Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit folgender Frage: Welchen Einfluss kann die Erlebnispädagogik in der Sozialen Arbeit durch kurzfristige fotografisch-gestützte Projekte in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit auf das zukünftige positive Selbstbild von Kindern und Jugendlichen nehmen?
In der Bachelorarbeit möchte ich theoretisch vor allem darauf zielen, inwiefern sich die Erlebnispädagogik durch bestimmte Methoden mit gezielt gesetzten Aktionen positiv auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, die im Fokus der Offenen Kinder- und Jugendarbeit stehen, auswirken kann. Vor allem wenn sie schlussendlich den Effekt eines prägenden Bildes in den Händen halten und worauf sie mit positiven Emotionen blicken können.
In dieser Arbeit werden erst die Grundzüge der Erlebnispädagogik dargestellt und auf die Offene Kinder- und Jugendarbeit eingegangen. Weiters wird der Fokus auf die Natur als Ort des Geschehens mit all ihren einflussreichen Facetten gelegt. Diese Arbeit schließt vor dem Fazit mit dem Konzept des Projektes "Abenteuer – Foto – Zukunft", welches alle Aspekte der wissenschaftlichen Recherche in die Praxis umsetzt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Erlebnispädagogik
2.1. Definition
2.2. Das Erlebnis
2.3. Ziele
2.4. Die Praxis
2.5. Wirkungs- und Lernmodelle der Erlebnispädagogik
2.5.1. “The Mountains Speak for Themselves”
2.5.2. Outward Bound Plus
2.5.3. Metaphorisches Modell (nach Bacon)
2.5.4. Lernzonenmodell (nach Senninger)
2.6. Zielgruppe
2.7. Soziale Arbeit und Erlebnispädagogik
3. Offene Kinder- und Jugendarbeit
3.1. Aufgaben und Ziele
3.2. Partizipation und ihre Bedeutung für die Kinder- und Jugendarbeit
5. Die Natur als Medium
5.1. Der Wert der Natur
5.1.1. Umweltbewusstsein
5.1.2. Sozialverhalten
5.1.3. Physische, psychische und seelische Gesundheit
5.1.4. Körperliche Entwicklung
5.1.5. Psychische und emotionale Entwicklung
5.1.6. Vertrauen und Handlungsfähigkeit
5.1.7. Autonomie
5.2. Der Wald
5.2.1. Der erlebnispädagogische Lernort
5.2.2. Bedürfnisorientierung
6. Projekt „Abenteuer – Foto – Zukunft“
6.1. Erlebnispädagogik im Wald
6.1.1. Leben und Lernen im Wald – Ein Erlebnis
6.2. Photoprofiling und Persönlichkeitsentwicklung
6.2.1. Photoprofiling
6.2.2. Persönlichkeit
6.2.3. Verarbeitung und Wirkung von Bildern
6.2.4. Fotografie als Medium zur Selbstreflexion
7. Fazit
8. Literaturverzeichnis
9. Abbildungsverzeichnis
Zusammenfassung
Diese Arbeit beschreibt die Erlebnispädagogik als Methode der Sozialen Arbeit mit Schwerpunkt auf Aktivitäten in der Natur, welche in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit gestaltet werden sollen. Durch das Projekt „Abenteuer-Foto-Zukunft“ soll die Wirkung der fotografisch gestützten Projektarbeit unterstrichen werden.
Abstract
This work describes experiential education as a method of social work with a focus on activities in nature, which are to be designed in child and youth work. The project “adventure – photo – future” is intended to underline the effect of the photographically supported project work.
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich mich bei all jenen bedanken, die mich während der Anfertigung meiner Bachelorarbeit unterstützt und motiviert haben.
Allen voran stehen hier mein Lebensgefährte Thomas, der meine diversen Gefühlszustände ausgehalten, kompensiert und mit Witz und Humor zu positiven umgewandelt hat, und meine Familie, die - trotz meiner Zweifelsphasen - an mich geglaubt und mir den Rücken freigehalten hat.
