Striktheit des Sachenrechts ist fast immer eine Poolung der Sicherheiten nötig, die zusätzlichen Aufwand hervorruft. Schließlich werden selbst akzessorische Sicherheiten nach ausländischem Recht im Konkurs durch das vor- rangige Ziel der Unternehmenserhaltung beeinträchtigt.137
Abgesehen davon liegt die größere Bedeutung schuldrechtlicher Sicherungsklauseln auch in der Herkunft des Prinzips konsortialer Kreditvergabe begründet. Seinen Ursprung hat es in den Vereinigten Staaten. Dort sind dingliche Sicherheiten für solche Geschäfte aber ausgesprochen unüblich; vielmehr werden die Verträge von seitenlangen Covenants dominiert.138
Covenants mit Sicherungszweck müssen also die Rolle dinglicher Sicherheiten übernehmen und mit den ihnen eigenen Mitteln Sicherheit für die Rückzahlung des Kredits gewähren.
IV. Wirkungsweise von Covenants
Es stellt sich daher die Frage nach der generellen Wirkungsweise rein schuldrechtlicher Abreden. Auf dingliche Sicherheiten wird in der Regel ist im Konkurs des Projekts oder Unternehmens zurückgegriffen. Dies ist auch ausreichend, da sie einen absoluten Schutz gewährleisten, der wegen der Unwirksamkeit entgegenstehender Verfügungen allein durch die Wertminderung des besicherten Objekts ausgehöhlt werden kann. Gerade bei den typischen Sicherungsgegenständen wie Immobilien oder langfristigem Anlagevermögen ist dieses Risiko jedoch eher gering.
Covenants müssen den Schutz auf andere Weise sicherstellen. Eine Veräußerung entgegen ei- nem schuldrechtlichen Verbot beispielsweise entfaltet (nach deutschem Recht wegen § 137 BGB) keine Drittwirkung. Allerdings kann der Dritte bei Kenntnis des Verbots möglicherweise der Haf- tung wegen Verleitung zum Vertragsbruch (procuring a breach of contract) unterliegen.139 Der möglicherweise dadurch verwirkte Schadensersatzanspruch wird in der Liquidation wirtschaftlich in aller Regel so gut wie wertlos sein. So verstanden können Covenants kein adäquates Siche- rungsmittel sein.
Dies ist jedoch auch nicht die Art und Weise, in der Nebenabreden mit Sicherungszweck wir- ken. Weitaus häufigste Rechtsfolge der Nichteinhaltung bzw. des Verstoßes (default) ist die, daß der betroffene Kreditgeber und möglicherweise sogar alle anderen (cross-default)140 berechtigt sind, ihren Kreditvertrag sofort zu kündigen. Dies stellt einen hinreichenden Grund für das Unter- nehmen dar, bei wirtschaftlich noch intaktem Unternehmensgefüge zumindest nicht vorsätzlich entsprechende Abreden zu verletzen. Wenn jedoch erst einmal die Insolvenz droht, schrecken auch solche Klauseln nicht mehr, da ein aus Sicht des Schuldners ein bloß drohendes Kündigungs- recht einer sofortigen Geschäftseinstellung und Konkursanmeldung vorzuziehen ist.
Daher bedarf es weiterer Schutzvorrichtungen. Hier liegt das Anwendungsgebiet der Financial Covenants, die die Einhaltung bestimmter Finanzkenngrößen (financial ratios oder financial tests) wie beispielsweise Eigenkapitalquote oder Cash Flow vorschreiben. Bei richtiger Zusam- menstellung können diese eine hinreichend exakte Bewertung der finanziellen Situation des Unter- nehmens ermöglichen, allerdings nur historisch für das dem Jahresabschluß vorausgehende Jahr.
Eine weitere, weniger vergangenheitsorientierte, dafür auch weniger genaue Beurteilung erlauben diejenigen Informationen, zu deren Herausgabe die ebenfalls stets vereinbarten Informationsklauseln das Unternehmen verpflichten.
Zu unterscheiden sind schließlich auf einen bestimmten Zeitpunkt bezogene Abreden und dauerhaft geltende Garantien (evergreen warranties). Letztere sind besonders gefährlich für die kreditnehmende Gesellschaft, insbesondere da die Garantie oft Angelegenheiten jenseits ihrer realen Einflußmöglichkeiten betrifft.141
V. Typische Covenants
Angesichts der Zahl von möglichen Nebenbestimmungen können an dieser Stelle nur einige wenige besonders typische in den Grundzügen dargestellt werden.
1. Informationsrechte
Zunächst sind die Informationsrechte zu nennen. Diese greifen noch in relativ geringem Maße in die unternehmerische Freiheit der finanzierten Gesellschaft ein. Dagegen hat der Kreditgeber ein erhebliches Interesse an allen das Unternehmen und seine finanzielle Situation betreffenden Infor- mationen, um so möglichst frühzeitig eventuelle Fehlentwicklungen erkennen zu können.
