KAPITEL 1 DEFINITION DES BEGRIFFES 'NATIONALISMUS' NACH ERNEST GELLNER
' Nationalismus ist vor allem ein politisches Prinzip, das besagt, politische und nationale Einheiten sollten deckungsgleich sein.'1 Diese Definition, wenngleich sie auch noch einiger Erläuterungen bedarf, ist schon sehr treffend, wirft jedoch eine weitere Definitionsfrage auf: Was ist eine Nation? Daher werde ich zunächst diesen Begriff näher einzugrenzen versuchen. Abstammend vom lat.'natio'( = Volksstamm), was widerum dem Begriff 'natus'( = gebürtig, abstammend) entlehnt ist, bezieht sich die wörtliche Bedeutung auf die Gemeinsamkeit der Herkunft. Charakteristikum einer Nation ist die Verbundenheit durch eine eigene Kultur, d.h. Sprache, Verhaltens- und Kommunikationsmuster sowie gemeinsame Wertvorstellungen. Von Bedeutung für das Entstehen einer Nation ist darüberhinaus das Wissen um diese Gemeinsamkeiten, also daß sich die Menschen einer Nation als solche gegenseitig anerkennen. Ohne diese Solidaritätsbeziehungen muß eine Gruppe, die ein bestimmtes Territorium bevölkert und außerdem dieselbe Sprache spricht, noch keine Nation sein. Eine Nation ist also ein Kunstgebilde des menschlichen Bewußtseins. Nach Gellners eingangs zitierter Definition sollte die Nation mit der politischen Einheit, dem Staat, kongruent sein. Der Staat ist das Organ, das Sorge darüber trägt, daß die öffentliche Ordnung aufrechterhalten bleibt, und, als Mittel zur unbedingten Ausübung dieser Funktion, das Monopol legitimer Gewalt innehat. Bei diesem Definitionsansatz ist jedoch anzumerken, daß er primär bei den westlichen Industrienationen zutreffend ist. Die Existenz eines Staatswesens ist folglich eine Grundvoraussetzung für den Nationalismus, denn ohne einen Staat gäbe es nichts, das nicht mit den nationalen Einheiten deckungsgleich sein könnte. Verletzungen des nationalistischen Prinzips können durch die Annektion eines kleinen Staates von einem größeren ausgelöst werden, wodurch erster fremdbeherrscht wäre, ferner durch das Eingeschlossensein von Enklaven kleinerer Bevölkerungsgruppen eigener Nation in einem fremden Staatsgebiet. Schon allein daraus lassen sich einige Gründe, die für die Einhaltung des nationalistischen Prinzips sprechen, ableiten: Sowohl innen- als auch außenpolitische Konflikte ließen sich vermeiden. Allerdings ist Nationalismus im Allgemeinen eher ein emotional besetzter Begriff, der zudem noch sehr viel Spielraum in seiner Auslegung läßt. Kein Nationalist würde durch einen einzigen Ausländer das nationalistische Prinzip verletzt sehen, aber wo die Grenze liegt, darüber bestehen sehr verschiedene Auffassungen. Weiterhin gibt Gellner zu bedenken, daß die Erfüllung des Prinzips utopisch sein dürfte, da nicht alle Nationalismen zugleich befriedigt werden könnten, da es mehr Nationen auf der Erde gibt, als es Staaten geben könnte. Diesen Punkt führt Gellner leider nicht weiter aus, und zumindest als bloße These halte ich ihn für sehr erklärungsbedürftig.
