Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Neue alte Probleme
2.1 Ökonomische, gesellschaftliche und politische Veränderungen
2.1.1. Ökonomische Veränderungen
2.1.2. Gesellschaftliche Veränderungen
2.1.3. Politische Veränderungen
2.2. Das Klassische Steuerungsmodell kommunaler Verwaltungen
2.2.1. Kameralistisches Rechnungswesen: Basis der input-orientierten Steuerung
2.2.2. Das Spannungsverhältnis von Politik und Verwaltung
2.2.3. Separierung von Fach- und Ressourcenverantwortung
2.2.4. Interorganisatorische Verantwortungslosigkeit
2.2.5. Aufgabenexpansion
2.3. Finanzierungskrise, Haushaltskonsolidierung und die Verwaltungsreform
3. Leitbilder und Instrumente der Neuen Steuerung
3.1. Leitbilder und Ziele der Verwaltungsreform
3.1.1. Bürgernähe
3.1.2. Effizienz
3.1.3. Dienstleistung
3.2. Die Neuen Steuerungsinstrumente - Eine Auswahl
3.2.1. Kontraktmanagement
3.2.2. Dezentrale Ressourcenverantwortung
3.2.3. Outputsteuerung durch Budgetierung
3.2.4. MitarbeiterInnenorientierung
3.2.5. Controlling
3.3. Probleme und bisherige Erfahrungen der Kommunen
4. Kommunale Sozialverwaltung im Rahmen der Neuen Steuerung
4.1. Kommunale Sozialpolitik und die Verwaltungsreform - Problemstellung
4.2. Kommunale Sozialverwaltung als Dienstleistung(sarbeit)
4.2.1. Sozialmanagement
4.2.2. Dienstleistung als Leitbild und in der Praxis
4.2.3. Die Marktsteuerung oder Das Anbieter-Nachfrager-Verhältnis: BürgerInnen als Kunden oder Klienten?
5. Fazit: Anforderungen und Chancen der Kommunalen Sozialverwaltung im Umbruch
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Als die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung Köln (KGSt) 1991 den Bericht 12/1991 mit dem Titel "Dezentrale Ressourcenverantwortung: Überlegungen zu einem neuen Steuerungsmodell" veröffentlichte, gab sie das Startsignal für umfangreiche und tiefgreifende kommunale Verwaltungsreformen und den Anlaß zu breiten Diskussionen in der kommunalen Praxis und den wissenschaftlichen Fachdisziplinen. Ausgangspunkt der Reformbemühungen ist die akute Finanzierungskrise der Kommunen, die in dem Versuch der Adaption privatwirtschaftlicher Konzepte und Begriffe für die gesamte Organisation und Steuerung der kommunalen Selbstverwaltung seine Entsprechung findet.
Die Kommunen im gesamten Bundesgebiet standen und stehen im Wirkungsfeld unterschiedlichster Entwicklungen, deren Zusammenfassung im Kapitel zwei versucht wird, um einerseits den Charakter der Neuen Steuerung und andererseits den Handlungsdruck einschätzen zu können. Im folgenden Kapitel drei werden die wesentlichen Elemente der Neuen Steuerung, die Leitbilder und -ideen, als auch eine Auswahl von Instrumenten beschrieben, und abschließend kurz über die bisherigen Erfahrungen anhand der wenigen mir zur Verfügung stehenden Materialien zu referieren. Innerhalb der Neuen Steuerungsmodelle repräsentiert die kommunale Sozialverwaltung einen besonderen Problembereich, der im Kapitel vier anhand der ausgewählten Neuen Steuerungsbegriffe "Dienstleistung" und "Kunde" erörtert werden soll. Zum Abschluß werde ich den Versuch unternehmen, die Anforderungen und Chancen der (Sozial-)Verwaltungen im Umbruch einzuschätzen.
2. Neue alte Probleme
Um Diskussion und die Anstrengungen um die Neuen Steuerungsmodelle einordnen und die Handlungsanlässe verstehen zu können, scheint es angebracht, die unterschiedlichen Problemanalysen der AutorInnen aus Wissenschaft und Kommunalverwaltung bzw. SozialarbeiterInnenpraxis zusammenfassend darzustellen.
Die Erklärungen des Dilemmas, in dem die Kommunalpolitik sich derzeit befindet, lassen sich in drei verschiedene Ansätze der Situationswahrnehmung einteilen:
Der gesellschaftliche und ökonomische Wandel und die politischen Strategien der Bundes- und Länderpolitiken bilden den in bezug auf die kommunale Ebene sowohl zeitlich wie auch räumlich weitesten Rahmen der Problemanalyse. Ihre Phänomene könnten vom Ort der Einflußentstehung als die am weitesten entfernten und vom Zeitpunkt der Entstehung als die aktuellsten analytisch eingeordnet werden (2.1.). Strukturimmanente Defizite des Klassischen Steuerungsmodells1 stellen in dieser Hinsicht die ältesten Problemfaktoren dar (2.2.). Der Umgang mit und die Lösung der Finanzierungskrise der Gemeinden und Kreise, ist die von allen AutorInnen referierte Aufgabe kommunaler Akteure. In ihrer Massivität und Allgegenwärtigkeit2 so enorm, erzeugt sie erstmalig einen Druck der Konsolidierung, dem nicht ausgewichen werden kann (2.3.) (vgl. z.B. Reinermann 1994, S.122; Tegethoff u.a. 1995, S.25).
2.1. Ökonomische, gesellschaftliche und politische Veränderungen
2.1.1. Ökonomische Veränderungen
Der verschärfte internationale Wettbewerb auf den Güter- und Kapitalmärkten steht insbesondere mit dem Begriff der "Globalisierung" in der aktuellen öffentlichen Diskussion. Die technologisch-ökonomische Entwicklung ist der Motor dessen, was mit dem (dynamischen) Begriff der Globalisierung umfaßt werden soll. Durch die Modernisierung, die Implementation und den vernetzten Ausbau weltweiter Informations- und Kommunikationstechnologien reduzieren sich die räumlichen Distanzen zwischen Staaten, Regionen und den Menschen: Die Weltgesellschaft "schrumpft ... zu einem globalen Dorf".3 Gesellschaftliche, politisch-kulturelle Ereignisse und Veränderungen, wie z.B. die globalen Risiken der Umweltschäden, stellen weitere Begleitfaktoren des Globalisierungsprozesses dar.4 Der steigende Anteil multinationaler Konzerne an der Weltökonomie, die Internationalisierung des Produktions- und Finanzkapitals, die Entgrenzung der Ökonomie aus den tradierten nationalen Gefügen und damit auch der nationalen Verpflichtungen, wie z.B. der Bereitstellung von Arbeitsplätzen, sind Facetten eines Prozesses, dem die Politiken sich machtlos gegenübersehen.
Teilbereiche von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft rekurrieren insbesondere auf die ökonomische Komponente der Globalisierungstheorie, um die Gefährdung des Standorts Deutschland zu betonen und den Weg des Abbaus des Sozialstaates zu rechtfertigen. Globalisierung wird als ein erzwungener Vorgang verstanden, dem die Nationen sich nicht entziehen können, sondern als einzige Handlungsoption die Beschränkung der sozialen Leistungen des Wohlfahrsstaates betrachten, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten5:
"Strategischer Dreh- und Angelpunkt der Sozialpolitik ist daher nicht mehr, wie die Lage der abhängig Beschäftigten, der Erwerbslosen und ihrer Familien, sondern nur noch, wie die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft verbessert werden kann." (Butterwegge 1996, S.161)
Im Zuge der Globalisierung der Ökonomie komme der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung in zweierlei Hinsicht besondere Bedeutung zu: Primäre Zukunftsaufgabe kommunaler Verwaltungen sei die Bereitstellung optimaler Infrastruktur für die Wirtschaft (vgl. Reinermann 1994, S.122), zudem müsse sie mit immer geringer werdenden finanziellen Ressourcen und steigenden Herausforderungen, welche u.a. die sozialen Folgen der Wirtschaftskrise der letzten Jahre darstellen, die Leistungsfähigkeit steigern (vgl. z.B. Tegethoff 1995, S. 132).
2.1.2. Gesellschaftliche Veränderungen
Im wesentlichen werden in diesem Feld folgende Entwicklungen hervorgehoben6, die den Handlungsdruck auf den öffentlichen Sektor in den letzten Jahren erhöhten:
1. Unstrittig in der sozialwissenschaftlichen Diskussion ist die Prognose, daß die demographische Entwicklung langfristig zu starken Veränderungen im Bevölkerungswachstum und der Altersstruktur der Bundesrepublik führt. Den Folgen in der Versorgung der älteren Generation, der Bereitstellung der Sozialstruktur entsprechenden sozialen Infrastruktur (Bildung, Kultur, Verkehr) muß in der öffentlichen Verwaltung planvoll Rechnung getragen werden (vgl. Budäus 1994, S.15f.).
2. Der Begriffs- und Bedeutungswandel von "Arbeit" für das individuelle und gesellschaftliche (Zusammen-)Leben in Fortgang mit dem technologisch-ökonomischen Fortschritt, der bisher die Problemfelder in Zusammenhang mit dem Anstieg sozialer Ungleichheit (Neue Armut)7 hervorgebracht hat, stellt nicht nur die Sozialverwaltungen vor neue Aufgaben.8
3. Zwar nicht unstrittig, aber dennoch viel zitiert ist die Beck´sche These der Individualisierung. Die Individualisierungstendenzen im Bündnis mit der Pluralisierung der Lebensformen9 erbringen eine weitergehende Heterogenisierung der Gesellschaft in Teilgruppen mit unterschiedlichen Interessen und Bedürfnissen hinsichtlich der Leistung öffentlicher Institutionen (vgl. z.B. Bickeböller 1994, S.314).
4. Detaillierter betrachtet drücke sich der Wertewandel der BürgerInnen in einer skeptischeren, widerspruchsgeneigteren Grundhaltung und "der ... stetig wachsenden Anforderungen ... an Angebot und Qualität kommunaler Dienstleistungen" (Andersen u.a. 1996, S.10) aus (vgl. Reinermann 1994, S.123).
2.1.3. Politische Veränderungen
Als bedeutender externer Bedingungsfaktor10 für den gewachsenen Problemdruck der Kommunen kann die Bundes- und Länderpolitik der Nutzung der untersten staatlichen Ebene als "Pufferzone" (Blanke 1994, S.293) für die Mißerfolge der zentralstaatlichen Planung gesehen werden. Die wachsenden Sozialausgaben, insbesondere der stetige Anstieg der Aufwendungen für die Sozialhilfe (vgl. Fießler 1994, S.125), ist das meist erwähnte und aktuellste Beispiel dieser Politik (vgl. Andersen u.a. 1996, S.10). Folge ist die Verschärfung des Dilemmas, zunehmende Aufgabenvielfalt und -dringlichkeit mit stetig geringer werdenden Ressourcen erfüllen zu müssen. Der klassische Weg der additiven Ressourcenverwendung ist seit langem nicht mehr passierbar. Die hierdurch beschränkten Handlungsspielräume der Kommunen wirken sich im besonderen auf die freiwillig wahrnehmbaren Aufgaben aus, deren Budgets und deren weiterer Bestand in der Diskussion steht (s. auch Abschnitt 2.3.).
2.2. Das Klassische Steuerungsmodell kommunaler Verwaltungen
Neben den exogenen Faktoren, die den Handlungsdruck auf die Kommunen erhöhen und zugleich die Handlungsspielräume einengen, existieren seit langem Grunddefizite innerhalb der Organisation und der Struktur der kommunalen Ebene. Im folgenden werden die endogenen Momente, an denen die gegenwärtigen Reformbestrebungen Kritik üben und ansetzen, in ihrem Kern dargestellt.11
2.2.1. Kameralistisches Rechnungswesen: Basis der input-orientierten Steuerung
Als Ausgangspunkt der Kritik am Klassischen Steuerungsmodell wird mmer wieder auf die input-orientierte Steuerung kommunalen Handelns verwiesen, deren Determinante die Kameralistik darstellt. Der vorherrschende Rechnungsstil der öffentlichen Verwaltung ist gekennzeichnet durch eine detaillierte Einzelveranschlagung ohne Unterscheidung von steuerungsrelevanten und -irrelevanten Größen und die ausschließliche Vorgabe von Budgets an die einzelnen Fachbereiche im Haushaltsplan (vgl. Banner 1994, S.356). Die fehlenden Angaben über Menge, Qualität und Zielgruppen der bereitzustellenden Leistung und die mit ihnen verbundenen langfristigen Ziele, führen zu einem Informationsdefitzit sowohl für die Akteure in Politik und Verwaltung als auch für die BürgerInnen.
