INHALTSVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG
2. ARBEITSRELEVANTE BEGRIFFSDARSTELLUNGEN
2.1. ARBEITSRELEVANTE DARSTELLUNG DES BEGRIFFES „LEAN“ BZW. „LEAN MANAGEMENT“
2.2. ARBEITSRELEVANTE DARSTELLUNG DES BEGRIFFES „UNTERNEHMENSNETZWERKE“
3. ZUSAMMENFÜHRUNG
3.1. LEAN MANAGEMENT UND NETZWERKE
3.2. WIE „LEAN“ SIND NETZWERKE?
ANHANG: Warum Toyota eigentlich nicht "lean" war - Eine Hypothese
LITERATURVERZEICHNIS
In der vorliegenden Arbeit wird der Frage nachgegangen, in welcher Relation die Begriffe „lean“ bzw. „Lean Management“ und „Unternehmensnetzwerke“ zueinander stehen
Dabei werden zwei Schlüsse gezogen. Erstens: Die „Lean Management“-Literatur behandelt in ihrer Beschreibung der Hersteller-Zulieferer Beziehung in Ansätzen das, was in der „Netzwerk“-Literatur als „Vertikale Netzwerke“ bezeichnet und thematisiert wird. Wer also mit „lean“-Literatur zu lesen begonnen hat, und in bezug auf Hersteller- Lieferanten Beziehungen weiterlesen möchte, der kann dies mit Netzwerkliteratur tun. Wer mit der „Netzwerkliteratur“ zu lesen begonnen hat, und nach den „Wurzeln“ sucht, der wird wiederum in der „lean“-Literatur fündig. Zweitens: Vertikale Netzwerke sind nur dann „lean“, wenn sich die Beteiligten nicht um gegenseitiges Vertrauen kümmern!
In einem Anhang wird die Hypothese aufgestellt, daß das Toyota Werk zwar nach den "Lean-Management" Prinzipien organisiert war, gerade dadurch aber den Charakter einer „leanen“ Organisation verlor
1. Einleitung
Inhalt dieser Arbeit ist die Frage, welches Verhältnis die beiden Begriffe „lean“ bzw. „Lean Management“ und „Unternehmensnetzwerke“ zueinander haben. Handelt es sich um Organisation und Strukturmerkmal1, bedingt das eine das andere, oder schließen sie einander womöglich aus? Ziel ist es, die Zusammenhänge zu klären, und die relativen Positionen beider Themen transparenter zu machen.
Einer Darstellung der Begriffe „lean“ und „Lean Management“ folgt eine solche des Begriffes „Unternehmensnetzwerke“. Es wird bei beiden Begriffen nur der für die gesamte Arbeit relevante Teil ausführlich beschrieben - also so kurz wie möglich, aber so lange wie nötig. Den inhaltlich spannendsten Teil bildet dann die „Zusammenführung“ bei der die Frage nach den Relationen geklärt werden soll.
