1. Vorbemerkungen
- N. läßt sich in keine Kategorie einordnen; es würde ihm und seinem Denken nicht gerecht werden.
- N. ist viel mehr als nur Zerstörer
- Oftmals wurde er fehlinterpretiert (z.B. vom 3. Reich, mitverursacht durch seine Schwester)
- Sprachlich sind spätere Werke Sammlungen von Gedanken und Aphorismen
- N. hatte einen virtuoser Stil;
er war leidenschaftlicher Dichter und Philosoph, ,,dionysisch", nicht zurückhaltend und mäßigend,
nicht ,,apollinisch": ,,Schreibe mit Blut: und du wirst erfahren, daßBlut Geist ist."
- N. wird und will Anregung bleiben:
Vademecum - Vadetecum.
Es lockt dich meine Art und Sprach, Du folgest mir, du gehst mir nach? Geh nur dir selbst treulich nach:-
So folgst du mir - gemach, gemach!,,Die fröhliche Wissenschaft", ,,Scherz, List und Rache", 7.
Interpretation.
Leg ich mich aus, so leg ich mich hinein:
Ich kann nicht selbst mein Interprete sein.
Doch wer nur steigt auf seiner eigenen Bahn,
Trägt auch mein Bild zu hellerem Licht hinan.,,Die fröhliche Wissenschaft", ,,Scherz, List und Rache", 23.
2. Die drei (verzahnten) Schaffensperioden
Erste Periode(1869-76)
- Verherrlichung des Griechentums, der antiken Tragödie und der Musik, Auseinandersetzung mit der Kultur seiner Zeit, Einflüsse werden deutlich
- 1871: ,,Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik"
- Zwei polare Kräfte des Griechentums: das ,,Apollinische" (Maßvolle, Vernünftige, Harmonische und das ,,Dionysische" (Rauschartige, Rasende).
- In der antike Tragödie verschmolzen diese Kräfte
- Untergang der Tragödie kam mit der griech.- rat. Philosophie; zu Euripides meinte er: ,,Die Gottheit, die aus ihm redete war nicht Dionysos und auch nicht Apollo, sondern ein ganz neugeborener Dämon, genannt Sokrates."
- N. erhofft sich Erneuerung der trag. Kultur von Richard Wagner
- 1871-76: 4 ,,Unzeitgemäße Betrachtungen"
- Erste Betrachtung: Abrechnung mit David Friedrich Strauß als Bsp. Für das Bildungsphilistertum
- Zweite: ,,Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben": gegen die historische Krankheit, die Überhandnahme des historischen Wissensstoffes gegenüber dem Leben
- Dritte: ,,Schopenhauer als Erzieher"
- Vierte: ,,Richard Wagner in Bayreuth"
- 1876: Bruch mit Wagner auf den Bayreuther Festspielen, mit dem ,,Parsifal" sei Wagner dem Christentum zu Kreuze gekrochen; außerdem verabscheute N. Wagners Antisemitismus und Nationalismus.
Zweite Periode(1876-82)
- ,,Philosophie des Vormittags"
- Radikale Kritik an der ,,d é cadence", ihrer Moral und Religion (dem Christentum), den überkommenen Werten
- Nietzsche ,,philosophiert mit dem Hammer": ,,Wer ein Schöpfer sein mußim Guten und Bösen, wahrlich, der mußein Vernichter erst sein und Werte zerbrechen."
- 1878-80: ,,Menschliches, Allzumenschliches, ein Buch für freie Geister" (Voltaire gewidmet)
- 1881: ,,Morgenröte"
- 1882: ,,Die fröhliche Wissenschaft"
- N. ist antimoralistisch:
- Moral leugnet die offensichtliche Verschiedenheit der Menschen
- Widernatürliche Nivellierung
- Herrschaft der ,,Sklavenmoral", der Moral der Herde, der Schwächeren "
- Kranke, Leidende haben aus Rache die natürliche Ordnung auf den Kopf gestellt: Nun erscheinen die Starken, Mächtigen, Herrschenden, die sich von der Herde abheben, als ,,böse" und die Gleichheit erscheint als ,,gut": ,,ihr Prediger der Gleichheit! Taranteln seid ihr mir und versteckte Rachsüchtige!"
- Moral des Neides: ,,Also hüte dich vor den Kleinen! Von dir fühlen sie sich klein, und ihre Niedrigkeit glüht gegen dich in unsichtbarer Rache."
- Zur Nächstenliebe meinte er: ,,eure Nächstenliebe ist eure schlechte Liebe zu euch selber. Ihr flüchtet zum Nächsten vor euch selber und möchtet daraus eine Tugend machen: aber ich durchschaue euer ,Selbstloses`. [...] Ihr haltet es mit euch selber nicht aus und liebt euch nicht genug: nun wollt ihr den Nächsten zur Liebe verführen und euch mit seinem Irrtum vergolden."
