Im Rahmen dieser Ausarbeitung soll überprüft werden, inwiefern die veränderte Arbeitsbelastung und die Arbeitsbedingungen im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) während der COVID-19-Pandemie moralisch zu rechtfertigen sind. Hierzu wurden zwei Forschungsfragen erarbeitet, die im Verlauf der Ausarbeitung erläutert werden. Zunächst ist hierzu die theoretisch-sachliche Grundlage essentiell, um die Situation der Mitarbeiter des LEHs und die Umstände der Pandemie einschätzen zu können. Abschließend werden die ethischen Grundlagen für die nachfolgende Analyse erläutert. Hierbei werden Ethiktheorien Immanuel Kants und des Utilitarismus nach Jeremy Bentham und John Stuart Mill zur Untersuchung der Moralität innerhalb dieses Sachverhaltes herangezogen.
Innerhalb der Analyse werden dann die ethischen Konzeptionen auf die dargestellte Situation der Beschäftigten des LEHs vor dem Hintergrund der "Corona-Krise" bezogen. Diese Analyse erfolgt getrennt nach Ethiktheorien beginnend mit den Prinzipien KANTS. Grundsätzlich konnten im Rahmen der Untersuchung einige Ansätze zur moralischen Rechtfertigung auf Seiten KANTS so-wie auf Seiten der Vertreter des Utilitarismus gefunden und herausgearbeitet werden. Die kantische Ethik ist diesbezüglich allerdings ambivalent, weshalb sich keine eindeutige moralische Einschätzung ableiten lässt. Im Hinblick auf den Utilitarismus kann eine deutliche Haltung bezüglich der Moralität der Handlungen der Beschäftigten des LEHs erkennbar gemacht werden. Der Utilitarismus rechtfertigt die erhöhte Arbeitsbelastung und die veränderten Arbeitsbedingungen der Angestellten des LEHs mit dem größten erzeugten Nutzen für die Gemeinschaft. In einem abschließenden Fazit werden die Erkenntnisse der Analyse nochmals zusammenfassend gegenübergestellt.
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundlagenkapitel I: theoretisch-sachliche Grundlage zur Beurteilung der veränderten Arbeitsbedingungen im Lebensmitteleinzelhandel
2.1 Der Lebensmitteleinzelhandel
2.2 Die COVID-19-Pandemie
2.3 Arbeitsbedingungen und Arbeitsbelastung im Lebensmitteleinzelhandel
2.3.1 Generell
2.3.2 Während der COVID-19-Pandemie
3. Grundlagenkapitel II: ethische Grundlage
3.1 Ethische Grundbegriffe
3.2 Die kantische Ethik
3.2.1 Der hypothetische Imperativ
3.2.2 Der kategorische Imperativ
3.3 Die utilitaristische Ethik
3.3.1 Das quantitative Nutzenprinzip nach Jeremy Bentham
3.3.2 Das qualitative Nutzenprinzip nach John Stuart Mill
4. Hauptteil: moralökonomische Analyse
4.1 Einführung in die Analyse
4.2 Analyse anhand der kantischen Ethik
4.2.1 Der hypothetische Imperativ
4.2.2 Der kategorische Imperativ
4.3 Analyse anhand der utilitaristischen Ethik
4.3.1 Das quantitative Nutzenprinzip nach Jeremy Bentham
4.3.2 Das qualitative Nutzenprinzip nach John Stuart Mill
5. Fazit
Literaturverzeichnis
Zusammenfassung
Im Rahmen dieser Ausarbeitung soll überprüft werden, inwiefern die veränderte Arbeitsbelastung und die Arbeitsbedingungen im Lebensmitteleinzelhandel während der COVID-19-Pandemie moralisch zu rechtfertigen sind. Hierzu wurden zwei Forschungsfragen erarbeitet, die im Verlauf der Ausarbeitung erläutert werden. Zunächst ist hierzu die theoretisch-sachliche Grundlage essentiell, um die Situation der Mitarbeiter des LEHs und die Umstände der Pandemie einschätzen zu können. Abschließend werden die ethischen Grundlagen für die nachfolgende Analyse erläutert. Hierbei werden Ethiktheorien Immanuel Kants und des Utilitarismus nach Jeremy Bentham und John Stuart Mill zur Untersuchung der Moralität innerhalb dieses Sachverhaltes herangezogen. Innerhalb der Analyse werden dann die ethischen Konzeptionen auf die dargestellte Situation der Beschäftigten des LEHs vor dem Hintergrund der „Corona-Krise“ bezogen. Diese Analyse erfolgt getrennt nach Ethiktheorien beginnend mit den Prinzipien Kants. Grundsätzlich konnten im Rahmen der Untersuchung einige Ansätze zur moralischen Rechtfertigung auf Seiten Kants sowie auf Seiten der Vertreter des Utilitarismus gefunden und herausgearbeitet werden. Die kantische Ethik ist diesbezüglich allerdings ambivalent, weshalb sich keine eindeutige moralische Einschätzung ableiten lässt. Im Hinblick auf den Utilitarismus kann eine deutliche Haltung bezüglich der Moralität der Handlungen der Beschäftigten des LEHs erkennbar gemacht werden. Der Utilitarismus rechtfertigt die erhöhte Arbeitsbelastung und die veränderten Arbeitsbedingungen der Angestellten des LEHs mit dem größten erzeugten Nutzen für die Gemeinschaft.
