Das Buch soll dazu beitragen, die Debatte über die Hauptkritikpunkte gegen das Speenhamland-System mit Blick auf das Mindesteinkommen möglichst sachlich und gut informiert zu führen. Die Fragen die dabei im Zentrum stehen sind Folgende: Welche Vorgeschichte hat das Speenhamland-System der Armenhilfe, wie war es konstruiert, welche Wirkungen gingen davon aus und warum wurde es wieder abgeschafft? Vor allem: Welche Erkenntnisse für eine heutige Sozialpolitik lassen sich aus dem historischen Grundeinkommen ziehen?
Unbestritten war die Zeit zu Anfang des 19. Jahrhunderts nicht für alle Gesellschaftsschichten eine glückliche Zeit. Unbestritten ist auch, dass das Speenhamland-System der Armenhilfe zwischen 1795 und 1834 bei der Umwandlung zur Marktwirtschaft eine Rolle spielte. Wie aber kann ein Fürsorgesystem einerseits das Leben der arbeitsfähigen Armen und ihrer Familien verbessern und ihnen andererseits damit schaden? Nach dem heutigen Wissensstand waren die Auswirkungen der Poor Laws auf die industrielle Revolution nicht annähernd so negativ, wie behauptet wurde.
Meine Hauptthese lautet, dass die behauptete demoralisierende Wirkung des Speenhamland-Systems nicht konsistent nachzuwiesen ist. Speenhamland war allerdings kein bedingungsloses Grundeinkommen, sondern eher ein Kombilohn bzw. ein garantiertes Mindesteinkommen. Dazu werden eine Reihe von mir sozio-ökonomische Fragestellungen, historische Hintergründe, ökonomische Wirkungsmechanismen und politische Folgewirkungen analysiert. Zunächst geht es um Menschenbilder, dann um Hintergründe, Aufbau und Funktion des Speenhamland-Systems. Es folgen mögliche Wirkungen und Nebenwirkungen, sozio-ökonomische Fragestellungen und eine abschließende Bewertung der Kritik an dem historischen Speenhamland-System. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich Zukunftsfragen nicht ohne historisches Wissen beantworten, aber ebenso wenig alte Problemstellungen eins-zu-eins auf neue Herausforderungen übertragbar lassen.
Die Themen Verarmung und Krise am Arbeitsmarkt sind aktuell, die Kritik an den deutschen Arbeitsmarktreformen nach der Jahrtausendwende ist seit der Einführung der Hartz-Gesetze nicht abgeebbt und viele Probleme im Zusammenhang eines gesellschaftlichen Strukturwandels muten aktuell an. Ein Ausblick auf das Grundeinkommen braucht den Rückblick auf seine Wurzeln.
Inhalt
Abstract
Abbildungen
Tabellen
1. Einleitung
2. Entstehung des Marktes für die Arbeit
2.1 Menschliche Arbeit und modernes Menschenbild
2.2 Arbeit als Quelle des gesellschaftlichen Reichtums
2.3 Die „freie“ Lohnarbeit
3. Das Speenhamland-System der Sprengelhilfe
3.1 Historische Einordnung des Speenhamland-Systems (1795-1834)
3.2 Arbeitsangebot und Erziehung durch Arbeit
3.3 Speenhamland-System - ein frühes Grundeinkommen?
4. Wirkungen und Gegenwirkungen
4.1 Soziale Gegensätze und ökonomische Interessensgegensätze
4.2 Arbeitskosten, Technikwahl und Inflation
4.3 Lohnzuschüsse und Arbeitsproduktivität
5. Transformation und die Rolle des Speenhamland-Systems
5.1 Was an der Kritik des Speenhamland-Systems falsch ist
5.2 Was an der Kritik des Speenhamland-Systems zutrifft
5.3 Schlussbemerkung
6. Literatur
7. Personenverzeichnis
8. Stichwortverzeichnis
Der Autor
Das Speenhamland-System - ein frühes Grundeinkommen Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
1. Auflage
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Abbildungen: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt, Obertshausen
Satz: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt
Abstract
Résumé
Y avait-il un revenu de base précoce il y a 200 ans et si oui, pourquoi le système Speenhamland a-t-il été introduit, quels effets a-t-il eu et pourquoi a-t-il été de nouveau aboli? Pendant longtemps, les chercheurs ont estimé que cela avait un effet démoralisant sur les pauvres valides, augmentait la pauvreté et ne constituait pas une bonne politique sociale. Mais des re- cherches récentes contredisent cette thèse.
Zusammenfassung
Gab es schon vor 200 Jahren ein frühes Grundeinkommen und wenn ja, wieso wurde das Speenhamland-System eingeführt, welche Wirkungen gingen davon aus und warum wurde es wieder abgeschafft? Lange Zeit hindurch teilten Forscher die Ansicht, es habe eine de-moralisierende Wirkung auf die arbeitsfähigen Armen ausgeübt, habe die Armut vergrößert und sei keine gute Sozialpolitik gewesen. Doch neuere Forschung widerspricht dieser These.
Summary
Was there an early basic income 200 years ago and if so, why was the Speenhamland system introduced, what effects did it have and why was it abolished again? For a long time, researchers shared the view that it had a de-moralizing effect on the working poor, increased poverty, and was not good social policy. But recent research contradicts this thesis.
Abbildungen
Abbildung 1: Bevölkerungswachstum in England/Wales und Deutschland (in %)
Abbildung 2: Freiheit der Lohnarbeit
Abbildung 3: Demografie und Finanzkraft 1690-1880
Abbildung 4: Bevölkerungsentwicklung in Irland und in Europa 1740-2000
Abbildung 5: Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit 1771-1870 (in %)
Abbildung 6: Inflationsraten zwischen 1790-1834
Abbildung 7: Preisentwicklung für Gold 1780-1840
Abbildung 8: Lebenserwartung im Vereinigten Königreich 1733-1850 (in Jahren)
Abbildung 9: Konjunkturverlauf in den USA
Abbildung 10: Getreidepreise in England und Wales 1771-1850
Abbildung 11: Sozialausgaben mit und ohne Speenhamland-System 1800-1834
Abbildung 12: Sozialausgaben und Weizenpreise 1800-1834
Abbildung 13: Löhne in der Landwirtschaft und Weizenpreise 1790-1834
Tabellen
Tabelle 1: Synopse der Positionen zum Speenhamland-System (SLS)
Tabelle 2: Chronologie der politischen Ereignisse (Auswahl)
Tabelle 3: Charakteristika von Grundsicherungssystemen
Tabelle 4: Chronologie der Erfindungen (Auswahl)
1. Einleitung
Vor über 200 Jahren gab es eine Armenhilfe, die ein Mindesteinkommen garantierte. Die Friedensrichter der englischen Grafschaft Berkshire beschlossen 1795, dass ein „arbeitsamer Mann“ wöchentlich einen Geldbetrag erhalten solle, der an den Brotpreis gekoppelt war. Wer Frau und Kinder zu versorgen hatte, bekam entsprechend mehr. Auch wenn das Speenhamland- System kein allgemeines Gesetz war, so wurde es in weiten Teilen Großbritanniens doch als Gewohnheitsrecht angesehen und stellte einen sozialen Mindeststandard auch in Grafschaften (Counties) ohne diese Form der Armenhilfe dar. 1834 wurde das Speenhamland-System auf Empfehlung einer Regierungskommission beendet: Die Mindestsicherung sei eine Katastrophe, verursache eine Bevölkerungsexplosion, führe zu einen Verfall der Sitten und dazu, dass der Landadel die Löhne seiner Arbeiter beliebig festsetzen könne. Ist diese Bewertung gerechtfertigt? Wer prinzipiell gegen ein Grundeinkommen eingestellt ist, provoziert mit der Frage: Warum sollte heute ein Grundeinkommen eingeführt werden, was früher schon nicht funktionierte? Ist diese Schlussfolgerung durch Fakten abgedeckt? Auch hier gibt es Zweifel. Das Speenhamland-System war allein wegen seiner Dauer von bald 40 Jahren kein Experiment, sondern ein frühes Grundeinkommen und ein erstes Beispiel für Sozialpolitik.
