Inhaltsverzeichnis:
1. RUSSISCHE KÜCHE:
2. WOHNSITUATION IN RUßLAND:
3. FESTE UND ALKOHOL IN RUßLAND:
4. DER RUSSISCHE ALLTAG AUS DER SICHT EINES FREMDEN:
4.1. NAMEN UND ANREDEN:
4.2. RUSSISCHE KLEIDUNG:
4.3. EINKAUFEN IN RUßLAND:
4.4. ZU GAST IN RUßLAND:
5. SCHLUßBEMERKUNG:
6. LITERATURANGABE:
1. Russische Küche:
In Rußland ißt man allgemein sehr fett und süß. Anders als bei uns wird auf ausgewogene Nahrung, Vitaminreichtum und Kalorienmenge kaum geachtet Ebenso legt man auf vegetarische oder vollwertige Kost keinen Wert, im Gegenteil, es wird sogar sehr viel Fleisch gegessen, dafür relativ wenig Gemüse und Obst. Eine Ausnahme scheint die Banane zu sein, die sich bei den Russen allgemeiner Beliebtheit erfreut. Kohl, Rote Beete und Gurken stehen allerdings auch häufig auf dem Speiseplan, besonders in der typischen russischen Kohlsuppe „Borretsch“.
Das Fr ü hst ü ck ( „ zavtrak):
Das Frühstück ist zumeist sehr reichhaltig und nicht selten warm. Oft besteht es aus einem Brei(„ kasa “), der aus Haferflocken, Buchweizen oder Reis mit Milch, Zucker und zerlassener Butter zubereitet wird. Dazu kann es Eierspeisen, heiße Würstchen oder Bratkartoffeln mit Fleischsoße enthalten. Daneben gibt es Schwarz- und/oder Weißbrot, Sauermilch, Saft, Kaffee und Tee. Der Kaffee wird in der Regel als Milchkaffee angeboten und der Tee in besonderer Weise hergestellt: ein recht starker Teesud wird nach Belieben glasweise mit heißem Wasser verdünnt.
Das Mittagessen ( „ obed “ ):
Das Mittagessen gliedert sich oft in mehrere Gänge. Angefangen mit kalten pikanten Vorspeisen („ zakuski “), wie z.B. Salate aus Roter Beete, Kohl, Gurken und Hering, oder kleine gefüllte Pfannkuchen („ bliny “). Daneben gibt es warme oder kalte Suppen, Brot und oft gefüllte Teigtaschen („ pirogi “). Das Hauptgericht besteht meist aus Fleisch oder Fisch und oft noch kleine gefüllte Teigtaschen („ pel ´ meni “). Manchmal gibt es als Hauptgang auch salzigen „ kasa “.
Zum Essen werden verschiedene Getränke gereicht wie beispielsweise Wasser, Wein, Bier, Sekt, Wodka oder Weinbrand, gelegentlich auch Likör.
Das Dessert kann sehr vielseitig sein, wie z.B. Eis, Grütze, Torte oder Törtchen, manchmal auch Obstsalat. Dazu wird Kaffee oder Tee serviert und oft ein Getränk aus Obst, Wasser und Zucker („ kompott “).
Das Abendessen ( „ uzin “ ):
Das Abendessen wird auch Abendtee („ vecernij caj “) genannt und ist im allgemeinen nicht so reichhaltig. Es besteht oft aus kleinen Häppchen, die sowohl süß als auch salzig sein können, Tee Kaffee oder Kompott.
Das gemeinsame Essen hat bei den Russen einen hohen Stellenwert. Die großen Mahlzeiten werden in der Regel zu Hause eingenommen, da sich die meisten Russen einen Besuch in Restaurants nicht leisten können. Unter der Woche ist es keine Seltenheit wenn sich die Reihenfolge der Mahlzeiten ändert, da während der kurzen Mittagspause üblicherweise nur eine kleinere Zwischenmahlzeit eingenommen werden kann, so daß die Hauptmahlzeit mit der ganzen Familie abends stattfindet.