In einem abschließenden Fazit werden die Erkenntnisse der Analyse nochmals zusammenfassend gegenübergestellt.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Absatz einzelner ausgewählter Produkte im Lebensmitteleinzelhandel seit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Häufige körperliche Anforderungen abhängig Beschäftigter im Vergleich
Tabelle 2: Häufige psychische Anforderungen abhängig Beschäftigter im Vergleich
Tabelle 3: Anzahl gesundheitlicher Beschwerden abhängig Beschäftigter im Vergleich
Tabelle 4: Absatz von ausgewählten Verbrauchsgütern - Veränderung gegenüber dem Zeitraum August 2019 zum ersten Quartal 2020
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Am 18. März 2020 veröffentlichte das Presse- und Informationsamt der deutschen Bundesregierung eine Fernsehansprache der Bundeskanzlerin hinsichtlich der COVID-19-Pandemie und der damit einhergegangenen Veränderungen des öffentlichen Lebens, welche von über 25 Millionen Menschen1 gesehen wurde. Aufgrund der schnellen Ausbreitung des Virus und der dramatischen Entwicklung in anderen europäischen Ländern, wie Italien und Frankreich, sahen sich die Bundes- und Landesregierungen Deutschlands dazu gezwungen, Regelungen und Vorschriften über das Zusammenleben in der Gesellschaft zu erlassen und dieses soweit wie möglich auf das Minimum zu beschränken. Sie zielten auf den privaten und öffentlichen Umgang miteinander, die Arbeitssituation vieler Beschäftigter sowie auf Bildungseinrichtungen und andere Grundsäulen des täglichen Lebens ab. Ziel dieser neuen Verordnungen auf Landes- und Bundesebene war es, die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus, beispielsweise durch „Social Distancing“ zu verlangsamen, um einen Kollaps der medizinischen Einrichtungen des Landes zu verhindern und die gesundheitliche Versorgung weitestgehend aufrecht erhalten zu können. Aufgrund der neuen Erlässe änderte sich insbesondere die Arbeitssituation vieler Erwerbstätiger, da Produktionen stillgelegt wurden und viele Geschäfte geschlossen blieben. Weiterhin für die Bürger*innen geöffnet blieben unter anderem jedoch Betriebe der Lebensmittelversorgung. Gemeinsam mit einigen anderen Berufsgruppen waren die Beschäftigten des Lebensmitteleinzelhandels (folgend LEH genannt) geforderter denn je, da eine sich ausbreitende Unsicherheit innerhalb der Bevölkerung zu sog. „Hamsterkäufen“ und damit zu erheblicher Mehrarbeit in Logistik und Verkauf der Produkte führte. In der bereits angesprochenen Fernsehansprache Angela Merkels betonte auch sie die Wichtigkeit dieser Beschäftigten:
„Und lassen Sie mich auch hier Dank aussprechen an Menschen, denen zu selten gedankt wird. Wer in diesen Tagen an einer Supermarktkasse sitzt oder Regale befüllt, der macht einen der schwersten Jobs, die es zurzeit gibt. Danke, dass Sie da sind für ihre Mitbürger und buchstäblich den Laden am Laufen halten“2.
In Zeiten der COVID-19-Pandemie kommt es daher zu einer wesentlichen Verlagerung der Verantwortung und auch der Arbeitsbelastung innerhalb aller Berufsgruppen des (deutschen) Wirtschaftssystems. Einige, wie die der Gesundheits- oder Lebensmittelversorgung, sind dazu angehalten, ungeachtet der eigenen privaten Gegebenheiten, zum Wohle der Gesellschaft mehr zu leisten als andere, die aufgrund von Betriebsschließungen oder Kurzarbeit keinen wesentlichen Anteil zur Verbesserung der kritischen Situation oder zur Aufrechterhaltung der lebensnotwendigen Versorgungsleistungen beitragen. So stellen sich aus moralischer Sicht mehrere Forschungsfragen, welche lauten: Welche moralische Rechtfertigung kann es hinsichtlich der veränderten Arbeitsbelastung und Arbeitsbedingungen im LEH aufgrund der COVID-19-Pandemie geben? Ist es moralisch, dass die Mitarbeiter des LEHs vor dem Hintergrund der „Corona-Krise“ deutlich mehr Arbeit leisten als andere Beschäftigte? Diese Fragen der moralischen Rechtfertigung der aktuellen Situation vieler Beschäftigter des LEHs sollen im Vordergrund dieser Arbeit stehen. Besonders hervorzuheben ist zudem, dass vorrangig die Situation in Deutschland in den Monaten Februar, März und April des Jahres 2020 betrachtet wird.
Zunächst sollen in zwei Grundlagenkapiteln die theoretische Basis der moralökonomischen Analyse erläutert werden. Im ersten Grundlagenkapitel wird die theoretisch-sachliche Grundlage beleuchtet, indem auf den LEH als Branche, die COVID-19-Pandemie sowie auf die Arbeitsbedingungen und Arbeitsbelastungen der Beschäftigten des LEHs generell und vor dem Hintergrund der „Corona-Krise“ eingegangen wird. Im zweiten Grundlagenkapitel sollen dann zunächst ethische Grundbegrifflichkeiten erläutert und zudem zwei grundlegende ethische Theorien beleuchtet werden. Zum einen die Ethik Kants, hier insbesondere die Konzeptionen der hypothetischen und kategorischen Imperative und zum anderen die utilitaristische Ethik, welche durch die Theorien von Jeremy Bentham und John Stuart Mill dargestellt wird. Hierbei unterscheiden sich die Theorien von Bentham und Mill anhand ihrer Betrachtungsweise auf das dem Utilitarismus zugrundeliegende Nutzenprinzip, weshalb hier eine Unterteilung beider Vertreter erfolgt. Im Hauptteil der Arbeit folgt dann die moralökonomische Analyse, in welcher auf die bereits aufgeworfenen Forschungsfragen Bezug genommen wird und der dargestellte Sachverhalt innerhalb des LEHs aus mehreren Perspektiven mithilfe der kantischen und der utilitaristischen Ethik moralisch bewertet werden soll. Abschließend soll ein Fazit die Erkenntnisse der Analyse zusammenfassend gegenüberstellen sowie mögliche Entwicklungen nach der Pandemie beleuchten.
2. Grundlagenkapitel I: theoretisch-sachliche Grundlage zur Beurteilung der veränderten Arbeitsbedingungen im Lebensmitteleinzelhandel
2.1 Der Lebensmitteleinzelhandel
Zu Beginn wird der LEH als Subbranche des Einzelhandels näher beleuchtet. Es sollen Triebkräfte und Charakteristika des Marktes sowie der einzelnen Unternehmen und Arbeitstätigkeiten dargestellt werden. Hierbei erfolgt die Betrachtung von der Makro- zur Mikroebene. Aktuelle Branchenkennzahlen geben dabei einen Überblick über die Wettbewerbssituation innerhalb des LEHs und die Wichtigkeit dessen im gesamten Wirtschaftsgefüge. Abschließend werden noch kurz die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie seit Februar 2020 auf die Teilsparte des Einzelhandels erläutert.
Innerhalb der Handelsbranche ist zunächst zwischen Groß- und Einzelhandel zu unterscheiden. Der Großhandel vertreibt Produkte an gewerbliche Kunden, welche die Waren wiederum an den Endverbraucher verkaufen. Der Einzelhandel hingegen veräußert die Handelsgüter direkt an den privaten Konsumenten3. Im Folgenden werden ebendiese Betriebe des Nahrungsmittelhandels näher betrachtet.