Verwaltungsintern besteht keine Möglichkeit der kurzfristigen Umschichtung von Haushaltsmitteln, der bei aktuellen Problem- und Handlungsdruck sachadäquat erscheint (Unflexibilität) (vgl. ebd., S.351f.). Das in öffentlichen Verwaltungen alljährliche (und vielzitierte) "Dezemberfieber" resultiert aus den ausschießlich für ein Jahr zugewiesenen Mitteln an die Fachbereiche. Um den Verfall des Anspruches auf die Verwendung der Ressourcen an den Gesamthaushalt und Mittelkürzungen im folgenden Haushaltsjahr zu vermeiden, werden z.T. ersparte Restmittel eilig zu eigenen Gunsten verausgabt (vgl. Andersen u.a. 1996, S.14). Die Annahme, daß die Mittelverwendung unwirtschaftlichen Kritierien folgt, liegt allzu nahe.
2.2.1. Das Spannungsverhältnis von Politik und Verwaltung
"Die schlimmste Lebenslüge der Direktorialverfassung" (Richter 1986, S.151) besteht in der Trennung von Politik und Verwaltung, die auch mit der neuen Gemeindeordnung von 1994 nicht behoben ist. Denn zunächst hängt sie mit den Bedingungen des kameralistischen Rechnungswesens zusammen, die den politischen Akteuren ermöglicht, über die Mittelzuweisung "für Einzelaufgaben bis in die Sachgebiete hinein zu steuern" (Andersen u.a. 1996, S.14). Diese "bürokratische Übersteuerung" (Banner 1994, S.356) stellt einen Aspekt der systemimmanenten Spannungen zwischen Querschnittsämtern, Steuerungspolitikern und der Fachpolitik dar. Die Möglichkeiten der Einflußnahme der Verwaltung auf politische Prozesse z.B. über die Fachausschüsse, in denen die "ureigensten" Interessen der Fachpolitik auf die Ausweitung ihres Aufgaben und damit -mittelkontingentes zielt (Ressortegoismus), bergen die Gefahr der politischen Legitimation von unsachgemäßen Fachbereichs- und Aufgabenexpansionen (vgl. z.B. Kühn 1993, S.14f.).
2.2.3. Separierung von Fach- und Ressourcenverantwortung
Ausdruck der charakteristischen Organisationsprinzipien klassischer Steuerungs-modelle ist die Trennung der Verantwortung für die Ressourcen eines Fachbereiches von der Fachpolitik. Während in den Händen der Querschnittsämter die Verwaltung und Kontrolle über die personalpolitischen und finanziellen Entscheidungen liegen, stehen die Amtsleiter für die Ausführung der Fachaufgaben ein. Die Hoffnung der "Neuen Steuerer" liegt in der zunehmenden Kooperationsbereitschaft der Fachpolitiker bei Sparmaßnahmen, die durch die Dezentrale Ressourcenverantwortung entstehen soll. Kosten, die bisher nicht direkt einsehbar sind, sollen "am eigenen Leib" erfahrbar sein. Kostensensibilität und infolgedessen Effizienzsteigerung sind die erwarteten Parameter der Reformanstrengungen (s.Kapitel 3.).
2.2.4. Interorganisatorische Verantwortungslosigkeit
Zur Erreichung der meisten Ziele sind die kommunalen Akteure der Verwaltung auf die Kooperation mit anderen vor Ort angesiedelten und arbeitenden Akteuren angewiesen (z.B. Wohlfahrtsverbände, freie Träger der Jugendhilfe), sowie auf die Mitwirkung von Beteiligten und Betroffenen aus der Bevölkerung. Hierdurch übernimmt die Kommune auch Verantwortung für Bereiche, die sie nicht (vollends) steuern und kontrollieren kann. Bei Nicht-Gelingen, d.h. bei der Zielverfehlung wird die Schuld gegenseitig hin- und hergeschoben, welches in der Literatur als "interorganisatorische Verantwortungslosigkeit" bezeichnet wird. (vgl. Grunow 1994, S.367)
2.2.5. Aufgabenexpansion
Je nach Funktion der Kommunen im Staatsaufbau und den gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Problemlagen, bestimmen sich die so stets wandelnden kommunalen Aufgaben. Konnte noch bis in die siebziger Jahre hinein auf die "Aufgabenveränderungen ... quantitativ durch Personalvermehrung" (Linde 1991, S.112) statt "qualitativ durch Umbau und Umorganisation reagiert" (ebd.) werden, so verlangt die öffentliche Finanzlage heute und zukünftig, politische Entscheidungsprozesse, die über die Notwendig- und Wünschbarkeit neuer, vor allem sozialpolitischer kommunaler Maßnahmen beschließen. Da die reine Hinzunahme in das Leistungspaket (additive Ressourcenvermehrung) aufgrund der finanziellen Restriktionen weder machbar noch diskutabel ist, steht die Politik vor der neuen Herausforderung, Prioritäten setzen und begründen zu müssen.
Im Zuge der anhaltenden Kritik an der Aufgabenexpansion öffentlicher Institutionen auf allen Staatsebenen, "aufgrund von Phänomenen des Politikversagens, den als überhöht angesehenen Steuer- und Abgabequoten sowie `crowding-out´-Effekten12 " (Naschold 1993, S.26) erfuhr die Position der "minimalistischen Staatsaufgaben eine erhebliche Revitalisierung" (ebd.). Die Ziele auf der Staatsebene unterscheiden sich (noch) von denen der Gemeindeebene, denn diese versuchen den veränderten Rahmenbedingungen "die Wege der Realisierung" anzupassen (vgl. ebd.). Diese Haltung spiegelt die realen Verhältnisse wider, da nicht allein gilt: "Im Rathaus der Stadt trifft der Bürger den `Staat´."(vgl. Ganseforth u.a. 1991, S.246), sondern ebenso, daß der/die Stadtratsabgeordnete im Rathaus oder Stadtgebiet die BürgerInnen trifft.13
2.3. Finanzierungskrise, Haushaltskonsolidierung und Verwaltungsreform
Der zentrale Anlaß derzeitiger Reformbestrebungen der Kommunen findet sich in der durch die referierten exogenen und endogen Faktoren forcierten Finanzierungskrise. Diese Wahrnehmung teilen Wissenschaft und Praktiker fraktionsübergreifend (vgl. z.B. Hinte 1996, S.10; Meixner 1994, S.1; Richter 1986, S.144.)
In Interviews mit Vertretern kommunaler Akteure der Stadt Essen, die das Zentrum für interdisziplinäre Ruhrgebietsforschung (ZEFIR) 1996 durchgeführt und veröffentlicht hat, nehmen VertreterInnen der Parteien SPD (Hoppensack), CDU (Wolff) und Bündnis90/Die Grünen (Herrmann) hierzu inhaltlich gleichbedeutend Stellung (vgl. Andersen u.a. 1996, S.38, 54, 58). Frau Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen), Mitglied im interfraktionellen Arbeitskreis "Neue Steuerung" des Rates der Stadt Essen, faßt den Sachverhalt prägnant zusammen: "Wenn der Zwang zur Haushaltskonsolidierung nicht wäre, würde sich an der Verwaltung nichts verändern." (ebd.) Während somit einerseits die Finanzierungskrise den Handlungsanlaß darstellt14, so darf andererseits die Haushaltskonsolidierung nicht Endzweck der Reformbemühungen bleiben. Als "Promoter" (Meixner 1994, S.1) garantiere der Sparzwang zwar Kontinuität, berge aber auch Risiken in sich. MitarbeiterInnen, die sich engagiert und kreativ an den Neuorganisationen beteiligen, durch Stellenabbau und Mittelkürzungen zu desillusionieren, stellt eines der möglichen Wagnisse dar (vgl. Hinte 1996, S.10).
Zwischen-Fazit
Die nebeneinander gestellten Entwicklungen und Situationen, die sich in zeitlicher (gegenwärtige/zukünftige Problemlagen) und räumlicher Nähe (exogene/endogene Faktoren) zur kommunalen Ebene unterscheiden, lassen insgesamt für die Zukunft nicht die Erweiterung des kommunalen Handlungsspielraums erwarten. Stattdessen melden die Signale die Zeit für weitreichende Reformen. Die Ansatzpunkte der Umorientierung und -organisation orten einige Autoren "nicht bei den politischen Akteuren, sondern in den Strukturen der öffentlichen Verwaltung und des kommunalpolitischen Willensbildungsprozesses" (Kühn 1993, S.15; vgl. auch Banner 1994, S.356). Andere betonen dagegen die Bedeutung eines "Orientierungs-und Mentalitätswandels" der Verantwortlichen in Politik und Verwaltung, wenn sie, wie Dr. Peter Mombaur, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebundes, konstatieren: "Die Probleme liegen in unseren Köpfen - nicht in unseren Kassen." (Fießler 1994, S.127).15 An beiden Grundfesten des Klassischen Steuerungsmodells versuchen die Instrumente der Neuen Steuerung anzusetzen, um die klassischen Mängel des bisherigen Steuerungsmodells zu beheben und auch den zukünftigen Herausforderungen an die kommunale Ebene gerecht zu werden.
3. Leitbilder und Instrumente Neuer Steuerung
Das Nachdenken über neue Wege der Steuerung kommunaler Selbstverwaltungen hatte als bedeutendsten Anlaß die "akute Finanzkrise" (vgl. Schöneich 1995, S.502). "Schwierige Zeiten als Chance [zu] begreifen" (Fießler 1994, S.125) scheint vielen Kommunen in der Bundesrepublik als Motto ihrer gegenwärtigen organisatorischen Umbaumaßnahmen zu dienen (vgl. Schöneich 1995, S.510). Leitbilder und Instrumente, die den kommunalen Akteuren zur Orientierung und Adaption dienen, haben ihren Ursprung in der Privatwirtschaft. "Dienstleistungsunternehmen Stadt", "Konzern Stadt", New Public oder Lean Management, Contracting Outs, stellen leitende Begrifflichkeiten dar, um nur einige zu nennen. Weiter repräsentiert das "Modell Tillburg" ein neues Steuerungsmodell, dessen Ideen in den Diskussionen um die Neugestaltung kommunaler Verwaltungen der letzten Jahren eine bedeutende Rolle spielte.16 Oft wurde verkürzt von dem "Neuen Steuerungsmodell" gesprochen, an dessen Adaption sich Kommunen versuchten.17 Angesichts des aktuellen Standes der Reformen sollte dagegen der Plural verwendet werden, da es nicht mehr um die Einführung eines "Fertiggerichtes Tillburg" geht, sondern es genausoviele Modelle wie sich im Wandel befindliche Kommunalverwaltungen existieren (3.3.), die gleichwohl auf Tillburger Instrumente zurückgreifen, aber auch weitere privatwirtschaftliche Elemente einzubauen bemüht sind.
In zweiten Teil dieses Kapitels werde ich kurz die bekanntesten Instrumente der Neuen Steuerung vorstellen: Kontraktmanagement (3.2.1.), Dezentrale Ressourcenverantwortung (3.2.2.), Outputsteuerung durch Budgetierung (3.2.3.), die MitarbeiterInnenorientierung (3.2.4.) und das Controlling (3.2.5.). Anschließend versuche ich mich in der Zusammenfassung bisheriger Einschätzungen der Entwicklungen und Probleme, die im Prozeß der Verwaltungsreform formuliert worden sind (3.3.). Zunächst jedoch möchte ich auf die kennzeichnenden Leitideen der Umbauprozesse verweisen.
3.1. Leitbilder und Ziele der Verwaltungsreform
Die 1995er Untersuchung des Deutschen Städtetages, an der 38 Mitgliedsstädte teilgenommen haben, bei denen "derzeit konkrete Modernisierungsmaßnahmen" stattfinden, dokumentiert die angegebenen "wichtigsten Ziele der Modernisierung" (s. Tabelle 1).
Tabelle 1: Wichtigstes Ziel der Modernisierung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Schöneich 1995, S.502
Aus meiner Sicht findet in der Auswertung eine Vermischung statt:
Abgesehen von dem angegebenen Ziel der "Haushaltskonsolidierung" stellen die übrigen Kategorien Zwischenziele oder -etappen auf dem Weg zur Etatsicherung dar. Von dieser geht der Handlungsdruck aus, und zu ihr führen die Strategien.
Die Einführung des Kriteriums der Effizienz für das Verwaltungshandeln (3.1.2.), welches in Verbindung mit der Umorientierung vom "bloßen Vollzug hoheitlicher Aufgaben" hin zur Dienstleistungsarbeit steht (3.1.3.) und das Verständnis von Bürgerfreundlichkeit und Kundenorientierung in den neuen Steuerungsinstrumenten (3.1.1.) sind in meiner Sicht Leitvorstellungen, die den Charakter der Neuen Steuerung wesentlich beeinflussen. Während die MitarbeiterInnenorientierung und die Transparenz des Verwaltungshandelns in meiner Auffassung zu den Instrumenten zugeordnet werden können, bilden die genannten Leitvorstellungen Grundorientierungen der Ansätze in den aktuellen Diskussionen.
