Gliederung:
1. Einleitung
2. Die Philosophie des Mittelalters als Grundlage des politischen Denkens
3. Die Renaissance als Grundlage neuer politischer Theorien
3.1 Machiavelli
3.2 Bodin
4. Fazit
5. Literaturliste
1. Einleitung
Machiavellis Principe und Bodins Six Livres enstanden in einer Zeit der Freisetzung aus den göttlichen Ordnungsstrukturen des Mittelalters. Der Zusammenbruch des von der teleologischen Philosophie entworfenen scholastischen Weltgefüges entleerte nicht nur die Dinge ihrer zweckimmanenten Daseinsbegründung und den Menschen von den darin verankerten Tugenden, welche sie zum sittlichen Leben bringen sollten, er zerstörte auch die fundamentalen, auf der ontologischen Hierarchie begründeten Eckpfeiler menschlichen Zusammenlebens. Die Maxime des tugendhaft Handelnden wurde durch ein Bild des Menschen ersetzt, welcher per Natureigenschaften bösartig ist. Und während sich der mittelalterliche „Staat“ vor allem über die Fähigkeit rechtfertigt, „die moralischen Bedürfnisse, die der Seele, zu befriedigen, indem sie ihre Mitglieder zu einem guten Leben befähigt“1, ist die alles entscheidende Frage der frühneuzeitlichen Denker, wie eine politische Ordnung angesichts der negativen Natureigenschaften und der nicht hinreichenden eigenen Tugenden des Menschen geschaffen werden kann, die trotz deren Verschiedenartigkeit stabil und dauerhaft ist. Es ging also um die Gestaltbarkeit des sozialen Lebens, wobei der Erfolg politischen Handelns kaum vorhersehbar und deshalb schwerlich abzusichern war2. Die Wissenschaft und politische Theorie der frühen Neuzeit hatte mit einem sichtbaren Auseinanderfallen von Faktum und Norm zu kämpfen, und so zeichnet sich beispielsweise Machiavellis Lehre durch die Verbindung empirischer Erklärung gesellschaftlich-politischer Phänomene und dem Festhalten an klassisch-normativen Denkmustern aus3.
Mit ihren Theorien, welche versuchten die mittelalterlichen Sachzwänge aufzulösen und neue Paradigmen politischen Handelns zu definieren, legten die Denker der frühen Neuzeit das Fundament für die modernen Staatswissenschaften. Trotz aller Progressivität waren sie jedoch nicht in der Lage, sich vollständig von traditionellen Begründungszusammenhängen zu emanzipieren.
Anhand der beiden obengenannten Theoretiker soll versucht werden, das „Neue“ im nachmittelalterlichen Denken zu ergründen, wobei die Auswahl der Werke sich an ihrer Ähnlichkeit in Aufbau und Struktur aber auch ihrer vom Verfasser gewünschten Wirkung - der effektiven Beratung politischer Herrscher zur Begründung erfolgreichen Handelns - orientiert. Zweck dieser Arbeit ist es nicht, die Werke inhaltlich aufzuarbeiten, sondern vielmehr die hinter den einzelnen Vorstellungen stehenden Einbindungen in ihre Zeit offenzulegen.
2. Die Philosophie des Mittelalters als Grundlage des politischen Denkens
Um die wesentlichen Veränderungen im philosophisch-politischen Denken der frühen Neuzeit und die damit verbundene Emanzipation von den traditionellen Wert- und Ordnungsvorstellungen verdeutlichen zu können, sollen im Folgenden die prägnantesten Merkmale der mittelalterlichen Philosophie und Politik dargestellt werden.
Die Philosophie des Mittelalters umfaßt kein in sich homogenes Weltbild, sondern ist vielmehr durch verschiedene Strömungen gekennzeichnet, so unterschied sich Augustins Vorstellung von der Beschaffenheit der Welt punktuell von der des Thomas von Aquin, vor allem bezüglich der Einbindung antiker Philosophen4 in ihr Gedankengebäude und ihre Theorien. Dennoch ist es möglich, philosophische und politische Hauptlinien zu identifizieren, deren prägnantestes Merkmal der Rekurs auf den Schöpfergott als Grundlage allen Seins ist.5
Fundamentale Aussagen über das Seiende und dessen Wesen wurden immer vor dem Hintergrund der Schöpfung und nicht als historische Tatsachen o.ä. formuliert. Gemäß der philosophischen Lehre des Mittelalters bestehen sämtliche Geschöpfe aber auch sämtliches Geschaffenes nicht wegen sich selbst, sondern nur durch Gottes Güte und Hingabe: d.h. der Schöpfergott allein rechtfertigt ihre Existenz. Da Gott in seinem Wesen vollkommen ist, muß die Schöpfung notwendigerweise ebenfalls vollkommen sein. Der bestehenden Welt, die demzufolge das Optimum darstellte, fehlte es also auch an nichts, denn sie war „in sich gut, und zwar so gut, daß es besser nicht zu sein vermöchte.“6 Allerdings wurde ihr mit dieser Vorstellung auch die Selbständigkeit genommen, was bedeutete, daß sich nichts aus dieser Welt heraus verändern oder entwickeln konnte bzw. war aus ihr heraus Erkenntnis unmöglich und gänzlich überflüssig, denn „[f]ür die gesamte Philosophie des Mittelalters, …, war die Welt ebenso wie die Geschichte nicht aus sich selbst zu erklären. Wahre Aussagen über Natur und Zeit waren durchweg auf den Rekurs auf die göttliche Allmacht angewiesen.“7
In der ontologischen Philosophie des Mittelalters gliederte sich die Welt in eine kosmomor- phe Ordnung mit hierarchisch gestuften Seins- und Erkenntnisebenen. Danach gibt es vier verschiedene Stufen des geschaffenen Seienden, die sich, in Anlehnung an das schon von Aristoteles formulierte Problem von Form, Materie und Ursache, pyramidisch gemäß des Grades ihrer Differenziertheit und dem inneren Reichtum an Seinsgehalt aufbauen. Weder Form noch Materie für sich genommen sind in der Lage zu sein. Allerdings wird die Materie durch die Form erst wirklich. Sie bedeutet mehr „als nur räumliche Figur; sie schließt alles ein, was an Bestimmtheit an einer Sache aufgefunden werden kann, Größe, Zahl, Festigkeit, Elastizität, Farbe, Gesundheit, Ort, Lage usw.“8 und wird dadurch zur „Ursache“ der Materie. Allein die Form definiert die Seinsverfassung der Dinge und bestimmt damit deren Stufe im ontologischen Wert- und Weltgefüge.
In der ersten Seinsverfassung, welche die unterste Stufe der hierarchischen Weltordnung repräsentiert, wirkt die Form ausschließlich gestaltgebend. Darüber definiert sich die Wirklichkeit der Dinge. Entstehen Änderungen und Verwandlungen können sie auf dieser Stufe des Seinden nur von außen hervorgebracht werden.9
In der zweiten, höheren Seinsverfassung10 erhält die Materie neben der reinen Form zusätzlich eine Endbestimmung, die auf die Sache hin angelegt ist; d.h. das Ziel, das sich in der Form ausdrückt, gehört zur Sache selbst. Das innere Organsiationsprinzip, welches die Entwicklung steuert, die „Seele“, ist eine unselbständiger Teil und verliert seine Wirklichkeit bei der Auflösung des Ganzen. Die Seele ist auf dieser Ebene kein Seiendes, selbständiges in der Sache, sondern bestimmt ihre Seinsverfassung.
