Vorwort
Friedrich Dürrenmatt begann "Justiz" im Jahr 1957 zu schreiben. Dann kam die Arbeit an einem anderen Stück dazwischen, und "Justiz" blieb liegen. Mehrere versuche die Arbeit an "Justiz" wieder aufzunehmen scheiterten. Zuletzt 1980. Dürrenmatt hatte keine Ahnung mehr, wie die Handlung geplant gewesen war.
1985 wollte er das Buch als Fragment veröffentlichen, begann dann aber den Roman umzuschreiben.
"Justiz" erschien 1985 im Diogenes Verlag
1.Dürrenmatt - ein unbequemer Schriftsteller
1.1 Das Leben von Friedrich Dürrenmatt
Friedrich Dürrenmatt wurde am 5.Januar 1921 im Emmentaler Dorf Konolfingen im Kanton Bern geboren. Sein Vater, ein protestantischer Pfarrer, war ein gelehrter Mann und galt als guter Seelsorger, lehnte aber die Schriftstellerei seines Sohnes von allem Anfang an ab. Vielleicht wurde Dürrenmatt gerade aufgrund dieser Auflehnung gegen die religiösen Ansichten seines Vaters ein derart kritischer Schriftsteller. Überhaupt hat seine Kindheit entscheidend auf sein späteres Schaffen gewirkt. Fritz, wie er damals von allen genannt wurde, war ein Einzelgänger, der viel Zeit seinen Gedanken und Träumereien widmete. Im Dorf lebten drei Maler, denen Fritz häufig über die Schulter schaute. In dieser Zeit und noch lange danach wollte er selbst Maler werden. Als Fritz 14 Jahre alt war, zog die Familie nach Bern. Dort besucht er das Gymnasium. Er war ein schlechter Schüler. Als aber sein Vater die Bedingung setzte, er dürfe nur Kunstmaler werden, wenn er die Matura bestehe, büffelte er zusammen mit einem ähnlich schlechten Kollegen die letzten Monate vor der Prüfung Tag und Nacht durch, mit Erfolg. Fritz schlug tatsächlich den Weg des Kunstmalers ein, liess sich aber von den äusserst kritischen Urteilen einiger professioneller Maler von seinem Vorhaben abbringen.
Fritz entschied sich für ein Philosophiestudium, stieg dann auf Germanistik um, ging für ein Jahr nach Zürich, wo er Philosophie und Naturwissenschaften belegte. Zurück in Bern studierte er wieder Philosophie, warf im zehnten Semester eine geplante Dissertation über Bord und machte den entscheidenden Schritt zum Schriftsteller. Dürrenmatts erste Werke waren erfolglose Untergangs- und Endzeitgeschichten. Im Herbst 1946 heiratete er die Schauspielerin Lotti Geissler. Als 1947 der erste Sohn zur Welt kam, setzte er sich das Ziel, seine Familie allein durch seine Schriftstellerei ernähren zu können.
Bald stellte sich der Erfolg ein. Dürrenmatt lebte ein Leben als Schriftsteller, Denker und Familienvater. Er malte zeitlebens und las leidenschaftlich gern, vor allem Naturwissenschaftliches und Philosophisches.
Friedrich Dürrenmatt starb im Dezember 1990, zwei Tage nach der Beendigung einer insgesamt 120-seitigen Interviewserie an den Folgen eines Herzinfarkts.
1.2 "Typisch Dürrenmatt"
"Ich hoffe, dass man von mir sagen wird, ich sein ein unbequemer Schriftsteller gewesen", sagte Dürrenmatt in einer Rede 1952. In dieser Beziehung schlug er seinem Grossvater nach. Dieser war ein konservativer Nationalrat, der mit satirischen Gedichten den Bürokratismus und ähnliche Missstände anprangerte und eines Gedichtes wegen sogar zehn Tage im Gefängnis sass.
"Zehn Tage für zehn Strophen, ich segne jeden Tag", sagte dieser im Gefängnis. Diese "Ehre" wurde seinem Enkel nie zuteil. Im Gegenteil. Friedrich Dürrenmatt erreichte mit seinen Werken nur Ehrungen und Ehrentitel. Zu dieser Tatsache meinte er in einem Interview folgendes: "Vielleicht liegt es an mir, vielleicht ist die Zeit so auf den Hund gekommen, dass sie sich nicht einmal beleidigt fühlt, wenn mit ihr aufs allerschärfste umgesprungen wird...!"(Literatur und Kunst S.11,12) Dürrenmatt ging mit seiner Kritik an der Zeit bis an die Grenzen. In einer öffentlichen Rede für Václav Havel im Jahre 1989 bezeichnete Dürrenmatt die Schweiz als Gefängnis mit den Schweizern als ihre eigene Wärter. Dies machte ihn nicht überall beliebter.
