GLIEDERUNG
I. Begriff des Life Cycle Costing
I. I. Ziele der Ausarbeitung
II. Produktlebenszyklus
II. I. Vorlaufkosten/erlöse
II. II. Nachlaufkosten/erlöse
III. Product Life Cycle Costing aus Produzentensicht
III. I. Verrechnung der Vorlauf- und Nachlaufkosten
III. I. I. Probleme der Kostenverrechnung
III. II. Product Life Cycle Costing aus Kundensicht
III. Anwendung des Life Cycle Costing
IV. I. Methoden der Kostenprognose
IV. Defizite des Life Cycle Costing
V. Schlußbetrachtung
II. ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abb. 1 Lebenszyklus- Kosten und -Erlöskategorien
Abb. 2 Integrierter Produktlebenszyklus
Abb. 3 Anteile Kosten- und -Kostenanfallfestlegung
Abb. 4 Phasenzuordnung und Prognosemethoden
I. Begriff des Life Cycle Costing
Das Konzept des sogenannten ,, Life Cycle Costing ", oder auch Lebenszykluskosten- rechnung genannt, wurde ursprünglich für die Planung von Großprojekten, z.B. Kraft- werken, verwendet. Heutzutage wird die Lebenszykluskostenrechnung benötigt, um die Wirtschaftlichkeit von Produkten zu analysieren, sowie zwischen einer Auswahl großer Investitionsgüter zu entscheiden(1). Das Instrument des Life Cycle Costing kann aber auch auf andere Projekte übertragen werden, wie beispielsweise die Erschließung neuer Märkte, Zweigwerkerrichtungen oder auch Beteiligungserwerbe(2). Es wird ver-sucht, sämtliche Kosten die während eines Lebenszyklus anfallen, dem Produkt zuzu-ordnen. Diese Kostenerfassung erfolgt periodenübergreifend, also von der ,, Wiege bis zum Grab ". Dies ist in der heutigen Zeit sehr sinnvoll, da die Produktlebenszyklen immer kürzer werden, Lebenszyklen zwischen zwei und fünf Jahren sind keine Selten-heit, und Produkte immer schneller von anderen Produktinnovationen auf dem Markt abgelöst werden. Aufgrund dieser Marktsituation erhöhen sich die Gemeinkosten für Forschung und Entwicklung, den sogenannten Vorlaufkosten, und stellen einen immer wichtigeren Kostenfaktor dar(3). Weiterhin wird durch das Konzept des Life Cycle Costing kritisiert, daß bei Investitionsentscheidungen die Anschaffungskosten gegen-über den Betriebs- und anderen Folgekosten überbewertet werden, obwohl diese im Endeffekt wesentlich geringer ausfallen. Ziel ist es, die Gesamtkosten unter Einbe-ziehung der Folgekosten kostenminimierend zu beeinflussen. Daher ist es notwendig, gerade dem Entstehungszyklus eines Produktes, bzw. Projektes, größere Unterstützung zukommen zu lassen, da sich durch Entscheidungen und Investitionen in der Entste-hungsphase ein großer Teil der Folgekosten festlegt. Beziehungen zwischen Anfangs- und Folgekosten, auch ,, trade-offs " genannt, sind so besonders zu beachten(4).
I. I. Ziele der Ausarbeitung
Zuallererst werde ich auf den eigentlichen Produktlebenszyklus eingehen, wobei ich eine Unterteilung der einzelnen Phasen vornehmen werde. Dabei wird der integrierte Produktlebenszyklus mitsamt seiner Vorlauf- und Nachlaufkosten erläutert. Desweiteren möchte ich die Funktion der Lebenszykluskostenrechnung aus Sicht der Produzenten, aber auch aus der der Konsumenten beleuchten.
Die Durchführung des Life Cycle Costing in der Praxis soll ebenso angeschnitten werden, wie die damit behafteten Probleme. Darüber hinaus werde ich am Schluß mein-er Arbeit kurz auf Defizite des Konzeptes eingehen.