Die Arbeit basiert ausschließlich auf Literaturrecherche. Erkenntnistheoretischen Hintergrund stellt der radikale Konstruktivismus dar. Zur Interpretation der Textquellen möchte ich mich auch und gerade deshalb Ernst von Glasersfeld anschließen, wenn er sagt: „ Meine Darstellung beansprucht nicht die wahren Ansichten der zitierten Autoren ermittelt zu haben, sondern lediglich eine viable Interpretation. (...) Ich habe daher versucht, die Texte aus meiner Sicht zu interpretieren, so gut ich eben konnte.“ (von Glasersfeld, 1995, S. 93)
2. Arbeitsrelevante Begriffsdarstellungen
2.1. Arbeitsrelevante Darstellung des Begriffes „lean“ bzw. „Lean Management“
Der Begriff „lean“ entstammt dem Artikel „Triumph of the Lean Production System“ des US Amerikaners John Krafcik, aus dem Jahre 19882. Er beschreibt darin die Ergebnisse einer Studie, die die Erfolgsfaktoren erfolgreicher Automobilhersteller zum Inhalt hatte. Als wichtigstes Beispiel wird das Produktionssystem bei Toyota dargestellt, und zum dem bei Ford abgegrenzt. Den Begriff „lean“ führt er ein, um zu zeigen, daß es im Endeffekt jedoch weniger um Toyotismus oder Fordismus sondern vielmehr um zwei „neue“ Kategorien geht, in die man sämtliche (Produktions-) Prozesse einteilen kann - eben in „lean“ und in „buffered“:
„Rather than continuing to refer to the different paradigms as recent Fordism and Toyota Production System, I would like to introduce two new terms here - buffered and Lean production systems. (...) The analogy with the world of finance is worth making. The lean production management policy presents higher risks - any hiccup will stop production totally. But the potential gains are great. Thus, lean operations can be considered high-risk/high return ventures. (...) The buffered production management policy, on the other hand, is a safe bet for a steady, if unexceptional, return. The short-term risk is low, but so is the potentioal for longterm permance gain. (vgl. Krafcik, 1988, S. 44)
„Lean“ und „buffered“ stellen somit zwei Extreme auf einer Skala dar, bei der es darum geht, daß Sicherheit (und zwar sowohl in der Bedeutung von Schutz als auch Gewähr) etwas kostet - Zeit, Flexibilität, Konzentration, Geld etc. Die beiden Begriffe sind wissenschaftlich notwendige und zweckmäßige Typisierungen und Vereinfachungen, die in der Realität immer in Form eines mehr oder weniger“ anzutreffen sind3. Im Folgenden bezieht sich „lean“ auf die ursprüngliche, von Krafcik formulierte Bedeutung von „ohne Absicherung“, „höherer potentieller Gewinn bei höherem Risiko“.
Zwei Jahre später, 1990 erschien „Die zweite Revolution in der Automobilindustrie“ der Autoren Womack, Jones und Roos. In diesem Buch wurde der Begriff „lean“ mit einem nachgestellten „production“ als Begriff einer Klasse von Produktionsformen dargestellt, die wie das Toyota Produktionssystem organisiert waren - „lean production“ war geboren4. Im Laufe der Zeit entwickelte sich daraus der Begriff „lean Management“5 in der Bedeutung eines ziemlich eindeutig beschriebenen Mixes an Lean-Bausteinen, -Prinzipien, -Grundsätzen, -Techniken, oder ähnlichem6. Lean Management - nur so viel ist hier wichtig - ist ein Totalansatz, der alle Bereiche der betrieblichen Leistungserstellung mehr oder weniger detailliert abdeckt und eine „lean-konforme“ Organisation dieser be- bzw. vorschreibt.
2.2. Arbeitsrelevante Darstellung des Begriffes „Unternehmensnetzwerke“
Der Begriff „Netzwerk“ in der Bedeutung von „Unternehmensnetzwerk“ stellt in der Betriebswirtschaftslehre einen Bereich im Kontinuum der zwischenbetrieblichen Organisationsformen mit den Extremen Markt und Hierarchie dar. Die Unterschiede in diesem Kontinuum werden zumeist in bezug auf die Koordination der Beziehungen dargestellt. Einerseits die spontane Ordnung eines Marktes, andererseits die verbindlichen durch Macht abgesicherten Befehlsbeziehungen der Hierarchie. (vgl. Wuthrich, Philipp, Frentz, 1997, S. 72; Sydow, 1992, S. 98; Wildemann, 1998, S. 93). Dazwischen stehen die kontingenten Formen des „Netzwerkes“ mit den Koordinationsmechanismen der „sozialen Kontrolle“, Vertrauen, personelle Verflechtung, etc.7 Eine hier relevante Einteilung der Netzwerke ist auch jene in Unternehmensnetzwerke der gleichen Wertschöpfungsstufe (horizontale), völlig unterschiedlicher Branchen (laterale) oder entlang der Wertschöpfungskette (vertikale) (vgl. Wildemann, 1998, S. 94 ff.)
