Gliederung
1. Einleitung
2. Allgemeines zur Angst
2.1. Angst als Krankheit
2.1.1. Die Frei - Flottierende Angst
2.1.2 Phobie
2.1.3. Panikreaktionen
3. Furcht als Bestandteil der Angst
4. Fokusierte Angst: Umweltbezogene Phobien
4.1. Soziale Phobie
4.4.1. Wo beginnt die Soziale Phobie?
4.4.2. Der Teufelskreis
4.4.3. Mögliche Ursachen
4.4.3.1. Die Persönlichkeit
4.4.3.2. Soziale Defizite
4.4.3.3. Der Erziehungsstil - -eine Ursache?
4.4.4. Verschiedene Ausprägungen der Sozialen Phobie
4.4.5. Folgen der Sozialen Phobie bei Nichtbehandlung
4.4.6. Therapiemöglichkeiten
5. Die Rolle des Sozialpädagogen / Sozialarbeiters
6. Anhang
6.1. Berühmte Angstpatienten
6.2. Adressen und weiterführende Literatur
6.3. Angaben über verwendete Literatur
1.Einleitung
Zum Thema Angst existieren unzählige Ausführungen, welche sich mit den verschiedenen Arten, deren Entstehung und Bewältigung befassen.
In meiner Hausarbeit möchte ich mich vorerst einem allgemeinen Überblick widmen, in dem es um den Angstbegriff, der Angst - Furcht - Differenzierung geht, und der sich weiterhin mit Angst als Wesenszug oder Zustand beschäftigt.
Vertiefen werde ich meine Ausführungen im Bereich der umweltabhängigen Ängste am Beispiel der Sozialen Phobie.
Abschließend soll ein Bezug zum Berufsfeld Sozialarbeit/Sozialpädagogik hergestellt werden.
2. Allgemeines zur Angst
verwandt mit dem lateinischen "angustus" bedeutet das Wort "Angst" : "eng", "beengend", "die freie Bewegung hindernd". (Menge & Güthling 1965, 7).
Das Klinische Wörterbuch (Psychyrembel 1994) beschreibt den Begriff wie folgt:
"...als unangenehm empfundener, gleichwohl lebensnotwendiger (weil eine Gefahr signalisierender) emotionaler Zustand mit zentralem Motiv der Vermeidung bzw. Abwehr einer Gefahr und unter Umständen psych. und physischer Begleiterscheinungen: Unsicherheit, Unruhe, Erregung (event. Panik), Bewußtseins-, Denk-, oder Wahrnehmungsstörungen, Anstieg von Puls oder Atemfrequenz, verstärkte Darm - u- Blasentätigkeit, Übelkeit, Zittern, Schweißausbrüche;..."
Es gibt weitere wissenschaftliche Definitionen , welche inhaltlich folgenden Sachverhalt gemeinsam haben:
Angst
- ist ein unangenehmer körperlicher Zustand
- geht teilweise mit der willensmäßigen und verstandesgemäßen Aufhebung der Persönlichkeitssteuerung einher
- ist eine Reaktion auf eine eintretende oder erwartete Gefahrensituation.
- beruft sich auf eine aktuelle Empfindung, Vorwegnahme oder Erinnerung
- ist abhängig von subjektiven Bewertungsprozessen
- kann sich manifestieren und zu Verhaltensänderungen führen
- neigt zur Generalisierung, d.h. Ablösung der ursprünglichen angstauslösenden Reize und Kombination mit eigentlich unbedeutenden Reizen. Hier wird von einer Verselbständi-gung im Sinne einer generellen Vehaltenstendenz gesprochen.
Angst ist für das Überleben unerläßlich und dürfte eine der ältesten Triebkräfte sein.
Sie kann als notwendige Alarmreaktion verstanden werden, die den Körper auf schnelles Handeln vorbereitet und alle Sinne schärft.
