Diese Arbeit beschäftigt sich mit Michael Hanekes Verfilmung von Franz Kafkas "Das Schloß" und der Visualität als transmediale Erscheinung zwischen Literatur und Film. Um sowohl der Ästhetik als auch dem Phänomen der Visualität im Film "Das Schloss" gerecht zu werden, wird die Arbeit in zwei Abschnitte geteilt. Im theoretischen Teil wird die begriffliche und methodologische Präzisierung der hier eingeführten Termini verfolgt. Dabei geht es einerseits darum, die filmische Transformation literarischer Texte im Kontext der Intermedialität zu verorten. Andererseits erfolgt hier die notwendige Ausführung zum Konzept der Visualität.
Anschließend wird im theoretischen Teil geklärt, welche Funktionen Visualität im transmedialen Vergleich ausübt und inwiefern Visualität dazu geeignet ist, das kreative Potenzial von Literaturverfilmungen aufzuzeigen. Wichtig ist an dieser Stelle der Hinweis, dass der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit dabei auf der filmischen Umsetzung von Visualität liegt. Diesem Aspekt wird der Großteil der theoretischen Erklärungen gewidmet.
Nachdem die hier diskutierte Problematik theoretisch skizziert und erarbeitet wurde, erfolgt schließlich die Erprobung der gewonnen Erkenntnisse am Fallbeispiel. Die Analyse von "Das Schloss" bildet somit den zweiten Teil dieser Arbeit und überprüft dabei die eingangs formulierte These, dass mit dem Phänomen der Visualität ein transmediales Analyseinstrument gefunden wurde, das sowohl im literarischen als auch im filmischen Medium dazu verwendet werden kann, neue Interpretationsspielräume zu eröffnen und dem jeweiligen Potenzial von sowohl Film als auch Literatur Transparenz zu verleihen. Schwerpunkt der Analyse bildet hierbei wieder die filmische Transformation.
Seit die Bilder laufen lernten, haben sich die Medien Film und Literatur gegenseitig beeinflusst, erweitert, verändert. Bereits wenige Monate nach der ersten Filmvorführung durch die Brüder Skladanowsky im Berliner Varieté Wintergarten, begann das noch junge Medium Film sich literarischer Vorlagen zu bedienen: 1896 drehte der Filmpionier Louis Lumière kurze Sequenzen aus Goethes Faust, und eröffnete damit jenes Symbioseverhältnis zwischen Literatur und Film, das bis heute andauert. Aus der Zeit der Frühphase des Films war es vor allem die Romanliteratur, die sich aufgrund ihrer Form zur intensiven Austauschbasis zwischen den Künsten entwickelte.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Methodisches Vorgehen
1.2 Forschungsstand
2. Kafka Intermedial
2.1 Kafka und der Film
2.2 Kafka und das Bild
3. Theoretischer Teil
3.1 Der Begriff Intermedialität
3.1.1 Intermedialität im Kontext der Untersuchung
3.1.2 Intermedialität und Transmedialität
3.1.3 Fazit
3.2 Visualität in Literatur und Film
3.2.1 Visualität und Visibilität
3.2.2 Visualität und Visibilität in Literatur und Film
3.2.3 Exkurs: Das filmische Zeichensystem
3.2.4 Visibilität und Visualität im Film
3.3 Die filmische Transformation literarischer Texte
3.3.1 Die Transformation als Interpretation
3.3.2 Visibilität und Visualität zwischen Literatur und Film
3.3.3 Fazit
4. Vorbemerkungen zur Analyse
5. Michael Hanekes Filmsprache
5.1 Rezeptionsästhetik im Filmwerk Michael Hanekes
5.2 Das Phänomen der Gewalt im Filmwerk Michael Hanekes
5.3 Fazit
6. Analytischer Teil
6.1 Franz Kafkas Das Schloß in der Verfilmung von Michael Haneke
6.2 Das Dargestellte - Das optische Material
6.2.1 Zeit
6.2.2 Figuren
6.2.3 Raum
6.3 Das Dargestellte - Die Aufarbeitung des optischen Materials
6.4 Die Art der Darstellung - Die Kamera
6.4.1 Die Einstellungsgröße
6.4.2 Perspektive
6.4.3 Die Kamerabewegung
6.4.4 Die Schwarzbilder
6.4.5 Exkurs: Das akustische Material - Die Off-Kommentare
6.4.6 Filmische Ekphrasis: Das Schloss an/in der Tür
6.4.7 Zusammenfassung
7. Ausblick
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Seit die „Bilder laufen lernten“, haben sich die Medien Film und Literatur gegenseitig beeinflusst, erweitert, verändert.1 Bereits wenige Monate nach der ersten Filmvorführung durch die Brüder Skladanowsky im Berliner Varieté Wintergarten,2 begann das noch junge Medium Film sich literarischer Vorlagen zu bedienen3: 1896 drehte der Filmpionier Louis Lumière kurze Sequenzen aus Goethes Faust, und eröffnete damit jenes Symbioseverhältnis zwischen Literatur und Film, das bis heute andauert.4 „Aus der Zeit der Frühphase des Films“ war es vor allem „die Romanliteratur“, die sich aufgrund ihrer Form zur intensiven Austauschbasis zwischen den Künsten entwickelte.5
Jedoch fand nicht nur die Literatur Eingang in die Filmwelt: In der Literatur selbst folgte auf die „kritische Auseinandersetzung“ mit den neuen Künsten Photographie und Film einerseits eine „positive Annäherung“ an diese, was unter anderem „zu neuen literarischen Schreibweisen“ führte.6 Andererseits wurde der Film innerhalb literarischer Kreise nicht „rückhaltlos als der neue, strahlende Stern am Kulturhimmel begrüßt“.7
„Im Rahmen der sogenannten >Kino-Debatte<, die in Zeitungen und literarischen Zeitschriften zwischen 1909 und 1929 ausgetragen wurde, versuchten Autoren, Filmtheoretiker, Literatur- und Kulturkritiker, die Medien Literatur und Film zu vergleichen, voneinander abzugrenzen und ihre Struktur- und Wirkungsgesetze zu erfassen.“8
Hier kam es mitunter zur Abwertung des neuen Mediums und einer verstärkten Beschäftigung mit den eigenen literarischen Darstellungsformen. Diese Haltung entstand vor allem aufgrund des sozialen Milieus, in dem der Film zunächst angesiedelt war:
„Die ersten Filmvorführungen fanden auf Jahrmärkten statt, im Umfeld anderer Volksbelustigungen, wo Wander- und Ladenkinos mit ihren kurzen Film- und Musikstücken vor allem auf ein proletarisches Publikum abzielten, so dass die junge Kunst relativ schnell als ein >>Unterschichtenphänomen<< abgewertet wurde.“9
Der Film als Phänomen der Massenunterhaltung stand somit im Mittelpunkt kritischer Auseinandersetzungen durch das Bildungsbürgertum, das davon ausging, der Film stelle „eine Gefahr für die Kultur“ dar und verderbe „die Massen in ästhetischer und sittlicher Hinsicht“.10 Der Gedanke einer sozialen Funktion des Kinos als Unterhaltungsmittel unterer Gesellschaftsschichten findet sich auch bei Alfred Döblin, der schreibt:
„Der Kientopp [ist] ein vorzügliches Mittel gegen den Alkoholismus [...]; man achte, ob die Lebercirrhose und die Geburten epileptischer Kinder in den nächsten Jahren zurückgehen. Man nehme dem Volk und der Jugend nicht die Schundliteratur noch den Kientopp; sie brauchen die sehr blutige Kost ohne die breite Mehlpampe der volkstümlichen Literatur und die wässrigen Aufgüsse der Moral.“11
Neben dem Aspekt der Kino-Rezeption war es aber auch das Kino selbst, das durch seine ikonische Wesensart in negative Kritik geriet. So meinte man, das Kino sei wie die Fotographie deswegen keine Kunst, weil beide „ausschließlich die Funktion reiner Abbildung“ erfüllten.12 Damit rückt gleichzeitig das Problem der Verbildlichung literarischer Texte in den Vordergrund, ein Problem, das bereits in der Zeit vor den ersten bewegten Bildern in Bezug auf die theatralische Aufführung von Literatur diskutiert wurde. In einem Brief an Schiller schreibt Goethe 1797:
„Sie werden hundertmal gehört haben, dass man nach Lesung eines guten Romans gewünscht hat, den Gegenstand auf dem Theater zu sehen, und wieviel schlechte Dramen sind daher entstanden. Ebenso wollen die Menschen jede interessante Situation gleich in Kupfer gestochen sehen. Damit nur ja ihrer Imagination keine Tätigkeit übrig bleibe, so soll alles sinnlich wahr, vollkommen gegenwärtig, dramatische sein und das Dramatische selbst soll sich dem wirklich Wahren an die Seite stellen.“13
In Goethes Brief liest sich die Problematisierung der Abbildungsfunktion des Theaters ähnlich der Debatten um Fotographie und Kino gegen Ende des 19. Jahrhunderts.14 Wenn das Kino den Zuschauer in ,phantastische Traumwelten’ versetzen kann, dann entzieht ihm die Abbildungsfunktion des Films die Freiheit, die eigene Phantasie zur Visualisierung literarischer Texte zu gebrauchen.15 Der Film - oder das Theater bei Goethe - nimmt dem Zusehenden die ,Tätigkeit der Imagination’, die den eigentlichen Reiz der Kunst ausmacht: „Die Kunst zeichnet sich [...] jedoch vor allem durch ihre Fähigkeit zur Imagination, zur Entwicklung eines eigenen Stils, zur Darstellung von Subjektivität aus.“16
Trotz der langen Geschichte dieser Problematik wurde gerade der Bereich der Literaturverfilmung „erst in jüngerer Zeit als eigenes Forschungsgebiet ernst genommen“.17 Noch 1989 schreibt Franz-Josef Albersmeier von „den Gegnern der Literaturverfilmung“ und macht darauf aufmerksam, dass sich die anfängliche Kontroverse um die Existenzberechtigung von Literaturverfilmungen bis heute nicht gelegt hat.18 Im Grunde hat sich an der Argumentationsstruktur innerhalb der letzten einhundert Jahre dabei nicht viel geändert: Auch heute noch werden Literaturverfilmungen oft mit dem Hinweis abgelehnt, „dass sie die Anstrengungen zurücknehmen, die die Prosa dem Leser abfordert“.19 Zugleich wird erwartet, „dass sie der literarischen Vorlage >gerecht<“ werden und dabei „auch als Film“ funktionieren,20 eine Erwartung, der der Gedanke einer Reproduzierbarkeit literarischer Normen anhaftet, von denen eine mögliche Verfilmung „auf eigene Gefahr“ abweicht.21
Diese Herangehensweise an Literaturverfilmungen lässt jedoch außer acht, dass das Medium Film auf ein von der Literatur unabhängiges Zeichensystem zurückgreift, was in der Transformation zur Eröffnung neuer „Darstellungspotentiale und Gestaltungsmöglichkeiten“ führt und somit „vielfältige Chancen der innovativen Fortschreibung des Ausgangstextes im neuen Medium“ ermöglicht.22 Mit dieser Fortschreibung haben Literaturverfilmungen maßgeblich dazu beigetragen, „die Rezeptionsgeschichte von vielen literarischen Texten“ zu bereichern.23
In jüngerer Zeit hat man damit begonnen, das Phänomen der Literaturverfilmung nach ihrem eigenen Potential und ohne normative Vorbehalte zu beurteilen. Waldemar Fromm und Christina Scherer fassen diese Entwicklung zusammen, indem sie Transformationsprodukte als „mögliche, ja notwendige Reaktionen auf literarische Texte“24 bezeichnen, und dem Film damit „durchaus Möglichkeiten zur Gestaltung und kunstvollen Präsentation seiner Stoffe“ zusprechen.25 Damit wurde bereits der Kern der vorliegenden Arbeit angeschnitten. Es geht hier nämlich um die Frage, welche medienspezifischen Darstellungspotentiale und Gestaltungsmöglichkeiten der Film besitzt, um den literarischen Ausgangstext ,ästhetisch kreativ‘ zu bearbeiten, d.h. um eine eigene, textungebundene Lesart des verfilmten Romans bzw. der verfilmten Erzählung hervorzubringen.26
Dabei konzentriert sich diese Arbeit auf Michael Hanekes Film Das Schloss, dem der Roman Das Schloß von Franz Kafka zu Grunde liegt. Die Entscheidung für diesen medialen Vergleich ergibt sich besonders aus der Nähe des filmischen Endprodukts zum Ausgangstext: Die Arbeit wird zeigen, dass dem Film eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um jeden literarischen Text mit filmeigenen Darstellungsmitteln interpretativ fortzuschreiben. Gerade die Tatsache, dass Haneke trotz freier Gestaltungsmöglichkeiten diese Nähe zum Roman sucht, macht dabei den Reiz der vorliegenden Untersuchung aus. Dabei steht vor allem die Frage im Vordergrund, welche der filmeigenen Mittel Haneke in der Schloss Verfilmung einsetzt, zugleich wie er diese einsetzt und welche Konsequenz sich darauf für das Verhältnis zwischen Transform und Transformation ergeben.