3.1.1. Bürgernähe
Die Einführung des Begriffes der "Bürgernähe" zu Beginn der 70er Jahre vollzog die Definition einer Bedeutung, die bereits im 19. Jahrhundert mit den Stein-Hardenbergschen Reformen als spezifisches Charakteristikum der kommunalen Ebene bestand (vgl. Grunow 1994, S.367; Schäfer 1984, S.81). Vormals auch synonym mit "Ortsnähe" verwandt, machte der Ausdruck "Bürgernähe" seitdem eine politische und wissenschaftliche Karriere zu einem steten verwaltungspolitischen Bewertungsmaßstab, dessen beizeiten inflationäre Nutzung keinen Gehaltsverlust zur Folge hatte (vgl. ebd.). Bürgernähe, verstanden als "ein mehrdimensionales Konzept zur Beschreibung sozialer Beziehungen zwischen Bürger und Verwaltung" (Schäfer 1984, S.81), bietet sich aufgrund seiner Reichhaltigkeit als Kriterium für Verwaltungshandeln an. Schäfer (1984, S.81) bestimmt acht Dimensionen von Bürgernähe, von denen insbesondere die zeitliche, die organisatorische, die kommunikative, informative und sachliche im Rahmen der Neuen Steuerungsinstrumente betont wird. Der Zeitstruktur der BürgerInnen angepasstere Öffnungszeiten und beschleunigtere Bearbeitung, flexiblere und transparentere verwaltungsinterne Organisationsformen, Bürgerfreundlichkeit in schriftlicher und mündlicher Interaktion, Verbesserung der Informationsbasis und -übermittlung und vor allem die Steigerung von Effizienz und Effektivität behördlichem und politischem Outputs, stellen Kernforderungen der aktuellen Debatte um die Verwaltungsreformen dar. Ferner ist in der Neuplanung von Behörden und Einrichtung die Bemühung um eine Dezentralisierung zu beobachten (örtliche Dimension), welche eine bedeutende Rolle in den Ansätzen der theoretischen und praktischen Jugendhilfe und in der kommunalen Sozialpolitik inne hat (vgl. z.B. Amt für Entwicklungsplanung, Statistik, Stadtforschung und Wahlen u.a. 1994, S.3, 13, 17f.).18 In Verbindung mit diesem Gradmesser kommunaler Politik, wird auf einen weiteren hingewiesen, der zum einen eng mit den Ansätzen der Neuen Steuerung und zum anderen auf die "Kehrseite" der Bürgernähe verweisen soll: Die Effizienz kommunaler Leistung sei durch eine "maximalistischen Anspruchsinflation" (Grunow 1994, S.368) der BürgerInnen gefährdet (s.Abschnitt 2.2.5). Erhöhte Ansprüche sowohl an Qualität und Quantität örtlicher Leistungen seien mögliche Begleiter der Bemühung um ein höheres Maß an Bürgernähe. Angesichts der aktuellen Finanzierungskrise öffentlicher Haushalte kann diesen Bedürfnissen nicht Rechnung getragen werden. Stattdessen müsse "geklärt werden, welcher Aufwand notwendig und welcher disponibel ist." (Grunow, 1994, S.368)
3.1.2. Effizienz
Der Effizienz-Begriff ist in den aktuellen Diskussionsbeiträgen allgegenwärtig. Zur Klärung scheint die Definition dieses Begriffes angebracht. Die üblichen Übersetzungen lauten "Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit". Doch bevor diese Prädikate einem (Verwaltungs- )Produkt zugeordnet werden können, müssen die Größen die zueinander in Beziehung gesetzt bestimmt werden. Grunow (1994, S. 369) nennt hierzu drei mögliche Relationen: Output- Kosten, Leistung-(Nutzen-) Kosten und Wirksamkeit-Kosten (vgl. ebd.).19 Das größte Problem stellt das kameralistische Rechnungswesen dar, das nicht ermöglicht, präzise Kosten und Leistungen einander zuzuordnen (vgl. Abschnitt 2.2.1.). Die Bugetierung, die sich statt am Input, am Output des Verwaltungshandelns orientieren soll, setzt an dieser Schwierigkeit an (s. Abschnitt 3.2.3.). Ziel ist die genaue Ermittlung des finanziellen und personellen Aufwands zur Bereitstellung einer öffentlichen Dienstleistung, um durch die Herstellung von Transparenz für PolitikerInnen und BürgerInnen deren Effizienz überprüfen und mit geeigneten Mitteln ggf. steigern zu können. Die Verbesserung der Relationen ist über drei Veränderungen möglich: entweder werden die Kosten bei gleichen Leistungen verringert, die Leistungen bei gleichen Ressourcen gesteigert oder die Kosten bei gleichzeitiger Leistungssteigerung reduziert (vgl. ebd.). Die versuchte Messung der Effizienz und die Heranziehung der Ergebnisse zur Steuerung politischen Handelns kennzeichnen die Strategien der Kommunen auf ihrem Weg zur Haushaltskonsolidierung.20
3.1.3. Dienstleistung
Der Dienstleistungsbegriff umfasst alle Formen der Produktion immaterieller Güter, die vor allem dadurch charakterisiert sind, daß die Produktion und der Verbrauch zeitlich zusammenfallen. Dieses sog. "uno-actu-Prinzip" unterscheidet somit die immaterielle Produktion von der der Sachgüter.21 Öffentliche Dienstleistungen können in verschiedenen Formen erbracht werden:
- in Reinform (z.B. bei der Krankenpflege)
- als flankierende Leistungen neben anderen öffentlichen Leistungen (z.B. Beratung im Zusammenhang mit Geld- und Sachleistungen)
- als vorbereitende Tätigkeiten (z.B. Aufklärung und Information).
Sowohl der immaterielle Charakter als auch die unterschiedlichen, oft sogar "versteckten" Formen der Dienstleistungen machen es außerordentlich schwierig, sie qualitativ und quantitativ genauer zu umschreiben" (Grunow 1989, zitiert nach Grunow 1994, S.365). Wenn jedoch in der aktuellen Reformdebatte eine Dienstleistungsorientierung gefordert wird, so assoziieren die VerfasserInnen im Kern die Betrachtung der BürgerInnen als KundInnen öffentlicher Leistungen. Die Kundenorientierung soll einerseits zu einer erhöhten Bürgerfreundlichkeit (s.Abschnitt 3.1.1.) und andererseits durch die Anlehnung an privatwirtschaftlicher Nachfrageorientierung zu einer bedarfsgerechten Produktion öffentlicher Leistungen führen (vgl. Ganseforth u.a. 1991, S.252). Die Bedarfsdeckung des Angebots bereitet in vielen Fällen öffentlicher Aufgaben Probleme, da entweder der Bedarf nicht bekannt ist oder er fachlich keine Richtgröße darstellen kann (z.B. Prävention durch Information o.ä.), so etwa im Jugendhilfebereich.
Die Kategorien Effizienz, Bürgernähe und Dienstleistung als Leitbilder einer an den gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen angepassten Kommunalverwaltung liegen der Konstruktion der Neuen Steuerungsinstrumente zugrunde. Eine Auswahl soll im folgenden Abschnitt knapp präsentiert werden.22
3.2. Die Neuen Steuerungsinstrumente - Eine Auswahl
Die Anforderungen an die Neue Steuerung und ihrer Instrumente ergeben sich aus dem bereits Referiertem: durch Dienstleistungs- und BürgerInnenorientierung und der Präferierung des Kriteriums Effizienz zur Bewertung von Verwaltungshandeln sollen die Kommunen in die Lage versetzen werden, gegenwärtige Probleme weiterhin anzugehen und zukünftigen Herausforderungen gewachsen zu sein. Vorrangiges Ziel ist die Sicherstellung der politischen Handlungsspielräume durch die Haushaltskonsolidierung. Denn finanzielle Spielräume bedeuten politische Handlungsspielräume. Hierbei werden innovative Konzepte und Instrumente eingesetzt, die den Anforderungen versuchen gerecht zu werden und in Zwischen- und Nebenzielen auf die Grunddefizite des Klassischen Modells eingehen (vgl. Abschnitt 2.2.). Z.B. gerät das bisherige Spannungsverhältnis zwischen Politik und Verwaltung (s.Abschnitt 2.2.2.) ins Kreuzfeuer der Neuen Steuerungsinstrumente.
3.2.1. Kontraktmanagement
Mit "Kontraktmanagement" als eine bedeutende Innovation im Zuge der Verwaltungsreformen wird der Aushandlungsprozeß zwischen Kommunalvertretung und Verwaltung um Dienstleistungen und die bereitzustellenden Ressourcen verstanden (vgl. KGSt 1992, S.42). Die Politik steht hier in der Verantwortung und unter dem Druck, politische Ziele und die zur Erreichung präferierten Maßnahmen in Form von Dienstleistungen zu formulieren. Das Ausmaß der zur Verfügung zu stellenden Ressourcen wird in Zusammenarbeit mit der Verwaltungsleitung bestimmt, welche sich in Abstimmung mit den Fachbereichen ("Diensten") befindet. Letztere stehen in der Pflicht, Maßnahmen vorzuschlagen, mit denen die demokratisch entschiedenen kommunalen Ziele realisiert werden sollen und können (vgl. z.B. Kühn 1993, S.72f). Die Vermeidung von politischen oder verwaltungsbezogenen Eingriffen in den Kompetenzbereich des jeweils anderen soll hierdurch entscheidend vorangetrieben werden (vgl. Banner 1994, S.354).
3.2.2. Dezentrale Ressourcenverantwortung
Die Dezentralisierung von Ressourcenverantwortung hebt die Separierung von Fach- und Ressourcenverantwortung (s. Abschnitt 2.2.3.) auf. Die Fachbereiche erhalten nicht nur die Kompetenz über Entscheidungen hinsichtlich ihres Personals und der für die Dienstleistungen zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel, sondern auch die Verantwortung für die Arbeitsergebnisse und -prozesse (Effizienz, BürgerInnenfreundlichkeit, Arbeitszufriedenheit der MitarbeiterInnen etc.).
3.2.3. Outputsteuerung durch Budgetierung
Als "eines der Kardinalelement" (Andersen u.a. 1996, S.50) Neuer Steuerung23, repräsentiert die Budgetierung "das Gegenstück der dezentralen Ressourcenverantwortung auf der Ebene des Haushaltsrechts" (ders. ebd., S.14). Statt über die Input-Seite (Bereitstellung finanzieller Ressourcen), soll die Steuerung kommunaler öffentlicher Leistungen über die Ergebnisse, d.h.
Output-Seite vollzogen werden. Dazu bedarf es eines angemessenen Rechnungswesens, welches an den Leistungen ausgerichtet ist. Gemäß den Vorstellungen der KGSt müssen die bisherigen Einzelaktivitäten zu sog. Produktgruppen zusammengefaßt werden, wobei die Produkte "soweit wie möglich in Outputterminologie, nach Menge, Qualität, Zielgruppe usw. beschrieben werden" (Banner 1994, S.357). Resultat dieses "Grundmoduls" (ebd.) soll eine verwaltungsweite Transparenz sein, die Politik und Verwaltung in die Lage versetzt, "Ressourcenbedarfe, aber auch Leistungsreserven" (ebd.) zu erkennen. Die Betonung der Zunahme an Steuerungsqualitäten (vgl. ebd.) stößt auf Widerspruch: Die Zuweisung von Gesamtbudgets an die fachlichen Dienste habe einen "subjektiven Verlust von Steuerungsmöglichkeiten der politischen Ebene" (Andersen u.a. 1996, S.14) zur Folge, der "durch andere Instrumente wie etwa das Kontraktmanagement wettgemacht werden" (ebd.) müsse. Die Erfahrung in der Praxis mit der Umsetzung des neuen Rechnungswesens wird erwartungsgemäß Anpassungen notwendig machen, die mögliche Mängel und Gefahren für die politische Steuerbarkeit ausgleichen können. Jedoch die in Aussicht gestellten Behebungen klassischer Defizite ist unstrittig: Der kurzfristigen Umschichtung von Haushaltsmitteln und der Übertragung finanziell eingesparter oder erwirtschafteter Ressourcen auf folgende Haushaltsjahre bahnt die Budgetierung den Weg.