II. Produktlebenszyklus
Es wird unterstellt, daß der Umsatzverlauf eines Produktes bzw. Produkttyps anhand eines Lebenszyklusmodells dargestellt werden kann. Dieses Modell unterteilt sich in Einführungsphase (Markteinführung), Wachstumsphase (Marktdurchdringung), Reife-phase (Marktsättigung) und Sättigungsphase (Marktdegeneration) , wobei gilt, daß die einzelnen Phasen nicht eindeutig differrenziert werden können. Man bezeichnet diese als Marktzyklus.
In der Lebenszykluskostenrechnung wird versucht, die gesamte Entwicklung des Produktes einschließlich der Vorlauf- und Nachlaufkosten über die gesamte Lebens-dauer darzustellen. Die Vorlaufkosten werden dem Entstehungszyklus zugezählt, während die Nachlauf- kosten (oder auch Folgekosten genannt) dem Nachsorgezyklus angehören. Den Marktzyklus zusammengefasst mit den beiden vorab genannten Zyklen bezeichnet man auch als ,, integrierter Produktlebenszyklus "(5).
II. I. Vorlaufkosten/erlöse
Vorlaufkosten, oder auch taktische Kosten, bezeichnen die der Leistungserstellung- und -verwertung vorausgehend anfallenden Kosten, durch die die Leistungspotentiale bzw. das Leistungsvermögen späterer Perioden/Phasen gebildet werden. ,, Sie dienen dazu, zeitgebundene Nutzungspotentiale zu schaffen, welche die Vorraussetzung dafür bilden, daß in zukünftigen Perioden die Stellung einer Unternehmung im Markt verbessert wird oder sich zumindest nicht verschlechtert ."(6)
Bei den Vorlaufkosten wird unterschieden zwischen den produktbezogenen Vorlauf- kosten, und den potentialbezogenen Vorleistungskosten, welche das Leistungspotential erhöhen. Folgende Kosten versteht man unter Vorlaufkosten(7):
Produktbezogene Vorlaufkosten:
- Kosten der angewandten, zweckgebundenen Forschung
- Entwicklungs- und Konstruktionskosten
- Kosten der Versuchsfertigung, des Prototypenbaus und der Erprobung
- Kosten für Marktforschung und Marktbeobachtung
- Werbungskosten für produktbezogene Einführungswerbung
- Sonstige Markteinführungskosten (Messekosten, Listing im Handel)
- Anpassungs-, Änderungskosten (Ländervarianten)
Potentialbezogene Vorleistungskosten:
- Anschaffungskosten oder Herstellkostenfür maschinelle Anlagen, welche als Spezialbetriebsmittel nur für eine Produktgeneration genutzt werden
- Kosten für das Umrüsten einer ganzen Produktionslinie
- Werkzeugkosten, sofern sie den Vorlaufkosten angehören
- Kosten für Softwareprogrammierung sowie Anpassung vorhandener Systeme
- Schulungskosten für Personal
- Kosten für den Aufbau von Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen
- Gebäudekosten, Kosten für nicht direkt im Produktionsprozeß eingesetzte Anlagen,
speziell errichtete Produktionsgebäude, Lagerhallen, Transportmittel und sonstige Einrichtungen Erlöse können auch bereits vor Produktionsbeginn erzielt werden, sie werden als Vor- lauferlöse bezeichnet. Insbesonders treten sie in Form von Subventionen auf. D.h. als Investitionszuschüsse und Investitionszulagen, aber auch als verbilligte Kredite und Steuervergünstigungen. Vorlaufkosten sind der Entstehungsphase angehörig.
II. II. Nachlaufkosten/erlöse
Nachlaufkosten fallen der Leistungserstellung und -verwertung nachgelagert an. Ihr Auftreten sowie deren Höhe wird zu einem großen Teil bereits in vorausgegangenen Phasen festgelegt. Auch hier kann zwischen potentialbezogenen Nachlaufkosten, und produktbezogenen Nachlaufkosten unterschieden werden(8):
Produktbezogene Nachlaufkosten :
- Kosten eines Produktrückrufs
- Garantiekosten
- Entsorgungskosten
- Lager- und Verwaltungskosten für Ersatzteile
Potentialbezogene Nachlaufkosten :
- Kosten für den Abbau und Rückständen spezieller Produktionsanlagen
- Säuberungs-, Reinigungs-, und Sanierungskosten
Verkaufserlöse bzw. Resterlöse von Produktionsanlagen, sowie kalkulatorische Erlöse zählen zu den Nachlauferlösen. Sie treten weiterhin bei dem Verkauf von Ersatzteilen auf, sowie durch Wartung von Produkten. Die Nachlaufkosten werden zu der Nachlauf- phase gezählt.