1.1 Methodisches Vorgehen
Werner Faulstich hat darauf hingewiesen, dass jede analytische Untersuchung des Phänomens der Literaturverfilmung ein ,tertium comparationis’ benötigt, das die Analyse zwischen Literatur und Film theoretisch positioniert und die Erschließung sowie den Vergleich der jeweiligen medialen Substanz ermöglicht.27 Dabei kann es sich um Stoffe, Inhalte oder Motive handeln, die medienübergreifend in Film und Buch vorkommen.28 Häufiges Vergleichskriterium ist hierfür beispielsweise die narrative Struktur von Text und Film.29 Dementsprechend ist auch der Hinweis von Michael Braun zu verstehen, Kafka-Verfilmungen müssten „in ihren eigenen ästhetischen und narrativen Strukturen begriffen werden.“30 Da es sich bei der narrativen Strukturanalyse jedoch um ein extrem komplexes und gleichzeitig oft wiederholtes Methodenproblem handelt, schlägt die vorliegende Arbeit eine andersartige Herangehensweise an den Medienvergleich vor. Sandra Poppe hat in ihrer Arbeit Visualität in Literatur und Film darauf hingewiesen, dass die optische Sinneswahrnehmung „nicht nur als wichtige menschliche Grundkonstante in der Begegnung mit der Welt und als maßgebliches Mittel der Welterschließung“ gesehen werden kann, „sondern auch als ein Hauptzugang des Menschen zur künstlerischen Kreation.“31 Analog zur narrativen Struktur in Text und Film ist auch das Phänomen der Visualität als medienübergreifende Kategorie dazu geeignet, die Fortschreibung des Ausgangstextes im Zieltext zu verfolgen und die Darstellungspotentiale und Gestaltungsmöglichkeiten des Films sichtbar zu machen. Die These von Braun lässt sich hinsichtlich der methodologischen Orientierung der vorliegenden Arbeit also wie folgt reformulieren: Kafka-Verfilmungen müssen jetzt in ihren ästhetischen und visuellen Strukturen begriffen werden.
Um sowohl der Ästhetik als auch dem Phänomen der Visualität im Film Das Schloss von Michael Haneke gerecht zu werden, wird die Arbeit in zwei Abschnitte geteilt: Im theoretischen Teil wird die begriffliche und methodologische Präzisierung der hier eingeführten Termini verfolgt. Dabei geht es einerseits darum, die filmische Transformation literarischer Texte im Kontext der Intermedialität zu verorten. Andererseits erfolgt hier die notwendige Ausführung zum Konzept der Visualität, da der Begriff sich in neueren wissenschaftlichen Veröffentlichungen immer häufiger findet, „ohne dass bisher eine allgemeine Definition existieren würde.“32 Anschließend wird im theoretischen Teil geklärt, welche Funktionen Visualität im transmedialen Vergleich ausübt und inwiefern Visualität dazu geeignet ist, das kreative Potential von Literaturverfilmungen aufzuzeigen. Wichtig ist an dieser Stelle der Hinweis, dass der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit dabei auf der filmischen Umsetzung von Visualität liegt. Diesem Aspekt wird der Großteil der theoretischen Erklärungen gewidmet.
Nachdem die hier diskutierte Problematik theoretisch skizziert und erarbeitet wurde, erfolgt schließlich die Erprobung der gewonnen Erkenntnisse am Fallbeispiel. Die Analyse von Das Schloss bildet somit den zweiten Teil dieser Arbeit und überprüft dabei die eingangs formulierte These, dass mit dem Phänomen der Visualität ein transmediales Analyseinstrument gefunden wurde, das sowohl im literarischen als auch im filmischen Medium dazu verwendet werden kann, neue Interpretationsspielräume zu eröffnen und dem jeweiligen Potential von sowohl Film als auch Literatur Transparenz zu verleihen. Schwerpunkt der Analyse liegt hierbei wieder auf der filmischen Transformation.
Um den theoretischen Teil einzuleiten folgt nach einem kurzen Blick auf die aktuelle Forschung zu den hier erörterten Themen ein Abschnitt zu Kafka. Dadurch wird in grundlegende Aspekte der Intermedialität bei Kafka eingeführt, was wiederum die Brücke zur späteren Analyse der filmischen Kafka-Rezeption schlägt und gleichzeitig für die hier diskutierten Problematiken sensibilisiert.
1.2 Forschungsstand
Im geisteswissenschaftlichen Diskurs sind sowohl der Bereich der Literaturverfilmung als Teilgebiet intermedialer Bezüge, als auch die Analyse dieser mittels Visualität das Produkt jüngerer Forschungsarbeiten.33 Im Bereich intermedialer Bezüge hat vor allem die Arbeit Irina Rajewskys dazu beigetragen, Grundlagen zu schaffen und Neuorientierungen zu ermöglichen. Ihre 2003 erschienene Monographie Intermedialität kann heute als Standartwerk gesehen werden, das in zahlreichen Aufsätzen zum Phänomen der Intermedialität zitiert wird. Neben Rajewskys Beitrag sind vor allem die Sammelbände von Joachim Paech/Jens Schröter und Dagmar v. Hoff/Bernhard Spies zu nennen, die gerade in jüngerer Zeit versucht haben, die Komplexität des Forschungsfelds zu überblicken.
Im Bereich der Visualität ist vor allem Sandra Poppes vergleichende Arbeit Visualität in Literatur und Literatur und Film zu nennen. Zwar gibt es zur methodologischen Verwendung von Visualität als Text- bzw. Filmzugang mittlerweile eine Reihe von Aufsätzen; Poppes Beitrag ist jedoch deswegen bedeutsam, da hier eine begriffliche Situierung von Visualität vorgenommen wird, die in den meisten Arbeiten zur Visualität fehlt.34
Zuletzt bereitet eine wissenschaftliche Untersuchung der Filme Michael Hanekes zunächst Probleme: Die Filme Michael Hanekes haben erst in jüngerer Zeit Eingang in den akademischen Diskurs gefunden und sind meist nur über journalistische Schriften zugänglich. Catherine Wheatley hat mit ihrer jüngst erschienenen Monographie einen ersten Schritt zur Einführung in die Filmwelt Michael Hanekes unternommen. Geradezu spärlich fällt dabei die Recherchearbeit zu Hanekes Schloss -Verfilmung aus. Neben Stefanie Knauß‘ Aufsatz Vom Fremdsein, der Befremdlichkeit und der Einsamkeit in Hanekes Das Schloss, finden sich hierzu lediglich vereinzelte Hinweise in Sammelbänden, die im Kontext ,Der Film und Kafka’ Aspekte aus Das Schloss - meist vergleichend - neben andere Kafka-Verfilmungen stellen. Eine umfangreiche wissenschaftliche Untersuchung von Michael Hanekes Das Schloss fehlt bisher ganz.
2. Kafka Intermedial
Kafka gilt der Nachwelt als Autor, dessen schriftstellerisches Selbstverständnis per se „zwischen den Medien“, also jenseits der Grenzen der Literatur „in intermedialen Konstellationen“ anzusiedeln ist.35 Unter dem Schlagwort ,Kafka intermedial’ sind inzwischen eine Reihe von Aufsätzen und wissenschaftlichen Arbeiten erschienen, die Kafkas Verhältnis zu den unterschiedlichsten medialen Ausprägungen beleuchten. Dabei sind es vor allem die visuellen Medien, die im Blickpunkt intermedialer Untersuchungen zu Kafka stehen: Photographie und Film waren jene Medien, die zu Kafkas Zeiten am ehesten die Wahrnehmungsbedingungen der Gesellschaft beeinflussten. Walter Benjamin hat darauf aufmerksam gemacht, dass die mediale Wahrnehmung des Menschen historischer Veränderung unterliegt:
„Innerhalb großer geschichtlicher Zeiträume verändert sich mit der gesamten Daseinsweise der menschlichen Kollektiva auch die Art und Weise ihrer Sinneswahrnehmung. Die Art und Weise, in der die menschliche Sinneswahrnehmung sich organisiert - das Medium, in dem sie erfolgt - ist nicht nur natürlich (sic!) sondern auch geschichtlich bedingt.“36
Gerade die visuellen Wahrnehmungs- und Repräsentationsformen änderten sich mit der Erfindung der Photographie und des Kinematographen zu Beginn des 20. Jahrhunderts radikal. Wie Werner Faulstich schreibt, hat jedes Medium „in Gesellschaft oder bestimmten gesellschaftlichen Sektoren [...] pro Epoche eine je unterschiedliche, sich verändernde Relevanz oder Dominanz“ inne.37 Zu Beginn dieser Arbeit gilt es somit zunächst zu fragen, ob das noch junge Medium Film diese Dominanz auch auf Kafkas Wahrnehmung ausübte und inwiefern sich damit eine intermediale Beziehung zwischen dem Prager Schriftsteller und dem Film erkennen lässt.
