Einleitung
Angst ist ein Phänomen, das jeder zu kennen meint. Wer sagt "Ich habe Angst", meint zu wissen, wovon er redet. Weniger vertraut scheint da die Rede von der Sünde oder gar vom Sünder. Mit der Aussage "Ich bin ein Sünder" können viele nichts mehr anfangen. Kierkegaard versucht in seiner Schrift "Der Begriff Angst" von 1844, der Angst und der Sünde auf den Grund zu gehen, das Zustandekommen beider zu ergründen und den Zusammenhang zwischen beiden von der Angst her zu klären.
Angst ist nicht nur ein individuelles, sondern auch ein kollektives Phänomen. Die verschiedenen Epochen sind unterschiedlich stark von ihr geprägt. Dabei läßt sich feststellen, daß eine grundsätzliche Zunahme der Angst immer mit einem schwindenden Vertrauen in die Wohlordnung und Begreifbarkeit der Welt zusammenhängt; dies löst ein Gefühl der Fremdheit und Unheimlichkeit aus. Gut beobachten kann man diesen Zusammenhang am 19. Jahrhundert, in dem nach einer Epoche großen oder geradezu übersteigerten Vertrauens in die Rationalität und Gestaltbarkeit der Welt eine zunehmende Skepsis um sich greift.1 Das 20. Jahrhundert hat das Vertrauen der Menschen in die Möglichkeit eines friedlichen Zusammenlebens aller und die segensreichen Auswirkungen von Wissenschaft und Technik weiter erschüttert, so daß sich ein allgemeines Grundgefühl der Angst breitgemacht hat - nicht zuletzt angesichts der atomaren Bedrohung und des möglichen Endes allen menschlichen Lebens.
Als einer der Ersten unter den Denkern der Neuzeit hat Kierkegaard den angstmachenden, negativen Aspekt der menschlichen Freiheit betont. Daß es menschliche Freiheit gibt, war für ihn - wie für die meisten seiner philosophischen Zeitgenossen - eine Voraussetzung seines Denkens. Mit ihr wollte er aber die radikale Verfallenheit des Menschen an die Sünde, die die Erbsündenlehre behauptet, zusammendenken, für die der Mensch in dieser Freiheit verantwortlich sein soll.
Schon Immanuel Kant hatte mit seiner Lehre vom radikalen Bösen einen Versuch in diese Richtung unternommen. Er hält sich dabei an den Grundsatz, das Böse auf die menschliche Freiheit zurückzuführen, da man es ihm sonst nicht moralisch zurechnen könnte2: "Mithin kann in keinem die Willkür durch Neigung bestimmenden Objecte, in keinem Naturtriebe, sondern nur in einer Regel, die die Willkür sich selbst für den Gebrauch ihrer Freiheit macht, d. i. in einer Maxime, der Grund des Bösen liegen."3 Oder noch grundsätzlicher formuliert: "Was der Mensch im moralischen Sinne ist oder werden soll, gut oder böse, dazu muß er sich selbst machen oder gemacht haben."4 Kant unterscheidet zwischen dem Hang zum Bösen, einer Prädisposition5, worunter er "den subjectiven Grund der Möglichkeit einer Neigung"6 versteht, und den eigentlichen Taten, den Handlungen, die diesem zugezogenen7 Hang entsprechend ausgeführt werden8. Er beschreibt das radikale Böse im Menschen als eine Unterordnung der Triebfeder des moralischen Gesetzes unter die der Selbstliebe.9 Dies ist aber eine "intelligibele That vor aller Erfahrung", so daß die Wurzel des Bösen durch Erfahrung nie aufgedeckt werden kann.10 Ähnlich wie Kierkegaard unterscheidet Kant die unangemessene Frage nach dem Zeitursprung dieser Tat, die sie aus einem vorhergehenden Zustand ableiten würde, von der Frage nach ihrem Vernunftursprung.11
Adam ist als erster Mensch jedoch von allen späteren Menschen dadurch unterschieden, daß ihm der angeborene Hang zur Übertretung fehlt. Dieser Hang läßt aber auch bei den späteren Menschen nur eine Erklärung dem Zeitursprung nach zu12, also eine unwesentliche. In der Schrift "Muthmaßlicher Anfang der Menschengeschichte" versucht Kant, die "Geschichte der ersten Entwickelung der Freiheit aus ihrer ursprünglichen Anlage in der Natur des Menschen" zu rekonstruieren. Dabei ist eine Parallele zu Kierkegaards ähnlich gelagerter Untersuchung des Sündenfalls besonders bemerkenswert: der erste Versuch der Vernunft einer freien Wahl geht fehl.13 "Der erste Schritt also aus diesem Stande [der Unwissenheit] war auf der sittlichen Seite ein Fall [...]. Die Geschichte der Natur fängt also vom Guten an, denn sie ist das Werk Gottes; die Geschichte der Freiheit vom Bösen, denn sie ist Menschenwerk."14 Im Gegensatz zu Kierkegaard folgen der ersten Freiheitstat, die den Menschen "in sich ein Vermögen, sich selbst eine Lebensweise auszuwählen und nicht gleich anderen Thieren an eine einzige gebunden zu sein"15 entdecken läßt, "Angst und Bangigkeit"16, gehen ihr aber nicht voraus. Dennoch ist die Verknüpfung der Angst mit der ersten Freiheitstat, die mit dem Fall identifiziert wird, sachlich nicht weit von Kierkegaards Vorstellung entfernt, auch wenn leider nicht sicher ist, ob Kierkegaard diese Schriften Kants kannte17.
Sicher ist dagegen der Einfluß Schellings auf Kierkegaards Denken, dessen Freiheitsschrift er noch kurz zuvor gelesen hatte18 ; Schelling beschäftigt sich darin mit dem Entstehen des Bösen im Zusammenhang von Gott, Freiheit und Schöpfung. Schon in dieser Schrift begegnen zwei Begriffe, die Kierkegaard aufgreift: Schwindel und Angst19 ; sie bringen den Menschen zum Fall und zum Verlassen seines kreatürlichen Zentrums.
Alle Ausführungen Kierkegaards sind geprägt von einer Aversion gegen Hegels Systemdenken20 und dessen von der Logik ausgehende Bestimmung der Sünde als das Negative (9). Auch Hegels Gleichsetzung von Unmittelbarkeit und Unschuld lehnt er ab (34), weil seiner Meinung nach Unschuld im Gegensatz zur Unmittelbarkeit, deren "Bestimmung es ist, aufgehoben zu werden" (34), als Zustand durchaus bestehen kann (35).
Viel gelernt hat Kierkegaard dagegen aus Schleiermachers Glaubenslehre21 ; ihn lobt er auch ausdrücklich (17). Dennoch hat ihn Schleiermachers Lösung der von ihm aufgezeigten Aporie nicht befriedigt. Schleiermacher will eine vorsichtige Änderung der Aufspaltung der Sündenlehre in die Lehrstücke von der Erbsünde und von der wirklichen Sünde einleiten.22 Aber zu stark betont er noch die Erbsünde als ein "rein Empfangenes", das erst durch die Selbsttätigkeit des Einzelnen in dessen Verantwortung übergeht.23
Worin könnte nun die Bedeutung von Kierkegaards Ansatz für die Gegenwart liegen? Mir scheint sein Versuch bemerkenswert, Umwelteinflüsse und freie Tat bei der Entstehung des Bösen in jedem Menschen nach Adam so zusammenzudenken, daß der Ernst der Verantwortung gewahrt bleibt (vgl. 76f). Daß dies nicht gelingen kann, indem man pseudodeterministisch die Umwelt für die Entwicklung des Individuums verantwortlich macht oder indem man Verantwortlichkeiten prozentual auf die Umwelt und die betroffene Person aufteilt, ist eine wichtige Einsicht Kierkegaards. Denn sonst läge es nahe, immer gerade die andere Seite zu beschuldigen. Inwiefern der Gedanke einer Vermittlung der Umwelteinflüsse mit der Freiheit durch die Angst, die für ihn eng mit der menschlichen Freiheit zusammenhängt, weiterführt, wird in dieser Arbeit zu prüfen sein. Wichtig scheint mir für die Gegenwart auch Kierkegaards Versuch, gelingende und mißlingende Formen der Synthese der dem Menschen eigenen Gegensätze zu beschreiben, weil man nur so Konzepte von menschlicher Selbstverwirklichung kritisieren kann, die den Eindruck erwecken, mit bloßer Selbstbestimmung sei das Ziel schon erreicht.
Die Angst als psychologische Zwischenbestimmung zur Erklärung der Erbsünde
Kierkegaard verfolgt als Vigilius Haufniensis24 mit der Einführung des Begriffs "Angst"25 in die Sündenlehre ein doppeltes Ziel: Er will die Sündenlehre so fassen, daß auf der einen Seite die Nichtnotwendigkeit der Sünde für den Einzelnen festgehalten wird, die allein Verantwortung des Einzelnen für seine Schuld möglich macht, auf der anderen Seite aber immer noch der generationsübergreifende Zusammenhang der Sünde, der traditionell Erbsünde genannt wird, verständlich wird. Anders gesagt, versucht er, die Erbsündenlehre unter den Bedingungen der neuzeitlichen Subjektivitäts- und Freiheitsdiskussion neu zu formulieren und zu rehabilitieren und dabei den Einspruch gegen eine Entmündigung des Menschen durch eine einseitig verstandene Erbsündenlehre ernstzunehmen.
