Diese Hausarbeit versucht eine Interpretation der Reichssprüchen von Walther von der Vogelweide, die die Bedingungen deren Entstehung und Vortrag berücksichtigt.
Als fahrender Sänger hatte Walther im politischen Aktionsraum nicht von Anfang an einen Platz. Die Reichssprüche waren wahrscheinlich die ersten politischen Sang-sprüche in der höfischen Sphäre. Sie entstanden um 1200, zu einer Zeit ohne fest geschriebene Verfassung, ohne staatliches Gewaltanwendungsmonopol. fride und reht wurden nicht durch schriftlich fixierte Regeln, sondern durch andere Mechanismen gewahrt und stabilisiert. Im mittelalterlichen Personenverbandsstaat war "jedes soziale Handeln politisch Handlungsberechtigter potentiell Politik" , für jeden Träger von Macht war seine êre dabei das höchste Gut und sicherte entscheidend seinen status, seinen Rang in der Gesellschaftsordnung.
Auch die Reichssprüche richten sich nach den ungeschriebenen Gesetzen, die das politische Handeln zu Walthers Zeit bestimmten. In ihnen manifestiert sich die Beziehung Sänger- Gönner- Publikum. Der Schwerpunkt der Interpretation liegt nicht auf dem Inhalt, sondern auf formalen Aspekten, die es erlauben, die Reichssprüche in den Kontext der politischen Kommunikation einzuordnen.
Im ersten Teil sollen die Entstehungsbedingungen von Literatur im Mittelalter im allgemeinen und der Reichssprüche im besonderen knapp umrissen werden. Die Bedingungen von Entstehung und Aufführung der Reichssprüche sind zentral für ihre Interpretation. Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Interpretation der Reichssprüche. Der Blick richtet sich mehr auf Formen und Stilmittel, weniger auf den Inhalt. Die Zusammenfassung greift noch einmal die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung auf.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Entstehung und Aufführung
- Auftragsdichtung?
- Der Vortrag
- Orale Noetik?
- Die Reichssprüche
- Sprecherrollen
- Bildlichkeit
- Zusammenfassung
- Literaturliste
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit einer Interpretation der Reichssprüche von Walther von der Vogelweide, unter Berücksichtigung der Entstehungsumstände und des Vortrags. Das zentrale Anliegen ist es, die Reichssprüche in den Kontext der politischen Kommunikation des Mittelalters einzuordnen und die Bedeutung ihrer formalen Aspekte zu beleuchten.
- Die Entstehung und Aufführung der Reichssprüche im Kontext der mittelalterlichen Literatur
- Die Rolle des Gönners und des Publikums in der politischen Sangsprüche
- Die Bedeutung des Vortrags und der oralen Überlieferung für die Interpretation der Reichssprüche
- Die formalen Aspekte der Reichssprüche als Ausdruck der politischen Kommunikation
- Die Reichssprüche als Spiegelbild der staufischen Gesellschaftsordnung und ihrer ungeschriebenen Gesetze
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung liefert einen Überblick über die Forschungsfrage und den Fokus der Interpretation der Reichssprüche. Sie beleuchtet die Rolle des fahrenden Sängers im mittelalterlichen Personenverbandsstaat und die Bedeutung der ungeschriebenen Gesetze für die politische Kommunikation.
Kapitel 1 befasst sich mit den Entstehungsbedingungen von Literatur im Mittelalter, insbesondere der Reichssprüche. Es beleuchtet die Frage nach der Auftragsdichtung und die Rolle des Publikums für die Entstehung und Interpretation. Weiterhin wird die Bedeutung des Vortrags für die Reichssprüche und die mündliche Überlieferung im Mittelalter analysiert.
Kapitel 2 analysiert die Reichssprüche im Hinblick auf ihre formalen Aspekte und Stilmittel. Der Fokus liegt auf der Bedeutung von Sprecherrollen und Bildlichkeit als Mittel der politischen Kommunikation.
Schlüsselwörter
Reichssprüche, Walther von der Vogelweide, politische Kommunikation, mittelalterliche Literatur, Auftragsdichtung, Vortrag, Orale Überlieferung, Sangspruchdichtung, staufische Gesellschaftsordnung, Gönner, Publikum, Sprecherrollen, Bildlichkeit.
- Citation du texte
- Andrea Geiss (Auteur), 2002, Die Reichssprüche von Walther von der Vogelweide. Bildlichkeit im Hochmittelalter., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9519