KAPITEL 2 DEFINITION DES BEGRIFFES 'NATIONALISMUS' NACH BENEDICT ANDERSON
Benedict Anderson beschreibt Nationalismus als grundlegend für die moderne Gesellschaft. Genauso, wie jeder Mensch als Vertreter entweder des weiblichen oder des männlichen Geschlechtes zur Welt kommt, wird jeder Mensch als Mitglied einer Nation geboren. Das Verbundensein mit einer Nation ist denn auch allgegenwärtig - obwohl es nur ein angenommenes Verbundensein ist, ein hypothetisches, da das Individuum nur mittelbar um den Umfang 'seiner' Nation weiß. Anders, als es bei kleinen Dorfgemeinschaften der Fall ist, wird niemals ein Mensch jedes Mitglied einer Nation kennen, daher ist die Nation als solche ein hypothetisches Konstrukt. Darüberhinaus ist jede Nation grundsätzlich begrenzt, selbst die glühendsten Nationalisten streben nicht die weltumfassende Nation an. Der Entstehung des Nationalismus liegen verschiedene Entwicklungen zugrunde: Zuerst ist das Verschwinden des Lateinischen als Gelehrtensprache von großer Wichtigkeit. Die Existenz einer Gelehrtensprache war die Grundvoraussetzung für eine christlich bestimmte Welt, im Zuge der Reformation wurden die einzelnen Landessprachen immer bedeutsamer (Ich beschränke mich hier auf den westeuropäischen Raum, da der Nahe- wie der Ferne Osten im Rahmen dieser Hausarbeit von untergeordneter Bedeutung sind). Dadurch, daß die religiöse Wahrheit nicht mehr zwangsläufig mit einer speziellen Schriftsprache verbunden war, wurde ihr Einfluß auf die Gesellschaft gebrochen. Darüberhinaus wurde das Bewußtsein gebrochen, daß sich die Gesellschaft grundsätzlich unter der Herrschaft von Monarchen befinde, die ihre Legitimation aus religiösen Vorstellungen beziehen und deren Herrschaft im Laufe der Zeit durch Heirat und Erbschaften immer seltsamere Dimensionen annahm. Im Übrigen stimmt Anderson mit Gellner überein, daß das nationalistische Konzept keinen herausragenden geistigen Verfechter vorzuweisen hat, weshalb eine große Anzahl unausgegorener Nationalismus- Definitionen existieren, eine treffende jedoch fast unmöglich machen. Im folgenden werde ich daher nur die von Anderson und Gellner angeführten Aspekte zum Begriff 'Nationalismus' näher mit einbeziehen.
KAPITEL 3 NATIONALISMUS UND 'NEUE RECHTE' IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND
Die Entstehung einer geeinten deutschen Nation unterscheidet sich deutlich von der Geschichte anderer europäischer Nationalstaaten. War Europa bis zum ausgehenden Mittelalter zunächst von geistlicher Herrschaft, wie schon alleine am Namen 'Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation'(wobei der Begriff 'Nation' in diesem Namen gemäß Gellners Definition fehl am Platze ist) zu erkennen ist, oder Feudalherrschaft geprägt, begann sich im ausgehenden 18.Jahrhundert mit der Französischen Revolution als einschneidendstes Ereignis eine Nation zu entwickeln. Deutschland hingegen war noch in eine große Zahl kleiner Staaten zerklüftet, 1814/15 wurden auf dem Wiener Kongreß die 39 deutschen Einzelstaaten für souverän erklärt und im Deutschen Bund konföderativ zusammengeschlossen. Nationalstaatliche Tendenzen wurden in der Folgezeit durch Metternichs restaurative Politik unterdrückt. Mit der Revolution von 1848/49 änderte sich dies: Der Verfassungsentwurf der Paulskirchenversammlung sah vor, daß ' kein Teil des Deutschen Reiches mit nicht-deutschen Ländern zu einem Staat vereinigt sein ' dürfe, womit die Grundlage zur Entstehung eines Nationalstaates geschaffen war. Da Friedrich Wilhelm IV. von Preußen die Kaiserkrone jedoch ablehnte, blieb Österreich weiterhin im Deutschen Bund. Selbst nach dem 1.Weltkrieg war dem Postulat der Paulskirchenversammlung noch nicht genüge getan, da neben sämtlichen linksrheinischen auch einige rechtsrheinische Gebiete an Frankreich abgetreten wurden. Es ist