Die Arbeit beantwortet die Frage, warum die „Hausfrauenehe“ überhaupt als Voraussetzung für das Ehegattensplitting gesehen wird. Schon lange gibt es immer wieder Debatten über Änderungen und Alternativen des seit fast 60 Jahren erhaltene Ehegattensplitting. Eines der Argumente gegen das Ehegattensplitting ist die Förderung der Alleinverdiener-Ehe, auch umgangssprachlich „Hausfrauenehe“ genannt. Dadurch wird auch ein Fehlanreiz für Frauen gesetzt, der signalisiert, dass ihre Erwerbstätigkeit sich weniger lohne als die des Ehemannes. Genau mit diesen zwei Kritikpunkten, das vorgegebene Rollenmodell und der Fehlanreiz zur Nichterwerbstätigkeit der Ehefrau, setzt sich die vorliegende Arbeit kritisch auseinander.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Ehegattensplitting
2.1 Die Zusammenveranlagung von Ehegatten
2.2 Beschluss des Bundstages am 17. 01. 1957
2.2.1 Das Splittingverfahren nach §§26, 26b, 32a EstG
2.2.2 Der Splittingeffekt
2.2.3 Rechenbeispiele
3 Diskussion über das Profitieren am Ehegattensplitting durch die „Hausfrauenehe“
3.1 Das vorgesehene Rollenmodell
3.2 Folgen für die Erwerbstätigkeit der Ehefrau
4 Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Das größte Thema in der Politik seit den Bundestagswahlen im September 2017 war, ob die Jamaika Koalition aus den Grünen, FDP und CSU/CDU zu Stande kommt. Doch die drei Parteien erzielten keine Einigung. Dabei war eines der Diskussionsthemen das Ehegattensplitting. Die Grünen wollten dieses für neue Ehen abschaffen, da es nicht zeitgemäß, geschweige denn gerecht sei (Reisin, 20.10.2017). Schon lange gibt es immer wieder Debatten über Änderungen und Alternativen des seit fast 60 Jahren erhaltene Ehegattensplitting. Eines der Argumente gegen das Ehegattensplitting ist die Förderung der Alleinverdiener- Ehe, auch umgangssprachlich „Hausfrauenehe“ genannt und dadurch das Setzen eines Fehlanreizes für Frauen, der signalisiere, dass ihre Erwerbstätigkeit sich weniger lohne als die des Ehemannes (ebd.).
Genau mit diesen zwei Kritikpunkten, das vorgegebene Rollenmodell und der Fehlanreiz zur Nichterwerbstätigkeit der Ehefrau, setzt sich die vorliegende Arbeit kritisch auseinander und beantwortet die Frage, warum die „Hausfrauenehe“ überhaupt als Voraussetzung für das Ehegattensplitting gesehen wird.
2 Das Ehegattensplitting
2.1 Zusammenveranlagung von Ehegatten
In den 1950er Jahren wurde die Zusammenveranlagung von Ehegatten dazu verwendet um die "Ehefrauen ins Haus zurückzuführen" (Wersig, 2013, S. 16). Die Zusammenveranlagung heißt, dass das Einkommen beider Eheleute addiert und diese Summe gemeinsam versteuert wird (Spangenberg, 2005, S. 8). Also werden beide Ehepartner als "ein Steuerpflichtiger" (Wersig, 27.02.2013) behandelt. Wenn dann bei progressiven Steuertarif, der mit der vertikalen Steuergerechtigkeit beschrieben werden kann, die bedeutet, dass der Steuerzahlende in der besseren wirtschaftlichen Lage höher besteuert wird, als derjenige, der weniger Einkommen erhält, die Ehegatten zusammen veranlagt werden, kommt es zum so genannten Edukationseffekt, der zu Nachteilen für berufstätige Ehepaare im Gegensatz zur Individualbesteuerung führt (Hacke, 24. 10. 2012, Dietrich, 2007, S. 9.). Die Höhe der Bemessungsgrundlage steigt durch die Zusammenveranlagung und somit auch die Höhe des Steuersatzes (Dautzenberg, n.d.). Deswegen haben Ehepaare, bei denen beide Partner berufstätig sind, eine steuerliche Mehrbelastung (Dietrich, 2007, S.9).