Ganz besonderer Dank gilt meinem Betreuer und Optimismus-Verfechter Nummer Eins, Herrn Martin Lu Kolbinger, der meine Fragen immer ausführlich und mit einem aufmunternden „Alles wird gut“ beantwortete und mich dadurch bestmöglich unterstützte. Trotz der Corona-Ausnahmesituation und der damit einhergehenden Herausforderungen hatte Herr Kolbinger immer freie Nerven und ein offenes Ohr für jegliche Fragen und Zweifel meinerseits. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken!
Hier möchte ich auch explizit meiner Schwester Leni danken, die meine Formatierungs-künste geschliffen und das Korrekturlesen übernommen hat, wodurch sie mir eine große Hilfe war.
Nicht zuletzt gebührt meinen Eltern großer Dank, ohne die das ganze Unternehmen Bildung und Abschluss so niemals zustande gekommen wäre!!
1. Einleitung
Nach vielen Jahren der Suche nach mir selbst, entschied ich mich im letzten Jahr, der Natur auf neue Art zu begegnen. Sport, Bewegung und Aktivität standen schon immer weit oben auf meiner Liste der Punkte, die meine persönliche Lebensqualität aufwerten. Die Natur war immer schon Teil meines Lebens, auch wenn mir dies nie völlig bewusst war. Mir wurde im Laufe der letzten Jahre bewusst, dass durch den absoluten Überfluss und dem ständigen Angebot der Blick auf mich selbst immer schwieriger geworden war. Somit begann ich damit, alles Materielle zu reduzieren, sodass mein Blick wieder klare Sicht bekommt, um dann im Folgenden durch individuelle Erlebnisse und damit verbundene Achtsamkeit meine Entwicklung voranzutreiben. Natur und Sport sind seither meine täglichen Begleiter, die mich von der Normalität des Konsums abgrenzen.
Zusammen mit meinem Lebensgefährten verbringe ich so viel Zeit wie möglich in die Natur, vor allem in den Bergen. Ausgerüstet mit einem Zelt, inklusive Proviant für die kommende Zeit, einer Kamera und uns selbst. So wie es auf uns zukommt, wird es gut sein. Es geht uns darum, im Hier und Jetzt zu leben und uns in der aktuellen Situation zurechtzufinden, uns zu integrieren und vor allem den Moment zu genießen und zu erkennen, was sich uns bietet. Diese jeweiligen Situationen werden von meinem Lebensgefährten mit der Kamera eingefangen und wir können uns jederzeit mit einem Blick auf ein solches Foto in den Moment zurückversetzen, die Emotionen nacherleben und reflektieren.
Diese Emotionsbasis brachte mich auf die Idee, meine Arbeit darauf zu konzentrieren, wie ich meine Lebensphilosophie und meinen Berufsalltag verknüpfen könnte. Durch meine Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe als ambulante Familienhelferin mache ich immer wieder die Erfahrung, dass man langfristig, mühevoll arbeitet und dennoch die negativen Aspekte die positiven überwiegen.
Aus diesem Grund möchte ich mich mit der Frage befassen:
„Welchen Einfluss kann die Erlebnispädagogik in der Sozialen Arbeit durch kurzfristige fotografisch-gestützte Projekte in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit auf das zukünftige positive Selbstbild von Kindern und Jugendlichen nehmen?“
In der Bachelorarbeit I möchte ich theoretisch vor allem darauf zielen, inwiefern sich die Erlebnispädagogik durch bestimmte Methoden mit gezielt gesetzten Aktionen positiv auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, die im Fokus der Offenen Kinder- und Jugendarbeit stehen, auswirken kann. Vor allem wenn sie schlussendlich den Effekt eines prägendenBildes in den Händen halten und worauf sie mit positiven Emotionen blicken können.
In dieser Arbeit werden erst die Grundzüge der Erlebnispädagogik dargestellt und auf die Offene Kinder- und Jugendarbeit eingegangen. Weiters wird der Fokus auf die Natur als Ort des Geschehens mit all ihren einflussreichen Facetten gelegt. Diese Arbeit schließt vor dem Fazit mit dem Konzept des Projektes „Abenteuer – Foto – Zukunft“, welches alle Aspekte der wissenschaftlichen Recherche in die Praxis umsetzt und an welches die Bachelorarbeit II anschließen soll.