daher fast unmöglich zu sagen, von welchem Zeitpunkt an Deutschland per Definition als Nationstaat bezeichnet werden kann, denn entweder hatte Deutschland sich nicht-deutsche Gebiete einverleibt oder aber deutsches Territorium zählte zum Gebiet eines anderen Staates. Selbst heute noch wird von etlichen Mitgliedern des 'Bundes der Vertriebenen' die Ansicht geäußert, daß Deutschland über die Oder-/Neiße-Grenze hinweg ausgedehnt werden müsse, da die dort liegenden Gebiete unrechtmäßigerweise Polen zugesprochen worden seien. Daß dieses Gedankengut dankbar von Vertretern der 'Neuen Rechten' aufgegriffen wird, zeigt schon allein die Renaissance der ersten Strophe des Deutschlandliedes auf rechtsradikalen Veranstaltungen. In erster Linie wird von Rechtsradikalen jedoch ein anderer Umstand als nicht hinnehmbare Verletzung des nationalistischen Prinzips betrachtet: Die Anwesenheit von Ausländern -sowohl in der BRD geborene Menschen nicht- deutscher Abstammung als auch Asylbewerber- in Deutschland. Bei der begrifflichen Definition wurde schon erwähnt, daß 'Nationalismus' ein eher emotional besetzter Begriff ist, und an dieser Stelle wird dies besonders deutlich, da unter keinem rationalen Aspekt Einwände gegen ausländische Mitbürger in der Bundesrepublik hervorgebracht werden können, es ließen sich eher viele positive Aspekte dieses Umstandes anführen. Wie unberechtigt diese Einwände sind, bedarf es meiner Ansicht nach also keiner weiteren Erörterung. Dennoch gibt es eine nur schwer zahlenmäßig zu erfassende Menge von in erster Linie jungen Männern, die unter Berufung auf dieses Gedankengut eine lose zusammenhängende Bewegung formierten, die sich deutlich von Jugendbewegungen der 60er und 70er Jahre unterscheidet, und ebenso vielfältig und undurchdringlich, wie dieses Gedankengut zutage tritt, sind die von Politikern und Presse angebotenen Modelle, wie dieses Phänomen zu erklären sein könnte. Auffällig ist dabei, daß die 'Neuen Rechten' keine homogene, isolierte Gruppe ist, die ihre eigenen, wie auch immer gearteten Ziele durchzusetzen versucht, sondern daß beispielsweise die pogromartigen Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen im August 1992 gezeigt haben, daß die Rechtsradikalen sowohl in der Bevölkerung als auch in der Politik eine große Zahl von Sympathisanten hinter sich wissen und schon allein dadurch von der Rechtmäßigkeit ihres Handelns überzeugt sind. Schlimmer noch: Besonders im Rostocker Fall fühlten sich die Randaliertrupps durch Äußerungen des Innenministers Lothar Funke sowie des Innensenators Peter Magdanz geradewegs zu Randalen aufgerufen, und die Tatsache, daß erst am Ende des dritten Tages der Ausschreitungen die Polizei einzugreifen begann, bestärkte die pöbelnde Meute in dem Glauben, etwas zu tun, was alle insgeheim erhofft hatten, durchzuführen jedoch niemand zuvor gewagt hatte. Dieses Bewußtsein wurde sogar im Nachhinein noch durch die wenige Tage später folgende Änderung des Asylrechts verstärkt, ebenso wie durch die Verlegung des Asylbewerberheimes in einen anderen Stadtteil: Im kleinen wie im großen hatten die Skinheads ihr Ziel erreicht. Doch woraus setzen sich die neuen Rechten zusammen, was sind ihre Motive und was ihre Ziele? Die in Erscheinung tretenden, mit ihren Gewaltaktionen Schlagzeilen machenden Rechtsradikalen sind in erster Linie jugendlichen Alters, denen Claus Leggewie einen deutlichen Mangel an Erziehung attestiert, wobei Fehler in der Entwicklung zur antiautoritären Erziehung seiner Ansicht nach nicht unverantwortlich sind. Diese Erziehungsmethode sei zu oft in ein gleichgültiges Leben-und-leben-lassen abgegleitet. So stellte Leggewie bei den jungen Neonazis ' nicht nur Gewalttätigkeit ihres Handelns und die Dummheit ihrer Gedanken fest, sondern vor allem die Rohheit ihrer ganzen Person.'1 Als Ursache