3. Zusammenführung
Zum Thema „lean“ werden in dieser Arbeit zwei Begriffe als relevant angesehen. Erstens „lean“ (nach Krafcik) und zweitens „Lean Management“. Zuerst soll die Relation „Lean Management“ und Netzwerke geklärt werden. Danach wird gefragt, in wie fern Unternehmensnetzwerke „lean“ sind8.
3.1. Lean Management und Netzwerke
Die „Lean Management“ Literatur nimmt keinen expliziten Bezug auf horizontale oder laterale Unternehmensbeziehungen. Vertikale Netzwerke werden sehr wohl behandelt. Womack, Jones beschreiben in der „Zweiten Revolution in der Automobilindustrie“ wie die Beziehung „Hersteller - Zulieferer“ bei schlanken Unternehmen auszusehen hat:
„Fast alle Beziehungen zwischen Zulieferer und Hersteller spielen sich im Rahmen eines sogenannten Grundvertrages ab. Der Vertrag ist einerseits einfach ein Ausdruck einer langfristigen Verpflichtung zur Zusammenarbeit. Er stellt jedoch auch Grundregeln auf für die Festlegung der Preise, die Qualitätssicherung, das Bestellwesen, die Lieferung, Eigentumsrechte und Materialversorgung.“ (vgl. Womack, Jones, Roos, 1994, S. 155)9
Allein die Bezeichnung „Zulieferer - Hersteller - Beziehung“ und auch die Verwendung des Begriffes „Vertrag“ lassen auf ein „Netzwerk“ schließen, das in der Organisationsform, die als typisches Beispiel eines „leanen Unternehmens“ galt (also bei Toyota), eher bei Hierarchie und Macht angesiedelt war. Im Laufe der Zeit hat sich dieser Begriff in der „Lean“-Literatur jedoch mehr in Richtung Markt und Vertrauen verschoben10 (vgl. Scholz, 1994, S. 180; Groth, Kammel, 1993, S. 120; Loos, 1993, S. 156,) . Die Themen, Fragen und Probleme in diesem Zusammenhang sind folgende:
- Stetiger Austausch von Informationen, nach beiden Seiten transparent
- Engere Kooperation der Partner
- Zusammenarbeit im angstfreien Raum
- Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen
- Wechselseitige Verpflichtung - Wechselseitiger Nutzen
- Zusammenarbeit auf Dauer - daher wechselseitige Abhängigkeit
- Vertrauenskultur (ebenda)
In der „Netzwerk“-Literatur findet man häufig die folgenden Punkte:
- Schaffung von Vertrauen
- Offene und frühzeitige Kommunikation
- Win/win-Orientierung
- Vermittlung von Kompetenz
- Kooperatives Verhältnis
(vgl. Zimmermann, Winkler, 1998, S. 33; Bierhoff, 1995, Sp 2151 f.; Bleicher, 1994, S. 15 ff.)
Da die wichtigen Themen, Fragen und Probleme sowohl im Bereich „Lean Management“ als auch im Bereich „Netzwerke“ in eine sehr ähnliche Richtung gehen, kann man schließen, daß die „Lean Management"-Literatur in der Hersteller-Zulieferer Beziehung in Ansätzen das behandelt, was in der „Netzwerk“-Literatur als „Vertikale Netzwerke“ bezeichnet und thematisiert wird11. Wer einerseits mit „lean“-Literatur zu lesen begonnen hat, und in Bezug auf Hersteller-Zulieferer Beziehungen weiterlesen möchte, der kann dies mit Netzwerkliteratur tun. Das Konzept ist schließt sozusagen an. Wer andererseits mit der „Netzwerkliteratur“ zu lesen begonnen hat, und nach den „Wurzeln“ sucht, der wird auch in der „lean“-Literatur fündig. Viele Themen, Fragen, Probleme und ähnliches wurden hier bereits behandelt.