Laut Statistischem Bundesamt erzielte der gesamte deutsche LEH im Jahr 2018 rund 27 Mrd. EUR Umsatz, woraus 8,9 Mrd. EUR Rohertrag resultierten. Insgesamt sind in Deutschland 40.501 Unternehmen des LEHs angesiedelt. In diesen Betrieben werden 310.889 Personen beschäftigt, davon 183.183 in Teilzeit, was einer Teilzeitquote von 59% entspricht. Legt man den gesamten Umsatz des Jahres 2018 auf die einzelnen Mitarbeiter um, so erwirtschaftete jeder Beschäftigte 87.000 EUR der Wertschöpfung. Des Weiteren steigen die Umsatzzahlen fortlaufend, was sich durch einen inflationsbereinigten Anstieg von 1,4% zwischen 2018 und 2019 zeigt4. Innerhalb des Einzelhandels sind rund ein Fünftel aller Betriebe im Lebensmittelhandel tätig5, was die Wichtigkeit dieser Teilsparte als Säule des privaten Konsums im Wirtschaftsgefüge verdeutlicht.
In Zahlen ausgedrückt wird die Bedeutsamkeit des LEHs für die privaten Verbraucher noch klarer: es werden 41 Mio. Haushalte und damit 82,5 Mio. Menschen und 34,3 Mio. Heimtiere mit einer Auswahl von bis zu 60.000 Artikeln an 37.000 Standorten versorgt6. Durch dieses dichte Netz an Einkaufsstätten bewirkt der LEH Versorgungssicherheit für die Verbraucher.
Die übrigen Marktteilnehmer des Lebensmittelhandels, wie Lieferanten und Hersteller, sind vor allem mit einem aggressiven Preiswettbewerb und der zunehmenden Aus- „Nutzung von Marktmachtpositionen“7 konfrontiert. Innerhalb des Marktes sind die verschiedenen Unternehmen demnach einer stetig währenden Unsicherheit ausgesetzt, aufgrund der Konstruktion des Marktes und der umkämpften Marktanteile. Eine Vielzahl an Konkurrenten verschärft die Situation zudem.
Durch den Einsatz der Kernkompetenzen des Handels wie Warenbeschaffung, Sortimentsbündelung und Vertrieb werden täglich 48 Mio. Menschen in der Bundesrepublik Deutschland mit lebensnotwendigen Gütern versorgt. Zudem übernimmt der LEH auch weitere wichtige Aufgaben wie Qualitätssicherung und Kommunikation8.
Der LEH greift auf verschiedene Betriebsformen, offline wie auch online, zum Absatz der Produkte zurück. Der Sortimentseinzelhandel, welcher in dieser Ausarbeitung im Vordergrund steht, kann in SB-Warenhäuser, Supermärkte, Discounter und Warenhäuser untergliedert werden9.
Hierbei differenzieren sich die Betriebsformen in der Größe ihrer Verkaufsfläche und im Sortiment. Beispielsweise vertreiben Supermärkte überwiegend Nahrungsmittel und ein kleineres Randsortiment anderer Warengruppen auf einer Fläche von 100 bis 1000 qm. Die nächstgrößere Betriebsform stellen die Warenhäuser dar, die sich oft in Ortsrandlage oder Gewerbegebieten verorten lassen. Sie bieten ebenfalls überwiegend Nahrungsmittel an, verfügen allerdings zusätzlich über ein breites Sortiment an Non-Food-Waren10.
Diese Betriebsformen sind insbesondere darauf auslegt den verbraucherseitigen Wunsch nach One-Stop-Shopping zu erfüllen. Diese Art von Einkaufsverhalten zielt darauf ab, den gesamten Lebensmitteleinkauf in einem Geschäft zu erledigen. Durch die ständige Anpassung der Sortimente und Warengruppen versucht der LEH dem gerecht zu werden11.
Zu den Vertriebswegen des LEHs gehören außerdem der ambulante Handel wie auf Wochenmärkten oder in Verkaufswägen und der Internet- und Versandhandel12, welcher eine immer größere Rolle spielt.
Unabhängig von der Betriebsform, in der man beschäftigt ist, gehören zu den Arbeitstätigkeiten im LEH das Sortieren, Klassieren und Zusammenstellen der Waren sowie Kassiervorgänge und Tätigkeiten der Lagerung und Logistik innerhalb des Betriebes13. Eine genauere Beschreibung der Arbeitsbedingungen erfolgt in einem der nachstehenden Kapitel.
Letztlich fehlt nun noch die Einschätzung der wirtschaftlichen Auswirkungen auf den LEH generell durch die COVID-19-Pandemie. Da zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Ausarbeitung lediglich einige Daten über die wirtschaftlichen Veränderungen seit dem Ausbruch der Pandemie zur Verfügung standen, wurde der Februar 2020 in diesem Kapitel als Betrachtungszeitpunkt gewählt. Im Verlauf der nachfolgenden Monate können sich weitere Effekte herauskristallisieren, allerdings fehlt hierzu noch die wissenschaftliche Grundlage. Das Statistische Bundesamt veröffentlichte diesbezüglich unter anderem die Veränderung der Verkaufszahlen des Einzelhandels im Vergleich zu Februar 2019. Die Einzelhandelsunternehmen setzten preisbereinigt 6,4% mehr um als zur gleichen Zeit im Vorjahr. Es ist allerdings anzumerken, dass der Februar 2020 vergleichsweise zum Vorjahr mit 25 Verkaufstagen einen zusätzlichen Vertriebstag hatte14. Weitere Konsequenzen der Pandemie, vor allem auf die Beschäftigten der Branche, werden in einem nachfolgenden Teil der Arbeit betrachtet. Zunächst sollen allerdings der Verlauf und einige ausgewählte Fakten zur sog. „Corona-Krise“ in ausreichendem Maße beschrieben werden.
2.2 Die COVID-19-Pandemie
Die COVID-19-Pandemie hat sich zu einer weltweiten Herausforderung in medizinischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Sicht entwickelt. Seit der ersten bekannten Infektion im chinesischen Wuhan sind wenige Monate vergangen. Im Folgenden werden die chronologische Entwicklung der Pandemie sowie besonders Betroffene, Arten von Übertragungen, Symptome und mögliche Schutzmaßnahmen beleuchtet. Der Fokus liegt auf den Konsequenzen für die Wirtschaft und das öffentliche Leben durch politische Verordnungen.