2.2 Beschluss des Bundestages am 17. 01. 1957
2.2.1 Das Splittingverfahren nach §§26, 26b, 32a EStG
Am 17. 01. 1957 stellte das Bundesverfassungsgericht (BverfG) fest, dass die Zusammenveranlagung der Ehegatten, wie sie bisher gehandhabt wurde, nicht mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist (Dietrich, 2007, S. 9). Denn nach dem GG steht die Ehe "unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung" (Art. 6 Abs. 1 GG). Dies ist jedoch nicht der Fall bei der Zusammenveranlagung ohne Splittingverfahren, da die Ehe an sich nicht geschützt, sondern schlechter gestellt wurde (s. 2.1.). Das Splittingverfahren wie es heute besteht, wurde mit dem Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Ertrag und des Verfahrensrecht (Bundestag (BT), Drs. 260, 1958, S. 1) am 18. 07. 1958 eingeführt und ist ab dem 01. 10. 1958 in Kraft getreten (Dietrich, 2007, S.10). Dieses Verfahren beinhaltet, dass Ehegatten zwar immer noch zusammen veranlagt werden, jedoch das gemeinsame Einkommen in zwei gleiche Hälften gesplittet, die tarifliche Einkommenssteuer danach berechnet und anschließend verdoppelt wird (Wersig, 27.02.2013). Dieses Splittingverfahren wird bei Ehepartnern grundsätzlich angewendet, außer es wird ausdrücklich eine getrennte Veranlagung in der Steuererklärung beantragt (§ 26 Abs. 1 Satz 1 EStG). Seit 1958 besteht dieses Gesetz des Ehegattensplittings und es bestehe kein Reformbedarf (Jachmann, 2010, S. 10).
2.2.2 Der Splittingeffekt
Durch die Zusammenveranlagung mit Splittingverfahren ergibt sich ein sogenannter Splittingeffekt. Dieser Vorteil bedeutet, dass die Hälfte des Einkommens mit einem niedrigeren progressiven Steuertarif belegt wird, als die eines Ledigen (Mennel, 1974, S. 172). Daraus folgt, dass die steuerliche Entlastung gegenüber der Individualbesteuerung umso höher, je größer die Einkommensdifferenz zwischen den Ehegatten ist. (Wersig, 2013, S. 25) Wenn jedoch beide Ehepartner gleiches Einkommen haben, verfällt diese steuerliche Entlastung und das Verfahren wirkt wie eine Individualbesteuerung (Spangenberg, 2005, S. 5). Daraus folgt, dass der Splittingeffekt am höchsten bei Alleinverdiener- Ehen mit sehr hohem Einkommen ist (Wersig, 2013, S. 43). Dies wird mit der kritisierenden Wirkung des "Millionärsgattinen- Effekt" bezeichnet (Eichoff, 2011, S. 284). Also lässt sich die Höhe des Splittingeffekts an zwei Punkten festmachen: Der erste ist die Einkommensdifferenz beider Ehepartner (Boeckh, Huster, Benz, 2011, S. 296). Der zweite Faktor ist die Höhe des gemeinsam erworbenen Einkommens (Wersig, 2013, S. 25).
2.2.3 Rechenbeispiele
Zum besseren Verständnis werden zwei Rechenbeispiele aufgeführt. Zuerst erzielt der Mann ein Einkommen von 50.000 €. Die Frau erhält jedoch gar kein Einkommen. Wenn man beide Einkommen addiert, dieses dann halbiert, kommt man auf 25.000€, die mit 3.913€ nach der Einkommensteuergrundtabelle 2017, versteuert werden. Der versteuernde Betrag wird verdoppelt. Damit ist das Ergebnis 7.826€. Wenn jedoch der Mann eine Einzelveranlagung wählen würde, käme man nach der Einkommenssteuergrundtabelle auf eine Einkommenssteuer von 12.561€. Somit liegt der Splittingeffekt, die Differenz zwischen Einzelveranlagung und Zusammenveranlagung mit Splittingverfahren, bei 4.736€.
Jetzt verdienen Mann und Frau den gleichen Betrag von 25.000 €. Bei einer Zusammenveranlagung mit Splittingverfahren zahlen beide 7.826€ (s. 1. Beispiel). Wenn man die getrennte Veranlagung wählt, ergibt sich für den Mann als auch für die Frau eine Einkommenssteuer in der Höhe von 3.913€, was zusammen auch wieder 7.826€ ergibt. Das wiederum bedeutet, dass der Splittingvorteil verfällt.