Dies nimmt er in Angriff durch die Einführung der Angst als psychologischer Zwischenbestimmung (48;77f), nämlich zwischen der Unschuld und der Sünde, die selbst noch nicht Sünde ist, aber eine Tendenz zu ihr hin hat und den Übergang von der Möglichkeit zur Wirklichkeit der Sünde (48), also von der Unschuld zur Schuld (37f Anm.*) psychologisch plausibilisiert. Die Angst als Folge der Sünde läßt sich dann aber geschichtlich in einem Mehr oder Weniger, also in einem Generationszusammenhang, fassen.
Jeder Begriff und jedes Problem hat für Vigilius in der Wissenschaft seinen Ort, an dem er mit der ihm gemäßen Stimmung verhandelt werden soll (11). Die Sünde allerdings ist in der Wissenschaft ortlos (11), da es "ihre Idee ist, daß ihr Begriff ständig aufgehoben wird." (12) Nur in der Predigt kann sie in der ihr gemäßen Stimmung behandelt werden: im Ernst (13). Nicht einmal die Dogmatik kann die Sünde erklären; sie setzt sie aber als Wirklichkeit voraus, die in die Idealität emporzuheben ist (17). Die Dogmatik erklärt die Sünde, indem sie sie voraussetzt als Erbsünde (17), also indem sie "erklärt": der Mensch sündigt, weil er als Sünder geboren und damit von Anfang an Sünder ist.
Um sich dem Problem dennoch anzunähern, muß man einen Umweg einschlagen: ausgehend von der Wirklichkeit der Sünde kann die Psychologie26 immerhin fragen, wie die menschliche Natur beschaffen sein muß, damit so etwas wie Sünde möglich ist (19), welche Bedingungen gegeben sein müssen, damit Sünde entstehen kann.27 Dafür untersucht sie den Begriff "Angst", allerdings immer im Hinblick auf das Dogma von der Erbsünde (11); in der Dogmatik muß der psychologisch erfaßte Begriff Angst dann auch weiter bearbeitet werden (169). Diese Blickrichtung der Untersuchung sollte nicht vergessen werden, da sonst die Angst im menschlichen Leben einen Stellenwert erhält, der ihr nach Vigilius gar nicht zukommt.28
Um zu verhindern, daß die Psychologie ihr Gebiet verläßt, setzt Kierkegaard eine Grenzmarke: den Sprung (28f). Der Sprung ist das Plötzliche, Unableitbare, Voraussetzungslose, eine Freiheitstat, die eine neue Qualität setzt, die durch ein bloß quantitatives Mehr nicht erklärt werden kann. Alles, was die Psychologie tun kann, ist, sich mit den Anläufen zum Sprunge (29 Anm.*) zu beschäftigen, notwendige, nicht aber hinreichende Bedingungen für das Entstehen der Sünde anzugeben.
Die Sünde selbst läßt sich in der Psychologie nicht behandeln (12), denn die Psychologie hat es nur mit Zuständen zu tun (116), mit Ruhendem, "das in bewegtem Ruhestande verbleibt" (19). Die Sünde dagegen ist ein Freiheitsakt (19). Darum kann in der Psychologie nur die reale Möglichkeit der Sünde in der Angst untersucht werden, während sie der Dogmatik die Erklärung der Erbsünde als der ideellen Möglichkeit der Sünde überlassen muß (21). Genauso kann sie dann aber auch den Möglichkeitsgehalt und die Beschaffenheit der Zustände beschreiben, die durch den qualitativen Sprung entstanden sind, wie etwa das Dämonische (126f).
Die ursprüngliche Konstitution von Angst
Streng unterscheidet Vigilius die Angst als Voraussetzung der Sünde (Kap. I) von der Angst als Folge der Sünde (Kap. II-IV) (53). Dabei kommt alles darauf an, die erste Sünde, die Sünde Adams, die die neue Qualität erst setzt (27), als durch Angst ermöglicht zu beschreiben. Nur wenn dies gelingt, kann auch aus der Angst, die auf die einmal gesetzte Sünde folgt und dann mehr und mehr zunimmt, immer wieder neue Sünde hervorgehen. "Adams Sünde erklären heißt daher die Erbsünde erklären" (25).
Adam darf dann aber nicht, wie in der dogmatischen Tradition öfter geschehen, herausgenommen werden aus dem menschlichen Geschlecht, indem man ihn mit zusätzlichen Qualitäten ausstattet, die er dann im Sündenfall verlieren kann (22). Er ist als erster Mensch (26) Individuum wie alle Menschen und darum "zu gleicher Zeit er selbst und das Geschlecht" (25), ist also ein besonderer Mensch unter den allgemeinen Bedingungen des Menschseins. Nur als Individuum, als Teilhaber am Geschlecht, kann er Geschichte haben und die Geschichte des Geschlechts beeinflussen mit der von ihm gesetzten Sünde (26). Somit können an Adam und der Sündenfallerzählung die Entstehungsbedingungen der Sünde prototypisch untersucht werden.
Wie ist Angst ursprünglich möglich? - Die Existenzdialektik Es gilt nun also, im Stand der Unschuld beim Menschen etwas zu finden, das, ohne selbst Schuld zu sein, die Sünde ermöglicht. Unschuld ist - in Anlehnung an Gen. 3 - Unwissenheit (35). Daß zur Schuldfähigkeit des Menschen ein Wissen um seine Tat gehört, leuchtet unmittelbar ein. Im Zustand der Unwissenheit ist der Mensch nach Vigilius aber nicht völlig ahnungslos und ohne Wahrnehmung: Sein Geist träumt in ihm, und Traumbilder von sich projizierend beschäftigt er sich mit seiner eigenen Wirklichkeit, die aber noch ein Nichts ist (40). Das Nichts aber ängstigt, die Unschuld ist zugleich Angst (39). Angst bezieht sich - im Gegensatz zur Furcht - nie auf etwas Bestimmtes (40) und wird gerade durch die fehlende Konkretion ihres Gegenstandes ausgelöst.
Wie kann es zu einer solchen Angst kommen? Hier liegt der entscheidende Punkt, mit dem Kierkegaards Argumentation steht oder fällt. Die Entstehung der ursprünglichen Angst ist nur zu verstehen innerhalb des von Kierkegaard vertretenen Menschenbildes.
Die Dialektik von Leib und Seele getragen vom Geist Vigilius sieht den Menschen in seiner Existenz von einer doppelten Dialektik29 bestimmt, die er im Lebensvollzug zusammenhalten muß: der Dialektik von Leib und Seele und von Zeitlichkeit und Ewigkeit. "Der Mensch ist eine Synthesis des Seelischen und des Leiblichen. Aber eine Synthesis ist nicht denkbar, wenn die Zwei nicht in einem Dritten vereinigt werden. Dies Dritte ist der Geist." (41) Oder knapper: "der Mensch [ist] eine Synthesis von Seele und Leib [...], die von Geist getragen wird" (90), ja die Synthesis wird sogar vom Geist in dem Augenblick, da er sich selbst setzt, gesetzt (47). Es gibt einen "Augenblick der Entscheidung, da der unmittelbare Geist sich als Geist durch Geist setzt" (106).30 Vorher, in der Unwissenheit, "ist der Mensch noch nicht als Geist bestimmt, sondern seelisch bestimmt in unmittelbarer Einheit mit seiner Natürlichkeit" (39). Dennoch ist etwas in ihm, das ihn vom Tier unterscheidet (42): der träumende Geist, der den Menschen ahnen läßt, daß er letztlich als Geist bestimmt ist (42).31
Die Dialektik von Zeitlichkeit und Ewigkeit
Die andere Dialektik im Menschen ist die des Zeitlichen und des Ewigen, was aber keine zweite Synthesis ist, sondern Ausdruck der ersten (90); der Geist ist nämlich traditionell das Ewige im Menschen und darum kommt es auch erst, wenn er gesetzt ist, zu dieser zweiten Dialektik (92). Obwohl Kierkegaard diesen Aspekt aus Gründen der Darstellung erst in Kap. III behandelt, gehört er sachlich zu Kap. I, also zur Entstehung der ursprünglichen Angst (95 Anm.*).
Die ursprüngliche Angst kann also nur entstehen, weil der Mensch eine Synthese ist (161), weil er verschiedene spannungsvolle Momente seiner selbst im Selbstvollzug des Geistes synthetisieren muß und weil dem Geist auch vor seiner Setzung durch sich selbst die Fähigkeit eignet, träumend seine Bestimmung als Geist zu antizipieren. Dabei ist diese Angst letztlich eine Angst des Geistes vor sich selbst (42), vor seiner möglichen und zu verwirklichenden Freiheit (43); Angst setzt Geist voraus, weshalb Tiere und Engel keine Angst haben können (40,161).