2.1 Kafka und der Film
Das Thema ,Kafka und der Film’ hat innerhalb der letzten Jahre eine Reihe von Aufsätzen und Artikeln nach sich gezogen, die mittlerweile den größten und wichtigsten Teil der Arbeiten zur Intermedialität bei Kafka ausmachen. Markus Vorauer geht bezüglich der Rolle des Films für Kafka sogar soweit zu sagen, dass es sich bei Kafkas Briefen und Tagebüchern um „eine wahre Fundgrube für Filmtheoretiker/-historiker“ handelt.38 Nach den ersten Ausführungen Wolfgang Jahns, Bettina Augustins und Hans Zischlers, die noch den Reiz der Avantgarde, die Suche nach neuen literaturwissenschaftlichen Interpretationsansätzen erkennen ließen, hat dieses Thema somit einen festen Ort in Nachschlagewerken, Handbüchern und Einführungen der Geisteswissenschaften gefunden.39 Wie Oliver Jahraus dazu erklärt, sind „unter der Überschrift Kafka und der Film [.] zwei Bereiche zu beleuchten. Der eine eröffnet sich mit der Frage, wie Kafka zum Film stand, und der zweite, wie der Film zu Kafka steht.“40
Um die zweite Frage zu beantworten, reicht ein kurzer Blick in die Bibliotheken. Film- und Fernsehdatenbanken zählen wenigstens zwanzig Filme, die ein Werk Kafkas oder Motive aus dessen Schriften und/oder Leben thematisieren.41 Mit dabei sind nationale sowie internationale Produktionen, Kurzfilme, Schwarz-Weiß-Filme, Verfilmungen der Erzählungen sowie der Romane. Besonders die Romane bzw. Romanfragmente fanden bei Regisseuren dabei immer wieder Anklang. Ganze neun Mal wurden Das Schloss, Der Proceß oder Der Verschollene in den letzten sechzig Jahren verfilmt. Eine strenge Affinität des Films zu Kafka ist demnach nicht von der Hand zu weisen. Oder wie Sandra Poppe es formuliert: „Kafkas Texte scheinen also immer wieder zu einer filmischen Umsetzung aufgefordert zu haben.“42 Erklärungen für diese Affinität verweisen dabei zumeist auf den ersten Bereich, der nach Jahraus das Thema ,Kafka und der Film’ überschreibt - die Frage, wie Kafka zum Film stand. Offensichtlich sehen viele Wissenschaftler Kafkas Interesse an dem damals noch jungen Medium Kino als Hinweis auf die zahlreichen Verfilmungen zu Kafkas Leben und Werk.43 Die Forschung hat jedoch wiederholt darauf hingewiesen, dass es nicht Kafkas ,filmische’ Schreibweise sein kann, die Regisseure zur Inspiration treibt:
„Würde der Film Verfahren einsetzen, die sein >Film-Sein< reflektieren oder die Wahrnehmungsweise des Protagonisten als filmische ausweisen, so hätte man es mit selbstbezüglichen Strukturen zu tun, die andere Effekte mit sich brächten, als die im Text angestrebten.“44
Wird also ein literarischer Text verfilmt, der sich selbst filmische Verfahrens- und Beschreibungsweisen zu eigen macht, käme es demnach zu einer medialen Konvergenz dieser Beschreibungsweisen und zum Verlust des Kontrastreizes, der Literaturverfilmungen oft so interessant macht.45
Es kann demnach nicht Kafkas Stil, seine Schreibtechnik gewesen sein, die seine Texte heute so für filmische Transformationen anregend macht. Vielmehr war es nach Selbstaussage des Autors die „Darstellung des traumhaft inneren Lebens“46, das Potential der Bilder. An diesem Punkt setzen Forschungsprojekte, die sich mit der filmischen Rezeption Kafkas auseinandersetzen immer wieder an.47 Den Schwerpunkt der meisten Untersuchungen bildet dabei Kafkas biographische Erfahrung mit dem Medium Film und Photographie. An dieser Stelle wird demnach auch die vorliegende Untersuchung ansetzen.
2.2 Kafka und das Bild
Hans Zischler hat in seiner grundlegenden Studie Kafka geht ins Kino darauf aufmerksam gemacht, dass Kafka ein begeisterter Kinogänger war. Bereits sein erster Tagebucheintrag von 1908 beschäftigt sich mit dem noch jungen Medium Film. Mit dem Satz: „Die Zuschauer erstarren, wenn der Zug vorbeifährt“48 bezog sich Kafka wohl auf den Kurzfilm der Brüder Lumière, L’Arrivée d’un train a la Gare de La Ciotat, bei dem „das Publikum, noch ohne jede mediale Sozialisation und Erfahrung in Sachen Film, erschreckt aufgesprungen sein soll, als es zum ersten Mal einen Film, sah, in dem eine Lokomotive gezeigt wurde, die auf das Publikum zufuhr.“49 Ob Kafka diese Kinosituation nun persönlich erlebt hat oder nicht, sie steht deutlich für das Interesse, das vor allem der junge Kafka an bewegten und unbewegten Bildern fand. Zischler hat eindrucksvoll gezeigt, dass das Kino für Kafka gerade in den Jahren der Junggesellenfreundschaft mit Max Brod (bis 1913) ein bedeutsames Gut war.
Dabei kam dem Bild eine Doppelfunktion zu. Der kurze Tagebucheintrag „Im Kino gewesen. Geweint“50 lässt erkennen, dass das neue Medium mit seinen bewegten Bildern Kafka emotional beeinflusste. Der Stellenwert, der dem Kino dabei zukam, ging jedoch nicht über die Funktion der Unterhaltung hinaus. Kafka sah den Film nicht als neu entstandene Kunstform, sondern nannte ihn in einem Atemzug mit „Caféhaus, [...], Kabarett und Bordell“.51 Ähnlich wie im Caféhaus oder im Kabarett ging es Kafka demnach um die Ablenkung und Zerstreuung, die das Prager Etablissement ihrem Publikum damals bot.52 Es war die „Lust am primitiven Film“53, oder, wie er selbst sagte, die „Gier nach den Plakaten“54 die Kafkas Interesse am Kino hauptsächlich weckte. Es war die Ablenkung vom Schreiben, die ihn ins Kino trieb. Für Kafka bleibt das Kino nach Peter-André Alt „ein >>Junggesellentheater<< der selbstvergessenen Lüste, wo sich Kafka im Kokon der Tagträume einspinnen kann.“55 Der Film als Medium der Unterhaltung erhielt für Kafka damit ähnlichen Stellenwert wie das Bordell.56
Auf der anderen Seite zeigt ein weiteres Zitat aus einem Brief an Felice Bauer, dass Kafka nicht nur Begeisterung für das neue Unterhaltungsmedium empfand: „Bilder sind schön, Bilder sind nicht zu entbehren, aber eine Qual sind sie auch.”57 Dieser Satz deutet auf ein zwiespältiges Verhältnis zum Film hin, eine Problematisierung des bewegten Bildes. Waren die Kinobesuche für Kafka bis 1913 noch „maßlose Unterhaltung“58 verrät bereits diese ,Maßlosigkeit‘ des Kinogenusses, dass es sich hier um einen (öffentlichen) Ort der Extreme handelte, der einen Gegenpol zu Kafkas (heimischem) schriftstellerischen Selbstverständnis formte. Die ,Qual der Bilder’ verweist dabei auf eine problematisierte Wahrnehmung, auf die Kafka an verschiedenen Stellen aufmerksam machte. In den Worten Wolfgang Hagens: „Kafka, von den allerneuesten Stummfilmen ergriffen, erspürt die seltsamen wankenden Ordnungen im Medialen als erster seiner Zeit.“59 Nach dem Besuch des Kaiserpanoramas in Friedland, einer stereoskopischen Szenenschau bei der mehreren Besuchern gleichzeitig Bilder aus berühmten Schlachten oder Landschaftsaufnahmen gezeigt wurden, schreibt Kafka 1911 in sein Tagebuch: „Die Bilder lebendiger als im Kino, weil sie dem Blick die Ruhe der Wirklichkeit lassen. Das Kino gibt dem angeschauten die Unruhe seiner Bewegung, die Ruhe des Blickes scheint wichtiger.“60 Während sich der junge Kafka noch intensiv auf das bewegte Bild einließ, schärfte sich das Verständnis der ,Ruhe der Wirklichkeit’ zunehmend. Kafka kam zur Erkenntnis, dass die ,Unruhe der Bewegung’ seinem eigenen literarischen Verständnis von Wahrnehmung widersprach.61 Folglich „wurde Kafka doch relativ schnell die Differenz zu einer Wahrnehmung, die an Vermittlungsbedingungen von Schrift und Schreiben ausgerichtet war, deutlich.“62 Noch deutlicher formuliert Zischler: „Für Kafka ist es [das Kino] fast dämonische Technik, die an das erworbene Sehen, die Seh- und Schreibkraft des Autors sehr hohe, qualvolle Anforderungen stellte.“63
Auf dieses „negative Verhältnis zwischen Kafkas Schreiben und dem Medium Film“64 führt Jahraus auch Kafkas „geradezu panisch[e]“ Reaktion „auf die Idee des Verlags“ zurück, „der Verwandlung eine Titelillustration von Ottomar Starke“ hinzuzufügen65. In einem Brief an den Verlag Kurt Wolff schreibt Kafka:
Nun habe ich einen kleinen [...] Schrecken bekommen. Es ist mir nämlich, da Starke doch tatsächlich illustriert, eingefallen, er könnte etwa das Insekt selbst zeichnen wollen. Das nicht, bitte das nicht! Ich will seinen Machtkreis nicht einschränken, sondern nur aus meiner natürlicherweise besseren Kenntnis der Geschichte heraus bitten. Das Insekt selbst kann nicht gezeichnet werden.66
Auch hier ging es Kafka also um die Vermeidung der Beschränkung einer mühevoll erworbenen Fähigkeit des Sehens und des Visualisierens. Er sah im bewegten Bild „keine Alternative, sondern ein Gegenmodell zu seinem Medienmodell des Schreibens“67, die nur in den Jahren der Zerstreuung Interesse weckte, und schließlich in einem „ausschließlich auf das Schreiben“ konzentrierte Selbstverständnis verschwand.68
Neben Kafkas Interesse am Film haben neuere Forschungsansätze damit begonnen, dessen Verhältnis zu anderen visuellen Repräsentationsformen zu erforschen. Leena Eilittä schreibt dazu in Kafka and Visuality:
„Although the historical and intellectual contexts of Franz Kafka (1883-1924) have been extensively analysed, his interest in visual culture has not received much attention in the secondary literature. Neither has there been much reflection upon the role of visuality in Kafka’s narrative. Kafka’s interest in visuality ranged from art history to more modern forms of visual culture such as photography and cinema.”69
Dieser Satz klingt wie ein Echo des fast zwanzig Jahre früher erschienen Aufsatzes von Bettina Augustin, die einleitend schreibt: „Kafkas besondere Weise der bildhaften Wahrnehmung, die ihren Niederschlag in den Zeichnungen wie in seinem literarischen Schaffen findet, ist bisher kaum beachtet worden.“70 Grundsätzlich gilt zu zeigen, dass das Kino für den „Augenmensch“71 Kafka lediglich eine Form der optischen Wahrnehmung war, die dessen Leben und Wirken über lange Zeit beeinflusste. Ein erster Hinweis auf die Beschäftigung mit dem Bild außerhalb der Kinematographie findet sich bei Augustin, die auf jene „Zeichnungen“ hinweist, „die Kafka in der Studienzeit auf die Ränder der juristischen Kollegienbücher kritzelte“72 und über die er selbst später schrieb: „Jene Zeichnungen haben mich zu seiner Zeit, es ist schon Jahre her, mehr befriedigt als irgendetwas.“73 Zur gleichen Zeit etwa, während seiner Studienjahre, bezog Kafka auch den Kunstwart, eine Halbmonatsschrift, die „Aufsätze über Malerei, Literatur, Theater und Musik, Essays, Kritiken, Glossen, poetische Miniaturen, aber auch Druckillustrationen und Notenbeispiele“ enthielt und die er von 1900/01 bis 1904 abonniert hatte.74 Kafkas Interesse am Bild beinhaltete auch den eigenen Blick: „Auch Kafka kennt die Lust an der versteckten Beobachtung“, schreibt Peter-André Alt und fährt dann fort: „Als Voyeur genießt er die Verbindungen von Intimität und Desinvolture, welche ihm die über Jahre vertraute Großstadt offeriert.“75 Die Thematisierung des eigenen Blicks verweist damit wiederum auf das Gesamtinteresse am Bild bei Kafka. Auch bezüglich der Photographie konnte Carolin Duttlinger - ähnlich wie Hans Zischler bezüglich des Films - anhand biographischer und literarischer Daten eine intensive Verbindung Kafkas zum photographischen Medium belegen.76 Abschließend soll Sandra Poppes Versuch nicht unerwähnt bleiben, das Bild als möglichen Lektüreschlüssel zu Kafkas Texten zu verwenden.77