"Angst tritt immer dort auf, wo wir uns in einer Situation befinden, der wir nicht oder noch nicht gewachsen sind. Jede Entwicklung, jeder Reifungsschritt ist mit Angst verbunden, denn er führt uns in etwas Neues, bisher nicht Gekanntes und Gekonntes, in innere und äußere Situationen, die wir noch nicht und in denen wir uns noch nicht erlebt haben."
Fritz Riemann
Diese Angst gehört zu unserem Leben, ist für verschiedene Lebensabschnitte typisch und deren Bewältigung für die Weiterentwicklung vonnöten.
BOWLBY meint: "Angst ist erst dann auffällig, wenn ein Mensch zuviel oder zuwenig davon besitzt." Mit diesen Beschreibungen kann man versuchen, den Begriff der Angst zu verstehen. Angst ist jedoch ein "hypothetisches Konstrukt", abstrakt und nicht meßbar.
Lediglich deren Auswirkungen können mit Hilfe von Fragebögen oder durch Erfassung physischer Aktivierungsmaße festgestellt werden. Weicht das Ergebnis von den sogenannten Normalwerten ab, gilt die Angst als krankhaft.
2.1. Angst als Krankheit
Angst wird krankhaft, wenn sie unangemessen stark ist, häufig und lang andauernd auftritt, der Betreffende die Kontrolle über Auftreten und Andauern verliert, sein Leben stark beeinträchtigt ist, er unter der Angst leidet und versucht, sie zu vermeiden.
Eine Form der pathologischen Angst ist die Neurotische Angst . Sie läßt sich wiederum in drei Formen unterteilen ( nach DAVISON & NEALE 1984, 123):
2.1.1. Die Frei - flottierende Angst:
Sie ist ständig vorhanden, nicht situationsadäquat und unspezifisch, ohne Objektbezug.
2.1.2. Phobie:
Eine Phobie ist eine besonders intensive, aber irrationale Angst vor bestimmten Situationen oder Objekten und geht mit Vermeidungsverhalten einher, welches in keinem Verhältnis zur eigentlichen Gefahr steht. Es gibt beispielsweise Katzenphobien, die Klaustrophobie (Angst beim Aufenthalt in geschlossenen Räumen) oder die Soziale Phobie, auf die ich nachfolgend näher eingehe. In der Gesamtgruppe der neurotischen Störungen nimmt die Phobie etwa 10% ein.
2.1.3. Panikreaktion:
Die Panikreaktion in der psychoanalytischen Theorie ist ein plötzlicher Angstausbruch, die den Betroffenen überwältigt. Sie ist eine wiederkehrende, schwere Angstattacke, die sich nicht auf eine spezifische Situation oder besondere Umstände beschränkt und deshalb auch nicht vorhersehbar ist.
Entsteht Panik in tatsächlich gefährlichen Situationen, wie zum Beispiel bei einem Brand im Kino, kann sie natürlich nicht als krankhaft bezeichnet werden.
2.2. Epidemiologie
- ca. 10-20 % aller Menschen haben schon einmal für einen längeren Zeitraum unter Angst gelitten
- ca. 60 % haben an mehrmaligen vorübergehenden Beschwerden gelitten
- ca. 5-10 % an klinisch relevanten Angsterkrankungen
- 6 - Monatsprävalenzraten für:
- Panikstörungen: 0.6-1,8% ( Männer : Frauen = 1:2; Beginn: zw. 20 & 35 Jahren)
- Agoraphobie: 2,7-5,8 % (2/3 = Frauen; Beginn zwischen 20 & 35 Jahren)
- soziale Phobien: 1,2 - 2,2 % (Männer : Frauen = 40:60; Beginn ca. 18,9 Jahre)
- spezifische Phobien: 4,5-11,8% (Männer : Frauen = 10:90; Beginn ca. 24 Jahre)
- Panikstörungen sind bei Frauen die häufigste Störung, bei Männern nach Abhängigkeitsproblematik die zweithäufigste
- 9,3% der Bevölkerung erlebt mindestens eine Panikattacke ohne eine klinisch relevante Angststörung zu entwickeln
- Agoraphobie: ca. 600 000 in Deutschland
3. Furcht als Bestandteil der Angst
Furcht (engl. fear) ist Realangst und eine Reaktion bei tatsächlich vorhandener Bedrohung (Klinisches Wörterbuch 1994).
