Rund 53 Prozent der Deutschen hatten im Jahr 2017 einen BMI über 25 und gelten somit als übergewichtig. Eine erschreckende Zahl im Hinblick auf die schwerwiegenden Folgen wie zum Beispiel Knochen- und Gelenkbeschwerden, ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten, Diabetes Typ 2, Brustkrebs und Lungenmetastasen oder Einschränkungen der Lebensqualität durch soziale Ausgrenzung, Belastungsschwäche oder sogar Depressionen. An diesem Ausmaß der Verbreitung von Übergewicht hat Haushaltszucker beziehungsweise Saccharose einen erheblichen Anteil, da jeder Deutsche 2016/2017 täglich im Durchschnitt etwa 93g davon konsumierte und somit die Empfehlung für einen durchschnittlichen Erwachsenen (2000kcal/Tag) der World Health Organization von 25g täglich (natürlicher Zucker, z. B. in Milch und Obst, ausgenommen) weit überstieg. Auch die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gesetzte Obergrenze von durchschnittlich 50g täglich wurde somit deutlich verfehlt. Mit 4kcal/g hat dieser zu viel aufgenommene Zucker einen im Verhältnis zu anderen Lebensmittelinhaltsstoffen großen Einfluss auf die Kalorienbilanz einer Person und ist somit gegebenenfalls der Auslöser für deren Übergewicht. Diese Signifikanz des Zuckers weckt Interesse für das Thema, sodass sich unter anderem folgende Frage stellt:
Können moderne Zuckeraustauschstoffe einen vollwertigen Ersatz für in Lebensmitteln zugesetzte Saccharose darstellen?
Zur Beantwortung dieser Frage begrenzt sich diese Arbeit auf die Untersuchung von Stevia, Xylit und Erythrit und deren Vergleich, da diese Substanzen mir in letzter Zeit besonders häufig in Rezepten und Artikeln aufgefallen sind, sodass sie meinem Eindruck nach mehr verwendet werden als andere Zuckeraustauschstoffe.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Saccharose
2.1 Erwünschte Eigenschaften
2.2 Unerwünschte Eigenschaften
2.3 Methodik des Vergleichs
3 Süßungsmittel
3.1 Xylit
3.1.1 Aufbau und chemische Eigenschaften
3.1.2 Gesundheitsaspekte
3.1.3 Praxistauglichkeit
3.1.4 Vergleich mit Saccharose
3.2 Erythrit
3.2.1 Aufbau und chemische Eigenschaften
3.2.2 Gesundheitsaspekte
3.2.3 Praxistauglichkeit
3.2.4 Vergleich mit Saccharose
3.3 Stevia
3.3.1 Aufbau und chemische Eigenschaften
3.3.2 Gesundheitsaspekte
3.3.3 Praxistauglichkeit
3.3.4 Vergleich mit Saccharose
4 Fazit
5 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Rund 53 Prozent der Deutschen hatten im Jahr 2017 einen BMI über 25 und gelten somit als übergewichtig.1 Eine erschreckende Zahl im Hinblick auf die schwerwiegenden Folgen wie zum Beispiel Knochen- und Gelenkbeschwerden, ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten, Diabetes Typ 2, Brustkrebs und Lungenmetastasen oder Einschränkungen der Lebensqualität durch soziale Ausgrenzung, Belastungsschwäche oder sogar Depressionen.2,3,4,5 An diesem Ausmaß der Verbreitung von Übergewicht hat Haushaltszucker beziehungsweise Saccharose einen erheblichen Anteil, da jeder Deutsche 2016/2017 täglich im Durchschnitt etwa 93g davon konsumierte und somit die Empfehlung für einen durchschnittlichen Erwachsenen (2000kcal/Tag) der World Health Organization von 25g täglich (natürlicher Zucker, z. B. in Milch und Obst, ausgenommen) weit überstieg. Auch die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gesetzte Obergrenze von durchschnittlich 50g täglich wurde somit deutlich verfehlt.6,7,8,9 Mit 4kcal/g hat dieser zu viel aufgenommene Zucker einen im Verhältnis zu anderen Lebensmittelinhaltsstoffen großen Einfluss auf die Kalorienbilanz einer Person und ist somit gegebenenfalls der Auslöser für deren Übergewicht. Diese Signifikanz des Zuckers weckt Interesse für das Thema, sodass sich unter anderem folgende Frage stellt:
Können moderne Zuckeraustauschstoffe einen vollwertigen Ersatz für in Lebensmitteln zugesetzte Saccharose darstellen?