Der Virenstamm der sog. Coronaviren wurde bereits in den Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts entdeckt. Diese Art von Viren kann sowohl Menschen als auch Tiere infizieren, wodurch im menschlichen Organismus erkältungsartige Krankheitsverläufe auftreten können15. Das derzeit kursierende neuartige Virus wurde am 11. Februar 2020 in SARS-CoV-2 benannt. SARS ist eine Abkürzung für „Schweres Akutes Atemwegssyndrom“ und löst bei den Infizierten die Erkrankung COVID-19 (Corona Virus Disease 2019) aus. Es wird angenommen, dass Fledermäuse und andere Wildtiere der Ursprung des Virus sind. Diese wurden auf dem Huanan-Seafood-Market in der chinesischen Stadt Wuhan verzehrt und somit auf den menschlichen Organismus übertragen16. Die Verbreitung erfolgt unter Menschen über die Tröpfcheninfektion. Besonders zügig findet die Übertragung über die Schleimhäute in Nase und Mund statt, aber auch durch die Berührung der Hände17. Laut Robert-Koch-Institut geht man nach den aktuellen Erkenntnissen von einer Inkubationszeit von bis zu 14 Tagen aus, im Durchschnitt bricht die Krankheit allerdings bereits nach drei bis sieben Tagen aus18. Der klinische Verlauf der COVID-19-Erkrankung ist grundsätzlich nicht bei jedem Infizierten einheitlich. Es können lediglich leichte Erkältungssymptome auftreten bis hin zu einem schweren Versagen der Atemwegsorgane wie Lunge und Bronchien19. Rund 80% der Infektionen verlaufen mild, allerdings können auch Lungenentzündungen und weitere schwere Symptome einen Klinikaufenthalt unter ärztlicher Beobachtung und Beatmungshilfe notwendig machen20. Bei einem weiteren Anstieg der Infiziertenzahl könnte es zu einer deutlichen Überlastung der medizinischen Einrichtungen in Deutschland kommen und damit zu einer unzureichenden Versorgung der Patienten. Aus diesem Grund wurden zunächst sog. Risikogruppen identifiziert, um besonders diese Personen vor einer Ansteckung zu schützen. Zu diesen risikobehafteten Gruppierungen gehören laut Robert-Koch-Institut Personen ab einem Alter von 50 bis 60 Jahren sowie Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Diabetes mellitus oder Erkrankungen des Atmungssystems. Diese Vorerkrankungen erhöhen das Risiko unabhängig vom Alter des Betroffenen deutlich, von einem schweren Krankheitsverlauf betroffen zu sein21. Weltweit beträgt die Morbidität nach den Aussagen der WHO im Mittel 3,5% und hängt, wie bereits erläutert, von Faktoren wie Alter, Geschlecht und dem allgemeinen Gesundheitszustand ab. Das Sterberisiko ist zudem bei männlichen Patienten um 1,1% höher als bei weiblichen22. Ein positiver Aspekt ist die erwiesene Bildung von Antikörpern bei Infizierten mit dem SARS-CoV-2-Virus. Dennoch ist noch nicht bekannt, welchen zeitlichen Rahmen die Immunität nach der Genesung hat23. Durch Erfahrungen mit anderen Coronaviren wird eine Immunität von bis zu zwei Jahren angenommen, was bedeuten würde, dass bereits Genesene eine personelle Ressource bei einer weiteren Verbreitung der Krankheit und zunehmenden Infektion der Gesellschaft darstellen könnten.
Zur Behandlung der Erkrankung stehen derzeit weder Impfstoffe noch spezielle Medikamente zur Verfügung. Allerdings können Kenntnisse bereits erforschter SARS-CoV-Viren zur Therapierung eingesetzt werden, da sich die Viren in ihrer Struktur sehr ähneln24.
Nicht nur in Deutschland hat die Verbreitung des Virus weitreichende Konsequenzen für die Bevölkerung, Wirtschaft und Politik. Durch die zunehmende Verschlimmerung der Lage in anderen europäischen Ländern, wie z.B. in Italien und Spanien, sah sich auch die deutsche Bundesregierung dazu gezwungen, nationale Regeln und Einschränkungen hinsichtlich des öffentlichen Lebens zu erlassen, um die Ausbreitung der Krankheit zu verlangsamen. Außerhalb der häuslichen Umgebung durften sich nicht mehr als zwei Personen aufhalten, die nicht im gleichen Haushalt zusammenleben. Außerdem musste in der Öffentlichkeit ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Menschen gewahrt werden. Zwischen dem 18. März und dem 20. April 2020 mussten Geschäfte des Einzelhandels in Baden-Württemberg, außer Lebensmittelgeschäfte, Drogerien und Apotheken sowie bestimmte Dienstleistungsunternehmen, geschlossen bleiben. Lediglich Einkäufe zur Versorgung des täglichen Bedarfs an haushaltsüblichen Gütern waren gestattet. Kulturelle Einrichtungen und solche des öffentlichen Lebens waren ebenfalls geschlossen. Außerdem galt zu den angrenzenden Nachbarländern ein eingeschränkter Grenzübergangsverkehr25. Mithilfe dieser Beschlüsse sollten vorwiegend die medizinischen Einrichtungen und Ressourcen geschont werden. Durch die hohe Ansteckungsrate befürchtete man eine Überlastung der gesundheitlichen Institutionen. Als beispielhafte Rechtsgrundlage verabschiedete das Land Baden-Württemberg eine Rechtsverordnung, welche auf dem §32 des Infektionsschutzgesetzes in Verbindung mit den §28 I S.1-2 und §31 beruht. Am 10.02.2020 wurde eine Änderung dessen durch den Art. 1 des BGBI. I S.148 beschlossen26.
Im Kontext dieser Ausarbeitung ist vor allem die Situation der Arbeitnehmer und der Wirtschaft insgesamt interessant. Die COVID-19-Pandemie stellt eine große Herausforderung für die Konjunktur dar27, was sich vor allem auf die Arbeitnehmer der negativ betroffenen Branchen auswirkt. Beispielhaft sind hier Konzerne der Automobilindustrie (Daimler, Opel, VW) zu nennen, welche durch schwache Absatzzahlen ihre Produktion einstellten und für eine Vielzahl ihrer Mitarbeit Kurzarbeit anmelden mussten28. Treiber dieser kritischen Situation sind zusätzlich die Quarantäneanordnungen, sowohl für Mitarbeiter als auch für Kunden. Wie bereits beschrieben wird mit einer Inkubationszeit von 14 Tagen gerechnet, weshalb bei erwiesenem Kontakt mit infizierten Personen oder eigenen auftretenden Symptomen eine häusliche Quarantäne von zwei Wochen durch das Gesundheitsamt oder medizinisches Fachpersonal angeordnet wird. Dies kann Produktionsabläufe und innerbetriebliche Prozesse erheblich einschränken29 und zudem Kundenkontakte erschweren oder sogar gänzlich verhindern. So sind derzeit viele Beschäftigte der angeschlagenen Branchen im Home-Office tätig oder befinden sich in Kurzarbeit, was eine verkürzte betriebliche Arbeitszeit aufgrund von Auftragsmangel o.ä. und damit eine Kürzung des Arbeitsentgeltes bedeutet30. Aufgrund der unzureichenden Datengrundlage und auch der Unsicherheit über politische Handlungen ist es schwierig verlässliche Modellrechnungen durchzuführen31 und den Mitarbeitern stark konjunkturabhängiger Wirtschaftszweige die Unsicherheit zu nehmen. Allerdings scheint eine Rezession unumgänglich zu sein, in welchem Ausmaß diese die Wirtschaft treffen wird ist jedoch noch ungewiss32. Zur Unterstützung der wankenden Wirtschaftslage wurden bereits einige finanzpolitische Instrumente ins Leben gerufen, wie exemplarische Kreditgarantien und „einkommensstabilisierende Zahlungen“33 wie das Kurzarbeitergeld. Sie sollen die Schwankungen der Konjunktur effektiv abfedern, um einen Anstieg der Arbeitslosenzahl zu verhindern.