Darin unterscheidet sich die zweite Stufe der Hierarchie massiv von der nächsthöheren11, welche sich dadurch auszeichnet, daß „das Seiende nicht nur das Ziel in sich hat, sondern auch noch das tätige, hervorbringende Prinzip, das den Prozeß der Selbstverwirklichung betreibt, in sich trägt.“12 Die innere Verfassung der Wesen dieser Stufe wird durch verschiedene Fähigkeiten unterstützt, welche für den Vorgang der Selbstwerdung von enormer Bedeutung sind. Nahrung wird nicht von außen an das Seiende herangetragen, sondern muß selbst besorgt werden; dafür sind die Möglichkeit, sich von sich heraus bewegen zu können aber auch „Sinnlichkeit“, also die Fähigkeit, bestimmte Elemente, die für den Selbstaufbau benötigt werden, zu suchen und auszusuchen, von enormer Wichtigkeit. Zudem muß das Seiende in der Lage sein, sich selbst ständig gegenwärtig zu sein, da sich dadurch der Weg zur Vollform, zum Ziel, determiniert. All diese Fähigkeiten und die damit verbundene Innerlichkeit13 des Seienden sind Ausdruck der Seinsverfassung, die nicht von Beginn bei sich ist, sondern erst entwickelt und verwirklicht werden muß.
Während die unteren drei Stufen sich immer im Zusammengehen von Form und Materie konstituieren, bildet sich die höchste aller Seinsverfassungen getrennt von Materie aus der reinen Form. Diese Stufe der ontologischen Seinslehre hat keine Lebensgeschichte, kein Leben im Sinne von Entwicklung. Dieses Seienden ist prinzipiell unsterblich und damit unvergänglich und kann nur durch einen direkten Eingriff Gottes zerstört werden. Vielmehr ist Erkenntnis das bestimmende Wesensfaktum. Das geistige Erkennen ist dieser Form von Beginn an gegeben und bedarf keiner Entwicklung, denn Erkennen mit allen damit verbundenen Effekten wie Lernen, Erkenntnismehrung aber auch -verlust ist nicht ein besonders Vermögen dieser Form, sondern diese Form ist das reine Erkennen14.
Diese vier Stufen der mittelalterlichen Weltordnung bilden einen strengen, unveränderlichen Aufbau der Welt, wobei die Existenzform , also die inneren Eigenheiten und nicht die äußeren Eigenschaften determinierend wirken und die Seinsverfassung festlegen. Denn immerhin können Dinge ihren Eigenschaften nach gleich erscheinen, ohne daß damit ihr Unterschied in der Form, also der Ursache ihres Bestehens, und damit in ihrem Wesen ausgeglichen würde15. Der Mensch ist hingegen in keiner dieser vier Ebenen zu finden, er bildet vielmehr die Klammer zwischen der letzten materiellen und der geistigen Stufe und ist damit eine Wesensform, die nach beiden Seiten orientiert ist, aber in keine eingegliedert werden kann. Der menschliche Geist ist auf seine Füllung durch Entwicklung - Lernen, Erkenntnismehrung etc. - angewiesen, benötigt dafür aber einen belebten Körper. Menschsein ist demnach eine ursprüngliche, unableitbare und eigenständige Seinsverfassung und nicht ein Konlgomerat aus Körper, Geist und Seele. In seiner Funktion als verbindendem Element der zwei ontologischen Hemispären kommt dem Menschen die größte Bedeutung in der Gesamtheit der Schöpfung zu. Im mittelalterlichen Denken ist der Mensch Naht und Mitte der Welt16. Um ihr Wesen - geistige Entwicklung - jedoch erfüllen zu können, benötigen Menschen u.a. einen „Staatsverband“, der das tugendhafte Leben der Bürger zum Ziel hat. Da das Dasein des Menschen im Mittelalter sich über die (politische) Gemeinschaft definierte - das (Selbst)Bewußtsein des Menschen gründete sich nicht in jedem Menschen selbst, sondern über seine Mitgliedschaft in der Gruppe - mußte der Schöpfergott weltliche und geistliche Herrschaft schaffen, um den Zerfall der Gemeinschaft zu verhindern. Denn auch wenn der Mensch als solcher eine Neigung zum sittlichen Leben hat, braucht er zu seiner Vollendung Disziplin17 und Lenkung. Da keiner Sache eine Notwendigkeit aus sich selbst heraus zukommt, demzufolge Herrschaft eigentlich nicht aus sich selbst entstehen kann, wurde so die Herrschaft von Menschen über Menschen ontologisch legitimiert, da sie offensichtlicher Bestandteil von Gottes Allmacht und Ausdruck seiner Vollkommenheit ist. Mit dieser Begründung verliert der repressive oder zumindest beschränkende Charakter eines Staates oberflächlich an Härte.
Dieses in sich geschlossene Konzept der geklärten und vollkommenen Welt erlaubte allerdings auch keine Weiterentwicklung. „Ein Erkennen, daß das Sein nicht träfe, wäre ein vollständiger Widerspruch in sich selbst. Ein Erkenntnisproblem im Sinne der Neuzeit, das heißt also die Frage, ob menschliches Denken auch den Dingen in ihrer Wirklichkeit entspricht18, wäre ein Unsinn im Rahmen des mittelalterlichen Denkens.“19 Damit erübrigt sich allerdings auch jegliche Forschung, denn immerhin wohnt dem Erkennen notwendigerweise die absolute Wahrheit inne20, da eine Darstellung des Bestehenden nicht erweitert oder verbessert werden kann. Demzufolge bietet allein die Zerstörung der mittelalterlichen ontologischen Philosophie und damit der Idee einer vollendeten Welt die Möglichkeit einer Entwicklung.
Diese Destruktion wurde durch den Nominalismus in Gang gesetzt. Theologische Grundlage seiner Lehre ist die Idee, daß durch den ontologischen Stufenkosmos, welcher sich als ein notwendigerweise in dieser Art gefügtes Weltgebäude darstellt, Gott auf einen einzigen Punkt reduziert wird. Gott als der Schöpfer dieser Pyramide steht zwar an der Spitze der Hierarchie, muß seine Allmacht aber dem notwendigen Aufbau unterordnen. Letztendlich widerspricht das jedoch der christlichen Vorstellung von der Allmacht Gottes, welche Gott als unabhängig von jeglichen Gesetzen und Bindungen versteht. Ziel des Nominalismus war es, diesen „Gott der Überlieferung…der die Gesetze und Gesetzlichkeit weit hinter sich läßt, theologisch zu retten“21 Sein absolute Omnipotenz ist Ausdruck seiner vollkommenen Unabhängigkeit von den Verhältnissen der Welt. Während er in der Ontologie zum Knecht des Seienden wird, schafft er gemäß der nominalistischen Lehre Dinge, weil er sie schaffen will und nicht weil er deren Notwendigkeit erkannt hat. Damit wird aber jedes Ding seines Wesens enthoben, so daß Sein nur noch reines Vorhandensein, Vorkommen, bedeutet. Die Herauslösung der Dinge aus ihrer Seinsverfassung läßt den ontologischen Stufenkosmos obsolet werden. Dinge unterscheiden sich nur noch nach ihren äußeren Eigenschaften, sie verlieren ihr Wesen, das bis dahin ihr Dasein - ihre Existenzform - definierte und sind nicht mehr an Vorstrukturen gebunden. Dadurch allerdings, daß das Wesen seine Aufgabe - nämlich seinsgebender Gehalt zu sein - verliert, reduziert sich Erkenntnis auf bloße Anschauung und Betrachtung22 des Äußeren der Dinge, wobei aller Sinn und Aussagegehalt im „Was“ der Sache selbst liegt. Während in der mittelalterlichen Philosophie zwischen wesentlichen und akzidentellen Bestimmungen unterschieden wurde23, wird die Unterscheidung von der Annahme verdrängt, daß alles an einer Sache wesentlich ist. Dieser veränderte Seinsbegriff, der sich vom mittelalterlichen Ersterfa ß ten, also der Grundlage, aus der sich alles andere ableitet, zu einer Gegebenheit unter anderen Gegebenheiten wendet, aber auch die Entthronung des Wesensbegriffs, „verwies[en] den Menschen aufs rein Faktische und machte damit den Weg frei für die neuzeitliche Erfahrungswissenschaft einer entgöttlichten Natur.“24 Aber auch wenn diese Lehre versucht, die mittelalterlichen Vorstellungen abzulegen, bleibt sie partiell noch in den Ideen der Ontologie verfangen. Der Geist, die höchste Form des Seins, wird zwar ebenso, wie alle anderen Dinge, in den Bereich des bloßen Vorkommens verschoben - ohne diesen angehören zu können, denn Geist ist keine erkennbare materiale Sache und wäre demzufolge konsequenterweise nicht vorhanden -, bleibt aber dennoch Bestandteil der theoretischen Überlegungen. Dieser, im Angriff auf fundamentale Termini wie Wesen, Geist und Sein basierende, Paradigmenwechsel, der sich vor allem in der Annahme ausdrückte, daß die Möglichkeit besteht, durch Denken und Vernunft zu Erkennen, mißt jedoch auch dem Sündenfall wieder eine ungleich größere Bedeutung bei. Die Basis dieses pessimistischen Denkens im Nominalismus ist die Akzentuierung des menschlichen Willens, welche der durch den Sündenfall - als negativem (sündigen) menschlichen Verhalten25 - verdorbenen Vernunft untergeordnet ist, womit die ursprüngliche Neigung des Menschen zum tugendhaften und sittlichen Leben eingebüßt wurde. Mit dieser Vorstellung vom Wesen des Menschen macht der Nominalismus deutlich, daß allein ein hohes Maß an Repression und Zwang den Zusammenhalt einer Gesellschaft, in der die einzelnen Menschen ausschließlich auf Selbsterhaltung bedacht sind, sicherstellen kann26.