Zur Differrenzierung aller Kosten während des gesamten Produktlebenszyklus , sowie zur klaren Herausstellung von Trade-off -Beziehungen der Investitionen bzw. Kosten und deren Folgekosten in den verschiedenen Zyklusphasen, schlägt Back-Hock eine detailliertere Aufgliederung der Kosten vor(Abb.1).
Einzelne Kosten werden hierbei bestimmten Phasen zugeordnet, so daß es möglich ist , die Kosten dem Entstehungszyklus, Marktzyklus bzw. dem Nachsorgezyklus zuordnen zu können. So ist es beispielsweise machbar, Kosten der Produktverbesserung dem Entstehungszyklus zuordnen zu können, statt dem Marktzyklus(9).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 aus: Back-Hock : Lebenszyklusorientiertes Produktcontrolling(1988), S. 26
In der folgenden Grafik wird noch einmal der zeitliche Verlauf der einzelnen Kostenphasen dargestellt :
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zeit
Abb. 2 aus: Freidank/Götze/Huch/Weber : Kostenmanagement (1997), S. 227
Für Abb.2 gilt, daß die einzelnen Phasen nicht zeitpunktgemäß festgelegt werden können, und diese nur anhand von verschiedenen Charakteristika festgemacht werden. Desweiteren scheinen die einzelnen Phasen nacheinander abzulaufen, jedoch gilt, daß sie sich über den gesamten Lebenszyklus hinweg gesehen überlagern.
III. Product Life Cycle Costing aus Produzentensicht
Für den Produzenten ist die Summe aller in einem Zyklus hergestellten Produkte von Interesse, ebenso die der Kosten, die durch den integrierten Produktlebenszyklus ermittelt werden kann.
Anhand des Product Life Cycle Costing kann untersucht werden, ob durch höhere Auszahlungen vor der Produkteinführung Kosteneinsparungen in späteren Zyklus-phasen erzielt werden können (Trade-offs). Als Faustregel wird hierbei genannt, daß durch eine Geldeinheit höherer Auszahlungen in der Produktkonzeption-, -konstruktion und - entwicklung, im späteren Produktlebenszyklus acht bis zehn Geldeinheiten im Produktionsund Vertriebsbereich eingespart werden können.
Die Lebenszykluskostenrechnung als Planungsrechnung zeigt, wie Kosten zwischen einzelnen Phasen verschoben werden können. So hat eine Maßnahme zur Kostensenk- ung in der Entstehungsphase kostensteigernde Auswirkungen auf die Kosten in den dar-auf folgenden Phasen. Umgekehrt gilt ebenfalls, daß zusätzlich auftretende Kosten, oder Zusatzinvestitionen, in der Entstehungsphase kostenmindernde Auswirkungen auf die darauf folgenden Zyklusphasen haben. Man spricht hier auch von einer Verschiebung von Produktions- und Vertriebskosten zu Vorlaufkosten(10). So wird beispielsweise durch eine erhöhte Anzahl von Versuchen in der Entstehungsphase eine Kostenminder- ung, aufgrund weniger Ausschuß , in der Produktion und im Vertrieb erzielt.
Ein grundlegender Vorteil im Product Life Cycle Costing besteht darin, daß der Lebenszyklus in seiner Gesamtheit gesehen wird, d.h. einschließlich Entstehungszyklus und Nachsorgezyklus. Dadurch können alle Auszahlungen als auch Einzahlungen von der Grundidee bis zu der Entsorgung erfasst werden.
Ein weiterer Vorteil ist, daß durch Auszahlungen im Entstehungszyklus anhand von Trade-offs ein Zusammenhang zu künftigen Auszahlungen bzw. Einzahlungen herge- stellt werden kann. Hierdurch können Investitionsentscheidungen, mit der Prämisse, die Gesamtkosten möglichst gering zu halten, getroffen werden(11,12 ).
In den ersten Lebenszyklusphasen ist es auch möglich, die Amortisationsdauer zu er- rechnen, indem festgestellt wird, wann die Investitionsauszahlungen durch Einzah-lungen in der Produktion wieder gedeckt sind.