Zur Beantwortung dieser Frage beschäftigt sich diese Arbeit auf die Untersuchung von Stevia, Xylit und Erythrit und deren Vergleich, da diese Substanzen mir in letzter Zeit besonders häufig in Rezepten und Artikeln aufgefallen sind, sodass sie meinem Eindruck nach mehr verwendet werden als andere Zuckeraustauschstoffe.
Zuerst muss allerdings eine Betrachtung der Eigenschaften von Saccharose erfolgen, um Kriterien für die Eignung als Ersatzstoff festlegen zu können.
2 Saccharose
Saccharose ist der Stoff, der in der Regel mit dem alltäglich gebrauchten Begriff „Zucker“ gemeint ist, also unser Haushaltszucker.10 Sie kommt zwar in geringen Konzentrationen in allen Frucht- und Gemüsesorten als Nebenprodukt der Fotosynthese vor, der Gehalt in Zuckerrüben und -rohr ist aber besonders hoch, sodass sie daraus gewonnen wird.11
Eigentlich ist „Zucker“ ein Oberbegriff für süß schmeckende Stoffe, unter die zum Beispiel auch die natürlich in Früchten vorkommende Fructose oder der Milchzucker Lactose fallen.12 Allgemein werden sie auch als Kohlenhydrate bezeichnet; alle Kohlenhydrat-Moleküle sind dadurch definiert, dass sie ihren Ursprung im weitesten Sinne in der Fotosynthese der Pflanzen haben und aus Kohlenstoff-, Wasserstoff- und Sauerstoffatomen bestehen.13
Kohlenhydrate sind aus einem oder mehreren Monosacchariden, Einfachzuckern, zusammengesetzt.14 Diese wiederum sind eine Gruppe organischer Verbindungen aus mindestens drei Kohlenstoffatomen mit einer Carbonylgruppe und mindestens einer Hydroxylgruppe (siehe Anhang 1).15
Bei Saccharose handelt es sich um ein Disaccharid, einen Zweifachzucker, mit der Summenformel C12H22O11.16 Disaccharide sind aus jeweils zwei Monosacchariden bestehende Kohlenhydrate.17 Bei der Saccharose handelt es sich bei diesen um D-Glucose und D-Fructose.18 Um nachzuvollziehen, welche in der Praxis erwünschten Eigenschaften der Saccharose ein als vollwertiger Ersatz dienendes Süßungsmittel erfüllen sollte und welche negativen Eigenschaften der Saccharose es möglichst nicht haben sollte, müssen diese Merkmale der Saccharose zunächst näher betrachtet werden.
2.1 Erwünschte Eigenschaften
Der Hauptaspekt, warum süßende Stoffe überhaupt benötigt werden, ist der süße Geschmack, da er durch das natürliche Vorkommen in essbaren Pflanzen schon sehr lange ein Bestandteil der menschlichen Ernährung ist.19 Außerdem hat der menschliche Körper ein Verlangen danach, weil durch den Geschmack Wohlbefinden auslösende Botenstoffe wie Serotonin und Dopamin ausgeschüttet werden.20 Hierbei hat Saccharose den Vorteil eines schnell eintretenden Süßgeschmacks ohne andersartige Nachwirkung.21
In der Praxis ist von großer Bedeutung, dass der Einfluss auf Geschmack, Geruch, Textur, Struktur und Konsistenz von Lebensmitteln über Jahrhunderte erprobt worden ist, sodass in diesem Bereich viele Erfahrungswerte für Saccharose bestehen. Das macht ihre Verwendung, ob im privaten oder im industriellen Umfang, einfach und berechenbar.22 Ein weiterer Vorteil ist die Konservierungsfähigkeit, die durch die Hygroskopie der Saccharose bedingt ist: Saccharose-Moleküle nehmen Wasser aus der Umgebung auf und entziehen so Mikroorganismen wie Schimmelpilzen und Bakterien die Flüssigkeit, die sie zum Überleben benötigen.23 Das erklärt zum Beispiel die lange Haltbarkeit von Marmelade, da diese oft viel Zucker enthält.