3. Die Renaissance als Grundlage neuer politischer Theorien
Die Wende vom Theologischen zur Tatsächlichkeit zog die kulturelle aber vor allem die politische Enteignung des Mittelalters nach sich. Verbinden sich im Mittelalter Glauben und Wissen, so daß jeder Glaubensinhalt gleichzeitig Teil des erkennbaren Weltwissens ist, verlangt die zunehmende Entgöttlichung der Welt geradezu, das Geglaubte zu beweisen. Damit stellt sich aber zunehmend das Wissen gegen den Glauben, was die bis dahin einheitliche und geklärte Welt in eine Vielzahl unverbundener Einzeldinge zerbrechen läßt27. In der gleichen Weise, wie die Natur ihre immanente Sinnhaftigkeit und Zweckstruktur, die ihr in Ontologie und Scholastik zugesprochen wurde, verliert, werden die ewig gültigen Werte von Kategorien wie z.B. Zeit aber auch Gewinn und Verlust28 verdrängt. Die Freisetzung aus den sittlichen Bindungen des Mittelalters zieht demzufolge wesentliche Veränderungen nach sich. Am bedeutungsvollsten sind aber die Autonomisierung des Menschen29 und die Autonomisierung der Politik und die darin determinierte neue Konfliktlinie Staat - Individuum. Denn die Emanzipation von Gott und seinem Nomos wirkte sich zwar einerseits in einer Gewißheits- und Sinnkrise30 aus, stellte andererseits aber auch die Chance dar, das Zusammenleben der Menschen von Grund auf neu zu denken und zu gestalten.
Während eine der beiden Hauptlinien bei dieser Neugestaltung den Bürger in seiner Autonomie ins Zentrum des Denkens und Wollens, losgelöst von gesellschaftlichen Aufgaben stellte, fokussierte die andere Strömung das Streben nach dem funktionierenden Staat.31 Legitimationsquelle war demzufolge entweder philosophische, am Idealzustand orientierte, Spekulation, oder faktische Rationalität unter Zuhilfenahme von geschichtlichen Erfahrungen.
Die Anerkennung von (weltlicher) Geschichte war eine enorme Leistung des Humanismus; im Mittelalter war pragmatische Geschichte nahezu bedeutungslos, da jede Epoche nur als Durchgangsstadium auf dem Weg in die Ewigkeit begriffen wurde, nun erkannte man die Möglichkeit aus Geschichte zu lernen und sie als Mittel der Erfahrungsweitergabe zu nutzen.
Sowohl Machiavelli als auch Bodin gründen ihre Ideen der Schaffung des stabilen Staates auf dieser neuen Erkenntnis. Dennoch bleiben sie partiell im Denken des Mittelalters verhaftet bzw. sind (noch) nicht in der Lage sich nicht mehr als oberflächlich von den überkommenen Werten und Traditionen zu lösen. Im folgenden soll der Versuch unternommen werde, anhand des Il Principe und der Discorsi Machiavellis und den Les Six Livres De La Republique Bodins, wesentliche Neuerungen im Staatsdenken herauszuarbeiten.
3.1 Machiavelli
Die Krise der Florentiner Republik bildete den Ausgangspunkt der Überlegungen Machiavel- lis, deren elementarer Kern in der Schaffung eines alle Bürgerinnen und Bürger einigenden Staates und dessen Stabilität war. Dieser Staat gründete sich, in Abgrenzung von den Kategorien des Mittelalters, nicht mehr auf dem moralischen, tugendhaften Leben der einzelnen Bürger, sondern stellte einzig ein ordnungspolitisches Gebilde zur „Zähmung“ der asozialen Natur des Menschen dar. Sowohl die Discorsi als auch der Principe sind als Handlungsanweisungen zur Schaffung eben dieses stabilen Staates zu verstehen. Dabei haben Fragen der Technik - und damit der gezielten Nutzung von Macht und Gewalt - den Vorrang vor sittlichen Belehrungen. Denn auch wenn der politische Mensch Machiavellis Träger eines Systems von Tugenden bleibt, die sich inhaltlich an den traditionellen, vor allem in der Fürstenspiegelliteratur32 rezipierten, orientieren, so befreit er sie von den klassischen33 ethischen Postulaten. Machiavellis Theorie basiert auf Empirie, wobei er sich auf drei Erfahrungsebenen stützt - Lektüre antiker Historiker, eigene Erfahrungen und Erfahrungen über den Umgang Menschen in seinem (politischen) Umfeld - und ist an Fragen der politischen Richtigkeit und Brauchbarkeit interessiert. Es „greift bei der Einführung freistaatlicher Verfassungen…, bei der Regierung von Königreichen…und bei der Erweiterung der Herrschaft kein Herrscher …auf die Beispiele früherer Zeiten zurück. Dies hat nach meiner Überzeugung nicht so sehr seine Ursache in der Kraftlosigkeit, die unsere gegenwärtige Religion der Welt anerzogen hat…, als vielmehr in dem Mangel echter Geschichtskenntnis, da man beim Studium der Geschichte weder deren Sinn begreift, noch die von ihr ausgehende Wirkung spürt.“34 Die Analyse der Geschichte ist seines Erachtens unerläßlich für die Bildung stabiler Staaten .