3.2.4. MitarbeiterInnenorientierung
"Das zentrale Problem sind die Menschen."24
Eine wesentliche Umorientierung innerhalb der Ansätze zu Verwaltungsreformen findet in den Anstrengungen zur "´Aktivierung des Kapitals in den Köpfen und Herzen der Menschen´"25 (Andersen 1996, S.47) Ausdruck. Besonders mit der dezentrale Ressourcenverantwortung sollen Arbeitsbedingungen geschaffen werden, die "als Herausforderung empfunden werden" (Reinermann 1994, S.123), "die Gewährleistung von Kreativität und Entfaltung der Mitarbeiter" (ders., S.124; vgl. Meier-Ziegler 1987, S.62) bedeuten, "eine Kultur des Vertrauens und des fairen Miteinanders" (Meixner 1994, S.1) bedingen und die "Freude an der eigenen Arbeit als Leistungsansporn" (Linde 1991, S.113) verstehen. Mittels eines höheren Maßes an Sachlichkeit, vergrößerter Handlungsspielräume, "befriedigenderer Arbeitsorganisation, einer klaren Führung und einer deutlicheren Betonung der Leistung" (Meixner 1994, S.I), soll das persönliche Engagement der MitarbeiterInnen angeregt werden. Neben der Mobilisierung der Beteiligung der gesamten Person "für wichtige Aufgaben der Allgemeinheit" (Linde 1991, S.113), beinhaltet der Begriff der MitarbeiterInnenorientierung entscheidende Vorraussetzungen für das Funktionieren des Reformprozesses, da "die wirksame Umsetzung einer Neuen Steuerung ... ohne die Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht möglich"26 (Andersen u.a. 1996, S.36) ist. Die Beteiligung der MitarbeiterInnen an den Umbauprozessen, ihre aktive Einbindung durch Mitbestimmung entspricht dem "Demokratiegebot" (Linde 1991, S.113) einer Verwaltungsgliederung und ist für den Erfolg der Verwaltungsreformen "unverzichtbar" ( Andersen u.a. 1996, S.47).
3.2.5. Controlling
Bereits im Mittelalter war die Registrierung der ein- und ausgehenden Gelder und Güter eine mit dem Begriff "contre-rôle" bezeichnete höfische Aufgabe. Damals wie heute dienen die Instrumente des Controllings der "Führungsunterstützung" durch die Bereitstellung von "` F ü hrungsinformationen `" (Braun u.a. 1990, S.8). Der Unterschied besteht in der Ausweitung des Informationsspektrums, welches u.a. durch die technische Entwicklung ermöglicht wurde. Entgegen der Herstellung sog. "Datenfriedhöfe", die durch unsystematisches Aquirieren und durch verwendungsunfreundliche Aufarbeitung entstehen, sollen die verwaltungsintern mitproduzierten und/oder eigens erzeugten Daten benutzerfreundlich aufbereitet und präsentiert werden. Von der Einführung des Controllinginstrumentariums zur Steuerung kommunalen Handelns wird insbesondere die frühzeitige Erkennung von Fehlentwicklung erwartet. Auf der Basis adäquater Informationensbereitstellungen lassen sich Steuerungsentscheidungen treffen, die zukunftsorientiert sein sollen und Handlungsspielräume zu sichern vermögen. Im Zuge der Neuen Steuerung stellt das Controlling "ein Korrektiv zur weitgehenden Aufhebung bisheriger Steuerungsinstrumente im Rahmen von Budgetierung und Dezentralisierung dar"27 (Andersen u.a. 1996, S.15). Die grundlegende Voraussetzung der Implementation besteht in der Zuordnung von Kosten zu Leistungen, die das reformierte Rechnungswesen (s. Abschnitt 3.2.3.) vorbereiten soll. Die Entwicklung eines standardisierten Konzeptes ist zwar "aufwendig" (Banner 1994, S.357), aber in der Folgezeit müssen bloß die veränderten Daten in die Berichte28 eingeben werden. Der wirkungsvolle Einsatz diese Instrumentariums hängt von der Möglichkeit ab, bestimmten Leistungen konkrete Kosten zuzuordnen (vgl. Fießler 1994, S.127). In der Betrachtung so unterschiedlicher kommunaler Aufgaben wie die Ausstellung eines Personalausweises und Durchführung eines Beratungsgespräches wird die strukturelle Diskrepanz in der Messbarkeit von (Dienst-)Leistungen deutlich (vgl. Braun 1990, S.9).
3.3. Probleme und bisherige Erfahrungen der Kommunen
Gemäß der Erfahrung, daß "nirgendwo ... das Tilburger Modell oder das "Neue Steuerungsmodell der KGSt in Reinkultur verwirklicht bzw. angestrebt" (Schöneich 1995, S.502) wird, auch wenn Gerhard Banner 1994 eine "anwendungsreif" formuliertes neues Steuerungsmodell in Anlehnung an das Tilburger ankündigte (ebd., S.361) wird betont, daß keine "Patentrezepte" (Frießler 1994, S.125) existieren, es somit keinen "Königsweg" für die angestrebten Reformprozesse gibt (dies. ebd., S.128). Gefordert sind "Kreativität und Mut zu neuen Ideen" (dies. ebd., S.125), die Erfordernisse der Zeit als Gestaltungsmöglichkeit zu begreifen, dem nicht auszuweichen ist, um "wirtschafliche und sozial funktionsfähige Gemeinwesen auf Dauer sicherstellen" (Andersen u.a. 1996, S.16) zu können.
Der Deutsche Städtetag (s.Abschnitt 3.1.) befragte 1995 die Kommunen nach deren bisherigen Erfahrungen und Problemen im Zuge der Verwaltungsreformen (s. Tabelle 2).
Tabelle 2: Probleme im Prozeß der Verwaltungsreform
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Schöneich 1995, S.510.
Mit fast vier Fünftel der Nennungen stellen die "Vorbehalte und die geringe Akzeptanz bei den Beschäftigten" das bedeutsamste Hindernis dar. Die MitarbeiterInnenorientierung (s.Abschnitt 3.2.4.) als das unverzichtbarste Element der Neuen Steuerung (ebd.) stellt sich somit (vorerst) auch als das schwierigste heraus. Genaue Angaben zu diesem Dilemma finden sich in dem angegebenen Artikel nicht, lassen sich doch aus den ZEFIR-Interviews mit Vertretern der Stadtverwaltung Essen annähernd ableiten: Zunächst wird die große Bandbreite der Meinungen und Reaktionen der MitarbeiterInnen in Essen hervorgehoben (vgl. Andersen u.a. 1996, S.43). Das zunehmende Maß an Unabhängigkeit, Selbständigkeit, Verantwortung und Beweglichkeit stelle zwar einen hohen Anreiz zur Mitwirkung dar, aber "der Argwohn bis hin zu Ablehnung" (ebd.) sei ebenfalls unter den Beschäftigten zu vermerken (ebd.). Verstärkt wird die ablehnende Haltung durch mangelnde "Einbeziehung von Mitarbeitern in Entscheidungsprozesse, die in dieser Verwaltung noch nicht optimal entwickelt sind" (ders. ebd., S.45).
Der "Grundkonflikt" (ders. ebd., S.49) besteht m wesentlichen jedoch in der Gleichzeitigkeit des Verwaltungsumbaus und der Haushaltskonsolidierung, welches durch die Umfrage des Deutschen Städtetages bestätigt wird (43%): Die Konsolidierungszwänge wirken sich hinderlich auf die Motivation der MitarbeiterInnen aus (vgl. ders. ebd., S.58) und verhindern die erfolgreiche Einführung von Neuen Steuerungsinstrumenten (vgl. ders. ebd., S.49). Das zweitgewichtigste Problem gemäß den Angaben der Kommunen bereitet die Politik aufgrund von Vorbehalten und Akzeptanzmangel. Hierzu nehmen die ZEFIR-Interviewten nur sehr begrenzt Stellung, so daß allenfalls Vermutungen angestellt werden können: Der Vermischung der Zuständigkeiten von Politik und Verwaltung als Defitzit im klassischen Steuerungsmodell (s. Abschnitt 2.2.2.) wird durch die Neue Steuerung der Kampf angesagt. Die (Rück- )Beschränkung der politischen Akteure auf die Zielvorgaben kommunalen Handelns gilt als ein wesentliches Moment. Angenommen werden kann, daß dem subjektiven Steuerungs- und Machtverlust vornehmlich zumindest Skepsis entgegengebracht wird. Die Konzentration auf Führungsfragen birgt zudem die Anforderung an die Politik in sich, einerseits politische Ziele unabhängiger von Verwaltungsoutputs zu formulieren. Dies erfordert neben Mut und Fachlichkeit auch das Interesse an der Wirksamkeit von Verwaltungsleistungen, um den Grad der Zielerreichung und damit den Erfolg von Politik und Verwaltung zu bestimmen (vgl. Grunow 1994, S.366). Andererseits besteht die Notwendigkeit "alte Pfründe anzupacken" (ders. ebd., S.59), womit die Herstellung eines neuen Selbstverständnisses von sowohl politischen Akteuren wie auch MitarbeiterInnen in der Verwaltung gemeint und die kritische Hinterfragung aller Ausgaben "- besonders die für freiwillige Aufgaben -" gemeint sein kann.
4. Kommunale Sozialverwaltung im Rahmen der Neuen Steuerung
Im Zusammenhang mit den im Kapitel 3 beschriebenen Instrumenten der Neuen Steuerung, die insgesamt darauf hinauslaufen, kommunale Sozialverwaltungen nicht mehr länger als klassische bürokratisch organisierte Behörden, sondern vielmehr als Dienstleistungsunternehmen zu betreiben, wird ganz speziell auch die Soziale Arbeit (z.B. die Jugendhilfe) als Dienstleistung und damit die Sozialverwaltung (z.B. das Jugendamt) als Dienstleistungsbehörde thematisiert. Nachdem kurz auf den populärsten Ansatz hinsichtlich des Managements kommunaler Sozialverwaltungen eingegangen worden ist (4.2.1.), sollen anhand der zwei bedeutensten Themen in der sozialarbeiterischen Fachdiskussion - des Dienstleistungsbegriffs und des Anbieter-Nachfrager-Verhältnisses - die Probleme der Adaption, vor allem der Begrifflichkeiten der Neuen Steuerung aufgezeigt werden (4.2.2. und 4.2.3.). Daß es sich in der Sozialen Arbeit um Dienstleistungsarbeit handelt und diese es mit KundInnen zu tun hat, wie es die Leitbilder und Instrumente der Neuen Steuerung voraussetzt, kann zunächst bezweifelt werden.
Zu Beginn wird zunächst noch einmal die Problemlage der kommunalen Akteure resümiert: Die Diskussion um die Soziale Arbeit im Rahmen von Neuen Steuerungsmodellen der kommunalen (Sozial-)Verwaltung und die prekären Haushaltslagen der Gemeinden verstärken den Druck auf die Verantwortlichen im Bereich der Jugend- und Sozialeinrichtungen in bezug auf die Begründbarkeit und Leistungsfähigkeit der Sozialen Arbeit. Der Nachweis der Wirksamkeit ihrer Leistungen sowie der wirtschaftliche Mitteleinsatz wird eingefordert.
4.1. Kommunale Sozialpolitik und die Verwaltungsreform - Problemstellung
Die kommunale Sozialpolitik als Bereitsteller öffentlicher Leistungen in der Sozialen Arbeit, welche "...zur notwendigen Voraussetzung urbaner Lebensweisen geworden" (Brülle 1994, S.10) ist, gerät angesichts ökonomischer, gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen aktuell besonders unter Druck (vgl. Kapitel 2.).
Hinsichtlich dieser ersten Gruppe von "überörtlichen Restriktionen für örtliche Handlungsalternativen" (Blanke 1994, S.293) kann mit Blick auf die Jugendhilfe formuliert werden, daß die "Bedingungen des Aufwachsens ... für Kinder und Jugendliche in einer enttraditionalisierten, pluralisierten und zugleich segmentierten Gesellschaft offensichtlich komplizierter geworden" (Olk 1994, S.11) sind. Die Arbeitsmarktkrise, die weiterhin zu Einkommensarmut führen wird, drängt die kommunale Sozialpolitik "immer mehr in die institutionell nicht vorgesehene Funktionswahrnehmung des Einkommensersatzes bei Arbeitslosigkeit" (Blanke 1994, S.294) und definiert für Kinder und Jugendliche Lebensweltbedingungen, die die Spannweite der Handlungs- und Entwicklungsoptionen (mit- )bestimmend einschränken. Orientierungs- und Verhaltensunsicherheiten nehmen parallel zu Problembelastungen zu, die Unterstützungsleistungen seitens der Familie, der Personen im nahen sozialen Umfeld, der Lehrer oder der Gleichaltrigengruppe nehmen ab (vgl. Olk 1994, S.11).
Zu diesem gesellschaftlichen Wandel, die sowohl die Kommunen wie auch die BürgerInnen vor neuen Anforderungen stellen, treten die gewachsenen politischen Forderungen an das System der Jugendhilfe (Hilfe bei materiellen Existenzproblemen von Kindern und Jugendlichen, KJHG- Reform29 u.ä.).