Welche Vorgeschichte hat das Speenhamland-System der Armenhilfe, wie war es konstruiert, welche Wirkungen gingen davon aus und warum wurde es wieder abgeschafft? Vor allem: Welche Erkenntnisse für eine heutige Sozialpolitik lassen sich aus dem historischen Grundeinkommen ziehen? Meine Untersuchung beginnt mit der Entstehung des existierenden Wirtschaftssystems, die übereinstimmend in Westeuropa verortet wird. Wie es zum Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus kam, wird in der Fachliteratur kontrovers diskutiert. Als Karl Polanyi seine berühmte Studie verfasste, war er nicht allein zu behaupten, dass das Speenhamland-System die Armen demoralisierte und das paternalistische System der Arbeitsorganisation stärkte. Folgerichtig betont er, dass die Abschaffung des Speenham- land-Systems letztlich auch den Lohnarbeitern nützte, obwohl sie ihren Anspruch auf Lebensunterhalt verloren (Polanyi 1978 1944: 114f.). Polanyi meinte, die Sprengelhilfe sei ein Negativbeispiel für Sozialpolitik und eine Art Kampfmittel gegen Arme gewesen. Sein Hauptargument war formal. Das alte Speenhamland-System sei nicht in die Gegenwart übertragbar. Den Armen sei es schlecht ergangen, weil es noch keine gewerkschaftliche Interessensvertretung gegeben habe und die Rezipienten ihre Interessen weder erkennen, noch durchsetzen konnten. Sie waren noch im alten Paternalismus verfangen. Polanyi argumentiert, dass das Speenhamland den kapitalistischen Arbeitsmarkt schuf, der neben den Märkte für Boden und Kapital für die große Transformation unabdingbar gewesen sei. Es kommt zu einem dialektischen Prozess. Das Speenhamland-System verlängerte die Gutsherrenherrschaft, aber beseitigte schließlich die letzten paternalistischen Fesseln, die dem kapitalistischen Arbeitsmarkt im Weg standen.
Das vorliegende Buch soll dazu beitragen, die Debatte über die Hauptkritikpunkte gegen das Speenhamland-System mit Blick auf das Mindesteinkommen möglichst sachlich und gut informiert führen zu können. Unbestritten war die Zeit zu Anfang des 19. Jahrhunderts nicht für alle Gesellschaftsschichten eine glückliche Zeit. Unbestritten ist auch, dass das Speenham- land-System der Armenhilfe zwischen 1795 und 1834 bei der Umwandlung zur Marktwirtschaft eine Rolle spielte. Wie aber kann ein Fürsorgesystem einerseits das Leben der arbeitsfähigen Armen und ihrer Familien verbessern und ihnen andererseits damit schaden? Nach dem heutigen Wissensstand waren die Auswirkungen der Poor Laws auf die industrielle Revolution nicht annähernd so negativ, wie behauptet wurde.
Meine Hauptthese lautet, dass die behauptete demoralisierende Wirkung des Speenhamland-Systems nicht konsistent nachzuwiesen ist. Speenham- land war kein bedingungsloses Grundeinkommen, sondern eher ein Kombilohn bzw. ein garantiertes Mindesteinkommen. Dazu werden eine Reihe von mir sozio-ökonomische Fragestellungen, historische Hintergründe, ökonomische Wirkungsmechanismen und politische Folgewirkungen analysiert. Zunächst geht es um Menschenbilder, dann um Hintergründe, Aufbau und Funktion des Speenhamland-Systems. Es folgen mögliche Wirkungen und Nebenwirkungen, sozio-ökonomische Fragestellungen und eine abschließende Bewertung der Kritik an dem historischen Speenhamland-System. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich Zukunftsfragen nicht ohne historisches Wissen beantworten, aber ebenso wenig alte Problemstellungen eins-zu-eins auf neue Herausforderungen übertragbar lassen.
Die Themen Verarmung und Krise am Arbeitsmarkt sind aktuell, die Kritik an den deutschen Arbeitsmarktreformen nach der Jahrtausendwende ist seit der Einführung der Hartz-Gesetze nicht abgeebbt und viele Probleme im Zusammenhang eines gesellschaftlichen Strukturwandels muten aktuell an. Ein Ausblick auf das Grundeinkommen braucht den Rückblick auf seine Wurzeln.
Danke an Malte Gerhardt, Sascha Liebermann und Arnd Weber für hilfreiche Kommentare. KUG, Herbst 2020
2. Entstehung des Marktes für die Arbeit
Damit menschliche Arbeit zur Ware wird, sind drei Konditionierungen nötig: Arbeit und Mühsal müssen zum Lebenszweck werden. Arbeit muss als Quelle des gesellschaftlichen Reichtums erkennbar sein. Arbeit muss frei verfügbar, mobil und frei handelbar sein. Das löst weitere Fragen aus: Einmal, was Lohnarbeit mit der Zerrüttung der feudalen Produktionsweise bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum zu tun hat, zweitens, warum sich der Kapitalismus in Westeuropa und speziell im feuchten Lancashire Englands entwickeln konnte und drittens, warum im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts? Dafür gibt es exogene Erklärungen und politische Faktoren.
2.1 Menschliche Arbeit und modernes Menschenbild
Im Mittelalter und spätestens in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeichnete sich ab, dass der Kapitalismus in England entstand, obgleich andere Regionen wirtschaftlich, kulturell und vom Stand der Wissenschaft her besser entwickelt waren (Hobsbawm 1977). Auch hatte Westeuropa lange mit den Folgen des 30-jährigen Krieges zu kämpfen. Schuldknechtschaft, Leibeigenschaft sowie Sklaverei gab es seit der Frühzeit weltweit und noch bis weit bis in das 19. Jahrhundert herrschten miserable Lebensumstände. Neben Westeuropas neuen Menschenbild herrschten gute Wachstumsbedingungen. Das mittelalterliche Verständnis, wonach körperliche Arbeit ausschließlich Schmach und Mühsal sei, veränderte sich in der Renaissance zugunsten eines neuen Arbeitsbegriffs. Die christlichen Eliten des Westens orientierten sich zunehmend nach dem Motto ora et labora, um auf dem Weg systematischer Demut Gott nahe zu kommen und Christus nachzufolgen. Mit dem formulierten Grundsatz, er wird Benedikt von Nursia (6. Jahrhundert) zugeschrieben, begann der Umbruch bei den Mönchsorden schon früh. Der Mensch habe seinen Beitrag zu leisten habe, das Schöpfungswerk zu verbessern. Es sind die Zisterzienser, denen es gelang, die landwirtschaftliche Produktivität zu steigern, indem sie systematisch die Technik des Wasser- und Mühlenbaus vorantrieben und den Bergbau intensivierten. Ihr Wirken beschleunigte und intensivierte die gesamte Wirtschaftstätigkeit, indem sie seit dem Hochmittelalter propagierten, der Sinn des Lebens bestünde neben dem Dienst am Herrn in der Verausgabung der menschlichen Arbeit.
Dem Genfer Stadtbürger Johannes Calvin (1509-1564) wird zugeschrieben, Arbeit als Wohlstandsmotor gedanklich vom Dasein in den Mönchszellen auf das Berufsleben übertragen zu haben (Weber 2000). Nicht das Horten, Handeln oder das Raubrittertum allein erschufen den Wohlstand. Arbeit wurde mit der Schaffung der protestantischen Ethik zum alleinigen Lebenssinn und ist zentral für das Verständnis der Wirtschaftsgesellschaft. Die Kulturbewegung der Renaissance und der sie treibenden kleinen, sehr gebildeten Elite aus einem Kreis bedeutender Fürsten, Wissenschaftlern, Künstlern und Handwerkern, schaffte es, ein neues arbeitszentriertes Menschen zu etablieren. Verlierer waren selbst schuld für das eigene Versagen und so mussten die Privilegierten nicht barmherzig sein.
John Locke (1632-1704), englischer Philosoph des Liberalismus, verfasste seine Werke vor dem Hintergrund der Konflikte zwischen Parlament und Krone und stellt den Erwerb und die Vermehrung von Eigentum als neue Bestimmung aller Menschen, nicht nur des Adels, dar (Locke 19771690). Seine neue Sicht auf das Privateigentum brachte eine geistige Neuorientierung, was zahlreiche Innovationen vorantrieb. Besonders in Nordwest-Europa (v. a. England, Holland) schälte sich dieser Gesinnungswandel als neue anthropologische Konstante heraus. Niedergelegt wurde das neue Menschenbild auch in der Bill of Rights - die ersten zehn Verfassungszusätze (Amendments) der USA von 1789 beziehen sich darauf. Seelig konnten all jene werden, die fleißig an der Vermehrung ihres Eigentums wirkten - jeder ist seines Glückes Schmid, auch auf Kosten anderer.
Der Wandel im Menschenbild zeigt sich im Unterschied der Begriffe Arbeit im Sinn von tätig sein und abhängiger Lohnarbeit. Im Englischen wird zwischen work and labour differenziert. Aber menschliche Arbeit als abhängige Lohnarbeit zu internalisieren, musste erst eingeübt werden, was ein gewaltvoller und schmerzlicher Prozess war. Als die Erziehung zur Lohnarbeit schon weit vorangeschritten war, konnte sich schließlich ein neues Wirtschaftssystem etablieren. Der Kapitalismus ist charakterisiert durch die Faktormärkte Arbeit, Boden und Kapital. Er setzt sich im 18. und 19. Jahrhundert durch, nachdem die ursprüngliche Akkumulation des Kapitals abgeschlossen ist. Dieser Prozess lässt sich anhand des gewandelten Arbeitsbegriffs skizzieren und mit dem Hinweis auf die breite Literatur abzukürzen, die sich im Anschluss an Max Weber und die protestantische Arbeitsethik entfaltet (Gneuss / Kocka 1988).