Die Ambivalenz der Angst: unschuldig schuldig
Der Vorzug der Angst vor anderen Zwischenbestimmungen wie etwa der Konkupiszenz ist ihre Zweideutigkeit (73). Auf der einen Seite ist Angst keine Schuld (40); für seine Angst kann man niemanden verantwortlich machen. Auf der andern Seite kann aber ein Mensch im Umgang mit seiner Angst schuldig werden. "Der qualitative Sprung steht außerhalb aller Zweideutigkeit, aber der, welcher durch Angst hindurch schuldig wird, er ist ja unschuldig; denn er ist es nicht selbst gewesen, sondern die Angst, eine fremde Macht, welche ihn gepackt, eine Macht, die er nicht liebte, nein, vor der er sich ängstigte; - und doch ist er ja schuldig, denn er versank in der Angst, welche er dennoch liebte, indem er sie fürchtete." (41) In der Angst steckt eine Ohnmacht, die den Menschen dennoch nicht von seiner Verantwortung dispensiert (73). Die Angst ist in sich ambivalent, sie ist "eine sympathetische Antipathie und eine antipathetische Sympathie" (40), sie ist süße Angst (40), d.h. sie unterhält zu ihrem Gegenstand ein Verhältnis, in dem Anziehung und Abstoßung sich so die Waage halten, daß der Mensch wie gefesselt ist in seiner Freiheit, vor der er sich ängstigt (48). Die Angst läßt sich von ihrem Gegenstand affizieren, sie unterhält eine "hinterlistige Verbindung" mit ihm (106), so daß der Mensch sich in den Abgrund stürzt, der in ihm einen Schwindel hervorgerufen hatte (60f). Angst ist in ihrer Zweideutigkeit zugleich unschuldige Ohnmacht und das Selbstische, das schon auf die Sünde vorausweist, weil es der Angst als Äußerung der Freiheit nur um sich selbst geht, um die Möglichkeit der Konkretion ihrer Freiheit (61).
Die Sünde als das Selbstische zu fassen, ist für Vigilius durchaus in Ordnung (78). Da das Selbst aber erst im qualitativen Sprung gesetzt wird, dreht man sich im Kreis mit einer solchen Erklärung, da man auf die Frage nach dem vorhergehenden Zustand verzichtet (80). Nur die Angst hat im Vorgriff teil am selbstischen Charakter des Selbst bzw. Selbstbewußtseins (148f), ohne deshalb schon sündig zu sein.
Das Wovor und das Worum der Angst
Angst hat man vor etwas, sie ist auf einen Gegenstand bezogen. Angst hat man aber auch um etwas. Diese beiden Momente der Angst, Wovor und Worum32, werden deutlicher, wenn man für jemand anderen (Worum) eine Gefahr (Wovor) fürchtet. Worin die Angst sich aber von der Furcht unterscheidet, ist gerade die fehlende Konkretion, die Unbestimmtheit ihres Gegenstandes (40), weshalb man diesen auch als Nichts umschreiben kann (39). Auch wenn eine scharfe begriffliche und psychologische Abgrenzung beider Phänomene voneinander kaum möglich scheint, leuchtet doch ein, daß fehlende Bestimmtheit die Orientierung erschwert und darum eine andere Angst oder Furcht erregt als eine genau zu lokalisierende Gefahr.
Charakteristisch für die ursprüngliche Angst im Zustand der Unwissenheit ist es nun, daß das Wovor und das Worum der Angst identisch sind33: Der Geist verhält sich zu sich selbst und zu seiner Bedingung, also zu Leib und Seele, als Angst (42). Der Geist als Freiheit (93) ängstigt sich vor seiner eigenen Möglichkeit (61), Freiheit zu sein (93), weil diese nur durch ihn zu verwirklichen ist. Gleichzeitig ängstigt er sich um sich, weil Freiheit eben auch verfehlt werden kann, man sich freiwillig in Unfreiheit begeben kann; Unfreiheit ist eine Erscheinung der Freiheit (140 Anm.*). Vigilius versucht, das Nichts als Wovor der Angst mit Hilfe weiterer Begriffe zu umschreiben und einzugrenzen, die alle in einem inneren Zusammenhang stehen.
Gegenstände der Angst
Der wichtigste dieser Begriffe ist die Freiheit, genauer die Möglichkeit der Freiheit für den Menschen (43,93) im Stand der Unwissenheit, die Möglichkeit zu können (43). Diese kann von Kierkegaard sogar gleichgesetzt werden mit der Angst (161). In der Angst schaut die Freiheit nieder in ihre eigene Möglichkeit (61). Dadurch wird die Freiheit aber gefesselt durch sich selbst, sie verstrickt sich in sich selbst (48)34, und nur über die Beschäftigung mit sich selbst in der Angst, ihr "wissende[s] Für-sich-Sein" (77) kann die Freiheit den Übergang von ihrer Möglichkeit zu ihrer Wirklichkeit vollziehen (48).
Abgeleitet davon kann Vigilius auch von der Angst vor der Möglichkeit und der bildenden Kraft der Möglichkeit durch die Angst sprechen (162). Mit der Möglichkeit hängt wiederum das Zukünftige zusammen, denn: "Das Mögliche ist für die Freiheit das Zukünftige, und das Zukünftige ist für die Zeit das Mögliche." (93) Die Angst hängt also zusammen mit der Zeitlichkeit menschlicher Existenz, die aus einer Anzahl von Möglichkeiten die zukünftig zu verwirklichenden zu wählen hat. Dies geschieht im "Augenblick", in dem sich für Kierkegaard Zeit und Ewigkeit berühren, weil im Augenblick wie in der Ewigkeit Vergangenes und Zukünftiges ausgeschlossen sind (88). Darum ist der Augenblick "Atom der Ewigkeit". Der Augenblick ist aber erst da, sobald der Geist gesetzt ist (90). Der Geist wiederum ist als Produkt seiner selbst das Ewige (92), und nur darum ist die Angst vor dem Geist zugleich Angst vor dem Ewigen, die den Augenblick zu einer bloßen Abstraktion macht (158), indem sie den Ewigkeitscharakter der "augenblicklichen" Entscheidung ignoriert und seiner Definitivität ausweicht.
Die geschichtlichen Variationen von Angst als Folgen der Sünde
Durch Adams erste Sünde ist also die Sündigkeit in die Welt gekommen (30). Da Adam Individuum ist wie jeder Mensch, nach Vigilius' Definition also er selbst und das Geschlecht, hat er damit auch Einfluß auf die Geschichte des Geschlechts. Jedes spätere Individuum hat im Gegensatz zu Adam darum etwas Abgeleitetes (63) an sich, es beginnt an einem besonderen Punkt in der Geschichte des Geschlechts; dennoch muß es gerade an diesem Punkt mit seiner Selbst-Geschichte von vorne anfangen (32). Aus der Sündigkeit Adams wird, weil jeder auf ihn folgende Mensch ein geschichtlich abgeleitetes Individuum ist, eine "Erbsündigkeit"35 (31).
Diese Erbsündigkeit läßt sich allerdings nur in quantitativen Bestimmungen fassen, genauso wie die ständig aus ihr folgende Angst (51).
Keinesfalls darf man mit ihr den qualitativen Sprung erklären, durch den auch jedes spätere Individuum seine anfängliche Unschuld, die ihm nach Vigilius zugestanden werden muß (51), verliert. Denn "allein durch Schuld geht die Unschuld verloren, ein jeder Mensch verliert die Unschuld wesentlich auf die gleiche Weise wie Adam es getan" (34).
Da aber die Sünde in der Welt nicht folgenlos bleibt, sondern neue Angst auslöst, gibt es neue Formen von Angst und ihre Intensität nimmt ständig zu. Die Angst wird reflektierter (51), der Gegenstand der Angst, der bisher ein Nichts war, gewinnt an Konkretion, wird "mehr und mehr zu einem Etwas" (61). Denn man kann nun in der Geschichte des Geschlechts die Folgen der Sünde beobachten, die dadurch nur noch mehr ängstigen. Anders gesagt, ist der Möglichkeitsraum, auf den sich die Angst des Individuums bezieht, jetzt bereits gattungsgeschichtlich vorgeformt, ohne daß dadurch aber sein grundsätzlicher Charakter verändert wird. Die Konkretheit der Angst prädisponiert die Sünde, prädestiniert sie aber nicht (61f).
Vigilius bietet nun in Kap. II-IV eine stärker als bisher am Phänomen der Angst orientierte Analyse geschichtlich auftretender psychologischer Angstzustände, die die "psychologischen Stellungen der Freiheit zur Sünde" (121) charakterisieren. Dabei berücksichtigt er auch epochenspezifische Formen der Angst, wie sie etwa im Heidentum (Griechentum) oder Judentum vorkamen.
Objektive Angst
Unter objektiver Angst versteht Kierkegaard - in Anlehnung an die Aussage des Paulus vom ängstlichen Harren der Kreatur (Röm. 8,19) - die Auswirkung der menschlichen Sünde in der Schöpfung, die die Schöpfung in einen Zustand versetzt, aus dem sie sich heraussehnt (57). Sie ist der "Widerschein" der menschlichen Sündigkeit in der Welt (56), die die Sinnlichkeit ständig zur Sündigkeit hin abwertet, ohne daß sie als solche schon Sündigkeit wäre (58). Die in Auseinandersetzung mit Schelling und seiner Schule nur knapp angerissenen Überlegungen lassen allerdings die Frage offen, ob man von einer Angst ohne Subjekt überhaupt sinnvoll reden kann. Wenn Angst ein psychologischer Begriff ist, wie Kierkegaard immer behauptet, dann sollte man ihn besser nicht auf die nichtmenschliche Schöpfung anwenden, schon gar nicht in einer Erörterung, die eigentlich in die Dogmatik gehört (58). Daß die menschliche Sünde spürbare Folgen für die ganze Schöpfung hat, kann man auch mit einer anderen Begrifflichkeit ausdrücken.