Indem er das Zusammenleben nach politischen und nicht moralischen traditionellen Kategorien beurteilt und zusätzlich die Vorstellung des göttlichen Ursprungs des Staates negiert, unterwirft er sich vollkommen dem Paradigma der Rationalität. Insgesamt ist Machiavellis Lehre nicht mehr Ethik, sondern Herrschaftswissen, das durch Effizienz gekennzeichnet ist, dem fundamentalen Legitimationsgrund dieser neuen Art von Politik. Im Interesse des Gemeinwohls ist der Herrscher nachgerade dazu verpflichtet, sich über Recht und Moral hinwegzusetzen. „Denn nur wer Gewalt braucht um zu zerstören und nicht wer sie braucht um aufzubauen, verdient Tadel.“35
Machiavelli unterscheidet zwischen Fürsten- und republikanischer Herrschaft, wobei die letztere, obwohl sie der Vergangenheit angehört, die vorzüglichere ist. Oberflächlich betrachtet besteht eine Differenz zwischen den Discorsi, welche scheinbar die freiheitlich regierten Republiken behandeln, wohingegen der Principe die Analyse einer Gewaltherrschaft behandelt. Jedoch stellen diese Republiken für ihn weder die potentielle Regierungsform der Gegenwart noch der Zukunft dar, sondern er erkennt, daß diese Form der Regierung unter den gegebenen Umständen erfolglos sein würde, denn dafür müßte die Gegenwart ein genaues Abbild der antiken politischen und gesellschaftlichen Struktur sein.36
Der ganze Aufbau beider Werke ist auf seine zentralen Kategorien gerichtet, Macht und Herrschaft. Oberstes Ziel eines jeden Fürsten, sollte es sein, Macht zu erlangen und Herrschaft zu sichern. Stabilität eines jeden Staates ist dabei Grundvoraussetzung. Die machiavellische Revolution dieses Gedankens liegt in der Abgrenzung von der mittelalterlichen Vorstellung, daß sämtliche Ordnungen von Gott initiiert und deshalb im Rahmen der göttlichen Vorsehung stabil sind, sondern daß wirklich funktionierende und dauerhafte Staaten auf guten Gesetzen und guten Armeen fußen; beides ist von den Fähigkeiten des Fürsten abhängig. Aber nicht allein die Tatsache, daß er „Staatsangelegen- heiten“ entgöttlicht, ist Ausdruck der wesentlichen Veränderungen seines frühneuzeitlichen Denkens. Auch die nun auf Rationalität und nicht auf sakralem Erbcharisma begründete Fürstenherrschaft37 hebt ihn von den mittelalterlichen Begründungszusammenhängen ab.38 In dieser pragmatischen Betrachtungsweise determinieren sich allerdings zwei immanente Probleme; einerseits ist der Fürst nicht mehr in der Lage, die Richtigkeit seines Tuns zu erkennen, denn er unterliegt nicht mehr der providentia Dei, andererseits bedingt diese neue Betrachtungsweise ein verändertes Verhältnis von Individuum und Staat. Das letztere Dilemma begründet sich nicht nur in der Freisetzung aus den von Gott gelenkten Sphären des Lebens, sondern auch in der damit verbundenen Trennung des Menschen von den bis dato als Grundstruktur seines Wesens erachteten Tugenden, mit Machiavelli wurde der Mensch ungläubig und beeinflußbar. „[Z]u alledem komm noch der Wankelmut des Volkes; es ist leicht es zu einer Sache zu überreden, aber nur schwer, es bei dieser Überzeugung zu halten.“39. Diese Grundauffassung von der Bösartigkeit der Menschen, die sein skeptisches Menschenbild nährt, ist nicht in der Prämisse der menschlichen Entscheidungsfreiheit für das höhere oder nieder Leben fundiert, sondern hat seien Ursprung in der Annahme, daß die Menschen aufgrund von Natureigenschaften40 schlecht sind. Diese können auch nicht durch den Willen und die Vernunft des Einzelnen maßgeblich verändert werden.41 Ein Beleg dafür ist der machiavellische Beratungstopos im Principe. Der Fürst in Machiavellis Vorstellung unterscheidet sich, abgesehen von einer besonderen Tüchtigkeit vielleicht, durch nichts von den normalen Menschen (in seinen Grundeigenschaften). Er ist weder von Gottes Gnaden zum Herrschen bestimmt worden, noch durch seine „Verstandeskräfte“42 besonders geeignet. Damit ergibt sich aber das Problem, daß er nicht in der Lage sein kann, alle Bedürfnisse zu erkennen oder aber alle Situationen „richtig“ einzuschätzen, er demzufolge aber als Herrscher ohne das Vermögen, die absolute Wahrheit zu sehen, Berater benötigt. Die Lösungen für Probleme im Staat war Sache des Herrschers, „aber die Information über Mißstände im Lande wie am Hofe oder über das Verhalten und das Ansehen des Herrschers selbst - das brachte der Narr43 ein“44 - gewissermaßen die Potenzierung der Tüchtigkeit.
Einerseits erlangt also die Suche nach Selbsterhaltung oberste Priorität, wobei diese Aufgabe eines jeden Menschen selbst ist - Gottvertrauen und mangelndes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten können verhängnisvoll sein -, andererseits verdrängt das Streben um das Wohl des Staates45 allmählich das Heil der Seele. „Das heißt jedoch nicht, daß sich Machiavelli für die Freiheit der Bürger nicht interessiert hätte, im Gegenteil; aber er erhob sie nicht zur Konstanten seiner politischen Theorie, sondern ließ sie auf der Ebene einer Variablen.“46 Letztendlich war innere Stabilität das oberste Ziel. Diese ist aber nur bedingt von menschlichen Handlungen abhängig und beeinflußbar. Sowohl im Principe als auch in den Discorsi versucht Machiavelli, Topoi zu definieren, die von enormer Bedeutung im menschlichen Leben allgemein, vor allem aber für den Herrscher, sind. Diese lehnen sich zwar zumindest sprachlich an die antiker Philosophen an47, deren Intentionen unterscheidet sich hingegen massiv. Die Idee von der virt ù, also der Klugheit und Tüchtigkeit, die ein Fürst besitzen sollte, um einen stabilen Staat zu schaffen, grenzt sich stark von der virtus romana ab, die Machiavelli für immer verloren glaubt.48 Dennoch geht er davon aus, daß so etwas wie virt ù existiert, wenn auch befreit von den ethisch-normativen Postulaten der Antike, also den eigentlich immanenten Kardinal- und Fürstentugenden. Seine virt ù entspricht vielmehr der vollkommen auf sich selbst gestellten Energie der politischen Stärke, vereint mit einer besonderen Fähigkeit klug und - was noch viel wichtiger ist - vorausschauend zu handeln. Sie ist nicht mehr sittlichen und tugendhaften Grundzügen belegt, welche die Menschen, auch noch im Mittelalter, das Gute und Richtige tun lassen49, sondern wird vollständig auf die technisch-pragmatische Komponente reduziert.50 Sie beinhaltet Tüchtigkeit und Fähigkeit in bezug auf das Staatsleben; ist die Kraft, einen Staat zu begründen und festigen; sie zeugt von einem unbändigen Willen - verbunden mit politischer Klugheit - ihres Trägers, eben diese Fähigkeiten optimal zu nutzen - fall nötig unter Anwendung politischer Gewalt. “He argues instead that the defining characteristic of a truly virtuoso prince will be a willingness to do whatever is dictated by necessity - whether the action happens to be wicked or virtuous - in order to attain his highest ends. So virtù comes to denote precisely the requisite quality of moral flexibility in a prince … “51
Trotz großer Tüchtigkeit bedarf es immer auch der Gelegenheit, occasione, denn „auch und gerade der uomo vituoso bedarf der occasione, um sich als solcher bewähren zu können.“52 Dementsprechend wertet Machiavelli auch das virtù-gemäße Handeln berühmter Fürsten der Vergangenheit (Moses, Cyrus, Romulus, Theseus): „Prüft man ihre Handlungen und ihr Leben, so sieht man, daß sie vom Glück nur die Gelegenheit erhielten… Ohne diese Gelegenheit wäre ihre Geisteskraft zwecklos geblieben, und ohne ihre Tüchtigkeit wäre die Gelegenheit vergeblich verkommen. […] Vor allem diese Gelegenheiten machte jene Männer erfolgreich, und ihre ausgezeichnete Begabung ließ sie diese Gelegenheit erkennen.“53 Offensichtlich bedingen sich virt ù und occasione, die ihrerseits noch von einem weiteren Faktor abhängen, welcher jedoch nicht der Einflußmöglichkeit des Fürsten unterliegt, der necessit à. Hinter diesem Topos verbergen sich die historischen Entwicklungstendenzen, also die politischen Invariablen. Dennoch geht er davon aus, daß, auch wenn diese Faktoren nicht direkt beeinflußbar sind, die Menschen, und demzufolge auch der tüchtige Fürst, in der Lage sind, zu berechnen und ihnen gegebenenfalls entgegenzuwirken. Es ist Aufgabe der Politik, Gefahren zu erkennen und Vorkehrungen zu treffen.