2. Erlebnispädagogik
„Der Weg ist das Ziel.“ (Paffrath 2017: 74)
Dieses Kapitel widmet sich der Erlebnispädagogik an sich. Hier soll ein klarer Umriss entstehen, wie sich die Erlebnispädagogik definiert, welchen Aufgaben sie nachgeht und welche Ziele sie verfolgt. Die Methoden, Mittel und Medien, die in der Erlebnispädagogik angewendet werden, sowie die angesprochene Zielgruppe bzw. die angesprochenen Zielgruppen werden in diesem Kapitel klargestellt.
2.1. Definition
„Das unmittelbare Lernen über die Sinne und nicht belehren und unterrichten entspricht der Lebenswelt des Kindes.“ (Heckmair/Michl 1994: 8)
Gleich zu Beginn soll das Hauptthema, die Kernthematik dieser Arbeit, bestmöglich definiert werden, obwohl sich dies als eher schwierig erweist, da es durch die Vieldeutigkeit und -fältigkeit per se keine eindeutige Definition für die Erlebnispädagogik gibt (vgl. Paffrath 2017: 21).
Fakt ist, dass sich die Erlebnispädagogik in ihrer Auswirkung handlungsorientiert der Erziehung und Bildung widmet. Es geht darum, Situationen mit nicht alltäglichen, erlebnisreichen Aktivitäten zu schaffen, die sowohl physisch, psychisch wie soziale Herausforderungen zur Folge haben. (vgl. Paffrath 2017: 21) Heckmair/Michl versuchten ähnlich wie Paffrath die Erlebnispädagogik zu definieren, in dem sie diese als eine „handlungsorientierte Methode“ bezeichnen. Die Erlebnispädagogik „will durch exemplarische Lernprozesse, in denen jungen Menschen vor (…) Herausforderungen gestellt werden, diese jungen Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung fördern und sie dazu befähigen, ihre Lebenswelt verantwortlich zu gestalten.“ (Heckmair/Michl 2008: 115)
Die Erlebnispädagogik hat sich mittlerweile als ein selbstständiges Ressort der Pädagogik, als eine eigenständige Methode hervorgebracht, die eine aktuell wichtige Rolle spielt (vgl. Paffrath 2017: 22). Erlebnispädagogische Konzepte und Aktionen arbeiten mit dem Ziel durch „unmittelbare Erfahrungen emotionale Beziehungen, Zugänge und Erkenntnisse [zu] ermöglichen.“ (Paffrath 2017: 15)
Um die Erlebnispädagogik bestmöglich definieren zu können, bedarf es einiger ihr zuschreibender Merkmale, die für sie bezeichnend sind:
- Handlungsorientierung und Ganzheitlichkeit
Der Lernprozess wird in der Erlebnispädagogik nicht als ein theoretischer Frontunterricht gestaltet, stattdessen wird als Voraussetzung für Lernen, von den Akteurinnen und Akteuren ihr eigenes Handeln gefordert. Die Ganzheitlichkeit bezieht sich auf das Einbringen von kognitiven, sensomotorischen und affektiven Lernsituationen. (vgl. Galuske 1998: 254)
- Lernen in Situationen mit Ernstcharakter
Erlebnispädagogische Angebote werden nicht künstlich geschaffen, sondern sollen sich weitestgehend als ein natürlicher Prozess ergeben. Dadurch gibt die aktuelle Situation die Rahmenbedingungen vor. (vgl. Galuske 1998: 254) Die Akteure werden vor Aufgaben und Situationen gestellt, welche sofort, in der Situation, bewältigt werden müssen und somit auch Grenzerfahrungen in den Beteiligten hervorbringen können. Natürlich geschieht dies unter Sicherheit gewährleistenden Bedingungen. (vgl. Paffrath 2017: 84)
- Gruppe als Lerngemeinschaft/Soziale Interaktion
Interaktion und Kommunikation gehören zu den Grundeigenschaften von sozialen Wesen, um in der Welt bestehen zu können. Diese Tatsache greift die Erlebnispädagogik bewusst auf. Erlebnispädagogische Angebote richten sich zum Großteil an Gruppen. (vgl. Paffrath 2017: 88) „Die Gruppe ist Lernfeld, zugleich auch Erfahrungsraum.“ (Paffrath 2017: 88) Dies bietet Raum und Rahmen für Entwicklungsprozesse zur Förderung von sozialen Kompetenzen sowie Kooperationsfähigkeit. (vgl. Paffrath 2017: 88) Die Gruppe wird zum Kern von alltäglichen Gegebenheiten. In diesem Rahmen gibt es Raum für Diskussion, Rollenverteilung, Reflexion und Planung. (vgl. Galuske 1998: 255)
- Pädagogisches Arrangement
Ebenso wichtig für erlebnispädagogische Aktionen gilt die absichtsvolle, gezielte Planung bzw. die Realisierung von Angeboten, sowie die Teilnahme von geschultem Personal. (vgl. Galuske 1998: 255)
- Erlebnischarakter
Die Erlebnispädagogik arbeitet mit der einprägenden Wirkung von besonderen Erlebnissen und deren langes Nachwirken. Dadurch sollen Lernprozesse angeregt werden. Hierauf wird in 2.2. explizit eingegangen.