Außerdem ist Saccharose mit einem Kilopreis von 1,09€ im Combi Verbrauchermarkt Hemmoor *(siehe Anhang 2) relativ günstig. Es kann davon ausgegangen werden, dass dies durch die extrem großen weltweit produzierten Mengen von fast 200 Millionen Tonnen pro Jahr24 ermöglicht wird.
Darüber hinaus liefert Saccharose leicht und schnell verwertbare Energie, da die hydrolytischen Spaltungsprodukte durch das Enzym Invertase im Dünndarm, D-Fructose und D-Glucose (siehe Anhang 2), von den Körperzellen selbst bei der Zellatmung in den Mitochondrien oxidativ zu Wasser und Kohlenstoffdioxid abgebaut werden können.25
2.2 Unerwünschte Eigenschaften
Allerdings führt die hydrolytische Spaltung im Dünndarm zu einem Brennwert von 4 kcal/g. Überschüssige Monosaccharide wie D-Fructose und D-Glucose, die Spaltprodukte der Saccharose, werden als Glykogen in der Leber oder den Muskelzellen gespeichert.26 Hierbei handelt es sich um ein Kohlenhydrat, dessen Moleküle aus mehreren Glucose-Molekülen zusammengesetzt sind, sodass es als Speicherstoff dafür dient.27 Sind diese Glykogen-Speicher ebenfalls gefüllt, setzen sich überschüssige Monosaccharide als Fett im Körper ab28, was zu den in 1 aufgeführten Problemen führen kann.
Ein weiteres Problem ist die in 1 beschriebene hormonelle Reaktion des Körpers auf Saccharose, denn wegen des scheinbar erstrebenswerten Zustandes des Wohlbefindens durch das ausgeschüttete Serotonin wird er gewissermaßen abhängig von Saccharose, indem das Verlangen danach wächst. Dadurch werden zum Teil zu große Mengen davon konsumiert. Um diesen Suchteffekt zu nutzen, werden Saccharose und andere Zucker, von denen die meisten ähnliche hormonelle Reaktionen verursachen, in der Industrie auch vielen Lebensmitteln zugesetzt, von denen die meisten Menschen es nicht vermuten, wie zum Beispiel Ketchup29, Fruchtjoghurt oder Backwaren.30
Die Zufuhr von D-Glucose im Blut wird durch das Hormon Insulin geregelt. Unter- oder überschreitet der Gehalt 3,2 mmol/L bzw. 5,6 mmol/L, wird durch die verminderte bzw. erhöhte Ausschüttung des Hormons die Hydrolyse von Glykogen zu D-Glucose eingeschränkt bzw. verstärkt.31 Ein hoher Blutzuckerspiegel durch die vermehrte Aufnahme von Saccharose bewirkt also eine verstärkte Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse, um den Blutzuckerspiegel zu senken. Wird nun aber dauerhaft viel Insulin erzeugt, weil über eine lange Zeit viel Saccharose aufgenommen wird, so kann eine Insulinresistenz auftreten, sodass die Körperzellen nicht mehr auf das Insulin reagieren und die Konzentration der D-Glucose im Blut nicht mehr geregelt werden kann. In diesem Fall spricht man von Diabetes Typ 2. Ein erhöhter Saccharosekonsum wirkt sich demnach negativ auf den Insulinhaushalt aus und trägt somit aktiv zur Entstehung von Diabetes Typ 2 bei, wodurch die Lebensqualität wegen der dann meistens notwendigen Insulintherapie und großen Einschränkungen in der Ernährungsweise deutlich verringert wird.32