Betrachtet man ausschließlich diese drei kategorialen Größen seiner Lehre, wird die Herauslösung aus den Denk- und Begründunsstrukturen der mittelalterlichen Ontologie besonders evident. Die explizite Ablehnung der Existenz eines Schöpfergottes, der die Geschicke der Menschen regelt, aber auch die Anerkennung der Bedeutung von Geschichte und die Herausarbeitung ihrer Gesetzmäßigkeit, sind Ausdruck einer neuen Weltanschauung. Das Zusammenleben ist nicht mehr zweckimmanent durch die göttlichen Ordnung geregelt, sondern muß von den Individuen selbst gestaltet werden. Zur entscheidenden Größe wird allerdings fortuna. Fortuna ist für Machiavelli der „Geschichtsfaktor, der weder berechenbare Kausalität noch erkennbare Finalität aufzuweisen vermag.“54 Sie weist, trotz der relativen Lösung von den theologischen Klassifizierungen des Mittelalters, quasi-numinose Züge auf. Sie handelt dabei nicht planvoll, ist also nicht mit göttlicher Vorsehung zu vergleichen, hat aber dennoch die Möglichkeiten eines omnipotenten Gottes, der sich willkürlich und launenhaft als Bedrohung für den Menschen präsentiert. Die Macht des Schicksal kann durch vorausschauendes und kluges Handeln soweit eingeschränkt werden, „daß das Schicksal über die Hälfte unserer Handlungen entscheidet und daß es die andere Hälfte oder fast so viel uns überläßt55 “56. Das Schicksal ist eine variable Größe und kann sich mit der Geschicklichkeit und dem Können der Handelnden ändern, denn „es zeigt seine Macht, wo keine Kraft zum Widerstand bereitgestellt ist“57. Hierin zeigt sich jedoch, daß Machiavelli nicht in der Lage war, sich vollkommen außerhalb der mittelalterlichen Tradition zu bewegen. Die Gründe dafür sind mehr als offensichtlich. Natürlich war es Machiavelli nicht möglich, alle Entwicklung seiner Zeit rational zu begründen. Alles was für ihn irrational und unbegründbar blieb, faßte er als Schicksal und damit gott-ähnlich zusammen.
Und auch in einem anderen Punkt läßt sich ein traditioneller Bezug feststellen. Zwar hebt sich der Principe signifikant von den herkömmlichen Schemata mittelalterlicher Fürstenspiegel durch seine radikale Zuspitzung auf das Prinzip der Macht ab58, da er sich von den üblichen Lobdienereien für einen Landesfürsten dieser Epoche emanzipiert und sich nicht mit der vom Prinzen erwarteten christlichen Moral befaßte59. Dennoch orientiert sich die ganze Struktur des Principe an eben diesen Traktaten.
3.2 Bodin
Bodins Lehre von der Souveränität entwickelte sich vor dem Hintergrund des durch politische Krisen und Zerwürfnisse gezeichneten Frankreich. Als maßgeblichen Auslöser der Konfessionskriege identifizierte er die Entität des Fehlens einer einheitlichen einigenden, von einem Herrscher geleiteten Ordnung. So ist die Schaffung eines Staates und dessen Stabilisierung prioritär und eine naturbedingte Notwendigkeit. Teil der Stabilisierung ist die Einsicht, daß die Prinzipien des Staates dem gesellschaftlichen Wandel, der n é cessit é 60, Platz lassen müssen, der sich im Wechsel der Souveränität, der Sitten und der Bräuche aber auch der sozialen Ordnung ausdrücken kann. Insofern stellt Bodin den Staat als lebendigen Organismus dar, welcher durch Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gekennzeichnet sein muß61. Die Realisierung dieser Anforderungen obliegt dem klugen und geschickten Fürsten: „Dem Abwägen von vertu 62 und prudence tritt als gewichtige Anforderung die conservation de l ’ estat gegenüber, die schnelle und häufig ‚extreme‘ Lösungen verlangt.“63 Die korrumpierte Natur des Menschen und die bestehenden Verhältnisse liefern im Falle von Verstößen gegen geltendes Recht die Legitimation der Handlungen des Fürsten, wobei Erfolgsorientierung64 und politisches Kalkül, auch in bezug auf die Mittel, der Maßstab sind. Einerseits säkularisiert er also die Bedeutung des Staates und sieht ihn als Garant für Frieden nach innen und Schutz nach außen65 und befreit zusätzlich die Menschen aus den sittlichen, tugendorientierten Bindungen des Mittelalters. Andererseits propagiert er den Staat als gottgegebene Ordnung, denn allein im Staat findet der Mensch seine eigentliche Erfüllung.66 Diese diametrale Betrachtungsweise resultiert aus seinem Weltbild, welches sich des ontologischen Zugriffs bedient und die Welt als Stufenkosmos versteht, in welchem jedoch andererseits sämtliche Handlungen des Menschen nicht mehr Gottes direktem Einfluß unterliegen. Die Schöpfung ist für ihn eine abgeschlossene Tat, alles was folgt unterliegt der Eigengesetzlichkeit der Welt. Die Welt partizipiert zwar deshalb immer an Gott, befreit und emanzipiert sich aber von seinem direkten Zugriff. Bodins Fürst begründet seine Macht über Gottesgnadentum und über die Realpolitik, die am Tatsächlichen orientiert war.
Die Gründung und Erhaltung der innerweltlichen Ornung ist am besten unter Zuhilfenahme der Geschichte und durch sie transportierten Erfahrungen gewährleistet. Der Empirismus des frühneuzeitlichen Denkens schlägt sich auch in der Theorie Bodins nieder. Denn durch den historischen Vergleich können Gesetzmäßigkeiten der Welt ergründet werden, die dem politisch handelndem Menschen als pragmatisches Beispiel aber auch als Material zur Aufstellung eines funktionierenden Rechtssystems dienen (können). Dieses Rechtssystem orientiert sich aber wiederum an der mittelalterlichen Naturrechtstradition, wonach göttliches und natürliches Recht den Vorrang vor weltlichem Recht haben. Der weltliche (souveräne) Fürst, der das irdische Abbild Gottes verkörpert, erläßt demnach die Gesetze, die menschliche Zusammenleben verregeln, ohne dabei gegen die göttlichen und natürlichen Gesetze verstoßen zu dürfen, die Ausdruck des Willens Gottes und damit Maßstab aller anderen Gesetze sind. In möglichen Konflikten zwischen profit - dem Wohl des Staates - und honneur - den göttlichen und natürlichen Gesetzen, zu denen u.a. die Zehn Gebote und das Recht auf Privateigentum gehören - hingegen, kann der Fürst dennoch zugunsten des profit entscheiden, also „doktrinäre Vorstellungen zu Gunsten einer praktischen Vernünftigkeit“67 zurückstellen. Einerseits versucht Bodin also die Freisetzung der Menschen aus der mittelalterlichen Gemeinschaft durch das Anerkennen von durch Privatinteressen geleiteten Individuen, andererseits verleiht er dem Fürsten quasi-theologische Züge. Darüber legitimiert er seine absolute Herrschaft und unterbindet bzw. verbietet zudem jeglichen potentiellen Widerstand gegen den Herrscher68. „Wenn der Fürst souverän ist…, [dessen] Herrschaftsgewalt nicht in Zweifel gezogen und [dessen] Souveränität nicht mit den Untertanen geteilt wird, dann ist es für Machiavelli, sondern Staatszweck selbst.“ - Fenske (1987), S. 301 - Dieser Unterschied verdeutlicht die Entwicklung hin zu einer moderneren Sichtweise, die Stabilisierung des Staates muß auf Grundlage des zivilen Rechts erfolgen. unter keinen Umständen weder dem einzelnen Untertan noch der Gesamtheit der Untertanen erlaubt, irgend etwas auf irgendeine Weise gegen Ansehen oder Leben des Königs69 zu unternehmen, selbst wenn er Grausamkeiten aller Art begangen hat. Denn der Untertan kann gegenüber seinem Fürsten nicht den Rechtsweg einschlagen, weil alle Macht und Befehlsgewalt vom Fürsten ausgehen“70, und er darüber hinaus Herrscher durch göttliche Vorsehung ist. „Wenn …die Begierde der Vernunft entgegensteht, wenn ein einzelner einem Magistrat oder dieser dem Fürsten nicht Gehorsam leistet, wenn die Fürsten sich gegen Gott auflehnen, dann erlebt man, daß Gott die Mißstände rächt und sein ewiges, von ihm selbst eingerichtetes Gesetz zur Geltung bringt, indem er die König- und Kaiserreiche den weisesten und tugendhaftesten Fürsten überträgt oder, richtiger gesagt, den am wenigsten ungerechten…“71
Das evidente Spannungsverhältnis zwischen diesen beiden Polen ist für ihn entweder irrelevant und schließt damit eine Auflösung auf kann also vernachlässigt werden, oder ist gar nicht existent.