In der Regel ist die Mittagsessenszeit zwischen 13 und 14 Uhr, Abendessen gibt es meist erst nach 19 Uhr, wobei spätere Zeiten häufig sind, frühere jedoch selten.
2. Wohnsituation in Rußland:
Wohnungen in Rußland sind sehr teuer, besonders in den größeren Städten: „Die Mieten machen zur Zeit (1996), je nach Stadtviertel und Ausstattung, im allgemeinen zwischen 30 und 50 %, nicht selten bis zu 100 % oder mehr (!) des Monatseinkommens aus.“, (nach Barbara Löwe, KulturSchock Rußland, 1997).
Diese Situation hat zur Folge, daß viele Russen ihre unzureichenden Gehälter, Löhne oder Renten durch Nebenerwerb aufbessern müssen. Eine häufige zusätzliche Einnahmequelle ist die Untervermietung der ohnehin knapp bemessen eigenen Wohnräume, zum Teil sogar der gesamten Wohnung bis hin zum Verkauf. Durch dieses Dilemma geraten nicht selten Menschen in die Obdachlosigkeit und werden zu „ bomzi “ , Leute ohne festen Wohnsitz , oder sie geraten in die Kriminalität. Viele Menschen ziehen aus diesem Grund von der Stadt auf das Land in dörfliche Siedlungen, wo die Preise noch nicht so hoch sind, es aber dort oft an sanitären Einrichtungen und fließendem Wasser mangelt.
Aufgrund der überhöhten Mietpreise sind viele Russen dazu gezwungen mit der gesamten Familie in einer kleinen, meist Zwei- bis Dreizimmerwohnung zusammenzuleben. Diese „Wohngemeinschaft“ erstreckt sich nicht selten über Großeltern, Eltern und Kinder, die bisweilen sogar auch schon verheiratet sind und Kinder erwarten, sich aber keine eigene Wohnung erlauben können.
Unter solch engen Wohnbedingungen muß der Platz für Möbel, Kleidung und sonstigen Hausrat gut eingeteilt werden, da die meisten Wohnungen nur selten über Keller, Speicher oder Abstellräume verfügen. Oft hilft man sich mit etlichen von Regalen im Flur und nutzt, falls gegeben, den kleinen Balkon als Stauraum.
Die übliche räumliche Aufteilung einer russischen Wohnung ist die einer Küche und eines Wohn- und Schlafraumes. Die Küche dient sowohl als Eßzimmer, als auch als Wohn- und Gemeinschaftsraum der Familie. Sie ist der Mittelpunkt der Wohnung und durch den Ofen der wärmste Raum und meist gemütlich eingerichtet, nicht selten mit Fernsehgerät. Hier trifft sich die Familie, deren Freunde und Bekannte. Sie ist der Ort, an dem der Alltag erlebt wird. Das Wohn- und Schlafzimmer dagegen beherbergt polierte Möbel und eine Couchecke, wodurch dieses Zimmer nur zum Schlafen und für besondere Anlässe, wie beispielsweise seltenen Besuch und Festtage genutzt wird. Besonders beliebt sind bei den Russen mit Büchern vollgestopfte Regale, da sie ausgesprochene Buchliebhaber sind. Beliebte Dekorationsstücke sind auch zum einen der Samovar, der heutzutage elektrisch betrieben wird, sowie prunkvolle Wandteppiche. Der Zustand der Häuser ist fast immer katastrophal, angefangen mit brüchigen Rohren, unzuverlässigen Fahrstühlen und unreparierbar tropfenden Wasserhähnen. Demzufolge ist es nicht verwunderlich, daß das Interesse an der Gepflegtheit bei den Bewohnern oft an der Wohnungstür endet. Dies macht sich deutlich an den verschmutzten und verwahrlosten Treppenhäusern, häufig von Ungeziefer befallen, bemerkbar. Da die Haustüren in der Regel defekt und ohne Mühe aufzuriegeln sind, sind nächtliche Besucher wie beispielsweise Obdachlose und Alkoholiker keine Seltenheit. Doch nichts desto trotz ist jeder Russe, der imstande ist, eine eigene Wohnung zu unterhalten, froh, und wird seine Räume mit viel Liebe pflegen.
