Der Religionsunterricht an deutschen Schulen ist seit geraumer Zeit Gegenstand von Reformdiskussionen, bei denen teilweise seine komplette Abschaffung in der bisherigen Form gefordert wird, oder aber die Ausweitung des Unterrichts auf andere religiöse Gruppen vorgeschlagen wird. Weitgehende Einigkeit herrscht aber darüber, daß diejenigen Schüler, die aus den verschiedensten Gründen nicht am bestehenden konfessionellen Unterricht teilnehmen, in einen Unterricht eingebunden werden müssen, der das leistet, worin man auch den Sinn des bisherigen Religionsunterrichts sieht. Dieser Unterricht wird von den beiden großen christlichen Kirchen inhaltlich verantwortet, findet allerdings im Rahmen des staatlichen Lehrplanes statt und wird auch staatlicherseits finanziert.
Unabhängig vom Wahrheitsanspruch der Religion gilt für diesen Unterricht gemeinhin die Vermittlung und Begründung von Normen als sinngebend, die auch für die friedliche Existenz einer säkularen Gesellschaft, in der keine einzelne Religion für alle absolut verbindlich ist und für ihre Normen umfassend Anerkennung reklamieren kann, nötig sind. Denn auch das Grundgesetz beruht mit seiner Achtung der Menschenwürde und seinen wesentlichen Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie auf gewachsenen gesellschaftlichen Normen und Wertvorstellungen, die sich nicht in jeder Gesellschaft von selbst verstehen, wie ein Blick auf die Geschichte und auch die heutigen Verhältnisse in vielen Ländern zeigt.
Viele Wissenschaften, deren Anfangsgrundlagen auch an Schulen gelehrt werden, zielen auf eine Relativierung bisheriger Erkenntnisse ab und sollen auch meist den Sinn dafür schärfen, vieles nicht als unwiderrufliches Dogma sondern gerade als hypothetisch, relativierbar und je nach Umständen abänderbar darzulegen. Gerade gegenüber dieser äußerst fruchtbaren und gewinnbringenden Methode, die nicht nur in den Naturwissenschaften gewaltige Fortschritte mit sich gebracht hat, sondern auch im politischen und sozialen Leben offene Gesellschaften ermöglicht hat, in denen sich individuelle Freiheit auf ganz neue Art verwirklichen konnte, kann Religionsunterricht als das komplexe Gegenstück gesehen werden. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Diskussion um den Religionsunterricht in Deutschland
- Thema und Systematik vorliegender Arbeit
- Geschichte, Zielsetzung und Aufbau des Lehrplans
- Entstehungsgeschichte
- Problemlage und Zielsetzung
- Inhaltsstruktur
- Betrachtung einiger auffälliger Aspekte im Lehrplan
- Die Verwendung des Wortes „Allah"
- Der Bezug zur Türkei
- Das Thema Arbeit — koranische Stellen und Formulierung der Lernziele
- Der Umgang mit der Frage der Prädestination
- Das Thema Staat und Religion
- Todesstrafe und Hadd-Strafen
- Die Waisen — koranischer Schutz und moderne Interpretationsmöglichkeit
- Ein letzter Punkt — das Fernsehen
- Aufbau des ägyptischen Schulbuchs
- Vergleich ausgewählter Kapitel aus Lehrplan und Schulbuch
- Der Koran und seine Einbeziehung in den Unterrichtsaufbau
- Krieg, Frieden und das Verständnis von Gihäd
- Zusammenfassung
- Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert den Lehrplan für die religiöse Unterweisung muslimischer Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen (NRW) aus islamwissenschaftlicher Perspektive. Der Lehrplan wird im Kontext der Entstehung und Entwicklung des Islamischen Religionsunterrichts in Deutschland betrachtet und mit einem Schulbuch aus Ägypten verglichen. Neben der Analyse der didaktischen Konzeption und der Inhalte des Lehrplans wird auch die Frage nach der Vereinbarkeit von islamischem Glauben und deutscher Lebenswirklichkeit in Politik und Gesellschaft thematisiert.
- Die Verwendung des Wortes „Allah" im Lehrplan
- Die Einbindung des Islams in den deutschen Schulalltag
- Die Bedeutung von Arbeit und Prädestination im Islam
- Der Umgang mit dem Thema Gihäd in Deutschland und Ägypten
- Der Vergleich von islamischen und westlichen Wertvorstellungen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beschäftigt sich mit der aktuellen Diskussion um den Religionsunterricht in Deutschland und stellt die Zielsetzung und Systematik der Arbeit vor. Im zweiten Kapitel wird die Entstehungsgeschichte des Lehrplans, die Problemlage und die Zielsetzung sowie die Inhaltsstruktur des Lehrplans erläutert. Das dritte Kapitel befasst sich mit verschiedenen Aspekten des Lehrplans, wie der Verwendung des Wortes „Allah", dem Bezug zur Türkei, dem Thema Arbeit, der Frage der Prädestination, dem Verhältnis von Staat und Religion, der Todesstrafe, dem Schutz der Waisen und dem Thema Fernsehen. Das vierte Kapitel stellt den Aufbau des ägyptischen Schulbuchs vor, welches als Vergleichsbasis für die Analyse des Lehrplans dient. Im fünften Kapitel werden ausgewählte Kapitel aus dem Lehrplan und dem Schulbuch verglichen, insbesondere die Einbeziehung des Korans in den Unterricht und die unterschiedlichen Auffassungen von Gihäd. Die Zusammenfassung fasst die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick auf weitere Forschungsfragen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Islamischen Religionsunterricht in Deutschland, insbesondere in Nordrhein-Westfalen, den Vergleich von Lehrplänen und Schulbüchern, die Einbindung des Islams in den deutschen Schulalltag, die Verwendung des Wortes „Allah", die Bedeutung von Arbeit und Prädestination im Islam, die Rolle des Staates in religiösen Angelegenheiten, die Todesstrafe und Hadd-Strafen, den Schutz der Waisen, das Verständnis von Gihäd und die Vereinbarkeit von islamischem Glauben und deutscher Lebenswirklichkeit. Die Arbeit beleuchtet die Herausforderungen und Chancen der Integration von muslimischen Schülerinnen und Schülern in das deutsche Schulsystem und die Bedeutung von interkulturellem Dialog und Verständnis.
- Quote paper
- Thomas Würtz (Author), 2001, Untersuchung des nordrheinwestfälischen Lehrplans zur religiösen Unterweisung für Schülerinnen und Schüler islamischen Glaubens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9540
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