3.2. Wie „lean“ sind Netzwerke?
Als Vorteile von Netzwerken (im Verhältnis zu Markt oder Hierarchie) werden in der Literatur die folgenden genannt:
Produktionskostenreduktion durch Konzentration auf Kernaktivitäten
Sinkende Transaktionskosten
Sinkende Abwicklungs- und Kontrollkosten
Zeitvorteile durch Flexibilität
Reduktion des gebundenen Kapitals
Reduktion des innerbetrieblichen Konfliktpotential und Kommunikationsaufwand
(vgl. Zimmermann, Winkler, 1998, S. 32 ; Bauer, 1996 S. 274 ; (vgl. Wuthrich, Philipp, Frentz, 1997, S. 78 f.)
Meist wird diesen Vorteilen gegenübergestellt, daß eine Vertrauenskultur notwendig ist (vgl. Gemünden, Heydebreck, 1994, S. 263). Es ist anzunehmen, daß sich diese Art der zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit sonst entweder in Richtung Markt mit Vertragswerk, oder über Verdrängung (beispielsweise durch Kopieren von Technologie) in Richtung Hierarchie bewegen würde. „Lean“ bedeutet „ohne Absicherung“. Nur eine Netzwerkorganisation, die die o. a. Vorteile ausnützt, und sich nicht durch eine Vertrauenskultur absichert, wäre in so fern „lean“12. Anders ausgedrückt: Ein vertikales Netzwerk ist nur dann „lean“ ist, wenn sich die Beteiligten nicht um gegenseitiges Vertrauen kümmern.
Anhang: Warum „Toyota“ eigentlich nicht „lean“ war - eine Hypothese
Diese - zugegeben - provokante Formulierung basiert auf der Erkenntnis, daß nicht alle betrieblichen Funktionen bei Toyota geschweige denn das gesamte Unternehmen wirklich „ohne Absicherung“ war. Womack, Jones beschreiben in der zweiten Revolution in der Automobilindustrie zum Beispiel ein System des Autoverkaufs als Haustürgeschäft. Viel abgesicherter kann Verkauf wohl kaum stattfinden. Auf Redundanzen basiert das bei Toyota praktizierte System der Qualitätszirkel. Wesentlich „schlanker“ wäre es eine einzige Person mit diesen Aufgaben zu betreuen. Diesem Umstand wird meines Erachtens in den meisten Publikationen indirekt durch den Hinweis auf die systemische Wirksamkeit der einzelnen Bausteine, im „lean management“-Konzept bewußt oder unbewußt Rechnung getragen. (vgl. hierzu Seidl, 1999, S. 436; Hinterhuber, 1994, S.33 ) Grundsätzlich halte ich jedoch die folgenden zwei Punkte - auch mit Blick auf Emergenz und Kontingenz bei Produktionsformen - für entscheidend. Ortmann gibt zum Verhältnis der unterschiedlichen "lean"-Bausteine, hier in zwei große Gruppen geteilt, folgendes zu bedenken: „ Vielleicht stehen beide in einem Verhältnis wechselseitiger Ermöglichung, derart, daß die Riskanz der Null-Puffer-Null-Fehler-Organisation mit ihren festen Kopplungen durch die Qualifikation, Lernfähigkeit und Fähigkeit zu Wissensproduktion mit ihren Redundanzen ermöglicht wird und vice versa?". Und wirklich interessant an „lean production“ war für Minssen „ein Abrücken von bisher verfolgten Rationalisierungsleitlinien. “ (vgl. Minssen, 1993, S. 47) So betrachtet, war das Toyota-Werk geprägt durch einen in dieser Weise neuen Mix an „lean“ und „buffered“ organisierten Prozessen. Der Erfolg war dann aber möglicherweise Ergebnis der „emergenten Sicherheit“ der gesamtbetrieblichen Organisation. Toyota als gesamtes Unternehmen war nicht „lean“.13