- Das Mitleid entsteht aufgrund der durch die Moral unterdrückten Triebe: ,,Wenn wir jemanden leiden sehen, so benutzen wir gern die jetzt gebotene Gelegenheit, Besitz von ihm zu ergreifen; diess thut auch der Mitleidige [...] und hat seine Lust dabei wie bei einer neuen ihm winkenden Eroberung."
- N. ist antidemokratisch:
- Alle Moral in Europa ist heute Herdentier- Moral.
- Politische und gesellschaftliche Einrichtung sind ihr sichtbarer Ausdruck.
- N. spricht von ,,englischen Krämerseelen"
- N. ist antisozialistisch:
- Das sozialistische Ideal ist das der Gesamtentartung des Menschen zum vollkommenen Herdentier.
- Wesen allen Lebens ist Abneigung, Verletzung, Überwältigung des Schwachen, Unterdrückung, Härte, Aufzwängung eigener Formen: ,,Man schwärmt jetztüberall ... von kommenden Zuständen der Gesellschaft, denen, ,der ausbeuterische Charakter` abgehen soll: das klingt in meinen Ohren, als ob man ein Leben zu erfinden verspräche, welches sich aller organischen Funktionen enthielte."
- N. ist antifeministisch:
- In dem Maße, in dem die Männer an echter Männlichkeit verlieren, entartet das Weib und gibt seine weiblichen Instinkte preis.
- Streben nach Emanzipation ist ein Zeichen der Entartung
- N. ist antiintellektualistisch:
- Bewußtsein, Vernunft, Intellekt sind nur Oberfläche, Werkzeuge des Instinktes: Der Instinkt ist ,,unter allen Arten der Intelligenz, die bisher entdeckt wurden, die intelligenteste"
- ,,Die Bewußtheit ist die letzte und späteste Entwicklung des Organischen und folglich auch das Unfertigste und Unkräftigste daran." Es ist ,,Aufgabe, das Wissen sich einzuverleiben, instinctiv zu machen."
- ,,und oft genug habe ich mich gefragt, ob nicht, im Grossen gerechnet, Philosophie bisherüberhaupt nur eine Auslegung des Leibes und ein Mißverständnis des Leibes gewesen ist"
- N. ist antipessimistisch: Es waren Kranke, die zum Leben sagten ,,Es taugt nichts". N. wendet sich gegen ,,Die Verächter des Leibes"
- N. ist antichristlich:
- Folgerung aus seiner Moralkritik; Christentum ist die schlimmste Form der ,,Sklavenmoral"
- Christentum ist widernatürlich und steht im Widerspruch zu dem Leben ; die ,,Prediger des Todes" vertrösten auf das Jenseits, außerdem verweichlichen sie die Menschen
- Kritik an der Verweichlichung und Zufriedenheit der Menschen: ,,`Wir haben das Glück erfunden` - sagen die letzten Menschen und blinzeln. Sie haben die Gegenden verlassen, wo es hart war zu leben: denn man braucht Wärme. [...] Man arbeitet noch, denn Arbeit ist eine Unterhaltung. Aber man sorgt, daßdie Unterhaltung nicht angreife."
- Kritik an der Metaphysik:
- ,,bleibt der Erde treu und glaubt denen nicht, welche euch vonüberirdischen Hoffnungen reden! Giftmischer sind es, ob sie es wissen oder nicht."
- ,,Zweck ist ein Begriff den wir erfunden haben, in der Realität gibt es so etwas nicht."
Dritte Periode(1883-88)
- Konsequenz aus der Kritik: der Nihilismus: ,,Die radikale Ablehnung von Wert, Sinn und Wünschbarkeit"
- Die neuen Werte: Verkündigung des Übermenschen, ewige Wiederkunft des Gleichen, Wille zur Macht und Umwertung aller Werte
- In ,,Also sprach Zarathustra - ein Buch für Alle und Keinen" läßt Nietzsche Zarathustra den Übermenschen verkünden: ,,Tot sind alle Götter: nun wollen wir, daßder Übermensch lebe!"; ,,Der Übermensch ist der Sinn der Erde"
- Die höheren Menschen müssen über sich hinaus schaffen und zugrunde gehen, um den Übermenschen hervorzubringen: ,,Ich liebe den, derüber sich selber hinaus schaffen will und so zugrunde geht. - Also sprach Zarathustra."
- Dazu die 3 Verwandlungen des Geistes : ,,Drei Verwandlungen nenne ich euch des Geistes: wie der Geiste zum Kamele wird, und zum Löwen das Kamel, und zum Kinde zuletzt der Löwe."
Das Kamel steht für den ,,tragsamen Geist", Der Löwe für den freien Geist und das Kind für den unschuldigen, wertsetzenden, übermenschliche Geist.