Furcht ist also auf eine eindeutige Gefahrenquelle gerichtet und hat Fluchtverhalten zur Folge. Sie ist begrifflich ein Bestandteil der Angst. Nicht immer können sich Angst und Furcht voneinander abgrenzen. Eine Unterscheidung ist besonders im klinischen Bereich sehr hilfreich. Kann der Angstauslöser klar festgestellt werden, sind die Therapiemöglichkeiten gezielter auszuwählen, wodurch größere Heilungschancen in Aussicht stehen.
Die Phobie ist eine extreme Form der Furcht vor Objekten oder Situationen.
Im Gegensatz zu BECKER (1980,307) zählt FREUD (1926, 157) die Phobie nicht zur Furcht, sondern bezeichnet sie als "Realangst".
4. Fokusierte Angst: Umweltbezogene Phobien
4.1. Soziale Phobie
Die Soziale Phobie ist eine persistierende, an die Gegenwart anderer Menschen gebundene Angst.
Innerhalb der Phobien ist die Soziale Phobie die zweit- oder dritthäufigste Angststörung. Ungefähr ein Viertel aller Angstpatienten leidet an Sozialangst. In älteren Studien fand man heraus, daß Männer wie Frauen gleichermaßen betroffen sind. Neueste Forschungsergebnisse widerlegen dies. Demnach leiden mehr Männer als Frauen unter sozialen Ängsten.
Ihre Ausprägung beginnt im Jugendalter, mit etwa 18 Jahren. Am meisten sind Singles betroffen. Je nach Studie fand man 36-68% der Sozialphobiker ohne Partner. Eine weitere Analyse zusammengetragener Fakten zeigt, daß die Soziale Phobie alle sozialen Schichten sowie Menschen unterschiedlichster Bildungsgrade gleichermaßen befällt.
Die Soziale Phobie wird umschrieben als eine hartnäckige Angst vor Situationen, in der die betroffene Person einer möglichen kritischen Beurteilung durch eine oder mehrere andere Personen ausgesetzt ist. Der Betroffene selbst findet seine Angst übertrieben, kann sie aber nicht beseitigen. Daraus entsteht ein Vermeidungsverhalten, d.h. eine Abneigung gegen persönliche Kontakte, berufliche Aktivitäten, die zwischenmenschliche Kontakte voraussetzen, aus Furcht vor Kritik, Mißbilligung oder Ablehnung. Häufig hat das eine eingeschränkte Lebensweise zur Folge. Der Sozialphobiker ist von sich überzeugt, sozial unbeholfen, unattraktiv und minderwertig im Vergleich zu anderen zu sein.
Im Jahr 1997 beschäftigten sich Ärzte und Psychologen bundesweit in 24 Diskussionsforen mit dieser psychischen Krankheit.
4.4.1. Wo beginnt die Soziale Phobie ?
Bei jedem Menschen gibt es eine Grenze, an der er anfängt, darüber nachzudenken, was andere über ihn denken. Würde das nicht so sein, gäbe es keine gesunde Achtung und Respekt voreinander. Menschen würden bei sommerlichen Temperaturen vielleicht unbekleidet die Straße passieren. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt, wenn es überhaupt nicht interessiert, was andere davon halten.
Ein gesundes Schamgefühl ist nicht nur sinnvoll, sondern sogar notwendig. Nur dadurch ist ein vernünftiges Zusammenleben in einer Gesellschaft möglich. Die Grenze ist fließend, jedoch gibt es einen klar zu definierenden Punkt, ab dem von einer sozialen Phobie die Rede ist:
Kontaktangst, die über die normale Schüchternheit hinaus geht, das heißt übertriebene Sorge vor Mißbilligung, Kritik und Blamage, Angst vor autoritärem Verhalten, die Unfähigkeit, eigene Bedürfnisse anzubringen, nicht "Nein" sagen zu können und allgemeine Konfliktunfähigkeit. Leidet der Betroffene unter diesen Befürchtungen, vermeidet er soziale Kontakte und ist sein privates und berufliches Leben dadurch stark eingeschränkt, z.B. weil er sich nicht mehr aus der Wohnung traut , dann tritt Behandlungsbedürftigkeit ein.