Danach ist das Unternehmen in der Regel verpflichtet, von sich aus alle relevanten Daten wie Jahresabschlußzahlen, Stromgrößen, projektbezogenen Genehmigungen etc. und sonstige Nach- weise sofort oder zumindest regelmäßig an den Kreditgeber weiterzugeben.142 Dies schließt auch Mitteilungen von Vertragsbrüchen gegenüber anderen Vertragspartnern sowie deren drohende Anspruchserhebung mit ein. Gewöhnlich erhält der Kreditgeber auch das Recht zur jederzeitigen Besichtigung des Projekts und Einblick in wichtige Geschäftsunterlagen.143
2. Financial Covenants
Eine Möglichkeit der Absicherung gegen Kreditverlust ist die Vereinbarung eines Kündigungs- rechts bei jeder erheblichen wirtschaftlichen Verschlechterung der Lage des Unternehmens (mate- rial adverse change clause). Obwohl oft vereinbart ist diese Klausel wenig effektiv144, weil sie viel zu unbestimmt ist, um einen Kündigungsgrund und -zeitpunkt exakt bestimmen zu können.145 Sie dient dann eher als letzte Möglichkeit einer Kündigung, wenn das wirtschaftliche Ende des Unter- nehmens abzusehen ist, ohne daß man dies einem bestimmten Kündigungsgrund zuordnen könnte.
Eine bessere Variante stellt die explizite Vereinbarung bestimmter einzuhaltender finanzieller Größen dar. Dazu zählt stets eine bestimmte, von der Art der Unternehmung abhängige146 Eigen- kapitalquote, die in der Regel zwischen 20% und 40% liegen soll.147 Als gegenüber Bilanzmanipu- lationen relativ resistente Ziffer kommt der Cash Flow in Betracht, also der Überschuß der pro- duktionsbedingten Einnahmen über die entsprechenden Ausgaben. Zur Sicherstellung der Liquidi- tät müssen diese verfügbaren Mittel größer sein als die erwarteten Kapitalkosten bis zur Tilgung. Allerdings ist noch sonstiger Aufwand des Unternehmens in Rechnung zu stellen, so daß bei- spielsweise ein Wert von 1,5 : 1 als loan life cover ratio (LLCR) angemessen sein kann.148 Von dieser Art Finanzziffern können nun beliebige weitere festgelegt werden, so daß die Kreditgeber auf drohende zu hohe Fremdkapitalisierung, zu geringen Umsatz, zu kurzfristige Kredite etc. rea- gieren können.
3. sonstige Nebenabreden
Zu den verbleibenden möglichen Nebenbestimmungen zählen auch die wichtigsten und häufigsten. Wenn die Covenants dingliche Sicherheiten ersetzen wollen, dann muß sichergestellt werden, daß auch kein anderer solche Sicherheiten in Anspruch nimmt oder jedenfalls nicht weitergehend als der Kreditgeber. Diesem Zweck dient die Negativklausel (negative pledge)149, die die Besser-stellung Dritter hinsichtlich dinglicher Sicherheiten verbietet.150 Sonderformen sind das Be-lastungsverbot151 und das Veräußerungsverbot nicht bzgl. der Sache selbst, sondern bzgl. der be-reits bestellten Sicherheit.152
Stets wird auch eine Gleichstellungsverpflichtung vereinbart. Danach trifft den Kreditnehmer die Pflicht, den Kreditgeber hinsichtlich aller seiner Sicherheiten stets den anderen gleichrangig zu stellen, wenn ihnen Sicherheiten eingeräumt werden.153 Im englischen Recht existiert diese Klausel sogar als automatic security clause, die dasselbe Ergebnis bereits mit dinglicher Wirkung erzielt.154 Diese ist mangels sachenrechtlicher Bestimmtheit jedoch in den meisten anderen Rechtsordnungen nicht anwendbar. Ähnliches gilt für die international übliche pari passu clause,155 die zu Gleichstellung hinsichtlich der Forderung verpflichtet. Hier gehen im Falle der Liquidation die zwingenden gesetzlichen Regelungen vor, die bestimmte vor- und nachrangige Forderungen und im übrigen Gleichrangigkeit festlegen.156
Viele Covenants dienen der Erhaltung des Anlagevermögens in seiner gegenständlichen Form sowie der Beibehaltung des ursprünglichen Geschäftsbereichs. So soll einer schleichenden oder schlagartigen Wesensänderung des Unternehmens sowie einer Aushöhlung seines Vermögens vorgebeugt werden, die das Risiko unkontrollierbar machen würde.157 Dasselbe wird mit dem Verbot von Fusionen, Abspaltungen, Geschäftserwerbungen und -veräußerungen bezweckt (mergers, acquisitions, amalgamations etc.).158
Schließlich werden auch alle Arten von Selbstverständlichkeiten garantiert, damit unzweifelhaft bei einem Verstoß ein Kündigungsrecht besteht, wie z.B. die Einhaltung der Gesetze, Zahlung von Steuern und Abgaben, Beachtung der Umweltschutznormen, Abschluß von Versicherungen etc.159
VI. Rechtsfolgen eines Verstoßes
Jeder Verstoß berechtigt den Kreditgeber zur sofortigen Kündigung des Kredits, zur Fälligstellung der bereits ausgezahlten Summe (acceleration of the loan) und zum Wegfall der Verpflichtung, weitere Kredite zu gewähren (cancellation of the commitment to lend).160 Dabei genügt oft sogar das Drohen eines Kündigungsgrundes (pending clause) für die Kündigung.161 Außerdem genügt auch ein Pflichtverstoß gegenüber einem weiteren Kreditgeber (cross-default),162 wobei sogar eine Kombination aus den beiden letztgenannten Klauseln die Regel ist. Was in Anbetracht der Zahl der Kündigungsgründe den Anschein einer nahezu jederzeitigen Kündbarkeit aller Kredite aller Darlehensgeber erweckt, wirkt im Ergebnis meist hingegen zugunsten des Kreditnehmers: Wenn jeder Kreditgeber weiß, daß seine Kündigung die aller anderen und damit zwingend die Insolvenz des Unternehmens zur Folge hat, ist sie ihm nahezu verwehrt.163