Trotz aller Anbindung an und Begründungsversuche über traditionelle Kategorien ist die Souveränitätslehre Bodins eine wesentliche Entwicklung der frühen Neuzeit, die im Mittelalter nicht möglich gewesen wäre. Die fast vollkommene Freisetzung aus weltlichen rechtlichen Zwängen und der Rechenschaftspflicht gegenüber Dritten72 erlaubte dem Fürsten Gesetze zum Besten des Staates zu erlassen und deren Durchsetzung zu erzwingen, auch wenn sie dem bestehenden Recht zuwiderlaufen. Das Insistieren auf absoluter Souveränität findet seine Berechtigung in der Vorstellung, daß in Streitfragen den Staat und notwendige Handlungen potentiell lähmen wenn nicht gar handlungsunfähig machen können. Insofern sind die Befugnisse des Souveräns für das Staatsleben zu wichtig, „als daß sie durch rechtlich unüberwindbare Konsens-Verweigerungen paralysiert werden dürften. Im Gegenteil, der Inhaber der Souveränität muß …frei und schnell entscheiden können…“73.
Insofern hebt sich Bodin sichtbar von den Denkern und auch Denkstrukturen des Mittelalters ab, auch wenn sich Lehren partiell anschließt, möglicherweise eine Methode, Irrationalitäten zu bewältigen74.
4. Fazit
Die eingehendere Betrachtung der Werke Machiavellis und Bodins haben gezeigt, daß sich beide in ihrer Bestrebung politische Handlungsanweisungen zu verfassen, die sich an der gegenwärtigen gesellschaftlichen Realität orientierten, nur bedingt von den normativen Kategorien der Ontologie und des Nominalismus, den bestimmenden philosophischen Richtungen des Mittelalters, lösen konnten. Weder Machiavelli noch Bodin streiten über die Existenz des „Guten“ oder „sittlich Richtigen“, denn diese Größen sind für ihre Theorien ohne Belang, sie orientieren sich vielmehr an meßbaren Kriterien, wobei die bestimmenden Zielkategorien Frieden und Einheit sind. Ihre Argumente treffen nicht Maximen, sondern verweisen auf die Natur der Dinge, ihre Urteile und Anweisungen sind politische und doch noch moralisch motiviert. Und dennoch bewegen sie sich nicht außerhalb dieser von ihnen verworfenen Denk- und Ordnungsmodelle. Kennzeichnend für den Stand ihrer Auseinandersetzungen ist, daß sie nicht im Zuge der Entwicklung eines optimalen Staates ein vollständiges, stringentes philosophisches System konstruieren75, sondern sich mit Beschreibungen zufrieden geben.76 Irrationalitäten und Imponderabilien finden auch in ihren Werken quasi-theologische Begründung. Ausblickend wäre demzufolge von Interesse, warum es ihnen nicht möglich war, sich von mittelalterlichen Einflüssen zu befreien. Gründe dafür könnten in den wissenschaftlichen Erkenntnissen, denen natürliche und technischen Grenzen gesetzt waren, liegen oder auch ihren Ursprung in der fehlenden Erklärungsmächtigkeit von bis dato unbekannten Phänomenen, wie der zunehmenden Schrumpfung gemeinsamer Interessen aufgrund wachsender sozialer und ökonomischer Differenzierung77, haben. Darüber hinaus wäre es besonders interessant die Reichweite der von Machiavelli und vor allem Bodin entwickelten Theorien zu ermitteln bzw. ihren Einfluß und ihre Relevanz für die Staatswissenschaften und den Aufbau des modernen Staates herauszuarbeiten. Immerhin wurden von beiden Begriffe geprägt, die in der heutigen Politik Grundprinzipien des gesellschaftlichen Lebens darstellen. Natürlich unterscheidet sich die Intention der damaligen Begrifflichkeiten von den heutigen, die Kontinuität der Benutzung läßt allerdings Anknüpfungspunkte vermuten. Das ist allerdings im Hinblick auf den theoretischen Rahmen dieser Arbeit nicht zu leisten und sollte späteren Ausarbeitungen vorbehalten bleiben.
5. Literaturliste
- Bodin, Jean (1976): Über den Staat, Stuttgart, Reclam
- Böhret, Carl (1997): Reformen im Staat mittels Politikberatung?, in: Blöcker, Antje/Heyder, Ulrich/Mangels-Voegt, Birgit (Hg.): Die Reformfähigkeit von Staat und Gesellschaft. Festschrift für Klaus Lompe zum 60. Geburtstag, Frankfurt/Main u. a., S. 81 - 96
- Boldt, Hans (1990): Staat und Souveränität, in: Brunner, O./Conze, W./Koselleck, R. (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe: Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Stuttgart, S. 1 - 154
- Cassirer, Ernst (1985): Der Mythus des Staates. Philosophische Grundlagen politischen Verhaltens, Frankfurt/Main
- Denzer, Horst (1986): Bodin, in: Maier, H./Rausch, H./Denzer, H. (Hg.): Klassiker des politischen Denkens, München, S. 245 - 265
- Deppe, Frank (1987): Niccolò Machiavelli. Zur Kritik der reinen Politik, Köln
- Diesner, Hans-Joachim (1988): Mensch, Macht, Politik und Staat im 16. Jahrhundert, Bochum
- Gadamer, Hans-Georg (Hg.) (1998): Aristoteles. Nikomachische Ethik VI, Frankfurt/Main
- Günther, Horst (1982): Herrschaft, in: Brunner, O./Conze, W./Koselleck, R. (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe: historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Stuttgart, S. 1 - 102
- Hinrichs, Ernst (1969): Fürstenlehre und politisches Handeln im Frankreich Heinrichs IV.: Untersuchungen über die politischen Denk- und Handlungsformen im Späthumanismus, Göttingen
- Ilting, Karl-Heinz (1982): Macht und Gewalt, in: Brunner, O./Conze, W./Koselleck, R. (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe: historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Stuttgart, S. 817 - 935
- Kersting, Wolfgang (1988): Niccolò Machiavelli, München,
- Koenigsberger, H. G./Mosse, G. L./Bowler, G. Q. (1989): Europe in the Sixteenth Century, London, New York
- MacClelland, J.S. (1996): A History of Western Political Thought, London
- Macfarland, Joseph C. (1999): Machiavelli’s Imagination of Excellent Men: An Appraisal of the Lives of Cosimo de‘ Medici and Castruccio Castracani, in: American Political Science Review, Nr. 93, H. 1, S. 133 - 146
- Machiavelli, Niccolò (1976): Der Fürst, Leipzig
- Machiavelli, Niccolo (1977): Discorsi: Gedanken über Politik und Staatsführung, Stuttgart
- Maluschke, Günther (1991): Macht/Machttheorien, in: Nohlen, Dieter (Hg.): Wörterbuch Staat und Politik, München, S. 399 - 403
- Matz, Ulrich (1975): Politik und Gewalt: Zur Theorie des demokratischen Verfassungs- staates und der Revolution, Freiburg, München