Dieser hohe Einfluss der Saccharose auf den Blutzuckerspiegel durch deren schnelle Spaltung im Darm bringt weitere Nachteile wie z.B. Heißhunger mit sich, da der Körper beim Absinken des Blutzuckerspiegels nach einem Saccharose-Schub nach neuem Zucker verlangt, um das Niveau konstant zu halten. Somit kann sie auch auf diesem Weg gegebenenfalls für Übergewicht verantwortlich sein.33 Dem Erläuterten entsprechend liegt der glykämische Index von Saccharose, ein Maß für das Steigen des Blutzuckers durch ein bestimmtes Lebensmittel, auf einem mittelhohen Wert von 59. Ein möglichst niedriger Wert wäre optimal, um die beschriebenen negativen Folgen eines kurz- oder langfristig erhöhten Blutzuckerspiegels zu vermeiden.34
Außerdem ist Saccharose kariogen, das heißt, sie kann durch Bakterien auf den Zähnen zu zahnschädigenden und -substanzabbauenden Säuren umgewandelt werden.35
2.3 Methodik des Vergleichs
Aus der Betrachtung der erwünschten sowie unerwünschten Eigenschaften der Saccharose lassen sich nun die Vergleichskriterien für einen vollwertigen Zuckerersatz, der optimalerweise die positiv belegten Eigenschaften besitzt, aber die negativen nicht, ableiten. Zusammengefasst sollte ein solcher über einen angenehmen Süßgeschmack, schnelle Energiezufuhr, günstige Herstellung, Konservierungsfähigkeit und die intensiv erprobte und einfache Beschaffenheit für den Einsatz in der Industrie verfügen. Zu den unerwünschten Eigenschaften zählen die Kariogenität, hohe Kaloriendichte und der große Einfluss auf den Blutzuckerspiegel. Im Folgenden werden diese Aspekte für jedes der drei ausgewählten Süßungsmittel untersucht, um sie mithilfe einer Tabelle mit Saccharose vergleichen und somit eine Aussage über ihre Einsatzfähigkeit als sinnvolle und vollwertige Zuckerersatzstoffe treffen zu können.
3 Süßungsmittel
Süßungsmittel werden als Lebensmittelzusätze mit dem Ziel der Imitation des Süßgeschmacks von Saccharose verwendet, in der Regel, um deren in 2.2 ausgeführten Nachteile und die Folgen davon zu vermeiden oder zu korrigieren, zum Beispiel Übergewicht.36
Hierbei wird grob zwischen bulk sweeteners, also Zuckeraustauschstoffen, und high intensity sweeteners, Süßstoffen, unterschieden. Wie schon an den Begrifflichkeiten ersichtlich, verfügen Süßstoffe demnach über eine deutlich höhere Süßkraft und werden in deutlich kleineren Mengen verwendet als Saccharose, während Zuckeraustauschstoffe vielmehr für den massenäquivalenten Ersatz geeignet sind, da ihre Süßkraft mit der von Saccharose vergleichbar ist.37 So geben sie dem jeweiligen Lebensmittel Volumen, Struktur und Mundgefühl, während Süßstoffe nur Süße verleihen. Alle Zuckeraustauschstoffe sind Zuckeralkohole, auch Polyole genannt, mit Ausnahme der Fructose, die wegen ihrer Eigenschaften sowohl den Monosacchariden, die als Zuckerstoffe gelten, als auch den Zuckeraustauschstoffen zugerechnet werden kann.38 Sie sind sich chemisch weitestgehend sehr ähnlich, denn strukturell sind sie alle Alkohole mit mehr als einer Hydroxylgruppe. Sie variieren lediglich in der Anzahl der Kohlenstoffatome und in den Positionen der Hydroxylgruppen in den jeweiligen Molekülen.39 Da sie demzufolge nur aus Kohlenstoff-, Wasserstoff- und Sauerstoffatomen zusammengesetzt sind, zählen sie wie auch Mono- und Disaccharide zu den Kohlenhydraten. Allerdings sind sie rechtlich gesehen Lebensmittelzusätze, während alle anderen Kohlenhydrate als Lebensmittel gelten.40