Subjektive Angst - die Sinnlichkeit und das Geschlechtliche Im Gegensatz zur objektiven Angst ist subjektive Angst die Folge des Generationsverhältnisses für das Individuum (62). Der Mensch als Kind seiner Eltern ist etwas Abgeleitetes; in ihm nimmt deshalb Vigilius zufolge die Sinnlichkeit im Lauf der Generationen zu (64). Exemplarisch lassen sich die Folgen der Ableitung für ihn an Eva als der Frau im Verhältnis zu Adam als dem Mann klarmachen. Die Frau gilt ihm als sinnlicher (64). Wird aber die Sinnlichkeit verstärkt, so treten die beiden Elemente der Synthesis, die der Mensch zusammenhalten soll, Leib und Seele, weiter auseinander, was dazu führt, daß die Angst zunimmt (64).
Ähnlich verhält es sich mit dem Geschlechtlichen, der leiblichen Existenz des Menschen als Mann oder Frau; an sich ist es keine Sünde, aber es läßt die Synthesis noch weiter auseinandertreten als die leibliche Bestimmung des Menschen allein (68). Die Angst reagiert darauf mit Scham, durch die der noch nicht gesetzte Geist sein Gefühl der Fremdheit in einem geschlechtlich bestimmten Leib ausdrückt (69). Individualgeschichtlich belegt Vigilius die parallele Zunahme von Angst und Sinnlichkeit an zwei grundlegenden Ereignissen im Leben eines jeden Individuums: an der Empfängnis und der Geburt (72). In beiden Fällen gibt es eine große Angst, weil der Geist zurücktreten muß. Im äußersten Fall kann die Sinnlichkeit sogar so bestimmend werden, daß die "Angst vor der Sünde die Sünde hervorbringt" (73). Ähnlich wie im Generationsverhältnis steht jeder Mensch auch in einem geschichtlichen Verhältnis (74), er weiß von seiner Umwelt und ist von ihr beeinflußt. Er gewinnt aus ihr ein geschichtliches Wissen von der Sündigkeit. Stellt er sich nun aus Angst, ebenfalls von den anderen für schuldig gehalten zu werden - wie ja auch er ihre Schuld wahrnimmt - ohne weiteres unter die Kategorie der Sündigkeit, so wird er schuldig aus Angst, für schuldig zu gelten (75). Vehement wehrt sich Kierkegaard dagegen, nur Umwelteinflüsse für die Entwicklung eines Menschen verantwortlich zu machen und ihn damit völlig im Geschlecht aufgehen zu lassen (76). Nur über die Zwischenbestimmung der Angst, die Beeinflussung von außen und eigene Verantwortung zugleich impliziert, kommt es zum Sprung in die Sünde.
Die Angst, bevor das Bewußtsein der Sünde da ist
Die Angst als Folge der Sünde hat entsprechend den Gestalten der Sünde eine doppelte Form: die aus der erkannten Sünde folgende Angst (Kap. IV) sowie diejenige, die aus der Sünde folgt, daß man die bereits vorhandene Sünde gar nicht als solche erkennt und anerkennt, sondern die Sünde als Zustand mißversteht, den man quantitativ bestimmen kann (Kap. III, vgl. 95). Letztere ist die typische Angstform des Heidentums, das sich, ohne davon zu wissen, in der Sünde befindet.
Geistlosigkeit
Da Geist und Angst zusammenhängen und es eines nicht ohne das andere gibt, müßte der Geistlosigkeit eigentlich Angstfreiheit entsprechen (97). Weil aber im Menschen immer schon etwas ist, das nur darauf wartet, Geist zu werden, so ist auch die Angst der Geistlosigkeit eine wartende oder verkleidete Angst (98), die sich ihrer selbst nicht bewußt ist. Geist wird dabei verstanden als dasjenige im Menschen, das die Aufgabe der Synthesis im Menschen übernimmt; etwas geistig verstehen heißt, es als Aufgabe zu erfassen (97). Wer aber schon die Aufgabe nicht verstanden hat, wird auch nie verstehen, daß er ihr nicht gerecht geworden ist.
Schicksal
Das Nichts der Angst, auf das sich das Heidentum bezieht, ist für Vigilius das Schicksal (99). Schicksal ist "eine Einheit von Notwendigkeit und Zufälligkeit" (99), vor der man sich ängstigt, weil man zu ihr nicht in ein echtes Verhältnis kommen kann. Ständig wechselt das Schicksal für den Menschen seinen Charakter. Es ist zwar eine Notwendigkeit, der man nicht ausweichen kann, aber eine, in deren inneren Zusammenhang man keinen Einblick gewinnen kann, weil sie sich ihrer selbst nicht bewußt ist, und die deshalb zugleich zufällig ist (99). Dem Schicksal entspricht in seiner Zweideutigkeit das Orakel (100), das mit seinem Ratschlag den Menschen in die Irre führt und ihm sein Ausgeliefertsein an sein Schicksal, seine Unfähigkeit, Verantwortung für es zu übernehmen, nur noch deutlicher vor Augen führt. Insofern hat das Schicksal für den heidnischen Menschen die Funktion, ihn aus der Verantwortung zu entlassen, und auch die Angst wird von ihrem eigentlichen Gegenstand in Richtung auf das Schicksal abgelenkt. Daß einer schuldig wird durch das Schicksal, ist ein Widerspruch, den das Heidentum nicht begreifen kann, und der nur im Christentum erfaßt ist (100): der Zusammenhang von schicksalhafter Erbsünde und individueller Sünde als Freiheitstat.
Schuld
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Das Judentum ist einen Schritt weiter als das Griechentum (106). Sein Nichts der Angst ist die Schuld (105). Es ängstet sich ständig davor, schuldig zu werden, und nimmt deshalb seine Zuflucht zum Opfer, dessen ständige Wiederholung anzeigt, daß etwas mit ihm nicht stimmt (106). In der Angst vor möglicher Schuld läßt der Mensch sich von ihr fesseln, weicht aber gleichzeitig der Reue aus, die nur eintreten kann, wenn die Schuld da ist und als solche akzeptiert wird (105). Was gegen die Angst helfen würde, ist nicht das Opfer, sondern die Ersetzung des Angstverhältnisses zur Schuld durch ein wirkliches Verhältnis (106), in dem Schuld als Sünde erkannt wird und die Versöhnung als vollkommenes und einmaliges Opfer an ihre Seite tritt (107).
Die Angst im Bewußtsein der Sünde
Erst wenn die Sünde als solche gesetzt ist und es ein Sündenbewußtsein gibt, wird aus dem Nichts der Angst wirklich ein Etwas (114). Man weiß dann, wovor man sich ängstigt. Dabei ist es zunächst erstaunlich, daß es in dieser Situation überhaupt noch Angst gibt: Wenn die Angst sich, wie von Kierkegaard behauptet, auf die Möglichkeit richtet, dann müßte sie doch verschwinden, wenn die Wirklichkeit der Sünde eingetreten und als solche bekannt ist (114). Daß dies nicht so ist, liegt einerseits daran, daß die gesetzte Wirklichkeit nicht eindimensional ist, sondern in sich weitere Momente und Möglichkeiten enthält, andererseits daran, daß sie eine unberechtigte Wirklichkeit ist (114), die in jedem Fall weitere Folgen aus sich heraussetzen wird, die sich aus der Aufgabe der Verneinung dieser Wirklichkeit ergeben (116).
Die menschliche Freiheit kann und muß sich zu dieser Wirklichkeit der Sünde auf eine von zwei Weisen verhalten: Sie kann im Guten sein und in Angst vor dem Bösen (§ 1) oder sie kann im Bösen sein und in Angst vor dem Guten (§ 2;123). Da es für Kierkegaard keine abstrakte Willensfreiheit gibt, die von einem Boden der Neutralität aus zwischen Gut und Böse erstmalig wählen könnte (115f), sondern Freiheit nur sich selbst voraussetzt (115) und in ihrer Unendlichkeit (116) keine anderen Vorgaben hat, gibt es sie nur konkret (114f Anm.*) - im Vollzug, in dem sie immer schon Stellung bezogen hat zu Gut und Böse, um dann von einem bestimmten Boden aus weiter zu operieren.
Angst vor dem Bösen
Der Zustand des Individuums, der nun zunächst näher liegt, ist die Angst vor dem Bösen. Die Sünde wird noch als eine der Freiheit als dem Guten (114 Anm.*) fremde Folge aufgefaßt (117) und das Individuum reagiert auf sie mit Angst. Die Freiheit hat also Angst davor, mit dem Bösen, das doch Folge ihrer ureigensten Tat ist, identifiziert zu werden. Sie wehrt sich dagegen, daß die Sünde Heimatrecht in der Individualität erhält (117).