VII. Schlußbetrachtung
Zahl, Vielfalt und Reichweite der im Rahmen der Vertragsfreiheit zur Verfügung stehenden ver- traglichen Nebenbestimmungen zum Zwecke der Sicherung von Darlehensschulden sind unüber- schaubar. Im Ergebnis verlagern die Covenants alle nur denkbaren Risiken einschließlich jener, die man sonst unter den sog. Wegfall der Geschäftsgrundlage fassen würde, auf den Kreditnehmer. Die Kündigungsmöglichkeiten werden so weit nach vorne gezogen164 und die Auszahlung von Va- luta von so vielen Bedingungen abhängig gemacht,165 daß die Summe aller Verpflichtungen dingli- che und persönliche Sicherheiten weitestgehend ersetzt. Dabei ist zu beachten, selbst bei frühester Kündigung möglicherweise nicht mehr ausreichend Kapital vorhanden ist. In diesem Fall rechnen auch Covenants den Schuldner nicht reicher. Wenn diese Covenants aber nicht nur zusätzlich zu dinglichen Sicherheiten, die bereits das ganze sicherbare Vermögen erfassen, vereinbart sind, son- dern an deren Stelle, dann können sich einige Vorteile ergeben. Eine Hauptfolge der in Konsorti- alkreditgeschäften üblichen Nebenbestimmungen ist die Gleichstellung aller Kreditgeber. Da im Gegensatz zu den sonst üblichen Insolvenzverfahren dann aber nicht der weitaus größte Teil des Vermögens wegen dinglicher Sicherheiten ausgesondert werden muß und damit der Masse nicht mehr zur Verfügung steht, kann die Befriedigung der Gläubiger sehr viel gleichmäßiger und auch zu wesentlich höheren Quoten erfolgen. Dies geht natürlich auf Kosten der zuvor Aussonderungs- berechtigten, was bisher zumeist die großen Kreditgeber und damit die Banken waren, die in der Regel die besten Zugriffsmöglichkeiten auf das Sachkapital besitzen.
Anhang: Gesetzessynopse
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Risiken im Insolvenzfall des Kreditnehmers
unter Berücksichtigung des neuen Insolvenzrechts
A. Besondere Risiken für Konsortialkreditgeber
1. Konsortialkreditgeber unterliegen den allgemeinen Haftungsrisiken. Je nach den vereinbarten Darlehensbedingungen kann ihnen die Haftung im qualifiziert faktischen Konzern drohen. Die größte Gefahr stellt jedoch das Eigenkapitalersatzrecht dar.
2. Das Eigenkapitalersatzrecht wurde entwickelt von der Rechtsprechung in Anlehnung an §§ 30, 31 GmbHG (die sog. Rechtsprechungsregeln) und fand in den §§ 32a, b GmbHG eine Teilnormierung im Rahmen der GmbH-Novelle von 1980 (sog. Novellenregelung). Wegen deren Unvollkommenheit gelten die alten Grundsätze jedoch fort.
3. Die von der Novellenregelung erfaßten Rechtsformen sind kraft gesetzlicher Anordnung die GmbH&Co KG (§ 172a HGB) und die OHG ohne natürliche Person als Gesellschafter (§ 129a HGB). Die Rechtsprechungsregeln gelten aber ebenso für die AG sowie für Kredite von Kommanditisten einer einfachen KG.
4. Grundlage des Eigenkapitalersatzrechts ist die Finanzierungsfolgeverantwortung der Gesell- schafter. Die bewußte und freie Entscheidung, dem Unternehmen in der Krise anders nicht zugängliches Kapital zuzuführen, hindert sie daran, sich anschließend darauf zu berufen, dabei handele es sich um einen gewöhnlichen Kredit. Rechtsfolge ist, daß das als Darlehen gewährte Kapital eines Gesellschafters nicht als solches in der Insolvenz des Unternehmens geltend gemacht werden kann, sondern weitgehend wie haftendes Eigenkapital behandelt wird. Soweit es bereits zurückgewährt wurde, unterliegt diese Handlung der Anfechtung (vgl. §§ 32a, b GmbHG, 135 InsO) und ist die Valuta zu erstatten. Nach dem neuen § 39 I Nr. 5 InsO kann der Betrag nachrangig geltend gemacht werden.
5. Der Kreditgewährung stehen alle wirtschaftlich entsprechenden Handlungen gleich (§ 32a III GmbHG). Besonders relevant sind jegliche Umgehungsgeschäfte unter Einbeziehung Dritter (§ 32a III GmbHG), Sicherheitenbestellung durch Gesellschafter (§ 32a II GmbHG) sowie das Stehenlassen von Krediten trotz Abzugsmöglichkeit. Was die Abzugsmöglichkeit voraussetzt, ist außerhalb der regulären Kündigung im einzelnen umstritten. Bei Konsortien besteht in der Regel für einzelne Institute kein isoliertes Kündigungsrecht. Trotzdem können sie vom Eigenkapitalersatzrecht nicht freigestellt werden.
6. Gesellschaftern im rechtlichen Sinne gleichgestellt sind alle Personen, die wirtschaftlich als Gesellschafter zu betrachten sind, insbesondere Treugeber. Bei Aktionären ist ein unternehmerisches Interesse erforderlich, das ab einer Beteiligung von 25% des Grundkapitals vermutet wird. Dabei sind die Beteiligungen der einzelnen Konsorten zusammenzurechnen, wenn eine zumindest faktische Stimmrechtspoolung vorliegt. Soweit die Quote nicht erreicht wird, können auch andere Einflußmöglichkeiten auf die Gesellschaft von Bedeutung werden, wobei im Hinblick auf Konsortialkreditgeber vor allem die wirtschaftliche Macht aufgrund der Kreditgewährung in Betracht kommt.