- Der Übermensch:
- Ist Individualist und keinem Glauben Untertan
- Weiß um den ,,Tod Gottes", weiß um die Illusion der Metaphysik
- Ist lebensbejahend
- Erkennt die Welt als ,,Wille zur Macht", als eine ,,dionysischen" Welt, in der alle Versuche, Werte zu schaffen und Halt zu gewinnen, zum Scheitern verurteilt sind.
- Weiß, daß er selber nur Teil dieser Welt, ein Stück Wille zur Macht ist
- Will bewußt den Willen zur Macht
- Der Übermensch hält diesem Widerspruch, der ,,tragischen Weisheit" stand.
- Der Übermensch hält schließlich auch der Ewigen Wiederkunft des Gleichen stand, bejaht diesen Gedanken: ,,`War das - das Leben?` will ich zum Tode sprechen. ,Wohlan! Noch einmal!";
,,O wie sollte ich nicht nach der Ewigkeit brünstig sein und nach dem Hochzeitlichen Ringe der Ringe -dem Ring der Wiederkunft? Nie noch fand ich das Weib, von dem ich
Kinder mochte, es sei denn dieses Weib, das ich liebe: denn ich liebe dich, o Ewigkeit!
Denn ich liebe dich, o Ewigkeit!"
Zur ewigen Wiederkunft: ,,Mußnicht, was geschehen kann von allen Dingen, schon einmal geschehen, getan, vorübergelaufen sein? [...] Und sind nicht solchermaßen fest alle Dinge verknotet, daßdieser Augenblick alle kommenden Dinge nach sich zieht? Also -- sich selber noch?";
,,Alles geht, alles kommt zurück; ewig rollt das Rad des Seins."
- Umwertung aller Werte: Die neuen Werte richten sich nur nach dem Willen zur Macht:
,,Was ist gut? - Alles, was das Gefühl der Macht, den Willen zur Macht, die Macht selbst im Menschen erhöht. Was ist schlecht? - Alles was aus der Schwäche stammt. Was ist Glück? - das Gefühl davon, daßdie Macht wächst [...] Nicht die Zufriedenheit, sondern mehr Macht; nicht Friede, sondern Krieg; nicht Tugend, sondern Tüchtigkeit."
- Wille zur Macht: Urprinzip, nach dem alles entsteht und vergeht, Motiv aller Handlungen, Ursache aller Veränderungen, ja sogar die Welt selbst:
,,Und wißt ihr auch, was mir ,die Welt` ist? Soll ich sie euch in meinem Spiegel zeigen? Diese Welt: ein Ungeheuer von Kraft, welche nicht gr öß er, nicht kleiner wird, die nicht verbraucht, sondern nur verwandelt, als Ganzes unveränderlich groß, ein Haushalt ohne Ausgaben und Einbußen, aber ebenso ohne Zuwachs, ohne Einnahmen, vom ,Nichts` umschlossen als von seiner Grenze, nichts Verschwimmendes, Verschwendetes, nichts Unendlich-Ausgedehntes, sondern als bestimmte Kraft einem bestimmten Raum eingelegt, und nicht einem Raume, der irgendwo ,leer` wäre, vielmehr als Kraftüberall, als Spiel von Kräften und Kraftwellen zugleich eins und vieles, hier sich häufend und zugleich dort sich mindernd, ein Meer in sich selber stürmender und flutender Kräfte, ewig sich wandelnd, ewig zurücklaufend, mit ungeheuren Jahren der Wiederkehr, mit einer Ebbe und Flut seiner Gestaltungen, aus den einfachsten in die vielfältigsten hinaustreibend, aus dem Stillsten Starrsten Kältesten hinaus in das Glühendste, Wildeste, Sich-selber-Widersprechendste, und dann wieder aus der Fülle heimkehrend zum Einfachen, aus dem Spiel der Widersprüchezurück bis zur Lust des Einklangs, sich selber bejahend und noch in dieser Gleichheit seiner Bahnen und Jahre, sich selber segnend als das, was ewig wiederkommen muß, als ein Werden, das kein Sattwerden, keinen Überdruß, keine Müdigkeit kennt: diese meine dionysische Welt des Ewig-sich-selber-Schaffens, des Ewig-sich-selber-Zerstörens, diese Geheimniswelt der doppelten Wollüste, dies mein ,Jenseits von Gut und Böse`, ohne Ziel, wenn nicht im Glück des Kreises ein Ziel liegt, ohne Willen, wenn nicht ein Ring zu sich selber guten Willen hat - , wollt ihr einen Namen für diese Welt? Eine Lösung für alle ihre Rätsel? Ein Licht für euch, ihr Verborgensten, Stärksten, Unerschrockensten, Mitternächtlichsten? - Diese Welt ist der Wille zur Macht - und nichts außerdem! Und auch ihr selber seid dieser Wille zur Macht - und nichts außerdem! "
- Arbeit zitieren
- Martin Schmidt (Autor:in), 1998, Die Philosophie Nietzsches, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95879
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