Diese Angst gibt es wiederum in drei Formen: In der ersten ist sie Angst vor der unberechtigten Wirklichkeit der Sünde, die sie in ihrem Ängstigen verneinen will (116). In der zweiten Form ist sie Angst vor weiteren Folgen der Sünde, die das Individuum noch tiefer sinken lassen würden (117). In der dritten Form schließlich potenziert sich die Angst vor der Sünde zur Reue, die aber immer einen Schritt zu spät kommt und die Sünde nicht aufheben kann (118f), weil sie rückwärtsgewandt fixiert bleibt auf die bereute Sünde. Indem die Reue die Folgen der Sünde als Strafe auffaßt, wird sie wahnsinnig und kann das Leben nur noch als ein Geschleiftwerden zur Gerichtsstätte sehen (119). Der Mensch befindet sich nun in Sündenknechtschaft, da er sich von seinem unfreien Verhältnis zum Bösen bestimmen läßt (123).
Angst vor dem Guten - das Dämonische
Interessanter, aber auch schwerer zu fassen, ist die zweite mögliche Form der Angst als Reaktion auf vorhandene Sünde, die Angst vor dem Guten. Vigilius versucht, sie mit Hilfe des Dämonischen näher zu bestimmen. Die Freiheit hat wiederum Partei ergriffen, jetzt allerdings die Partei des Aufrührers (141), der Unfreiheit (127); entsprechend hat sie ein unfreies Verhältnis zum Guten (123), sie wird selbst Unfreiheit (127). Dabei darf man - entgegen einer häufig vorkommenden Auffassung vom Dämonischen - nicht "vergessen, daß die Unfreiheit eine Erscheinung der Freiheit, und mit Naturkategorien nicht zu erklären ist. Selbst wenn die Unfreiheit mit den allerstärksten Ausdrücken sagt, daß sie sich selbst nicht wolle, ist es Unwahrheit, und es ist ständig ein Wille in ihr, der stärker ist als der Wunsch." (140 Anm.*) Das Dämonische als Angst vor dem Guten zeigt sich dann am deutlichsten, wenn das Gute sich nähert, so wie die Dämonen ängstlich zu reden begannen, wenn Jesus ihnen begegnete (123). Das Dämonische ist das Verschlossene oder das unfreiwillig Offenbare (127), das sich in sich selbst zurückzieht, um nicht als Unfreiheit an die Öffentlichkeit treten zu müssen. Aber gerade in seiner Angst vor dem Guten verrät es sich (127). Es hat Angst vor der befreienden Kraft des Wortes (128).
Zeitlich betrachtet ist das Dämonische das Plötzliche, das dem Zusammenhang ausweicht und sich in einem Scheinzusammenhang um sich selbst dreht (134). Denn das Gute ist ein Zusammenhang (135), der keine Angst hat, sich zu erklären. Das Plötzliche aber ist das, was die Freiheit in ihrer Angst vor dem Guten nicht durchdringen und sich aneignen will (135).
Da der Mensch als Synthese aus drei Bereichen besteht, aus dem Leiblichen, dem Seelischen und dem Geistigen, kann das Dämonische auch unter diesen drei Aspekten betrachtet werden (126). Die Desorganisation eines Teils wirkt sich auch auf die anderen Teile aus (126). So kann die Freiheit somatisch-psychisch verloren gehen, indem z.B. der Leib seine dienende Rolle verweigert (141).
Angst vor Gewißheit, Innerlichkeit, Ernst und Ewigkeit
Die Freiheit kann aber als Unterform der Angst vor dem Guten auch pneumatisch verloren gehen auf der Ebene des Geistes (143). Dies läßt sich zeigen am Verhältnis der Freiheit zur Wahrheit. Wahrheit ist für Kierkegaard der intellektuelle Gehalt der Freiheit, weil die Freiheit selbst sie erzeugt (143). Die Wahrheit hat ihren Ausgangspunkt in der Freiheit. Es gibt sie nur, wenn sie handelnd erzeugt wird (144). Ist sie auf andere Weise im Individuum, so ist dies eine Erscheinungsform des Dämonischen (144). Dann entspricht der Wahrheit nicht die Gewißheit und die Innerlichkeit, die ihr entsprechen müßte, wenn sie handelnd hervorgebracht wäre (144), denn Freiheit steht zu dem, was sie hervorgebracht hat. So aber löst der Inhalt des eigenen Wissens Angst aus (144). Dämonisches Wissen ist ein unfreies Verhältnis zum gegebenen Wissen (143 Anm.*).
Gewißheit und Innerlichkeit hängen zusammen mit der konkreten Subjektivität (147). Diese ist das Selbstbewußtsein, das als Bewußtsein seiner selbst der konkreteste Inhalt des Bewußtseins ist (148). Dieses Selbstbewußtsein kann aber wie jede Erkenntnis nur handelnd erzeugt werden (149). Die Angst davor, dieses Selbstbewußtsein handelnd zu erwerben, ist das Ausbleiben der Innerlichkeit (149), das auf jedes Wissen durchschlägt, das im Bewußtsein ist, ohne daß das Selbstbewußtsein sich darin mitversteht, weil es sich als produzierend begreift. Alles, was verstanden wird, ohne daß man sich selbst darin mitversteht, leidet darum unter einem Mangel an Gewißheit und Innerlichkeit und führt zu Angst.
Bei den konkreten Erscheinungsformen ausbleibender Innerlichkeit gibt es nun scheinbare Gegensätze, die sich aber in ihrer Angst vor demselben Gegenstand durch ein Überwiegen von Aktivität bzw. Passivität als zusammengehörig aufweisen lassen (147). Als Beispiele führt Kierkegaard Unglaube und Aberglaube (149), Heuchelei und Ärgernis (150) sowie Stolz und Feigheit (151) an. Aus der Innerlichkeit entspringt wie aus einer Quelle der Ernst (152), ja Gewißheit und Innerlichkeit sind identisch mit Ernst (152). Der Ernst ist ein Existenzbegriff, der sich nicht durch eine Definition fassen läßt (152), weil man ihn nur an der eigenen Person verstehen kann. Ernst ist für Kierkegaard die "erworbene Ursprünglichkeit des Gemüts [...], dessen bewahrte Ursprünglichkeit in der Verantwortlichkeit der Freiheit, dessen aufrecht erhaltene Ursprünglichkeit im Genusse der Seligkeit" (154). Er ist ein Zurückkommen auf etwas Ursprüngliches, eine Wiederholung in der Kierkegaard eigentümlichen Begrifflichkeit (155 Anm.*). Worauf der Ernst zurückkommt, ist er selbst (155) oder auch der Mensch selbst. In seinem Innersten ist der Mensch also als Ernst bestimmt. Mit Ernst wird man aber nicht geboren (155), sondern im Ernst übernimmt der Mensch in Freiheit seine ursprüngliche Bestimmung zur Freiheit und bezieht sie auf jeden ihm begegnenden Gegenstand und jedes von ihm erworbene Wissen.
Da aber der Geist (92) bzw. die Innerlichkeit (157) die "Ewigkeit oder des Ewigen Bestimmung in einem Menschen" ist, hat der Ernst auch ein geklärtes Verhältnis zum Ewigen. Das Dämonische kann man darum an den Fehlformen des Verständnisses der Ewigkeit erkennen (157-160), die alle einem konkreten Verständnis (157) am eigenen Geist ausweichen.
Die Angst vor Ernst ist also Angst vor der Bestimmung des eigenen Selbst zur Selbstbestimmung in Freiheit, vor der man nur in die Unfreiheit und den Unernst ausweichen kann. Da man der eigenen Bestimmung aber nicht wirklich ausweichen kann, bleibt man in der Angst vor dem Guten als der eigenen Freiheit auf diese fixiert. Die Unfreiheit macht sich selbst zum Gefangenen (128).
Zur Plausibilität der ursprünglichen Angst
Nach diesem Gang durch Kierkegaards Gedanken soll seine Angsttheorie nun zunächst auf Plausibilität hin untersucht werden, um dann in einem zweiten Schritt ihren sachlichen Gewinn für die verhandelte Problematik herauszustellen.
Besonderes Gewicht liegt bei der Untersuchung der Plausibilität auf der ursprünglichen Angst, da sie die sachliche Voraussetzung für den weiteren Gedankengang darstellt.
Der Geist, der sich selbst noch nicht gesetzt hat, ängstigt sich nach Vigilius vor seiner eigenen Möglichkeit, die identisch ist mit Freiheit. Es leuchtet ein, daß Möglichkeit im Leben ängstigen kann, da der Mensch in einer solchen Situation nicht weiß, worauf er sich einstellen soll, wie er sich in Beziehung setzen soll zu der Situation, in der er sich befindet. Je größer die Anzahl der Möglichkeiten, desto größer die Angst. Die Frage ist allerdings, ob man diese Beobachtung übertragen kann auf eine Situation, in der der Geist noch gar nicht gesetzt ist, in der nicht konkrete Möglichkeiten, sondern nur die Möglichkeit von Freiheit überhaupt präsent sind. Wie kann ein noch nicht gesetzter Geist Einblick bekommen in seine eigenen Möglichkeiten, ohne schon gesetzt zu sein? Oder in Kierkegaards Begrifflichkeit: wie kann ein noch nicht gesetzter Geist von sich träumen und Traumbilder entwerfen und sich so selbst Angst einjagen? Im Leben hat jede Angst eine Beziehung auf durchlebte Gefahr. Dieses Wissen um die Gefährdung des eigenen Daseins wird in einer analogen Gefahrensituation zur Anwendung gebracht und verstärkt die Angst. Richtig beobachtet Vigilius, daß die Angst vor etwas Vergangenem sich vor einem in der Zukunft erneut möglichen Eintreten des Vergangenen ängstigt und somit in einem Verhältnis der Möglichkeit zum Menschen steht (93). Er erörtert allerdings nirgends das Problem, wie ein rein Zukünftiges, rein Mögliches ängstigen kann, dem nichts Vergangenes entspricht. Wie kann mich etwas ängstigen, das ich gar nicht kenne aus der Vergangenheit? Vor dem Nichts kann keine Angst entstehen, sondern nur von einem unkonkreten Etwas, weshalb auch die Trennlinie zwischen Angst und Furcht nicht scharf zu ziehen ist. In der Unwissenheit gibt es keine Angst. Die Angst entsteht für Vigilius aus einer traumhaften Ahnung des Geistes von sich selbst, aber Ahnung und Unwissenheit sind nicht dasselbe, sondern Ahnung ist eine Vorform des Wissens.