Haushalt und Reform
Die "zweite überörtliche Restriktion" (Blanke 1994, S.294) findet sich in der Nutzung der Gemeinden als "Pufferzonen" für die Verlagerung finanzieller Lasten (vgl. Abschnitt 2.3.). Aufgrund des immensen Gesamtaufwandes innerhalb der Kommunalhaushalte30 stellen die Leistungen der kommunalen Sozialpolitik den "gewichtigsten Aufgabenbereich der Kommunalverwaltung" (Deutscher Städtetag 1990, S.75) dar. Finanziell gewichtig rücken die öfftentlichen Sozialausgaben in den derzeitigen Sparstrategien wie auf Bundes- und Länder, so auch bei den Kommunen in die Schußlinie. Besonders die Ausgaben für freiwillige Aufgaben der kommunalen Sozialpolitik werden zurückgefahren oder stehen in Gefahr "nach kritischer Reflexion liebgewordener Standards" (Bickeböller 1994, S.320) eingestellt zu werden (vgl. z.B. Blanke 1994, S.290; Bickeböller 1994, S.319f.). Angesichts des skizzierten Handlungsdrucks wird eine Umorganisation seitens der Steuerungsinstrumentarien kommunalen Handels und damit implizit ein Perspektivenwechsel gefordert: von der öffentlichen Verwaltung als hierarchisch und formal organisierte Bürokratie zum Dienstleistungsunternehmen Stadt. Womit sich die derzeitige Situation der "Jugendhilfe zwischen wachsenden Anforderungen und knapper werdenden Ressourcen" (Olk 1994, S.11) erschließt.
4.2. Kommunale Sozialverwaltung als Dienstleistung(sarbeit)
Exemplarisch für die kommunalen sozialen Aufgaben, die eine besondere Herausforderung für die Umsetzung der Instrumente der Neuen Steuerung (wie z.B. der Budgetierung) darstellen, werde ich den Bereich "Soziale Arbeit" zur Illustration heranziehen. Der Marktkonformität, die die Konzepte der Neuen Verwaltungssteuerung voraussetzen, entziehen sich Aufgabenbereiche, die grundlegend nicht nach marktgesetzlichen Kriterien gesteuert und angeboten werden (können). Im folgenden werden die wesentlichen Komponenten des "Sozialmanagements", durch welches versucht wird, Non-Profit-Organisationen gemäß den Kriterien privater Unternehmungen zu modernisieren, zusammenfassend dargestellt. Allerdings ohne auf die weitreichenden Unterschiedene innerhalb dieser Gruppe von Konzepten einzugehen.31
4.2.1. Sozialmanagement
Unter dem Begriff "Sozialmanagement" haben sich in den letzten Jahren, nicht nur zufällig parallel zur fiskalischen Rezession (vgl. Flösser u.a. 1992, S.7), zahlreiche Ansätze in die Diskussion um die Produktion personenbezogener Dienstleistungen der Sozialen Arbeit gesammelt. Im Vergleich zu früheren Thematisierungen der Kosten wohlfahrtsstaatlicher Entwicklung, die im wesentlichen qualitative Konzepte entwarfen, unterscheiden sich die AutorInnen des "(schlanken) Sozialmanagements" durch die Forderung nach der Quantifizierung der Kosten und Wirkungen (ebd.). Obwohl sich die Kritiken und die Modelle zur Organisationsentwicklung auf die Non-Profit-Organisationen der freien Wohlfahrtspflege konzentrieren, bezieht die "neue Welle der `Neuorganisation der sozialen Dienste´ ... diesmal alle Träger sozialer Arbeit" (dies. ebd., S.14) , und damit auch den öffentlichen Anbieter, ein. Vergleich Profit- und Non-Profit-Organisationen
Ausgangspunkt der VertreterInnen des "schlanken Sozialmanagements" ist, "daß das Sozialwesen, ..., wie alle anderen Wirtschaftsunternehmungen auch, zielgerichtete, produktive, soziale Systemen darstellen" (Meier-Ziegler 1992, S.50). Zwar verfolgen die sozialen Einrichtungen als Dienstleistungs-Unternehmungen kein erwerbswirtschaftliches Formalziel des Gewinns, streben aber als Bedarfswirtschaften Sachziele an. Der Zielgerichtetheit als unstrittige minimale Übereinstimmung zwischen Profit- und Non-Profit-Organisationen stehen sowohl für die Binnen- sowie für die Außenbeziehungen maßgebliche Divergenzen gegenüber. Unterschiede bestehen durch die Strukturierung, durch die Mitgliedschaft, die demokratische Willensbildung und das nahezu föderalistische Vertretungs- und Delegiertensystem innerhalb der Non-Profit-Organisationen (z.B. bes. der Wohlfahrtsorganisationen). Die doppelte Struktur in der Arbeitsteilung, d.h. auf der einen Seite nichtprofessionelle und ehrenamtliche Tätigkeiten, auf der anderen professionelle, qualifizierte und hauptamtlich tätige Beschäftigte, stellen weitere Gegensätze von Non-Profit-Organisationen und privatwirtschaftlichen Unternehmen dar. Die wesentlichste Differenz zwischen diesen Unternehmenstypen liegt in der fehlenden Marktorientierung der Non-Profit-Organisationen. Im Gegensatz zur
Individualgüterproduktion, die im Wettbewerb der volkswirtschaftlichen Steuerung von Angebot, Nachfrage und Preis unterliegen, wird die Produktion kollektiv-öffentlicher Güter politisch gesteuert. Hieraus ergeben sich weitreichende Konsequenzen:
1. Die fehlende Markt- und Gewinnorientierung bedeutet einen Mangel von Anreizen zu Innovationen. Weder zwingt die Konkurrenz zu Modifikationen tradierter Angebots- und Bereitstellungsstrukturen, welches auch die Kostenminderung und das Bemühen um BürgerInnen- oder "KundInnen"freundlichkeit einschließt, noch hat die Öffentlichkeit ausreichenden Einfluß auf die Zielformulierungen und der Institutionalisierung adäquater Bereitstellungssysteme. Insgesamt neigen hierdurch Non-Profit-Organisationen, wie die kommunale Sozialverwaltung, zu "Starrheit und Schwerfälligkeit" und zu einer "sich selbst verwaltenden Bürokratie" (Meier-Ziegler 1992, S.52).
2. Management-Qualifikationen spielen insbesondere in der kommunalen Sozialverwaltung eine den politischen Fähigkeiten untergeordnete Rolle bei der Besetzung von leitenden Positionen, "da das politische Handeln des Interessensausgleiches in der Entscheidungsvorbereitung und - findung" (ebd.) als eine innerhalb der diffusen Machtverteilung32 strukturimmanente und (damit) unentbehrliche Fähigkeit der leitenden Angestellten gilt.
3. Die bedeutendste Restriktion im Zusammenhang von Charakteristiken der öffentlichen Verwaltung und den angestrebten Neuen Steuerungsinstrumenten besteht in der Messung des Erfolgs sozialpolitischen Handelns. Die Produktion öffentlicher Güter beruht nicht auf an Effizienz orientierten Zielbestimmungen und -formulierungen. Sozialpolitische Ziele sind kaum quantifizierbar. Ihre Inhalte sind in Aushandlungsprozessen um die Bestandsanalyse gegenwärtiger sozialer Härten und die Gestalt und die Wege gestaltender Gesellschaftspolitik zwischen öffentlichen Akteuren qualitativ benannte Grundlinien kommunaler Sozialpolitik. Die erforderliche Flexibilität, die stete Neuformulierung der Ziele und Aufgaben in Anpassung an veränderte gesellschaftliche, ökonomische und politische Bedingungen wird u.a. einerseits durch die Zähigkeit politischer Verständigungsprozesse beschränkt, und weiterhin durch fehlende Informationen über die Wirkungsweise und -dichte eingesetzter sozialpolitischer Instrumente verstärkt. Die notwendige Überprüfung und Veränderung der Ziel-Mittel-Relationen, die Konkretisierung und Operationalisierung der Ziele und die Zielerreichung erweisen sich im öffentlichen Sektor weitaus schwieriger und komplexer als im privatwirtschaftlichen.
Aufgaben eines Sozialmanagements
Die Konzeptionen der VertreterInnen des Sozialmanagements entwickeln sich im wesentlichen an folgenden Forderungen:
1. Die Markt- oder auch Marketingorientierung sei durch die Erstellung von Leistungen in größtmöglicher Nähe an den Bedürfnissen der Kunden zu leisten
2. Die Integration aller MitarbeiterInnen durch die Schaffung Gestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten innerhalb des Arbeits- aber auch des aktuellen Umstrukturierungsprozesses entspreche einer Demokratieorientierung (vgl. Flösser u.a. 1995, S.12f).
3. Prognosen und Antizipationen von gesellschaftlich, ökonomisch und politisch bedingten Veränderungen sollen in die aktuellen Entscheidungsprozesse eingehen, um die Zeitspanne zwischen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn und deren Nutzung zu verringern und damit langfristig zu "tatsächlichen strukturellen Problemlösungen" (Meier-Ziegler 1992, S.54) beizutragen.
4. Die zentrale Aufgabe besteht in der Beurteilung der Zielerreichung durch die Gegenüberstellung von eingesetzten Mitteln und erzielten Ertrag in bezug auf die vorangestellten kommunalen sozialpolitischen Ziele. Parallel sei die Erfolgsorientierung mittels der Verbreitung der Dienstleistungsidee innerhalb und außerhalb der Institutionen kommunaler Sozialverwaltung zu leisten. Die Kundenorientierung und Kostensensiblität der MitarbeiterInnen sollen gefördert werden, um Effektivität und Effizienz der Produktion öffentlicher Güter zu erhöhen.
Fazit
Die Neuen Steuerungsinstrumente (vgl. Abschnitt 3.2.) und die Konzepte der "Sozialmanager" greifen in leitenden Begrifflichkeiten in dasselbe Reservoir von privatwirtschafltich geprägten Managementideen: Kundennähe, Markt- und Nachfrage-(als Bedürfnis)orientierung, Effektivität, Effizienz, Innovation, Kreativität, Qualität, MitarbeiterInnenorientierung, Kostenminimierung und Leistungssteigerung sind angesichts derzeitiger Finanzierungskrisen wohlklingende Begriffe, um Reformprozesse anzugehen und anzutreiben. Inwieweit die in sie gesetzten Hoffnungen erfüllbar sind, wird nocheinmal kurz am Beispiel des Dienstleistungs-(4.2.2.) und des Kundenbegriffes (4.2.3.), die eng zusammenhängend einen besonderen Problembereich in der Adaption Neuer Steuerung in die öffentliche soziale Arbeit repräsentieren, diskutiert.
4.2.2. Dienstleistung als Leitbild und in der Praxis
Zur Rekonstruktion des Dienstleistungsbegriffes Dienstleistungen als wirtschaftliches Gut wurde in der ökonomischen wie auch in der soziologischen Theoriebildung "erst relativ spät" (Effinger 1995, S.32) thematisiert. Statt den benötigten Theorien über den besonderen Charakter von Dienstleistungen wurden jedoch Theorien der Dienstleistungsgesellschaft formuliert und in der öffentlichen Diskussion breit rezipiert. Daniel Bell als der bekannteste Vertreter der Thesen über die Dienstleistungsgesellschaft benennt in seinem Buch "The Coming of Post-industrial Society"33 keine spezifischen Besonderheiten der Dienstleistungsarbeit, die er ausschließlich als ein "Spiel zwischen Personen" beschreibt34.
Der wissenschaftliche Minimalkonsens besteht darin, den Gehalt des Dienstleistungsbegriffes definitorisch durch die Abgrenzung nach außen, d.h. durch Residualkategorien und Negativbestimmungen (vgl. Olk 1994, S.13; Ziebarth 1995, S.23) zu leisten, die insgesamt nicht ausreichend für die Erfassung der verschiedenen Formen und Bedingungen von Dienstleistungsarbeit erscheinen.