2.2. Das Erlebnis
Das Erlebnis ist – wie auch der Name rückschließen mag – ein zentraler Bezugspunkt und stellt das Medium in der Erlebnispädagogik dar.
Erlebnisse können nicht künstlich erschaffen werden, dennoch ist es möglich und Ziel der Erlebnispädagogik, einen Rahmen zu legen, in welchem es möglich ist, einen Erlebnisprozess auszulösen. (vgl. Paffrath 2017: 53)
Für jeden Menschen gestalten sich Situationen individuell und dementsprechend haben solche unterschiedliche Wirkungen und Bedeutungen für die betreffende Person. Ob sie als Momente von tiefer „Verzweiflung, Angst oder Trauer, (…) der Entscheidung, des Scheiterns, des Sich-Trauens [oder] neuer Einsicht“ wahrgenommen und verarbeitet werden, ist abhängig von der jeweiligen Person (Paffrath 2017: 53). „Was ich erlebt habe und wie ich erlebe, wird Teil meiner Persönlichkeit.“ (Paffrath 2017: 53)
Das Erlebnis ist unter anderem gekennzeichnet durch seine Unmittelbarkeit, das Spannungsgefüge, sowie den Totalitätscharakter. (vgl. Paffrath 2017: 53) Das bedeutet, dass sowohl das Gefühl, wie auch der Inhalt des Erlebten eng miteinander verknüpft sind und sich auf das Selbst-, wie auch das Weltverständnis auswirken (vgl. Neubert 1990: 20) Erlebnisse stehen auch in Verbindung zu früher Erlebtem. So können wir durch Erlebnisse für kommende lernen. (vgl. Paffrath 2017: 54) Die Erlebniskraft „ermöglicht Verstehen, Sich-Einfühlen in andere Menschen und in die kulturelle Welt.“ (Paffrath 2017: 54) Das Erlebnis hat eine „prägende Kraft“. (Paffrath 2017: 54)
Ein Gedanke, welcher der Erlebnispädagogik zu Grunde liegt, ist die Entwicklung von Erlebnissen hin zu Erfahrungen, wodurch neue Erkenntnisse, wie auch neue Verhaltensweisen entstehen können. Ereignisse, in denen wir aktiv handeln (müssen) und diese dann verarbeiten müssen, werden zu Erfahrungen, welche sich auf die Persönlichkeit, die Entwicklung und das zukünftige Verhalten auswirken.(vgl. Paffrath 2017: 55) „Erfahrungslernen bedeutet stets Wachstum bzw. Veränderung.“ (Paffrath 2017: 55)
„Die Natur ist die beste Lehrmeisterin.“ (Witte 2002: 69)
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der die Erlebnispädagogik in ihrer Basis definiert, ist die Natur. Thoreau, selbst Naturmensch, Philosoph und Pädagoge, zog sich bewusst aus der Gesellschaft zurück und suchte nach einer heilenden Wirkung für seine Depression, wodurch er die grundlegende Wichtigkeit der Natur für den Menschen erkannte. Er fand die Überzeugung darin, dass der Mensch am besten lernen kann, wenn er an seine Grenzen kommt und alleine ist. Dadurch erkannte er die Natur als die größte Erzieherin. (vgl. Thoreau 1971, 140)
Durch die Wichtigkeit der Natur zählt auch heute die Outdoor-Orientierung zu den Merkmalen der Erlebnispädagogik, die sich bei ihren Aktivitäten und Programmen häufig auf die natürliche Umwelt bezieht, auch unter dem ökologisch-bildenden Aspekt. (vgl. Paffrath 2017: 15f.)
