I. Definitionsans ä tze & Kritik: Fragestellung: Was ist eine „ politische Magazinsendung “ ?
1. Ansatz: allgemeines Verständnis ( Erwartungshaltung gegenüber öffentlich- rechtlichen Politmagazin )
- Themen: Innen- und Außenpolitik, politische Akteure, Zeitgeschehen
- Aufgabe: Information, Aufklärung, Aufdecken von Missständen, Unterhaltung
- Funktion: Artikulation von Kritik und Ausübung von Kontrolle gegenüber politischen Amtsträgern und deren Amtsführung („vierte Gewalt“)
- Thema, Beitragstenor, Kommentar des Moderators ergeben politische Dimension
- kein „Verlautbarungs- oder Mikrofonhalterjournalismus“
- Ausrichtung an normativen Grundsätzen des Journalismus: unabhängig, kritisch, rational, sachlich, fair, verantwortungsvoll, aufklärend, ausgewogen, wahr
- klare Trennung von Nachricht und Meinung (öfftl.-rechtl. Präsentationskodex)
- hoher Anteil an investigativem Journalismus
→ Kritik an dieser Form:
- Grundsätze werden nicht eingehalten, Anspruch wird nicht erfüllt
- Informationstransport ist nicht neutral: Manipulation durch Vermischung von Meldung und Kommentar und Auslassung/Betonung bestimmter Aspekte
- vollständige Unabhängigkeit ist aufgrund der politischen Strömungen innerhalb von Redaktionen (Proporzkommunikation), Quotenabhängigkeit und Einflussnahme durch Intendanz nicht gewährleistet
2. Ansatz: Selbstverständnis der Redaktionen: “alle Magazine sind politisch“ (Quelle: Internetseiten öffentlich-rechtlicher und privater Magazine):
- Themen aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens: Gesellschaft, Wirtschaft, Politik, Kultur, Medien, Zeitgeschehen, Verbraucherschutz, u.a.
- Aufgabe / Funktion: Information und Unterhaltung, Aufdecken von Missständen
- eigene Charakterisierung (Gemeinsamkeiten): kritisch, aktuell, analytisch, authentisch, objektiv, seriös, kompetent, engagiert, sorgfältig, brisant, glaubwürdig,
- „keine Sensationsgier“, „Themen werden auf den Punkt gebracht“, „Hintergründe und Zusammenhänge werden ausgeleuchtet“,
- „Anwaltsjournalismus“
- investigativer Journalismus, Enthüllungen und Skandale sind Aushängeschilder
→ Kritik an dieser Form:
- je seltener politische Inhalte thematisiert werden, desto weniger kann Kritik oder Kontrolle an politischen Akteuren ausgeübt werden→Tendenz zum Unpolitischen
- Redaktionen erfüllen ihre eigenen Ansprüche nicht, widersprechen sich selbst
- häufig Emotionalisierung durch „Zeugen“
- Informationstransport ist nicht neutral (s.o.)
- Unabhängigkeit ist aufgrund der Quotenabhängigkeit und Einflussnahme durch Werbekunden und Programmdirektion nicht gewährleistet
Fazit (eigene Definition):
Eine Magazinsendung ist nur dann „politisch“, wenn ihre Inhalte überwiegend politisch sind und sie durch ihre Berichterstattung Kritik und Kontrolle auf einer politischen Ebene ausübt (s. Ansatz 1). Dies trifft fast immer auf die sog. Politmagazine der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, meistens auf die Publikationsmagazine und selten bis nie auf Magazine der Privaten zu. Nach dem Selbstverständnis der Privaten sind jedoch auch Magazine ohne politische Inhalte oder erkennbare Auswirkungen „politisch“ zu nennen.
II. Die Geschichte der politischen Magazinsendungen in Deutschland
- Wie sind sie entstanden, zu welchem Zweck wurden sie entwickelt?
- „Rahmenhandlung für Werbung“
- Magazinformat als Voraussetzung für eine vielseitige Berichterstattung
- von Panorama bis heute, 1961 - 1999
- Verengung der Inhalte: Entwicklung von einem Magazin mit Inhalten aus allen Bereichen zu vielen Magazinen mit jeweiliger Spezialisierung auf wenige Themenbereiche
- Veränderung der technischen Möglichkeiten
- Filmisches Beispiel: Panorama -Beitrag
- Beispiele für „Erfolge“ von politischen Magazinen
III. Politische Magazinsendungen heute / Formate & Sendungen:
klassische Magazinsendung:
- ein Moderator, mehrere Beiträge, Verknüpfung durch Kommentar und Überleitung;
→ Panorama, Report, Monitor, Kontraste, Fakt, Kennzeichen D, Weltspiegel, Frontal u.a.