3. Theoretischer Teil
3.1 Der Begriff Intermedialität
Der Begriff Intermedialität78 hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten zu einem Sammelbegriff entwickelt, der die unterschiedlichsten Formen von Bezugnahmen und Verbindungen verschiedener Künste und Medien subsumiert.79 Zwar haben sich Medien und Künste „schon immer aufeinander bezogen gegenseitig beeinflusst“;80 es war jedoch erst zu Beginn der 1980er Jahre, als die Literaturwissenschaft damit begann, die unterschiedlichsten Medienbeziehungen unter dem Schlagwort der Intermedialität zu subsumieren. Intermedialität avancierte demnach schnell zu einem Modewort, das zwar schon „1992 [...] plötzlich in aller Munde“81 ist, sich jedoch aufgrund der zahlreichen Phänomene und Facetten, die es beschreibt, begrifflich nicht klar umgrenzen lässt. Rajewsky stellt 2008 daher fest, dass „nach gut 15 Jahren Intermedialitätsforschung [...] die Tatsache, dass sich ,Intermedialität‘ von Beginn an als ein Sammelbegriff etabliert und die Intermedialitätsdebatte im Laufe der Jahre zudem einen nachhaltigen Prozess der Ausdifferenzierung durchlaufen hat, mit aller Deutlichkeit zu Tage [tritt].“82
Diese Ausdifferenzierung bringt unweigerlich eine begriffliche Unschärfe mit sich, die trotz zahlreicher Arbeiten zum Thema Intermedialität bisher nicht behoben werden konnte.83 Heute stehen dem interessierten Leser eine „Fülle von Forschungsperspektiven, fachspezifischen Erkenntnisinteressen und Diskurstraditionen“84 zur Verfügung, die sich hinsichtlich des Begriffsverständnisses kaum einig zeigen. Zwar hat Irina Rajewsky einen ersten Ansatz zur genaueren Bestimmung des Intermedialitätsbegriffs vorgeschlagen.85 Nichtsdestotrotz findet sich in literaturwissenschaftlichen Hand- und Sachbüchern aber noch immer ein Moment des Zögerns, wenn es um die Frage nach der Bestimmung des Begriffs Intermedialität geht.86 Das Sachwörterbuch der Literatur verwendet beispielsweise lediglich sechs Zeilen darauf, den Leser über das Phänomen der Intermedialität aufzuklären: „Intermedialität“, so heißt es hier, ist ein „interdisziplinäres Forschungsgebiet bes[onders] der Medienw[issenschaften] zur Untersuchung der Interpendenzen und wechselseitigen Beeinflussung der versch[iedenen] Medien Lit[eratur], Kunst, Musik, Theater, Funk, Film, Fernsehen, Video usw.“87 Ausführlichere Einführungen benennen zwar mitunter die Geschichte und die daraus resultierenden Probleme des Intermedialitätsbegriffs, bleiben sich aber ebenso einer eingehenden Begriffsdefinition schuldig.88 Uwe Wirths Formulierung kann hier als Paradebeispiel für das Dilemma der Intermedialitätsforschung zitiert werden, begriffliche Grenzen um das Wort , Intermedialität’ zu ziehen. Er schreibt, dass Intermedialität „das Zusammenspiel verschiedener Medien“ bezeichnet und macht damit die Zurückhaltung der wissenschaftlichen Forschung gegenüber einer womöglich voreiligen Trennschärfe deutlich fühlbar.89 Auch Irina Rajewsky, deren Arbeiten innerhalb der Intermedialitätsforschung als grundlegend betrachtet werden, kommt über eine Definition der Intermedialität als „Hyperonym für die Gesamtheit aller Mediengrenzen überschreitenden Phänomene“90 zunächst nicht hinaus, und bezieht sich damit auf die enge semantische Bedeutung des Begriffs im Sinne eines ,zwischen den Medien’. Die anfängliche Intention der Intermedialitätsforschung, durch die Hypostasierung eines neuen Oberbegriffs mehr Klarheit und System in die bis dahin unübersichtlich geführten Debatten zu medienübergreifenden Phänomenen zu bringen, wurde bald aufgegeben.91
Diesen Umständen entsprechend könnt man zunächst schlussfolgern, dass jede aktuelle Untersuchung zu intermedialen Phänomenen zunächst einmal den Begriff der Intermedialität selbst definieren müsse - ein Weg, den neuere Arbeiten mitunter verfolgen.92 Auf einen solchen Ansatz, der allgemein zunächst sinnvoll erscheinen mag, wird in der vorliegenden Untersuchung jedoch aus zwei Gründen verzichtet. Erstens steht die Forschung heute vor der Frage, ob sich Intermedialität, dieser termine ombrello, aufgrund seiner Entwicklung sowie der unglaublichen Breite intermedialer Spielarten überhaupt begrifflich fassen lässt.93 Zweitens hat das Scheitern einer theoretischen Fundierung des Intermedialitätsbegriffs zur Frage geführt, ob es heute überhaupt noch sinnvoll ist, nach einer Definition des Begriffs zu forschen. Die „grundlegende“ Frage, „was mit dem Begriff ,Intermedialität‘ tatsächlich gemeint ist“94 gilt demnach immer öfter als überholt, und wurde „in Hinblick auf verschiedene Intermedialitätsbegriffe und deren jeweiliges heuristisches Potential reformuliert“.95 Damit löst sich die Forschung vom apodiktischen Anspruch des einen Intermedialitätsbegriffs und akzeptiert den von Rajewsky konstatierten Sachverhalt, dass unter dem , Schirm’ der Intermedialitätsforschung eine Vielzahl von Gegenstandsbereichen kursieren, die, „abhängig vom jeweiligen Ansatz, unterschiedlich definiert“ werden müssen.96
Während Rajewsky 2002 die Definitionslage des Forschungsgegenstandes Intermedialität noch als „prekär“97 beschreibt, sehen jüngere Arbeiten zum Thema Intermedialität die Situation immer gelassener und orientieren sich mit Verweis auf die terminologische Unschärfe des Gesamtbegriffs an der jeweils im Vordergrund stehenden Problem- oder Fragestellung, ohne auf den Begriff selbst zu rekurrieren.98
Da die vorliegende Arbeit nicht das Ziel hat, den terminologischen Diskurs in der Intermedialitätsdebatte voran zu treiben, wird hier ein ähnlicher Weg gewählt. Hauptaugenmerk wird dabei auf das heuristische Potential gelegt, das Visualität als intermedialem Phänomen in Text und Film zukommt.
3.1.1 Intermedialität im Kontext der Untersuchung
Zu Beginn der 1990 Jahre stehen zwei Ansätze - die komparatisti sehen ,interart studies’ sowie die Einzelphilologien - aus denen sich die heutige Intermedialitätsforschung entwickelt hat.99 Während sich die ,interarts‘ dabei auf einen interdisziplinär angelegten Intermedialitätsbegriff konzentrierten, und damit das Verhältnis der Literatur zur Musik, bildenden Kunst oder dem Theater untersuchten, beschäftigten sich die Einzeldisziplinen vornehmlich mit dem immer stärker werdenden Zusammenspiel der Literatur mit audiovisuellen Medien wie Film, Video und Performance Arts.100 Diese historische Zweiteilung von Intermedialität in einen interdisziplinären und einen literaturzentrierten Ansatz wurde nach und nach aufgegeben und gilt heute allgemein als überholt.101
Grundsätzlich lassen sich innerhalb der Intermedialitätsforschung zwei Meinungen unterscheiden, wenn es um die Frage nach dem Verhältnis zweier intermedial verbundenen Medien geht. Auf der einen Seite stehen Rajewsky, Wolf und Bogner, die Intermedialität als „werkinternes Phänomen“102 ansehen, in dem es um die Frage geht, was im Zielprodukt vom Ausgangsprodukt enthalten ist.103 Dieser Auffassung entgegen, treten Müller, Paech und Roloff für die These ein, dass bei intermedialen Bezügen stets die „Art und Funktion der Verbindung zwischen den einzelnen Medien“104 im Vordergrund stehen muss:
„Festzuhalten bleibt - als Angelpunkt ganz verschiedener Ansätze und Kombinationen - der Hinweis von Paech, dass sich >>Intermedialität als >formaler Prozess< in der Geschichte der Künste ereignet<<, d.h. im Übergang von den älteren zu den jeweils neuen Medien; und dass dabei - als Formen der Intermedialität - Brüche, Intervalle, Zwischenräume, Passagen und Grenzüberschreitungen eine entscheidende Rolle spielen.“105
Ausgehend von der eigentlichen Wortbedeutung des Begriffs Intermedialität verweisen beide Ansätze damit in ähnlicher auf das, was zwischen den Medien passiert.106 Während der erste Ansatz danach fragt, welche Veränderungen, Schnittstellen und Übergänge bei intermedialen Transformationen stattfinden, fokussiert der zweite Ansatz auf das Prozesshafte und Funktionale bei diesen Transformationen. Damit bewegen sich jedoch beide Positionen in den von Roloff beschriebenen Brüchen und Zwischenräumen, die sich zwischen den Medien auftun.107
Jüngste Ansätze der Intermedialitätsforschung gehen dazu über, diese ursprünglich als grundlegend verstandene Auffassung, Intermedialität definiere sich hauptsächlich als Differenz, Überschreitung oder Umspielen medialer Grenzen, zu überdenken. In der Medienforschung gäbe es demnach „a still growing tendency towards an annulment, a dissolution of the boundaries between different art forms“.108 Diese Annahmen übersehen jedoch das heuristische und kreative Potential, das dem Grenzüberschreitungskriterium in der Intermedialitätsforschung auch heute noch zukommt.109 Geht man von der Tatsache aus, dass sich die aktuelle Forschung wie gezeigt von heuristisch sinnvollen Problem- und Fragestellungen leiten lässt, dann gelten beide Ansätze als legitim. Die vorliegende Untersuchung schlägt unter Berücksichtigung des hier zugrunde liegenden medialen Feldes vor, den Ansatz der Grenzüberschreitung beizubehalten. Rajewsky macht darauf aufmerksam, dass „wir im Umgang mit medialen Konfigurationen niemals ,das Medium’, also etwa ,den Film’ qua Medium [...] vor uns haben, sondern immer nur spezifische einzelne Filme [...]; zu berücksichtigen bleibt stets, dass wir es immer nur mit konkreten medialen Artikulationsformen zu tun haben, denen eine zudem in sich häufig vielschichtige und nicht auf das eine Medium reduzierbare Medialität unterliegt.“110
Die Richtung einer jeweiligen Untersuchung wird daher nicht systematisch-theoretisch bestimmt, sondern muss sich immer an dem zu untersuchenden Gegenstand, sowie alle diesem Gegenstand spezifisch innewohnendem medialen Qualitäten orientieren. Da das Hauptaugenmerk dieser Arbeit darauf liegt, Visualität als medienübergreifendes Phänomen zwischen Literatur und Film zu erforschen, wird die Annahme des Grenzüberschreitungskriteriums im Hinblick auf das diesem innewohnenden heuristischen Potential beibehalten.