Durch die Pandemie entstand eine zunehmende Ungleichverteilung der Arbeitslast und der Verantwortung für die Bewältigung der Krise innerhalb aller Arbeitnehmer. Einige Berufsgruppen wurden im Zuge der schwierigen Situation als besonders „systemrelevant“ eingestuft, was bedeuten soll, dass gerade diese Beschäftigten für das Funktionieren des Gesellschaftssystems bedeutsam sind. Zu diesen bedeutsamen Berufsgruppen gehören zum Beispiel medizinisches Fach- und Pflegepersonal, Reinigungskräfte in klinischen Einrichtungen, Mitarbeiter in der Logistik oder, wie in dieser Arbeit besonders hervorgehoben wird, die Mitarbeiter des LEHs34. Die Ungleichverteilung zeigt sich insbesondere darin, dass diese „systemrelevanten“ Beschäftigten in dieser herausfordernden Situation deutlich mehr leisten an Menge und Zeit, als solche Beschäftigte, deren Arbeitsbelastung unterhalb der sonst üblichen liegt.
Um die Arbeitsbelastung im LEH vor dem Hintergrund der Pandemie daher objektiv einschätzen zu können, sollen nachfolgend zunächst die Arbeitsbedingungen unter „normalen“ Umständen (außerhalb einer Pandemie) verdeutlicht werden.
2.3 Arbeitsbedingungen und Arbeitsbelastung im Lebensmitteleinzelhandel
2.3.1 Generell
Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie sind einige Berufsgruppen besonders in den Fokus der medialen Aufmerksamkeit gerückt, so zum Beispiel die Beschäftigten des LEHs. Sie sind trotz der verordneten Kontaktsperren und sonstigen Betriebsschließungen weiterhin gefordert, sogar mehr als zuvor. Um die Arbeitsbelastung und -bedingungen dieser Beschäftigten in dieser Krise jedoch einschätzen zu können, soll nun eine Klassifikation der Bedingungen für die Mitarbeiter des LEHs außerhalb einer Pandemie, unter „normalen“ Umständen, erfolgen. Zunächst wird der Handel mit Nahrungs- und Genussmitteln anhand seiner Charakteristika beschrieben, die für die Mitarbeiter relevant sind. Nachfolgend werden dann körperliche und psychische Belastungen im Generellen beleuchtet.
Der Marktmechanismus im LEH ist geprägt durch aggressiven Preiswettbewerb und geringe Gewinnmargen. Durch eine Vielzahl an Unternehmen entsteht im Marktgefüge ein Polypol, welches Expansionen durch starke Marktsättigung verhindert. Unternehmen sind gezwungen internes Wachstum voranzutreiben oder sich ggf. mit Konkurrenten zusammenzuschließen, um auf dem Markt bestehen zu können und das Ziel der Gewinnmaximierung effektiv zu verfolgen. Internes Wachstum kann allerdings nur vorangetrieben werden, indem Kosten minimiert werden, da hier aufgrund der Intensität des Wettbewerbs und geringen Margen eine Erhöhung der Preise keine Option darstellt. Im Fokus dieser Kostenminimierungsstrategie stehen dabei vor allem die Personalkosten, als größter Anteil an den Betriebskosten. So werden alle Perspektiven der Personalkostenreduzierung in Betracht gezogen, auch wenn dies zum Nachteil für die Beschäftigten ist. Hier stellt vor allem das Konzept der geringfügigen Beschäftigung ein probates Mittel dar35. Durch diese Beschäftigungsform lassen sich Personal- und Personalnebenkosten einsparen, beispielsweise über die Befreiung von der Sozialversicherungspflicht oder den Wegfall von Leistungen des Tarifvertrages. Aufgrund dessen werden offene Stellen oft durch Schüler*innen und studentische Aushilfen besetzt, welche lediglich an einem Übergangsjob interessiert sind36. Ferner ist mehr als die Hälfte der Beschäftigten in Teilzeitverhältnissen angestellt, was durch eine Teilzeitquote von 59% ausgedrückt wird37. Diese prekären Beschäftigungsformen haben den Charakter eines Flexibilitätspuffers auf Seiten des Arbeitgebers und verstärken dadurch die Unsicherheit des Arbeitsverhältnisses, in dem die Beschäftigten jederzeit mit dem Abbau der eigenen Stelle rechnen müssen38. Die Prekarisierung kann durch die geringen Qualifizierungsanforderungen und zunehmende Automatisierung (z.B. durch Scannerkassen) des LEHs begründet werden. Infolgedessen ist eine Vielzahl der Beschäftigten nur in geringem Maße oder gar nicht dazu in der Lage, mit der ausgeübten Tätigkeit ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen39. Eine weitere Besonderheit des LEHs sind die zu 69% weiblichen Mitarbeiter, was im Vergleich zum Dienstleistungsbereich (51%) oder zur Privatwirtschaft (41%) deutlich über anderen Wirtschaftszweigen liegt40.
Der LEH ist außerdem durch eine „Zyklizität der Umsatzverläufe“41 geprägt. Dies bedeutet, dass der Personalbedarf je nach Jahreszeit, Wochentag und Tageszeit in außerordentlichem Maße Schwankungen ausgesetzt ist. Aus diesem Grund ist eine flexible Personalplanung anhand des Arbeitsanfalls essentiell für die Effizienz und die Verfolgung der Kostensenkungsstrategie. Somit hängt die Arbeitszeitgestaltung der Mitarbeiter überwiegend von den Umsatzverläufen und Kundenfrequenzen ab und kann nur in seltenen Fällen mit den Beschäftigten abgestimmt werden42. Nur 44% der Beschäftigten im Nahrungs- und Genussmittelverkauf können ihre Arbeit selbst planen und einteilen43. 36% der Beschäftigten arbeiten außerhalb der Normalarbeitszeit von 7 bis 19 Uhr und zusätzlich sind 95% von Samstagsarbeit betroffen44. So sind die zeitliche Flexibilität und Verfügbarkeit potenzieller Mitarbeiter oft wichtiger als die berufliche Qualifizierung. Nicht zu vergessen sind allerdings auch private Verpflichtungen der Beschäftigten, wie die Kinderbetreuung, was eine regelmäßige Quelle von Konflikten darstellt45.
