Paul Strand: Sein Leben, seine Werke
Paul Strand's erstes Auftreten in der Fotografie fiel mit der ersten Modernismus-Bewegung der bildenden Künste in Amerika zusammen.
Am 16. Oktober 1890 in New York geboren, wohnte er 1908 sowohl der Fotografie-Klasse als auch dem Fotografie-Club an der Ethical Culture Schule unter Lewis Hine bei, einem Sozialreformer und Dokumentationsfotografen. Ein von Hine arrangierter Besuch in der Galerie 291 (291 Fifth Avenue, New York, Werke zeitgenössischer Fotografen aber auch Werke von Picasso, Rodin, Matisse, Cézanne und Toulouse-Lautrec), gegründet und geleitet von Alfred Stieglitz (1864-1946), einem bekannten amerikanischen Fotografen, dessen Motive das Alltagsleben in New York und Paris waren, inspirierte Strand, die Ausdrucksmöglichkeiten dieses Mediums auszuloten, welches er bis zu diesem Zeitpunkt als Hobby verstand. Obwohl er kurze Zeit für den Camera Club in New York arbeitete, dessen Dunkelräume er die folgenden 20 Jahre benützte, stammten seine Ideen ursprünglich vom Kreis rund um Stieglitz und später von der Gruppe, der auch Sheeler und Schamberg beiwohnten und die sich 1915 rund um die Modern Gallery herausbildete.
Strand's Arbeiten, die in der Galerie 291, der Modem Gallery und dem Camera Club ausgestellt wurden, gewannen bei der Wanamaker Photography Ausstellung Preise und waren auch in den letzten beiden Ausgaben von Camera Work abgebildet. Ab 1915 erforschte er die visuellen Probleme, die für die, sowohl in Europa als auch den USA entstehende, modernistische Ästhetik an Bedeutung gewannen. Während der 20er Jahre fotografierte er in erster Linie Stadtansichten und Maschinenmodelle. Später richtete sich seine Aufmerksamkeit auf die Natur, wofür er 5 x 7 und 8 x 10 Zoll Bildkameras verwendete und Kontaktabzüge auf Platinpapier anfertigte. In diesen Arbeiten, die als die Wurzel der Entwicklung der Neuen Objektivität gesehen werden, sind Form und Gefühl untrennbar miteinander verbunden und sehr eindrucksvoll dargestellt. Außerdem machten Strand's Schriften, angefangen mit "Photography and the New God" 1917, die Notwendigkeit publik, im Bereich der Fotografie eine Ästhetik zu entwickeln, die auf dem objektiven Wesen der Realität und auf den wesentlichen Kapazitäten der Großformat-Kameras mit scharfen Linsen beruht.
Nach Ableistung des Dienstes im medizinischen Korps der Armee, wo er Röntgenstrahlen und andere medizinische Kameraverfahren kennenlernte, arbeitete Strand mit Sheeler am Film Manhatta zusammen, der 1921 unter dem Titel "New York the Magnificent" uraufgeführt wurde. Kurze Zeit später erwarb er eine Akeley Filmkamera und begann als freier Journalist Fotografien zu machen.
Diesen Beruf übte er bis in die frühen 30er Jahre aus, als die Branche für die Verfassung von Nachrichten und Kurzartikeln von New York an die Westküste verlegt wurde. Als Strand sich während seines Besuchs im Südwesten der revolutionären Gesellschaftsideen, die in Mexiko untersucht wurden, bewußt wurde, versuchte er das genaue Gegenteil, nämlich nach wie vor Fotografien zu machen und von der Regierung gesponserte Filme zu drehen; der Film Redes, or The Wave, 1934 uraufgeführt, schildert die wirtschaftlichen Probleme, mit denen ein Fischerdorf in der Nähe von Santa Cruz konfrontiert ist.