7. Als Gesellschaftskrise bezeichnet man den Augenblick, ab dem die Gesellschaft zu marktüblichen Konditionen keinen Kredit mehr erhalten hätte (anerkannte Interpretation von § 32a I 1 GmbHG). Indiz kann also insbesondere die tatsächliche Gewährung oder Verweigerung eines Kredits sein, wenn das Kreditinstitut seine Entscheidung allein aufgrund einer Kreditwürdigkeitsprüfung gefällt hat. Daran fehlt es oft bei Konzernen und Kreditkonsortien.
B. Financial Covenants und AGB der Banken
1. Covenants sind vertragliche Nebenabreden, hier zum Kreditvertrag zwischen Konsortialkreditgeber und Kreditnehmer. Financial Covenants sind jene Nebenabreden, die sich auf bestimmte finanzielle Größen des Unternehmens beziehen, beispielsweise Cash Flow oder verschiedene Kapitalverhältnisgrößen (capital ratios).
2. Covenants in Konsortialkreditverträgen werden individuell ausgehandelt und sind daher mit AGB nicht vergleichbar. Auch in Konsortialkreditverträgen nach deutschem Recht gibt es inhaltlich vergleichbare Bestimmungen, die ebenfalls individuell vereinbart werden. Nichtsdestoweniger gibt es stets oder häufig verwendete Klauseln, die sich in entsprechenden Musterverträgen wiederfinden.
3. Die AGB der Banken gelten im wesentlichen einheitlich für das gesamte Bankgewerbe. Daher kommen sie in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung autonom gesetzten Recht gleich. Allerdings unterliegen sie der vollständigen Inhaltskontrolle anhand des AGBG und aller anderen Gesetze.
4. Zweck der Covenants bzw. Nebenabreden ist die Gewähr hinreichender Sicherheit für die Kreditgeber. Dies trifft zunächst insbesondere auf Projektkredite zu, da hier außer dem Projekt selbst keine Haftgrundlage existiert und dessen Kosten die gegenständlichen Vermögenswerte weit übersteigen. Bei Konsortialkrediten weiterhin scheitert die Siche- rungsbestellung oft an der mangelnden Flexibilität dinglicher Sicherheiten, deren strenge gesetzliche Regelungen der Vielheit der Kreditgeber nicht Rechnung tragen können.
5. Erreicht wird dieser Zweck durch ein Geflecht an Bedingungen und Anforderungen, deren Nichterfüllung eine Art Frühwarnsystem bezüglich mangelnder Wirtschaftlichkeit des Projekts darstellt. Jeder Verstoß (default, oft genügt auch ein drohender Verstoß, pending clause) berechtigt zur sofortigen Kündigung des Kredits und Einstellung aller Zahlungen nicht nur des unmittelbar betroffenen, sondern aller Kreditgeber (cross-default). Folge sind sofortige Fälligstellung (accelleration of the loan) sowie Fortfall aller Zahlungs- und Darle- hensgewährungspflichten (cancellation of the commitment to lend). Drittwirkung entfalten sie wegen ihrer rein schuldrechtlichen Wirkung nicht. Ausnahme ist insoweit eine mögliche Schadensersatzpflicht wegen Verleitung zum Vertragsbuch (procuring a breach of contract) aus § 826 BGB.
6. Typische Nebenabreden bzw. Covenants sind:
- sehr weitreichende Informationsrechte weit über die üblichen Jahresabschlußdaten hinaus;
- Kündigungsrecht bei wesentlicher wirtschaftlicher Verschlechterung der Lage des Unternehmens (material adverse change clause), jedoch sehr unkonkret;
- Kündigungsrecht bei Nichteinhaltung bestimmter Finanzkenngrößen wie beispielsweise des Verhältnisses von Eigen- zu Fremdkapital, oder desjenigen von Cash Flow zu Darlehenslast (loan life cover ratio, LLCF);
- Verbot der dinglichen Besicherung Dritter oder zumindest einer dadurch bedingten Besserstellung (Negativklausel, negative pledge);
- Gebot der Gleichstellung bezüglich des Rangs von Forderungen (pari passu clause,
automatic securities clause), wegen zwingender Rangvorgaben der meisten nationalen Insolvenzordnungen größtenteils nur nach englischem Recht möglich;
- Verbot der schleichenden oder mittelbaren Änderung des Unternehmensgegenstandes durch Akquisitionen, Fusionen und ähnliches sowie durch Veräußerung unternehmenswesentlichen Anlagevermögens.
Haftungsvoraussetzungen des Eigenkapitalersatzrechts
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bilanzielle Rechtsfolgen der Haftung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
1 Wenn sich die Länder mit ihrer Bitte um Aufschub nicht noch in letzter Sekunde durchsetzen.
2 Hervorstechendes Beispiel ist hier der Eurotunnel, an dem ein Konsortium von über 200 Großbanken beteiligt ist.
3 Vgl. auch für Deutschland die vom Haftkapital der Bank abhängigen Kreditobergrenzen in §§ 13 f. KWG.
4 Aktuelles Beispiel: die Asienkrise; zuvor der nur mühsam vermiedene Zusammenbruch der Währung Mexikos.
5 Matzel, Sicherung von Weltbankkrediten, S. 2 f.: Sogar dingliche Sicherheiten werden eingesetzt.
6 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 38.