2.3. Ziele
Die Ziele der Erlebnispädagogik basieren auf der Förderung der individuellen, sowie sozialen, zwischenmenschlichen Kompetenzen und Fertigkeiten zur Lebensbewältigung. (vgl. Senninger 2000: 16)
Folgende Bereiche sind im Zielspektrum enthalten:
- Persönlichkeitsbildung, Persönlichkeitsentwicklung
„Höchstes Glück der Erdenkinder sei die Persönlichkeit.“ (Johann Wolfgang von Goethe) Bei erlebnispädagogischen Aktionen sollen durch Grenzerkennung, Zielfindung, Erkennen von Bedürfnissen, Rollenfindung und der Klärung von Verantwortung die Selbstwahrnehmung, sowie die Reflexionskompetenz gefördert werden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gewinnen an Selbsterfahrung und -beurteilung, sowie an Kenntnissen von Gruppenverhalten. Außerdem kann durch die Überwindung der eigenen Grenzen das Selbstbewusstsein gesteigert werden. (vgl. Senninger 2000: 16) Da laut König/König viele problematische Verhaltensweisen häufig auf ein niedriges Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen zurückzuführen sind, gilt es dieses zu steigern. Also zählen zu weiteren Teilzielen in der Persönlichkeitsentwicklung, die Verbesserung von Sozialverhalten und Teamfähigkeit, das Optimieren von Risikoverhalten, sowie die Erfahrung und das Erkennen der eigenen Möglichkeiten und Grenzen. (vgl. König/König 2002: 55)
- Soziale Kompetenzen, Soziale Interaktion
Im Wesentlichen zählen zu den Sozialkompetenzen Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit und Kommunikationsfähigkeit. Es bedarf mehrerer Basisfähigkeiten, wie Empathie, Wahrnehmung eigener und fremder Bedürfnisse, sowie Kommunikation, um Sozialkompetenzen entwickeln zu können. (vgl. Zuffellato 2007: 152f) Im alltäglichen Leben kommt es ständig zu sozialen Situationen, denn es handelt sich hierbei um jegliche Arten der zwischenmenschlichen Interaktionen. Deshalb soll bei erlebnispädagogisch unterstützten Aktionen durch konstruktives Feedback und gemeinsame Arbeitsvereinbarungen Empathie, die Kommunikationskompetenz verbessert werden und somit dazu führen, dass das Verständnis für die Kommunikation und Zusammenarbeit in Gruppen erhöht und die Anerkennung und Wertschätzung anderer Menschen unterstützt wird. (vgl. Senninger 2000: 16)
- Lernbereitschaft
Die Erlebnispädagogik soll die individuelle Zielfindung unterstützen, sowie Raum dafür schaffen, dass die Akteurinnen und Akteure die Herausforderungen, die sich ihnen stellen, als eine Motivation zur Selbstverwirklichung und Weiterentwicklung erkennen können und sich an Neues heranwagen. (vgl. Senninger 2000: 16)
- Wertehaltungen
Im gruppendynamischen Prozess ist es notwendig sich als Einzelner zu positionieren. Somit wird die Entwicklung persönlicher Wertehaltungen gefördert. Außerdem soll die Bildung von grundlegenden Haltungen und Einstellungen ermöglicht werden, indem in der Gruppe gemeinsame Ziele und Verhaltens-, wie Umgangsformen definiert werden. (vgl. Senninger 2000: 16)
