1. Dichter:
Lebte als praktischer Arzt und Schriftsteller von 1862 bis 1931 in Wien.
Schnitzler, dessen Werke dem Impressionismus zugeordnet werden, ist der bedeutendste österreichische Dramatiker um 1900.
Beeinflußt von der Psychoanalyse Siegmund Freuds, schildert er Seelenzustände und Stimmungen der großbürgerlichen und adeligen Gesellschaftsschicht seiner Zeit. Reiche Lebemänner, die nach äußeren Ehrbegriffen, aber ohne Moral und ihre erotischen Abenteuer ohne echte Liebe leben, sind die Hauptfiguren seiner Werke. Tod und Liebe sind seine Hauptthemen.
2. Werke:
Dramen: Anatol, Liebelei, Der grüne Kakadu, Der Reigen, Das weite Land, Professor Bernardi
Erzählungen: Leutnant Gustl, Spiel im Morgengrauen.
3. Entstehung und Einordnung:
,,Groteske" (Einakter), 1899, Impressionismus
4. Handlung:
Arthur Schnitzlers Groteske in einem Akt spielt in Paris am Abend des 14. Juli 1789, am Tag der Erstürmung der Bastille, in der Spelunke Prospères. Dieser, ein ehemaliger Theaterdirektor, ist jetzt Wirt der Kneipe ,,Der grüne Kakadu". Während er seinen adeligen Gästen von seinen früheren Schauspielern gruseliges Verbrechermilieu vortäuschen läßt, beginnt draußen der Umsturz.
Im Lokal werden Verbrecher dargestellt, haarsträubende Geschichten, die die Schauspieler noch nie erlebt haben, erzählt und von Untaten, die sie nie begangen haben, gesprochen. Das vornehme, adelige Publikum genießt wollüstig und schaudernd das ,,verworfene Treiben", bis der echte Revolutionspöbel mit der hereindringenden Wirklichkeit dem geschäftstüchtigen Spuk ein Ende bereitet. Das Publikum liebt den angenehmen Kitzel, unter dem gefährlichsten Gesindel von Paris zu sitzen. Prospère und seine Schauspieler genießen es ebenfalls den Adeligen und Vornehmen ihre Meinung ins Gesicht sagen zu können und sie nach Herzenslust zu beschimpfen, während diese es für einen Scherz halten. Prospère ist sich sicher, daß einmal der Tag kommt, wo aus dem Spaß Ernst wird, und er ist darauf vorbereitet.
Frankreich steht kurz vor der Revolution. In den Straßen von Paris herrscht Unruhe und in einigen Städten wurden Bürgermeister ermordet. Das Volk ruft nach Freiheit. Ein Kommissär wird in Prospères Spelunke gesandt, um der Behörde Einblick in dieses Lokal zu geben. Laut Kommissär sollen sonderbare und bedenkliche Komödien gespielt werden. Diese sollen nicht nur unsittlich, sondern auch höchst aufrührerisch sein, und so etwas kann der Behörde in so einer erregten Epoche durchaus nicht gleichgültig sein. Der Kommissär folgt der Bitte Prospères in Zivilkleidung zu kommen, um Schauspieler und Publikum nicht einzuschüchtern oder zu hemmen.
Vor allem der Schauspieler Henri ist, wenn es um erzählen vorgetäuschter Verbrechen geht, ein Meister seines Faches. Der Wirt ist deshalb natürlich entsetzt, als er hört, daß sich Henri mit Leocadie, eine Revue- Tänzerin von zweifelhaftem Ruf, aufs Land zurückziehen will. Prospère kann Henri nicht umstimmen. Dieser bleibt dabei mit Leocadie, die er bereits geheiratet hat, Paris zu verlassen. Er will nur noch ein letztes Mal im ,,Grünen Kakadu" auftreten und verspricht, sich etwas ,,ganz schauriges" auszudenken. Nach und nach kommen auch die anderen Schauspieler und unterhalten das Publikum, unter dem sich auch der junge Albin Chevalier, der aufgrund einer Hochzeit zum ersten Mal in Paris weilt, befindet. Albin wird von seinem Freund Francois Vicomte aufgeklärt, daß es sich bei den vorgetäuschten Verbrechen nur um Spaß handelt. Albin findet die Zustände in der Kneipe allerdings sehr merkwürdig.