7 Im einzelnen sei auf die vorangegangenen Referate verwiesen.
8 Hinsch/Horn, Internationale Konsortialkredite, S. 242.
9 Hinsch/Horn, Internationale Konsortialkredite, S. 202. 2
10 Vgl. §§ 30, 31 GmbHG.
11 Beispielsweise Beteiligung am Gläubigerausschuß (§ 67 InsO), Wahl des Insolvenzverwalters (§ 57 InsO).
12 Bisher: § 237 HGB.
13 Die Insolvenzanfechtung ist wie die Anfechtungen nach KO, VerglO und AnfG die Geltendmachung eines be- reits aufgrund anderer Normen entstandenen schuldrechtlichen Rückgewähranspruchs. In dieser Funktion ist sie keinesfalls zu verwechseln mit der allgemein zivilrechtlichen Anfechtung. May, 3. Kap. B VII 1, S. 70.
14 Dazu ebenfalls unter IV 1 a.
15 v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatz, 2.34.
16 Baumbach/Hopt, HGB, § 237 Rn. 7; v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatz, 2.35.
17 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II 1 c bb, S. 1843.
18 Dazu unten Teil C.
19 Ständige Rechtsprechung seit BGHZ 122, 123 = NJW 1993, 1200 = GmbHR 1993, 283, 285 („TBB”).
20 Emmerich/Sonnenschein, Konzernrecht, § 24a I 2, S. 302 u. I 4 Art., S. 402.
21 Das kann bis zur Funktion einer faktischen Leitung gehen, sog. shadow director, Wood, International Loans, 3-9. Vgl. auch die Darstellung der Covenants unter C.
22 MüHdB-Mayer/Vollrath § 52 Rn. 4; BGH GmbHR 1993, 283, 285.
23 Vgl. die akzessorische Haftung in der OHG gemäß § 128 HGB sowie die Haftung kraft wirksamer Verpflich- tung aufgrund Vertretung gemäß § 714 BGB in der GbR.
24 D.h. der Prozentsatz der noch ausstehenden Darlehenssumme, der nach Abschluß des Konkursverfahrens tat- sächlich ausgezahlt wird. Vor Befriedigung der einfachen Gläubiger sind jedoch fremde Gegenstände (z.B. Si- cherungseigentum) auszusondern (§ 47 InsO, bisher § 43 KO), der abgesonderten Befriedigung unterliegen durch Verwertungsrechte gesicherte Gläubiger (§§ 49 ff. InsO, §§ 47, 49 KO, z.B. Hypothek und Grundschuld), und bislang existierten eine ganze Reihe von bevorrechtigten Gläubigern (§ 61 KO). Letzteres ist zum Zweck der gleichmäßigeren Befriedigung mit den InsO jedoch weitgehend aufgehoben worden, Haarmeyer/Wutzke/Förster, Insolvenzordnung, 1-8.
25 MüHdB-Wellensiek/Obele § 66 Rn. 1.
26 MüHdB-Mayer/Vollrath § 50 Rn. 12.
27 Ausführlich Tillmann, Kapitalausstattung, GmbHR 1987, 329 f. - Zinsen auf Fremdkapital sind im Gegensatz zu Dividenden oder Gewinnausschüttungen als Betriebsausgaben steuerlich abzugsfähig. Allerdings droht auch im Steuerrecht nach § 8a KStG die Umqualifizierung in hier sog. Nennkapital.
28 MüHdB-Mayer/Vollrath § 50 Rn. 12.
29 Vgl. §§ 55 ff. GmbHG.
30 Vgl. MüHdB-Mayer/Vollrath, § 50 Rn. 14.
31 Verbot der Auszahlung von Stammkapital an Gesellschafter sowie Rückzahlungspflicht, §§ 30, 31 GmbHG; Beschränkung des Erwerb eigener Anteile durch die GmbH, § 33 GmbHG; Beschränkung der Kreditgewährung an mit der GmbH verbundene Personen, § 43a GmbHG; strenge Regeln bei der Kapitalaufbringung in Form von Sacheinlagen, §§ 5 IV, 7 III, 8 I Nr. 5 u. 9, 9 GmbHG.
32 § 64 II GmbHG (Schadensersatzpflicht), § 84 I Nr. 2 GmbHG (Strafbarkeit).
33 RG JW 1939, 355, 356.
34 BGH ZIP 1994, 1934, 1938 mit Anm. Altmeppen; BGH NJW 1995, 326, 329; Rowedder-Rowedder § 32a Rn. 6.
35 Man bedenke nur die im Hinblick auf dingliche Sicherheiten unabdingbare international-privatrechtliche Regel der lex rei sitae, das Erfordernis von Poolung und Treuhand etc. Im einzelnen dazu unten unter C III.
36 Die Durchsetzung wurde in § 32a KO, § 3b AnfG sowie jetzt in § 135 InsO geregelt.
37 BGHZ 90, 370, 376; 95, 188, 192.
38 MüHdB-Mayer/Vollrath, § 52 Rn. 2.
39 v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatz, 11.33; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 18 III 4 a, S. 530 f.
40 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 56 V 1 c, S. 1660 (für die GmbH&Co KG).
41 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 56 V 1 c, S. 1659 f.
42 Z.B. Ausschüttungssperre in § 58 V AktG, Signalvorschriften der §§ 92 I, 123 III, 166 II AktG, allgemeine ak- tienrechtliche Publizität.
43 so z.B. OLG Düsseldorf ZIP 1983, 187, 190 („BuM”); Claussen, Sanierungen, ZHR 147 1983, 195, 201 f.; Rümker, Bankkredite, ZIP 1982, 1385, 1395; v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatz, 2.38 f.