Nachdem er 1935 in der Sowjetunion einen sinnlosen Versuch unternahm, dem russischen Direktor Sergei Eisenstein zu assistieren, arbeitete Strand mit Pare Lorentz am Film The Plough that Broke the Plains zusammen, einem der von ihm und anderen fortschrittlichen Filmemachern gestalteten Grenzfilmen zur Produktion einer Serie von Pro-Arbeiter- und Antifaschisten Filmen. Ihre ehrgeizigste Produktion, Native Land, wurde durch eine Kongreßanhörung über Anti-Arbeiterbewegungen ins Leben gerufen und 1941 unmittelbar vor dem Zweiten Weltkrieg uraufgeführt, zu einem Zeitpunkt, als die Botschaft des Films als politisch gespalten angesehen wurde.
Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte Strand das Filmemachen nicht mehr finanzieren und so wendete er sich den Druckmedien zu, einem Bereich, der Bild und Text in der Art des Kinos vereinte.
Time in New England, eine filmische Zusammenarbeit mit Nancy Newhall, versuchte, den Sinn für die Vergangenheit und die Gegenwart durch Bilder von Kunstprodukten und Natur, kombiniert mit Zitaten der in der jeweiligen Region bekanntesten Schriftsteller, wecken. Nachdem Strand 1950 nach Europa übersiedelte, führte er die Arbeiten über die Natur fort. Schließlich produzierte er unter anderem 1952 mit Claude Roy La France de profil, 1955 mit Cesare Zavattini Un Paese und 1962 mit Basil Davidson Tir a'Mhurain. Als er am 31. März 1976 starb, hatte er sich fast 75 Jahre der Fotografie gewidmet und allmählich sein Ideal von Schönheit und Anstand in der Natur und im einfachen Leben gefunden.
Paul Strand war ein Amerikaner, der von einem seiner Lehrer, Lewis Hine, in Fotografie unterrichtet wurde und selbst ein erfolgreicher Fotograf wurde. Er wurde sehr stark von der Photo-Secession Gruppe beeinflußt und machte einige hervorragende abstrakte Close-up Fotos. Diese 10 Jahre bestehende amerikanische Gruppe, die von Alfred Stieglitz gegründet worden war, versuchte, sich vom konventionellen Erscheinungsbild zu lösen. Charakteristisch für die Fotografie dieser neuen Bewegung, die durch die wachsende Unzufriedenheit mit der Schaffung der Fotografie in England und den USA entstand, war die Verwendung von speziellen Druckprozessen (z.B. gum bichromate) und grafischen Gestaltungsmitteln, die Einzelheiten beim Druck wegließen.
Anfänglich widmete sich Strand der experimentellen Arbeit des Mediums Fotografie, später wechselte er zur Straight Fotografie, welche sich vollkommen auf das Subjekt , den Standpunkt und die Lichtwahl als auf irgendein Verfahren das Negativ oder den Druck betreffend, stützt. Einige seiner Arbeiten erschienen in den letzten beiden Ausgaben der Camera Work (1916-1917), einer vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift, gegründet 1903 und herausgegeben von Alfred Stieglitz. Es gab insgesamt fünfzig Ausgaben. In der letzten Ausgabe 1917 beschreibt Alfred Stieglitz die Arbeiten von Strand folgendermaßen:
"His work is rooted in the best tradition of photography. His vision is potential. His work is pure. It is direct. It does not rely upon tricks of process. In whatever he does there is applied intelligence. In the history of photography there are but few photographers who, from the point of view of expression, have really done much work of any importance. And by importance we mean work that has some relatively lasting quality, that element which gives all art its real significance. [...]
The work is brutally direct. Devoid of any flim-flams; devoid of trickery and any 'ism', devoid of any attempt to mystify an ignorant public."
Strand selbst schrieb einmal:
"Objectivity is of the very essence of photography, its contribution and at the same time its limitation. [...]
Honesty no less than intensity of vision is the prerequisite of a living expression. This means a real respect for the thing in front of [...] the photographer [...] this is accomplished without tricks of process or manipulation through the use of straight photographic methods."
- Citation du texte
- Gudrun Stocker (Auteur), 1999, Paul Strand. Sein Leben und seine Werke, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96496