3.1.2 Intermedialität und Transmedialität
Nach Rajewsky lassen sich drei Gegenstandsbereiche der Intermedialitätsforschung unterscheiden: Medienkombination, Medienwechsel und intermediale Bezüge.111 Unter Medienkombinationen versteht sie das Zusammenspiel mindestens zweier als distinkt wahrgenommener Medien, wie dies im Fotoroman der Fall wäre.112 Der Medienwechsel bezeichnet die Transformation einer medienspezifisch fixierten Thematik, eines Stoffes oder Motivs in ein anderes Medium. Als Beispiel wäre hier die Literaturverfilmung zu nennen.113 Schließlich beschreibt der Aspekt intermedialer Bezüge den Referenzakt, den ein Werk aus einem distinkten medialen Bereich auf ein Werk aus einem anderen medialen Bereich mit den eigenen medialen Mitteln vollzieht. Darunter fallen damit Phänomene wie filmisches Schreiben in der Literatur oder die Ekphrasis in Literatur und Film.114
Im Mittelpunkt steht hier die Literaturverfilmung als konkrete Form des Medienwechsels. Wird der Medienwechsel verstanden als „Transformationsprozess von einem Medium in ein anderes“, so präsentiert sich dies zunächst als medienübergreifende Spielart der Intermedialität.115 Mit der Gewichtung auf das mediale „Produkt-Substrat“, das sich inhaltlich, stofflich oder motivisch äußern kann, rückt der Medienwechsel in die Definitionsnähe der Transmedialität.116 Dieser eigentlich als Teilaspekt der Intermedialitätsforschung verstandene Begriff wurde nach und nach dazu gebraucht, als eigenständiger Terminus jene Phänomene zu beschreiben, die im Sinne des Grenzüberschreitungsgedankens zwischen den Medien auftreten: „ Transmedialität fokussiert auf die gleichzeitige Anwesenheit der beteiligten Medien und steht somit im Grunde der intermedialen Kopplung nahe.“117 Diese Definition von Urs Meyer bestätigt eine erste Verortung der Transmedialität durch Rajewsky:
„Gemeint sind Phänomene, die man als medienunspezifische ,Wanderphänomene‘ bezeichnen könnte, wie z.B. das Auftreten desselben Stoffes oder die Umsetzung einer bestimmten Ästhetik bzw. eines bestimmten Diskurstyps in verschiedenen Medien, ohne dass hierbei die Annahme eines kontaktgebenden Ursprungsmediums wichtig oder möglich ist oder für die Bedeutungskonstitution des jeweiligen Medienprodukts relevant würde.“118
Mit dem Begriff der Transmedialität bietet sich daher eine Möglichkeit, all jene intermedialen Erscheinungsformen zu subsumieren, die „im Spannungsfeld der künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten unterschiedlicher Medien“119 stehen. Die stoffliche, inhaltliche oder motivische Transformation des Medienwechsels steht damit jenen „Erscheinungen“ nähe, „die man dem Bereich des >Transmedialen< zurechnen kann, wie z.B. das Auftreten eines bestimmten Motivs, einer bestimmten Ästhetik oder eines Diskurstyps in verschiedenen Medien, ohne dass hierbei die Annahme eines >Ursprungsmediums< wichtig oder möglich ist.“120 Damit ist eine Kategorie gefunden, die eine theoretische Präzisierung und Verortung medienübergreifender Phänomene jenseits der Grenze ermöglicht. Daraus folgt, dass im Kontext der vorliegenden Untersuchung gerade die Visualität als transmedial aufgefasst werden kann, da sie als medienunspezifische Erscheinung auf das Gebiet zwischen den Medien rekurriert, auf Übergänge und Brüche, die jenseits der Grenze konkreter Medien stattfinden. Mit Poppe können dabei „die medienspezifischen Konkretisierungen von Visualität als immer neue Divergenz, ihr visuelle Ästhetik und Semantik als wiederkehrende Konvergenz verstanden werden.“121
Je nach Schwerpunkt muss demnach entweder von einer Untersuchung transmedialer bzw. intermedialer Vergleiche gesprochen werden. In der vorliegenden Arbeit wird die Literaturverfilmung Michael Hanekes anhand visueller Phänomene analysiert und entschlüsselt. Damit kann von einer Kopplung intermedialer und transmedialer Ansätze gesprochen werden. Denn während sich die Literaturverfilmung klar im theoretischen Rahmen der Intermedialität bewegt, rekurriert diese Arbeit hauptsächlich auf das, was dem Grenzüberschreitungskriterium nach zwischen den Medien liegt. Diese Rekursion des intermedialen Potentials auf die Grenzüberschreitung und das Gebiet zwischen den Medien verweist wiederum auf den zentralen Gegenstand dieser Arbeit, nämlich, dass Visualität als medienübergreifendes und damit transmediales Phänomen zwischen Literatur und Film gesehen werden kann.
[...]
1 Johannes Webers: Handbuch der Film- und Videotechnik. München 82007, S. 17.
2 Martina Sölkner: Über die Literaturverfilmung und ihren künstlerischen Wert’. In: Stefan Neuhaus (Hg.): Literatur im Film. Beispiele einer Medienbeziehung. Würzburg 2008, S. 49-62. Hier: S. 52.
3 „As soon as the movies learned to tell stories, they began to film the classics.” Sigrid Bauschinger u.a. (Hg.): Film und Literatur. Literarische Texte und der neue deutsche Film. München 1984, S. 20.
4 Sölkner, S. 49. Eva Binder und Christian Engel weisen darauf hin, dass in Russland „ein Drittel der in den Jahren 1907-1917 entstandenen Spielfilme“ Literaturverfilmungen waren. Eva Binder u. Christian Engel: Film und Literatur: Von Liebeleien, Konflikten und langfristigen Beziehungen. In: Stefan Neuhaus (Hg.): Literatur im Film. Beispiele einer Medienbeziehung. Würzburg 2008, S. 31-48. Hier: S. 33.
5 Irina Rajewsky: Intermedialität. Tübingen 2002, S. 30. Vgl. auch James Monacos Hinweis: „Das narrative Potential des Films ist so ausgeprägt, dass er seine engste Verbindung nicht mit der Malerei und nicht einmal mit dem Drama, sondern mit dem Roman geknüpft hat. Film und Roman erzählen beide lange Geschichten mit einer Fülle an Details, und tun dies aus der Perspektive des Erzählers, der oft eine gewisse Ironie zwischen Geschichte und Betrachter schiebt. Was immer gedruckt im Roman erzählt werden kann, kann im Film annähernd verbildlicht oder erzählt werden.“ James Monaco: Film verstehen. Kunst, Technik, Sprache, Geschichte und Theorie des Films und der Medien. Reinbeck 2005, S. 45.
6 Sandra Poppe: Literarische Medienreflexionen. Eine Einführung. In: Dies./Sascha Seiler (Hg.): Literarische Medienreflexionen. Künste und Medien im Fokus moderner und postmoderner Literatur. Berlin 2008, S. 9-23. Hier: S. 10.
7 Binder/Engel, S. 31.
8 Rajewsky, Intermedialität, S. 30.
9 Binder/Engel, S. 31.
10 ebd.
11 Alfred Döblin zitiert nach Lennart Koch: Das Medium ist die Wahrnehmung. Zum Beispiel Kafka. In: Ralph Köhnen (Hrsg.): Philologie im Wunderland. Medienkultur im Deutschunterricht. Frankfurt a.M. 1998, S. 45-74. Hier: S. 53.
12 Poppe, Literarische, S. 10.
13 Johann Wolfgang v. Goethe zitiert nach Käthe Hamburger: Zur Phänomenologie des Films. In: Merkur. 9/1956, S. 873-880. Hier: S. 873.
14 Vgl. Charles Baudelaire: Le public moderne et la photographie. In: Ders.: Hlvres complètes, Bd. II. Hrsg. v. Claude Pichois. Paris 1976, S. 614-619.
15 vgl. Alfred Döblin: Das Theater der kleinen Leute. In: Anthony W. Riley (Hrsg.): Ausgewählte Werke, Kleine Schriften, Bd.1, Freiburg 1985, S. 71-73; Hugo v. Hoffmannsthal: Der Ersatz für die Träume. In: Hebert Steiner (Hrsg.): Gesammelte Werke, Prosa Bd. IV, Frankfurt a.M. 1964, S. 44-50.
16 Poppe, Literarische, S. 10.
17 Sölkner, S. 55.
18 Franz-Josef Albersmeier u. Volker Roloff (Hg.): Literaturverfilmungen. Frankfurt a.M. 1989, S. 16.
19 Waldemar Fromm u. Christina Scherer: Kino nach Kafka. Zu Verfilmungen der Romane Franz Kafkas nach 1960. In: Lothar Blum u. Christine Schmitt (Hg.): Kopf-Kino. Gegenwartsliteratur und Medien. Festschrift für Volker Wehdeking zum 65. Geburtstag. Trier 2006, S. 145-165. Hier S. 145.
20 Sölkner, S. 56.
21 Benno Wagner: Franz Kafka (Orson Welles: The Trial - Steven Soderbergh: Kafka). Bilderpolitik. In: Anne Bohnenkamp (Hg.): Literaturverfilmungen. Stuttgart 2005, 145-157. Hier: S. 146.