44 Claussen, Sanierungen, ZHR 147 1983, 195, 202.
45 BGHZ 90, 381, 387 = ZIP 1984, 572, 574 = JZ 1984, 1031 („BuM”); so auch schon RG JW 1939, 355f; vgl. Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 81.
46 Hüffer § 57 Rn. 16 ff; Junker, Aktionärsdarlehen, ZHR 156 1992, 399 f; KölnerKom-Lutter, § 57 Rn. 84 ff.
47 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 18 III 4 c, S. 532.
48 Scholz-K.Schmidt §§ 32a, b Rn. 27; Baumbach/Hueck § 32a Rn. 29.
49 MüHdB-Mayer/Vollrath, § 53 Rn. 12 (festverzinslich, unverzinslich oder partiarisch).
50 Zu den leicht abweichenden bzw. entsprechend angepaßten Rechtsfolgen siehe unter Rechtsfolgen (IV 3 u. 4)
51 Grundlegend BGHZ 109, 55, 58 ff.; auch BGHZ 121, 31, 38 ff. („Lagergrundstück II”).
52 Nicht zu verwechseln mit dem Fall, daß ein vermeintliches Darlehen (eines Nichtgesellschafters) tatsächlich ei- ne stille Einlage darstellt; zu dieser Differenzierung schon oben B III 3.
53 Vgl. MüHdB-Rümker § 53 Rn. 64 ff.
54 Rowedder-Rowedder § 32a Rn. 19; MüHdB-Mayer/Vollrath, § 53 Rn. 13; BGHZ 31, 258, 268; Lutter/Hommel- hoff §§ 32a, b Rn. 34; in der Regel also nicht, wenn zusätzlich bereits Überschuldung drohte.
55 BGHZ 75, 334, 338; 81, 252, 257; Baumbach/Hueck § 32a Rn. 37.
56 BGHZ 75, 334, 339; 81, 365, 370.
57 OLG Hamburg GmbHR 1988, 141 mit Anm. Huber; v. Gerkan, Entwicklungen, GmbHR 1986, 218, 221; May- er, Kapitalersetzende Darlehen, BB 1990, 1935, 1939.
58 Hachenburg-Ulmer § 32a, b Rn. 30 ff., 92; Baumbach/Hueck § 32a Rn. 38; Scholz-K.Schmidt §§ 32a, b Rn. 44.
59 Lutter/Hommelhoff § 32a, b Rn. 44.
60 BGH WM 1987, 284, 285; BGH ZIP 1988, 1248, 1254.
61 BGH WM 1993, 1028; 1987, 234; v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatz, S. 140; Lutter/Hommelhoff §§ 32a, b Rn. 48; K. Schmidt, Nutzungsüberlassung, ZIP 1993, 161, 167.
62 je nach GmbH-Satzung zumeist 3/4-Stimmrechtsmehrheit erforderlich.
63 BGH ZIP 1993, 189, 191 (Lagergrundstück II); auch schon BGHZ 81, 252, 256; BGH WM 1992, 650, 652.
64 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 60 f.; vgl. MüVertragsHdB-Rosener, Bd. 2, III.3, S. 380.
65 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 63.
66 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 66; vgl. auch Vertragsmuster in MüVertragsHdB-Rosener, Bd. 2, III.3, S. 390 - Die Kündigungsmöglichkeit des § 723 I 1 BGB besteht nicht, da sich die Gesellschafter nur zur Abwick- lung eines bestimmten Geschäfts zusammengeschlossen haben und damit die Gesellschaft nicht auf unbestimmte Zeit bestehen soll. Vgl. Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 66; BGHZ 10, 91, 98; Palandt-Thomas § 723 Rn. 3.
67 Palandt-Thomas § 723 Rn. 3 (für Gesellschaften).
68 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 70.
69 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 73; RGZ 24, 70, 71; Hillers, Personengesellschaften, § 1 A I 2, S. 8.
70 Vgl. auch die Holzschutzmittelentscheidungen: Die einzelnen Vorstandsmitglieder beriefen sich im Strafprozeß darauf, daß auch ihre Gegenstimme (gegen die Weitervermarktung des höchstwahrscheinlich giftigen Holz- schutzmittels) ohne Einfluß geblieben wäre. Diese Begründung hat der BGH ihnen versagt.
71 Dazu sogleich unter iii und iv.
72 Insbesondere hat die teilweise geforderte und noch immer diskutierte Geringfügigkeitsgrenze von 10% Ge- schäftsanteil keinen Niederschlag im Gesetz gefunden, K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 37 IV 2, S. 1151 f; Ge- setzesentwurf in ZIP 1996, 1362.
73 MüHdB-Mayer/Vollrath § 52 Rn. 30 ff.
74 MüHdB-Mayer/Vollrath § 52 Rn. 31 f.
75 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 49.
76 Vgl. § 291 I 1 AktG (Beherrschungsvertrag).
77 dazu schon oben unter III 4.
78 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 49.
79 Vor allem das umfassende Weisungsrecht gegenüber dem Geschäftsführer als Folge des jederzeitigen Rechts auf Widerruf der Bestellung, § 38 I GmbHG.
80 § 76 I AktG: Leitung in eigener Verantwortung des Vorstands, dagegen nur enumerierte Rechte der Hauptver- sammlung, § 119 AktG.
81 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 83.
82 BGH JZ 1984, 1031, 1033 („BuM”).
83 Hüffer § 57 Rn. 18; KölnerKom-Lutter § 57 Rn. 93; vgl. z.B. § 179 II AktG (Satzungsänderung), §§ 182 ff. AktG (Kapitalerhöhung); Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 83.