Engumschriebene Sozialphobien ( z.B. nur Furcht vor öffentlichem Sprechen) sind eher selten. Meist erstreckt sich die soziale Phobie auf mehrere Bereiche, wie Gespräche mit dem Chef, Prüfungen, Arztbesuche, Partys, Gaststätten oder das Knüpfen neuer Kontakte.
4.4.2. Der Teufelskreis
Wovor genau haben die Betroffenen Angst? Die Soziale Phobie geht mit sichtbaren körperlichen Begleiterscheinungen einher. Die häufigsten unter ihnen sind das Erröten, Sprechhemmungen wie Stottern und Versprechen, schweißnasse Hände, eine verkrampfte Körperhaltung, Flecken an Gesicht und Hals, sowie Zittern.
Der Sozialphobiker hat Angst, daß man ihm die Nervosität ansieht, auch vor den Konsequenzen, die bedeuten könnten, allein zu sein, nicht gemocht zu werden, mit anderen nicht zurecht zu kommen. Die körperlichen Symptome stellen für die meisten Sozialphobiker das eigentliche Problem dar. Diese werden als Grund für weitere Ablehnungen oder negative Bewertungen empfunden.
Ein wesentliches Merkmal der Sozialen Phobie ist das Phänomen der Angst vor der Angst. Schon in der Erwartung (z. B. Erhalt der Einladung zur Betriebsfeier) der befürchteten Situation treten die körperlichen Symptome zu Tage. Allein die Vorstellung bereitet körperliche Beschwerden (Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Herzrasen, Würgegefühl; Bluthochdruck).
Der Mensch, auf den sich die Ängste beziehen, reagiert wiederum auf das ängstliche Verhalten und dadurch wird die Situation noch komplizierter. Die betreffende Leistung wird tatsächlich beeinträchtigt. So beschwört der Sozialphobiker unnötigerweise genau die Situation herauf, vor der er sich fürchtet.
Im Gegensatz dazu bleiben beispielsweise ein Aufzug, das Flugzeug oder enge Räume immer gleich.
4.4.3. Mögliche Ursachen
4.4.3.1. Die Persönlichkeit
Es wird angenommen, daß Sozialangst und Sozialphobie fast immer eine selbstunsichere Persönlichkeit voraussetzen.
Die Betroffenen werden als stärker introvertiert, wenig gefühlsbetont und durchsetzungskräftig beschrieben. Desweiteren sind sie besonders empfindlich gegenüber Kritik und weniger flexibel gegenüber sozialen Anforderungen. Viele unter den beobachteten "Fällen" hatten Schwierigkeiten, Freundschaften zu schließen und sich in eine Gruppe einzufügen.
So kann man es sinngemäß bei F. Strian "Angst" (Springer - Verlag 1983) nachlesen.
Meiner Meinung nach wird nicht genau geklärt, was zuerst da war: die Angst, Kontakte zu knüpfen oder die Tendenz, zurückgezogen zu leben. Richtig ist unbestritten, daß soziale Ängste seltener an eine Person mit einem sehr starken Selbstwertgefühl herankommen. Menschen, die offen auf andere zugehen können, sofort im Mittelpunkt stehen ( nicht die sogenannten Vorwärtsvermeider) und als Kind schon keine Schüchternheit kannten, werden sich nicht plötzlich um 180 Grad drehen und vor Angst kaum aus der Wohnung gehen.
Als Ursachen, die von außen auf die Persönlichkeit einwirken, bezeichnet man folgende:
- Klassische Konditionierung der Ängste durch ein traumatisches Ereignis mit negativen Folgen. Der Sozialphobiker will sich vor unangenehmen Gefühlen und Bedrohungen schützen, die er in einer bestimmten Situation früher erlebt hat.