Süßstoffe hingegen werden in natürliche und künstliche Stoffe unterteilt. Hierbei gelten Stoffe mit einem natürlichen pflanzlichen Vorkommen wie Stevia beziehungsweise Stevioglykoside (siehe Kap. 4.4) als natürlich und ausschließlich synthetisch herstellbare Stoffe, zum Beispiel das von den Zutatenlisten auf Lebensmitteln geläufige Cyclamat oder Aspartam, als künstlich.41
Aufgrund der Unterschiede zwischen Zuckeraustauschstoffen und Süßstoffe eignen sie sich für verschiedene Verwendungszwecke, obwohl sich einige auch decken. So werden beide zum Beispiel in Süßwaren und Desserts eingesetzt. Zuckeraustauschstoffe kommen unter anderem auch in Backwaren und Kaugummi vor und können generell in Lebensmitteln sowohl als Geschmacksverstärker als auch als Feuchthaltemittel, Trennmittel, Überzugsmittel oder Trägerstoff dienen. Währenddessen kommen Süßstoffe ausschließlich als Süßungsmittel im Sinne einer Verstärkung des Süßgeschmacks eines Lebensmittels und damit zu deutlich weniger Zwecken als Zuckeraustauschstoffe zum Einsatz. Deswegen sind die Zuckeraustauschstoffe für den industriellen Gebrauch bedeutender.42
Im allgemeinen Sprachgebrauch werden nach eigenem Eindruck jedoch beide Begriffe oft benutzt, wenn eigentlich alle Süßungsmittel gemeint sind, was wahrscheinlich auf den geringen Unterschied zwischen den Worten zurückzuführen ist. Deswegen muss an dieser Stelle klargestellt werden, dass per wissenschaftlicher Definition Xylit und Erythrit den Zuckeraustauschstoffen und Stevia den Süßstoffen zuzuordnen sind.43
In der Industrie werden Süßungsmittel vor allem als Möglichkeit gesehen, bereits verkaufte Produkte zu modifizieren oder neue zu erschaffen, um ein abwechslungsreiches Warenangebot bieten zu können. Darüber hinaus können auf diese Weise neue Geschmacksprofile erprobt werden.44
Generell lässt sich dem Ausgeführten entnehmen, dass die Lebensmittelindustrie in Hinsicht auf Süßungsmittel von individuellen Ansprüchen an die Ernährung profitiert, da die unerwünschten Eigenschaften und Folgen von Saccharose nur durch Süßungsmittel vermieden werden müssen, wenn die Verbraucher überhaupt darüber aufgeklärt sind. Denn folglich ist es in diesem Fall deutlich wahrscheinlicher, dass sie bewusst ohne Saccharose gesüßte Produkte kaufen. In einer Umfrage aus dem Jahr 2012 im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gaben 90 Prozent der Befragten, an sich gut oder sehr gut über gesunde Ernährung informiert zu fühlen. Außerdem assoziierten 60 Prozent gesunde Ernährung mit einer kalorienreduzierten Kost mit wenig Fett und Zucker.45 Diese Umfrageergebnisse zeigen, dass das benötigte Interesse für und die Aufklärung über Ernährung vorhanden zu sein scheint, sodass mit Süßungsmitteln gesüßte Lebensmittel durchaus ein gewisses Marktpotenzial haben.