2.2 Arbeit als Quelle des gesellschaftlichen Reichtums
Nach Adam Smith, schottischer Ökonom und Moralphilosoph, mussten Arbeiter den Ertrag ihrer Arbeit vor der Landnahme (Appropriation of Land) mit niemandem zu teilen. Mit der Einhegung des Gemeindelandes, welches jedermann frei nutzen durfte, änderte sich dies und damit gerieten Kleinbauern in materielle Not. Damit änderte sich deren ökonomische Basis, die mit drei bis vier Acres eine Familie ernähren konnten.1 Auch im während des Merkantilismus waren die Menschen aufgrund der niedrigen und unregelmäßig gezahlten Löhne auf einen Nebenerwerb angewiesen oder hielten aus anderen Gründen an der Tradition des Fischens, Jagens oder der Kleinlandwirtschaft fest. Später wurde dies untersagt. Karl Marx war überzeugt, dass Dekrete zur Einverleibung von Gemeindeland (Einhegungen) in England und Schottland vordergründig den alten Grundherren nutzten, aber letztendlich den neuen Fabrikherren mehr brachten und den Übergang zum Kapitalismus beschleunigten (MEW 23: 753). Marx beschreibt die Herrschaftsumkehr über den Arbeitsprozess und unterscheidet dabei zwischen formeller und reeller Subsumtion (=Unterordnung) der Arbeit unter das Kapital. Bei der formellen Subsumtion bleibt der Arbeitsprozess noch Manufakturarbeit. Das Kapital ordnet sich die Arbeit zwar unter, der Arbeitsprozess ist aber unverändert und kann handwerklich oder bäuerlich bleiben. Arbeiter bedienen die Maschine. Bei der reellen Subsumtion ändert sich das. Die Maschinen geben nun den Arbeitstakt vor und der Mensch wird zum Anhängsel eines toten Mechanismus.2
Abbildung 1: Bevölkerungswachstum in England/Wales und Deutschland (in %)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung nach Bundeszentrale für politische Bildung: 1848 - 1949, ein Jahrhundert der deutschen Geschichte.
Nach Karl Marx setzt die aufkommende Bourgeoisie die Staatsgewalt bei der Plusmacherei ein, um den Arbeitslohn zu „regulieren" (MEW 23: 766). Für den Kapitalismus sei charakteristisch, dass sich die menschliche Arbeit dem Kapital unterordnet, denn Beschäftigte müssen sich dem Rhythmus der Maschinerie beugen (Marx). Spätere Marxisten wollten es genauer wissen und fassten nach. In der Dobb-Sweezy-Kontroverse geht es um Ursachen der Transformation vom Feudalismus zum Kapitalismus: Abschöpfung neuer Geldquellen aus Handelsgewinnen, Erhebung neuer Steuern, Innovation durch neue Inventionen, produktive Nutzung geraubter Güter etwa aus den Kreuzzügen.
Info-Box: Warum entstand der Kapitalismus zuerst in Westeuropa?
Der Kapitalismus entwickelte sich zuerst in Westeuropa mit der Industrialisierung in England etwa in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Für den Übergang von der agrarischen zur industriellen Produktionsweise gibt es verschiedene Erklärungen: Fernhandel, Bevölkerungswachstum, der Raub von Gold und Silber aus Südamerika, die exorbitanten Gewinne aus dem Kolonial- und Sklavenhandel, die steigende ökonomische Nachfrage und geänderte Verbrauchsgewohnheiten nach fremdartigen Kolonialwaren und modischer Baumwollkleidung statt nach Textilien aus Schafswolle, Leinen und Hanf. Das expandierende Handelskapital oder die Kolonialgewinne waren wichtige Faktoren für den Übergang zur Marktwirtschaft. England war seit dem 17. Jahrhundert größte Handelsmacht Europas und auch die Population wuchs. Die Einwohnerzahl verdoppelte sich allein in England und Wales von 8 auf 18 Mio. zwischen 1780 und 1850. Doch Bevölkerungswachstum beschränkte sich nicht auf Westeuropa. Neue Erfindungen und Produktionsmethoden in der Eisenverhüttung oder im Bergbau waren kostspielig und wurden aus den Überschüssen des Kaufmannskapitals finanziert. Durch Werkstoffe wie das Gusseisen entstanden neue Industriezweige und andere veränderten sich durch die Anwendung grundlegend. Militärische Technologien wurden weltweit entwickelt und Kriege um Macht und Einfluss ständig geführt. Warum schafften aber weder die oberitalienischen Compagnien des 14. noch die süddeutschen Kapitalgesellschaften des 16. Jahrhunderts den Übergang zur kapitalistischen Produktionsweise? Gleiches trifft für das Verlagswesen zu, wo ein selbstständiger (verlegter) Handwerker mit eigenen Produktionsmitteln die vom Kaufmann gelieferten Rohstoffe zu Fertigprodukten verarbeitete und ihm gegen Entgelt auslieferte. Diese Faktoren begünstigten die Herausbildung des Kapitalismus, aber erklären den Strukturwandel nicht allein.
Dem Wirtschaftshistoriker Maurice Dobb (1900-1976) zufolge lässt sich die Transformation eher mit dem gewandelten gesellschaftlichen Kräfteverhältnis zwischen Adel und Bürgertum, also politisch, begründen (Dobb 1970). Die aristokratischen Grundeigentümer wurden durch die Bourgeoisie entmachtet und die Kleinbauern mit körperlicher und struktureller Gewalt zu Proletariern gemacht (Dobb 1970: 223ff.). Maurice Dobb, der 1953 zusammen mit Piero Sraffa die Werke und Briefwechsel von David Ricardo herausgab, hebt in Die Entwicklung des Kapitalismus auf die agrarischen Wurzeln der Ware Arbeitskraft ab, welche es z.B. im Kleinhandwerk schon in der Landwirtschaft des Spren- gels gab, also in vorkapitalistischen Produktionsweisen (Zanden 1997).
Mehrwerts geht. Hier geht es um Produktivitätszuwächse durch neue Maschinen und ausgefeilter Arbeitsorganisation. Was aber meint Marx konkret damit? Zunächst beschreibt er damit den technologischen Wandel der industriellen Revolution in England zwischen 1760 und 1830. Der Technikeinsatz erreicht seinen Höhepunkt in der Maschinerie - in einem modernisierten, automatisierten Produktionsprozess. Damit ist die Intensifikation der Arbeit verbunden: die Anzahl der vom einzelnen Arbeiter zu überwachenden Maschinen erhöht sich. Arbeitstempo, Arbeitsdruck, Arbeitsintensität wachsen, setzen Arbeiter unter höchste nervliche Anspannung und geistige Konzentration (MEW 23: 434 und 445f.). Nichts ist mehr so wie früher in der Manufaktur.
Während die Physiokraten dachten, der fruchtbare Boden sei Ursprung der Wertschöpfung, stellte Adam Smith in seinem Bestsellers The Wealth of Nations auf die menschliche Arbeit als Wohlstandsquelle ab (Smith 1990 1776: 56ff.). Arbeit habe wie jede andere Ware einen Preis, der sich auf dem Arbeitsmarkt durch Zufuhr der Arbeitnehmer (=Arbeitsangebot) und Arbeitsnachfrage der Arbeitgeber bildete. Für Smith sind faire Löhne hilfreich, erhöhen die Arbeitsmotivation, damit den Arbeitsertrag und steigern die Prosperität. Auch Kinderreichtum sei keine Last. Im ersten Kapitel beschreibt er die Arbeitsteilung (The division of labour) als Grundlage der Arbeitsproduktivität (Smith 1990 1776) und als Chance, die Gier nach Profit zu stillen und steigende Löhne auszugleichen. Der Begriff Arbeitsteilung umfasst Kooperation (Zusammenwirkung), Arbeitsorganisation und erklärt die wachsende Kapitalakkumulation. Die Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital sind im Produktionsprozess kostenminimal zu kombinieren, um Kapital in einem nahezu alchimistischen Prozess zu akkumulieren.3 Die Produktionstheorie ist zugleich Verteilungstheorie - der Reichtum ist nach Adam Smith und David Ricardo auf die Produktionsfaktoren als Bodenrente, Profit und Lohn zu verteilen.