- Konditionierung durch Bestrafungsprozeduren in der Kindheit mit der Folge sozialer Unsicherheit
- Ängste können mitbedingt sein durch gesellschaftlich vermittelte Einstellungen und durch die in der Erziehung erzeugten Schuldgefühle beim Übertreten von Normen
(Information aus dem Internet "Soziale Phobie")
4.4.3.2. Soziale Defizite
Ängste können Folge sozialer Defizite sein.
Damit ist das Fehlen oder die ungenügende Entwicklung sozialer Fertigkeiten gemeint. Die krankhafte Kontakthemmung hat hier ihre Ursache in einer Unfähigkeit in der Herstellung und Aufrechterhaltung sozialer Kontakte.
Aus den Reaktionen der Mitmenschen, wie zum Beispiel belächeln oder ausgrenzen des Betroffenen entsteht Unsicherheit. Prinzipiell ist aber der Wunsch nach Gemeinsamkeit vorhanden. Grob umschrieben liegt hier ein intellektuelles Problem vor.
Ein Wissenschaftlerteam definierte soziale Defizite so:
"Lebenslange Schwierigkeiten im Knüpfen und Aufrechterhalten sozialer Kontakte trotz des Wunsches danach und ein Lebensstil, der so organisiert wurde, die Bedrohung der eigenen Person zu reduzieren mit dem Ergebnis des sozialen Rückzugs und starker Beeinträchtigung im beruflichen Leben."
Die Patienten sind sich ihrer kognitiven Befürchtungen kaum bewußt. Im Vordergrund stehen hier die körperlichen Symptome wie Anspannung, Leeregefühl, Magenbeschwerden und Kopfschmerzen.
Es wird ein globales Gefühl der Unsicherheit erlebt, die situativen Bedingungen der Schwierigkeiten sind diesen Patienten kaum zugänglich. Das Problem wird als diffus und unspezifisch wahrgenommen.
Das Verhalten von Menschen mit sozialen Defiziten wird von anderen (Menschen mit normal ausgeprägten sozialen Kompetenzen) als unangemessen, für bestimmte Situationen unzweckmäßig erlebt. Ständiges Entschuldigen, aggressive Reaktionen auf harmlose Impulse, totales Schweigen, sehr viel reden, Monotonie oder fehlender Blickkontakt sind auffällig.
Bei diesen Patienten steht ein Training sozialer Fertigkeiten (Blickkontakt, Körperhaltung, Mimik, Gespräche beginnen, fortsetzen und beenden eine Forderung äußern ) im Vordergrund, was durch Rollenspiele und Situationsübungen erreicht werden kann.
4.4.3.3. Der Erziehungsstil - eine Ursache ?
In Untersuchungen wurden die Erziehungsstile der Eltern von Sozialphobikern und Nichtphobikern miteinander verglichen.
Dies ergab, daß bei Sozialphobikern das Elternhaus wenig unterstützend wirkte, einerseits verletzend und anderseits überfürsorglich. Ein selbstsicheres und unabhängiges Verhalten konnte sich dort nicht herausbilden, die ursprüngliche Angst vor Fremden wurde nie beseitigt.
Auffallend war auch, daß nie eine volle Akzeptanz ohne Leistung da war.
Kommunikative Eltern, die zu gleichen Teilen auf die Kinder zugingen, fand man nur in 3% der Fälle.
Ein soziales Stigmata entstand, wenn die Kinder eine Schule besuchten, die sehr stark vom Elternmillieu abwich oder Volksgruppen angehörten, die Außenseiter sind.
In einigen Fällen waren die Eltern auffällig, seelisch oder körperlich
4.4.4. Verschiedene Ausprägungen der Sozialen Phobie
Einem schriftlichen Interview ( im Internet veröffentlicht) mit Dipl.-Psychologe Dr. med. Rüdiger Ullrich kann man entnehmen, daß dieser die Sozialangst in vier Hauptbereiche einteilt: die Fehlschlagangst, Kontaktangst, Angst beim Äußern und Zulassen eigener Bedürfnisse und die Angst, Forderungen und Bitten abzuschlagen.
