I. Kurzbiographie
Christian Friedrich Hebbel wurde am 18.März 1813 in Wesselburen (Nordseeküste) als Sohn eines armen Tagelöhners geboren. Sein Leben steht im Zeichen bitterer materieller Not. Als Jugendlicher arbeitet er als Maurer, ist aber für diese körperliche Arbeit zu schwach. Nach dem Tod seines Vaters beginnt er eine Boten- und Schreibertätigkeit beim Kirchspielvogt zu Wesselburen. 1835 werden sogar einige seiner Lieder und Balladen veröffentlicht. Gönner ermöglichen ihm daraufhin, sein bis dahin durch Selbststudium angeeignetes Wissen zu erweitern. Doch die Abhängigkeit von den Gönnern ist dem freiheitsliebenden Hebbel unerträglich, es tritt wieder bittere Not in sein Leben ein. Mit 22 flieht er nach Hamburg, dort lernt er die 8 Jahre ältere Schneiderin Elise Lensing kennen, mit welcher er eine jahrelange Liebschaft beginnt. Von ihr stammen auch seine beiden unehelichen Söhne Max und Ernst.
1836 beginnt er sein Studium der Rechtswissenschaften, der Geschichte, Philosophie und Literatur in Heidelberg, welches er später in München fortsetzt. Finanziell unterstützt wird er unter größten Entbehrungen von Elise. Nach dem er kein Geld mehr hat, wandert er 1839 zu Fuß zurück nach Hamburg.
Rund 4 Jahre bleibt er bei Elise, in dieser Zeit entstehen seine ersten Dramen, wie z.B. die biblische Tragödie ,,Judith", das Schauspiel ,,Genoveva" und das Lustspiel ,,Der Diamant".
Da er 1842 von Christian VIII von Dänemark, dem Herzog von Schleswig-Holstein, ein Reisestipendium erhält, fährt er nach Paris und Italien.
Hebbel entschließt sich nach seinen Reisen 1845 nach Wien zu ziehen. Den Kontakt zu Elise bricht er ab, da diese auf Heirat drängt.
In Wien wendet sich sein Schicksal. Er lernt die Schauspielerin Christine Enghaus kennen. Ihre Hochzeit im Mai 1846 verschafft Hebbel endlich materielle Sicherheit. Von nun an geht es aufwärts : 1847 schließt er z.B. das ,, Trauerspiel von Sizilien" und ,,Julia" ab, außerdem wird seine Tochter Titi geboren. 1849 folgt das Schauspiel "Herodes und Mariamne". Mit der ,,Nibelungen-Trilogie" beginnt Hebbel 1855 sein letztes dramatisches Werk, welches er trotz zunehmender gesundheitlicher Probleme nach 5 Jahren fertigstellt. Er wird daraufhin viel geehrt und erhält sogar im November 1863 den Berliner Schillerpreis. Doch schon 1 Monat später, am 13.Dezember 1863 stirbt Hebbel an Rheuma.
II. Inhaltsangabe
Hebbels Maria Magdalena spielt hauptsächlich im Haus des strengen und frommen Tischlermeisters Anton. Seine Tochter Klara ist dem skrupellosen Kassier Leonhard versprochen, welcher nur auf seine Karriere bedacht ist. Doch eigentlich ist Klara in ihre alte Jugendliebe, den Sekretär verliebt. Dieser hat aber vor einiger Zeit die Stadt verlassen. Als der Sekretär bei einem Tanzfest unerwartet auftaucht, zwingt Leonhard Klara aus Eifersucht und Angst, sie zu verlieren, mit ihm zu schlafen. Sie wird daraufhin schwanger. An dieser Stelle setzt die Handlung des Dramas ein.
Klaras Bruder Karl wird unter der Anschuldigung, Juwelen gestohlen zu haben, verhaftet. Die Mutter stirbt auf den Schreck. Meister Anton glaubt an die Schuld seines leichtlebigen Sohnes. Er ist in seinem moralischen Stolz zutiefst verletzt und beschwört Klara, ihn nicht zu enttäuschen und ihm keine Schande zu machen, sonst würde er sich umbringen. Klara leistet den Schwur, obwohl sie ja bereits schwanger ist und dies gegen die damals vorherrschende Moralvorstellung verstößt.
Jetzt kann sie nur noch eine Ehe mit dem verhassten Leonhard retten. Doch der Sekretär hält um Klaras Hand an. Als er von dem Verhältnis zu Leonhard erfährt, zieht er sich aber wieder zurück.
Klara fleht nun Leonhard an, sie zu heiraten, um den Selbstmord des Vaters zu verhindern.
Der Kassier weist Klara jedoch aus Karrieregründen ab. Daraufhin fordert der Sekretär Leonhard zum Duell heraus und tötet ihn. Aber auch er ist schwer verwundet und schleift sich mit letzter Kraft zu Meister Antons Haus. Karl ist mittlerweile freigekommen, da sich der Verdacht des Diebstahls als Irrtum herausstellt. Klara sieht aber keinen Ausweg mehr und geht unter einem Vorwand zum Brunnen und stürzt sich hinein. Die Leute sollen glauben, dass es ein Unfall war - Klara wurde aber bei ihrer Tat beobachtet. Der Sekretär wirft nun Meister Anton vor, dass er allein die Schuld an Klaras Selbstmord hat und stirbt ebenfalls.
III. Literarisch - historische Einordnung
Friedrich Hebbel war eigentlich der einzige bedeutende Dramatiker des Realismus. (1850- 1890). Seine Dramen handeln hauptsächlich vom Scheitern eines tragischen Individuums in der Welt, wie ja auch Klara. In Deutschland liegt diese Epoche zwischen dem Scheitern der Revolution von 1848 und dem Ende der Ära Bismarcks. Sie ist geprägt von dem Wunsch nach einem Nationalstaat und der nationalistischen und idealistischen Vormachtstellung Deutschlands in der Welt.