84 BGH JZ 1984, 1031, 1034 („BuM”); Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 84.
85 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 89 f.
86 So der Vertrag zwischen der WestLB und der Hauptaktionärin von BuM im Fall BGH JZ 1984, 1031 („BuM”); Sachverhalt insoweit nur in LG Düsseldorf ZIP 1981, 601; vgl. Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 92.
87 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 92.
88 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 93; der BGH hat dies sogar für die Beherrschung des Unternehmens durch die Gesellschaftergruppe ausreichen lassen, BGHZ 80, 69, 72 f. („Süssen”).
89 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 95.
90 BGH JZ 1984, 1031, 1034 („BuM”).
91 MüHdB-Rümker § 53 Rn. 35; Hachenburg-Ulmer § 32a, b Rn. 45; Scholz-K.Schmidt §§ 32a, b Rn. 35
92 Merkmal der Kreditunwürdigkeit ursprünglich entwickelt von Ulmer, vgl. Hachenburg-Ulmer Anh. zu § 30 Rn. 16, 72, 86.
93 Rowedder-Rowedder § 32a Rn. 14.
94 Allgemein anerkannte Definition, vgl. MüHdB-Wellensiek/Obele § 66 Rn. 14.
95 Unterscheide folgende Überschuldungs- und verwandte Begriffe:
Unterbilanz: Bilanzmäßige Aktiva, bewertet zu fortgeführten Buchwerten ohne Berücksichtigung stiller Reser- ven, abzüglich aller Verbindlichkeiten einschließlich Rückstellungen decken nicht mehr das bilanzmäßige Stammkapital. Dieser Tatbestand ist für die aus den §§ 30, 31 GmbHG entwickelten Rechtsprechungsregeln re- levant, da es dabei um die bilanzielle Erhaltung des Stammkapitals geht.
Bilanzielle Überschuldung: Unterbilanz mit dem Unterschied, daß nicht nur die Stammkapitalziffer nicht mehr erreicht wird, sondern sogar ein negativer Saldo verbleibt.
Rechnerische Überschuldung: Im Gegensatz zur bilanziellen Überschuldung Ansatz auch die stillen Reserven. Da diese Zahl aber für die Feststellung der Konkursreife relevant ist, gelten nicht die fortgeführten Bilanzwerte, sondern die je nach zu bewertendem Gegenstand erheblich niedriger liegenden Liquidations- oder Zerschla- gungswerte. Grundlage für die rechtliche Überschuldung.
Die Unterschiede zur hier relevanten rechtlichen Überschuldung sind folgende: Bei bloß rechnerischer Über- schuldung fällt die Fortbestehensprognose noch positiv aus, so daß Aussicht auf Rückzahlung von Krediten be- steht. Die bilanzielle Überschuldung ist von nur geringer wirtschaftlicher Aussagekraft, da gerade stille Reser- ven oft einen ganz erheblichen Teil des Unternehmensvermögens ausmachen. Dasselbe gilt für die Unterbilanz.
96 MüHdB-Mayer/Vollrath § 52 Rn. 21.
97 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 34.
98 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 39; May, Bankenpool, 3. Kapitel F IV 2, S. 125.
99 BGH WM 1992, 1650, 1652; Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 52; so z.B. im HSW-Fall (Hamburgische Stahlwerke): Die Stadt Hamburg hatte eine Ausfallbürgschaft für die Kredite der HSW zugunsten der beteiligten Banken gewährt; vgl. Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 11 f., S. 55.
100 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 55 f. Gerade in der Anfangsphase einer mit Kapital nur dürftig ausge- statteten GmbH wird die Bank in der Regel auf einer Bürgschaft des oder der Inhaber sowie des Geschäftsfüh- rers bestehen, primär um Mißbrauch durch Vermögensverlagerungen vorzubeugen und das Interesse des Ge- schäftsführers an der Erhaltung des Unternehmens zu fördern. Hier ist der Gesellschafter nicht wirtschaftlich leistungsfähiger als die kreditnehmende Gesellschaft.
101 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 39.
102 So im Fall Deckel Maho in Pfronten, Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 39; vgl. FAZ vom 6.5.1994.
103 Insbesondere die Konsortialführerin bei Innenkonsortien, die als einzige im Außenverhältnis auftritt, Zugang zu den relevanten Informationen hat und die anderen vertritt.
104 Dies kann auch bei Außenkonsortien der Fall sein, obwohl rechtlich alle Institute gleichwertig sind. Oft ist dies eine Großbank oder die Hausbank des Unternehmens.
105 May, Bankenpool, 3. Kap. F IV 2 b, S. 125.
106 Unter 2 b i.
107 Mayer, BB 1990, 1937; v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatz, C III 1 b, S. 84.
108 Lutter/Hommelhoff §§ 32a, b Rn. 24.
109 BGH WM 1985, 115; 1028, 1029.
110 BGH WM 1992, 1650, 1651 „Dornier”.
111 Rowedder-Rowedder § 32a Rn. 15, 18; Rümker, Bankkredite, ZIP 1982, 1385, 1388; BGHZ 31, 198; 67, 171
112 Rowedder-Rowedder § 32a Rn. 20; v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatz, 9.10; BGHZ 121, 31, 41 f („Lager- grundstück II”).
113 May, Bankenpool, 1. Kap. C II 2, S. 32.
114 Haarmeyer/Wutzke/Förster, Insolvenzordnung, 7-6.
115 Bisher § 32a KO bzw. § 3b AnfG a.F.
116 Bislang innerhalb eines Jahres, § 41 I 1 KO.
117 Zeitlich unbegrenzt nach §§ 32a KO.
118 § 3b AnfG a.F.