Anders argumentiert der ungarisch-österreichische Wirtschaftshistoriker Karl Polanyi (1886-1964) in seinem Hauptwerk The Great Transformation. Polanyi zufolge braucht es die Märkte für Boden, Geld und Arbeit, damit die gesellschaftlichen Interessen bedient und der Kapitalismus entstehen konnten (Polanyi 1978 1944). Erst dann hörte die Industrie auf, Anhängsel des Handels zu sein (Polanyi 1978: 110). Immanuel Wallerstein ergänzt, dass zwar alle vorherigen Weltsysteme Kapital akkumulierten, eine Institutionalisierung der kapitalistischen Produktionsweise jedoch scheiterte, solange der Wille zur Kapitalanhäufung noch nicht stark genug ausgebildet war (Wallerstein 1986). Neue Geldquellen erschlossen sich durch Produktivitätsfortschritte im Handwerk, durch neue Anbaumethoden in der Landwirtschaft. Der Surplus reichte wohl nicht mehr aus, um die hedonistischen Bedürfnisse der Adligen zu befriedigen oder um die kreditfinanzierten Kriegszüge abzulösen. Auch die Ausweitung der geografischen Grenzlinien folgte eher dem Druck italienischer Kaufleute als dem Entdeckergeist spanischer Herrscher. Der neue Wohlstand wurde aber nicht gerecht verteilt. Die schon seit dem 13. Jahrhundert praktizierten Enteignungsstrategien machten aus selbstbewussten Kleinbauern eine „Bettlerplage“. Das neue Menschenbild war Entmenschlichung der Entrechteten. Sie wurden als heimatlose Vagabunden, Müßiggänger und Bettler verhöhnt. Die Diskriminierung der Fürsorgeempfänger schreckte die Reichen nicht vom Müßiggang ab (Piven/Clo- ward 1977: 75). In der Tudorzeit, insbesondere am Ende des 18. Jahrhunderts, kam es zu einer wahren „Orgie von Einhegungsgesetzen“ (Dobb 1970: 228ff.). Es gibt einer lange Geschichte, wie Geld- und Zinsschulden Menschen in die Schuldfalle, in die Schuldknechtschaft und ins Unglück trieben, um sie für die Profiteure gefügig machen, wie David Graeber beschreibt (Graeber 2011). Die Menschen wurden zur Arbeit gezwungen, zur Gratisarbeit für Andere, um Kapital zu akkumulieren (Marx nach Kuczynski 2017: 584). Die westliche Kulturgeschichte ist die Geschichte der Lohnarbeit. Seit der Renaissance wuchsen die komparative Vorteile Westeuropas gegenüber anderen Weltregionen, obwohl diese wissenschaftlich und technologisch weiterentwickelt waren.
2.3 Die „freie“ Lohnarbeit
Erwerbsarbeit ist keine anthropologische Konstante, sondern Ergebnis der soziokulturellen und ökonomischen Tradition und Wertepräferenz. Spätestens seit der Renaissance wurde Nächstenliebe durch staatliche Armenfürsorge durch protestantischen Arbeitsmoral abgelöst. Der spanische Humanist und Pädagoge Juan Luis Vives (1492-1540) meinte, Armenunterstützung sei die Aufgabe des Staates. Nach Domenico de Soto (1494-1560) sind freier Verkehr von Waren und Menschen und Nährpflicht untrennbar verbunden. Auf die utopischen sozialpolitischen Forderungen der aristotelisch- thomistischen Denker der Schule von Salamanca des sechzehnten Jahrhunderts beziehen sich die Österreichische Schule der Nationalökonomie, Joseph Schumpeter und heutige neoliberale Politikberater wie Hernando de Soto (*1941). Nach Charles de Montesquieu (1689-1755), französischer Philosoph der Aufklärung, hat der Staat für einen existenzsichernden Lebensunterhalt, geeignete Kleidung seiner Einwohnern zu sorgen (de Montesquieu 1750). Der Demokrat Thomas Paine (1737-1809) baute die erste Eisenbrücke in Yorkshire, gehörte zu den Gründungsvater der Vereinigten Staaten und trat für das menschliche Existenzrecht ein. Der englische Sozialromantiker Thomas Spence (1750-1814) wollte sogar ein Grundeinkommen einführen, das aus den Erträgen der Bodenpachten finanziert sein sollte. Der französische Gesellschaftstheoretiker Charles Fourier (1772-1837) forderte das Recht auf das Lebensnotwendige für jeden Einzelnen in der Gesellschaft. Der belgische Jurist Joseph Charlier (1816-1896), Schriftsteller und Kaufmann, hatte die Idee, mit einer Staatsdividende das Sozialproblem zu lösen. Arbeit und Einkommen waren freilich stets aneinandergekoppelt. Seit dem Mittelalter reiften so die Vorstellungen, dass freier Warenverkehr und freie Lohnarbeit Handel und Wandel beschleunigen könnten. Lohnarbeit wurde durch das Lehrlingsgesetz von 1563 Teil der Lehr- und Wanderjahre (Law of Apprenticeship) und wurde sukzessive Ausdruck der modernen Lebensart. Der Humanist Thomas Morus (1478-1535) stellte sich den Arbeitsstaat in Utopia (Morus 1960) als 6-Stunden-Tag vor. In den neuen Fabriken gab es allerdings den 16-Stunden-Arbeitstag. Weitere Bedingungen treten hinzu (Abbildung 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Freiheit der Lohnarbeit
Die „doppelte Freiheit“ (Marx) der Lohnarbeit versprach, die Arbeitsnachfrage befriedigen. Dazu waren die paternalistischen Fesseln und Niederlassungsfreiheit zu sprengen. Für Karl Marx ist die doppelt freie Lohnarbeit nötig, um die Arbeitsnachfrage zu befriedigen. Doppelt frei sind die Lohnarbeiter insofern, dass sie sich im Unterschied zum Sklaven oder Leibeigenen frei für einen Arbeitgeberentscheiden können (MEW 23: 181 ff.). Wer die Ware Arbeitskraft kauft und besitzt, d.h. über ihre Verwendung entscheidet, kann sie produktiv anwenden, als Einkommensquelle nutzen und sein eingesetztes Kapital durch angeeignete Gratisarbeit vervielfachen. Die Kennzahl kommandierte Arbeit bezeichnet nach Adam Smith die Verfügungsmacht des Besitzers über die Ware Arbeit und ist der Kehrwert der Lohnstückkosten, welche anzeigt, wie oft der Lohnsatz im Stundenertrag enthalten ist. Smith führt den Ertrag auf die Arbeit zurück und meint in seiner Werttheorie, auf diese Weise die Verteilungsrelation zwischen Lohneinkommen, Gewinneinkommen und die Grundrente für den Grundherrn bestimmen zu können. Mit der Privatisierung und Vertreibung der sich selbstversorgenden Kleinbauern, wurde diese „Freiheit“ geschaffen und zur Bedingung der alleinigen Verwertung durch Fabrikanten.
Lohnarbeit und Sklavenarbeit haben Vieles gemeinsam. Arbeitsschutz und faire Löhne mussten erkämpft werden. Der US-amerikanische Schriftsteller John Steinbeck beschreibt im Roman Of Mice and Men, dass Löhne selten pünktlich oder oft nur als Sachgüter gezahlt wurden. Auf den britischen Inseln wurden die Fabrikarbeiter oft über das Trucksystem entlohnt oder hatten Bezugs- oder Gutscheine zu überhöhten Preisen in lokalen Läden einzulösen, welche den Fabrikanten gehörten oder deren Inhaber informelle Beziehungen zu den Bossen pflegten.4 In anderen Fällen durften die Arbeiter Produktionsabfälle Cabbage (Schnipsel), Chips (Späne) oder Thrums (Saumabfälle aus der Textilproduktion) mitnehmen. Das Tauschsystem wurde mit den Truck Acts der Jahre 1831, 1887 und 1896 verboten und Dreingaben wurden dann als „Stibitzen am Arbeitsplatz“ hart bestraft. Arbeitsschutz, soziale und gesundheitliche Mindeststandards für Kinder- oder Frauenarbeit fehlten im 19. Jahrhundert völlig. 1788 waren zwei Drittel der Arbeiter in den neuen wasserbetriebenen Textilfabriken in England und Schottland Kinder. Normalbeschäftigung blieb die Ausnahme (Graeber 2012: 369ff.). Wenn Adam Smith über Arbeitskraftzufuhr spricht, dann stets mit Blick auf die hohen Kinderarbeit und deren Fluktuation und Mortalität der Kinder, die selten das 10. Lebensjahr erreichten. Großbritannien beschränkte 1833 als Vorreiter in Europa die Kinderarbeit.
Zusammenfassend: Erziehung zur Lohnarbeit setzte Enteignung und Entzug gewohnter Subsistenzmittel voraus (Anderson 1981: 219-253). Überlange Arbeitstage und das Arbeiten nach der Uhrzeit statt nach dem Sonnenstand internalisierte die puritanische Ethik der neuen Arbeitsprozesse (Thompson 1980: 35-55). Soziale Mindestsicherung wurde erst nach großem Leid und sozialen Revolten implementiert. Dazu in Kürze mehr.