Daraus ergeben sich verschiedene Zeitpunkte beim Aufsuchen der Therapie sowie individuelle Möglichkeiten innerhalb dieser.
Nachfolgend möchte ich die vier Bereiche einzeln näher erläutern.
- Fehlschlagangst (wird allgemein mit der Sozialphobie gleichgesetzt) : Furcht vor Blamage,
Kritik und Mißbilligung, öffentlicher Beachtung, Prüfungsangst, Angst vor autoritärem Verhalten, da letzteres meist mit Leistungserbringung und eventuell negativen Folgen verbunden war. Das Fluchtverhalten äußert sich in Rückzugs - oder Vorwärtsvermeidung. Mit zuletzt genannter Strategie ist das Bestreben verbunden, erst gar keine Angriffsfläche für Kritik zu bieten.
Diese Schutzmaßnahme artet in Perfektionismus aus, wofür der Betroffene meist noch Streicheleinheiten bekommt und soziale Anerkennung erhält.
- Kontaktangst: Angst, jemanden kennenzulernen, das Gespräch anzuknüpfen, Angst vor Nähe und deren Folgen wie häufiger Partnerwechsel und Bindungsunfähigkeit. Wenn eine Vermeidung nicht möglich ist, schon viele Partnerschaften gescheitert sind oder Depressionen auftreten, wird ärztliche Hilfe aufgesucht.
- Angst beim Äußern, Zulassen und Durchsetzen eigener Bedürfnisse: ein ständiges "zurückstecken" ist die Folge, damit auch verbunden, leicht übergangen zu werden, was den Betroffenen wiederum in der Annahme bestärkt, weniger wert zu sein. Angestaute Wut und Ohnmacht, Kreislaufprobleme und Bluthochdruck sind die Auslöser, eine Therapie zu beginnen.
- Angst, Forderungen und Bitten abzuschlagen: Probleme beim Nein - Sagen und Konfliktunfähigkeit.
Grund ist hier die Befürchtung, abgelehnt oder gar verlassen zu werden, wenn die Wünsche der Mitmenschen nicht befriedigt werden. Die spezifische Überanpassung und das Ärgerschlucken führt zu Überforderung und Erschöpfung.
4.4.5. Folgen der Sozialen Phobie bei Nichtbehandlung
Ist es nicht mehr möglich, die angstauslösenden Situationen zu vermeiden, flüchten viele Betroffene in den Mißbrauch von Alkohol und / oder Medikamenten, da die Empfänglichkeit für spannungsabbauende Mittel sehr hoch ist.
Das Suchtpotential dieser Mittel ist um so höher, je schlechter es der betreffenden Person geht. Bei großer Angst ist die Belohnungswirkung einer angstreduzierenden Droge enorm.
Der (übermäßige) Alkohol- und Medikamentenkonsum wiederum führt schlimmstenfalls zu weiteren Beeinträchtigungen im privaten und beruflichen Bereich und kostet nicht selten persönliche und berufliche Kontakte.
Sozialer Abstieg und Isolation sind dann doch für eine größere Anzahl der Sozialphobiker Anlaß genug, sich therapeutische Hilfe zu suchen.
4.4.6. Therapiemöglichkeiten
Erfahrungen bei der Behandlung der sozialen Phobie haben gezeigt, daß Gruppentherapie erfolgreicher als Einzeltherapie ist.
Sehr effizient ist zudem die Verhaltenstherapie, da die ursprünglich gemachten negativen Erfahrungen durch mehr oder weniger lange Vermeidungsstrategien, die der Betroffene bisher angewandt hat, im Nachhinein schwer zu korrigieren sind. Sinnvoller ist deshalb, diese negativen Erlebnisse durch positive Eindrücke neu zu erleben.