3.1 Xylit
Der Zuckeraustauschstoff Xylit wurde 1891 durch die Reduktion des Monosaccharids Xylose entdeckt und kommt natürlich zum Beispiel in Gelben Pflaumen, Erdbeeren und Himbeeren vor.46
3.1.1 Aufbau und chemische Eigenschaften
Xylit (oder Xylitol, chemisch Pentan-1,2,3,4,5-pentol) weist den Aufbau eines Zuckeralkohols mit 5 Kohlenstoffatomen und der Summenformel C5H12O5 auf (siehe Anhang 4).47
Bei Raumtemperatur handelt es sich um ein weißes, kristallines Pulver; der Schmelzpunkt liegt bei ca. 95°C und der Siedepunkt bei ca. 210°C. Xylit ist gut wasserlöslich und chemisch stabil: Es ist unter anderem resistent gegen Veränderungen des pH-Wertes des Außenmediums und karamellisiert erst nach mehreren Minuten Erhitzen nahe dem Siedepunkt.48
3.1.2 Gesundheitsaspekte
Xylit hemmt das Wachstum der für die Entwicklung von Karies bedeutenden Bakterien Streptococcus mutans. Mehrere Studien belegen einen starken Rückgang des Neuaufkommens von Karies bei regelmäßigem Konsum des Zuckeralkohols trotz kleiner Dosis. Er wird von Wissenschaftlern deswegen als antikariogen bewertet.49 Außerdem kann er das Aufkommen von Plaque reduzieren.50 Das ist der von Bakterien aus Speiseresten und Speicheln fermentierte Zahnbelag, der durch Verhärtung zu Zahnstein werden kann. Er dient auch als Nährboden für Keime, die zahnschädigende Säuren produzieren.51
Allerdings kann Xylit abhängig von der Aufnahmemenge und -art abführend wirken, da es vom Körper durch nur in geringer Konzentration vorhandene Enzyme für seine Verarbeitung vergleichsweise schlecht aufgenommen werden kann. Jedoch kommt es bei regelmäßigem Verzehr zu einer Anpassung der Verdauung in Form von einer Konzentrationserhöhung der entsprechenden Enzyme durch Enzyminduktion, sodass die konsumierte Menge schrittweise bedenkenlos erhöht werden kann.52 Trotz der möglichen Unverträglichkeit sehen Wissenschaftler keine ernsthaften Gesundheitsrisiken, sodass weder ein ADI-Wert (=Acceptable Daily Intake, gibt die maximale tägliche Aufnahmemenge einer Substanz ohne Gesundheitsbedenken an) festgelegt, noch andere Warnungen ausgesprochen wurden.53
Der Brennwert entspricht 2,4kcal/g. Die Verstoffwechselung erfolgt ohne Einfluss auf den Insulinspiegel, daher hat Xylit einen niedrigen glykämischen Index von 8 und ist somit diabetikergeeignet.54
3.1.3 Praxistauglichkeit
Seit 1974 wird Xylit großindustriell hauptsächlich mithilfe des gleichen Verfahrens produziert. Dabei wird Xylose aus Harthölzern wie Birkenholz gewonnen und anschließend zu Xylit hydriert.55 Allerdings ist dieses Verfahren aufwendig und teuer, sodass meine Recherche im Combi Verbrauchermarkt Hemmoor* einen Preis von 4,99€ für 300g Xylit ergab, was einem Kilopreis von 16,63€ entspricht (siehe Anhang 5).