3. Feste und Alkohol in Rußland:
Russen sind gesellige Menschen und sie lieben das Feiern. Selbst am Arbeitsplatz gibt es häufig Gelegenheiten, um in fröhlicher Runde beisammenzusein, z. B. den Antritt oder das Ende einer Dienstreise, eine Beförderung, ein Geburtstag, eine Hochzeit und natürlich die offiziellen Gedenk- und Feiertage. Man kennt die privaten Freuden und Leiden der Kollegen und lacht, weint, singt, und tanzt gemeinsam auf diesen Festen. Zu jeder Feier darf der Alkohol nicht fehlen, besonders der Wodka ist sehr beliebt. Es kommt sogar vor, daß man von Büro zu Büro und anschließend von Wohnung zu Wohnung zieht. Bei schönem Wetter verlegt man die Festlichkeiten auch nach draußen, obwohl der Genuß von Alkohol in der Öffentlichkeit eigentlich strafbar ist.
Manche Leute treffen sich auch einfach nur in Parkanlagen oder in Häuserfluren, um gemeinsam zu trinken, was im Winter nicht wenige Erfrierungstote zur Folge hat.
Der Alkoholmißbrauch ist in Rußland ein traditionelles Phänomen. Betrunkene werden von den Passanten nicht beachtet, es ist eben ein alltägliches Bild. Die Anti- Alkoholkampagnen in letzter Zeit haben nichts zur allgemeinen Verbesserung dieser Situation beigetragen, sie wurden vielmehr belächelt und verspottet. Die verhängten Restriktionen und Verbote dagegen haben den Schwarzmarkt aufblühen lassen und somit das Gegenteil des Erwünschten erzielt.
4. Der russische Alltag aus der Sicht eines Fremden:
4.1. Namen und Anreden:
Personennamen setzen sich zusammen aus dem Vornamen, dem Vatersnamen und dem Familien- oder Nachnamen. Beispiel 1: Ivan Ivanovic Ivanov - an der Endung erkennt man das der Träger des Namens männlich ist, daß sein Vater genau wie er Ivan heißt und daß sein Familienname Ivanov lautet. Beispiel 2: Ekaterina Pavlovna Pavlova - erkenntlich an der Endung ist diese Person weiblich, ihr Vorname ist Ekaterina, ihr Vater heißt Pavel, und ihr Nachname lautet Pavlov.
Der russische Vorname wird in den gleichen Fällen gebraucht, wie der deutsche, jedoch wird er häufig verkleinert, beispielsweise wird aus Barbara „Varja“ , aus Olga „Ol“ oder aus Aleksandr „Sasa“. Wer den Vornamen gebraucht, duzt in der Regel auch. Möchte man unbekannte Personen ansprechen, greift man auf Anreden zurück, die für uns etwas befremdlich wirken, wie z. B. „Junger Mann“, womit Männer bis ca. 50 Jahre gemeint sind oder „Mädchen“, zu Frauen bis ca. 40 Jahren. Ab diesem Alter jedoch wird man schnell „alt gemacht“, so z. B. „Großvater“ oder „Großmutter“. Als Ausländer sollte man diese Formen der Anrede allerdings nicht gebrauchen, sofern man nicht der russischen Sprache mächtig ist, da es sehr schnell zu Mißverständnissen führen kann. Es empfiehlt sich der Person lieber auf herkömmliche Weise mit „Entschuldigen sie, bitte...“ entgegenzutreten.
Der ausländische Gast sollte sich zudem angewöhnen, sich auf jeden Fall den Vatersnamen von Personen zu merken, mit denen er sich verabredet. Der Russe faßt es als unhöflich, z. T. eventuell als persönliche Beleidigung auf, wenn man seinen vollen Namen nicht kennt.