In der Abgrenzung zu Sachgütern wird auf den immateriellen Charakter, die Nicht- Übertragbarkeit, -Lagerfähigkeit und -Transportierbarkeit von Dienstleistungen verwiesen. Weiter werden Dienstleistungen in bezug auf ihre "Dienstnehmer", in sach- oder produktbezogen und personenbezogen, unterschieden. Während sach- oder produktbezogene Dienstleistungen im Produktionsprozeß zur Herstellung materieller Güter herangezogen werden, beziehen sich personbezogene Dienstleistungen direkt auf den (nachfragenden) Menschen (z.B. Bank-, Versicherungsleistungen, Wäschereien, Gaststätten -und Beherbergungsgewerbe, allgemeine Verwaltungsleistungen etc.). Die charakteristische Interaktionsqualität der Dienstleitungstätigkeit (uno-actu-Prinzip), bereits eingegangen in das sozialwissenschaftliche Allgmeinwissen, wurde erstmals 1977 von Badura/Gross in die Auseinandersetzung eingebracht (vgl. Olk 1994, S.13). Insbesondere das uno-actu-Prinzip als besondere Kennzeichnung der Dienstleistungsproduktion wird in der derzeitigen Bestimmungen von Dienstleistungsarbeit im Rahmen kommunaler sozialer Arbeit hervorgehoben.35
Die (aktive) Beteiligung der BürgerInnen als KoproduzentInnen am Herstellungsprozeß und die Partizipationsmöglichkeiten bzw. -notwendigkeiten bildet die Achse, die die verschiedenen Arten der personenbezogenen Dienstleistungen voneinander trennt (vgl. z.B. Effinger 1995, S.33f). In der Betrachtung diverser Dienstleistungstätigkeiten kann im Hinblick auf das "Anbieter-Nachfrager-Verhältnis" zwischen ICH-ES- und ICH-DU-Beziehungen (vgl. Buber 1992; zitiert nach Effinger 1995, S.34) unterschieden werden: Unter ersterem sind Tätigkeiten zu verstehen, die eine aktive Beteiligung des Konsumenten weder voraussetzen und ermöglichen noch dies erwünschen, wie z.B. die Dienstleistung "Haarschnitt" oder "Kfz-Reparatur". Im Kern richten sich diese Dienstleistungsformen auf "die Veränderung, Bearbeitung, Gestaltung und Pflege von Sachen" (Effinger 1995, S.34) und lassen die Trennung von Produktion, Distribution und Konsumtion der hergestellten Güter zu. Im Gegensatz zu den primär "für" Personen verrichteten Arbeiten, steht im Zentrum sozialer Arbeit das Tätigsein "mit" Personen. Die Kernarbeit eines/einer Sozialarbeiters/Sozialarbeiterin besteht in dem direkten oder indirektem Versuch, Verhaltens- und evtl. auch Einstellungsveränderungen bei seinem Adressaten und/oder seiner Umwelt zu ermöglichen und ggf. einzuleiten, die geeignet sind, ihn bei der Bewältigung schwieriger Lebenspassagen zu unterstützen. Grundlegend ist hierbei, das die Produktion eine ICH-DU-Beziehung darstellt, in der der Dienstleistende und der Konsument gemeinsam in "dialogischen Kommunikationsprozessen, ... Lern- und Bildungsprozesse" (vgl. ebd.) produzieren. Das uno-actu-Prinzip bezeichnet somit das Zusammenfallen von Produktion und Konsumtion, von aktiver Teilhabe der EmpfängerInnen an der Produktion der Leistung und ihrem synchronen Verbrauch: Der "Nutzeffekt ist nur konsumierbar während des Produktionsprozesses"36 (vgl. Badura u.a. 1977, S.68f.).
Daß Nutzeffekte nicht nur für die LeistungsempfängerInnen, sondern ebenso für Dritte eintreten, wird, in der Ergänzung der Arbeiten von Badura/Gross um eine funktionale Bestimmung, durch das Verständnis von Dienstleistungsarbeit als "Gewährleistungsarbeit" (Olk 1994, S.15) herausgearbeitet. Ebenso wie personenbezogene private Dienstleistungen, die einen gesellschaftlich erwünschten Nutzeffekt aufweisen (z.B. Kfz-Reparatur zur Vermeidung von Unfällen etc.), sind die Ziele sozialer Arbeit gesellschaftsstrukturell bestimmt. Die Erwartungen Dritter, z.T. als Ergebnisse soziopolitischer Aushandlungprozesse, ergeben einen sozial konsitutierten Normalzustand, dessen Schutz, Überwachung und Reproduktion (vgl. ders., S.14) neben den primären sozialen Beziehungen im Aufgabenbereich professionell organisierter (öffentlicher) Instanzen gelagert ist (z.B. die Gewährleistung eines als angemessen definierten Versorgungsgrades mit bestimmten Gütern durch die Träger der Sozialhilfe u.ä.). Eine Konsequenz dieser (zusätzlichen) Funktion besteht in der Notwendigkeit, zwischen der "Besonderheit des Falles" und der "Generalität der Bezugsnorm" zu vermitteln (vgl. ebd.); d.h., daß bei dem jeweiligen Dienst einerseits die Lebenslage und - bedingungen des Leistungsempfängers und andererseits die sozial gewünschten Standards zu beachten sind ("Vermittlungsarbeit"; vgl. ebd.).
Ein Hauptproblem bei der Bereitstellung und Organisation von Dienstleistungstätigkeiten besteht in der zeitlichen, räumlichen, sachlichen und sozialen "Unbestimmtheit des Aufgabenanfalls" (ebd.). Informationen zu Nachfragequantitäten und -qualitäten sind bei der Bereitstellung strukturell nicht verfügbar: Es ist nicht bekannt, wann, wo, welche Jugendliche mit welchen Bedürfnissen in ein Jugendhaus kommen. Daraus folgt, daß "das Dienstleistungsangebot in zeitlicher, räumlicher, sachlicher und sozialer Hinsicht so ausgestaltet sein muß, daß eventuell auftretende Nachfragen ... tatsächlich bearbeitet werden können" (ebd.) und der "Normalzustand" gewährleistet werden kann. Typischerweise muß somit ein erheblicher Teil der Arbeitszeit in "Reservekapazitäten" investiert werden, um die Gewährleistung zu ermöglichen. Der Nicht-Lagerfähigkeit von Dienstleistungen folgt dann, daß die bereitgestellten aber ungenutzten Leistungen "nutzlos" vergehen. Die Frage nach "Überkapazitäten" in der sozialen Arbeit kann somit anhand der strukturellen Eigenschaft dieser Form von Dienstleistungsarbeit beantwortet werden.
Fazit
Das "Doppelgesicht" oder das "doppelte Mandat" der Sozialen Arbeit bzw. Jugendhilfe, auf der einen Seite Hilfe, auf der anderen Kontrolle, ist spätestens seit dem Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes im Jahre 1922 als öffentliche Aufgabe definiert, womit stets spezifische Erwartungen an die Quantität und Qualität des öffentlichen Angebots zusammenhängen (vgl. Olk 1994, S.23f). Grundsätzlich sollen durch die flächendeckende und offene Bereitstellung die Barrieren zur Inanspruchnahme niedrig gehalten werden. Ferner besteht die Aufgabe der öffentlichen Sozialen Arbeit darin im Bedarfsfall, die Interessen der Gemeinschaft, formuliert in gesetzlichen Bezugsnormen ("Normalzustand"), entgegen den Interessen der betroffenen BürgerInnen als Adressaten der sozialen Arbeit durchzusetzen (z.B. Schutz des Privateigentums). Neben der Funktion der sozialen Kontrolle soll die öffentliche Soziale Arbeit bzw. Jugendhilfe im Rahmen des "wohlverstandenen Interesses" der BürgerInnen "Zwang" zur Konsumtion bestimmter Dienstleistungen ausüben, um "die Klienten vor einer `falschen´ Bestimmung ihrer eigenen Präferenzen zu schützen und sie mit `sanftem Zwang´ auf ihre eigenen, langfristigen Interessen zu verpflichten" (ders. ebd., S.24). Hinsichtlich dieser Funktions- und Strukturbestimmung der Jugendhilfe als öffentlich notwendige, gewollte und definierte Aufgabe, die Kosten verursacht, die nur begrenzt minimiert werden können, entspricht sie nicht der Struktur und Funktion privatwirtschaftlicher Dienstleistungen und damit ihrer Organisations- und Steuerungsmöglichkeiten (vgl. Olk 1994, S.23; Naschold 1993, S.58).
4.2.3. Die Marktsteuerung oder Das Anbieter-Nachfrager-Verhältnis: BürgerInnen als Kunden oder Klienten?
Im Rahmen der Neuen Steuerung wird oft auf das Leitbild der "Bürgernähe" (vgl. Abschnitt 3.1.1.) rekurriert, welches gemäß der versuchten Adaption privatwirtschaftlicher Modelle aktuell mit dem Begriff der "Kundenorientierung" übersetzt und synonym verwandt37 wird. Der Ersatz spiegelt somit einerseits "den Zeitgeist" wider und hat andererseits hinsichtlich seines Bildes von den Verhältnissen der Menschen in Prozessen sozialer Arbeit Konsequenzen, die in der fachpolitischen Diskussion aufgegriffen werden.
Sehr anschaulich summiert Hinte (1994, S.59f) den konjunkturellen Wechsel der Bezeichnungen der AdressatInnen sozialer Dienste im professionellen und fachlichen Sprachgebrauch: "Fraglos haben ... die originären Adressaten sozialer Arbeit nämlich die Armutsbevölkerung ... eine unaufhaltsame Karriere gemacht: waren sie zunächst schlichtweg Klienten, so wurden sie später zu Hilfebedürftigen, das KJHG machte sie zu Anspruchsberechtigten, und seit einiger Zeit sind sie nun Kunden."
Um den "Paradigmenwechsel" nachzuvollziehen und um die "Angemessenheit" und die Funktion des Kundenbegriffes abschließend einzuschätzen, möchte ich kurz die Gehalte der konkurrierenden Beschreibungen - Klient und Kunde - zusammenfassen.
Der Begriff "Klient" ist zurückführbar auf das Altlateinische und bedeutet "der Hörige", Abhängige oder Halbfreie. Als "In-Begriff beruflicher Sozialarbeit" (Ziebarth 1995, S.12) läßt er sich der Gruppe vorrangig behandlungsorientierter Handlungsansätze zuordnen (vgl. ders. ebd., S.11). Die Passivierung des Adressaten sozialer Dienste findet Ausdruck in zentralen Tätigkeitsbezeichnungen wie "Be-handlung, Be-ratung, Be-treuung, Be-teiligung etc." (ebd.), die die menschliche Beziehung zwischen dem SozialarbeiterIn als "jemanden, der es tut" (ebd.) und dem Bürger als "jemanden, der es mit sich tun läßt" (ebd.) impliziert. Der Bürger als teilautonomes Objekt sozialarbeiterischen Handelns, dem bestenfalls eine teilaktive Rolle (abgesehen von seiner Anwesenheit und Bereitwilligkeit) zugeschrieben wird, steht im Gegensatz zu der genuin privatwirtschaftlich postulierten Perspektive auf den Menschen. Der Kunde38 als König privatwirtschaftlich produzierter Dienstleistungen wird gemäß unternehmerischen Marketings als aus dem Angebotsspektrum wählend und bedürfnisadäquat nachfragend verstanden, der die empfangenen Leistungen monetär entgeltet. Mittels Kundenstrukturanalysen in der Marketingforschung versuchen Unternehmen die Segmentierung ihrer Märkte nach demographischen, sozioökonomischen, psychographischen Merkmalen ihrer Kunden und nach deren Kaufverhaltens- und Responsemerkmalen zu erfassen, um segmentspezifische Marketingprogramme zu entwickeln.39 Insofern stellen Kunden primäre Zielsubjekte dar, die in hohem Maße erforscht werden, um anschließend die Kenntnisse möglichst effizient für die Umwerbung zu funktionalisieren. Zum Zweck der Absatz- und damit Gewinnsteigerung soll die KäuferInnen-Nachfrage auf bestimmte Marken einer in sich konkurrierenden Produktpalette kanalisiert werden. Der Kundenbegriff im Rahmen des Marketing-Instrumentariums z.B. der Servicepolitik bedeutet den Einsatz aller legalen und beizeiten legitimen Mittel, um NachfragerInnen zum Kauf zu veranlassen und dauerhaft zu binden.
Fazit
Sowohl "Kunde" als auch "Klient" als Bezeichnung für LeistungsempfängerInnen sozialer Arbeit scheinen aus je unterschiedlichen Gründen nicht angemessen. Sowie soziale Arbeit im Rahmen der kommunalen Sozialverwaltung nicht privatwirtschaftlichen Markbedingungen (s. Abschnitt 4.2.2.) entspricht, verfehlt der Kundenbegriff seinen Zweck als einer die LeistungsempfängerInnen und den Bereitstellungsbedingungen angemessenen, deskriptiven und fachlichen Arbeitsvokabel: Die BürgerInnen treten "nur in seltenen Fällen" (Hinte 1994, S.62) als klassische Nachfrager auf (vgl. Ziebarth 1995, S.15) und zudem besteht kein Wettbewerb konkurrierende Anbieter sozialer Dienstleistungen auf lokalen, regionalen oder bundesweiten Märkten, die um "Kunden" werben.
Der versuchte "Paradigmenwechsel" in der Bezeichnung der LeistungsempfängerInnen sozialer Arbeit mit der Absicht aus dem eher durch Passivität gekennzeichneten Klientenbegriff mit Hilfe des Kundenbegriffs ein Verständnis von einem aktiv nachfragendem Bürger zu suggerieren, liegt zwar auf der Linie des Imports von Modellen und Begriffen aus der Privatwirtschaft, kann aber hinsichtlich der differierenden lebenssituativen Handlungen - privatkonsumptiv vs. öffentlich-wahrnehmend - nicht befriedigen.
