Diese Arbeit soll anhand des Aufstands unter Stepan Razin 1667-1671 versuchen zu zeigen, dass die sowjetische Forschung weit von der Realität entfernt argumentierte. Welche Eigenschaften dieses Aufstandes lassen seine Einordnung als "Bauernaufstand" keineswegs zu? War Stepan Razin als Kopf der Erhebung ein "Bauernführer", der sich mit aller Macht gegen den Moskauer Staat erheben wollte? Diese und weitere Fragen sollen in der vorliegenden Arbeit beantwortet werden.
Als die sogenannten "Bauernaufstände" ging die Reihe größerer Aufstände im Russland des 17. und 18. Jahrhunderts in die ältere Geschichtsschreibung ein. Dahinter verbarg sich der Versuch der sowjetischen Forschung, die vier herausragenden Erhebungen dieser Zeit in eine Linie der Kontinuität bis hin zur "großen sozialistischen Oktoberrevolution" im Jahre 1917 zu zeichnen. Man versuchte, die Geschichte Russlands zu einer Geschichte von Volksaufständen umzudeuten, um den eigenen Vorstoß, auf den sich ja der sowjetische Staat gründete, als folgerichtige und logische Konsequenz dazustellen.
Angefangen beim Bolotnikow-Aufstand 1606-1607, wurden auch die Aufstände des Stepan Razin 1667-1671, des Kondratij Bulavin 1707-1708 und der Pugačev-Aufstand 1773-1775 in diese Chronologie eingeordnet. Es passte nur zu gut ins
sowjetische Weltbild, dass es auch 17. und 18. Jahrhundert Volksaufstände gab, die man als "Bauernkrieg" in vier Etappen beschreiben konnte. Da das Proletariat als unterdrückte Klasse zu dieser Zeit noch lange nicht existent war, bediente man sich der Bauernschaft als vorrangigen Untersuchungsgegenstand. Als die in Russland traditionell stärkste Bevölkerungsgruppe, müsste sie doch zwangläufig entscheidend bei den vier Aufständen mitgewirkt haben. Schließlich wäre somit der Bogen zum ersten "Arbeiter- und Bauernstaat der Erde" nach 1917 zu schlagen.
Dass es sich bei diesen Aufständen aber um sehr heterogene Ereignisse handelte, die schon allein aufgrund ihres zeitlichen Abstands zueinander, einer differenzierteren Betrachtung bedürfen, wurde weitgehend ignoriert. Sicher gab es hier und dort auch Gemeinsamkeiten zwischen den Aufständen, doch der Aufbau einer stringenten Kontinuität zwischen ihnen, erscheint mir ein zu gewagter Versuch zu sein. Besonders in Bezug auf den Vergleich mit der Russischen Revolution ergeben sich signifikante Abweichungen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einführung: Ein Aufstand wie viele andere?
- 2 Die Sichtweise der sowjetischen Geschichtsschreibung
- 3 Die Träger des Aufstands
- 3.1 Die Person Stepan Razin
- 3.2 Die Don-Kosaken
- 3.3 Die übrigen Beteiligten
- 4 Stoßrichtung Moskau? Die Motive des Aufstands
- 5 „Bauernkrieg“ gegen Moskau?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Kosakenaufstand unter Stepan Razin (1667-1671) und hinterfragt die sowjetische Interpretation als „Bauernkrieg“. Ziel ist es, die Einordnung des Aufstands als rein bäuerliche Erhebung zu widerlegen und die Motive sowie die Akteure genauer zu beleuchten. Der Fokus liegt auf der Abweichung von der sowjetischen Geschichtsschreibung und der Frage nach Razins Rolle und den eigentlichen Zielen des Aufstands.
- Die sowjetische Interpretation des Razin-Aufstands als „Bauernkrieg“
- Die Rolle Stepan Razins und die Zusammensetzung der Aufständischen
- Die tatsächlichen Motive des Aufstands und seine Zielsetzungen
- Der Vergleich mit anderen Aufständen im zaristischen Russland
- Die methodischen und ideologischen Einflüsse auf die sowjetische Geschichtsschreibung
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einführung: Ein Aufstand wie viele andere?: Die Einleitung stellt den Kosakenaufstand unter Stepan Razin in den Kontext anderer Aufstände im 17. und 18. Jahrhundert im Russländischen Reich. Sie kritisiert die sowjetische Interpretation dieser Aufstände als einheitliche „Bauernkriege“ in einer Linie bis zur Oktoberrevolution, als Versuch, die eigene Revolution als logische Konsequenz darzustellen. Die Arbeit betont die Heterogenität der Ereignisse und kündigt an, die Einordnung des Razin-Aufstands als „Bauernkrieg“ zu hinterfragen.