3. Das Speenhamland-System der Sprengelhilfe
3.1 Historische Einordnung des Speenhamland-Systems (1795-1834)
Das Speenhamland-System geriet durch Karl Polanyi in den Fokus des wissenschaftlichen Interesses. Er untersuchte die gesellschaftlichen Umbrüche im 18. und 19. Jahrhundert und sah einen Zusammenhang zwischen der Industrialisierung und der Sprengelhilfe. In Großbritannien waren die Bedingungen für die Transformation vom Feudalismus zu Kapitalismus günstig, die Fesseln des Feudalismus abzustreifen. Die Einfriedungspolitik war nach mehreren Jahrhunderte und viel Gewalt abgeschlossen, das Ende der Sklaverei war absehbar, die Weltwirtschaft veränderte sich, riesige Kapitalien häuften sich an. Die Die industrielle Revolution untergrub die ökonomische Basis des Landadels. Außerdem übten die Französische Revolution und die sozialen Widerstände in England erheblichen Druck auf die Aristokratie aus. Polanyi lieferte eine alternative Erklärung, wie sich die drei Märkte für Boden, Kapital und Arbeit und das neue Fabriksystem etablieren konnten und stellte die These auf, dass das Speenhamland-System den letzten Anschub dazu gab. Ökonomen hatten erklärt, dass die menschliche Arbeit konstitutioneller Bestandteil des neuen Wirtschaftssystems und als alleinige Quelle von Reichtum und Wohlstand unter zunächst alter Herrschaftsform anzuerkennen sei. Bekannt wurde das Speenhamland-System durch das Buch von Frederick Eden The State of the Poor (1797: 576ff.) - ein „storehouse of information “, so der schottische Ökonom John McCulloch (McCulloch 1845). Der „ social investigator “ Eden war kein Humanist. Er schlug den Vorstehern der w orkhouses vor, die Landarbeiter mit einer „schleimigen Bettelsuppe“ abzuspeisen. Schottische Tagelöhner kämen mit noch weniger aus.
Das Speenhamland-System hatte eine Vorgeschichte und ist nur im Kontext der Entstehung des paternalistischen Armenrechts zu verstehen. Die Lebensmittelpreise stiegen in den 1780er Jahren stark an, aber den verarmten Menschen ging es vorher auch nicht besser. Neu war das Ausmaß der sozialen Unruhen, welche für die Obrigkeit langsam bedrohliche Formen annahmen. So ging es um soziale Reformen, wobei sowohl Mindesteinkommen als auch Mindestlöhne erwogen wurden. Es gibt nach 1765 mehrere erfolglose Gesetzesinitiativen, die auf Thomas Gilbert (1720-98) zurückgehen und seinen Namen tragen. Gilbert versuchte 17 Jahre lang, das alte Poor Law zu reformieren, um den Adel stärker in die Finanzierung der Armenhilfe einzubinden und Armenhäuser (Poor-Houses) für nicht arbeitsfähige Arme einzurichten. Eine für die jeweiligen Grafschaften geltende Armenfürsorge wurde letztlich 1782 als Gilberts's Act im Parlament beschlossen. Doch dies brachte kein landesweit einheitliches Gesetz für arbeitsfähige bzw. nicht arbeitsfähige Arme, was den Raum für regionale Regelungen öffnete. Die Brotpreise stiegen weiter und die Löhne konnten mit der Preisentwicklung nicht Schritt halten, bemerkte Premierminister William Pitt in seiner Armutsstudie. Aber sein Vorschlag Mindestlöhne festzulegen, wurden von Vertretern des englischen Liberalismus abgeschmettert und fielen mehrfach im Parlament durch. Samuel Whitbread (1764-1815), Brauereiunternehmer und führender Vertreter der Whigs aus Bedfordshire, scheitere gleichermaßen im House of Commons.5 Auf Freiwilligkeit zu setzen, war erfolglos. So kam es, dass regionale Maßnahmen gegen Armut ergriffen wurden und das Speen- hamland-System war eine davon. Das elisabethanische Armenrecht von 1601 wurde an die neue Lage angepasst.
Das Ende der Subsistenzwirtschaft - Paternalismus, Landnahme und Sklaverei Das Speenhamland-System löste die Tradition der private Almosen und der kirchliche Nächstenliebe ab. Der erste Vorschlag zur Einführung einer öffentlichen statt einer caritativen Armenhilfe ist bei Thomas Morus zu fin- den.6 Überliefert sind zentrale Verwaltungsstellen für Bedürftige in Lyon als Antwort auf immer wieder ausbrechenden Massenunruhen (Piven/Cloward 1977: 81f.). Europas erstes Armengesetz wurde in der Tudorzeit unter Elisabeth I im Jahr 1601 eingeführt (OldPoor Laws). Anspruchsberechtigte Arme wurde von der Heimatgemeinde aus Steuermitteln, also nicht mehr als kirchliche oder private Almosen, unterstützt. Adam Smith berichtet von Unregelmäßigkeiten durch korrupte Armenhausmanager (Smith 1990 1776: 119f.). Höhe und Empfängerkreis wurde Armenhilfe (poor relief) wurde nach dem Old Poor Law meist willkürlich festgelegt. Menge, Art und Beschaffenheit der Naturalien oder der Kleidung variierten. In seltenen Fällen gab es Geldleistungen. Doch mit der Kommunalisierung ist ein spürbarer kultureller Wandel verbunden.
Welche Dimension hatte die Einhegung? Die Großgrundbesitzer nutzen die Änderungen der Nachfrage nach Landwirtschaftsprodukten, um bessere Margen realisieren zu können. Bis 1850 waren über 6 Mio. Acres (=2,43 Mio. ha) Gemeindeland - oder ein Viertel des gesamten anbaufähigen Bodens - von Großgrundbesitzern privatisiert worden. Die Hälfte davon in der Zeit von 1760 bis 1800. Den Kleinpächtern wurde unter Federführung der Lords gesetzlich mehrfach, insbesondere 1773 und 1801, die Nutzung des Gemeindelandes verboten. Sie wurden gewaltsam vertrieben und ihre Cottages zerstört, um so eine Rückkehr auf die Scholle zu verhindern. Ergänzt wurde die Enteignung durch das „Black Act“ von 1723, wonach Holzdieben und Wilderern die Todesstrafe drohte. Auch in anderen Teilen Europas kam es zur Vertreibung der Landbevölkerung vom bewirtschafteten Land und ihren Hütten - so mit der „Verkopplung“ im deutschen Königreich Hannover. Noch treffender sind die Begriffe Lowland Clearances und Highland Clearance in Schottland ab dem 18. Jahrhundert. Das hatte für die enteigneten Menschen fatale Folgen - sie verarmten, weil ihnen der Ackerbau, traditionell durch erbrechtliches Pachtsystem garantiert, zunehmend verwehrt und ihnen damit die ökonomische Basis geraubt wurde.
Die Subsistenzwirtschaft überstand die erste Welle der ersten Einhegungen noch, weil sie nur sporadisch wirkte, zeitweise ausgesetzt wurde und jedermann das Gemeindeland weiter frei nutzen konnte, was den Kleinhäuslern das Überleben sicherte. Die Gesellschaftsstruktur und das Machtgefüge veränderten zwischen 1690 und 1880 grundlegend. Adel und Klerus verloren an politischer Bedeutung, während ihre Finanzkraft stieg (Abb. 3).
Abbildung 3: Demografie und Finanzkraft 1690-1880
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung nach Piketty (2020a)
Info-Box: Sklaverei und Sklavenhandel Sklaverei begleitet die Menschheitsgeschichte. Doch der Umgang mit geraubten, andersartigen und verarmten Menschen veränderte seinen Charakter durch Marktmechanismen, die sich aus der protestantischen Arbeitsmoral ergeben.