Hinzukommt ein deutlich geringeres Verdienstniveau im Gegensatz zu Durchschnittsbeschäftigten der Gesamtwirtschaft. Ein Vollzeitbeschäftigter im LEH verdiente im Jahr 2019 2.345 EUR brutto pro Monat und damit 41% weniger als der Durchschnitt in Deutschland. Der Bruttomonatsverdienst für angelerntes Personal, also ohne berufliche Qualifizierung, lag bei 1.980 EUR, qualifizierte Beschäftigte erhielten im Mittel 2.186 EUR pro Monat46. Nach Aussagen der Bundesregierung von 2017 ist jede/r Dritte Beschäftigte des Einzelhandels im Niedriglohnsektor anzusiedeln47.
„Insgesamt zeigt sich hier ein sehr düsteres Bild des Lebensmitteleinzelhandels als überwiegend von Frauen besetztes Beschäftigungsfeld: geringer Lohn, ungünstige Arbeitszeiten, hoher Leistungsdruck und unbezahlte Überstunden kennzeichnen die Arbeitsbedingungen vieler Beschäftigter“48.
Die Arbeitsbelastung resultiert aus der Arbeitsumgebung, der Organisation des Arbeitsplatzes sowie aus den sozialen Beziehungen auf der Arbeit49.
Es ist anzumerken, dass Beschäftigte des LEHs deutlich höheren Belastungen ausgesetzt sind, als die Mitarbeiter des restlichen Einzelhandels. Bezüglich der empfundenen Stärke der gesundheitlichen Belastung am Arbeitsplatz bewegen sich die 18-64-Jährigen des Handels- und Gastgewerbes im oberen Mittelfeld nach dem Baugewerbe, der Industrie, dem Handwerk und weiteren50.
Besonders kennzeichnend sind die physischen Beschwerden durch das Arbeiten im Stehen oder das hohe Arbeitstempo51.
Grundsätzlich entsteht dann eine negative Dynamik der Arbeitsbelastung, wenn die Anforderungen an den Mitarbeiter das Leistungsvermögen dessen überschreiten. Weiterreichende Folgen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer können Abstinenz am Arbeitsplatz, gesundheitliche Folgeschäden oder ein früherer Renteneintritt sein52.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Häufige körperliche Anforderungen abhängig Beschäftigter im Vergleich
Quelle: in Anlehnung an die BUNDESANSTALT FÜR ARBEITSSCHUTZ UND ARBEITSMEDIZIN, 2015, S.1.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2 : Häufige psychische Anforderungen abhängig Beschäftigter im Vergleich
Quelle: in Anlehnung an die BUNDESANSTALT FÜR ARBEITSSCHUTZ UND ARBEITSMEDIZIN, 2015, S. 2.
Tabelle 1 zeigt deutlich die hohen physischen Anforderungen an die Mitarbeiter des LEHs im Vergleich zum restlichen Einzelhandel und zu anderen Wirtschaftszweigen. Besonders oft müssen Arbeiten im Stehen ausgeführt werden sowie händische kraftintensive Tätigkeiten und das Tragen schwerer Lasten. Auch die Arbeitsumgebung inkludiert einige körperliche Anstrengungen, indem die Mitarbeiter beispielweise an Kühlregalen einer ständigen Kälte oder durch Arbeiten im Bereich des Lagers der Zugluft ausgesetzt sind.
Psychische Anforderungen sind insbesondere durch die Monotonie der Arbeit und die geforderte Geschwindigkeit, z.B. bei Kassiervorgängen, gegeben. Hier liegt der Nahrungs-und Genussmittelhandel deutlich vor den Vergleichsbranchen.
Allerdings ist anzumerken, dass die Anforderungen hinsichtlich des Multi-Taskings oder des Leistungsdrucks geringer sind als in anderen Bereichen der Wirtschaft.
Interessant ist hingegen, dass die multiplen psychischen Anforderungen an die Mitarbeiter des LEHs sich vergleichsweise wenig auf die tatsächlichen Beschwerden auswirken (s. Tabelle 3). Jeder Zweite leidet unter maximal einer Beschwerde und genauso viele sind durch zwei und mehr Beschwerden beeinträchtigt. Dies scheint zunächst eine hohe Zahl zu sein, liegt aber im Marktvergleich zu den restlichen Betrachtungsobjekten auf gleicher Höhe.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3 : Anzahl gesundheitlicher Beschwerden abhängig Beschäftigter im Vergleich
Quelle: in Anlehnung an die BUNDESANSTALT FÜR ARBEITSSCHUTZ UND ARBEITSMEDIZIN, 2015, S.2.
Ein anderes Bild zeigt sich hingegen bei den Muskel-Skelett-Beschwerden. Hier leiden 64% der Beschäftigten des LEHs unter mindestens zwei unterschiedlichen körperlichen Beschwerden. Im sonstigen Einzelhandel und anderen Branchen ist hiervon nur rund jeder Zweite betroffen.
Es stellt sich die Frage, weshalb körperliche Anstrengungen öfter wahrgenommen werden als psychische. Hierzu lassen sich Erkenntnisse nach Kupfer et al. (2019, S.7ff) heranziehen. Diese konnten die These mithilfe einer empirischen Erhebung bestätigen, dass innerhalb des Kollegiums im LEH eine Wertschätzungskultur für die geleistete Arbeit gepflegt wird53, was die Arbeitsumgebung angenehmer macht und die sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz stärkt. Hierdurch wird die empfundene psychische Belastung durch die Arbeit in Teilen relativiert. Auch die häufig gewählte Arbeitsorganisation in Teilzeitmodellen verringert die wahrgenommene psychische Belastung, da das Arbeitsumfeld in geringerem zeitlichem Umfang den Alltag der Beschäftigten beherrscht. Die körperlichen Arbeiten sind jedoch kräftezehrend und fördern den Verschleiß der physischen Ressourcen. Sie können möglicherweise anfangs durch ein positives Arbeitsklima übertönt werden, langfristig zehren diese allerdings an der Substanz der Beschäftigten.
Im nachfolgenden Kapitel werden die herausgearbeiteten Anforderungen und Belastungen im Kontext der Arbeitsbedingungen wie Entlohnung oder Arbeitszeit auf die COVID-19-Pandemie übertragen und analysiert, inwiefern sich diese für die Beschäftigten veränderten.