- z.T. Verknüpfung mit Talkgast: Weiterentwicklung der klassischen Form;
→ Stern-TV und Aktuelle Stunde vor einigen Jahren (eher seltene Form)
Publikationsmagazine:
- Ergänzung der gedruckten Ausgabe, Format klassisch
→ Spiegel-TV, Focus-TV, u.a.
Sonderf ä lle:
Satiremagazin:
- ein Moderator, mehrere Beiträge zu aktuellen Themen, die satirisch aufgearbeitet
werden, politische Wirkung entsteht durch überzogene Kritik
→ Zak, Extra 3
Nachrichtenmagazin:
- politische Kritik durch Kommentatoren; davon abgesehen werden Themen der o.a. klassischen Magazine z.T. aus aktuellem Anlass direkt an tagesaktuelle Redaktionen weitergegeben, um eine exklusive Berichterstattung ermöglichen zu können;
→ Tagesthemen, Mittagsmagazin, heute u.a.
Reportermagazin (Keine Politmagazine nach Definition/Ansatz 1):
- mehrere kurze Reportagen, die vom jeweiligen Reporter selbst moderiert werden,
Verknüpfung der Beiträge durch Überleitung eines Moderators; soll Aktualität und Glaubwürdigkeit demonstrieren, Identifizierung erleichtern, Tendenz zu Infotainment / Boulevardjournalismus.
→ Die Reporter, Die Redaktion, u.a.
Stilmittel:
- Glosse: am Ende einer Sendung, satirisch überspitzter Kommentar zu einer aktuellen politischen Situation, teilweise in Form von Zeichentrick, „ironisch auflockerndes Moment“(Monitor), erleichtert den Übergang zu folgendem Programm, wird fast ausschließlich von öffentlich-rechtlichen Magazinen benutzt
- „Tittenbeitrag“: (selbsterklärend), am Ende einer Sendung, „content-flow“-Element, Überleitung zum Werbeblock / zum anschließenden Programm, Zuschauerbindung, Quotenbringer, wird bei öffentlich-rechtlichen nicht verwendet
IV. Direkter Vergleich: ö ffentlich-rechtlich vs. privat
Frontal: „Schöne Bescherung“, ges. am 07.12.1999, (Glosse) Die Reporter: „Tragödie im Schnee“, ges. am 09.12.1999
Ziel des Vergleichs: Überprüfung der politischen Ebene / des Selbstverständnisses
Literatur- und Quellenverzeichnis
Blaes, Ruth / Heussen, Gregor A. (Hg.) ABC des Fernsehens Konstanz: UVK Medien, 1997 (Reihe Praktischer Journalismus; Bd. 28)
Fernsehbeiträge: „ Sch ö ne Bescherung “ , Frontal, gesendet am 08.12.199 „ Trag ö die Im Schnee “ , Die Reporter, gesendet am 09.12.1999
Hickethier, Knut Geschichte des deutschen Fernsehehns Karl-Ernst-Poeschel Verlag GmbH, Stuttgart, 1998
Hoffmann, Hans-Joachim Journalismus und Kontrolle - Eine Studie zum Konflikt um die politischen Fernsehmagazine der ARD Tudov-Verlag, 1990
Internetseiten der folgenden Redaktionen: Panorama, Report, Monitor, Kontraste, Fakt, Weltspiegel, Frontal, Stern-TV, Aktuelle Stunde, Spiegel-TV, Focus-TV, Extra 3, Die Reporter, Frauensache, ausw ä rts, Zeitspiegel, Die Redaktion, K1-Das Magazin, Akte, u.a.
Kamps, Klaus Zur Struktur, Thematisierung und Präsentation internationaler Ereignisse in Fernsehnachrichten der USA, Großbritanniens und der Bundesrepublik Deutschland Inaugural-Dissertation, Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf
Lampe, Gerhard / Schumacher, Heidemarie Das Panorama der sechziger Jahre - zur Geschichte des ersten politischen Fernsehmagazins der BRD Wissenschaftsverlag Volker Spiess GmbH, Berlin, 1991 Dazu der Dokumentarfilm: „ Wir waren Opposition... “
Schneider, Franz: Informations-Transport: Kritik an politischen Magazinen der ARD Hrsg. Vom Inst. Für Angewandte Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaftliche Forschung, Köln; Deutscher Instituts-Verlag, 1987
- Arbeit zitieren
- Lars Terlinden (Autor:in), 2000, Politische Magazinsendungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95089