2 Die Sichtweise der sowjetischen Geschichtsschreibung: Dieses Kapitel analysiert die sowjetische Geschichtsschreibung und deren Interesse an der Interpretation der Aufstände als „Bauernkriege“. Es wird deutlich, dass die Darstellung stark von ideologischen Zielen geprägt war, um die eigene Herrschaft zu legitimieren und einen Platz in der russischen Geschichte zu sichern. Das Kapitel referiert die Sichtweise Stalins und anderer sowjetischer Historiker, welche die Aufstände als spontanes Aufbegehren unterdrückter Klassen gegen das Feudalsystem deuteten, und die kritische Analyse der sowjetischen Herangehensweise durch Yaresh wird vorgestellt. Die Arbeit von Yaresh hinterfragt die Eignung einer rein sozioökonomischen Interpretation und die Einordnung in ein gesamteuropäisches Bild der Bauernerhebungen.
3 Die Träger des Aufstands: Dieses Kapitel würde sich mit den Akteuren des Aufstands befassen. Es würde Stepan Razin als Person analysieren, seine Rolle im Aufstand und sein Verhältnis zu den verschiedenen Gruppen untersuchen. Weitere Schwerpunkte wären die Don-Kosaken als Hauptträger des Aufstands, ihre Motivationen, soziale Struktur und ihre Rolle innerhalb des Aufstandes. Schließlich würde das Kapitel auch die Beteiligung anderer Gruppen untersuchen und ihr Gewicht im Gesamtkontext des Aufstands einschätzen, um die Zusammensetzung der aufständischen Kräfte zu verdeutlichen.
4 Stoßrichtung Moskau? Die Motive des Aufstands: Dieses Kapitel würde die Ziele und Motive des Razin-Aufstands im Detail untersuchen. Es würde sich kritisch mit der Frage befassen, ob der Aufstand tatsächlich gegen Moskau gerichtet war und ob die Bezeichnung „Bauernkrieg“ angemessen ist. Das Kapitel würde die verschiedenen Motive der Beteiligten analysieren und beleuchten, ob es sich um einen rein sozialen Protest oder um andere Interessen handelte. So würde es die komplexen Ursachen des Aufstands ausleuchten und die vereinfachende Darstellung der sowjetischen Geschichtsschreibung entkräften.
Schlüsselwörter
Stepan Razin, Kosakenaufstand, Sowjetische Geschichtsschreibung, Baueraufstände, Russländisches Reich, 17. Jahrhundert, Motive, Ziele, soziale Strukturen, Klassenkampf, ideologische Interpretation.
Häufig gestellte Fragen zum Kosakenaufstand unter Stepan Razin
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert den Kosakenaufstand unter Stepan Razin (1667-1671) und hinterfragt kritisch die sowjetische Interpretation als „Bauernkrieg“. Sie untersucht die Motive, Akteure und Ziele des Aufstands und vergleicht ihn mit anderen Aufständen im zaristischen Russland. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Abweichung von der sowjetischen Geschichtsschreibung.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: die sowjetische Interpretation des Razin-Aufstands, die Rolle Stepan Razins und die Zusammensetzung der Aufständischen, die tatsächlichen Motive des Aufstands und seine Zielsetzungen, der Vergleich mit anderen Aufständen, und die methodischen und ideologischen Einflüsse auf die sowjetische Geschichtsschreibung.
Wie wird die sowjetische Geschichtsschreibung behandelt?
Die Arbeit analysiert die sowjetische Interpretation des Razin-Aufstands als „Bauernkrieg“ und deckt deren ideologischen Hintergrund auf. Sie zeigt, wie diese Interpretation dazu diente, die eigene Herrschaft zu legitimieren und die Oktoberrevolution als logische Konsequenz darzustellen. Die Arbeit kritisiert die vereinfachende und ideologisch geprägte Sichtweise der sowjetischen Historiker.
Welche Akteure werden im Aufstand betrachtet?
Die Arbeit untersucht Stepan Razin als Person, seine Rolle und sein Verhältnis zu den verschiedenen Gruppen. Sie analysiert die Don-Kosaken als Hauptträger des Aufstands, deren Motivationen, soziale Struktur und Rolle. Zusätzlich werden andere beteiligte Gruppen und deren Bedeutung im Gesamtkontext des Aufstands beleuchtet.
Welche Motive und Ziele des Aufstands werden untersucht?
Die Arbeit untersucht detailliert die Ziele und Motive des Razin-Aufstands und hinterfragt die Bezeichnung „Bauernkrieg“. Sie analysiert die verschiedenen Motive der Beteiligten und beleuchtet, ob es sich um einen rein sozialen Protest oder um andere Interessen handelte. Ziel ist es, die komplexen Ursachen des Aufstands aufzuzeigen und die vereinfachende Darstellung der sowjetischen Geschichtsschreibung zu widerlegen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: Einführung, Die Sichtweise der sowjetischen Geschichtsschreibung, Die Träger des Aufstands (mit Unterkapiteln zu Stepan Razin, den Don-Kosaken und weiteren Beteiligten), Stoßrichtung Moskau? Die Motive des Aufstands.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Stepan Razin, Kosakenaufstand, Sowjetische Geschichtsschreibung, Baueraufstände, Russländisches Reich, 17. Jahrhundert, Motive, Ziele, soziale Strukturen, Klassenkampf, ideologische Interpretation.
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- Nico Bäro (Autor), 2009, "Bauernkrieg" gegen Moskau? Der Kosakenaufstand unter Stepan Razin 1667-1671, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/962319