22 Ralf Georg Bogner: Medienwechsel. In: Ansgar Nünning (Hg.): Metzler - Lexikon Literatur- und Kulturtheorie: Ansätze - Personen - Grundbegriffe. Stuttgart/Weimar 2004, S. 355.
23 Eugenio Spedicato u. Sven Hanuschek (Hg.): Literaturverfilmung. Perspektive und Analysen. Würzburg 2008, S. 8.
24 Fromm/Scherer, S. 145.
25 Sölkner, S. 55.
26 Vgl. Wagner, S. 145.
27 Vgl. Werner Faulstich: Grundkurs Filmanalyse. München 2002, S. 57: „Allerdings muss dabei bewusst betont bleiben, was bei den meisten der einschlägigen Analysen übersehen wird: dass die auf einen Vergleich mit der literarischen Vorlage angelegten Filmanalysen auch jeweils das >>tertium comparationis<<, das Vergleichskriterium angeben muss.“
28 Vgl. Poppe, Literarische, S. 13.
29 Vgl. Sandra Poppe: Visualität in Literatur und Film. Eine medienkomparatistische Untersuchung moderner Erzähltexte und ihrer Verfilmungen. Göttingen 2007, S. 129.
30 Michael Braun: Kafka im Film. Die Proceß -Adaptionen von Orson Welles, Steven Soderbergh und David Jones. In: Ders. u. Werner Kamp (Hg.): Kontext Film. Beiträge zu Film und Literatur. Berlin 2006, S. 27-44. Hier: S. 41.
31 Poppe, Visualität in, S. 11.
32 ebd., S. 31.
33 Vgl. dazu Spedicato/Hanuschek, S. 8: „In den letzten Jahren hat das Interesse der Forschung für Literaturverfilmungen deutlich zugenommen. [...]. Bei weitem unerschöpft ist dennoch das Reservoir an bedeutenden Streifen, die die Rezeptionsgeschichte von vielen literarischen Texten erheblich bereichert und sich dem Publikum durch unvergessliche Bilder eingeprägt haben.“
34 Ausnahme hiervon bilden die Beiträge von Vittoria Borso. Vgl. hierzu Vittoria Borso: Das mediale Intervall: Inter-Medialität und Visualität am Beispiel des spanischen Kinos. In: Joachim Paech u. Jens Schröter: Intermedialität Analog/Digital. Theorien - Methoden - Analysen. München 2008, S. 361-379; vgl. auch Maren Lickhardt: Ikonen, Oberflächen, Kamerafahrten. Visualität in Irmgard Keuns Weimarer Romanen. In: Dagmar v. Hoff u. Bernhard Spies (Hg.): Textprofile Intermedial. München 2008, S. 325-337; Ulrike Weymann: Intermediale Grenzgänge. Das Gespräch der drei Gehenden von Peter Weiss, Gehen von Thomas Bernhard und Die Lehre der Sainte-Victoire von Peter Handke. Heidelberg 2007. Hier: S. 77-81;
35 Bernhard Dotzler: Kafka zwischen den Medien. In: Joachim Paech u. Jens Schröter (Hg.): Intermedialität Analog/Digital. Theorien - Methoden - Analysen. München 2008, S. 181-192. Hier: S. 187.
36 Walter Benjamin: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Frankfurt a.M. 2007, S. 15.
37 Werner Faulstich: Einführung in die Medienwissenschaft. München 2002, S. 24.
38 Markus Vorauer: Kafkaeskes im Film - Film als kafkaeskes Zeichensystem. In: Michael Aichmayr u. Friedrich Buchmayr (Hg.): Im Labyrinth. Texte zu Kafka. Stuttgart 1997, S. 185-247. Hier: S. 227.
39 Vgl. dazu: Wolfgang Jahn: Kafka und die Anfänge des Kinos. Johannes Jahn zum 70. Geburtstag. In: JDSG 6. Marbach 1962, S. 353-368; Bettina Augustin: Raban im Kino. Kafka und die zeitgenössische Kinematographie. In: Schriftreihe der Franz Kafka-Gesellschaft 2. Wien/Klosterneuburg 1987, S. 37-65; Hans Zischler: Kafka geht ins Kino. Hamburg 1998.
40 Oliver Jahraus: Kafka und der Film. In: Bettina von Jagow und Oliver Jahraus (Hg.): Kafka-Handbuch. Leben-Werk-Wirkung. Göttingen 2008, S. 224-236. Hier: S. 224. Im Folgenden wird der erste Bereich der Einfachheit halber als ,Kafka und der Film’, der zweite als ,Der Film und Kafka’ bezeichnet.
41 Eine Liste mit zwanzig Kafka-Verfilmungen findet sich unter http://www.geo.uni-bonn.de/cgi- bin/kafka?Rubrik=filme auf einer Internetseite der Universität Bonn (Letzter Zugriff: 17.02.2009); Martin Brady und Hellen Hughes gehen von bis zu vierzig Kafka-Filmen aus, bieten aber keine vollständige Liste der gefundenen Filme: „The authors compiled a list of forty Kafka films in researching this article at the British Film Institute”; vgl. Brady/Hughes, S. 240.
42 Sandra Poppe: Kafka im Kino - Der Proceß in Orson Welles’ filmischer Rezeption. In: Manfred Engel und Dieter Lamping (Hg.): Franz Kafka und die Weltliteratur. Göttingen 2006, S. 234-244. Hier: S. 235.
43 Vgl. Matthias Schönleber: Kafka neu kontextuiert. ,Kafkaeskes‘ Erzählen in Film und Roman. In: Volker Frederking u.a. (Hg.): Intermediale und interdisziplinäre Lernansätze im Deutschunterricht. Bobingen 2007, S. 37-49. Hier: S. 40: „Kafka hat allerdings nicht nur auf literarische Texte Einfluss genommen. >>Die ungeheure Welt, die ich im Kopfe habe<< (Franz Kafka) lebt auch im Kinofilm weiter. Hanns Zischler (1996) geht in seiner Studie Kafka geht ins Kino davon aus, dass Kafkas Texte stark von den Merkmalen des Stummfilms und des beginnenden Tonfilms geprägt sind. Nicht zuletzt deswegen boten sich die Bildwelten, die Kafka in seinen Romanen und Erzählungen entworfen hat, offensichtlich für eine filmische Verarbeitung an.“
44 Rajewsky, Intermedialität, S. 180. Vgl. dazu Sergej Eisensteins Bemerkung: „Unterhält man sich mit irgend jemandem, vor allem mit jungen Damen über das Thema von Film und Literatur, dann wird einem unweigerlich die Frage gestellt: >Ach, warum verfilmt denn eigentlich niemand Dos Passos? Der ist doch so ausgesprochen filmisch...< Genau aus diesem Grunde, mein wertes Fräulein, wird ihn auch niemand verfilmen. Das Filmische bei ihm stammt nämlich aus dem Film. Seine Verfahren sind filmische Verfahren aus zweiter Hand.“ Sergej Eisenstein zit. n. ebd., S. 178.
45 Vgl. ebd., S. 179: „In jedem Fall aber ginge bei einer Verfilmung der Reiz des Kontrasts verloren, der den Texten gerade aufgrund der Differenzqualität der Medien zukommt.“
46 Zitiert wird nach: Kritische Franz Kafka Ausgabe, hrsg. v. Jürgen Born, Gerhard Neumann, Malcolm Pasley und Jost Schillemeit: Tagebücher, hrsg. v. Hans-Gerd Koch, Michael Müller und Malcolm Pasley. Frankfurt a.M. 1990 [Sigle: T]; Briefe 1900-1912, hrsg. v. Hans-Gerd Koch. Frankfurt a.M. 1999 [Sigle: BR I]; Briefe 1913-1914, hrsg. v. Hans-Gerd Koch. Frankfurt a.M. 1999 [Sigle: BR II]. Hier: T 546. Das Schloß, hrsg. v. Malcolm Pasley. Frankfurt a.M. 1994 [Sigle: S]; Der Proceß, hrsg. v. Malcolm Pasley. Frankfurt a.M. 1994 [Sigle: P].
47 Für eine Einführung in die filmische Kafka-Rezeption vgl.: Oliver Jahraus: Kafka und der Film. In: Bettina von Jagow und Oliver Jahraus (Hg.): Kafka-Handbuch. Leben-Werk-Wirkung. Göttingen 2008, S. 224-236; Martin Brady und Hellen Hughes: Kafka adapted to film. In: Julian Preece (Hg.): The Cambridge Companion to Kafka. Cambridge 2002, S. 226-241; Vera Pohland: Trains of Traffic. Kafka’s Novels into Film. http://www.kafka.org/index.php?id=194,222,0,0,1,0. Letzter Zugriff am 04.03.09; Waldemar Fromm und Christina Scherer: Kino nach Kafka. Zu Verfilmungen der Romane Franz Kafkas nach 1960. In: Lothar Blum, Christine Schmitt (Hrsg.): Kopf-Kino. Gegenwartsliteratur und Medien. Festschrift für Volker Wehdeking zum 65. Geburtstag. Trier: Wissenschaftlicher Verlag 2006, S. 145-165. Andere Ansätze beziehen sich auf die inhaltliche und formale Ebene der Werke Kafkas. Poppe suggeriert beispielsweise, dass „gerade die Form des Fragments der Kafka-Texte [...] zur filmischen Verarbeitung, zur Umstellung, Ergänzung und Neukombination einzuladen“ vermag. Vgl. Poppe, Kafka, S. 237. Die offene Form der Romane regt demnach immer wieder neu zu einer Umstrukturierung der Kapitelfolge an, scheinbar fehlende Szenen können vom Regisseur ergänzt und die Offenheit des Texts mit filmspezifischen Mitteln wiedergegeben werden. Vgl. dazu auch Heinz Politzers Aussage, dass das Fragment „die einzige Form ist, in der sich Kafkas Stil vollendet“. Politzer bezeichnet Kafka demnach als „Meister der offenen Form“. Heinz Politzer: Franz Kafka. Der Künstler. Frankfurt a.M. 1965, S. 29.
48 T 9.
49 Jahraus, Kafka, S. 225. Wie Jahraus weiter zeigt, ist die Ansicht, dass Kafka diesen Film tatsächlich kannte, umstritten: „Offenbar kannte Kafka die besagte Filmszene oder eine vergleichbare nicht, was ohnehin unwahrscheinlich gewesen sein wäre, denn zu Kafkas Zeiten [.] war das Kino schon längst nicht mehr die Jahrmarktsattraktion, die das Publikum mit Experimentalfilmen zu beeindrucken und erschrecken suchte, sondern schickte sich an, zu einer gesellschaftlichen Institution zu werden [.]. Jahraus, Kafka, S. 225. Trotzdem wird in der Forschungsliteratur immer wieder auf diesen ersten Satz Kafkas Bezug genommen, um dessen Interesse am Kino zu verdeutlichen. Vgl. u.a. Brady/Hughes, S. 227; Pohland, S. 1.