Überhaupt war er mit der Schweiz nicht immer einverstanden. In "Justiz" macht er sich oft mehr oder weniger versteckt über die Schweiz und ihre Bürger lustig. Die "typischen" Schweizer Bauern, die in Stüssikofen im Stüssital, wo nicht nur die Stüssi-Leupin mit den Stüssi-Bierlin sondern auch die Stüssi-Moosi mit den Stüssi- Sütterlin verfeindet sind, im Wirtshaus die abgeschaffte Nationalhymne zum besten geben, die mit der Strophe schliesst: "Heil dir Helvetia! Hast noch der Söhne ja, wie sie St. Jakob sah, freudvoll zum Streit", und dann einfach zur neuen übergehen, diese Schweizer von echtem Schrot und Korn entlocken dem Leser ein leises Lachen.(Justiz S.207,208) Auch Namen wie Güllen oder Hornusser sind bei Dürrenmatt keine Seltenheit. Dürrenmatt schreibt in Justiz zuvorderst, dass alles frei erfunden und jegliche Ähnlichkeit zu tatsächlichen Begebenheiten rein zufällig sei. Doch von seinen Romanen beruht mehr auf Tatsachen, als man wahrhaben möchte.
Dürrenmatt sagte in einem Interview kurz vor seinem Tod über die Schweiz:
"Es ist schön, als Schweizer geboren zu werden; es ist schön, als Schweizer zu sterben. Doch was macht man in der Zwischenzeit?"(Über die Grenzen S.45)
Dürrenmatt liebte groteske Situationen. Eines seiner ersten Werke heisst "die Wurst". Es beginnt folgendermassen:
"Ein Mensch erschlug seine Frau und verwurstete sie..."In diesem Stück geht es um einen Mann, der seine Frau ermordet und sie zu Wurst verarbeitet hat. Als er dann vor Gericht gestellt wird, wird er natürlich zum Tod verurteilt. Er hat aber noch einen letzten Wunsch: Er möchte die letzte verbliebene Wurst, die als Beweisstück im Prozess gedient hatte, essen. Seinem Wunsch wird stattgegeben. Als die Wurst jedoch geholt werden soll, stellt sich heraus, dass sie bereits der Richter verzehrt hat.
Oder wie Dürrenmatt den toten Professor Winter beschreibt ist ebenfalls typisch: "Dann wurde der Tote aufgerichtet. Sauce im Gesicht, Gänseleber und grüne Bohnen im Vollbart, auf die Bahre gelegt und in den Sanitätswagen geschafft. Die goldene, randlose Brille entdeckte Ella erst in der Rösti, als sie abräumen durfte."
Dürrenmatt liebte es, solche Szenen bildlich genau zu beschreiben.
Paradox ist ein Wort, über das man andauernd stolpert, wenn man sich mit Dürrenmatt befasst. Paradox bedeutet widersprüchlich. So bildet ein Paradox die Grundhandlung von "Justiz". Ein Rechtsanwalt wird damit beauftragt die Unschuld eines Schuldigen genauer zu untersuchen.
2.Handlung
2.1 Hauptpersonen
Dr. h.c. Kohler -Dr. h.c. Isaak Kohler ist ein älterer, reicher, hochangesehener, einflussreicher Kantonsrat. Er kennt die Gesellschaft und ihre Spielregeln haargenau und ist deshalb allen anderen überlegen. Felix Spät (Ich) -Felix Spät ist ein junger mittelloser Rechtsanwalt, der sich soeben selbständig gemacht hat, und dessen Geschäft miserabel läuft. Er hat einen guten Charakter, doch seine Geldnot bringt ihn immer wieder in Situationen in denen er gegen sein Gewissen handeln muss. Am Anfang glaubt Spät noch an die Justiz. Diesen Glauben verliert er jedoch mit der Zeit. Hélène Kohler -Hélène Kohler ist die Tochter von Dr. h.c. Kohler. Sie ist unselbständig und auf ihren Vater angewiesen. Dr Benno -Dr.Benno ist früherer Schweizermeister im Pistolenschiessen. Er hat finanzielle Probleme und lebt über seinen Verhältnissen. Er schuldet Monika Steiermann insgesamt 20Millionen Franken und ist deshalb auf deren Gunst angewiesen. Monika Steiermann Monika Steiermann ist die verkrüppelte, steinreiche Erbin eines Wirtschaftsimperiums. Sie ist vergrämt, weil sie als Zwergin nicht das Leben führen kann, das sie gerne führen würde. Daphne Müller -Daphne Müller ist die Tochter des am Anfang ermordeten Professor Winter. Sie führt im Auftrag von Monika Steiermann das Leben der Monika Steiermann, dass die verkrüppelte, echte Monika Steiermann gerne selbst geführt hätte. Stüssi-Leupin -Stüssi-Leupin ist Späts früherer Arbeitgeber und Staradvokat der Stadt. Er kümmert sich mehr um die Justiz als um die Gerechtigkeit.