Erst beschränkte sich die Sklaverei auf die Karibik, dehnte sich dann immer weiter aus und verlagerte sich dann, bis sie schließlich sukzessive beschränkt und dann abgeschafft wurde. Der Handel mit Sklaven wurde auf Druck der Abolitionisten-Bewegung 1807 in Großbritannien zwar verboten und die Sklaverei dann 1833 per Gesetz abgeschafft (Slavery Abolition Act). Doch der Sklavenhandel blühte danach bis 1850 erst richtig auf und die Routen des Sklavenschiffe passten sich der neuen Lage an. Statt Zucker aus der Karibik wurde nun Baumwolle aus Nordamerika als Rückfracht verschifft. Das kam durch die 1793 erfundene Egreniermaschine (Cotton Gin). Vor dieser Innovation war das Säubern der Ernte so aufwändig, dass die Baumwollernte selbst unter Sklaveneinsatz unrentabel war. Nun mussten die Baumwollfasern nicht mehr händisch von den Samenkapseln getrennt werden, sondern dies konnte maschinell erfolgen. Die nordamerikanische Baumwolle wurde billiger. Die Nachfrage nach Arbeitssklaven blieb, denn sie konnten nun anderweitig in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Warum sollten die Südstaaten der USA auf diesen Wirtschaftsmotor verzichten? Weitere Mechanisierungsschritte des Web- und Spinnvorgangs verdrängten Leinen, Hanf und Wolle vom Markt. Die britischen Textilfabriken verdrängten sowohl die Konkurrenz auf dem Kontinent als auch die Handwerksproduktion in Indien (Pierenkemper 1996). So kehrten sich die Handelsbeziehungen um, so dass Indien fortan Baumwollfertigtextilien importieren musste und dort für Massenarbeitslosigkeit sorgte. Oft wird das Verbot der Sklavenarbeit als Sieg des Humanismus interpretiert. Im Fall von Haiti kam es nach mehreren Sklavenaufständen 1804 zur Unabhängigkeit von Frankreich und das Ende der Sklaverei schien besiegelt. Die Kolonialherren wurden großzügig entschädigt, Strafzahlungen wurden von 1825 bis 1883 komplett vom haitianischen Volk entrichtet und erholte sich wirtschaftlich bis heute nicht von dem „Loskauf“.7 Dass die Sklavenhalter im britischen Kolonialreich sich den Abolitionisten beugten, hatte primär ökonomische Gründe. Zum einen war Lohnarbeit produktiver als Sklavenarbeit und Leibeigenschaft. Die Sklavenhalter wurden andererseits v.a. im Gesamtvolumen von fünf Prozent des britischen Nationaleinkommens vollständig entschädigt. Bei einer Entschädigungssumme von durchschnittlich 30 Mio. Euro für jeden der 4.000 Sklavenhalter (in heutigen Preisen) dürften pekuniäre Gründe ausschlaggebend gewesen sein. Mit dem Entgegenkommen wurden die gewaltigen Staatsschulden Englands verstärkt und kleine und mittlere Haushalten durch indirekte Steuern zur Kasse gebeten. Eine finanzielle Entschädigung der Sklaven für erlittenes Unrecht war hingegen nicht vorgesehen, was allein moralisch verwerflich ist. Wie eng Sklavenarbeit und Leibeigenschaft verwandt sind, zeigt sich an den Interessen des landbesitzenden Adels. Das Niederlassungs- und Ausweisungsgesetz des Old Poor Laws (1662) schuf eine regelrechte Gemeindeleibeigenschaft. Nachdem die Sklaverei auch in den USA gegen Ende des 19. Jahrhunderts abgeschafft worden war, verbesserten sich die Arbeits- und Lebensbedingungen der Freigelassenen dort nicht wesentlich. Oft bestellten sie weiterhin das Land ihrer ehemaligen Herren. Auch Thomas Jefferson verstand es, bei der Abschaffung der Sklaverei einen guten finanziellen Schnitt zu machen und entließ nur eine Handvoll seiner 600 Sklaven in die Freiheit.
Je profitabler die Schafzucht wurde, desto mehr Acker- wurde in Weideland umgewandelt. Es wurden weniger Ackerfrüchte angebaut, Missernten und Politikversagen verschärften die Ernährungslage drastisch. Armut, Hunger und Obdachlosigkeit verschärften sich durch das Bauernlegen. Festzuhalten ist, dass Freigelassene unter menschenunwürdigen Umständen und miesen Arbeitsverträgen oft bei ihren alten Herren weiterarbeiteten (Piketty 2020a: 269ff.). Ausbeutung blieb nicht auf Sklaverei begrenzt, sondern entsprach gemäß dem herrschaftlichen Verhaltenskodex gegenüber den Enteigneten. Nachdem sie ihr Land verloren, blieb den Kleinstbauern und landlosen Tagelöhnern letztlich nur noch der Verkauf ihrer Arbeitskraft, um das Überleben zu sichern. Da die menschliche Arbeit zur Ware wird, muss sie nach Adam Smith einen Wert haben, wie jede andere beliebige Ware. Im christlichen Mittelalter, das stark vom Gedanken der Barmherzigkeit geprägt war, mussten die Verarmten für ihr Schicksal verantwortlich gemacht werden. Dies war nur mit einem neuen Menschenbild vorstellbar, welches die Reichen gegenüber den Armen kultivierten und Sklaverei, Schuldknechtschaft und Verelendung rechtfertigte. Adam Smith wie David Ricardo stellten heraus, dass internationale Arbeitsteilung Vorteile für alle bringt. Die einen sollten sich auf Agrarwirtschaft konzentrieren und die anderen auf das Gewerbe, um komparative Kostenvorteile zu erzielen. Dies veränderte auch die Bevöl- kerungs- und Einkommensstruktur. Marx nennt diese Form der Privatisierung „Usurpation des Gemeindelands“ (MEW 23: 755).
Die Kleinbauern wurden schon früh von der bäuerlichen Scholle vertrieben, ihrer Produktionsmittel und ihrer Subsistenz beraubt. Für Millionen von Menschen war die „Bauernbefreiung“ erst der Beginn des Wegs in die Lohnabhängigkeit (Senf 2002: 59-66). Die eigentumslose Klasse durfte keine eigenen Reproduktionsmittel besitzen: keine eigene Landwirtschaft, Vieh, Weideland, Fischgewässer, Forstgrundstücke, Jagdrechte oder häusliche Kleinproduktion.
Ursachen der schlechte Ernährungslage und Reaktionen darauf
Für den schlechten Nährstand sind mehrere Faktoren verantwortlich. Die Napoleonischen Kriege 1792-1815 endeten zwar mit dem britischen Sieg bei Waterloo, doch das Land war wirtschaftlich ausgeblutet und die britische Landwirtschaft außerstande, die Bevölkerung ausreichend zu ernähren. Während Kleinhäusler früher Schinken, Käse, Gemüse und Fleisch aßen, ernährten sie sich jetzt von Kartoffeln und v.a. von Mehlspeise (Corbett 1912). Der Süden und die Midlands ernährten sich von Weizen und der Norden von Hafermehl. In Lancashire und Yorkshire gab es Haferbrot. Die Zinnbergleute Cornwalls ernährten sich von Gerstenbrot oder einer Mischung aus Gerste und Gray Pease. Die Brotpreise explodierten und die Wohlsituierten hatten keine Vorstellung, wie die Armen überhaupt überleben konnten. In Mangeljahren benötigten die Produzenten ihre ganze Ernte zum Eigenverbrauch und für das Saatgut. Teile Großbritanniens versanken in bitterer Armut und Arbeitslosigkeit. Die Ernährungslage auf den britischen Inseln war am Ende des 18. und in den ersten Dekaden des 19. Jahrhunderts sehr schlecht und dafür gibt es Gründe:
- Verknappung der Ackerflächen durch Einhegungen zugunsten der Schafzucht,
- Horten von Brotgetreide in Erwartung steigender Preise,
- Ernteausfälle durch Missernten beim Brotgetreide und der Kartoffelfäule,
- Anstieg des Kornpreises durch die Umstellung der Maßeinheit vom 9- Gallonen-Scheffel auf den Winchester-Scheffel,8
- Rückzug der Kornhändler aus dem Geschäft wegen Angst vor öffentlicher Regulierungen und sozialer Schmähungen,
- Verteuerung des Brotgetreides durch veränderte Lieferketten und neue Zwischenhändler,
- Wandel der Ernährungsgewohnheiten und der Konsummuster,
- Einfuhr von Handelszöllen und Einschränkung von Agrarimporten sowie Autarkiestreben einer verfehlten Agrarpolitik.
Aufgrund veränderter Konsumgewohnheiten sank der Anteil der Misch-, Roggen-, Gerste- und Haferbrote. Selbst im Weizengürtel von Süd- und Ostengland ging dessen Anbau aber zurück, was die Versorgungskrise weiter anspannte und die Brotpreise explodieren ließ. Um 1790 hatten zwei Drittel der englischen Bevölkerung auf Weißbrot umgestellt, weil sie fürchteten, dunklere Brotmischungen enthalten krankmachende Beimischungen. Zudem wollte man der Oberschicht europaweit nacheifern und nur noch feingemahlenes Weizenmehl verzehren. Nach dem paternalistischen Modell wurde einiges unternommen, um die Brotpreise zu stabilisieren. Durch amtlich festgelegte Höchstpreise (Assize of Bread), strenge Regulierung der Wochenmärkte und Auflagen für Zwischenhändler sollte Preistreiberei verhindert werden. Gesetzliche Maßnahmen gegen den Zwischenhandel wurden ergriffen, um die Ruhe wiederherzustellen (im Volksmund: Brown Bread Act). Bis weit in das 18. Jahrhundert hinein kauften die Frauen das Korn auf dem Wochenmarkt, brachten es zum Müller und buken es dann in Gemeinschaftsöfen des Dorfes. Später kauften sie das ausgemahlene Mehl oder das fertige Brot, aber kannten dessen Bestandteile nicht, was das Misstrauen und den Unmut weckte. Findige Müller, Bäcker und Mehlhändler mischten andere Bestandteile in das Mischbrot - fermentierte Kleie, Erbsen- und Bohnenmehl, getrockneten Pferdemist, den man mit Alaun weiß färbte. Folglich wurde „Hausbrot“(Maslin) verweigert. So wurde das paternalistische Modell der Preisregulation, welches die Armen schützen sollte, phantasiereich ausgehöhlt. In der Info-Box sind einige Fakten zur britischen Agrarpolitik zusammengestellt.