2.3.2 Während der COVID-19-Pandemie
Der Fokus der Öffentlichkeit liegt seit Mitte März 2020 auf einigen bestimmten Berufsgruppen, unter anderem auf dem Personal der Lebensmittelversorgung im Einzelhandel, die durch diese gesellschaftliche Krisensituation vor herausfordernde berufliche Hindernisse gestellt wurden. In diesem Kapitel soll betrachtet werden, inwiefern sich die Arbeitsbedingungen für die systemrelevanten Beschäftigten des LEHs durch die Corona-Krise verändert haben. Vorab ist zu sagen, dass diesbezüglich wenige wissenschaftliche Erkenntnisse zur Verfügung stehen, jedoch anhand der situationsbedingten Fakten eine Veränderung der Arbeitsbedingungen impliziert werden kann.
Zunächst soll kurz erläutert werden, weshalb für die Instanzen der Lebensmittelversorgungskette durch die COVID-19-Pandemie eine kritische Situation entstanden ist. Aufgrund zunehmender Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung hinsichtlich der rasanten Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus kam es zu beobachtbaren Anstiegen im Konsum einiger bestimmter Handelsgüter. Seit der ersten bestätigten Infektion innerhalb Deutschlands in Kalenderwoche 554 stieg der Absatz von Waren wie Desinfektionsmittel oder Mehl exponentiell an. Dieses anfängliche Kaufverhalten kann auf Vorratskäufe aus Angst vor möglichen Quarantäneanordnungen und Geschäftsschließungen zurückgeführt werden55 und wird als „Hamsterkauf“ bezeichnet. So stieg der Absatz von Teigwaren um bis zu 150% im Gegensatz zu Werten des August 2019 (s. Tab.4). Auch Produkte wie Reis, Seife und Hefe wurden in hohem Maße mehr konsumiert als zum Vergleichszeitpunkt im Jahr zuvor (s. Tab.4). Dieser plötzliche Mehrkonsum überraschte den LEH und führte zu Komplikationen in der Nachbeschaffung der ausverkauften Produkte, was vorwiegend die Leistung von Mehrarbeit (v.a. Überstunden) für Beschäftigte der Lebensmittelversorgung bewirkte. Nicht nur Mitarbeiter des LEHs waren hiervon stark betroffen, sondern auch solche der Logistik und Produktion der Lebensmittel. Ein weiterer Effekt, der zu einem Anstieg der Absatzzahlen geführt hat, kam erst später hinzu und ist auf den Wegfall des Außer-Haus-Konsums zurückzuführen. Infolge der Schließung von gastronomischen Einrichtungen wie Mensen, Restaurants oder Betriebskantinen in Kalenderwoche 12 musste der LEH fortan den gesamten Markt an Außer-Haus-Versorgung bedienen. Der Markt der Lebensmittelhändler vergrößerte sich in kürzester Zeit von 175 Mrd. EUR auf 255 Mrd. EUR um 50%, was vom Personal des LEHs abgefangen werden musste. Die Lage für die Mitarbeiter entspannte sich erst wieder durch die eingeschränkte Öffnung gastronomischer Betriebe ab dem 18. Mai 2020, durch welche sich die Versorgungsleistung wieder auf mehrere Anbieter verteilen konnte56.
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1 Vgl. Tagesspiegel (2020): 25 Millionen Zuschauer sehen Ansprache der Bundeskanzlerin, in: www.tagesspiegel.de, https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/merkel-rede-zum-coronavirus-25-millionen-zuschauer-sehen-ansprache-der-bundeskanzlerin/25662160.html, Download am 05.05.2020.
2 Merkel, Angela (2020): Fernsehansprache von Bundeskanzlerin Angela Merkel, in: www.bundeskanzlerin.de, https://www.bundeskanzlerin.de/bkin-de/aktuelles/fernsehansprache-von-bundeskanzlerin-angela-merkel-1732134, Download am 05.05.2020.
3 Statistisches Bundesamt (2020a): Einzelhandel, in: www.destatis.de, https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Grosshandel-Einzelhandel/Glossar/einzelhandel.html, Download am 15.04.2020.
4 Statistisches Bundesamt (2020b): Groß- und Einzelhandel, in: www.destatis.de, https://www.genesis.destatis.de/genesis/online?operation=abruftabelleBearbeiten&levelindex=1&levelid=1586771258390&auswahloperation=abruftabelleAuspraegungAuswaehlen&auswahlverzeichnis=ordnungsstruktur&auswahlziel=werteabruf&code=45212-0001&auswahltext=&werteabruf=Werteabruf#astructure, Download am 15.04.2020.
5 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2020): Ernährungsgewerbe, in: www.bmel-statistik.de, https://www.bmel-statistik.de/ernaehrung fischerei/ernaehrungsgewerbe/lebensmitteleinzelhandel/, Download am 16.04.2020.
6 Vgl. IFH Institut für Handelsforschung (Hg.) / Handelsverband Deutschland (2018): Handelsreport Lebensmittel. Fakten zum Lebensmitteleinzelhandel, in: www.einzelhandel.de, https://einzelhandel.de/images/HDE-Publikationen/HDE_IFH_Handelsreport_Lebensmittel_2018.pdf, Download am 16.04.2020, S. 22.
7 Deiß, Manfred (1999): Flexibilität versus Beschäftigung? Zur Entwicklung von Beschäftigungs- und Arbeitsstrukturen am Beispiel des Lebensmitteleinzelhandels, Jahrbuch sozialwissenschaftliche Technikberichterstattung 1998/99: Schwerpunkt: Arbeitsmarkt (S.181-213), Berlin, Ed. Sigma, S.183.
8 Vgl. IFH Institut für Handelsforschung (Hg.) / Handelsverband Deutschland (2018), S.22.
9 Vgl. IFH Institut für Handelsforschung (Hg.) / Handelsverband Deutschland (2018), S.11.
10 Vgl. Fromm, Christine; Hilf, Ellen (2000): Arbeitssituation und gesundheitsbezogenes Alltagshandeln in Kleinbetrieben des Einzelhandels, Beiträge aus der Forschung, Band 122, Dortmund: Landesinstitut Sozialforschungsstelle (sfs), S. 12.
11 Vgl. IFH Institut für Handelsforschung (Hg.) / Handelsverband Deutschland (2018) S.8.
12 Vgl. IFH Institut für Handelsforschung (Hg.) / Handelsverband Deutschland (2018) S.11.
13 Vgl. Statistisches Bundesamt (2008): Klassifikation der Wirtschaftszweige, in: www.destatis.de, https://www.destatis.de/static/DE/dokumente/klassifikation-wz-2008-3100100089004.pdf, Download am 16.04.2020, S. 360.
14 Vgl. Statistisches Bundesamt (2020c): Pressemitteilung Nr.117 vom 1.April 2020, in: www.destatis.de, https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/04/PD20_117_45212.html, Download am 15.04.2020.
