Natura Morta, 1960
Bildbeschreibung:
Giorgio Morandi malte 1960 das Bild "Natura Morta" in Öl auf Leinwand. Es hat die Maße 30,6 x 35,6 cm. Auf dem Bild sind fünf sehr karg wirkende Gegenstände zu sehen. Die zylinderförmigen Dinge stehen dicht beisammen in der oberen Bildhälfte.Blockartig ohne Zwischenräume Im Vordergrund sind zwei in gleicher Höhe angeordnete Gegenstände zu sehen, wobei der rechte einer Vase ähnelt. Er ist weiß und hat oben am Rand sind eingekerbte Verzierungen zu erkennen. Links daneben steht ein dunkelbraunes deckelloses Kannenähnliches Gefäß. Dahinter befindet sich ein oranges Gegenstand, der einer Dose ähnelt. Er hat die selbe Höhe, wie die davor stehenden zwei Dinge und ist ebenso breit, wie beide zusammen. Hinter der Dose etwas nach links versetzt befinden sich zwei Flaschen, die vom oberen Bildrand angeschnitten sind, und somit nur der Flaschenbauch zu sehen ist. Sie haben die Farbe grau-beige. Die recht Flasche überschneidet die linke leicht. Gegenstände sind auf Kegel, Zylinder und Kegel zurückzuführen. Der Untergrund (Tisch) auf dem sich die fünf Gegenstände befinden ist ebenfalls grau-beige, sowie die im Hintergrund erkennbare Wand. Am unteren Bildrand ist eine dunkelgraue Fläche zu sehen. Die Gegenstände sind von einer leeren Fläche umgeben, die über die Hälfte des Bildes in Anspruch nimmt.
Die abgebildeten Dinge scheinen sich selbst überlassen und besitzen ein unabhängiges Eigenleben. Das Bild strahlt eine seltsame Stille aus, als wäre die Zeit stehen geblieben.
Komposition:
Das Bildzentrum bilden die dicht zusammenstehenden Gegenstände. Da die untere Bildhälfte leer ist, liegt der Schwerpunkt in der oberen waagrechten Bildhälfte.
Die waagerechte Linie des definierten Raumes (Tisch) betont das Querformat des Bildes. Den Gegensatz dazu bilden die senkrecht stehenden Gegenstände.
Die fünf zusammengedrängten Gegenstände bilden eine Verdichtung in der oberen waagrechten Bildhälfte. 4 Streifen. Die drei vorderen Gegenstände nehmen ¾ und die hinteren Gegenstände der oberen Bildhälfte ein. Die zwei hinteren Flaschen nehmen etwas über die Hälfte der oberen Bildhälfte ein.
Die drei Vorderen Gegenstände sind leicht von der senkrechten Bildmitte nach rechts gruppiert, wohingegen die zwei hinteren leicht nach links gruppiert sind. Der dunkle Untergrund nimmt ¼ der unteren Bildhälfte ein. Bildzentrum in der Hälfte der oberen senkrechten Bildmitte.
Farbverwendung:
Morandi verwendet in seinem Bild ausschließlich getrübte Farben. Seine Farbpalette ist auf Grau-, Beige- und Brauntöne, die man in den Gegenständen und im Umraum wiederfindet, reduziert. Die Gegenstände wirken dadurch stumpf. Als Kontrast zu diesen Farben steht das Orange der Dose und das weiß der Vase und der Öffnung der Kanne.
Der ganze Umraum (Wand, Tisch, Untergrund) ist flächig gemalt. Dort, wo der Untergrund auf die Wand trifft sind jedoch feine Farbabstufungen zu erkennen.
Durch die Beimischung von schwarz entsteht an der rechten Seite der Kanne und der linken Flasche ein Qualitätskontrast. Bis auf das Orange der Dose und dem Weiß in der Vase verwendet Morandi nur harmonische Farben.
Durch den dunklen Untergrund und dem hellen Tisch, Wand entsteht ein Hell-Dunkel-Kontrast.
Dieser ist ebenfalls in der Kanne vorzufinden (Schwarzer Fleck-Weiß), sowie zwischen Kann und Vase. Das weiß der Vase und das beige des Umraumes bilden einen Kalt-Warm-Kontrast. Da Morandi keine Reinen Farben verwendet, sondern eine Mischung der Farben vornimmt, liegt auch ein Qualitätskontrast vor.
Das Orange und das weiß stechen aus den anderen trüben Farben hervor.
K ö rperhaftigkeit:
Die Lichtquelle läßt sich in diesem Bild nicht erahnen. Die Gegenstände zeigen kaum Plastizität. Nur in der Kanne und in der linken Flasche ist eine Modulation gegeben. Stofflichkeit ist bei den Gegenständen nicht erkennbar. Es sind keine Schlagschatten der Gegensände zu erkennen.
R ä umlichkeit:
Durch die Flächigkeit des Hinter- und Untergrundes wirkt der Bildraum nicht illusionistisch.
Raümlichkeit wird allein durch Überschneidung der Gegenstände erzeugt. Die Flaschen befinden sich hinter den drei vorderen Gegenständen, wobei die Dose hinter der Vase und er Kanne steht. Somit wird ein Vorne und Hinten angedeutet. Der Tisch wird nach hinten leicht dunkler, dadurch entsteht eine leichte Andeutung der Tiefe im Raum.
Weil alle Gegenstände auf die Grundformen Kegel, Kugel und Zylinder zurückzuführen sind, ist eine bestimmte Perspektive nicht zu erkennen.
Materialverwendung:
Der Farbauftrag ist dicht, im Pinselstrich ist die Handschrift erkennbar. Grundierte Leinwand scheint an vielen Stellen durch.
Interpretation:
Morandi wählte in seinem Bild “Natura Morta” ein Repertoire an Gegenständen aus, das sehr reduziert ist. Er benutzt einfache Alltagsgegenstände, wie Flaschen und Behälter. Sein Interesse ist jedoch nicht, sie illusionistisch in ihrer Stofflichkeit zu malen, sondern sie in ihrer Beziehung von Form, Farbe, Licht und Raum darzustellen. Die Dinge erscheinen sich selbst überlassen und besitzen als Farbgebilde ein Eigenleben. Sie wirken nicht starr, sondern haben den Anschein als würden sie sich bewegen. Das Darstellen dieser banalen Gegenstände erscheinen dem Betrachter rätselhaft und strahlen eine seltsame Stille aus. Durch die Harmonie von Form und Farbe vermittelt Morandi dem Betrachter eine ihm unbekannte Welt. Gleichwertigkeit von Gegenstand und Form wird deutlich.
Kunstgeschichtliche Reflexion:
In der Pittura Metafisica kann man beinahe jedes Bild als Stillleben bezeichnen. In Italien entdeckten einige Künstler um 1960 den Gegenstand neu und erhoben somit das Ding zum wichtigsten Darstellungsobjekt in der Malerei. Sie meinten daß Dinge ein Seelenleben besitzen und wollten dies durch Abbildung einer nicht sichtbaren Wirklichkeit zum Vorschein bringen (Dingmagie). Die Gegenstände erscheinen meistens geisterhaft und besitzen dadurch eine mystische Bedeutung. Die Stille und Harmonie sind Inhalt der Bilder.
- Quote paper
- Wiebke Wellein (Author), 2000, Bildanalyse "Natur Morta", 1960, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96115
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