- Problemlösefähigkeit
Lösungsorientierung - nicht Problemorientierung - steht hier im Problemlöseprozess im Vordergrund. Verschiedene Strategien können getestet und das eigene Handeln reflektiert werden, was eine erhöhte Entscheidungsfreude veranlassen kann. (vgl. Senninger 2000: 16)
- Vertrauen
Um Experimentierfreude und Risikobereitschaft zu ermöglichen, muss Vertrauen gegeben sein. Die Beteiligten benötigen die Sicherheit, dass bei jeglichen Herausforderungen die gegenseitige Unterstützung gegeben ist. Deshalb bilden auch Lob und Anerkennung einen Schwerpunkt erlebnispädagogischer Projekte. (vgl. Senninger 2000: 16)
- Spaß am Leben
Spaß dient als Grundlage zur Förderung der verschiedenen Kompetenzen. Mit Spaß durch die diversen Herausforderungen zu gehen, erhöht die Motivation und es kann das Gefühl von Zusammengehörigkeit und Vertrauen vermittelt werden. (vgl. Senninger 2000: 17)
In der Erlebnispädagogik wird den Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten keine Grenzen gesetzt. Es geht sowohl darum, dass die Wahrnehmung und Achtsamkeit geschult wird, als auch, dass Kinder und Jugendliche durch „learning-by-doing“ lernen, Verantwortung für sich selbst und andere zu übernehmen. Durch die Gruppenerfahrungen werden die sozialen Kompetenzen geschult. Widerstände sollen überwunden, Vertrauen und Sicherheit gewonnen, die Handlungsfähigkeit trainiert werden. (vgl. Heckmair/Michl 2002: 198)
Da sich diese Arbeit auf Aktivitäten in der Natur konzentriert, soll anhand der Aktion ‚Naturcamps‘ die Zielarbeit der Erlebnispädagogik geschildert werden:
Im Naturcamp geht es darum, eine bestimmte Zeit in der Natur zu verbringen, dort zu leben. Also ist es wichtig sich in fremden Gebieten zu orientieren, Lager zu errichten, Nahrung zu suchen, Feuer zu machen, … sich zurechtfinden; „Back totheroots“ gilt hier als Motto. (vgl. Paffrath 2017: 120) „Der Weg führt zurück zu den Ursprüngen, (…) Urerfahrungen (…) menschlicher Entwicklung.“ (Paffrath 2017: 120) In der Wildnis findet man sowohl „Rahmen, Medium und Lernraum für Persönlichkeitsentwicklung bzw. gruppendynamische Prozesse.“ (Paffrath 2017: 120) Da sich im mitteleuropäischen Raum wenig großflächig unerschlossene Natur findet, ist es wichtig, die Augen zu öffnen und Natur in unmittelbarer Umgebung zu entdecken. Es gilt das zu erkennen, was sich vor der Türe erschließt, auch wenn es als nicht hochspektakulär eingestuft werden kann. Das Ziel ist dennoch möglich, „Wildniserfahrungen zu gewinnen, die Natur unmittelbar zu erleben, mit möglichst wenigen Hilfsmitteln der Zivilisation auszukommen.“ (Paffrath 2017: 121) Natürlich sind Sicherheits-, sowie rechtliche Umstände miteinzukalkulieren. Welche Umgebung, in welcher Intensität und welche Aktionen gewählt werden, ist abhängig von der Zielsetzung und der Zielgruppe.