15 Vgl. Bundesregierung (2020): Coronavirus – Informationen über das Virus, in: www.bundesregierung.de, https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/informationen-zum-coronavirus-1734932, Download am 15.04.2020.
16 Vgl. Bundesregierung (2020).
17 Vgl. Bundesregierung (2020).
18 Vgl. Ständiger Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger am Robert-Koch-Institut: Hinweise zu Erkennung, Diagnostik und Therapie von Patienten mit COVID-19 (2020), in: www.rki.de, https://edoc.rki.de/bitstream/handle/176904/6511/Hinweise%20zu%20Erkennung,%20Diagnostik%20und%20Therapie%20von%20Patienten%20mit%20COVID-19.pdf?sequence=1, Download am 15.04.2020.
19 Vgl. Hufert, F. / Spiegel, M. (2020): Coronaviren: von der banalen Erkältung zum schweren Lungenversagen, in: Monatsschrift Kinderheilkunde, doi: https://doi.org/10.1007/s00112-020-00910-2, S.3.
20 Vgl. Bundesregierung (2020).
21 Vgl. Robert-Koch-Institut (2020).
22 Vgl. Hufert/Spiegel (2020), S.4.
23 Vgl. Bundesregierung (2020).
24 Vgl. Hufert/Spiegel (2020), S.6.
25 Vgl. Bundesregierung (2020).
26 Vgl. Landesregierung Baden-Württemberg (2020): Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus, in: www.baden-wuerttemberg.de, https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/aktuelle-infos-zu-corona/aktuelle-corona-verordnung-des-landes-baden-wuerttemberg/, Download am 16.04.2020.
27 Vgl. Michelsen, C. / Clemens, M. / Hanisch, M. / Junker, S. / Kholodilin, K. / Schlaak, T. (2020): Deutsche Wirtschaft: Corona-Virus stürzt deutsche Wirtschaft in eine Rezession, in: DIW Wochenbericht, Nr.12/2020, doi: https://doi.org/10.18723/diw_wb:2020-12-3, S.206.
28 Vgl. Hubik, F. / Murphy, M. (2020): Kurzarbeit im Autoland: Daimler, Opel und VW schicken Zehntausende in Zwangsurlaub, in: Handelsblatt, [online] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/corona-folgen-kurzarbeit-im-autoland-daimler-opel-und-vw-schicken-zehntausende-in-zwangsurlaub/25687198.html, Download am 15.04.2020.
29 Vgl. Gern, K. / Hauber, P. (2020): Coronavirus hält Weltkonjunktur in Atem, in: Wirtschaftsdienst, Jg.100, Nr. 3, doi: 10.1007/s10273-020-2607-5, S.223.
30 Vgl. Wichert, Joachim (2018): Kurzarbeit, in: www.wirtschaftslexikon.gabler.de, [online] https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/kurzarbeit-39815/version-263215, Download am 15.04.2020.
31 Vgl. Michelsen, et al. (2020), S.206.
32 Vgl. Michelsen, et al. (2020), S.206.
33 Gern/Hauber (2020), S. 224.
34 Vgl. Fratzschner, Marcel (2020): Wer waren noch mal die Leistungsträger der Gesellschaft?, in: ZEIT ONLINE, https://www.zeit.de/wirtschaft/2020-03/systemrelevante-berufe-pflegepersonal-kassierer-aerzte-coronavirus, Download am 15.04.2020.
35 Vgl. Kirsch, J. / Klein, M. / Voss-Dahm, D. (1998a): Der Lebensmitteleinzelhandel – Eine vergessene Branche?. Beschäftigung und Arbeitszeiten im Lebensmitteleinzelhandel, in: Institut Arbeit und Technik (Hg.): Jahrbuch 1997/1998, Gelsenkirchen, S.1 f.
36 Vgl. Kirsch, et al. (1998a), S. 3.
37 Vgl. Statistisches Bundesamt (2020b).
38 Vgl. Deiß (1999), S.196.
39 Vgl. Kirsch et al. (1998a), S. 3.
40 Vgl. Larisch, Joachim (2015): Arbeitsschutz in Handelsunternehmen. Ansätze und Erfahrungen, in: www.gamed.at, http://www.gamed.at/fileadmin/pdf/JT2015/06_Larisch.pdf, Download am 16.04.2020.
41 Kirsch et al. (1998a), S. 2.
42 Vgl. Kirsch et al. (1998a), S. 2.
43 Vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) (2015): Schöne neue Handelswelt?. Arbeitsbedingungen im Einzelhandel, in: BIBB/BAuA-Faktenblatt 16, 1. Auflage, Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hg.), S.1.
44 Vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2015), S.1.
45 Vgl. Kirsch et al. (1998a), S. 6.
46 Vgl. Statistisches Bundesamt (2020d): Systemrelevante Berufe: Fachkräfte in Krankhäusern verdienten 2019 durchschnittlich 3502 Euro brutto im Monat (Pressemitteilung Nr. N 015), in: www.destatis.de, https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/03/PD20_N015_623.html, Download am 16.04.2020.
47 Vgl. Kupfer, A. / Eckert, F. / Krause, I. (2019): Beruf(en) im Verkauf. Analyse subjektiver Bedeutungen als Beitrag zur sozialen Ungleichheitsforschung, in: Nicole Burzan (Hg.) (2019): Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen. Verhandlungen des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Göttingen 2018, S.3.
48 Kupfer et al. (2019), S.4.
49 Vgl. Schlick, C. / Bruder, R. / Luczak, H. (2010): Arbeitswissenschaft, 3. Auflage, Heidelberg: Springer Verlag.
50 Vgl. Kroll, L. / Müters, S. / Dragano, N. (2011): Arbeitsbelastungen und Gesundheit, in: GBE kompakt, Jg. 2, Nr. 5, https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsK/2011_5_Arbeitsbelastungen.html, Download am 16.04.2020, S.4.
51 Vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2015), S.2.
52 Vgl. Kroll et al. (2011), S.1.
53 Vgl. Kupfer et al. (2019), S.7 ff.
54 Vgl. Tagesschau (2020): Erster Coronavirus-Fall in Deutschland, in: www.tagesschau.de, https://www.tagesschau.de/inland/coronavirus-deutschland-erster-fall-101.html, Download am 18.04.2020.
55 Vgl. Gießübel, Rainer (2020): [Podcast der Bundesregierung] Warum es keine Lebensmittelengpässe gibt, in: www.bundesregierung.de, [Audiodatei] https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/podcast-corona-aktuell-3-1739950, Download am 18.04.2020.
56 Vgl. Gerling, Michael (2020): Supermärkte füllen Versorgungslücke, in: www.ehi.org, http://www.ehi.org/de/supermaerkte-fuellen-versorgungsluecke/, Download am 18.04.2020.
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