hierfür sieht Leggewie den zunehmenden Verlust der Funktion der Familie als Sozialisationsinstanz. Ohne die feste Bindung an eine Familie erlebt zu haben, wächst so die Sehnsucht nach Geborgenheit in einer Gemeinschaft. Neonazistische und faschistische Gruppen wissen diesen Umstand geschickt zu nutzen und den Jugendlichen eine Gemeinschaft zu bieten, nach der sie suchen. Bedeutsam ist dabei, daß diese Vereinigungen einfache Rezepte zur Lösung aller Probleme parat haben und so das Gefühl vermitteln können, daß sich nun jemand wirklich der eigenen Person annimmt, ohne daß dabei private Probleme nähere Beachtung finden. So entsteht eine Gemeinschaft, die gemeinsam Probleme wie die Jugendarbeitslosigkeit bewältigen zu können glaubt, da die neonazistischen Gruppierungen ja auch gleich die Schuldigen an der Misere benennen können: Die Ausländer. Darin liegt für etliche - überwiegend männliche - Jugendliche der große Vorteil gegenüber kirchlichen und anderen Jugendgruppen, daß mittels einfacher Lösungsmodelle die Schuldigen an der gesellschaftlichen wie an der persönlichen Lage sofort ausfindig gemacht werden können; es wird der Eindruck vermittelt, daß nicht nur geredet, sondern auch konkret etwas unternommen wird. Daraus erwächst zudem noch ein ganz neues Selbstbewußtsein, nämlich das Bewußtsein, rechtmäßig zu handeln, was noch bestärkt wird durch die Tatsache, daß die 'rechten Aufräumer' Rückhalt in Teilen der Bevölkerung finden, wie in den Pogromnächten von Rostock und Hoyerswerda zu sehen war. In diesen Gruppen anerkannt zu werden, ist denkbar einfach: Es reicht aus, Deutscher zu sein. Ohne eine Leistung vollbracht zu haben läßt sich allein durch die Herkunft ein inbrünstiger Stolz entwickeln. Es ist also klar zu differenzieren nach dem Grad der Politisierung der jugendlichen Neonazis. Im Gegensatz zu diesen nur oberflächlich politisierten Mitläufern, die im Rechtsradikalen Milieu eher ein Ventil für ihre persönliche Unzufriedenheit suchen, gibt es auch sehr stark ideologisch geschulte Neonazis, die in Organisationen wie 'Junge Front', der Jugendorganisation des FAP- Vorsitzenden Friedhelm Busse, aktiv sind. Diese jungen Aktivisten sind teilweise sogar extra in Hinblick auf Interviews geschult, doch deuten manche Umstände darauf hin, daß die nachgeplapperte Ideologie nicht einmal verstanden wird, wie ein Mitglied der Jungen Front in einem Interview deutlich macht: ' Ich kann mich nicht mit einem total anderen Volk, mit ganz anderer Sentimentalität[...!] , die die haben, wie wir haben, vermischen.'2 Hier wird deutlich, daß die Nutzung des jugendlichen Gewaltpotentials von professioneller Seite her erfolgt, Friedhelm Busse ist da kein Einzelfall. So gut wie jede rechtsextremistische Partei unterhält Jugendorganisationen und versucht, ursprünglich eher unpolitische Jugendliche zu politisieren und sich für eigene Zwecke nutzbar zu machen. Die kleinen rechtspopulistischen Parteien wie REPs, DVU oder NPD profitieren dabei allgemein von der Krise des parlamentarischen Systems, von der Krise der etablierten Großparteien CDU/CSU, SPD und FDP. Da konnte auch ein kalkulierter Rechtsruck der Unionsparteien nichts nützen, mit dem diese das rechtsradikale Wählerpotential abzuschöpfen versuchten. Das Monopol der etablierten Parteien kommt schon fast einer Feudalisierung gleich, breite Wählerschichten suchen vergeblich nach einer wirklichen Alternative, wodurch die Zahl der Nichtwähler stetig zunimmt. Nur noch 4% der Unionswähler waren ein Jahr nach der letzten Budestagswahl einer Umfrage zufolge noch mit den Leistungen der Regierung rundum zufrieden. Aus Angst vor Wählerverlusten an die rechten Parteien werden die von ihnen angesprochenen Themen sofort von den Großparteien aufgegriffen und zu eigenen Themen gemacht. Dadurch kommt den rechtsextremen Parteien eine Macht