- Meier, Ulrich (1996): Ad incrementum rectae gubernationis. Zur Rolle der Kanzler und Stadtschreiber in der politischen Kultur von Augsburg und Florenz in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, in: Schwinges, Rainer Christoph (Hg.): Gelehrte im Reich. Zur Sozial- und Wirkungsgeschichte akademischer Eliten des 14. bis 16. Jahrhunderts, Berlin, S. 477 - 504 - Münkler, Herfried (1983): War Machiavelli ein Machiavellist? Die Ursprünge deutsches Machiavellismus und die Staatsraison, in: PVS, H. 3, S. 329 - 341
- Münkler, Herfried (1984): Machiavelli. Die Begründung des politischen Denkens der Neuzeit aus der Krise der Republik Florenz, Frankfurt/Main,
- Münkler, Herfried (1985): Staatsraison und politische Klugheitslehre, in: Fetscher/Münkler (Hg.): Pipers Handbuch der politischen Ideen, Bd. 3: Neuzeit: Von den Konfessionskriegen bis zur Aufklärung, München, S. 23 - 72
- Nicholson, Peter (1988): Aristoteles - Ideale und Realitäten, in: Redhead/Starbatty: Politische Denker. Von Plato bis Popper, Stuttgart, S. 39 - 60
- Nitschke, Peter (1997): Niccolò Machiavelli. Il Principe, in: Stammen, Theo/Riescher, Gisela/Hoffmann, Wilhelm (Hg.): Hauptwerke der politischen Theorie, Stuttgart, S. 297 - 300
- Quaritsch, Helmut (1986): Souveränität: Entstehung und Entwicklung des Begriffs in Frankreich und Deutschland vom 13. Jh. bis 1806, Berlin
- Rebenstorf, Hilke (1995): Die politische Klasse. Zur Entwicklung und Reproduktion einer Funktionselite, Frankfurt/Main, New York
- Rombach, Heinrich (1981): Substanz, System, Struktur: Die Ontologie des Funktionalismus und der philosophische Hintergrund der modernen Wissenschaft, Freiburg/München
- Rowe, Christopher (1988): Plato - die Suche nach einer idealen Staatsform, in:
Redhead/Starbatty: Politische Denker. Von Plato bis Popper, Stuttgart, S. 23 - 38
- Schmitt, Eberhard (1986): Machiavelli, in: Klassiker des politischen Denkens, München, S. 165 - 180
- Schönherr-Mann, Hans-Martin (1996): Machiavelli und die Grenzen der Vernunft. Politisches Handeln zwischen Zufall und Berechenbarkeit, in: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft, H. 3, S. 357 - 367
- Schrimpf, Gangolf (1996): Bausteine für einen historischen Begriff der scholastischen Philosophie, in: Beckmann/Honnefelder/Schrimpf/Wieland (Hg.): Philosophie im Mittelalter: Entwicklungslinien und Paradigmen, Hamburg, S. 1 - 25
- Skinner, Quentin (1992): Machiavelli, in: Great Political Thinkers, Oxford, New York, S. 1
- 106
- Theimer, Walter (1973): Geschichte der politischen Ideen, Bern, München
- Wesel, Reinhard (1997): Xenophon. Kyrou paideia, in: Stammen, Theo/Riescher,
Gisela/Hoffmann, Wilhelm (Hg.): Hauptwerke der politischen Theorie, Stuttgart, S. 543 -
- Wieland, Georg (1996): Rationalisierung und Verinnerlichung: Aspekte der geistigen Physiognomie des 12. Jahrhunderts, in: Beckmann/Honnefelder/Schrimpf/Wieland (Hg.): Philosophie im Mittelalter, Hamburg, S. 61 - 79
[...]
1 Rowe (1988), S. 48
2 Grund dafür war das nicht mehr per diviner Ordnung geregelte Leben und die daraus resultierenden, schwer kalkulierbaren neuen Variablen.
3 vgl. Kersting (1988), S. 72
4 Die Rezeption Aristoteles‘ brachte beispielsweise verschiedene Ansätze hervor. Ein Ansatz geht von begleitender Kausalität aus, wonach die Schöpfung der Welt keine freie Entscheidung Gottes war, sondern notwendiges Ergebnis seines auf die Ewigkeit orientierten Denkens. Da die Materie ihre Bestimmung selbst zu realisieren vermag, und nicht der Zuweisung durch Gott bedarf, verselbständigt sich der Prozeß der Erschaffung der Welt. Ein anderer wichtiger Ansatz fokussiert die Schöpfungstat. Demnach besteht nichts aus sich selbst heraus, sondern nur durch die Allgegenwart Gottes, der die Notwendigkeit bestimmter Geschöpfe erkennt und auch deren Fortbestand sichert. - vgl. Münkler (1984), S. 78 - 80
5 Die folgenden Ausführungen orientieren sich vor allem an Rombach (1981), S. 57ff. und Münkler (1984), S. 63ff.
6 Rombach (1981), S. 60
7 Münkler (1984), S. 70
8 Rombach (1981), S. 62
9 Diese Stufe ist die des „toten Seienden“, die Stufe der Mineralien und Elemente.
10 die Ebene der Pflanzen
11 In dieser Stufe sind die Tiere verortet.
12 Rombach (1981), S. 64
13 wie z.B. Schmerz, Sorge, Angst, Tod, Zeit
14 vgl. Rombach (1981), S. 62 - 68
15 Mit gleichen Eigenschaften sind zum Beispiel Farben gemeint; Frösche sind grün, Pflanzen auch. Einer Eigenschaften nach wären also Frösche und Pflanzen gleich, dennoch sind ihre Seinsverfassungen gänzlich verschieden, sie unterscheiden sich in ihrem Wesen - letztlich ausschlaggebend für die Stufe ihres Seinsvollzugs im ontologischen Weltgefüge.
16 Diese Vorstellung beschränkt sich nicht nur auf das politisch-philosophischen Denken, sondern drückt sich auch im naturwissenschaftlichen Paradigma der Erde als Zentrum des Universums aus.
17 Erklären läßt sich diese Vorstellung nur im Hinblick auf das Paradigma des Menschen als einem trotz göttlicher Einflußnahme
selbstbestimmten Wesen. „Indem der Mensch die von Gott verliehene Willensfreiheit gegen seinen Schöpfer gebraucht habe, habe er selbst das Böse in die Welt gebracht“ und damit Übel aller Art verursacht. - Münkler (1984), S. 72
18 Diese Problem stellte sich schon in der Antike - Platos Höhlengleichnis ist die bekannteste Auseinandersetzung mit dieser Frage - wurde aber im Mittelalter durch die Behauptung aufgelöst, daß Gott den Dingen innewohnt und Gott Wahrheit ist, die man nur zu erkennen braucht.
19 Rombach (1981), S. 76
20 Im Erkennen wird alles Sein erst perfekt, weshalb alles, was ist, zum Erkennen strebt. Da die innere Wahrheit und Wirklichkeit der Dinge Ergebnis dieses Erkennens sind, bedingt sich darin seine Universalität, was wiederum bedeutet, daß sämtliches Wissen allen Menschen in seiner Vollständigkeit zugänglich ist. - vgl. Rombach (1981), S. 76
21 Rombach (1981), S. 81
22 Durch die Negation der inneren Wirklichkeit, des Seins, verliert Erkenntnis an Relevanz. Im mittelalterlichen Denken war Erkenntnis auf das Sein gerichtet, mit dem Verlust des Seins als Kategorie ist Erkenntnis nur noch zum Erfassen des direkt Sichtbaren geeignet bzw. notwendig.