Auf den träumenden Geist bezogen, stellt sich die Frage, wie er ein Wissen von sich haben kann, ohne gesetzt zu sein und sich im Vollzug selbst zu erfahren. Hier scheint mir ein entscheidender Schwachpunkt von Kierkegaards Ansatz zu liegen, der entsteht, weil er den Geist als voraussetzungslose Selbstsetzung versteht, der aber dennoch Angst vor diesem Akt vorausgehen soll, genauso wie die menschliche Freiheit unendlich sein und aus nichts entspringen soll (116).
Da Kierkegaard selbst die Schwächen dieser logischen Figur erkannt und in der "Krankheit zum Tode" korrigiert hat36, stellt sich die Frage, ob sich die Angsttheorie des Vigilius entsprechend modifizieren läßt. Angst läßt sich dann auf jeden Fall nur noch als Begleitmoment, nicht mehr aber als vorausgehendes Moment des ersten Selbstbestimmungsaktes menschlicher Freiheit verstehen. Damit wird aber die psychologische Erklärung, die die Angst als bestehenden Zustand faßt, aus der der qualitative Sprung unerklärbar hervorbricht, hinfällig. Denn dann ist die Angst selbst Bestandteil des Sprunges und nicht mehr dessen vorausgehende Möglichkeitsbedingung. Das Verhältnis von Angst und Sünde ist dann nur noch ein einfaches, nämlich das der Folge und nicht mehr das von Voraussetzung und Folge.
Anders verhält es sich mit der auf die Sünde folgenden Angst. Nur weil dieser Angst bereits ein Freiheitsverlust vorausgegangen ist, kann sie sich vor weiteren Folgen ängstigen, aber eben deshalb kann sie es auch. Die Phänomenologie der Angst in den Kap. II-IV, die die weitere Ausbreitung der Angst und das immer neue Herauswachsen von Sünde aus ihr beschreibt, behält darum ihre Berechtigung und klärende Kraft. Eine ähnliche Kritik ist von einer anderen Seite her anzubringen: Die Angst wird von Kierkegaard als ambivalent beschrieben, indem sie von ihrem Gegenstand zugleich angezogen und abgestoßen wird, weshalb die Angst zugleich unschuldig und schuldig ist. Wieder greift Vigilius ein Phänomen der geschichtlichen Angst auf und überträgt es m.E. unzulässigerweise auf die ursprüngliche Angst. Angst kann süß sein (40), ein erstrebenswerter Zustand. Sie kann dies aber nur sein, wenn die Gefahr eine überwindbare oder nur vorgetäuschte ist. Nie ist es der Gegenstand der Angst, die Gefahr, die anzieht, sondern immer die Möglichkeit ihrer Überwindung, die eine Stärkung für künf tigen Umgang mit Angst verspricht, indem die Angst mit ihren Befürchtungen exemplarisch falsifiziert werden soll. Angst ist normalerweise ein Schutzmechanismus, der vor der Gefahr fliehen läßt. Zwar gibt es das Phänomen lähmender oder panischer Angst, die gerade zu dem führt, was sie vermeiden wollte. Dies versucht Vigilius mit dem Bild vom Blick der Schlange zu fassen, der das Individuum fesselt (106). Dennoch gibt es m.E. keinen Grund anzunehmen, daß gerade die ursprüngliche Angst eine Fehlform von Angst sein soll, die, um sich selbst zu überwinden, der Sünde in die Arme läuft. Verständlicher wäre da noch das Gegenteil, wenn die Angst gerade dazu führen würde, daß man auf den Sprung in die Tiefe und die Setzung des Geistes völlig verzichten würde.
Anders als bei geschichtlicher Angst soll es sich nun bei der ursprünglichen Angst verhalten, in der sich der Geist vor seiner eigenen Möglichkeit ängstigt. Was ihn anzieht, ist die Freiheit, die Wirklichkeit seiner selbst, die das Nichts seiner Angst vor der Möglichkeit der Freiheit überwinden würde. Da aber der Geist im Umgang mit der Angst noch gar keine Erfahrung hat, kann er auch nicht hoffen, sie durch Setzung seiner selbst zu überwinden. Der Schwindel der Freiheit (60) kann nicht durch die bloße Möglichkeit von Freiheit, sondern nur durch deren Wirklichkeit entstehen. Damit wird aber auch die Unschuld der Angst hinfällig. Gegenstand der Angst ist tatsächlich verfehlte Freiheit und nicht nur die Möglichkeit von Freiheit. Denn Freiheit und Sünde dürfen nicht gleichgesetzt werden, sonst wäre der Fall unvermeidlich und kein Freiheitsakt mehr. Angst kann somit aber nur noch Ausdruck und Folge der Sünde sein, weil der Mensch seine Freiheit nicht mehr im Vertrauen auf Gott, sondern in Angst und Sorge um sich selbst und seine Sicherung verwirklicht.37 Wo der vertrauensvolle Blick auf Gottes Möglichkeiten ausfällt, tritt an seine Stelle der ängstliche Blick auf die Beschränktheit der eigenen Möglichkeiten.38
Die Angst wird dabei verständlich als die Schwierigkeit, im Vollzug der Existenz unter den Bedingungen der Zeitlichkeit die divergierenden Ansprüche von Leib und Seele zusammenzuhalten und die Bestimmung des Menschen von der Ewigkeit her in den zeitlich geprägten Augenblick mit hineinzunehmen.
Die systematische Notwendigkeit einer Urstandslehre
Worin besteht nun der sachliche theologische Gewinn von Kierkegaards Schrift? Drei Aspekte, die in den folgenden drei Kapiteln behandelt werden, scheinen mir von Bedeutung.
Kierkegaard geht es darum, die (Erb-)Sündenlehre unter den Bedingungen der neuzeitlichen Subjektivitäts- und Freiheitsvorstellungen zu rehabilitieren. Dabei weigert er sich, die Sünde des Menschen als ein ohne seine Beteiligung über ihn gekommenes Schicksal zu verstehen. Der Mensch ist mit seiner Freiheit Urheber der Sünde, auch wenn er unter Bedingungen lebt, die durch ihren ängstigenden Charakter die Entstehung der Sünde begünstigen.
Die Sünde ist ihrem Wesen nach das, was nicht sein soll, "ihr Begriff ist, überwunden zu werden" (12). Neben diesem Aspekt der Sünde muß sie aber auch etwas sein, das nicht sein muß, wenn nicht Gott ohne weiteres für die Sünde verantwortlich gemacht werden soll. Diese beiden Aspekte sind konstitutiv für die christliche Lehre vom Sündenfall.39 Zu dieser gehört aber auch der Urstand Adams in einem Zustand der Unschuld. Denn: ein Fall ohne "Fallhöhe" ist kein Fall.40
Während Vigilius sich weigert, Adam einen paradiesisch-phantastischen Urstand anzudichten (22,33), will er dieser Einsicht gerecht werden, indem er den Fall Adams als typischen beschreibt, der von dem Fall jedes anderen Menschen nur quantitativ, nicht aber qualitativ verschieden ist. Mehrfach betont er, daß der Zustand der Unschuld sehr wohl zeitlich bestehen könne, auch bei den Menschen nach Adam (35,51). Damit individualisiert er die Urstandslehre. Dennoch weist er die "dumme Frage" (48), "was geschehen wäre, falls Adam nicht gesündigt hätte" (34) zurück mit dem Hinweis auf die Faktizität der Sünde (34). Wer unschuldig ist, wird nie so fragen, wer schuldig ist, kann nicht so fragen, ohne zu sündigen und seine eigene Verantwortung zu ignorieren (34). Nach dem Urstand darf man also höchstens fragen, um sich in der Stimmung des Ernstes die eigene Schuld am Fall klarzumachen. Aus diesem Grund muß man aber auch nach ihm fragen.
Der Angstbegriff dient Vigilius nun dazu, dem Urstand eine Tendenz hin zur Sünde zu geben, die erklärt, warum letztlich doch alle Menschen Sünder sind. Die Schwäche dieser Konzeption besteht aber darin, daß Menschsein ohne Freiheitsgebrauch nicht möglich ist, was sich in der ursprünglichen Angst bereits ausdrückt. Damit wird aber auch die Nichtnotwendigkeit der Sünde eine nur scheinbare und der Akt der Setzung des Geistes scheint - entgegen allen anderslautenden Versicherungen - mit dem Sündenfall zusammenzuf allen.41
Dennoch scheint es mir wichtig, die Frage nach dem Menschsein, wie es gedacht und geschaffen war - nämlich ohne Sünde- zu stellen, ohne damit aber die Sünde letztlich erklären zu wollen.