Literaturverzeichnis
Bauer R.: Brüchige Strukturen, Theoretische Grundlagen postmoderner Organisationsforschung, Linz, 1992
Bierhoff H.: Vertrauen in Führungs- und Kooperationsbeziehungen. In: Kieser A., Reber G. et al. (Hrsg.)HWFÜ, 2. Aufl., Stuttgart, 1995
Bleicher K.: Potentiale Entdecken. In: Gablers Magazin, Wiesbaden, 1994
Bösenberg D., Metzen H.: Lean Management, Vorsprung durch schlanke Konzepte, Landsberg/Lech, 1995
Gemünden H. , Heydebreck P.: Geschäftsbeziehungen in Netzwerken. In: (Kleinaltenkamp M., Schubert K. (Hrsg.): Netzwerkansätze im Business-to-Business-Marketing, Wiesbaden, 1994
von Glasersfeld E.: Radikaler Konstruktivismus: Ideen, Ergebnisse, Probleme, Frankfurt am Main 1997
Groth U., Kammel A.: 13 Stolpersteine vor dem schlanken Unternehmen. In: Harvard Business manager, Hamburg, 1993
Hinterhuber H. , Aichner H., Lobenwein W.: Unternehmenswert und Lean Management; Wie ein Unternehmen den Nutzen für alle Stakeholders erhöht, Wien, 1994
Kieser A.: Die MIT-Studie zur Automobilindustrie, oder: Wie man eine Revolution anzettelt. In: Bungard W. (Hrsg.): Lean Management auf dem Prüfstand, Weinheim, 1995
Krafcik J. F.: Triumph of the Lean Production System. In: Sloan Management Review Fall, Cambridge, MA, 1988,
Liebhart U.: Netzwerke - eine organisationale Herausforderung? In: Hernsteiner, Fachzeitschrift für Management Entwicklung, Wien, 1997
Loos U.: Die schlanke Zulieferung. In: Wildemann H. (Hrsg.): Lean Management: Strategien zur Erreichung Wettbewerbsfähiger Unternehmen, Frankfurt, 1993
Maturana H., Varela F.: Der Baum der Erkenntnis, 1. Auflage, Bern, Wien, 1987
Minssen H.: Lean Production - Herausforderung für Industriesoziologie, in: Arbeit. Zeitschrift für Arbeitsforschung, Arbeitsgestaltung und Arbeitspolitik 2
Ortmann G.: Formen der Produktion, Opladen, 1995
Payer D.: Soziale Netzwerke, Diplomarbeit, Wien, 1993
Scholz Chr.: Lean Management, WiSt, 1994
v. Eckardstein, Seidl M., In: v. Eckardstein, Kasper, Mayerhofer . (Hrsg.): Management: Theorien - Führung -Veränderung, Stuttgart, 1999
Sydow J.: Strategische Netzwerke, Wiesbaden, 1992
Wildemann H.: Zulieferer: Im Netzwerk erfolgreich. In: Harvard Business magagerin HBM, Zulieferer: im Netzwerk erfolgreich, Hamburg, 1998
Williams K., Harlam ., Williams J., Cutler T., Adcroft A., Johal S.: Against lean production, in: Economy and Society 21, 1992
Womack J. P., Jones D. T., Roos D.: Die zweite Revolution in der Autoindustrie, 8. Aufl., Frankfurt/Main; New York, 1994
Wuthrich H., Philipp A., Frentz H.: Vorsprung durch Virtualisierung: Lernen von virtuellen Pionierunternehmen, Wiesbaden, 1997
Zimmermann S., Winkler G.: Strategische Netzwerke als Chance. In: Gablers Magazin, Wiesbaden, 1998
[...]