Die Süße des Xylits wird als die höchste der gewerblich erhältlichen Zuckeralkohole eingestuft, hat aufgrund der Monosaccharid-Struktur allerdings einen etwas anderen Charakter als Disaccharide und kann deswegen in größeren Mengen einen als kratzig beschriebenen Nachgeschmack haben. Außerdem hat es beim Auflösen im Speichel eine kühlende Wirkung. Aufgrund dieser Beobachtungen ist die Verwendung in Produkten, für die dieser Effekt erwünscht ist, zum Beispiel in Kaugummi, Speiseeis oder Lakritz, gängig. Generell ist zu beachten, dass es bei der Verarbeitung die Viskosität der Produkte verringern oder bei großen Anteilen sogar auskristallisieren kann, sodass es oft mit anderen Zuckeraustauschstoffen kombiniert wird. Auf diese Weise ist es in verschiedenen Lebensmitteln einsetzbar, da so die genannten negativen Effekte relativiert werden können, vor allem in Süßwaren wie Bonbons, Gummiwaren oder Schokoladen, aber auch in Joghurts oder Backwaren.56 Wird Saccharose nur mit Xylit ausgetauscht, kann dies im Mengenverhältnis 1:1 erfolgen.57
Wie auch Saccharose verfügt Xylit über eine lange Haltbarkeit, da es zwar nur geringfügig hygroskopisch ist, aber trotzdem das Wachstum fermentierender Mikroorganismen hemmt.58
3.1.4 Vergleich mit Saccharose
Die ausgeführten Eigenschaften des Xylits zeigen hauptsächlich Unterschiede zu Saccharose (siehe Anhang 11). Es ist insofern besser, dass es nicht kariogen sowie diabetikergeeignet ist, weniger Heißhunger verursacht und der Brennwert 40% niedriger ist als bei Saccharose. Außerdem sind keine gesundheitlichen Risiken wie bei manchen anderen Zuckerersätzen zu befürchten.
Hinsichtlich der gewünschten Eigenschaften ist erwähnenswert, dass die Andersartigkeit des Süßgeschmacks im Vergleich zu Saccharose als störend empfunden werden kann. Hinzu kommt die begrenzte Verträglichkeit bei Beginn des Konsums; besonders hinderlich ist allerdings der deutlich höhere Preis, da er im Vergleich zu Saccharose nicht nur geringfügig, sondern um ein Vielfaches höher ist.
3.2 Erythrit
3.2.1 Aufbau und chemische Eigenschaften
Auch Erythrit (oder Erythritol, chemisch 1,2,3,4-Butantetrol) ist ein Polyol, allerdings ein C4- und kein C5-Körper wie Xylit (siehe Anhang 6). Es wird seit den 1990er-Jahren kommerziell produziert.59 Natürlich kommt Erythrit in geringen Konzentrationen unter anderem in Wein und Melonen in Form von Weinsäure, der oxidierten Form, vor.60 Als Pulver oder Granulat sieht es ähnlich aus wie Saccharose. Das Molekül ist pH-stabil und bei Raumtemperatur etwas weniger wasserlöslich als Xylit. Erythrit schmilzt bei 121°C und siedet bei ca. 330°C.61
3.2.2 Gesundheitsaspekte
Die Metabolisierung von Erythrit nach dessen Aufnahme erfolgt äußerst unkompliziert, da es im Darm kaum verstoffwechselt wird und somit wenig Einfluss auf den Blutzucker- beziehungsweise Insulinspiegel hat.62 Aufgrund der unkomplizierten Metabolisierung ist es im Vergleich zu anderen Zuckeralkoholen, die in Mengen ab 30g Blähungen oder Bauchschmerzen hervorrufen können63, gut verträglich, denn es kann in der zwei- bis vierfachen Menge ohne Nebenwirkungen aufgenommen werden.64 Der aus dem gleichen Grund kaum vorhandene Einfluss auf den Insulinspiegel erklärt auch den sehr niedrigen glykämischen Index von 5. Die unkomplizierte Metabolisierung kommt vor allem durch den hydrierten Monosaccharid-Charakter der Moleküle zustande, denn Disaccharide müssen vor der Verstoffwechselung in Monosaccharide umgewandelt werden. Wird Erythrit im Dünndarm absorbiert und verstoffwechselt, hat es zwar einen Brennwert von 4kcal/g65, aufgrund der geringen Größe und des geringen Gewichts werden die meisten Erythrit-Moleküle aber unverändert ausgeschieden, sodass unter 10% der Moleküle schließlich metabolisiert werden. Dadurch ergibt sich ein Brennwert von 0,2kcal/g.66
[...]