2.2 Die Handlung im Überblick
Dr h.c. Isaak Kohler erschiesst in einem überfüllten Restaurant vor aller Augen den Germanisten Professor Winter. Kohler lässt sich widerstandslos festnehmen und zu 20 Jahren Zuchthaus verurteilen. Sein Motiv gibt er jedoch nie bekannt und auch die Tatwaffe wird nie gefunden.
Im Zuchthaus scheint der Kantonsrat vollkommen glücklich und zufrieden zu sein. Von dort aus gibt er dem jungen Anwalt Felix Spät den Auftrag, seinen Fall unter der Annahme zu untersuchen, ein Anderer sei der Mörder gewesen.
Dieser wittert eine Falle und will ablehnen. Aufgrund seiner finanziellen Schwierigkeiten nimmt er den gut dotierten Auftrag letztendlich aber doch an. Er teilt dies Hélène Kohler mit, in die er sich verliebt.
Spät beauftragt den Privatdetektiven Lienhard mit den Ermittlungen und stolpert sehr bald über Daphne Müller, die sich als Monika Steiermann ausgibt und ihren Liebhaber Dr.Benno, der sie jedoch andauernd verprügelt. Da Dr.Benno als einziger ein Motiv hat und als Schweizermeister im Pistolenschiessen zur Tatzeit am Tatort gesehen worden ist, konzentrieren sich die Ermittlungen schnell auf Benno. Als die ganze Sache an die Öffentlichkeit gerät, sind plötzlich alle von Kohlers Unschuld und Bennos Schuld überzeugt.
Als nun alles auf einen Revisionsprozess hinausläuft, erkennt Spät in welche Falle er geraten ist.
Doch es ist bereits zu spät. Er gibt zwar den Auftrag ab, verkauft aber wiederum aus Geldnot seine Ermittlungen an seinen früheren Arbeitgeber Stüssi-Leupin. Spät beginnt nun für die gerechte Verurteilung Kohlers zu kämpfen. Allerdings erfolglos. Kohler wird freigesprochen und Benno verdächtigt. Dieser aber erhängt sich aus Angst vor dem Prozess. Zur gleichen Zeit kommen auf mysteriöse Art und Weise Daphne Müller und zwei Zuhälter der Stadt um.
Spät versinkt immer tiefer im Alkohol und vergnügt sich mit den Prostituierten
Zürichs. Er ist in einer finanziellen Notlage und mit der Justiz unzufrieden . Spät sieht nur noch den Mord an Kohler und den anschliessenden Suizid als Möglichkeit, der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen. Da sich Kohler auf einer Weltreise befindet, beginnt für Spät eine lange Zeit des Wartens. Bis hier wird der Roman als Tatsachenbericht Späts dargestellt. Dieser lässt seine Manuskripte Friedrich Dürrenmatt zukommen. Der wiederum interessiert sich 25 Jahre danach für das Schicksal der beteiligten Personen.
Dürrenmatt kommt zufällig ins Stüssital und stösst dort auf den ersten nicht-Stüssi- Fürsprecher des Dorfes Stüssikofen Felix Spät, der im Wirtshaus vor einem begeisterten Publikum seine Geschichte erzählt, die mit dem versuchten Mord an Kohler auf dem Flughafen endet. Spät hatte lediglich Platzpatronen geladen.
Aus einem Gespräch mit Hélène Kohler erfährt Dürrenmatt, dass Monika Steiermann durch den Rat von Kohler ins Waffengeschäft einzusteigen, wirtschaftlich zugrunde gerichtet wurde. Sie wurde tot aufgefunden.
Ausserdem erzählt ihm Hélène Kohler auch das Motiv ihres Vaters. Die Morde und Selbstmorde waren die perfekte Rache Kohlers an Winter, Benno, Daphne Müller und Monika Steiermann. Die Rache für ein Verbrechen, das an Hélène verübt worden war.