1 Zum Begriff von Organisation und Struktur sei hier auf die Definition von Maturana/Varela verwiesen: „Unter Organisation sind Relationen zu verstehen, die zwischen den Bestandteilen von etwas gegeben sein müssen, damit es als Mitglied einer bestimmten Klasse erkannt wird. Unter Struktur von etwas werden die Bestandteile und die Relationen verstanden, die in konkreter Weise eine bestimmte Einheit konstituieren und ihre Organisation verwirklichen.“ (vgl. Maturana, Varela, 1987, S. 54) Diese Verwendung der beiden Termini wird in der gesamten Arbeit beibehalten.
2 In einer Fußnote wird hier der Ursprung des Begriffes „lean“ - als Gegensatz zu „buffered“ auf die Terminologie „robust“ und „fragile“ der beiden Wissenschaftler Haruo Shimada und John Paul MacDuffie weiter zurückgeführt. Beide arbeiteten wie Krafcik selbst am International Motor Vehicle Program des MIT( vgl. Krafcik, 1988, S. 43 )
3 Ob es nun sinnvoll oder überhaupt möglich ist, einen Prozeß in „lean“ oder „buffered“ (im Sinne von entweder oder) einzuteilen, oder ob es besser wäre in Relationen wahrzunehmen (im Sinne von „Prozeß A bei Firma X ist „leaner“ als Prozeß A bei Firma Y) sei hier dem Beobachter überlassen.
4 Vielfach wurde Kritik an dieser Publikation geübt (vgl. hierzu Kieser, 1995, S. 37 ff.; auch Williams u. a., 1992, S. 328, 331, 333 ff., ). Diese jedoch im Rahmen dieser Arbeit näher zu behandeln wäre weder sinnvoll noch nötig. Ich halte mich an Ortmann, der schreibt: „Längst jedenfalls hat sich „lean production“ als Erkläruns- und Gestaltungskonzept im innerwissenschaftlichen Diskurs als hinlänglich seriös und viabel erwiesen - nicht zuletzt durch die Ernsthaftigkeit seiner Kritiker.“ (vgl. Ortmann, 1995, S. 347)
5 Als Begründung für diese Entwicklung geben die meisten Publikationen zu diesem Thema leicht unterschiedliche, mehr oder weniger wahrscheinliche Gründe an. (vgl. Groth, Kammel, 1993, S. 115; Scholz, 1994, S.180; Bösenberg, Metzen, 1993, S. 9; Hinterhuber, Aichner, Lobenwein, 1994, S. 33 ).
6 Die Definition erfolgt bei den verschiedenen Autoren nicht immer ganz deckungsgleich, aber in den Kernaussagen doch in die gleiche Richtung abzielend (vgl v. Eckardstein. Seidl, 1999, S.436 ff; vgl. Scholz, 1994, S. 183 ff.; Bösenberg, Metzen, 1993, S.67ff; Womack Jones, Roos, 1994, S. 77 - 234).
7 Soweit also die gängigsten Beschreibungen und Definitionen des Begriffes. Wie sich jedoch dieses Kontinuum von „spontaner Ordnung“ über „Vertrauen“ zu „Hierarchie“ genau definiert ist nicht klar. Viel eher scheint die Leitdifferenz „Mitgliedschaft“ als Rechtfertigung dieses Kontinuums zuzutreffen. Dann erscheinen die einzelnen Koordinationsmechanismen vieleher als „Ergebnis“ der unterschiedlich festen Mitgliedschaft. Sozialwissenschaftlich wäre diese Einteilung dann jene nach dem Motto „mehr oder weniger Soziales System mit klarer Innen-Außen Begrenzung“ mit einem eigenen Begriff (dem des Netzwerkes) für eine mitunter recht spannende große Gruppe von Varianten (vgl. Payer, 1993, S. 59; Liebhart, 1997 S. 10). „Eine umfassende Theorie dieser Organisationsform fehlt bislang“ (vgl. Sydow, 1992, S. 125 ; Bauer, 1996, S. 281), was die Sache auch nicht gerade erleichtert. Für diese Arbeit ist aber die oben angeführte „Definiton“ ausreichend.