5. Anforderungen und Chancen der Kommunalen Sozialverwaltung im Umbruch
Die alten und neuen Problemlagen, die die Kommunale Selbstverwaltung derzeit beschäftigen und in Zukunft den Handlungsdruck erhöhen werden, kommen in der Anforderung zusammen bei Rückgang der (disponiblen) Finanzen und gleichzeitiger Steigerung des Handlungsbedarfs, Ziele zu formulieren und Instrumente zu entwickeln, die langfristig Lösungskorridore eröffnen. In den an privatwirtschaftliche Konzepte angelehnten Neuen Steuerungsinstrumente finden die kommunalen Akteure Lösungsansätze, die dem Hauptanlaß der Reformprozesse, der unumgänglichen Haushaltskonsolidierung, angemessen erscheinen. Die Koppelung der Verwaltungsreform mit dem Ziel der Haushaltskonsolidierung stellt an sich zunächst keine Problematik dar, weshalb die Reformprozesse abgelehnt werden sollten. Befürchtungen sind dann angebracht, wenn gilt: "Wer Sparen verkaufen will, erzählt am besten von Reform und Kindern"40. Diese Strategie der Einführung von Markt- und Wettbewerbsverhältnissen "quasi durch die kalte Küche mithilfe verführerischer, moderner Zeitgeistbegriffe" (Ziebarth 1995, S.26), wie es den Neuen Steuerern nicht selten vorgeworfen wird, verkennt langfristige Wirkungen halbherzig vollzogener Ideen.
Die politische und fachliche Auseinandersetzung um die Ziele einer gemeinwohlorientierten Kommunalpolitik, die Infragestellung vieler Selbstverständlichkeiten sowohl in den klassischen Steuerungs- und Verwaltungsprozessen als auch innerhalb der "Produktpalette" bilden zunächst Voraussetzungen, die kreativ und konstruktiv zu nutzen sind. Wenn dies geschieht, so sind erste Hürden auf dem Wege zu neuen Ufern überwunden. Die Implementation der Neuen Steuerungsinstrumente "in das bestehende Gefüge von Planung, Durchführung, (Selbst- )Reflexion und Kontrolle" (KGSt 1994, S.90) stellen weitere Anforderungen an die Beteiligten in Politik und Verwaltung: Outputorientierte Steuerung verschafft zunächst Kostentransparenz und bedeutet nicht, "daß die bloße Erstellung von Produktbeschreibungen, ... die Informationsbasis und Entscheidungsprozesse [und] ... das Handeln der Beteiligten bereits verändern" (KGSt 1994, S.90). Auch hat die Zuweisung eines reduzierten Budgets unter gleichzeitiger Beibehaltung oder Erweiterung der Aufgaben "mit Kontraktmanagement überhaupt nichts mehr zu tun" (Hinte 1994, S.70). Daß Teile der Neuen Steuerungsinstrumente eng voneinander abhängen, ist von den am Reformprozess Beteiligten stets zu beachten. In die Reihe von "organisations- und personalpolitischen Vorarbeiten" (Meixner 1994, I) gehören neben den harten Managementfaktoren (Budgetierung, Kontraktmanagement etc.) die sog. weichen Elemente moderner Steuerungspolitik. Insbesondere die MitarbeiterInnenorientierung stellt einen Grundpfeiler jeglicher Umbaubemühungen, speziell einer öffentlichen bürokratieorientierten Organisationsstruktur dar, in der neben formalen Arbeitsabläufen ein Netz von tradierten Verhaltensregelungen (vgl. Abschnitt 2.2.) besteht. So sollte z.B. die Dezentrale Ressourcenverantwortung nicht bei der Amtsleitung stehen bleiben, "sondern ... Handlungs- und Entscheidungskorridore" (Brülle 1994, S.14) für die MitarbeiterInnen beinhalten. Die frühzeitige Teilnahmeermöglichung und Einbeziehung in die Entwicklung, Modifikation und Implementation der Neuen Steuerungsmodelle macht die Reformbemühungen, die über die Haushaltskonsolidierung hinausgehen sollen, gegenüber MitarbeiterInnen (und BürgerInnen) glaubhaft und den Umbau erst möglich. Die MitarbeiterInnen "als die eigentliche und entscheidende Ressource und Innovationskraft" (Meier-Ziegler 1992, S.62f) müssen im Rahmen von Informationsbereitstellungen, aktiven Beteiligungs- und Mitsprachemöglichkeiten und Schulungs- und Fortbildungsangeboten wertgeschätzt werden, um zu motivieren41, "sich am Gesamtziel einer effizienten, effektiven, mitmenschlichen, sozialverträglichen, dienstbereiten und ökologisch orientierten Verwaltung" (Linde 1991, S.109) auszurichten.
Eine besondere Problematik stellt die Einführung einer geeigneten Controllingstruktur dar. Die Definition eindeutiger Leistungsziele, die klar voneinander abgegrenzt und deren Zielerreichungsgrad messbar sind, bedeutet sowohl für die Politik als auch für die Verwaltung eine Herausforderung, da das breite Spektrum kommunaler Leistungen sich zwischen freiwilliger und gesetzlich vorgegebener Erbringung unterscheidet und desweiteren hinsichtlich der AdressatInnen, der Finanzierungsquellen, Bereitstellungsbedingungen etc. hochgradig heterogen ist. Die Sozialverwaltung, deren spezielles Aufgabencharakteristikum in der "Veränderung von Personen und ihrer materiellen wie immateriellen Lebensbedingungen" (Olk 1994, 27) besteht, repräsentiert ein besonders schwieriges Problemfeld . In ihren Arbeitszusammenhängen lassen sich keine Ursache-Wirkungsketten generell standardisiert feststellen. Die situative Erforschung spezieller Wirkungen je nach Adressaten und seinen sozialen, familiären und sozioökonomischen Bedingungen, läßt erst den Einblick in die komplexen Interdependenzzusammenhänge zu. Wozu das häufig zu beobachtende Dilemma der gegenseitigen Schuldzuschreibungen der gemeinsam im Sozialsektor tätigen Akteure für eine schlechte Qualität eines sozialen "Gesamtproduktes" hinzutritt ("interorganisatorische Verantwortungslosigkeit"). In der Voraussetzung des Controllings, dem geeigneten Informationssystem, besteht die Crux der Ideen um das Controlling und Berichtswesen: Das sozialwissenschaftliche Wissen zur Bereitstellung von Informationen aus den Bereichen der Lebenslagen, Problembelastungen und Bedürfnisse bestimmter Zielgruppen, der qualitativen Merkmale alternativer sozialer Dienstleistungen und über die Akzeptanz konkreter Leistungen besteht (noch) nicht.42 Es bedarf an Theorie und empirischer Forschung, um diesen Mangel zu beheben. Neben den erwähnten inhaltlichen Bereichen benötigt die Forschung insbesonder praktikable(re) methodische Ansätze zur Untersuchung der Wirksamkeit von sozialen Dienstleistungsangeboten. Aktuelle Ansätze der Evaluationstheorie setzen sogenannte "impact-Modelle" voraus, die ihrem Gegenstand angemessen, komplex und in ihrer Überprüfung sowohl zeitlich als auch finanziell aufwendig sind. Meines Erachtens sind für das kommunale Controlling gerade im Sozialsektor theoretische Modelle und methodische Verfahren gefragt, die einerseits inhaltlich angemessen sind, aber auch (andererseits) einen Standardisierungsgrad aufweisen, der es ermöglicht, Kennzahlen schnell, mit anderen Gemeinden und Zeitpunkten vergleichbar und vor allem auch kostengünstig bereitzustellen. Inwieweit diese Anforderungen in einem (jeden kommunalen Gegebenheiten anpassbares) Verfahren zusammenfließen können, müssen die Sozialwissenschaften sich fragen lassen und (hoffentlich) beantworten können. Brülle (1994) schlägt hier eine Unterscheidung von operativem und strategischem Controlling vor: Ersteres beantwortet mit Hilfe der eher betriebswirtschaftlichen Kennzahlen über Indikatoren wie Kostendaten nach Kostenarten, Methoden der Bearbeitung u.a. die Frage "Tun wir die Dinge richtig?", während das strategische Controlling die Frage "Tun wir die richtigen Dinge?" in einer kontinuierlichen Sozialberichterstattung anhand der Indikatoren sozialer Entwicklung in der Kommune, der Entwicklung der normativen und fachlichen Standards der Hilfesysteme u.a. zu erfassen versuchen sollte. Das operative Controlling sei hierbei von den Dienstleistungserbringern, den Fachbereichen zu leisten und das strategische sei auf der Ebene der Sozialplanung in Zusammenarbeit mit den Fachbereichen und anderen Trägern sozialer Arbeit vor Ort angesiedelt. Ausreichend seien diese Erfassungen aber noch nicht. Ergänzend müsse die Erforschung der "realen Effekte" hinzutreten, die sich in den "biographischen Übergängen" und der "selbständigen Lebensführung" u.ä. niederschlagen. Diese Form der Erfolgskontrolle könne nur "retrospektiv über sozialwissenschaftliche Evaluationsmethoden" geleistet werden43 (Brülle 1994, S. 22).
Eine mögliche Folge des Controllings im Jugendhilfe- und Sozialbereich besteht in dem möglichen Nachweis der Wirkungslosigkeit der Angebote, die Grunow (1993, S. 366) als "riskante Evaluation" bezeichnet. Die Chance des erfolgreichen "Arbeitsabschlusses" ist in dieser Dienstleisungsform gering, was sich aus den besonderen Arbeitsbedingungen und Aufgaben des Sozialbereiches ergibt. Die Gefahr einer Wirkungsanalyse mit den zu erwartendem Ergebnis besteht in der Instrumentalisierung im Rahmen des Kampfes um Ressourcen und letztendlich in der Diskussion um die politische Wünschbarkeit der Fortführung bestimmter Leistungen. Sowohl Akzeptanz wie Legitimation der Sozialleistungen können aufs Spiel gesetzt werden44, wenn Controlling im betriebswirtschaftlichem Sinne die Steuerung des Angebots übernehmen soll. Damit würde versucht werden, sozialpolitische Aufgaben und Funktionen kommunaler Selbstverwaltung auf Marketingstrategien zu reduzieren und sie als "Ergebnis von Wertvorstellungen, die in Parteiprogrammen ihren Ausdruck finden und die über plebiszitäre Beurteilung hinaus Gegenstand eines politischen Gestaltungswillens sein sollen und müssen" (Ganseforth 1991, S.254), weitestgehend aus dem Einflußbereich kommunaler Politik herauszulösen.45 Ungeachtet dessen, daß der finanziellen Druck weiter steigen müßte, um den politischen Akteure leichterhand ihre Handlungsfelder zu blockieren, gilt weiterhin, daß (kommunale) Sozialleistungen und ihre Einrichtungen "grundsätzlich nach marktfernen Kriterien gesteuert" (Hinte 1994, S.68) werden, es deshalb "keinen Marktpreis geben ... , und der Markterfolg ... nicht über ihren Weiterbestand" (Olk 1994, S.24f) entscheiden wird.
Fazit
Die Not- und Zwangslage, in der sich die kommunale Selbstverwaltung seit geraumer Zeit befindet, und die Lösungswege, die zu beschreiten versucht werden, greifen zunächst auf Konzepte und Begriffe zurück, die nicht ohne kritische Reflexion und unangepasst übernommen werden können: Weder "eine pauschale Zurückweisung noch eine unkritische Übertragung führen weiter" (Olk 1994, S.30). Stattdessen sollte der anfänglich euphorische "Modernisierungseifer" zugunsten eines bewußteren Umgangs mit den Neuen Steuerungsinstrumenten, deren Modifikation und Anpassung an die Bedingungen des öffentlichen Sektors gemäßigt werden.
Die "Repolitisierung der Debatte über Ziele und Aufgaben der Kommunalverwaltung" (Tegethoff u.a. 1995, S.30) stellt eine Chance dar, die zu ergreifen die kommunalen Akteure hoffentlich gewillt sind, um die Verwaltungsreformen im interkommunalen Austausch und in Zusammenarbeit mit ihren MitarbeiterInnen zu einer Institution zu führen, die sowohl den aktuell drängenden als auch den zukünftigen Anforderungen gewachsen ist.46
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[...]
1 Die bisherige Struktur und Organisation der Kommunalverwaltung wird von mir ohne weiter zu differenzieren und deshalb grob mit dem Begriff "Klassisches Steuerungsmodell" bezeichnet.
2 Im Gegensatz zum Beginn der 80er Jahre, wo bereits Kommunen an der norddeutschen Küste und in Regionen der Altindustrie sich dem Druck der Haushaltskonsolidierung ausgesetzt sahen, sind nun der Bundes- und die Länderhaushalte ebenfalls betroffen (vgl. Richter 1986, 143f).