23 Wesentlich war beispielsweise die Seinsverfassung Tier, unwesentlich für seinen Seinsvollzug allerdings, also die Stufe in der ontologischen Hierarchie, , was für ein Tier. Nicht die äußerlichen Eigenschaften, sondern der Seinsvollzug bestimmte das Dasein.
24 Münkler (1984), S. 88
25 Die Vorstellung vom Sündenfall wurde in der Ontologie nicht verworfen aber von der Annahme überlagert, daß, auch wenn Gott den Menschen Willensfreiheit gab, die sie potentiell mißbrauchen könnten, die ihnen immanente Neigung zur Sittlichkeit dominant ist.
26 vgl. Münkler (1984), S. 87
27 vgl. König (1979), S. 76f.
28 Interessenabwägung und kluge Voraussicht (erst ökonomisch, später dann politisch) vermittelten neue - auf persönlichen Gewinn orientierte - Maximen des Handelns. Mit zunehmendem Kapital- und Warenverkehr erkannten die Menschen die Möglichkeit einer Beeinflussung ihres persönlichen finanziellen Schicksals, während in der agrarisch orientierten Gesellschaft des Mittelalters nur bedingt ökonomisch relevante Größen (Boden, Zeit des Reifeprozesses etc.) beeinflußt werden konnten.
29 Auch der Mensch führt nicht mehr das vorbestimmten zweckimmanente Dasein des Mittelalters, sondern muß sich nun seinen Zweck selber suchen. Das heißt, daß er als Individuum die Grundlagen für sein Leben im eigenen Handeln determiniert.
30 „Mit der Negation der objektiven, den Dingen dieser Welt einwohnenden Ideen erlischt gleichsam das innere Licht in den Dingen, das von Gottes Vernunft herrührt; die Dinge werden für die menschliche Vernunft dunkel und undurchschaubar.“ - Matz (1975), S. 153
31 vgl. Münkler (1984), S. 34
32 Fürstenspiegel waren vor allem dadurch gekennzeichnet, daß sie dem Fürsten seine fundamentalen Aufgaben vor Augen führen sollten. Sie handelten von der Norm des Sittlichen und vernachlässigten in ihren Anweisungen darüber, wie der Herrscher sein sollte, die politische Realität. Ihre Verbreitung war natürlich dadurch sehr begrenzt, da sie als pädagogische Abhandlungen vor allem Prinzenerziehern dienten.
33 Die Tugenden des Mittelalters hatten ihren Ursprung in der Philosophie der Antike.
34 Machiavelli (177), S. 5
35 Machiavelli (1977), S. 36f.
36 vgl. König (1979), S.224f.
37 In seinem strengen Aufbau des Principe - in dilemmatisch-kontrastierender Methode verwirft er die für ihn uninteressanten Aspekte - sind erbliche und damit göttlich begründete Herrschaften nur nebensächlich, wogegen neu erworbene Fürstenherrschaften das eigentliche Thema des Principe bilden.
38 vgl Skinner (1992), S. 33ff.
39 Machiavelli (1976), S. 35
40 für die Fortführung dieses Ansatzes siehe Hobbes
41 vgl. Deppe (1987), S. 299 und Schönherr-Mann (1996), S. 357 - 363
42 in der politeia Platons gliedert sich der ideale Staat in drei Stände, der herrschende Stand hat sich für diesen durch Verstandeskräfte „qualifiziert“
43 der Berater des Mittelalters, „der treffsichere und wirksame Kritik an öffentlichen Zuständen und politischen Maßnahmen“ übte: Böhret (1997), S. 84
44 ebd., S. 85
45 Auch wenn Machiavelli sich vom, durch ethisch-religiöse Zwecke bestimmte, mittelalterlichen Gemeinwesen trennen konnte, so war er noch nicht in der Lage - wie Thomas Hobbes - das Individuum gänzlich zum Zentrum seiner Theorie zu machen und den Staat als Schutzgebilde für die ihren Privatinteressen nachgehenden BürgerInnen zu sehen.
46 Münkler (1984), S. 98
47 Immerhin bildete die Antike in all seinen Vorstellungen den perfekten Bezugspunkt, da diese „in seiner gespannten Heimatseligkeitaus der fernsten Vergangenheit neue Verheißungen für ein lebenswertes Dasein der Zukunft herausschöpft.“ - König (1979), S. 225
48 vgl. Cassirer (1985), S. 193
49 Tugendhaftigkeit, Vernunft, gutes, dem Stand in der Gemeinschaft entsprechendes Leben usw.
50 vgl. Rowe (1988), S. 27 - 33 und Nicholson (1988), S. 48 - 51
51 Skinner (1992), S. 39
52 Münkler (1984), S. 306
53 Machiavelli (1976), S. 34f.
54 Münkler (1984), S. 302
55 Virt ù und f ortuna bilden also keine absoluten Gegensätze, wie häufig dargestellt wird (z.B. in Münkler (1984), S. 316f.). Letztendlich ist auch f ortuna die Macht, die dem Tüchtigen die Gelegenheit bereitstellt, ohne die er nur sehr schwer in die Position des Handelnden kommen könnte. Dieser strenge Ggensatz wäre nur dann aufrecht zu erhalten, setzte man virt ù mit Tugend gleich. Dann wäre fortuna eine Kraft, die einzig die sittlichen Bestrebungen des Menschen behindern wollte und somit nur negativen Einfluß hätte.
56 Machiavelli (1976), S. 93
57 a.a.O.
58 vgl. Stammen u.a. (1997), S.298
59 vgl. Koenigsberger u.a. (1989), S. 156ff.
60 Diese kategoriale Größe kann mit der necessita Machiavellis verglichen werden; sie bezeichnet Unvorhersehbares und Unkalkulierbares, das die rationalität fürstlichen Handelns bedroht, da sie schnelle politische Lösungen verlangt.
61 vgl. Denzer (1986), S. 263
62 Sowohl vertu als auch prudence beinhalten die Eigenschafte, welche Machiavelli unter virt ù subsumiert.
63 Hinrichs (1969), S. 84
64 Hierbei würde er jedoch nicht so weit gehen, wie Machiavelli: „Bodins Fürst ist Machiavellist nur, wenn es um Staatserhaltung geht, nicht aber zwecks unnötiger Machterweiterung. Hier hat das Recht den Vorrang, denn das Recht ist für Bodin nicht Mittel zum Staatszweck wie
65 vgl. Fenske (1987), S. 298
66 vgl. Denzer (1986), S. 256 und Hinrichs (1969), S. 75
67 Hinrichs (1969), S. 49
68 Geht eine wirklich souveräner Fürst gegen einen Tyrannen vor, ist ihm das erlaubt. Das Volk hingegen darf sich niemals gegen den Herrscher wenden.
69 Nur ein König kann wirklich souverän sein, da der Souverän stets im Besitz der Staatsgewalt bleibt und keinen gleichrangigen Herrscher über oder neben sich hat - außer Gott. vgl. Bodind (1976), S. 19
70 Bodin (1976), S. 58
71 ebd., S. 6
72 Souveränität bezog sich im traditionellen Denken fast immer auf Einzelkompetenzen. Sie beinhaltet noch nicht die absolute Gesetzgebungskompetenz aus, der sich alle anderen Zuständigkeiten und Befugnisse ableiten. Demzufolge konnte er Gesetze erlassen oder verwerfen, ohne Gründe zu nennen oder sich rechtfertigen zu müssen.
73 Quaritsch (1986), S. 56
74 also im Sinne der fortuna Machiavellis
75 Diesen Schritt machte erst Thomas Hobbes.
76 vgl. König (1979), S. 103
77 vgl. Quaritsch (1986), S. 59
- Citar trabajo
- Britta Krause (Autor), 2000, Vergleich des frühneuzeitlichen Denkens anhand der Werke Machiavellis und Bodins mit dem philosophischen Denken des Mittelalters, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95064
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