8 Dies mag für den Leser im ersten Moment auf zwei Arten Unbehagen erwecken. Zum einen erweckt es den Anschein von Unschlüssigkeit bzw. „Sich-nicht-Festlegen-Wollen“ durch den Autor. Zum anderen liegt es dann wieder am Leser, sich mit zwei „Alternativen“ auseinanderzusetzen. Ich möchte als Antwort darauf einen Vergleich bringen, bei dem jemand die Frage zu klären versucht, inwiefern die Bilder des Künstlers Picasso Kunst seien. Bei der Definition von Kunst mögen zwei „Alternativen“ besonders häufig auftauchen. Einerseits mag alles künstlerische mit dem Schaffen von etwas „völlig Neuem“ zu tun haben. Andererseits mag es sich dadurch definieren, daß es auf Kunstmärkten Käufer findet. Ich halte es in diesem Fall nicht für Unschlüssigkeit, wenn beide Definitionen bei der Beantwortung der ursprünglichen Fragestellung aufrecht erhalten werden, sondern für die sorgfältige Beachtung realer Tatsachen und auch eine Frage persönlicher Wertigkeit.
9 Das Zitat stammt aus dem Kapitel „Die Koordinierung der Zulieferkette“, das sich noch wesentlich detaillierter mit diesem Thema auseinandersetzt. „Dieses Kapitel basiert hauptsächlich auf der Forschung von Toshihiro Fujimoto und Richard Lamming“ (vgl.Womack, Jones, Roos, 1994, S. 145)
10 eine Entwicklung, die ich für bedenklich im Sinne der emergenten Wirkungsweise der „Lean“-Bausteine und riskant im Sinne der praktischen Umsetzung aufgrund präskriptiver Management Literatur halte.
11 Dieser Schluß passt recht gut zu der Aussage, daß „nunmehr einzelne Teile, des LM unter neuem Namen mit neuem Fokus verselbständigt haben und vor einem neuen - im LM gewonnenen und bislang noch wenig systmeatisierten Erfahrungshintergrund - diskutiert werden. (vgl. v. Eckardstein, Seidl, 1999, S. 459)
12 Es soll noch einmal darauf hingewiesen werden, daß „lean“ eben nicht „erfolgreich“ bedeutet. Selbst wenn das Vertrauen nichts kosten würde (was nicht anzunehmen ist, denn Vertrauen bekommt man normalerweise nicht geschenkt - im besten falle kostet es „nur“ Zeit) wäre das nicht mehr „lean“.
13 An diesem Punkt taucht nun ein Problem auf. Treibt man den „lean“ Begriff, so wie Krafcik ihn geprägt hat auf die Spitze, so kann man argumentieren, daß „lean“ den Zerfall jeglicher geplanter zwischenbetrieblicher Zusammenarbeit an sich darstellt. Die Konsequenz einer so scharfen Trennung zwischen "lean“ und „buffered“ ist jedoch, daß der Beobachter eine Leitdifferenz konstruiert, die jede Unternehmensorganisation als „buffered“ wahrnimmt. Dieser Umstand verlangt nach einer Auflösung, für die es mindestens zwei Varianten gibt. Eine stellt die Entwicklung eines weniger starren „lean“-Begriffes dar. Dies scheint meines Erachtens mit der Entwicklung des Begriffes „Lean Management“ passiert zu sein (obschon das nicht der einzige Grund dafür ist). Die zweite Variante beläßt die scharfe Begriffsabgrenzung der Leitdifferenz, setzt aber bei der „Beschreibung realer Beobachtungsgegenstände“ eine mehrwertige Logik voraus. Jeder Prozeß oder jede Unternehmenszusammenarbeit ist dann mehr oder weniger „lean“ im Bezug auf ein dem Beobachter als relevant erscheinendes Merkmal. Die Konstruktionstätigkeit des Beobachters ist evident.
- Quote paper
- Gerald Bauer (Author), 1999, Lean Management - Netzwerke - die Klaerung einer Relation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95373
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