Die Aufgabe einer anthropologischen Plausibilisierung der christlichen Sündenlehre Mit seiner Zuweisung der Begriffe Angst und Sünde an zwei verschiedene gedankliche Kontexte, die Psychologie und die Dogmatik, und ihre aufeinander bezogene Behandlung hat Kierkegaard einen wichtigen Beitrag geliefert zu einer Aktualisierung der christlichen Erbsündenlehre. Bemerkenswert ist daran vor allem, daß er es nicht unternimmt, eine Alternativerklärung von der Entstehung der Sünde zu bieten, sondern daß ihm eine "schlichte psychologisch-andeutende Überlegung in Richtung auf das dogmatische Problem der Erbsünde" (1) genügt. Ihm geht es um ein approximierendes Reden42, das an der Unerklärbarkeit der Sünde selbst seine Grenze findet. Mit der Beschreibung psychologischer Zustände will er sich seinem Gegenstand dennoch so weit wie möglich annähern. Demselben Zweck dient die Rede von Zustand und Sprung, Quantität und Qualität.
Kierkegaard fragt also nach dem konkreten Menschen, wie in ihm die radikale Verderbnis durch die Sünde entstehen (Angst als Voraussetzung der Sünde) und bestehen kann, und wie dies wieder auf den Menschen zurückwirkt (Angst als Folge der Sünde). Dies möchte ich eine anthropologische Plausibilisierung der Sündenlehre nennen. Sie muß immer wieder unternommen werden, um unter den jeweils gegenwärtigen Diskussionsbedingungen das Anliegen der christlichen Rede von der Sünde und besonders von der Sündenvergebung und damit das urreformatorische Anliegen der Rechtfertigung des Sünders deutlich zu machen.
Auf der Suche nach einer Zwischenbestimmung, die Plausibilität verspricht, ist Vigilius auf die Angst gestoßen, ohne dies für ein endgültiges Ergebnis zu halten (77f). Die Wirkungsgeschichte seiner Schrift und die Verselbständigung der Angstthematik in Philosophie und Tiefenpsychologie zeigen, daß er den Nerv der Zeit oder besser der Zukunft nicht völlig verfehlt hat, auch wenn die inneren Mängel dieser Zwischenbestimmung nicht zu übersehen sind. Angst ist tatsächlich ein Nährboden für die Sünde, auf dem diese entstehen und wachsen kann, aber sicher nicht der einzige; deshalb muß die Suche weitergehen und einer Vielzahl von Zwischenbestimmungen die Rolle zuweisen, die Vigilius der Angst vorbehalten hatte.
Menschliche Angst als Erinnerung an den Aufgabecharakter und die Verfehlbarkeit des Menschseins Für Vigilius gründet die menschliche Angst in der ursprünglichen Anlage des Menschen, der die Aufgabe seiner Synthese mit seinem Geist selbst zu vollbringen hat. Schon bevor die Aufgabe übernommen wird, löst ihre Möglichkeit Angst aus. Die nur im Vollzug wirkliche Freiheit des Menschen wirkt lockend und bedrohlich zugleich. Die Angst wird verstärkt durch die Tatsache, daß die Aufgabe im Horizont der Ewigkeit steht, aber nur in der Zeit zu vollbringen ist, so daß einmal Gesetztes unumkehrbar ist und die Zukunft prägt.
Auch wenn, wie gezeigt, die Vorstellung einer Angst vor dem Gesetztsein des Geistes problematisch ist, bleibt doch die Einsicht in die Konstitution und Funktion von Angst im menschlichen Leben gültig: die Angst hängt zutiefst mit der Beschaffenheit des Menschen zusammen, dem seine Freiheit als in Freiheit zu verwirklichende anvertraut ist. Diese Haltung nennt Kierkegaard Ernst. Da man aber nicht mit Ernst geboren wird (155), geht es um einen Lernprozeß, in dem es nicht ohne Fehler abgehen kann. Die Angst richtet sich auf solche Fehler und auf die daran erkennbar werdende Verfehlbarkeit des Menschseins. Deshalb lösen Sünden neue Angst aus. Die Angst bezieht sich aber auch auf die grundsätzliche Gefährdung des menschlichen Daseins durch das Nichts, das sich in einzelnen Verfehlungen immer wieder konkretisiert. soll. Vigilius' Angstbegriff ist vor allem als psychologischer Ausdruck für das Möglichkeitsverhältnis endlicher Freiheit zu deuten." (1994, 76, Anm. 165).
Widerspruch, Aufgabe und Angst hängen für Kierkegaard eng zusammen: "ein Widerspruch ist stets Ausdruck für eine Aufgabe" (26, vgl. 47). Etwas geistig verstehen heißt für ihn, es als Aufgabe zu erfassen (97). Es geht also darum, die widersprüchliche Existenz des Menschen zwischen leibseelischer und geistiger Bestimmtheit als Aufgabe zu erfassen und beides in einer Synthese zusammenzuhalten. Es geht darum, die Widersprüchlichkeit des Menschseins als Aufgabe zu übernehmen.
Menschsein kann man in Anlehnung an Vigilius als einen Balanceakt verstehen.43 Eine Balance aber muß gefunden und eingeübt werden. Diese Balance läßt sich aber nicht mit dem Zittern der Angst von unten her zustande bringen, sondern nur von oben her, indem ein Mensch sich im Glauben an Gott hängt44 ; "denn allein im Glauben ist die Synthesis auf ewig und in jedem Augenblick möglich" (121).
Liebe und Glaube: Eindämmung und Überwindung der Angst
Wie Kierkegaards Schrift soll auch diese Arbeit nicht bei der Angst stehenbleiben, da ihre Konstitution und ihre Erscheinungsformen letztlich nur von ihrer Überwindung her zu verstehen sind und ihre Untersuchung durch Kierkegaard darauf hinzielt.45 Zwei Begriffe stehen bei Vigilius gegen die Angst: Liebe und Glaube.
Auf die Liebe kommt er zu sprechen, wo es um den rechten Umgang mit dem Geschlechtlichen geht. Dieses muß mit der Bestimmung des Geistes verknüpft werden (81), darf also nicht als bloße Triebhaftigkeit weiterbestehen. Es muß eine bestimmte Art von Liebe im Menschen siegen, die dann die Angst austreibt (81). Diese Formulierung spielt wohl an auf 1Joh4,17f: "Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus." Sie ist ein erster knapper Hinweis auf die mögliche Überwindung der Angst.
Zu entwaffnen ist die Angst ebenso durch den Glauben, durch einen Glauben, der den Mut findet, den Zustand der Angst als Sünde zu erkennen und ihm zu entsagen (121).
In Kap. V wird dann noch ausführlicher angedeutet, wie die Angst "das kraft des Glaubens Erlösende" (161) sein kann. Die recht verstandene Angst examiniert den Menschen, erzieht ihn durch die Möglichkeit, in der alles möglich ist, auch das Entsetzliche (162). Durch die Möglichkeit überwindet sie die Fixierung auf die Endlichkeit (165) und schaf ft Raum für den Glauben, "die innere Gewißheit, welche die Unendlichkeit vorwegnimmt" (163). Wenn man sich durch die Angst bis zum Glauben bilden läßt, beseitigt die Angst sogar das, was aus ihr entstanden war (166). Auch im Verhältnis zur Schuld läßt es die recht verstandene Angst nicht zu, daß man sich mit Scheinlösungen zufriedengibt: "Wer, im Verhältnis zur Schuld, durch die Angst erzogen wird, er wird daher erst ausruhen in der Versöhnung." (169) Die Pädagogik der Angst führt letztlich zu Christus hin. Sünde und Angst dürfen nicht als hinzunehmende Gegebenheiten verstanden werden, sondern müssen christlich und neutestamentlich von ihrer Eindämmung und Überwindung her verstanden werden.46 Dieser Einsicht wird Vigilius mit seinem abschließenden Kapitel gerecht.
Literaturverzeichnis
Kierkegaards Schrift "Der Begriff Angst" wird im Text nach der Hirsch-Ausgabe mit bloßer Seitenangabe in Klammern zitiert, alle anderen Angaben finden sich in den Endnoten.
Die Abkürzungen in dieser Arbeit sind verwendet nach: Siegfried M. Schwertner, Theologische Realenzyklopädie. Abkürzungsverzeichnis, Berlin, New York, 21994.
Quellen
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Kant, Immanuel 1786: Muthmaßlicher Anfang der Menschengeschichte, in: Kant's gesammelte Schriften, hg. von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften Bd.8, 107-123, Berlin 1912 ders. 1793: Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, in: Kant's gesammelte Schriften, hg. von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften Bd.6, 1-202, Berlin 1907
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Sekundärliteratur
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© by Thomas Ebinger (Anfragen wegen Rechten an: thomas.ebinger@gmx.net)
[...]
1 Häfner 1971, 310f.
2 Vgl. z.B. folgende Formulierung: "Nun ist aber nichts sittlich-(d. i. zurechnungsfähig-)böse, als was unsere eigene That ist." (Kant 1793, 31).