Monika Steiermann lud Hélène an einem Sommerabend in ihre Villa ein. Dort wurde sie von Winter, seiner Tochter Daphne und Benno brutal vergewaltigt, während Monika Steiermann auf einem Schrank sass und zuschaute. Als sie nach Hause kam, erzählte sie ihrem Vater, der Billard spielte, was passiert war. Kohler versenkte vier Kugeln und nannte bei jeder einen Namen. Zuletzt Monika Steiermann.
4.Interpretation
4.1 "Billard"
Justiz ist ziemlich verwirrend geschrieben. Die rückblickende Erzählung wird immer wieder von Späts augenblicklicher Tätigkeit unterbrochen. Wer das Buch nur unaufmerksam liest, dem entgehen die meisten Anspielungen Dürrenmatts. In Justiz wird der klarheit - und logikliebende Leser irregeführt. Dürrenmatt zeigt ihm wie verworren das Leben und die Welt sind. Oder um es mit Dürrenmatts eigenen Worten auszudrücken: "Die Welt ist zu komplex als dass sie durchschaut werden könnte." Eine Aussage Kohlers, die er ganz am Anfang des Buches während eines Billardspieles gegen Benno macht, taucht im ganzen Text immer wieder auf.
"A la bande. So muss man den Benno schlagen",(Justiz S.15) meinte Kohler als er den Billardstock an Professor Winter zurückgab. "A la bande" schlug er Benno dann auch. Sozusagen von der Anklagebank aus. Für Kohler war die ganze Rache eine perfekt gespielte Billardpartie, in der die Justiz den Tisch bildete auf dem gespielt wurde. Kohler spielte die erste Kugel richtig an und liess nachher alles rollen. Mit dem Tod von Monika Steiermann spielte er das Spiel ohne Fehler zu ende.
Auf Späts Frage, warum er gerade ihn für diesen Auftrag ausgewählt habe, meinte Kohler: "Weil sie nichts von Billard verstehen." Und nur wer eine Ahnung von Billard besitzt, hat überhaupt die Chance die Welt zu verstehen.
Billard ist für Kohler ein Abbild der Wirklichkeit. Auf seinem Tisch kann er die Grenzen der Möglichkeiten ausloten. Und selbst als Dürrenmatt nach dem Gespräch mit Hélène Kohler das Haus verliess, spielte Isaak Kohler, inzwischen ein Greis, noch Billard. "A la bande" Spät schreibt am Ende seines Berichtes einige Zeilen über das Waisenhaus aus dem er stammt: "Ich wäre ein Musterprodukt dieser Versuchsanstalt geworden, nur eines fehlte ihr: ein Billardtisch. So wurde ich in die Welt gesetzt, ohne sie durchschauen zu können, weil ich mich nie mit ihr auseinandergesetzt hatte,..."(Justiz S.191)
Am Schluss liefert Dürrenmatt eine logische Begründung nach, so dass der Leser die Handlung und ihre Motive versteht. Trotzdem lässt das Buch beim Leser ein Gefühl des Unbehagens sowie viele Fragen und Denkanstösse zurück. Justiz ist kein bequemes Buch.
4.2 Justiz = Gerechtigkeit?
Das Wort Justiz kommt aus dem Lateinischen iustitia was übersetzt Gerechtigkeit heisst. Für mich ist die Justiz der staatliche Apparat der für Gerechtigkeit sorgen soll. Doch ist die Justiz dazu fähig? Und was ist Gerechtigkeit überhaupt?
Im Lexikon steht zwar einiges zum Wort Gerechtigkeit, doch eine eindeutige Definition für Gerechtigkeit gibt es nicht. Für mich hat Gerechtigkeit etwas mit gleichen Voraussetzung für jeden zu tun. Wenn wir das auf die Justiz anwenden, heisst das, dass Jeder für die gleiche Tat die gleiche Strafe bekommt. Wenn diesem Grundsatz der Justiz überall auf der Welt Beachtung geschenkt würde, wäre die Welt schon um einiges gerechter.
Doch stellt euch einmal vor, ein Autofahrer fährt mit zu hoher Geschwindigkeit in eine Rechtskurve. Er gerät auf die andere Fahrbahn. Dort befindet sich niemand. Der Autofahrer fährt wieder nach Rechts auf seine Spur und hat eigentlich nichts Schlimmes getan.