50 T 595.
51 Zischler, S. 16. Dies mag auch darauf zurückzuführen sein, dass sich die Darbietungen, die Kafka zu sehen bekam, zumeist auf triviale Stoffe beschränkte, deren „kolportagehafter Charakter nur notdürftig durch pathetische Zwischentitel verdeckt wurde. [.]. Der Kunstanspruch blieb begrenzt, Kolportage herrschte vor;“ Peter-André Alt: Franz Kafka. Der ewige Sohn. Eine Biographie. München 2008, S. 215.
52 Vgl. Kafkas Tagebucheintrag vom 25.09.1912: „Heute abend mich vom Schreiben weggerissen. Kinematograph im Landestheater.“ T 463.
53 ebd.
54 BR I 132.
55 Alt, S. 214.
56 Zischler rekonstruiert durch akribische Arbeit eine Reihe jener Filme, die Kafka in den Jahren 1908 bis 1913 offenbar gesehen haben soll. Ein Blick auf diese Auswahl bestätigt hier vertretene Annahme der Unterhaltungsfunktion des Kinos für Kafka. An dieser Stelle soll nur ein Beispiel erwähnt werden, das sich auf den Film Die weiße Sklavin bezieht, den Kafka so sehr in seinen Bann zog, dass er sich während einer Kutschenfahrt durch Prag neben der Protagonistin des Films durch die Stadt fahren sah. Jahraus spricht in diesem Sinne auch von einer /Überblendung’ der „sexuellen Erfahrung im Bordell und [...] erotischen Erfahrung im Kino“. Vgl. Jahraus, Kafka, S. 226.
57 BR I 306.
58 T 595.
59 Wolfgang Hagen: Was heißt und zu welchem Ende studiert man - MedienGeschichte? In: Peter Berz u.a. (Hg.): FAKtisch. Festschrift für Friedrich Kittler zum 60. Geburtstag. München 2003, S. 215-224. Hier: S. 220.
60 T 937.
61 Pohland, S. 1
62 Jahraus, Kafka, S. 226.
63 Zischler, S. 22.
64 Jahraus, Kafka, S. 230.
65 ebd., S.229.
66 Franz Kafka: Briefe 1902-1924, hrsg. v. Max Brod. Frankfurt a.M. 1983, S. 136, Brief an den Verlag Kurt Wolff v. 25. Oktober 1915.
67 Jahraus, Kafka, S. 228.
68 ebd., S. 227.
69 Leena Eilittä: Kafka and Visuality. In: Manfred Engel u.a. (Hg.): Kultur Poetik Bd.6. Zeitschrift für kulturgeschichtliche Literaturwissenschaft. Göttingen 2006, S. 222-233. Hier: S. 222.
70 Augustin, S. 38.
71 ebd..
72 ebd.
73 BR II 87.
74 Alt, S. 134. Zur näheren Bedeutung des Kunstwart für Kafka siehe: Mark Anderson: Kafka’s Clothes. Ornament and Aestheticism in the Habsburg Fin de Siècle. Oxford 1992, S. 59-62.
75 ebd., S. 250.
76 Vgl. Carolin Duttlinger: Kafka and Photography. Oxford 2007.
77 Vgl. Sandra Poppe: Visualität lesen - Neue Lektürezugänge zu Kafkas Werken. In: Kafka: Schriftreihe der Deutschen Kafka-Gesellschaft. Heft 2, Bonn 2008, S. 163-178.
78 Eine erste Erwähnung des Begriffs intermedium geht auf den englischen Dichter Samuel Taylor Coleridge (1772-1834) zurück, der damit das Wirken der Allegorie als „ narratologische[s] Phänomen“ beschrieb. Vgl. Jürgen E. Müller: Intermedialität als poetologisches und medientheoretisches Konzept. Einige Reflexionen zu dessen Geschichte. In: Jörg Helbig (Hg.): Intermedialität. Theorie und Praxis eines interdisziplinären Forschungsgebiets. Berlin 1998, S. 31-40. Hier: S. 31. Hervorhebung durch Müller. Damit hat sich die Bedeutung des Wortes zum heutigen Gebrauch zwar deutlich verschoben; nichtsdestotrotz wird Coleridge immer wieder als Urvater des Intermedialitätsbegriffs angegeben; vgl. u.a. Volker Roloff: Intermedialität und Medienanthropologie. In: Joachim Paech, Jens Schröter (Hg.): Intermedialität Analog/Digital. Theorien - Methoden - Analysen. München 2008, S. 15-29. Hier: S. 16; Joachim Paech: Intermedialität. Mediales Differenzial und transformative Figurationen. In: Jörg Helbig (Hg.): Intermedialität. Theorie und Praxis eines interdisziplinären Forschungsgebiets. Berlin 1998, S. 14-31. Hier: S. 16; Jens Schröter: Intermedialität. http://www.theorie-der-medien.de/text_detail.php?nr=12. Letzter Zugriff am 23.02.2009. 1966 war es dann Dick Higgins, der den Begriff ,Intermedia‘ „zur Bezeichnung hybrider Kunstformen wie der konkreten Poesie und der Performance Arts“ verwendete. Vgl. Poppe, Visualität in, S. 20; vgl. auch Dick Higgins: The Poetics and Theory of the Intermedia. Carbondale/Edwardsville 1984. Erst zu Beginn der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts hat sich ,Intermedialität’ in der wissenschaftlichen Diskussion um Medienwechsel/-grenzen endgültig etabliert. Damit werden bisherige Stichworte wie „Literatur und Film’ bzw. „filmische Schreibweise’ durch einen geeigneten Oberbegriff ersetzt. Zur näheren Begriffsgeschichte siehe: Rajewsky, Intermedialität, S. 43-46.
79 Vgl. Poppe, Visualität in, S. 19.
80 Poppe, Literarische, S. 9.
81 Irina Rajewsky: Intermediales Erzählen in der italienischen Literatur der Postmoderne, Tübingen 2003, S. 35; Joachim Paech beschreibt die Situation 1998 am deutlichsten, wenn er sagt: „Intermedialität ist >in<“. Paech: Intermedialität. Mediales Differenzial und transformative Figurationen. In: Jörg Helbig (Hg.): Intermedialität. Theorie und Praxis eines interdisziplinären Forschungsgebiets. Berlin 1998, S. 14-31. Hier: S. 14
82 Irina Rajewsky: Das Potential der Grenze. Überlegungen zu aktuellen Fragen der Intermedialitätsforschung. In: Dagmar von Hoff, Bernhard Spies (Hg.): Textprofile intermedial. München 2008, S. 19-47. Hier: S. 19; Rajewsky spricht aufgrund der überwältigenden Vielzahl intermedialer Spielformen von einem „ termine ombrello “ (,Schirm-Begriff‘), einem Ausdruck, den sie von Umberto Eco übernimmt: „Dabei findet eine Reihe weiterer Begriffe Verwendung, die z.T. als Sub-Kategorien der Intermedialität, z.T. aber auch als gleichwertige Kategorien betrachtet werden: >Multimedialität<, >Poly<- oder >Plurimedialität<, >Transmedialität<, >Medienwechsel<, >Medientransfer<, >mediale Transformationen<, sind Termini, die im Rahmen dieser Debatte zum Tragen kommen, jedoch immer wieder anders definiert und verwendet werden. Mixed media, Ekphrasis, transposition d’art, ut pictura poesis, >Veroperung<, Verfilmung oder Adapt(at)ion, >Verbuchung< oder > novelization <, Musikalisierung der Literatur, Narrativisierung der Musik, Digitalisierung des Films, Klangkunst, Hyperfiction, multimediale Computer>texte< und Aspekte wie Doppelbegabung von Künstlern sind nur der Beginn einer langen Reihe von Phänomenen die unter den >Schirm< der Intermedialität ihren Platz finden.“ Rajewsky, S. 6f. Sämtliche Hervorhebungen durch Rajewsky.
83 Vgl. Poppe, Visualität in, S.13: „Der Begriff [Intermedialität] wurde in den letzten Jahren häufig diskutiert, was zu einer Ausweitung auf immer neue Felder und einer damit einhergehenden Unschärfe der Definition geführt hat.“
84 Rajewsky, Das Potential, S.20.
85 Vgl. Irina Rajewsky, Intermedialität. Rajewskys Untersuchung kann in der Intermedialitätsforschung als erste umfassende Studie des Intermedialitätsbegriffs aus literaturwissenschaftlicher Perspektive gesehen werden.
86 Zur Einführung in die verschiedenen Aspekte der interdisziplinären Intermedialitätsforschung, siehe: Sandra Poppe u. Sascha Seiler (Hg.): Literarische Medienreflexionen. Künste und Medien im Fokus moderner und postmoderner Literatur. Berlin 2008; Nelson Goodman: Sprachen der Kunst. Frankfurt a.M., 1995; Christine Lubkoll: Mythos Musik. Freiburg 1995; Peter V. Zima (Hg.): Literatur und bildende Kunst. Darmstadt 1995. Zur Einführung in die Intermedialitätsforschung aus literaturwissenschaftlicher Perspektive siehe: Werner Wolf: Intermedialität als neues Paradigma der Literaturwissenschaften? Plädoyer für eine literaturzentrierte Erforschung von Grenzüberschreitungen zwischen Wortkunst und anderen Medien am Beispiel von Virginia Woolfs >The String Quartet<. In: AAA 21. Graz 1996, S. 85-116 [= Arbeiten aus Anglistik und Amerikanistik]; Irina Rajewsky: Intermedialität. Tübingen/Basel 2002; ebd./Sascha Seiler (Hg.): Literarische Medienreflexionen. Künste und Medien im Fokus moderner und postmoderner Literatur. Berlin 2008; Jörg Helbig (Hg.): Intermedialität. Theorie und Praxis eines interdisziplinären Forschungsgebiets. Berlin 1998; Jürgen Müller: Intermedialität. Formen moderner kultureller Kommunikation. Münster 1996; Uwe Wirth: Hypertextualität als Gegenstand einer >intermedialen Literaturwissenschaft<. In: Walter Erhart (Hg.): Grenzen der Germanistik. Stuttgart/Weimar 2004, S. 410-430; Roger Lüdeke u. Erika Greber (Hg.): Intermedium Literatur. Beiträge zu einer Medientheorie der Literaturwissenschaft. Göttingen 2004.
87 Gero v. Wilpert (Hg.): Sachwörterbuch der Literatur. Stuttgart S. 2001, S. 377.
88 vgl. die ausführlicheren Einführungen in den Begriff bei Dieter Burdorf u.a. (Hg.): Metzler Literatur Lexikon. Stuttgart/Weimar 2007, S. 335 und Uwe Wirth: Intermedialität. In: Thomas Anz (Hg.): Handbuch der Literaturwissenschaften. Band 1. Gegenstände und Grundbegriffe. Stuttgart/Weimar 2007, S. 254-264.