Info-Box: Zur Geschichte der Corn Laws (1815-1846)
Die Corn Laws protegierten die einheimische Landwirtschaft durch hohe Einfuhrzölle und Einfuhrverbote auf Getreide. Die Gesetze wurden eingeführt, nachdem durch das Ende der Napoleonischen Kriege 1815 die Getreidepreise auf dem Weltmarkt sanken.
Es sollte einerseits verhindert werden, dass der einheimische Getreideanbau zurückging, was bei gleichzeitig steigender Bevölkerungszahl zu immer stärkerer Importabhängigkeit geführt hätte, andererseits waren die Gesetze Ausdruck der Patronage der Tory-Partei gegenüber ihrer Stammwählerschaft, dem landbesitzenden Adel.
- Das Getreidegesetz wurde unter Robert Jenkinson, 2. Earl of Liverpool, (Tory-Regie- rung) 1815 verabschiedet. Die Getreideeinfuhr wurde bei britischen Getreidepreisen unter 80 Shilling pro Quarter (12,7 kg Weizen) verboten. Bei höheren Preisen war die Getreideeinfuhr zollfrei.
- Das Getreidegesetz von 1822 verbot die Einfuhr von Getreide bei einem Absinken des einheimischen Getreidepreises unter 70 Shilling und erlaubte sie erst wieder bei einem Anstieg über 80 Shilling.
- Das Getreidegesetz von 1828, verabschiedete unter der Regierung des Herzogs von Wellington, führte einen Zoll ein, der bei Preisen unter 73 Shilling einsetzte und bei niedrigeren Preisen progressiv anstieg.
Bei einer Demonstration gegen die Getreidegesetze in Manchester 1819 kam es zum Pe- terloo-Massaker (siehe unten). 1831 gründeten Gegner der Korngesetze die Anti-Corn Law League. Durch den Reform Act 1832 wurde das Wahlrecht zugunsten der bürgerlichen Mittelschicht in den Städte abgeändert, die tendenziell anti-protektionistisch eingestellt war und den Freihandel unterstützte. Es brauchte mehrere Anläufe bis die Getreidegesetze 1846 unter der Regierung von Sir Robert Peel, 2. Baronet (1788-1850) mit einer dreijährigen Auslaufphase abgeschafft wurden. Peel musste im selben Jahr als Resultat einer Niederlage betreffs seiner Irlandpolitik zurücktreten. Als Ergebnis spalteten sich die Peeliten von der Konservativen Partei ab und schlossen sich später den Liberalen an. Die geänderten Zollbestimmungen verhinderten nicht, dass zwischen 1845 und 1849 alleine in Irland mehr als 1 Mio. Menschen verhungerten (Große Hungersnot in Irland).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Marjie Bloy: The Corn Laws. In: victorianweb.org; abgerufen: 19.10.2020.
League von den Fabrikanten gegründet.9 Dieser Verbund trat für Freihandel, gegen die Corn Laws und gegen den Land bewirtschaftenden Adel ein mit dem Ziel, die Löhne der Arbeiter senken zu können. Die Lebensmittelpreise blieben hoch und das Volk murrte weiter.10 Nach Thompson beruhen beide ökonomischen Modelle auf Aberglauben und lassen sich empirisch nicht belegen (Thompson 1980: 80f.).
Die Initiative zu Krawallen ging oft von Frauen aus. Sie rotteten sich gegen die Machenschaften zusammen und waren dabei recht erfolgreich (Thompson 1980: 106f.). Sie forderten reines Weizen- statt gepanschtes Mischbrot, damit ihre Männer ausreichend ernährt arbeiten konnten und ihre Kinder nicht geschwächt und krank wurden (ebenda). Der Hinweis auf die Nützlichkeit ausreichender Ernährung für bessere Arbeitsleistung war nicht notwendig, sollte aber überzeugen.
Konstruktion des Speenhamland-Systems
1795 war ein Hungerjahr und das Speenhamland-System war eine Antwort darauf. Edmund Burke (1729-1797), Freibeuter und geistiger Vater des Konservatismus, vertrat das Motto: Geduld, Arbeit, Nüchternheit, Genügsamkeit und Religion (Burke 1796). Die Armutsbevölkerung ließ sich indes mit dieser Botschaft immer weniger abspeisen. So beschlossen die Friedensrichter (Magistrates) von Berkshire County am 6. Mai 1795 das Speenhamland- System im Gasthof Pelican Inn im Berkshire-Dorf Speen nördlich von Newbury.11 Es breitete sich rasch auf andere Grafschaften aus. Die öffentliche Sprengelhilfe an Agrartagelöhner und deren Familien orientierte sich an einem gestaffelten, am Brotpreis gebundenen Tarif. Das Zuschusssystem sollte die Differenz zwischen den geringen Armutslöhnen und dem Existenzminimum ausgleichen. So wurde unabhängig von anderen Einkünften ein Minimaleinkommen aus der Armenkasse garantiert. Der Grund, warum das Speenhamland-System ausgerechnet im Pelican Inn in Berkshire County und nicht andernorts beschlossen wurde, lässt sich nach der Quellenlage nicht eindeutig festmachen. Möglicherweise ist es die besondere gesellschaftliche und geografische Lage. Zum einen liegt Newbury auf halber Strecke zwischen London und den bei wohlhabenden beliebten Thermen in Bath. Es gab ein Theater und andere Lustbarkeiten. Heute führt die Autobahn M4 entlang der 200 km langen Strecke. In der früher beliebten Rastanlage für durchreisende Beamte, Politiker und Militärs ließen sich bis zu 300 Pferde unterbringen. Neben diesen Annehmlichkeiten spielt die Gegend um Newbury als Schauplatz des englischen Bürgerkrieges (1642-1651) eine historische Rolle. Die Gegend war seit den Bürgerkriegen verarmt, denn der lokale Tuchhandel kollabierte im späten 16. Jahrhundert.
Jane Austen (1775-1817) schildert in ihrem Gesellschaftsroman „Emma“ den Reifungsprozess einer privilegierten und intelligenten Frau aus der Regency -Ära.12 Austen lebte zeitweise in der Kurstadt Bath und beschreibt das intrigenreiche Leben der Schönen und Reichen sowie das distanzierte Verhältnis zu den Armen im historischen Kontext. Der geografische Ort, an dem die Sprengelhilfe beschlossen wurde, war kulturell bedeutsam. Unterwegs zum Badeort musste es für wohlhabende Sommerfrischler unangenehm gewesen sein, dem Elend der Landbevölkerung persönlich zu begegnen. Vielleicht plagte die Armut auch das schlechte Gewissen, zumal das Subsistenzrecht dem alten feudalen Konsens entsprach. Wie funktionierte das in der Raststätte beschlossene Speenhamland-System (auch als Berkshire Bread Act bekannt)? Polanyi beschreibt den Beschluss der Friedensrichter wie folgt:
„Die berühmte Empfehlung der Friedensrichter lautet folgendermaßen: Wenn ein Vierkilolaib Brot von bestimmter Qualität,1 Shilling kostet, dann soll jeder arme und arbeitsame Mann zu seiner Unterstützung 3 Shilling wöchentlich bekommen, die er sich entweder durch eigene Arbeit oder die seiner Familie erwirbt, oder einen Zuschuss aus dem Armenfonds, und für den Unterhalt seines Weibes und jedes weiteren Familienmitglieds 1 Shilling und 6 Pence; wenn der Brotlaib 1 Shilling und 6 Pence kostet, dann 4 Shilling wöchentlich, plus 1 Shilling und 10 Pence; für jeden Pence, den der Brotpreis über 1 Shilling steigt, soll er drei Pence für sich und 1 Pence für die anderen erhalten.“ (Polanyi 1990: 114)
Das Speenhamland-System wurde nach einer Bread Scale abhängig von der Familiengröße an den Ackertagebauern gewährt. Wurde der Hauptverdiener anfangs mit dem Gegenwert von drei Vierpfundbroten pro Woche unterstützt, so sank der Zuschuss später in mehreren Grafschaften sukzessive auf zwei und zuletzt auf eineinhalb Vierpfundbrote. Die Arbeitslöhne wurden wie ein Kombilohn aufgestockt. Wenn der Mann arbeitete, bekamen er und seine Familie mehr Unterstützung (Hampson 1934: 195). Im Kontext der Korngesetze von 1815 gab es einen Bericht der Royal Commission. Darin berichtet G. L. Newnham (Barrister at Law) weitere Details, wonach die Squires bei der Pfarreiunterstützung mehrfach ergebnislos über eine Art Mindestlohn verhandelten, den die Grundherren zahlen sollten, damit der Aufstockungsbetrag entsprechend niedriger ausfallen konnte. Danach sollte der Wochenlohn 3 sh. pro Mann betragen, wenn der Laib Brot von 8 Pfund 11 Unzen auf 1 sh. stünde, und er sollte regelmäßig wachsen, bis der Laib 1 Shilling (sh.) und 5 Pence (d.) koste, wie es bei Newnham heißt. Sobald er über diesen Preis stiege, sollte der Lohn proportionell abnehmen, bis der Preis des Laibes 2 sh. erreicht hätte; und dann sollte die Nahrung des Mannes 1/5 weniger als vorher sein (Newnham 1815). Karl Marx stellt über dieses Mindestsalär fest, dass die englischen Pächter und Landlords am Ende des 18. und während der ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts den Ackerbautaglöhnern weniger als das Minimum in der Form des Arbeitslohns auszahlten, der Rest wurde als Pfarreiunterstützung aufgestockt (MEW 23: 628f.). Marx brandmarkt dies süffisant:
„Als die Squires die Arbeitslöhne für Speenhamland 1795 festsetzten, hatten sie zu Mittag gespeist, dachten aber offenbar, daß die Arbeiter nicht desgleichen nötig hätten...“ (ebenda).