3 Noller, Peter/Prigge, Walter/Ronneberger, Klaus (1994): Zur Theorie der Globalisierung, in: dies. (Hg.): Stadt-Welt,Frankfurt/Main, S.14.
4 Rifkin, Jeremy (1996): Armut und Rassismus in den USA, in: Die Neue Gesellschaft - Frankfurter Hefte 3/96, S. 253-256. Der Autor bezeichnet die gegenwärtigen von zunehmender wirtschaftlicher Verflechtung gekennzeichnete globale Entwicklung als den "Übergang zur Dritten Industriellen Revolution" (S.255).
5 vgl. Leibfried, Stephan/Rieger, Elmar (1996): Wohlfahrtsstaat und Globalisierung. Oder vom Einstieg in den Ausstieg aus der Weltwirtschaft?, in: Die Neue Gesellschaft-Frankfurter Hefte 3/96, S.217-221; Helfert, Mario (1995): Globalisierung und Standort Deutschland. Zum Widerspruch zwischen der betrieblichen und der gesamtwirtschaftlichen Perspektive, in: WSI-Mitteilungen 11/1995, S.673-691.
6 Diese Zusammenstellung soll ausschießlich einen Einblick geben und erhebt bei weitem keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
7 vgl. z.B. Pfaff, Anita (1995): Was ist das Neue an der neuen Armut?, in: Bieback, Karl-Jürgen/Milz, Helga (Hg.): Neue Armut, Frankfurt/Main, S.28-57.
8 vgl. z.B. Stäblein, Ruthard (1996): Gespräch mit Jeremy Rifkin. "Wir müssen unbedingt den Begriff der Arbeit überdenken", in: Die Neue Gesellschaft-Frankfurter Hefte 3/96, S.250-252.
9 hierzu vgl. z.B. Strohmeier, Klaus-Peter (1993): Pluralisierung und Polarisierung der Lebensformen in Deutschland, in: Politik und Zeitgeschichte, B 17/23, S.11-22.
10 Neben z.B. den Entwicklungen des europäischen Binnenmarktes und der Integration OstDeutschlands nach 1989.
11 Die Auswahl erfolgte u.a. mit Blick auf die Auswirkungen der Diskussionen der neuen Steuerungsinstrumente und -paradigmen auf die öffentliche Soziale Arbeit (s. Kapitel 4.).
12 Hypothese, die besagt, daß durch eine kreditfinanzierte Ausweitung der Staatsnachfrage private Nachfrage in gleichem oder vergrößertem Umfang verdrängt wird. Damit wird die expansive Wirkung eines deficit spending in Frage gestellt.
13 Kommunalwahlen können als besondere Zeiträume der Nähe zwischen Politik, Verwaltung und BürgerInnen betrachtet werden.
14 Über 80% der Kommunen, die an der Befragung des Deutschen Städtetages 1995 mit dem Thema "Verwaltungsmodernisierung" teilgenommen haben, geben als wichtigsten Grund die "akute Finanzkrise" an (vgl. Schöneich 1995, S.502).
15 Zu demselben Ergebnis kommen Dr.Elke Esser vom Initiativkreis Ruhrgebiet und Harald Hoppensack, Ratsmitglied der Stadt Essen (vgl. Andersen u.a. 1996, S.36, 40).
16 Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) hat mit einer gesonderten Veröffentlichung 1992 die Aufmerksamkeit auf das "Tillburger Modell" gelenkt (vgl. KGSt (1992): Wege zum Dienstleistungsunternehmen Kommunalverwaltung - Fallstudie Tillburg, Bericht 19/92, Köln.)
17 Nach Banner (1994, S.353) sollen bis 1994 bereits 80% der niederländischen Gemeinden mit über 70.000 EinwohnerInnen ihre Verwaltung gemäß dem "Tillburger Modell" umorganisiert haben.
18 Der paritizipatorischen Dimension wurde insbesondere in der Neufassung der Gemeindeordnung von 1994 Rechnung getragen (§ 26). Auf die Anstrengungen über die Erleichterung des Zugangs der BürgerInnen durch bauliche Veränderungen wird in der Literatur nicht verwiesen.
19 Hierbei sollen Output, Leistungen und Wirksamkeit sinngemäß den in der Ökonomie üblichen Faktor "Umsatz" ersetzen.
20 "Der Begriff Dienstleistung als ein wirtschaftliches Gut taucht erst relativ spät in der Ökonomie auf und fristet hier (wie auch in der Soziologie) bis heute ein eher randständiges Dasein, weil die Ökonomie keine Maßstäbe oder Kriterien benennen kann, nach der sich Dienstleistungen objektiv bemessen lassen." (vgl. Effinger 1995, S.32)
21 vgl. auch Gabler-Wirtschafts -Lexikon, Wiesbaden, 13. Auflage, 1993, S.781.
22 Privatisierungen, Contracting Outs, die externe Untersuchung der in Dienste umgewandelten Fachbereiche, die Konzernstruktur u.ä. sind hier nicht betrachtete Elemente der Neuen Steuerung, die wohl in ihrer Bedeutung gewichtig, jedoch hier nicht ausgeführt werden, da mein Blick besonders auf die Wirkungen auf die kommunale Soziale Arbeit als ein exemplarisches Aufgabenfeld der kommunalen Sozialpolitik gerichtet ist.
23 Jörg Heinemann, Koordinator bei der Stabstelle "Neue Verwaltungssteuerung" der Stadt Essen im Interview mit Christian Eiden (ZEFIR).
24 Womack, J.P.(1991): Die Zweite Revolution in der Automobilindustrie, Frankfurt/Main, S.230; zitiert nach Tegethoff 1995, S.134.
25 Sigrid Jaschinski, Leiterin der Stabstelle "Neue Verwaltungssteuerung" bei der Stadt Essen im Interview mit Christian Eiden (ZEFIR) 1996.
26 Dr. Elke Esser, Kontaktstelle Neue Investitionen beim Initiativkreis Ruhrgebiet, im Interview mit Christian Eiden (ZEFIR).
27 Wobei als weitere Voraussetzung für die Einsetzbarkeit nicht nur die Schulung der MitarbeiterInnen erforderlich sein wird, sondern auch bei der Politik, die vor der Frage steht, "was mache ich mit den Zahlen, wie gehe ich mit ihnen um, was lehren sie mich, wie bewerte ich Soll-Ist-Abweichungen" (Andersen u.a. 1996, S.40).
28 Das Berichtswesen als die "Essenz des Controllings" (Andersen u.a. 1996, S.15) bedeutet die in regelmäßigen Zeitabständen durch die Fachbereiche zu verfassenden und den ausgewiesenen Stellen bereitzustellenden Informationen durch sog. "Berichte".
29 Die Diskussion um die Auswirkungen der KJHG-Reform (seit 1.1.1991 inkraft) mit der Ausrichtung der Jugendhilfe als Dienstleistungsangebot auf die Jugendhilfepraxis werden hier nicht eingeflochten. Anzumerken sei nur, daß das KJHG im Gegensatz zum Vorgänger JWG den Wandel von Kontroll-, Eingriffs und Aufsichtsaufgaben zu einer Dienstleistungs- und Kundenorientierung vollzogen hat, an deren Umsetzung es aber in der Praxis mangele (vgl. z.B. Späth 1994).
30 "Fast ein Viertel des gesamten kommunalen Haushaltsvolumens wird im Durchschnitt aller Gemeinden für Aufgaben im Jugend- und Sozialbereich beansprucht." (Deutscher Städtetag 1990, 75)
31 Differenzierungen können anhand der Ausgangspunkte der Überlegungen (z.B. Sozialstruktur, Beteiligte, Ziele oder Technologie) vorgenommen werden (vgl. Flösser u.a. 1992, 8).
32 Dem Management in Non-Profi-Organisationen fallen nur begrenzte Kompetenzen zu, da formale und faktische Hierarchie sich nicht an einer zentralen Stelle konzentrieren (vgl. Meier-Ziegler XXXX, S.51)
33 Die engliche Ausgabe erschien 1973. Unter dem Titel "Die postindustrielle Gesellschaft" folgte 1975 die deutsche Ausgabe.
34 "In Industriegesellschaften rollt das Leben als Spiel gegen die technisierte Natur ab. Die postindustrielle Gesellschaft beruht demgegenüber auf Dienstleistungen, auf einem Spiel zwischen Personen." (vgl. Bell, Daniel (1975): Die postindustrielle Gesellschaft. Ffm/New York, S.132f.)
35 vgl. auch Gabler-Wirtschafts -Lexikon, Wiesbaden, 13. Auflage, 1993, S.781.
36 vgl. Marx, Karl: Das Kapital II, MEW, Bd.25, S.60.
37 Aus meiner Sicht findet sich die synonyme Verwendung im kommunalpolitischen Sprachgebrauch insbesondere in bezug auf die von der Kommune für die BürgerInnen bereitzustellenden Leistungen. Innerhalb primär politischer Prozesse ist der Begriff "Bürgernähe" weiterhin opportun.
38 Der Begriff "Kunde" findet sich in keinem der mir zur Verfügung stehenden einschlägigen (Lehr-)Bücher sowohl der Ökonomie wie auch der Soziologie definiert, geschweige denn problematisiert.
39 Vgl. Gabler-Wirtschaftslexikon, Wiesbaden, 13. Auflage, 1993, S. 2001, 2207, 2193-2202, 2213.
40 vgl. Frankfurter Rundschau vom 29.9.1996, S.1.
41 "Motivieren heißt, einen Menschen dazu veranlassen, etwas zu tun, was er selbst tun will." General Eisenhower (zitiert nach Meixner 1994, I)
42 Sehr plastisch resümiert Klatetzki (1994): "In der Jugendhilfe gilt...: Wir wissen eigentlich nicht, was wir tun und welche Wirkungen unser Handeln hat, und zwar nicht, weil wir zu dumm sind, sondern weil wir gar nicht wissen können, was wir wissen müßten." Trotz alledem verlangt der Autor die Realisierung des von ihm dem ökonomischen Modell gegenübergestellten normativen Modell: In einem herrschaftsfreien Diskurs, in einer öffentlichen Fachdiskussion soll rational Strukturformen über "Einsicht" ausgehandelt werden, um so zu einem Katolog von Strukturanforderungen, die dem pädagogischen Konsens entsprechen, zu kommen. "Anhand dieser normativen Liste könnten ... Einrichtungen hinsichtlich ihrer Qualität dadurch beurteilt werden, daß festgestellt wird, wieviele der genannten Merkmale sie erfüllen."(Klatetzki 1994, 39). Offen bleibt allerdings auf welcher Grundlage die rationale Entscheidung für ein allgemeingültiges Modell der öffentlichen Jugendhilfe getroffen werden soll, wenn die Wirkungszusammenhänge verschiedenster Ansätze nicht bekannt sind. Ohne dieses Wissen ist m.E. die Auswahl des pädagogischen Weges, dessen Zweck die Anpassung der Mittel zu den politisch formulierten Zielen ist bzw. sein sollte, kaum möglich. (Wobei zudem noch zu fragen bleibt, ob "Qualität" durch eine vereinheitliche Struktur sozialer Einrichtungen zu gewährleisten ist, und ob "Qualität" eine absolute und unveränderliche Größe darstellt, wie in dem Vorschlag Klatetzkis unterstellt...)
43 Genaueres zum Wiesbadener Modell der kommunalen Sozialpolitik vgl. Brülle, Heiner (1994).
44 In der Regel beschränken sich die Kontrollbereiche auf solche, die die kommunale Soziale Arbeit selbst beeinflussen kann, d.h. auf den Nachweis der von ihr bereitgestellten Angebote/Ressourcen (Arbeitsstunden, Transferzahlungen, etc.). Komplexe Leistungsziele und deren Erreichung werden (derzeit) nicht untersucht.
45 Der Oberstadtdirektor Ernst Gerlach identifiziert diese Tendenz in seinem Statement anläßlich der Fachtagung "Zukunft des Sozialstaates" 1994 in Düsseldorf sehr eindeutig: "Ansätze eigenständiger, unabhängiger Sozialpolitiklösungen werden in den Kommunen nicht verfolgt. Da finanzielle Entlastungen von außen nicht zu erwarten sind, sehen die Kommunen Zukunftsperpektiven nur im radikalen Kostenabbau einerseits und konsequenter Modernisierungsstrategie andererseits. In beiden Ansätzen hat Sozialpolitik keinen oder keinen eigenständigen Stellenwert." (vgl. Gerlach 1994, S.306)
46 Um nicht, wie Hinte (1994, S.64) urteilte, als Tiger zu springen, und als Bettvorleger zu landen
- Citar trabajo
- Jennifer Neubauer (Autor), 1995, Neue Steuerung und kommunale (Sozial-)Verwaltung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96409
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