Im Naturcamp werden die Beteiligten mit einer völlig anderen Welt konfrontiert. (vgl. Paffrath 2017: 121). „Ein Ort ohne Handy, Spielkonsole, Fersehen, Computer, Schule oder Supermarkt – Zivilisation und Natur prallen aufeinander.“ (Paffrath 2017: 121)
2.4. Die Praxis
Ein Aspekt, auf welchen sich diese Arbeit explizit fokussiert, ist die Outdoor-Orientierung und die Nutzung des Mediums Natur, welche in erlebnispädagogischen Projekten häufig eine wichtige Rolle spielt. Allerdings hat sich die Fülle der Angebote vergrößert. Von „Reiseprojekten zu Wasser und zu Land“ (Paffrath 2017: 101), wie beispielsweise Segeln, Floßbau, Floßfahren, über Wanderungen und Trekkingtouren, Bergsteigen, Klettern, Hochseilgarten, Canyoning, Naturcamps und vieles mehr. Hier werden die Beteiligten mit psychischen, physischen und sozialen Herausforderungen konfrontiert. (vgl. Paffrath 2017: 101ff) Außerdem erweitern sich die Fühler der Erlebnispädagogik auf die Städte. Die Stadt wird unter dem Begriff „City Bound“ als erlebnispädagogisches Terrain entdeckt. City Bound als erlebnispädagogischer Ansatz nutzt den Lebensraum Stadt als Lern-, Erfahrungs- und Entdeckungsfeld. (vgl. Paffrath 2017: 130ff)
In dieser Arbeit wird allerdings das Medium Natur in den Mittelpunkt gerückt.
Für Paffrath sind klassische Aktivitäten der Erlebnispädagogik ausschlaggebend, die ausschließlich im Outdoor-Bereich stattfinden und die Natur als Medium nutzen. Das Aktionsrepertoire ist im Laufe der Zeit stetig gewachsen. (vgl. Paffrath 2017: 100)
Brämer schildert in Bezug auf die Erfahrungen in den Bergen folgendermaßen: „Die Begegnungen mit den Bergen führt zugleich zu einer Auseinandersetzung mit sich selber. Unterwegs erfährt der Wanderer unmittelbar die Wirkungen seines Handelns und seiner Entscheidungen. Er erlebt die Freiheit der Bewegung und des Denkens, beginnt sich wieder auf sich selbst zu verlassen, stärkt dadurch sein Selbstbewusstsein.“ (Paffrath 2013: 106)
2.5. Wirkungs- und Lernmodelle der Erlebnispädagogik
Wichtige Bestandteile in der Erlebnispädagogik sind sowohl der Transfer, als auch die Reflexion einer Lernerfahrung, denn die Erlebnisse müssen verarbeitet und verinnerlicht werden, um in den Alltag übertragen - transferiert - werden zu können. (vgl. Witte 2002: 66)
Um einen Transfer in den Alltag ermöglichen zu können, muss man einen Blick sowohl auf die Vorbereitung, als auch auf die Durchführung einer Reflexion werfen. Hier kommen folgende Modelle, teilweise aufeinander aufbauend, zum Tragen:
- „The Mountains Speak for Themselves”
- “Outward Bound Plus”
- Metaphorisches Modell (nach Bacon)
- Lernzonenmodell (nachSenninger)
2.5.1. “The Mountains Speak for Themselves”
„Die Berge sprechen für sich selbst.“ Dieses Urmodell überlässt es den Beteiligten selbst, in welcher Form sie Erfahrungen machen und wie sie die jeweiligen Situationen bewältigen. Es wird von einer automatischen Wirkung der Natur ausgegangen. Der Erlebnispädagogin oder dem Erlebnispädagogen kommt lediglich die Aufgabe zu, für die Sicherheit zu sorgen, sowie den Raum für Erfahrungen zu schaffen. Er/Sie hält sich zurück, führt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die Situation, stellt ihnen Aufgaben und überlässt sie dann sich selbst. (vgl. Reiners 1995: 60) Hier kommt es zu keiner bewussten Aufarbeitung und Reflexion des Erlebten. Dadurch, dass das Erlebte nicht bewusst reflektiert und diskutiert wird, kann der Erfahrungsprozess nicht aktiv verarbeitet und somit keine klaren Reflexionsergebnisse erkannt werden. Dieses Urmodell setzt auf die Wirkung der Natur und verzichtet demnach auf Reflexion. (vgl. Michl 2011: 65f.)
Dieser Ansatz findet in der modernen Erlebnispädagogik kaum noch Anwendung, gilt aber als Basis für folgende Modelle.
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- Citar trabajo
- Charlotte Gasteiger (Autor), 2020, Einfluss der Erlebnispädagogik in der Sozialen Arbeit auf das zukünftige positive Selbstbild von Kindern und Jugendlichen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/950086
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