zu, die nicht den bei Wahlen erreichten Prozentzahlen entspricht. Die Parteien von rechtsaußen sind dermaßen zersplittert, daß sich die ohnehin schon nicht sehr zahlreichen Wähler dieser Gruppierungen noch zwischen zweien oder dreien entscheiden müssen, so daß im Endeffekt keine dieser Parteien einen nennenswerten Prozentsatz der Wählerstimmen erlangt. Die Entscheidung wird dem Wähler noch erschwert durch die Tatsache, daß sich die Parteiprogramme kaum voneinander unterscheiden. Schon allein anhand eines Werbespots von Dr.Gerhard Freys DVU, dessen Ausstrahlung die DVU sogar gerichtlich erzwungen hat (!!!), werden die Absichten dieser Partei deutlich:' Timbuktu den Afrikanern, Istanbul den Türken, doch Hamburg mußdeutsch bleiben '. Ähnlich auch die Wahlpropaganda von der NPD oder von (ehemals) Franz Schönhubers 'Republikanern'. Durch diese Uneinigkeit zur Erfolglosigkeit verurteilt, sollte 1990 die Gründung der 'Deutschen Liga für Volk und Heimat' das Dilemma beseitigen und die rechtsextremen Kräfte bei der nächsten Wahl geeint antreten lassen. Doch auch damit konnte das Problem nicht gelöst werden, da sich in dieser Allianz nicht die rechten Parteien zusammenschlossen, sondern Abtrünnige aus diesen Parteien nur eine weitere Konkurrenzvereinigung aus der Taufe hoben. Verbindungen zwischen diesen Parteien und neonazistischen Gruppierungen sind dabei ein offenes Geheimnis, obwohl die Parteispitzen immer wieder den Eindruck zu erwecken versuchen, sie distanzierten sich von nationalsozialistischem Gedankengut. So suchten die Dresdner 'Republikaner' beispielsweise neue Mitglieder für eine 'Theoriegruppe' über ein Posfach der 'Wiking Jugend e.V.', und auch bei Wahlveranstaltungen ist durchweg eine beachtliche anzahl von Skinheads, Neonazis und anderen braunen Schlachtenbummlern anwesend. Das wahre Wesen offenbaren die rechtsextremen Parteien nur intern; so propagierte ein Rundschreiben der 'Republikaner' deren 'Problemlösungsvorschläge' : '. ..Ablehnung von Asylverfahren für 'Zigeuner aus Rumänien', Untersagung des Baus weiterer Moscheen, nationale Erziehung, Abschaffung von Ausländerbeiräten, Bevorzugung von Deutschen bei der Arbeitsplatzvergabe...'3 Genauso zweifelhaft, wie die vorgetäuschte Abgrenzung der rechtsextremen Parteien gegenüber nazistischen Gruppierungen erscheint, wirkt die Abgrenzung der Unionsparteien gegenüber rechtsextremen Parteien. Während die FDP, zumindest auf landespolitischer Ebene, immer mehr in der Bedeutungslosigkeit verschwindet, muß die CDU/CSU sich nach einem neuen potentiellen Koalitionspartner umsehen. Und kämen dafür offiziellen Bekundungen zufolge die 'Republikaner' beispielsweise niemals in Frage, so wurden intern immer wieder Stimmen laut, die genau das Gegenteil besagen. Und das, obwohl die 'Republikaner' in etlichen Bundesländern wegen des Verdachts auf Verfassungsfeindlichkeit mit nachrichtendienstlichen Mitteln vom Verfassungsschutz überwacht werden.
Einer der bedeutendsten Verbindungspunkte zwischen rechtsradikalen Parteien und ultrarechten Gruppierungen liegt jedoch in einem System aus Computervernetzungen und Mailboxen. Die Betreiber kommen überwiegend aus den Reihen der NPD, der DVU und der 'Republikaner', genutzt werden diese Netze jedoch auch von Organisationen wie der 'Logistischen Zentrale der Vereinten Rechten' oder vom 'Deutschen Rechtsbüro', das Neonazis juristische Schützenhilfe bietet und Ratschläge verteilt, wie man legal Demokratie bekämpft. Weiterhin sind in Mailboxen auch Adressen politischer Gegner einzusehen. Der Vorteil dieses Datenübermittlungssystem ist neben der Schnelligkeit die Tatsache, daß es quasi abhörsicher ist. So schließt sich der Kreis von den rechtsextremen Parteien zu den neonazistischen Schlägern, die in Mailboxen jederzeit potentielle Ziele für ihre brutalen Attacken finden können.
