Gedichtanalyse
A. Matheika
Andreas Gryphius "Es ist alles eitel"
Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden. Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein, Wo itzund Städte stehn, wird eine Wiesen sein, Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden.
Was itzund prächtig blüht, soll bald zertreten werden. Was itzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch und Bein. Nichts ist, das ewig sei, kein Erz kein Marmorstein. Itzt lacht das Glück uns an, bald donern die Beschwerden.
Der hohen Taten Ruhm muß wie ein Traum vergehn. Sollt denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch bestehn? Ach, was ist alles dies, was wir vor köstlich achten,
Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind, Als eine Wiesenblum, die man nicht wiederfind't. Noch will, was ewig ist, kein einig Mensch betrachten.
Gedichtanalyse:
Das Gedicht "Es ist alles eitel" von Andreas Gryphius besteht aus 4 Strophen, zwei Vierzeilern und 2 Dreizeilern, und ist somit ein Sonett. Die beiden Quartette zeigen das Reimschema a-b-b-a und sind umarmende Reime, während die beiden Terzette einen Schweifreim, also das Reimschema c-c-d und e-e-d bilden. Das Gedicht zeigt einen 6-hebigen Jambus, mit Mittelzäsur in den Zeilen 1-3, 5-8 und ab Zeile 10.
Das Gedicht handelt im Wesentlichen von der Vergänglichkeit auf Erden und der Nichtigkeit alles Irdischen. Dieses wird gleich allgemein in der ersten Zeile beschrieben: "nur Eitelkeit auf Erden". Das "nur" wird betont und steht im direktem Bezug zu der Überschrift "Es ist ALLES eitel". Die allgegenwärtige Vergangenheit wird auch durch die Correctio "Du siehst, wohin du siehst..." hervorgehoben. Es bewirkt eine genauere Vorstellung und Verdeutlichung der Allgegenwärtigkeit. Der Autor möchte damit sagen, dass die Vergänglichkeit überall auf Erden herrscht, ständig vor sich geht und zum Alltag dazugehört. Durch "Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein" (Z.2) wird eine gewisse Resignation des Autors und auch die Alltäglichkeit des Vergänglichen dargestellt. Zudem zeigt sich ein Gegensatz zwischen "heute" und "morgen", sowie "baut" und "reißt...ein" (Z.2), der auch durch den Chiasmus, der zur Verdeutlichung der Antithese steht, dargestellt wird. Leicht verwirrend ist die 3.Zeile, die besagt, dass dort, wo jetzt Städte stehen, bald Wiesen sein werden. Normalerweise ist diese Tatsache eher umgekehrt, also dass zuerst Städte und dann Wiesen da sind. In der ersten Strophe gibt es also einen Rückschritt, der auch den eigentlich ungewöhnlichen Zusammenhang mit dem "Schäferskind" (Z.4) erklärt. Das Schäferskind steht als Symbol für Idylle und Frieden und steht so im Gegensatz zu der Verrüttung in den Zeilen 2 und 3.
Die zweite Strophe beginnt mit einem Bericht über die Vergänglichkeit in der Natur, die nicht aufgehalten werden kann "soll bald zertreten werden" (Z.5). Auch der Versuch sich den Gesetzen des Lebens und Überlebens entgegenzustellen nützt nichts, da nichts unvergänglich ist. Die Traurigkeit darüber drückt der Autor mit dunklen Vokalen aus "Was itzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch und Bein" (Z.6). Alle Dinge sind unvergängglich, auch die, von denen man denkt sie seinen unvergänglich, z.B. "Erz" und "Marmorstein" (Z.7). Auch wenn es im Moment vielleicht so aussieht, als wären Dinge unsterblich, so kann es sich von einen auf den anderen Tag ändern. Diesen Umstand zeigt Gryphius an der Metapher "Itzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden" (Z.8) sehr gut auf. Es zeigt die rapide Veränderung allen Lebens, auch durch die zwei entgegengesetzten Wörter "Glück" und "Beschwerden".
In Zeile 9 berichtet der Autor über die Vergänglichkeit der Realität: "Der hohen Taten Ruhm muß wie ein Traum vergehn". Dieser Satz könnte im Zusammenhang mit dem 30-jährigen Krieg stehen, in dem der Autor den Siegen nicht allzu viel Wichtigkeit beimißt. Vielleicht möchte er auch damit sagen, dass die Siege keine große Rolle spielen, wenn man bedenkt, wie viele Menschen in diesem Krieg ihr Leben verloren haben und somit auch wieder vergänglich waren. Auch in der nachfolgenden Zeile geht der Autor auf die Sterblichkeit der Menschen ein. Er stellt die Frage, ob "denn das Spiel der Zeit der leichte Mensch bestehn" soll (Z.10). Er fragt somit, ob es richtig wäre, wenn die Menschen unsterblich und somit unvergänglich wären. Der Autor stellt diese Frage im Konjunktiv und dadurch werden seine Zweifel deutlich. In Zeile 11 wird Andreas Gryphius vers- übergreifend und bezieht sich direkt auf die Zeilen 12 und 13. Alle Sachen, die vorher waren, bezeichnen wir als unwichtig, da gerade in diesem Moment eine wichtigere Sache, egal ob positiv oder negativ, im Vordergrund steht. Der Autor drückt seinen Unmut darüber mit der Interjektion "Ach" am Zeilenanfang aus. Er beschreibt "Schatten, Staub und Wind" (Z.12) als "Nichtigkeiten". Schatten sind abhängig von Sonne, die man aber nicht als vergänglich bezeichnen kann, da sie ständig wiederkehrt. Trotzdem besitzen Schatten eien Art von Vergänglichkeit, da sie kommen und gehen, wie das Leben auf der Erde. Staub ist ebenso vergänglich; man könnte es aber auch als ein Zeichen für Vergänglichkeit sehen, aufgrund des Spruches "Asche zu Asche, Staub zu Staub", der bei Beerdigungen als Sinnbild für den Menschen gesprochen wird. Wind kann Staub vergänglich machen, indem er ihn mit sich fortträgt. Der Autor versucht Vergänglichkeit an einer "Wiesenblum, die man nicht wiederfind't" (Z.13) festzumachen. An der Vergänglichkeit der Wiesen- blume könnte nach Ansicht von Andreas Gryphius der Mensch Schuld tragen, da er ja bereits in Zeile 5 von zertretenen Blumen, bzw. Gewächsen, die blühen, spricht. Der Satz "Noch will, was ewig ist, kein einig Mensch betrachten" (Z.14) will aussagen, dass Menschen nur an dem Interessen zeigen, was nicht ewig währt. Der Mensch reagiert eher auf Vergänglichkeit, z.B. den Tod einen Menschen, als auf Sachen, die nicht ewig sind, also auf Sachen, die immerwährend sind. Durch Vergänglichkeit wird der Mensch aus seiner Lethargie, aus seinem Alltagstrott gerissen und mit dem Vergänglichen konfrontiert.
Abschließend läßt sich noch sagen, dass dieses Gedicht in 4 Abschnitte zu unterteilen ist, die sich bis zum Schluß immer mehr steigern. Andreas Gryphius beginnt mit einer rückläufigen Beschreibung über materielle Werte und geht fast direkt in die Beschreibung der belebten und unbelebten Natur und den Menschen selbst über. Im 1. Terzett folgt dann ein Resümee über den Inhalt der beiden Quartette. Schließlich endet das Gedicht mit einer Bewertung.
- Citation du texte
- A. Matheika (Auteur), 1999, Gryphius, Andreas - Es ist alles eitel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95706