4.2. Russische Kleidung:
Geht man durch Rußlands Straßen, fällt einem sofort die eindeutige Zuschneidung auf die Geschlechter auf. Die russische Frau kleidet sich gern feminin, bevorzugt mit - nicht selten betont kurzen - engen Röcken, Spitzenkragen und figurbetonten Oberteilen. Zu festlichen Anlässen geht man besonders schick, ins Büro korrekt gekleidet. Am Wochenende und zu Hause tauscht der Mann vielfach die Alltagsmode gegen den Trainingsanzug.
Die Russen achten sehr auf ihre Kleidung und können es nicht verstehen, wie die Menschen aus dem Westen ihren ungepflegten „Schlabberlook“ schick finden können, betrachten dies teilweise sogar als Provokation gegen sich.
Frauen gehen mit ihrer Kosmetik gerne sehr großzügig um und färben sich ihre Haare nicht selten rötlich- orange, welche sie sich zu Locken drehen. Kurze Haare und sportliche Kleidung findet man unter ihnen zwar teilweise, jedoch wirkt es unter der Menge eher befremdlich. Das Parfüm ist eher blumig- schwer und auch die Seifen duften stark nach Flieder oder Maiglöckchen.
Besonders hervorstechend ist die Vielfalt von Kopfbedeckungen unter den Russen, vor allem in der Zeit vom Herbst bis zum Frühjahr. Männer tragen bevorzugt die typisch russischen Pelzmützen mit herunterklappbaren Ohrenteilen, wohingegen sich die Skimütze bei jüngeren Männern immer größerer Beliebtheit erfreut. Frauen tragen gerne Angoramützen, aber auch Kopftücher oder um den Kopf gewickelte, gestrickte Schals. In der kalten Jahreszeit sind Kopfbedeckungen ein Muß, denn wenn einer ohne geht, wird er entweder vorwurfsvoll betrachtet oder gemahnt, ob man den Winter denn nicht ernst nehme.
4.3. Einkaufen in Rußland:
Einkaufen in Rußland ähnelt fast schon einem Abenteuer. Man braucht Zeit, Geduld und Kondition. Wenn man in einen Laden geht, um diverse Waren zu erstehen, wird man sich insgesamt an drei Warteschlangen anstellen müssen:
Als erstes stellt man sich in der ersten Schlange an, um zu sehen, ob das gewünschte Produkt angeboten wird und sucht etwas aus. Die Kassiererin nennt den Preis und schreibt einen Zahlungsbon. Damit schließt man sich an das Ende der zweiten Schlange vor der Kasse an, um zu bezahlen, und erhält einen Zahlungsbeleg. Mit diesem schließlich stellt man sich hinter die dritte Schlange, um die gekaufte Ware in Empfang zu nehmen. Meistens wird das Gekaufte in Packpapier eingewickelt und mit einer Kordel zugeschnürt.
Es gibt allerdings auch viele Stände auf den Straßen . Dort sind die Preise wesentlich niedriger als in den Geschäften, die für viele Russen zu teuer sind. Hier bekommt man alles: von Lebensmittel über Textilware, Schuhe, Gebrauchtware, Neuware und illegale Ware. Die Stände bestehen meist aus kleinen Klapptische oder auch fliegenden Händler mit wegräumbaren Taschen und Tüten. Auffällig ist die „Ruppigkeit“ der Verkäuferinnen, sowohl in den Geschäften als auch an den Ständen und auf den Märkten. Davon sollte man sich jedoch nicht abschrecken lassen, denn dieser etwas grobe Umgangston ist bei russischen Verkäuferinnen sowie Kellnerinnen durchaus üblich und wird von der russischen Bevölkerung hingenommen.
4.4. Zu Gast in Rußland:
Russische Gastfreundschaft ins private Umfeld sind eher selten, wenn sie jedoch erfolgen, sind sie meist überwältigend. Der Gast wird sofort in die Familie integriert und man versucht ihm alles so angenehm wie möglich zu machen. Zur Begrüßung küßt man sich meist auf beide Wangen, wobei keineswegs Kußzwang besteht. Handschlag ist bei Frauen hingegen eher unüblich. Zudem sollte man den Gastgeber nach russischem Aberglaube nicht über die Türschwelle grüßen, denn das bringt Unglück. Beim Betreten der Wohnung tauscht man die Straßenschuhe gegen Hausschuhe, entweder Pantoffeln oder leichte Schläppchen, die man entweder selbst mitbringt oder angeboten bekommt.