KAPITEL 4 FAZIT
' Deutschland ist gr öß er als die BRD ' - ' Deutsch-Land: Ja! Exoten-Land: Nein' 1 Diese beiden Aussprüche vom NPD-Vorsitzenden Günter Deckert zeigen, daß in rechtsextremistischen Kreisen die Ansicht vertreten wird, daß in Deutschland das nationalistische Prinzip, wie Gellner es definiert, verletzt ist. Zum einen dadurch, daß die nationalen Grenzen Deutschlands nicht mit den Staatsgrenzen der BRD deckungsgleich seien, zum anderen dadurch, daß die Homogenität der Bevölkerung Deutschlands durch ein Übermaß von Ausländern gefährdet sei. Allerdings ist die rechtsextremistische Parteienlandschaft zu zersplittert, um zu einer Stärke heranzuwachsen, die im Bundestag eine bedeutende Rolle spielen könnte. Sollte die FDP jedoch aus dem Parlament ausscheiden und eine der rechten Parteien die 5%-Hürde überwinden, könnte die CDU/CSU-Fraktion in eben dieser Partei einen potentiellen Koalitionspartner sehen, was allerdings abzuwarten bleibt. Als indirekten Erfolg könnten die Parteien von rechtsaußen verbuchen, daß einige Themen ihrer Programme von den Unionsparteien aufgegriffen wurden, daß allgemein durch einen Rechts-Ruck versucht wurde, das Wählerpotential jenseits der CSU für sich zu gewinnen. Der parlamentarischen Ohnmacht zum Trotz versteht die 'Neue Rechte' einiges zu bewegen. Obwohl sie dies immer wieder bestreiten, stehen die rechtsextremistischen Parteien in engem Kontakt mit neonazistischen Gruppierungen. Diese wissen wiederum das Gewaltpotential jugendlicher Schläger geschickt für ihre Zwecke zu nutzen: Die Neonazi-Organisationen bieten neben dem Gruppenzusammenhalt auch gleich noch denkbar einfache Lösungsmodelle für die Zukunftsängte und Frustrationen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen an. Durch die Gewaltverbrechen der teils weniger, teils stärker politisierten Skinheads und Neonazis wird immer wieder die Aufmerksamkeit der Presse und somit der Öffentlichkeit erregt, die teilweise unterschwellig die Ausschreitungen sogar begrüßt. So wird allgemein die öffentliche Meinung dahingehend beeinflußt, daß die in Deutschland lebenden Ausländer tatsächlich ein Problem darstellten, das einer Lösung bedürfe. Daß die Gewalttaten der Neonazis tatsächlich in deren Sinn erfolgreich verlaufen, läßt sich an vielen Beispielen belegen, etwa an Lichtenhagen, wo zum einen die Asylbewerberunterkunft verlegt wurde und außerdem wenig später unter dem Eindruck des Geschehenen das Asylrecht geändert wurde. So kommt den rechten Parteien insgesamt eine ihrem Wählerpotential nicht entsprechende Macht zu, genauso wie die im Kern zahlenmäßig eher schwachen neonazistischen Vereinigungen sich eine große Zahl von Jugendlichen zu mobilisieren verstehen. Die Auswirkungen der 'Neuen Rechten' sind in Anbetracht der Entstehung eines geeinten Europa anachronistisch, besonders beim Beispiel Deutschland ist jedoch anzuzweifeln, daß die europäische Entwicklung dem deutschen Nationalismus Vorschub geleistet hat.
LITERATURLISTE
Anderson, Benedict: Die Erfindung der Nation - Zur Karriere eines folgenreichen York 1993
Benz, Wolfgang(Hrsg.): Voraussetzungen, Taschenbuch Verlag, Konzepts, Campus Verlag, Frankfurt a.M./New Rechtsextremismus in Deutschland - Zusammenhänge, Wirkungen, Fischer Frankfurt a.M. 1994
Gellner, Ernest: Nationalismus und Moderne, Rotbuch Verlag, Cambridge 1992
Leggewie, Claus: Druck von rechts - Wohin treibt die Bundesrepublik?, Beck'sche Verlagsbuchhandlung, München 1993
[...]
1 Ernest Gellner:' Nationalismus und Moderne ', S.8, Z.1ff
1 Claus Leggewie:'Druck von rechts-Wohin treibt die Bundesrepublik?', S.62, Z.16ff
2 Wolfgang Benz: 'Rechtsextremismus in Deutschland', S.91, Z.27ff
3 W.Benz, s.o., S.237, Z.31ff
1 W.Benz, s.o., S.242, Z.35ff
- Arbeit zitieren
- Stefan Piontek (Autor:in), 1994, Nationalismus und `Neue Rechte`, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96414
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