3 Diskussion über das Profitieren am Ehegattensplitting durch die „Hausfrauenehe“
3.1 Das vorgesehene Rollenmodell
An den vorher aufgezeigten Rechenbeispielen (s. 2.2.3) wird deutlich, dass der höchste Splittingeffekt bei einem Alleinverdiener mit hohem Einkommen zustande kommt (Wersig, 2013, S. 43). Das Ehegattensplitting wurde in der Absicht als „besondere Anerkennung der Aufgabe der Ehefrau als Hausfrau und Mutter“ (Bundestag, 1958, S. 34) gekennzeichnet. Deswegen wird davon ausgegangen, dass der Ehemann voll erwerbstätig ist und die Ehefrau auf Minijobbasis oder überhaupt nicht arbeitet (Boeckh et al., 2011, S. 296). Dieses Rollenmodell ist eine gesellschaftliche Norm und wird deswegen im Steuerrecht, als auch in der Politik geprägt (Wersig, 2013, S. 63). Im Bundestag heißt es ebenfalls, dass die geringfügige Beschäftigung meist von der Ehefrau ausgeführt wird und damit in Verbindung mit dem Ehegattensplitting eine traditionelle Rollenverteilung stärkt (BT, Drs. 17/6240, 2011, S. 81). Diese mittlerweile veraltete Rollenverteilung wird auch als „Hausfrauenehe“ bzw. die Benachteiligung der erwerbstätigen Ehefrau als „Hausfrauen Effekt“ bezeichnet (Boeckh et al., 2011, S. 296; Mennel, 1974, S. 175). Gleichzustellen sind die Begriffe mit dem Ernährermodell, was das Verhältnis in einer Familie bezeichnet, in dem der Ehemann einer bezahlten beruflichen Tätigkeit nachgeht, im Gegensatz zu der Ehefrau, die in erster Linie familiäre Reproduktionsarbeit leistet und höchstens einen Zuverdienst erwirbt (Oschmiansky Frank, Kühl Jürgen, Obermeier Tim, 11.08.2014). In einer sozialwissenschaftlichen Studie gilt Deutschland im internationalen Vergleich als konservativer Wohlfahrtsstaat, in dem die Rolle der Frau als Mutter und Ehefrau im Vordergrund steht (Pinl, 29.10.2003).
Andrerseits wird die unbezahlte Arbeit und die Leistungen der Hausfrau berücksichtigt und somit wertgeschätzt. (Wersig, 2013, S.16f.) Wersig zufolge bevorzuge diese Regelung kein bestimmtes Rollenmodell, sondern ermögliche die arbeitsteilige Ehe. Sie erlaube Eheleuten, selbst zu entscheiden, wie sie ihre Arbeitsteilung gestalten wollen. Entweder beide Partner tragen zum gemeinsamen Familieneinkommen bei oder es gibt einen Hauptverdiener. Es bestehe somit keine Benachteiligung der Frau als Hausfrau, da die Ehe im GG als Erwerbs- und Verbrauchsgemeinschaft (Art. 6 Abs. 1 GG) gesehen wird und somit das gemeinsame Einkommen je zur Hälfte den Partner zuzuordnen ist, egal wie viel einer von beiden erwirtschaftet hat (Wissing, 20.09.2017; Niemeier, 2012, S. 614). Ein Edukationseffekt ist zudem unzulässig da damit vor allem Art. 6 Abs. 1 GG, der die Freiheit der Privatsphäre beinhaltet, wozu auch die Entscheidung der Frau gehört, ob sie den Haushalt führen oder einen Beruf ausüben möchte, und Art. 3 Abs 2 GG, der sich darauf bezieht, dass eine Frau mit denselben Chancen eine Berufstätigkeit nachgehen kann wie ein Mann, verletzt werden.