Viele Entdeckungen und Erfindungen in den Bereichen Naturwissenschaft und Technik führte dazu, dass die Menschen glaubten, alle Dinge und auch die Existenz des Menschen erklären zu können. Dies wirft aber das religiöses Bild des Menschen durcheinander. Daher setzt sich in der Bevölkerung eine Illusions- und Glaubenslosigkeit durch, schließlich sei der Mensch einer Kausalkette schicksalhafter Faktoren ausgeliefert, gegen die man nicht ankämpfen kann und die beinahe immer tragisch enden wird.
Im Realismus werden meist Alltagserlebnisse oder -situationen des Bürgertums geschildert, was man ja an Hebbels Maria Magdalena gut erkennen kann.
IV. Sprachanalyse
Stilmittel: - Rhetorische Frage: S.78, Z.27
S.79, Z.23
S.79, Z.34-36
- Metapher: S.80, Z.11
- Personifikation: S.80, Z.34
- Anapher: S.80, Z.4-25
- Exclamatio: S.80, Z.30
- Wirkung: Alle Stilmittel sollen ihre Angst, Verzweiflung und Ausweglosigkeit aufzeigen
Dialogform: - im Textausschnitt sprechen nur Klara und Leonhard miteinander
- ansonsten sprechen noch Meister Anton (Klaras Vater), seine Frau, der Sohn Karl, der Sekretär und weitere Nebenpersonen
- es sprechen fast immer nur 2 Personen miteinander
- in den wichtigen Szenen ist immer Meister Anton dabei · zeigt, dass er eine zentrale Rolle im Stück spielt
Sprachniveau: - bürgerliche Sprache
- für uns heute zwar etwas ungewohnt, aber zu damaliger Zeit durchaus normal, z. B. Journal statt Tage- oder Rechnungsbuch S.79, Z.1
ein Schock statt 60 Stück _ eine große Anzahl S.81, Z.9
- es werden mehrere Bilder und Chiffre verwendet:
S.80, Z.30/31 ,,So schaue Gott mich nicht zu schrecklich an" S.81, Z.7-9 ,,sind die alle Nickel"
V. Interpretation
1. ist Klara eine Kindermörderin oder Selbstmörderin oder Vatermörderin?
Klara sieht aus ihrer verhängnisvollen Situation keinen Ausweg mehr. Bringt sie das Kind zur Welt, dann bringt sie große Schande über die Familie, denn ein uneheliches Kind verstößt gegen die damals vorherrschende Moralvorstellung. Außerdem befürchtet sie, dass ihr Vater seine Drohung wahr macht und sich selbst umbringt. Das ist ihre größte Angst nach all dem was ihr Vater in der letzten Zeit durchmachen musste.
Sie ist sich auch im Klaren darüber, dass sie ihr Kind töten wird, wenn sie Selbstmord begeht. Klara trifft es also immer, sie kann sich nicht vorstellen, mit der quälenden Gewissheit leben zu können, am Tod ihres eigenen Vaters Schuld zu sein.
Deutlich wird dies im 3.Akt, 2.Szene, Seite 81, Zeile1-3:
,,...leichter find ich am Jüngsten Tag noch eine Antwort auf des Richters Frage: warum hast du dich selbst umgebracht? Als auf die: warum hast du deinen Vater so weit getrieben?" Und weiter im 3.Akt, 4.Szene, Seite 83, Zeile 37-39:
,,Leonhard: Du kannst Gott Lob nicht Selbstmörderin werden, ohne zugleich Kindesmörderin zu werden!
Klara: Beides lieber als Vatermörderin!"
Man merkt auch hier, dass nicht nur die Geburt eines unehelichen Kindes, sondern auch der Selbstmord verpönt ist. Bringt sich Meister Anton um, dann bringt er automatisch Schande über die Familie! Bleibt sie am Leben und gebärt das uneheliche Kind, bringt sie Schande. Bringt sie sich aber um, indem es aussieht wie ein tragischer Unfall, so wären ihrer Ansicht nach alle Probleme gelöst. Sie opfert lieber ihr Leben und dass des Kindes als den Vater und auch den Ruf der Familie zu gefährden.
2. Ist Klara eine Maria Magdalena?
Eigentlich sollte Hebbels Drama den Namen ,,Klara" erhalten. ,, Maria Magdalena" passt eigentlich gar nicht richtig zu dem Stück:
- nach der volkstümlichen Auffassung bezeichnet der Name Maria Magdalena eine Büßerin
- biblische Überlieferung: Maria Magdalena ist eine der galiläischen Frauen, die Jesus folgten und die bei der Kreuzigung dabei waren.
Büßen bedeutet für eine selbstverschuldete Situation gerade stehen zu müssen (Strafe).
Klara verstößt zwar gegen eine bürgerliche Scheinmoral, hat allerdings nicht selbst Schuld, sondern wird durch Leonhard und die Verständnislosigkeit ihrer Umwelt in den Tod getrieben.
Da sie keinen Ausweg mehr sieht, begeht sie Selbstmord, obwohl sie als Christin weiß, dass sie damit eine unverzeihbare Sünde auf sich lädt.
Ihre letzten Worte lauten:
,,O Gott, ich komme nur, weil sonst mein Vater käme!" (3.Akt, 8.Szene, Seite 91, Zeile 7/8) Dies zeigt, dass sie sich nicht aus Schuldgefühlen in den Tod stürzt, sondern aus Liebe zu ihrem Vater.
- Quote paper
- A. Schmitt (Author), 1999, Hebbel, Friedrich - Maria Magdalena, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95635
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