Dies ist zum Beispiel mit einer über lange Zeit andauernden Gewöhnung an den Angstauslöser möglich. Je nach Art und Ausmaß der Sozialphobie wird fein oder grob abgestuft vorgegangen. Vorher wird mit dem Patienten eine Angsthierarchie ausgearbeitet. Welche Aktivitäten bereiten wenig Überwindung und wobei besteht die größte Vermeidungstendenz.
Zudem werden Rollenspiele in der Gruppe mit wachsender Schwierigkeit durchgeführt. Wichtig ist, daß der Patient mit jeder einzelnen Schwierigkeit relativ gelassen umgehen kann, bevor die nächste beginnt.
Er soll z.B. lernen, Fehler beim freien Sprechen auszuhalten, ohne das es ihm peinlich ist.
Das wird nach Meinung von Dr. Ullrich oft verkannt. Es werden Rethorikkurse absolviert, bei denen nicht die soziale Phobie behandelt wird, sondern das perfekte und fehlerfreie Sprechen im Vordergrund steht.
Kombiniert wird die Verhaltenstherapie oft mit kognitiven Verfahren ( Theorie, Gedanken, Erkenntnis), Entspannungstraining , Training sozialer Kompetenz und mit einer Medikamenteneinnahme. Letzteres soll wegen der Suchtgefahr nicht als alleinige Methode und nicht über einen längeren Zeitraum angewendet werden ( Dr. med. Ullrich).
Bewährt haben sich auch Selbsthilfegruppen, welche sich nicht nur über Probleme austauschen sondern auch konstruktiv vorgehen, indem beispielsweise angstmachende Situationen durchgespielt werden.
Weiterhin gibt es, besonders im Anfangsstadium, für jeden Einzelnen noch die Möglichkeit der autodidaktischen Wissensaneignung und der Selbsttherapie, wenn dies persönlich als helfend empfunden wird ( siehe Abschnitt:"Adressen und weiterführende Literatur").
5. Die Rolle des Sozialarbeiters / Sozialpädagogen
Aufgabe des Sozialarbeiters ist es nicht, Menschen, die unter einer krankhaften Angst beziehungsweise einer Phobie leiden, zu therapieren. Hier muß er sich aus dem Grund der fehlenden Kompetenz ganz klar abgrenzen. Dies ist zudem auch notwendig, um nicht in Gesetzeskonflikte zu geraten. Was Ärzte können, das können nur Ärzte - und dürfen auch nur sie.
Aber was machen Sozialarbeiter? Die Zahl der Arbeitsfelder und des Einsatzbedarfs nimmt ständig zu. Überall, wo es soziale Probleme gibt, gibt es auch die Handlungsnotwendigkeit.
Soziale Probleme treten in allen Altersstufen beiderlei Geschlechts auf. Das trifft auch für die Verbreitung von Ängsten und Phobien zu. Das Wissen darum, ein ausgeprägtes Problembewußtsein, Sensibilität und umfassende Kenntnisse über die Entstehung von Ängsten, ihre Erscheinungsformen, Auswirkungen und Therapiemöglichkeiten ist eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche und effektive Tätigkeit des Sozialarbeiters /Sozialpädagogen.
Ist er beispielsweise in einem Wirtschaftsunternehmen personalberatend tätig, wird er erkennen müssen, was die Ursachen für ein schlechtes Betriebsklima, ungenügende bzw. übersteigerte Arbeitsmotivation oder schlimmstenfalls Arbeitsverweigerung sein können. Auch das Vorhandensein des inzwischen weitverbreiteten Mobbings, welches einen enormen psychischen Druck auf den Betroffenen ausübt, gilt es frühzeitig zu erkennen. Hier kommt der Sozialpädagoge aufklärend und vermittelnd zum Einsatz.
Mit Hilfe erlernter Techniken, wie die Personen - und / oder Klientenzentrierte Gesprächsführung sowie die Themenzentrierte Gesprächsführung kann er einerseits Angstabbau bewirken, anderseits über zur Verfügung stehende Hilferessourcen informieren.
Der in einem Wirtschaftsunternehmen beschäftigte Sozialarbeiter trägt somit wesentlich zum Wohlbefinden jedes einzelnen Mitarbeiters bei, was wiederum die Basis guter Teamarbeit und optimaler Arbeitsergebnisse darstellt.