Anders als in anderen Ländern werden mitgebrachte Geschenke nicht sofort ausgepackt, sondern zur Seite gestellt und oft erst nach Verlassen des Gastes ausgepackt, um eventuelle Peinlichkeiten zu vermeiden. Anders ist es hingegen mit mitgebrachten Getränken oder Speisen, die für die Allgemeinheit auf den Tisch gestellt werden.
Beliebte Geschenke sind vor allem Blumen, wobei man darauf achten sollte, daß es sich nicht um gelbe handeln sollte, da dies bedeuten würde, daß dem Beschenkten Trauer ins Haus stehe, ebenso sollte man es vermeiden, älteren Frauen rein weiße Sträuße zu überreichen, da diese mit Trauer assoziiert werden. Beliebt sind Nelken und Rosen, aber der Strauß sollte immer eine ungerade Anzahl von Blumen enthalten und die möglichst langstielig. In Rußland ist es auch nicht selten, daß Männer Blumen geschenkt bekommen. Ein kleines Präsent aus der Heimat des Gastes ist auch immer sehr willkommen, desgleichen Bücher, Parfüm, Wein, Schokolade und ausländische Hochglanz- Modemagazine.
Der Tisch ist im allgemeinen sehr reich gedeckt und die Gänge sind üppig. Man sollte aber darauf achten, immer einen kleinen Rest auf dem Teller zu lassen, wenn man satt ist, da man sonst dem Gastgeber signalisiert, daß man noch nachgelegt haben möchte. Eine Ausnahme besteht natürlich in den Häusern, die mit jedem einzelnen Rubel rechnen müssen. Das angebotene Brot wird nicht mit Butter bestrichen, sondern gebrochen und zusammen mit kleinen Butterstückchen gegessen.
Manche Gastgeberinnen, die alles besonders perfekt organisieren, verschütten zu Beginn des Mahls unauffällig ein Glas, um dem Gast die Peinlichkeit zu ersparen, falls diesem „auch“ ein derartiges Mißgeschick passiert.
Oft werden während des Essens Trinksprüche ausgebracht, woraufhin man anschließend die Gläser leert. Als Gast sollte man immer damit rechnen, daß auch von ihm zumindest einige Erwiderungen oder Äußerungen erwartet werden. Es gälte als unhöflich, würde er nur freundlich lächeln und schweigen.
Nach dem Essen ist es nicht selten, daß der Tisch beiseite geräumt wird und die Runde ausgelassen Musik macht und tanzt. Als Gast sollte man sich dabei nicht ausklinken, sondern fröhlich mitmachen. Allerdings muß man vorsichtig sein, wenn die Gläser und der Alkohol geholt werden, denn man bekommt das Glas in der Regel bis fast zum Rand vollgeschüttet mit meist Hochprozentigem, wobei der Russe nach dem Zuprosten das Glas in einem Zug leert. Wird der Alkohol nicht in einem Zug getrunken, bedeutet das Unglück. Der Gast sollte sich deshalb kleinere Mengen einschütten lassen. Frauen dagegen können sich diesem Trinkgelage enthalten, wenn sie betonen, daß sie sich zurückhalten müssen.
Die meisten Einladungen ins private Umfeld verlaufen jedoch weniger aufwendig.
Da trifft man sich mit den Freunden und Bekannten in der Küche und nimmt ein bescheideneres Mahl zu sich, erzählt viel oder bereitet gemeinsam diverse Gerichte zu.
5. Schlußbemerkung:
Dieses Thema ist vor der Rußlandreise bearbeitet worden. Die Fragestellung wurde mit Hilfe relativ junger Literatur versucht zu beantworten. Aufgrund mangelnder Kenntnis und Erfahrung mit dem russischen Leben und Alltag, wurde auf eine relativ realistische Schilderung von seiten der Literatur vertraut. Die Realität jedoch sah oft ganz anders aus, manche Dinge wiederum stimmten überein.
