Die Erschütterung des ersten Weltkriegs und die dadurch beschleunigten politischen Umbrüche in Europa entfachten das Nachdenken Sigmund Freuds über gesellschaftliche Phänomene erneut. In seiner umfangreichen Studie aus dem Jahre 1921 (,,Massenpsychologie und Ich-Analyse") wendet Freud sein individualpsychologisches Wissen auf Kollektiverscheinungen an und bietet eine Erklärung der Massenphänomene. Er bezieht sich auf seine Vorgänger G. Le Bon, S. Sighele, McDougall, W. Trotter u.a.. Alle diese Autoren beschrieben Massen als Zusammenrottung von Menschen, wobei meistens das intellektuelle Niveau der Massenmitglieder absinkt, aber ihr affektives Potential verstärkt wird. Aufbauend auf die Struktur des Ausgangswerkes versucht die vorliegende Arbeit einige Kernansätze Freuds heraus zu arbeiten. Gerade im 20. Jahrhundert waren Massenphänomene in der Politik von größtmöglicher Wirkung. Unter diesem Gesichtspunkt schließt diese Arbeit mit einer kritischen Betrachtung nach Adorno.
Die strikte Trennbarkeit, Unterschiedlichkeit bis hin zur Unabhängigkeit die sich zwischen Individual- und Massenpsychologie vordergründig aufdrängt, erweist sich beim "Blick hinter die Fassaden" schnell als nicht haltbar. Individualpsychologie- sicherlich diese Richtung der Psychologie beschäftigt sich mit dem Individuum, dem Einzelnen und seiner Einzigartigkeit, dieses läßt sich schon am Begriff festmachen. Doch der Kern der Wissenschaft liegt in dem Versuch die Wege, die das Individuum zur Befriedigung seiner Triebregungen2 wählt aufzuzeigen, ja nachvollziehbar zu machen. Hier spielt die Beziehung des Einzelnen zu anderen Individuen eine wesentliche Rolle. Freud stellt dar, daß der Andere im Seelenleben des Einzelnen regelmäßig als Vorbild, Objekt, Helfer bzw. als Gegner vorkommt. Demgegenüber sind rein autistische/ narzißtische Vorgänge, bei dem sich das Individuum dem Einfluß anderer entziehen kann zu sehen.
Inhaltsverzeichnis
- Zu dieser Arbeit
- Massenpsychologie und Ich-Analyse
- Einleitung
- Le Bons Schilderung der Massenseele
- Andere Würdigungen des kollektiven Seelenlebens
- Suggestion und Libido
- Zwei künstliche Massen: Kirche und Heer
- Weitere Aufgaben und Arbeitsrichtungen
- Die Identifizierung
- Verliebtheit und Hypnose
- Der Herdentrieb
- Die Masse und die Urhorde
- Ene Stufe im Ich
- Nachträge
- Adomo Die Freudsche Theorie und die Struktur der faschistischen Propaganda
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit analysiert Sigmund Freuds Massenpsychologie im Kontext seiner "Massenpsychologie und Ich-Analyse" und beleuchtet die kritische Perspektive Theodor W. Adornos in "Die Freudsche Theorie und die Struktur der faschistischen Propaganda". Die Arbeit untersucht die psychologischen Prozesse, die Massenphänomene prägen, und analysiert die Anwendung der Freudschen Theorie auf die faschistische Propaganda.
- Die psychologischen Grundlagen von Massenverhalten
- Die Rolle der Suggestion und Libido in Massenphänomenen
- Die Identifizierung und ihre Bedeutung für Massenbindungen
- Die Urhorde als Modell für die Massenpsychologie
- Die Anwendung der Freudschen Theorie auf die faschistische Propaganda
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den historischen Kontext der Massenpsychologie und die Relevanz des Themas für das 20. Jahrhundert beleuchtet. Anschließend wird Le Bons Beschreibung der Massenseele vorgestellt, die durch einen Verlust an intellektueller Fähigkeit und eine Steigerung der Affektivität gekennzeichnet ist. Freud kritisiert Le Bons Fokus auf die negative Seite von Massen und betont die Fähigkeit von Massen zur Kreativität. Im Weiteren werden weitere Autoren beleuchtet, die sich mit dem kollektiven Seelenleben beschäftigten. Freud führt den Begriff der Libido ein, um die Bindungskräfte in Massen zu erklären und analysiert zwei künstliche Massen: die Kirche und das Heer. Die Arbeit geht auf die Bedeutung der Identifizierung für Massenbindungen ein, die sowohl im Ödipuskomplex als auch in der Hypnose eine Rolle spielen. Der Herdentrieb wird als weiterer Faktor für die Massenbildung diskutiert, der auf der Angst und dem Unvollständigkeitsgefühl des Einzelnen beruht. Freud führt die Urhorde als Modell für die Massenpsychologie ein, die durch die absolute Macht des Urvaters gekennzeichnet ist. Im Kapitel "Ene Stufe im Ich" wird die Bedeutung des Ichideals für die Massenpsychologie hervorgehoben. Die Arbeit endet mit einem Abschnitt über Nachträge, der die Struktur von Massen in der Kirche und im Heer sowie die Bedeutung des wissenschaftlichen Mythos der Urhorde beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Massenpsychologie, Ich-Analyse, Sigmund Freud, Theodor W. Adorno, faschistische Propaganda, Suggestion, Libido, Identifizierung, Urhorde, Ichideal, Massenverhalten, kollektives Seelenleben, Regression, Affektivität, Intellekt, Bindungskräfte, künstliche Massen, Kirche, Heer, Homosexualität, Narzissmus, Führer, Übermensch, Hierarchien, Stereopathie, Psychologie, Sozialpsychologie.
- Citation du texte
- Oliver Bartsch (Auteur), 2002, Massenpsychologie und Ich-Analyse mit einer kritischen Betrachtung nach Theodor W. Adorno: Die Freudsche Theorie und die Struktur der faschistischen Propaganda, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9575
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