Kommt der Sozialpädagoge im Rahmen eines Case Managements im privaten Umfeld des Klienten zum Einsatz, wird er oft auch isoliert lebende Menschen antreffen. Sicher gibt es dafür die verschiedensten Ursachen und im Vordergrund steht, diesen Zustand zu ändern, sofern es auch im Interesse desjenigen ist. Will ich eine junge Frau dazu ermuntern, ihren Studienabschluß nachzuholen oder sich um einen Arbeitsplatz zu bewerben, muß ich gegebenenfalls damit rechnen, daß diese Frau unter sozialen Ängsten leidet und sich deshalb zurückgezogen hat. Auch hier ist Problembewußtsein und Sachkenntnis eine Grundvoraussetzung für den Erfolg der Sache. Mit einer angemessenen Therapie , die der Case Manager im beratenden Gespräch vorschlägt und eventuell veranlaßt, ist der erste Schritt getan, um den Weg aus der Isolation zu finden, wenn er darin begründet ist.
Ich habe die Aufgabe des Sozialarbeiters im Zusammenhang mit Ängsten und Phobien an zwei Beispielen erläutert, welchen noch weitere folgen könnten. Entscheidend ist fundiertes Fachwissen und das man es nicht am falschen Ort zum richtigen Zeitpunkt anwendet, sowie berufliche Abgrenzungen vornimmt. Denn was ein Sozialpädagoge kann - das kann nur er!
6. Anhang
6.1. Berühmte Angstpatienten
Johann Wolfgang von Goethe: Er litt unter extremer Höhenangst, welche er mit Konfrontation selbst therapierte. So zwang er sich beispielsweise, auf das Gerüst des Straßburger Münsters zu klettern.
Ernest Hemingway: Der Schriftsteller kämpfte lebenslang mit Todesängsten, wobei es keine körperlichen Ursachen gab. Es wird vermutet, daß sich dies in seinen Werken widerspiegelte, in denen er immer wieder mannhafte, mutige Helden beschrieb. Hemingway beging nach langer Zeit der Isolation, Trunksucht und Depression schließlich Selbstmord.
Bertolt Brecht: Er war ein Herzphobiker und glaubte ständig, einer Herzattacke zu erliegen. Sigmund Freud: Der Begründer der Psychoanalyse bekam des öfteren Panikanfälle, die in der Literatur schon ausführlich beschrieben wurden.
6.2. Adressen und weiterführende Literatur
- Eine kostenlose Patientenbroschüre über Sozialphobie kann unter folgender Adresse angefordert werden:
Hoffmann - La Roche AG
Service "Ich und Du"
Emil - Barell - Str.1
79639 Grenzach - Wyhlen
- Franz Simon: Angst, Wut & Schmerz - Eine Expedition zu den verflixten Gründen, lucy körner Verlag
- DASH - DeutscheAngstStörungenHilfe: eine Dachorganisation, die versucht, die Aktivitäten aller deutscher Angst - Selbsthilfegruppen zu unterstützen und zu bündeln. Diese Organisation gibt auch eine Zeitschrift heraus, welche quartalsweise erscheint.
Das Jahresabonnement kostet 20,00 DM. Tel.: 089/ 54 40 37 75
6.3. Angabe der verwendeten Literatur
- Sörensen, Maren:
"Einführung in die Angstpsychologie"; Weinheim: Deutscher Studien Verlag 1992
- F. Strian:
"Angst"; Grundlagen und Klinik; Springer -
Verlag Berlin Heidelberg New York Tokyo 1983
- Pschyrembel; Klinisches Wörterbuch; 257. Auflage; Walter de Gryter Berlin New York 1994
- http://privat.schlund.de
- http://medizinfo.de
- http://diverse.freepage.de
- http://medicine.de
- http://medicineonline.de
- Citation du texte
- claudia (Auteur), 1998, Angst - Fokussierte Angst - Soziale Phobien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96406
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