1 Vgl. www.destatis.de (Zugriff: 18.02.2020)
2 Vgl. Hauner auf: www.aerzteblatt.de (Zugriff: 18.02.2020)
3 Vgl. www.stiftung-gesundheitswissen.de (Zugriff: 18.02.2020)
4 Vgl. Fleck auf: www.focus.de (Zugriff:18.02.2020)
5 Vgl. www.news-medical.net (Zugriff: 18.02.2020
6 Vgl. Henrich auf: www.statista.de (Zugriff: 18.02.2020)
7 Vgl. Wolf / Krieft auf: www.swr.de (Zugriff: 18.02.2020)
8 Vgl. gesundheitswelt.allianz.de (Zugriff: 18.02.2020)
9 Vgl. Laschet auf: www.aerztezeitung.de (Zugriff: 18.02.2020)
10 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 1f.
11 Vgl. Labropoulos / Varzakas u.a. (2012); S. 2
12 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 2f.
13 Vgl. Labropoulos / Varzakas u.a. (2012); S. 1
14 Vgl. www.chemie.de (Zugriff: 29.02.2020)
15 Vgl. www.chemie.de (Zugriff: 29.02.2020)
16 Vgl. Seilnacht auf: www.seilnacht.de (Zugriff: 29.02.2020)
17 Vgl. www.chemie.de (Zugriff: 29.02.2020)
18 Vgl. www.spektrum.de (Zugriff: 19.03.2020)
19 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 45
20 Vgl. www.fitnessparks.de (Zugriff: 16.03.2020)
21 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 45
22 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 45
23 Vgl. www.abendblatt.de (Zugriff: 19.03.2020)
24 Vgl. Henrich, P. auf: statista.de (Zugriff: 16.03.2020)
25 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 77
26 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 77
27 Vgl. www.chemie.de (Zugriff: 21.03.2020)
28 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 77
29 Vgl. Becker auf: www.ugb.de (Zugriff: 20.03.2020)
30 Vgl. Martens auf: www.jameda.de (Zugriff: 20.03.2020)
31 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 77
32 Vgl. www.dzd.de (Zugriff: 25.02.2020)
33 Vgl. www.ernaehrungs-lexikon.ch (Zugriff: 25.02.2020)
34 Vgl. www.ernaehrung.de (Zugriff: 14.03.2020)
35 Vgl. Kearsley / O‘Donnell (2012); S. 28
36 Vgl. Labropoulos / Varzakas u.a. (2012); S. 1f.
37 Vgl. Labropoulos / Varzakas u.a. (2012); S. 1f.
38 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 3
39 Vgl. Wiechoczek auf: www.chemieunterricht.de (Zugriff: 29.02.2020)
40 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 3
41 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 3
42 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 3f.
43 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 3
44 Vgl. Labropoulos / Varzakas u.a. (2012); S. 210f.
45 Vgl. www.gesundheitsforschung-bmbf.de (Zugriff: 21.03.2020)
46 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 417f.
47 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 417
48 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 418
49 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 421-423
50 Vgl. Kearsley / O‘Donnell (2012); S. 217
51 Vgl. zahnimplantate.com (Zugriff: 23.03.2020)
52 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 423
53 Vgl. Kearsley / O‘Donnell (2012); S. 369-370
54 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 423
55 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 418
56 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 424-426
57 Vgl. www.birkengold.de (Zugriff: 14.03.2020)
58 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 421
59 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 325
60 Vgl. Kusnick auf: www.deutsche-apotheker-zeitung.de (Zugriff: 16.03.2020)
61 Vgl. Kearsley / O‘Donnell (2012); S. 219-220
62 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 325
63 Vgl. Pantleon auf: www.phytodoc.de (Zugriff: 15.03.2020)
64 Vgl. Kearsley / O‘Donnell (2012); S. 217
65 Vgl. Nöhle / Rosenplenter [Hrsg.] (2007); S. 325
66 Vgl. Kearsley / O‘Donnell (2012); S. 216
- Citation du texte
- Anonyme,, 2020, Zuckerersatzstoffe. Stevia, Xylit, Eryhtrit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/960811
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