Die folgende Abbildung zeigt zur Verdeutlichung, wie wichtig es ist , bereits in der Entstehungsphase durch erhöhte Investitionen die anfallenden Kosten in den darauf folgenden Phasen zu mindern, da der tatsächliche Kostenanfall durch Entwicklung und Konstruktion nur sechs Prozent beträgt, jedoch in dieser Phase siebzig Prozent aller Kosten festgelegt werden :
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.3 aus : Zehbold, Cornelia : Lebenszykluskostenrechnung (1996), S. 169
III. I. Verrechnung der Vorlauf- und Nachlaufkosten
In der periodischen Kosten- und Leistungsrechnung werden die Vorlauf- und Nachlauf- kosten nur in Ausnahmefällen in Betracht gezogen, wie beispielsweise im Falle von Ab- schreibungen von Investitionen, welche der Produktion vorab anfallen. In der Produkt- kalkulation hingegen, werden die in einer Periode angefallenen Kosten verrechnet, und einem in diesem Zeitraum produzierten Produkt zugeordnet. Daraus ergeben sich zwei Möglichkeiten die Vorlauf-und Nachlaufkosten zu erfassen, zum einen werden die Kosten keinem Kostenträger zugeordnet, sondern kumuliert und als Periodengemein- kosten deklariert. Zum anderen werden die anfallenden Vorlauf- und Nachlaufkosten auf Hilfskostenstellen erfasst, dann auf Hauptkostenstellen verteilt und mittels der kalkulativen Zuschlagssätze den in der jeweiligen Periode produzierten Produkte zu- geordnet. Fakt jedoch ist, daß die Vorlauf- und Nachlaufkosten nicht dem tatsächlich kostenverursachendem Produkt zugeordnet werden. Die Vorlaufkosten müssen zu- künftig produzierten Produkten , die Nachlaufkosten bereits teilweise nicht mehr im Fertigungsprogramm befindlichen Produkten zugeordnet werden(13). Zunehmend werden später anfallende Kosten bereits während dem Entstehungszyklus festgelegt. Bei hochautomatisierter Serienproduktion etwa , werden bereits 70 - 90 % der gesamten Herstellkosten in der Produktentwicklungsphase vorfixiert(14). Beispielsweise besteht die Herstellung von Software fast durchweg aus Vorleistungs-kosten , während die tatsächlichen Produktionskosten kaum ins Gewicht fallen. So kann es bei Nichtberücksichtigung dieser Vorlaufkosten bei der Preiskalkulation der Software zu gravierenden Verzerrungen kommen, da diese Kosten in der Kosten- und Leistungsrechnung keine Beachtung finden.
Für das interne Rechnungwesen ist dies mit enormen Konsequenzen behaftet, der Schwerpunkt des internen Rechnungswesen entsprechend der Kostenfestlegung wird von der Produktion auf die Produktentwicklung , sowie Investitionen gelegt. Eine Weiterentwicklung der Instrumente ist erforderlich, d.h. die Kosten- und Erlösrechnung hat sich auf den gesamten Produktlebenszyklus zu beziehen, auch Planungs- und Über- wachungsrechnungen haben den genannten Zeitraum zu betrachten. Primär wird nicht mehr der Kostenanfall in einer Periode dokumentiert, sondern Transparenz in der Kostenfestlegung und Kostendisponierbarkeit geschaffen. Je mehr laufende Kosten bereits im Entstehungszyklus durch Investitionsentscheidungen verursacht werden, desto weniger sinnvoll erscheint die Trennung zwischen der Investitionsplanung und der Kostenplanung. Es muß eine Integration von Investitionsrechnung und Kosten- rechnung erfolgen(15).