119 § 7 I AnfG a.F.
120 Preissler, Konsortiale Kreditvergabe, S. 128, 135.
121 Grundlegend BGHZ 90, 370, 376 („Nutzfahrzeug-Fall”); MüHdB-Rümker § 53 Rn. 11.
122 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1162.
123 vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1162.
124 BGH LM GmbHG § 30 Nr. 3 u. Nr. 22; MüHdB-Mayer/Vollrath § 52 Rn. 19.
125 MüHdB-Mayer/Vollrath § 52 Rn. 19; MüHdB-Rümker § 53 Rn. 120 f.
126 Soweit auch ein Anfechtungsrecht nach der Novellenregelung besteht, hat der Gläubiger ein Wahlrecht, Ger- kan, Entwicklungen, GmbHR 1986, 218, 224.
127 „Reaktiv”, MüHdB-Rümker § 53 Rn. 11.
128 Dt.: „Vertrag”, „bindende Abrede”.
129 Vgl. MüVertragsHdB-Graf von Westphalen Bd. 3, III.14, S. 375 u. bes. das von der Commerzbank zur Verfü- gung gestellte Konzept einer Finanzierungsstruktur.
130 Schimanski/Bunte/Lwowski-Bunte § 4 Rn. 32.
131 Schimanski/Bunte/Lwowski-Bunte § 4 Rn. 8.
132 Von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sind sie insoweit nur noch mit den Verdingungsordnung für Bauleistun- gen (VOB) vergleichbar, die zwingend für alle Bauvorhaben der öffentlichen Hand, im übrigen freiwillig im überwiegenden Teil privater Bautätigkeit gelten. Diese stellen ebenfalls vollständig der Inhaltskontrolle des AGBG unterliegende allgemeine Geschäftsbedingungen dar.
133 Horn, Neufassung, WM 1984, 449, 450.
134 Vgl. § 61 KWG und § 102 IV GWB respektive.
135 Nach der weltweiten Regel der lex rei sitae, Schimanski/Bunte/Lwowski-Welter § 26 Rn. 81 und § 99 Rn. 13.
136 Hinsch/Horn, Internationale Konsortialkredite, S. 202.
137 Schimanski/Bunte/Lwowski-Welter § 99 Rn. 7.
138 Wood, International Loans, 1-5
139 Schimanski/Bunte/Lwowski-Schimansky § 98 Rn. 94; Wood, International Loans, 3-22; nach deutschem Recht aus § 826 BGB.
140 Wood, International Loans, 3-42: übliche, für das Unternehmen theoretisch gefährliche Klausel mit Domino- Effekt, da ein einziger Verstoß bereits alle Kreditgeber zur Kündigung berechtigt.
141 Wood, International Loans, 3-3.
142 Vgl. Vertragsmuster Commerzbank S. 5-7: Ziehungsvoraussetzungen u. S. 8 (ix) und (x). 21
143 Wood, International Loans, 3-24.
144 Wood, International Loans, 3-40, besonders wegen der Beweislastverteilung zu Lasten der Bank.
145 Vgl. Wood, International Loans, 3-32; eine nur geringfügig bestimmtere Klausel in Vertragsmuster Commerz- bank S. 10 (x).
146 Z.B. bei Produktions- geringer als bei Handelsunternehmungen.
147 Vgl. z.B. Vertragsmuster Commerzbank S. 9 (i): 30:70, dabei werden nachrangige Gesellschafterdarlehen als Eigenkapital gewertet, dazu schon ausführlich im ersten Teil.
148 So z.B. im Vertragsmuster Commerzbank S. 9/10 (ii).
149 Vgl. z.B. Vertragsmuster Commerzbank S. 8 (iii).
150 Schimanski/Bunte/Lwowski-Schimansky § 98 Rn. 76.
151 Schimanski/Bunte/Lwowski-Schimansky § 98 Rn. 88.
152 Schimanski/Bunte/Lwowski-Schimansky § 98 Rn. 89.
153 Schimanski/Bunte/Lwowski-Schimansky § 98 Rn. 113.
154 Wood, International Loans, 2-24.
155 Wood, International Loans, 2-27.
156 Vgl. in der InsO: §§ 49 ff. Aus- und Absonderung, §§ 53 ff. Vorrang von Massenforderungen, § 39 nachrangige Forderungen, im übrigen entgegen der früheren Rechtslage in § 61 KO jedoch keine vorrangigen Konkursforde- rungen mehr.
157 vgl. z.B. Vertragsmuster Commerzbank S. 9 (xvi) und (xviii), auch Wood, International Loans, 3-29.
158 Wood, International Loans, 3-35.
159 Wood, International Loans, 3-36; Vertragsmuster Commerzbank S. 8-9 (xi)-(xv).
160 Wood, International Loans, 3-37.
161 Vertragsmuster Commerzbank S. 10 (ii).
162 Wood, International Loans, 3-37, 3-42.
163 Wood, International Loans, 3-42, 3-44.
164 Vgl. Vertragsmuster Commerzbank S. 11-12: Kündigungsgründe und -konsequenzen.
165 Vgl. Vertragsmuster Commerzbank S. 5-7: div. Nachweis- und Vorlagepflichten unter Ziehungsvoraussetzun- gen.
- Citation du texte
- Thilo Oldiges (Auteur), 1998, Risiken im Insolvenzfall des Kreditnehmers unter Berücksichtigung des neuen Insolvenzrechts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96637
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