Auffallend war wirklich die betont feminine Kleidung der russischen Frauen, wobei eher die jungen extrem kurze Röcke trugen. Auch die Intensität der Schminke war deutlich wahrnehmbar. Daß hingegen kurze Haare und Hosen bei Frauen nur sehr seltene Ausnahmen bilden, kann ich nicht bestätigen. Ebenso wenig ist die Feststellung in meinen Augen richtig, daß Russinnen bevorzugt rot gefärbte, lockige Frisuren tragen. Die Schilderung, daß Männer immer Hüte oder Mützen und Frauen Kopftücher etc. tragen, erwies sich ebenfalls als stark übertrieben, besonders bei den jungen Frauen.
Die Pflicht, den Vatersnamen der Russen zu kennen, ist mir persönlich nicht einmal begegnet, ganz im Gegenteil: mir wurde nie ein Vatersname genannt, immer nur der Vorname, aber der meistens tatsächlich stark verkleinert.
Der Einkauf vollzieht sich genauso wie geschildert und dauert im allgemeinen auch recht lange.
Bei Tisch haben, soweit ich informiert bin, die meisten allerdings die Erfahrung gemacht, daß Reste auf dem Teller und die Betonung, man sei satt, einen nicht davor bewahrt, Nachschlag zu erhalten, da die Gastgeber immer der Ansicht waren, man könne ja noch gar nicht satt sein. Bestätigen kann man jedoch die Tatsache, daß das Essen in der Regel sehr fett und fleischhaltig ist. Die Vernachlässigung des Gemüses zugunsten des Fleisches stimmt auch nicht wirklich, da es zu jedem Essen Salate oder ein Platte mit Gurken, Tomaten, Radieschen etc. gab. Oft wurde auch als Nachtisch Obst gereicht, bevorzugt Orangen. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß hochprozentige Getränke im russischen Leben wirklich eine große Rolle spielen und die Einheimischen den Wodka in großen Gläsern mit einem Schluck leeren, wobei sie uns zum Teil belächelten, da wir irgendwann kapitulieren mußten. Soweit ich das beurteilen kann, stehen die Frauen den Männern dabei in nichts nach. Erwähnt werden muß jedoch, daß der russische Wodka im allgemeinen sehr gut und kein Vergleich zu dem uns in Deutschland bekannten ist. Daß er hingegen Bestandteil jeder Hauptmahlzeit ist, kann ich nicht bestätigen. Hierzu wird meistens Kompott, Limonade oder Wasser getrunken. Die Feststellung, daß wir in Deutschland den Wodka meistens als Mischgetränk mit Säften konsumieren, wurde von unseren Gastgebern nur mit verständnislosem Kopfschütteln aufgenommen.
Daß der Russe in der Regel sehr abergläubisch ist, konnten wir oft erleben, zwar in anderen Situationen, als hier vorgestellt, aber nicht weniger deutlich.
Obwohl es einige für uns schwer verständliche Sitten gab, kann man abschließend sagen, daß wir im allgemeinen sehr freundlich in unseren Gastfamilien aufgenommen wurden und dieser Aufenthalt eine seltene Erfahrung war, die wir gemacht haben. Persönlich muß ich hinzufügen, daß sehr viele Vorurteile der westlichen Bevölkerung nicht zutreffen und vieles einfach nur Unwissen um eine fremde Kultur ist, die jedoch auf beiden Seiten besteht, wie wir teilweise festgestellt haben.
6. Literaturangabe:
Hamel, Christine: Rußland: von der Wolga bis zur Newa, Moskau und Goldener Ring, St. Petersburg und Karelien, Nowogorod, Pskow und Kasan, DuMont Buchverlag, Köln, 1998
Löwe, Barbara: KulturSchock Rußland, Reise Know- How Verlag Peter Rump GmbH, Bielefeld/ Brackwede, 1997
Schaper, Michael: Geo Spezial Rußland, Verlag Gruner, Hamburg, 1992
- Quote paper
- Silke Tappiser (Author), 2000, Russisches Leben, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96127
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