III. I. I. Probleme in der Kostenverrechnung
Die umfassende Erfassung der Vorlauf- und Nachlaufkosten bringt aber einige theo-retische als auch praktische Probleme mit sich. So ist es beispielsweise in diversen Branchen wie der Pharmaindustrie üblich, an mehreren Projekten bzw. Medikamenten gleichzeitig zu forschen, obgleich die Wahrscheinlichkeit eines Medikamentes tatsäch-lich auf den Markt geworfen zu werden, nur eins zu zwanzig beträgt. Das bedeutet, daß von zwanzig Forschungsprojekten letztendlich nur ein Projekt zu einem vermarktungs- fähigen Produkt führen wird(16). Hier stellt sich nun die Frage, welchem Kostenver-ursacher die Kosten angerechnet werden können, eine korrekte Zuordnung ist nicht möglich. Denkbar wäre, diese Kosten als Periodengemeinkosten zu bezeichnen, oder sie als notwendig zu betrachten, um die Marktreife anderer Produkte herbeizuführen, so daß diese weiterhin auf die auf den Markt geworfenen Produkte angerechnet werden können.
Vorlauf- und Nachlaufkosten treten natürlich auch nicht immer produktspezifisch auf, sondern können für mehrere Produkte gemeinsam anfallen. So fallen pauschal für eine Produktgruppe eventuell Kosten für Patente oder auch für Werbung an, welche nicht direkt einem Produkt zugeordnet werden können, und somit auch als Gemeinkosten bezeichnet werden können.
III. II. Product Life Cycle Costing aus Kundensicht
Der Kunde hat darüber zu entscheiden, ob er ein Produkt kauft oder er es nicht tut. Aus diesem Grund hat er über mögliche Aus- und Einzahlungen verschiedene Überlegungen anzustellen(17):
- Wie lange hält der Lebenszyklus des Produktes vor, bzw. der Nutzen, sowie die mit der Anschaffung verbundenen Aus- und Einzahlungen (z.B. beim Autokauf) ?
- Wie oft und in welcher Höhe fallen die Aus- und Einzahlungen an ?
- Welche Art von Zahlungen (Anschaffung, Wartung, etc.) entstehen ?
- Mit welchem Zinssatz sind die Zahlungen zu diskontieren ?
Durch eine realistische und betriebswirtschaftlich begründete Beantwortung dieser Fragen, ist es dem Kunden möglich die für ihn optimalste Produktvariante auszuwählen. Die Überlegungen des Kunden hat der Produzierende in seine Produktplanung mit ein- zubeziehen. Das bedeutet, daß in der eigenen Kostenkalkulation die anfallenden Kosten des Kunden, bedingt durch Reparaturen, Wartung, Instandhaltung u.a., nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Diese Kosten bilden einen eigenen Zyklus, den sogenannten Konsumentenzyklus.
Dieser ist immer auf ein einzelnes Produkt bezogen, und beginnt mit dem Kauf eines Gutes, woraufhin die Nutzungsphase folgt. Durch den Kauf fragt der Käufer auch noch nachträgliche Dienstleistungen des Unternehmens nach, wie z.B. Wartung und Repa-ratur und den damit verbundenen Kauf von Ersatzteilen. Der Konsumentenzyklus ist beendet, wenn das Gut veräußert, bzw. es entsorgt wird(18).
Für den Produzenten ist es in diesem Zusammenhang wichtig, alle Zahlungen in An- schaffungszahlungen und in erforderliche Folgezahlungen zu unterteilen. Besonders dann, wenn der Käufer Präferenzen hinsichtlich der Höhe von Kaufpreis bzw. Folge- auszahlungen besitzt. Für den Erzeuger bedeutet dies, daß er die Preisstruktur, zur Aus- nutzung der kundenbezogenen Rendite, lebenszyklusbezogen optimiert. Dies geschieht vor allem auf dem Konsumgütermarkt, wo sich des öfteren Möglichkeiten zur Realisie-rung einer höheren Rendite, allerdings psychisch bedingt, ergeben(19).
IV. Anwendung des Life Cycle Costing
Das Konzept der Lebenszykluskostenrechnung ist in den USA entwickelt worden, und diente der Wirtschaftlichkeitsbeurteilung und Gestaltung komplexer Großprojekte im industrieellen Anlagenbau, in der Luft- und Raumfahrt, sowie im militärischen Bereich. In den USA ist es bei bestimmten öffentlichen Aufträgen sogar vorgeschrieben, währ- enddessen es im deutschen Raum erst seit Mitte der achtziger Jahre Anwendung findet. Aufgabe ist es, nicht nur die Anschaffungs- und Herstellungskosten bei der Beurteilung von Großprojekten und Produkten zu berücksichtigen, sondern alle Kosten, die mit der- en Herstellung verbunden sind, wie beispielsweise Kosten durch Forschung und Ent- wicklung, Nutzung, Stillegung und Entsorgung. Ziel ist es, diese Lebenszykluskosten zu minimieren(20).