Er kann nicht ganz zwischen Spaß und Ernst, Lügen und Wahrheit und zwischen Wirklichkeit und Unwirklichkeit unterscheiden. Maurice und Etienne, deren Spezialität die Darstellung von Taschendieben ist, werden von den Gästen ebensowenig ernst genommen wie Georgette, die eine Straßendirne darstellt, aber in Wirklichkeit die treuste Frau ist, die man in Paris findet.
Prospère, der Wirt selbst vergnügt sich daran die reichen und vornehmen Gäste mit von ihm ernst gemeinten Schimpfwörtern zu begrüßen, die von den Adeligen jedoch als Spaß abgetan wird. Der Marquis von Lansac, der mit seiner Frau von der Bastille gekommen ist und dieses Abenteuer mit einem anderen fortsetzen will, einverkleideter Kommissär und einige junge Adelige. Der Herzog von Cadignan, ein großer Bewunderer Henris, da er glaubt, daß ihn keiner so gut versteht wie er, ist an diesem Abend nicht anwesend, an dem Henri seinen letzten Auftritt hat. Henri gibt vor den Liebhaber seiner Frau ermordet zu haben.
Eben dieser Herzog, sein Bewunderer, soll laut Henris Schilderung der Liebhaber gewesen sein. Der Wirt, der weiß, daß Leocadie wirklich die Geliebte von Cadignan war, glaubt deshalb, daß Henri den Herzog wirklich ermordet hat. Alle anderen sind von der genauen Beschreibung Henris Mordes begeistert. Prospère beschwichtigt indessen Henri zu fliehen um der Strafe zu entgehen, als von der Straße die Leute ins Wirtshaus stürmen und die Erstürmung der Bastille verkünden. Henri erklärt dem Wirt inzwischen, daß der Mord ja nur vorgetäuscht war und ist fassungslos, als er hört, daß Leocadie wirklich ein Verhältnis mit dem Herzog hatte. Als der Herzog von Cadignan in den ,,Grünen Kakadu" tritt, wird er von Henri erstochen. Der vorgetäuschte Mord ist zur Wirklichkeit geworden.
5. Interpretation:
Historischer Hintergrund: Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 (Franz. Revolution)
Thema = Gegensätze Sein - Schein, Wahrheit - Lüge, Spiel - Wirklichkeit, Spaß - Ernst
Im Kellerlokal wird Revolution gespielt, zugleich wird die Bastille gestürmt.
Adeliges Publikum hält politische Gegner für unfähig, genieß ,,Revolutionsspiel" als Spaß. Sogar der Sturm auf die Bastille ist für sie ein ,,prächtiger Anblick".
Die Adeligen sehen ihr ganzes Leben als elegantes Spiel. Sein - Schein auch bei den
Schauspielern : Sie vermögen nicht zu sein, was sie spielen bzw. Zu spielen was sie sind. (Wirklicher Verbrecher will Schauspieler werden, kann aber keinen Dieb spielen, der Schauspieler kann ihn spielen bzw. verbrecherische Taten erfinden, aber nicht begehen)
Unabsichtliche Verwechslung von Sein und Schein wird zum Verhängnis. Spiel wird zur Wirklichkeit (Ermordung des Herzogs)
Grundaussage: Zweifel an der Fähigkeit des Menschen, der Wirklichkeit gerecht zu werden.
- Citation du texte
- Roman Huditsch (Auteur), 1998, Schnitzler, Arthur - Der grüne Kakadu, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95631