3.2 Folgen für die Erwerbstätigkeit der Ehefrau
Wegen dieser vorgesehenen Rollenverteilung, ist eine daraus hervorgehende Fragestellung, die Auswirkungen des Ehegattensplittings auf die Entscheidung zu einer beruflichen Tätigkeit des Individuums, insbesondere der verheirateten Frau (Wersig, 2013, S.44). Denn jede Ehefrau, die sich dafür entscheidet zu arbeiten, lässt das gemeinsame Einkommen mit steigender Progression höher werden, so dass sich der Spareffekt verringert (Mennel, 1974, S. 176). Also muss sich die Ehefrau, als zweite Einkommensbezieherin, den Splittingvorteil, der bei einer Einverdienerehe sehr hoch ausfällt, wieder zurück verdienen (Wersig, 2013, S. 63; Vollmer, 1998, S. 128). Deswegen weise die Zusammenveranlagung mit Splittingtarif weiterhin einen Edukationseffekt für erwerbstätige Ehefrauen auf, der vom Bundesverfassungsgericht 1957 beanstandet wurde (Wersig, 2013, S.152; BVerfG, 07.05.2013). Das Ehegattensplitting erweist sich als Behinderung der gleichberechtigten Arbeitsteilung zwischen Eheleuten und fördert die Ein- oder Zuverdiener- Familie, da für den Ehepartner mit geringerem Einkommen die Schere zwischen Brutto und Netto sehr hoch ist (Klammer, 20.09.2017). Dieser ist nach Klammer meist die Ehefrau, die somit eine Schwächung der Karrieremöglichkeit, als auch Renten- und Einkommensrisiken hinnehmen muss. Durch ein statistisch- ökonomisches Verfahren wurde ermittelt, dass diese steuerbedingte Nettolohnveränderung besonders bei Frauen negative Folgen auf den Arbeitsanreiz bedeutet, da Frauen ausgeprägter auf solche Veränderungen reagieren und somit eine höhere Arbeitsangebotselastizität haben (Wersig, 2013, S. 44). Um dieser Benachteiligung der erwerbstätigen Frau entgegenzuwirken, wird als Reformvorschlag die Individualbesteuerung von Ehegatten gefordert, wie es bereits in Österreich konsequent seit der Steuerreform 1970, im Hinblick auf die höhere Erwerbstätigkeit der Ehefrau, erfolgt (Mennel, 1974, S. 181). Das DIW kam ebenfalls zu dem Entschluss, dass nur die Individualbesteuerungen zum Anreiz der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit führt, denn jede Stunde, die die Frau mehr arbeitet, ermöglicht somit einen größeren Zuwachs des gemeinsamen Einkommens als es beim Splittingverfahren wäre (Bach Stefan, Geyer Johannes, Haan Peter, Wrohlich Katharina, 2011, S. 17).
Jedoch wird damit der negative Gesamteffekt vernachlässigt. Das gesamte Nettoeinkommen beider Partner sinkt durch die Individualbesteuerung und deswegen ist es fragwürdig ob somit der Beschäftigungsanreiz steigen würde (Niemeier, 2012, S. 616). Ebenso gibt das Ehegattensplitting nicht vor wie die Arbeitsteilung in einer Ehe geschieht und somit könnte auch die Frau als Hauptverdienerin gesehen werden (Wersig, 2013, S. 16). Die Individualbesteuerung würde auch nicht mit dem Art. 6 Abs. 1 GG übereinstimmen, denn die Ehe wird dadurch nicht mehr geschützt. Zudem hängt die steigende Erwerbstätigkeit der Frau mit den gesamten Rahmenbedingungen zusammen, wie eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, durch zum Beispiel höheres Angebote an Kinderbetreuung (Maier, 29.03.2012). Zwar sind Mütter immer noch seltener berufstätig als Männer, jedoch zeigt sich ein Wandel in der Erwerbstätigkeitsunterbrechung nach der Geburt eines Kindes und somit ein Anstieg der Erwerbstätigkeitsquote von Müttern mit Kindern unter 15 Jahren (Oschmiansky Frank et al., 11.08.2014). Zudem lässt sich der Nichtanreiz der Frauenerwerbstätigkeit widerlegen, da ab 1995 ein kontinuierlicher Anstieg vorhanden ist und somit der Unterschied von Mann und Frau im Jahr 2010 nur noch bei 9% liegt (Männer 75 %, Frauen 66%) (Maier, 29.03.2012).
[...]
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2017, Die „Hausfrauenehe“. Eine kritische Betrachtung des Ehegattensplittings, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/951792
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