IV. I. Methoden der Kostenprognose
Die Lebenszykluskostenrechnung an sich, ist keine eigenständige und neuartige Me-thode, sondern faßt verschiedene bekannte Betrachtungsmethoden unter sich zusammen. So zum Beispiel Methoden der Systembewertung (Nutzwertanalyse/Trade-off-Studien) und Verfahren zur Kostenprognose(Kostenstrukturprognose/Kostenschätzbeziehungen), desweiteren Methoden zur Berücksichtigung des Risikos (Risikoanalyse/Amortisations-rechnung), sowie das Rechnen mit diskontierten Werten und Inflationsraten zur Berücksichtigung der Zeitstruktur(21).
Die Produktlebenszykluskostenrechnung kann nicht durch eine einzelne Methode abge- deckt werden, es müssen bekannte Verfahren sowie Instrumente zu einer Methoden- sammlung zusammengestellt werden. Es werden den einzelnen Lebenszykklusphasen unterschiedliche Prognoseverfahren zugeordnet. Gerade in der Initiierungs- und Kon- zeptionsphase bedient sich die Lebenszykluskostenrechnung der Bildung von Kosten- einflußgrößenfuntionen, welche durch Auswertung der Erfahrungen abgeschlossener Projekte und unter Zuhilfenahme statistischer Auswertungen ermittelt werden. Auf- grund dieser Kosteneinflußgrößenfunktionen können auch Vergleichsrechnungen und Sensitivitätsanalysen angestellt werden, zur Untersuchung der Beziehungen zwischen Vorlauf- und Nachlaufkosten sowie Leistungsanforderungen, Zeitvorgaben und Kosten, um Gestaltungsalternativen zu beurteilen(22).
Nach den Kriterien ,, Zeitpunkt der Prognose im Lebenszyklus " und ,, Zwecksetzung " erstellt Wübbenhorst folgende Abbildung, wobei zu beachten ist, daß die Phasenzuord- nung nur den Anwendungsschwerpunkt der einzelnen Verfahren zum Ausdruck bringt :
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.4 aus : Back-Hock : Lebenszyklusorientiertes Produktcontrolling (1988), S. 10
Mittels der Kosteneinflußgrößenfunktionen kann so beispielsweise analysiert werden, ob eine größere Systemzuverlässigkeit, welche höhere Vorlaufkosten zur Folge hat, insgesamt gesehen zu einer Verringerung der Kosten für die Instandhaltung führt. Hier zeigt sich die grundlegende Intention des Life Cycle Costing, nämlich die Ver- ringerung der Folgekosten durch eine Erhöhung der Investitionen in der Entstehungs- phase(23).
Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Bestimmung phasenbezogener Kostenobergrenzen, um wie bei dem Target Costing, hierbei werden durch die Vorgabe von Zielkosten (man spricht auch von Zielkostenrechnung) Maßstäbe für die Entwicklung, Konstruktion und Fertigung eines Produktes gesetzt, die Entwicklungsaktivitäten auf die Erreichung festgelegter Ziele auszurichten(24).
Grundsätzlich gilt allerdings, daß zur Ermittlung der für die Controllingaufgaben not- wendigen Daten auf Referenzsysteme mit historischen Daten zurückgegriffen wird, welche nicht direkt auf das Produkt bzw. Projekt anwendbar sind. Hierzu muß eine geeignete und wohlsortierte Datenbank aufgebaut werden, welche die Referenzsysteme und Erfahrungen dokumentiert, indem Kostenelemente und Kostenstrukturen festge- halten werden.
Erst aufbauend auf den mit der Zeit gewonnenen Erfahrungsdaten können Verfahren zur Planung von Lebenszyklen realisiert werden(25).
V. Defizite des Life Cycle Costing
In der Lebenszykluskostenrechnung liegt das Hauptaugenmerk auf der Erfassung der Kosten die über dem gesamten Lebenszyklus gesehen anfallen. Hierbei werden jedoch die auch anfallenden Erlöse weitestgehend außer Acht gelassen, obwohl diese bei der Anwendung auf Produktlebenszyklen aber auch bei Anlageninvestitionsentscheidungen von großer Bedeutung sind.