3 Kant 1793, 21.
4 Kant 1793, 44.
5 Kant 1793, 28, Anm. †. Es ist auffällig, daß auch Kierkegaard von "Praedisponieren" (61) redet, allerdings gerade so, daß dieses dem Schuldigwerden vorausgeht.
6 Kant 1793, 28.
7 Kant 1793, 29.
8 Kant 1793, 31.
9 Kant 1793, 36.
10 Kant 1793, 39, Anm. *.
11 Kant 1793, 39.
12 Kant 1793, 43.
13 Kant 1786, 112.
14 Kant 1786, 115.
15 Kant 1786, 112.
16 Kant 1786, 112.
17 Zum möglichen Einfluß der "Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft" auf Kierkegaard vgl. Green 1985.
18 McCarthy 1985, 92.
19 "Darum reagirt er [der Grund] nothwendig gegen die Freiheit als das Uebercreatürliche und erweckt in ihr die Lust zum Creatürlichen, wie den, welchen auf einem hohen und jähen Gipfel Schwindel erfaßt, gleichsam eine geheime Stimme zu rufen scheint, daß er herabstürze, oder wie nach der alten Fabel unwiderstehlicher Sirenengesang aus der Tiefe erschallt, um den Hindurchschiffenden in den Strudel hinabzuziehen. [...] Die Angst des Lebens selbst treibt den Menschen aus dem Centrum, in das er erschaffen worden" (Schelling 1809, 273).
20 Vgl. besonders die Einleitung.
21 Hirsch 1933, 711, Anm. 3.
22 Schleiermacher 1830, 368f.
23 Schleiermacher 1830, 375.
24 Die Schrift "Der Begriff Angst" ist - wie schon der Titel zeigt - stark begrifflich und wissenschaftlich orientiert, weshalb man von der (wohl nachträglichen; vgl. Hirsch 1933, 672) Pseudonymsetzung weitgehend absehen kann.
25 Tatsächlich läßt sich vor Kierkegaard eine so umfangreiche Thematisierung dieses Begriffs im Kontext von Sündenlehre und Freiheitsthematik nicht nachweisen. Vgl. Dietz 1993, 350-354.
26 Psychologie ist für Kierkegaard die Lehre vom subjektiven Geist (21) in der Tradition des deutschen Idealismus', gewinnt aber auch schon eine mehr erfahrungswissenschaftliche Dimension (vgl. die Betonung der Beobachtung und das Nachzeichnen der Umrisse (20)), die allerdings, in heutigen Kategorien gesprochen, der Tiefenpsychologie näher steht als einer rein empirisch orientierten Verhaltenspsychologie. Vgl. Dietz 1993, 263, Anm. 21.
27 Auch Härle (1995, 469) geht von dieser Leitfrage aus: "Welche Verhältnisbestimmung zwischen der Geschöpflichkeit des Menschen und seiner Sünde wird in der christlichen Überlieferung erkennbar, die einerseits beides so miteinander verbindet, daß der Fall zumindest als möglich gedacht werden kann, und die andererseits beide so voneinander unterscheidet, daß der Fall nicht notwendig aus der Geschöpflichkeit des Menschen resultiert."
28 Die in Kap. V mehr angedeuteten als ausgeführten Möglichkeiten zur Eindämmung und Überwindung der Angst dürfen deshalb in ihrem Gewicht nicht unterschätzt werden.
29 In anderen Schriften Kierkegaards finden sich weitere Momente dieser Dialektik, übersichtlich aufgelistet bei Fahrenbach 1968, 14f.
30 Zur Problematik der Selbstsetzung des Geistes, deren Aporien schon Fichte im Verlauf seiner Denkbemühungen deutlich geworden waren und die wohl auch Kierkegaard zur Abwandlung seiner Fundamentalanthropologie bewegten, vgl. Henrich 1966, 205f,218-221. In der "Krankheit zum Tode" ist der Geist nicht mehr ein mehr oder weniger selbständiges Drittes, sondern nur noch "das an dem Verhältnisse, daß das Verhältnis sich zu sich selbst verhält" (Kierkegaard 1849, 8).
31 Die Seele ist begrifflich bei Vigilius schwer zu fassen, v.a. in Abgrenzung vom Geist (Disse 1991, 91). Disse versucht sie folgendermaßen näher zu bestimmen: "Die Seele ist im Gegensatz zum Leib der immaterielle Teil des Individuums, und zwar im Sinne unmittelbarer Immaterialität: Empfindungen, Gefühle, aber auch Denken und Wollen." (1991, 88).
32 Terminologie in Anlehnung an Heideggers Analysen von Furcht und Angst (1993, 140 u. 187).
33 Von Heidegger (1993, 188) etwas anders gefaßt: "Das, worum die Angst sich ängstet, enthüllt sich als das, wovor sie sich ängstet: das In-der-Welt-Sein."
34 Zur Übersetzung des dänischen Ausdrucks vgl. Dietz 1993, 292, Anm. 84.
35 Begriff im Anschluß an Hirsch, der meint, Kierkegaard lehre keine eigentliche Erbsünde, sondern nur eine Erbsündigkeit (1933, 715).
36 Auf die Tatsache, daß Kierkegaard sein "subjektivitätstheoretisches Modell von dem des ursprünglichen Sichselbstsetzens verschoben hat hin zu der Vorstellung, daß wir uns immer schon im Vollzug von Selbsttätigkeit vorfinden" legt Axt -Piscalar (1996, 166, vgl. 164-173) besonderen Wert. Die Schrift "Der Begriff Angst" beschäftigt sich dann aus der Sicht der "Krankheit zum Tode" nur noch mit einer besonderen und fehlerhaften Form der Selbsteinholung als Selbstsetzung, die wegen ihrer Fehlerhaftigkeit Angst auslöst.
37 So die Kritik Pannenbergs in Anlehnung an Heideggers Analysen der Sorge als Grundstruktur menschlichen Daseins in der Welt (1983, 100).
38 Letztlich besteht die Schwierigkeit in Kierkegaards Wertung der Angst als unschuldig schuldig. Es fragt sich, ob man diese Ambivalenz aufrechterhalten kann, oder ob es nicht doch ein eindeutiges Entweder-Oder geben muß. Der Versuch, die Entstehung der Angst vom Umgang mit ihr zu unterscheiden (s.o.), kann nur bedingt weiterhelfen, da von Anfang an ein Zulassen der Angst vorausgesetzt werden muß, dem man schon eine erste Verantwortlichkeit zuschreiben kann. Während Pannenberg und Dietz (1993, 288) die Unschuld der Angst ablehnen, will Bösch an ihr festhalten: "Die Verunsicherung angesichts der offenen Möglichkeiten gehört zum Vollzug endlicher Freiheit wesentlich hinzu und kann nicht grundsätzlich als sündhafte Isolation auf sich selbst verstanden werden. Erst von der Erfahrung der Abgründigkeit der Freiheit aus ist die Möglichkeit gläubigen Vertrauens gegeben, wenn dieses nicht im Sinne naiver Unmittelbarkeit verstanden werden
39 So Dietz 1993, 278, Anm. 53.
40 Dietz 1993, 278.
41 So Schulz 1979, 350f.
42 Die deutsche Übersetzung von Hirsch verwischt leider die begriffliche Prägnanz des dänischen Textes, in dem mehrfach von quantitativer oder psychologischer Approximation die Rede ist (vgl. bes. 57,77,93,116,118, auch 60,121 mit dem dänischen Text).
43 Zum Begriff Balance vgl. Schulz 1979, 361.
44 Formuliert in Anlehnung an die Formel, die Kierkegaard in der "Krankheit zum Tode" verwendet: "indem es sich zu sich selbst verhält, und indem es es selbst sein will, gründet sich das Selbst durchsichtig in der Macht, welche es gesetzt hat. Eine Formel, die wiederum, woran des öfteren erinnert worden, die Definition ist für Glaube." (Kierkegaard 1849, 134), und in Anlehnung an Luthers Bestimmung des Glaubens in seinem großen Katechismus: "Denn die zwei gehören zuhaufe, Glaube und Gott. Worauf Du nu (sage ich) Dein Herz hängest und verlässest, das ist eigentlich Dein Gott." (Luther 1529, 560). Die Bedeutung des ignorierten Gottesverhältnisses für die Konstitution der Angst schon für die Schrift "Der Begriff Angst" betont auch Axt -Piscalar (1996, 171): "Der Versuch der Selbstkonstitution des Selbst kann dieses nur dann ängstigen, wenn das Selbst in der Angst ahnt, daß es im Sichselbstsetzen sein wahres Selbstsein verfehlt. Es ist deshalb mehr als wahrscheinlich, daß Kierkegaard auch für seine Ausführungen zum Begriff Angst ein immer schon mitgesetztes Gottesverhältnis voraussetzt und sein Begriff der Angst somit dem der Verzweiflung näher steht als es zunächst scheint."
45 Auch Theunissen meint - v.a. im Hinblick auf die "Krankheit zum Tode" -, "daß Kierkegaard an den 'negativen' Phänomenen, an denen er sich ausrichtet, auch ansetzt, um aus ihnen gelingendes Menschsein zu erschliessen." (1991, 17f).
46 Vgl. Härle 1995, 461.
- Citar trabajo
- Thomas Ebinger (Autor), 1998, Die Konstitution von Angst und ihre Variationen in Kierkegaards Schrift `Der Begriff Angst`, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96035
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