89 Wirth, S. 254.
90 Rajewsky, Intermedialität, S. 12: „Aus den genannten Gründen ist es vernünftig - und hiermit sind wir bei einer ersten, sehr allgemein gehaltenen Antwort auf die Frage >Was heißt Intermedialität< -, den Terminus als Hyperonym für die Gesamtheit aller Mediengrenzen überschreitenden Phänomene beizubehalten, also all der Phänomene, die, dem Präfix >inter< entsprechend, in irgendeiner Weise zwischen Medien anzusiedeln sind.“
91 Gründe für diese Entwicklung sind einerseits auf die Diskurstraditionen der Einzeldisziplinen zurückzuführen, aus denen zunächst simultan eine Reihe unterschiedlich interpretierter Intermedialitätsbegriffe entstand, was die Entwicklung eines einheitlich verstandenen Konzepts intermedialer Bezüge hemmte. Andererseits ließe sich die Unsicherheit der Forschung bezüglich des Begriffs Intermedialität zurückführen auf die Medienwissenschaft selbst, der wiederum eine theoretische Fundierung des Begriffs des Mediums fehlt: „„Weil der Medienbegriff von so vielen etablierten Fachwissenschaften reklamiert und jeweils anders definiert wird, und weil es so viele divergente Medientheorien gibt - zum Teil eigenständige, zum Teil an andere Theorien angelehnte, zum Teil in bestimmten Wissenschaften beheimatet -, ist ein allgemein durchsetzbarer Medienbegriff als >>Basiskategorie<< noch nicht gefunden.“ Oliver Jahraus: Medienwissenschaft. In: Thomas Anz (Hg.): Handbuch der Literaturwissenschaften. Band 1. Gegenstände und Grundbegriffe. Stuttgart/Weimar 2007S. 402-409. Hier: S. 403. Werner Faulstich spricht auch von „eine[r] große[n] Verwirrung um den Medienbegriff, [die] zunächst einmal zur Kenntnis genommen werden [muss]“. Faulstich, Einführung, S. 19; vgl. auch Knut Hickethier: Das ,Medium‘, die ,Medien‘ und die ,Medienwissenschaft‘. In: Rainer Bohn u.a. (Hg.): Ansichten einer künftigen Medienwissenschaft. Berlin 1988, S. 51-74. Hier: S. 51. Die Frage ist demnach berechtigt, wie sich ein Intermedialitätsbegriff einheitlich definieren lassen soll, wenn der Begriff des Mediums diese theoretische Positionierung noch nicht erfahren hat.
92 Ganz dem Vorschlag Jochen Meckes folgend, dass „Arbeiten zum Gegenstand [Intermedialität] dasjenige Ross benennen, auf das die Analyse konkreter Formen der Intermedialität setzen, und auch denjenigen (Vor-) Reiter der Theorie, auf den sie rekurrieren.“ Jochen Me>
93 Vgl. Rajewsky, Intermedialität, S. 14: „>Intermedialität< bleibt in diesem weitesten Sinne ein Terminus, der einen Gegenstandsbereich umfasst, der de facto nicht einheitlich theoretisierbar ist.“ Hervorhebung durch Rajewsky. Dieser Frage neue Impulse und Richtungen zu geben, ist nicht Aufgabe dieser Arbeit und würde den Rahmen einer Filmanalyse sprengen. Ob diese These wahr ist, werden kommende Forschungsprojekte zur Intermedialität zeigen müssen.
94 Beate Ochsner/Charles Grivel: Einleitung. In: ders. (Hg.): Intermediale. Kommunikative Konstellationen zwischen Medien. Tübingen 2001, S. 3-9. Hier S. 4.
95 Rajewsky, Das Potential, S. 20. Auch in der Medienwissenschaft gilt die Fragen, was >Medien< eigentlich seien, mittlerweile als überholt. Rainer Leschke schreibt dazu 2007: „Das Eingeständnis, das beim Medienbegriff so ziemlich alles unklar sei, bringt es inzwischen kaum über eine Plattitüde hinaus. Die Diskussion des Begriffs erregt daher kaum mehr als höflich zurückgehaltene Langeweile“. Zitiert nach: Rainer Leschke: Medien - ein loser Begriff. Zur wissenschaftshistorischen Rekonstruktion eines Begriffskonzepts. In: Navigation. Zeitschrift für Medien- und Kulturwissenschaften. Jg. 7, Heft 1, Siegen 2007, S. 219; vgl. dazu auch Joachim Paechs Neuformulierung in die Frage: ,Warum Medien?’. Joachim Paech: Warum Medien? Konstanzer Universitätsreden. Konstanz 2008.
96 Irina Rajewsky: Intermedialität >light<? Intermediale Bezüge und die >bloße Thematisierung< des Altermedialen. In: Roger Lüdeke u. Erika Greber (Hg.): Intermedium Literatur. Beiträge zu einer Medientheorie der Literaturwissenschaft. Göttingen 2004, S. 27-77. Hier: S. 29.
97 Rajewsky, Intermedialität, S. 2: „Dieser neuen media awareness zum Trotz und obwohl in den 90er Jahren einige entscheidende Fortschritte in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Intermedialität erzielt werden konnte, sieht sich die Intermedialitätsforschung nach wie vor mannigfaltigen theoretischen und methodologischen Problemen gegenüber, nicht zuletzt einer prekären Definitionslage ihres Forschungsgegenstandes selbst.“
98 Vgl. Poppe, die in ihrer Untersuchung den Aspekt der Visualität als intermediale Schnittstelle zwischen Text und Film in den Vordergrund stellt. Von dieser Situierung ausgehend entwickelt Poppe daraufhin einen eigenständigen Begriffsapparat, der die terminologische Grundlage ihrer Arbeit bildet: „Da die Termini, mit denen dabei operiert wird, bisher nicht verbindlich definiert wurden und nach wie vor klärungsbedürftig sind, erscheint die Entwicklung eines eigenen Begriffsinstrumentariums notwendig. Nur so kann das Phänomen der Visualität im analytischen Teil der Arbeit in allen seinen Facetten untersucht werden.“ Poppe, Visualität in, S. 18.
99 Vgl. Rajewsky, Intermedialität, S. 8.
100 Vgl. Poppe, Visualität in, S. 19.
101 Vgl. ebd., S. 19: „Eine getrennte Behandlung beider Ansätze erscheint im Zeitalter neuer Medienformen, in dem Foto, Film und Videoinstallation einen festen Platz innerhalb der Kunst eingenommen haben, überholt.“
102 Wolf, Intermedialität, S. 86.
103 Vgl. Rajewsky, Intermediales, S. 23: „Besonderes Augenmerk wird bei Untersuchungen zum Medienwechsel folglich auf die Auswahl konstitutiver Elemente im Zielprodukt gerichtet, ebenso auf Fragen der >>unterschiedlichen Perspektivierung, Segmentierung und Strukturierung von Ausgangs- und Zieltext [bzw. - produkt] unter den jeweiligen medienspezifischen Voraussetzungen und Bedingungen“; vgl. auch Bogner, S. 355.
104 Poppe, Visualität in, S. 22.
105 Jochen Mecke u. Volker Roloff: Intermedialität in Kino und Literatur der Romania. In: Ders./Volker Roloff (Hg.): Kino-(Ro)Mania. Intermedialität zwischen Literatur und Film. Tübingen 1999, S. 7-20. Hier: S. 12
106 Auch Bogner und Rajewsky verwenden den Begriff der Grenze: „Wendet man sich nun demjenigen zu, der sich mit Formen des Medienwechsels auseinandersetzt, so wird man vor allem auf Fragen nach den Kontinuitäten und insbesondere nach den Veränderungen stoßen, die sich infolge des Transfers eines bestimmten Ausgangsprodukts bzw. Produktsubtrats >>von einem Medium in ein anderes mit seinem je spezifischen Code, seinen Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen<< ergeben.“ Rajewsky, Intermedialität, S. 22f. Rajewsky zitiert hier aus Bogner.
107 In der Forschung wird oft der Begriff der Grenzüberschreitung, bzw. des Grenzüberschreitungskriteriums gebraucht, um diese These zu bezeichnen. Vgl. Rajewsky, Das Potential.
108 DFG-Hauptantrag des Internationalen Graduiertenkollegs InterArt/Interart Studies an der Freien Universität Berlin. Zitiert nach Rajewsky, Das Potential, S. 23; vgl. dazu auch das Exposé zum VIII. Internationalen Kongress der Gesellschaft für Theaterwissenschaft mit dem Leitthema Theater & Medien (Erlangen, 12.-15.10.2006): „Nach Jahrzehnten, in denen auf der Bühne so oft Film und Video zu sehen gewesen sind [...] und in denen traditionelle Grenzen der Kunstdisziplinen oft völlig verwischt wurden, stellt sich die Frage, ob das Grenzüberschreitungskriterium noch so einfach angewandt werden kann.“ www.theater- medien.de/kongress/sektionen.html. Aufgerufen am 16.02.2009.
109 Zahlreiche Ansätze - gerade zur Intermedialität von Literatur und Film - arbeiten nach wie vor mit dem Kriterium der Grenzüberschreitung. Volker Roloff sieht demnach Intermedialität als einen „Begriff, der als solcher Heterogenes nicht zusammenführt, sondern Zwischenräume, Passagen, Vernetzungen, Diskontinuitäten, Kontingenz und Bruchstellen verdeutlicht. Volker Roloff: Intermedialität und Medienanthropologie. In: Joachim Paech, Jens Schröter (Hg.): Intermedialität Analog/Digital. Theorien - Methoden - Analysen. München 2008, S. 15-29. Hier: S. 17; vgl. auch Arbeiten von Poppe, Visualität in, und Rajewsky, Das Potential.
110 Rajewsky, Das Potential, S. 25. Erste Hervorhebung von H.L.
111 Rajewsky, Intermedialität, S. 13. In ähnlicher Weise unterscheidet Jan Siebert zwischen primärer Intermedialität (Verschmelzung von Medien), sekundärer Intermedialität (Medienwechsel) und figurativer Intermedialität (Bezugnahme eines Mediums auf ein anderes). Jan Siebert: Intermedialität. In: Helmut Schanze (Hg.): Metzler Lexikon Medientheorie/Medienwissenschaft. Ansätze - Personen - Grundbegriffe. Stuttgart/Weimar 2002, S. 152-156. Hier: S. 154f.
112 Vgl. Rajewsky, Intermedialität, S. 19.
113 Vgl. ebd.
114 Vgl. ebd.
115 Hyun Soon Cheon. Intermedialität von Text und Bild bei Alexander Kluge. Zur Korrespondenz von Früher Neuzeit und Moderne. Würzburg 2007, S. 7.
116 Rajewsky, Intermedialität, S. 19.
117 Urs Meyer u.a. (Hg.): Transmedialität. Zur Ästhetik paraliterarischer Verfahren. Göttingen 2006, S. 10. Hervorhebung durch Meyer.
118 Rajewsky, Intermedialität, S. 12f.
119 Meyer, S. 11.
120 Rajewsky, Intermedialität >light<, S. 31.
121 Sandra Poppe: Visualität als transmediales Phänomen in Literatur und Film. In: Bernhard Spies u. Dagmar v. Hoff (Hg.): Textprofile Intermedial. München 2008, S.187-199. Hier: S. 198f.
- Citation du texte
- Holger Lenz (Auteur), 2009, Visualität als transmediale Erscheinung zwischen Literatur und Film. Kafkas "Das Schloß" in der Verfilmung von Michael Haneke, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/958721
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