In der Literatur finden sich keine Grundlagen, die sich mit der Kostendeckung auseinan- dersetzen, ebenso werden Fragen der Amortisationszeitpunkte, der Rentabilität bzw. günstigen Produkteinführungs- und -ablösezeitpunkten aus Sicht des Lebenszyklus, ausgespart(26).
Ein weiteres Defizit der Lebenszykluskostenrechnung ist, daß indirekte Wirkungen nur unvollständig mit einbezogen werden, und die Prüfung der Entscheidungsabhängigkeit der Kosten nur mangelhaft erfolgt. Diese Kriterien spielen bei der Übertragung des Lebenszykluskostenrechnungskonzeptes auf die Serienproduktion eine große Rolle, da dort, verglichen mit dem Anlagenbau, vermehrte Gemeinkosten auftreten. Desweiteren ist für die Serienproduktion zu beachten, daß eine Einbeziehung der beim Kunden anfallenden Kosten sich weitaus schwieriger verhält, als es in der kundenspezi- fischen Fertigung der Fall ist, da aus Sicht des Anbieters die Maßnahmen zur Verringer- ung der Folgekosten bei dem Kunden nicht gut abschätzbar sind(27). D.h. das man bei- spielsweise bei der Fertigung im Anlagenbau spezifischer auf die Wünsche und Interes- sen des Kunden, vor allem bezogen auf die Vermeidung oder Minimierung von Folge- kosten, eingeht, da die Fertigungsobjekte zumeist in Einzelfertigung produziert werden.
In der Serienfertigung ist es nicht möglich auf die Wünsche des einzelnen Kunden einzugehen, da eine breite Käuferschicht angesprochen wird, und die Ansprüche der Käufer zu verschieden sind.
VI. Schlußbetrachtúng
Das Life Cycle Costing muß als zyklischer Prozeß verstanden werden, wobei die Kostenziele ständig überprüft werden und in Frage gestellt werden müssen.
Daraus resultiert eine ständige Markt- und Kundenorientierung, die es dem Unter-nehmen ermöglicht, die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern(28).
Gerade in der heutigen wirtschaftlichen Situation, in welcher sich die Lebenszyklus- phasen der einzelnen Produkte wesentlich verkürzt haben, und diese ständig von neuen, innovativen Produkten abgelöst werden, wie es in der Computerbranche üblich ist, ist es betriebswirtschaftlich ratsam, den Produktlebenszyklus mittels dem integrierten Produktlebenszyklus zu erfassen.
Es ist wichtig, daß nicht nur dem Kostenanfall im Marktzyklus, wie es in der Produkt- kalkulation lange Usus war, das Hauptaugenmerk gilt, sondern auch dem Entstehungs-zyklus, gerade in dem Bereich Forschung und Entwicklung, sowie dem Nachsorge-zyklus. Wichtig ist vor allem, daß die Trade-offs zwischen den Investitionen und den Folgekosten erkannt werden, womit letztendlich über den gesamten Produktlebenszyk- lus hinweg gesehen eine Minimierung der Gesamtkosten erzielt werden kann. Hierbei gilt es nicht nur die reinen Anschaffungskosten der Investition zu sehen, son-dern auch den betriebswirtschaftlichen Nutzen hinsichtlich der Kostenreduzierung, wo- bei gilt, daß auch indirekte kostensparende Konsequenzen in Betracht gezogen werden müssen. So werden beispielsweise im Falle der Erhöhung der Versuche und der damit verbundenen Kosten in der Entstehungsphase die Ausschußkosten in der Produktion re- duziert. Mit einer intensiveren Gestaltung des Produktes und seines Designs, in der Ent- wicklungsphase, kann ebenfalls der Anfall von Kosten in dem Marktzyklus reduziert werden. Das Life Cycle Costing stellt in seinen Bestandteilen keine Neuerung dar, ist jedoch in seiner Zusammensetzung ein Novum.
Um die Lebenszykluskostenrechnung durchführen zu können, hat der Anwendende zwischen verschiedenen Kostenprognosemethoden zu wählen, welche der jeweiligen Zyklusphase gemäß anzuwenden sind.