Wenn nun ein anderer Autofahrer an derselben Stelle genau gleich fährt, mit dem einzigen Unterschied, dass eine radfahrende Familie entgegen kommt. Ist der zweite Autofahrer dann ein Mörder? Was währe eine gerechte Strafe für diesen Autofahrer? Soll er eine Buße für zu schnelles fahren bekommen? Das wäre irgendwie lächerlich. Die Angehörigen der toten Familie würden über diese Ungerechtigkeit laut aufheulen.
Wäre es gerecht den zweiten Fahrer, der schon Pech im Unglück hatte, wie einen Mörder zu behandeln, während dem der erste mit Glück im Unglück ungeschoren davonkommt?
Fragen, die ich nicht eindeutig beantworten kann. Ich denke im oben beschriebenen Fall gibt es keine vollkommen gerechte Strafe. Vollkommene Gerechtigkeit ist demnach eine Utopie, etwas das nicht existiert, etwas das nicht existieren kann.
Wie soll nun die Justiz mit ihren Verallgemeinerungen und Grundsätzen etwas derart Diffiziles wie die Gerechtigkeit genau treffen.? Zum Thema Gerechtigkeit erzählte Dürrenmatt in einem Vortrag folgende Geschichte: "Der Prophet Mohammed sitzt in einer einsamen Gegend auf einem Hügel. Am Fusse des Hügels befindet sich eine Quelle. Ein Reiter kommt. Während der Reiter sein Pferd tränkt, fällt ihm ein Geldbeutel aus dem Sattel. Der Reiter entfernt sich, ohne den Verlust des Geldbeutels zu bemerken. Ein zweiter Reiter kommt, findet den Geldbeutel und reitet damit davon. Ein dritter Reiter kommt und tränkt sein Pferd an der Quelle. Der erste Reiter hat inzwischen den Verlust des Geldbeutels bemerkt und kehrt zurück. Er glaubt, der dritte Reiter habe ihm das Geld gestohlen, es kommt zum Streit. Der erste Reiter tötet den dritten Reiter, stutzt, wie er keinen Geldbeutel findet und macht sich aus dem Staube. Der Prophet auf dem Hügel ist verzweifelt. "Allah", ruft er aus, "die Welt ist ungerecht. Ein Dieb kommt ungestraft davon, und ein Unschuldiger wird erschlagen!" Allah, sonst schweigend antwortet: "Du Narr! Was verstehst du von meiner Gerechtigkeit! Der erste Reiter hatte das Geld, das er verlor, dem Vater des zweiten Reiters gestohlen. Der zweite Reiter nahm zu sich, was ihm schon gehörte. Der dritte Reiter hatte die Frau des ersten Reiters vergewaltigt. Der erste Reiter, indem er den dritten erschlug, rächte seine Frau." Dann schwieg Allah wieder. Der Prophet, nachdem er die Stimme Allahs vernommen hat, lobt dessen Gerechtigkeit."(Philosophie und Naturwissenschaft S 38,39)
Dürrenmatt wollte damit sagen, dass Gerechtigkeit nur im Überblick beurteilt werden kann. Spät hatte diesen Überblick nicht. Er kannte den Grund für Kohlers Handeln nicht. Er wollte Gerechtigkeit ausüben, doch es ist ihm nicht gelungen, was letztendlich auch gerechter ist, als wenn er Kohler getötet hätte.
Insgesamt zeigt der Roman Justiz knallhart die Unfähigkeit der Justiz auf, für Gerechtigkeit zu sorgen.
Das erschreckendste Beispiel lieferte mit Stüssi-Leupin einer, der sich mit der Justiz auskennt: "Die Wahrheit wird ihnen kein Mensch abnehmen", antwortete er, "kein Richter, kein Geschworener, nicht einmal Jämmerlin. Sie spielt sich in Etagen ab, die für die Justiz unerreichbar sind."(Justiz S. 171)
Quellen
Justiz, Friedrich Dürrenmatt, Diogenes Verlag Zürich, 1985 über Friedrich Dürrenmatt, Essays und Zeugnisse von Gottfried Benn bis Saul Bellow, Diogenes Verlag Zürich, 1980
Philosophie und Naturwissenschaft, Friedrich Dürrenmatt, Diogenes Verlag Zürich, 1980
Über die Grenzen, Friedrich Dürrenmatt, Fünf Gespräche, hsg. von Michael Haller, Piper München, 1993
http://www.hausarbeiten.de/data/deutsch/deutsch-justiz.htm
http://www.hausarbeiten.de/data/deutsch/deutsch-duerrenmatt.htm
- Citation du texte
- Andreas Bleuler (Auteur), 2000, Dürrenmatt, Friedrich - Justiz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95653
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