Nachteil des Life Cycle Costing ist, daß es sich hauptsächlich auf die Kosten bezieht, und die Erlöse weitestgehend außer Betracht zieht.
III. QUELLENVERZEICHNIS
Back-Hock, Andrea : Lebenszyklusorientiertes Produktcontrolling, Heidelberg 1988
Coenenberg, Adolf G. : Kostenrechnung und Kostenanalyse, Landsberg am Lech 1997
Ewert/Wagenhofer : Interne Unternehmensrechnung, Heidelberg 1997
Freidank/Götze/Huch/Weber : Kostenmanagement, Heidelberg 1997
Hoitsch : Kosten- und Erlösrechnung, Heidelberg 1997
Horvath : Controlling, München 1994
Kilger, Wolfgang : Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, Wiesbaden 1988
Küpper, Hans-Ulrich/ Weber, Jürgen : Grundbegriffe des Controlling, Stuttgart 1995
Riezler, Stephan : Lebenszyklusrechnung, Wiesbaden 1996
Zehbold, Cornelia : Lebenszykluskostenrechnung, Wiesbaden 1996
Ziegenbein : Controlling, Ludwigshafen 1992
[...]
(1) vgl. Coenenberg, Adolf G.: Kostenrechnung und Kostenanalyse (1997), S.484
(2) vgl. Riezler, Stephan : Lebenszyklusrechnung (1996), S.10
(3) vgl. Ewert/Wagenhofer : Interne Unternehmensrechnung (1997), S.292
(4) vgl. Back-Hock : Lebenszyklusorientiertes Produktcontrolling (1988), S.6
(5) vgl. Ziegenbein : Controlling (1992), S. 87
(6) Kilger, Wolfgang : Flexible Plankostenrechnung u. Db-rechnung (1988), S. 287
(7) Zehbold, Cornelia : Lebenszykluskostenrechnung (1996), S. 161
(8) Zehbold, Cornelia : Lebenszykluskostenrechnung (1996), S. 161
(9) vgl. Horvath : Controlling (1994) , S. 473
(10) vgl. Ewert/Wagenhofer : Interne Unternehmensrechnung (1997), S 322/323
(11) vgl. Freidank/Götze/Huch/Weber : Kostenmanagement (1997), S. 226-228
(12) vgl. Coenenberg : Kostenrechnung und Kostenanalyse (1997), S. 485/486
(13) vgl. Ewert/Wagenhofer : Interne Unternehmensrechnung (1997), S. 319-321
(14) vgl. Ewert/Wagenhofer : Interne Unternehmensrechnung (1997), S. 319-321
(15) vgl. Riezler, Stephan : Lebenszyklusrechnung (1996), S.19/20
(16) vgl. Ewert/Wagenhofer : Interne Unternehmensrechnung (1997), S. 321/322
(17) vgl. Coenenberg : Kostenrechnung und Kostenanalyse (1997), S. 484/485
(18) vgl. Ewert/Wagenhofer : Interne Unternehmensrechnung (1997), S. 321/322
(19) vgl. Freidank/Götze/Huch/Weber : Kostenmanagement (1997), S. 225
(20) vgl. Riezler, Stephan : Lebenszyklusrechnung (1996), S. 98ff.
(21) vgl. Back-Hock : Lebenszyklusorientiertes Produktcontrolling (1988), S. 8ff.
(22) vgl. Riezler, Stephan : Lebenszyklusrechnung (1996), S. 98ff.
(23) vgl. Küpper/Weber : Grundbegriffe des Controlling (1995), S. 311
(24) vgl. Riezler, Stephan : Lebenszyklusrechnung (1996), S. 98ff.
(25) vgl. Back-Hock : Lebenszyklusorientiertes Produktcontrolling (1988), S. 8ff.
(26) vgl. Back-Hock : Lebenszyklusorientiertes Produktcontrolling (1988), S. 11
(27) vgl. Riezler, Stephan : Lebenszyklusrechnung (1996), S. 101
(28) vgl. Freidank/Götze/Huch/Weber : Kostenmanagement (1997), S. 229
- Citation du texte
- Anonyme,, 1998, Lebenszykluskostenrechnung (Life Cycle Costing), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95461
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