Info-Box: Leistung und Gegenleistung
Wie bei der frühen Einkommensgarantie beruht die Leistungsbewilligung des Staates prinzipiell auf einer Gegenleistung. Wer unterstützt werden wollte, sollte
a) arbeitsfähig sein. Der Lohnzuschuss war nicht von der Lohnhöhe abhängig, sondern von der Anzahl der Familienmitglieder. Wer über eigenes Land verfügte, oder zusätzlich Selbstversorgung betrieb, bekam nichts.
b) ortsansässig sein, d.h. Wanderarbeiter (als Beispiel) bekamen keine Unterstützung.
Die Richter der Grafschaft Berkshire hatten auch eine andere Option erwogen, wonach Landwirte und andere Arbeitgeber Mindestlöhne zahlen und die Löhne ihrer Arbeiter freiwillig anheben sollten. Dieser Vorschlag bekam keine Mehrheit und das Verursacherprinzip stieß auf wenig Resonanz.
Was bedeutet die Lohnergänzung umgerechnet auf heutige Preise? Nach heutigem Brotpreis von fünf Euro per Kilogramm Brot, entspräche dies einem aktuellen monatlichen Lohnzuschuss von 516 Euro.13 Die erforderlichen Beiträge zur Armenkasse wurden zunächst als lokale Einkommensteuer erhoben, später als Abgabe auf Grundbesitz, die jedoch nicht nur von Gutsbesitzern, sondern z. B. auch von Pächtern zu zahlen war.
Das Speenhamland-System wurde nicht an Arbeitgeber, sondern direkt an Arbeiter ausgezahlt und die Lohnsubvention war an zwei Bedingungen gebunden. Die Methoden der Subventionsvergabe waren von Gemeinde zu Gemeinde verschieden. Der Speenhamland-Plan hatte erstmals eine Hilfestaffelung (bread scale) und war gestaffelt nach der Familiengröße, d.h. an die Kinderzahl, was an Regularien moderner Sozialpolitik erinnert (Sokoll 1988).
Info-Box: Formen der Armenhilfe in der Industriellen Revolution
- Die bedingungslose Auszahlung an Arbeitsfähige (Ausnahme);
- das roundsman-System, eine Art subventionierter Leiharbeit, wo arbeitsfähige Arme on the round unter örtlichen Privatarbeitgebern herumgereicht wurden;
- die poor rate oder labour rate, d.h. die Verpflichtung von Steuerpflichtigen, arbeitsfähige Arme nach Höhe ihrer Steuer zu beschäftigen, wobei die labour rate als eine Art Steuerrückzahlung für ortansässige Landbesitzer definiert war;
- der Highway rate Fund im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Straßenbau.
- Nach 1760 und in den Krisenjahren 1795/96, 1800/01 und 1809-12 entwickelten sich regionalspezifische Formen der Armenhilfe (bread money).
Die aufstockende Hilfe wurde auch gewährt, wenn der Hauptverdiener Arbeit hatte (Polanyi 1978 1944: 115). Die „Brotskala“(gallon loaf of bread) des Speenhamland-System brachte eine Standardisierung des damaligen Mindesteinkommens und wurde in vielen Grafschaften als Muster genommen. Die bread scale war eine historisch neue Form des heutigen Means Test (Bedürftigkeitsprüfung).
Überblick über Positionen zum Speenhamland-System
Die Berichte über die miserablen Arbeitsbedingungen auf dem Land zu Ende des 18. und frühen 19. Jahrhunderts sind eindeutig. Doch die Meinungen über das Speenhamland-System gehen auseinander. Die feine Oberschicht hatte von den Armen eine schlechte Meinung und jegliche Form der Armenhilfe stieß auf Skepsis. Die Armen würden noch mehr Kinder bekommen und die Kriminalität würde zunehmen. Die Wirtschaft würde leiden, weil Löhne ansteigen, Produktivität und Arbeitsmoral aber abnehmen würden. Kurz: Es entstünde eine „Kultur der Indolenz“.
Eine Literaturübersicht ist bei Milton D. Speizman, Mitglied der Social Academy der Universität von Chicago, zu finden (Speizman 1966). Beraubte das Speenhamland-System den Armen den letzten Rest an Selbstachtung und verstärkte den Pauperismus? Gleichgültig waren hingegen viele Privilegierte gegenüber der Armut. So wird über Arbeiterfamilien berichtet, die in erbärmlichen Behausungen dahinvegetierten. Der weit gereiste William Cob- bett traf in Sussex Arbeiterfamilien an, die in Schweineställen hausten und mit einem Drittel davon auskommen mussten, was Sträflinge bekamen. Fred
[...]
1 Ein Acre entspricht 0,4 ha.
2 Diesen Kontext beleuchtet Marx in Resultate des unmittelbaren Produktionsprozesses. Dieser Text war als Kapitel 6 für den ersten Band des Kapital vorgesehen. Dieser Plan wurde jedoch nicht umgesetzt. Erst die italienische Linke setzten sich eingehend mit dem Text auseinander. Laut Paul Sweezy, dem US-amerikanischen Nationalökonom und Marxisten, sind der Fernhandel und das Handelskapital die Haupttriebkraft für den Übergang zum Kapitalismus ursächlich (Sweezy 1978). Die industrielle Revolution hat ihren Ursprung in der Profitgier und dem technischen Fortschritt (Hobsbawm 1977: 39). Daher wandelte sich auch die Form der Mehrwertproduktion. Bei der formellen Subsumtion geht es um die Schaffung des absoluten Mehrwerts, der etwa durch die Verlängerung des Arbeitstages gesteigert werden kann. Anders bei der formellen Subsumtion der Arbeit unter das Kommando des Kapitals, wo es um die Produktion des relativen
3 Als Produktionsfaktoren werden jene in der Produktion eingesetzten materiellen und immateriellen Güter bezeichnet, deren Einsatz (englisch Input) zur Herstellung anderer Güter oder Dienstleistungen erforderlich ist. Die Produktionsfaktoren werden durch Arbeitslohn, Kapitalzins und Bodenpacht vergütet. (Zur Kritik des Produktionsfaktoren-Konzepts: Conrad, Otto: Die Todsünde der Nationalökonomie, Leipzig/Wien 1934, S. III sowie 4 - 12.)
4 Im Frühkapitalismus Zeit war das Trucksystem (von englisch to truck,eintauschen‘) weit verbreitet. Der Lohn wurde in Form von minderwertigen und zu überhöhten Preisen bewerteten Waren ausgezahlt. Die Veilsdorfer Kupfermarken wurden 1822 vom Porzellanwerk Kloster Veilsdorf in Sachsen-Hildburghausen als Fabrikgeld herausgegeben. In Preußen wurde das Trucksystem 1849 verboten. In der ÖsterreichischUngarischen Monarchie wurde es erst 1885 abgeschafft. Sachbezug statt Geld ist mit dem Deputatlohn oder als Rabatt auf Firmenprodukte heute noch anzutreffen.
5 Die Whigs waren zwischen den 1680er und 1850er Jahren eine der beiden Parteien des britischen Parlamentarismus. Ihre Gegner waren die konservativen Torys. 1859 schlossen sich die Whigs mit gemäßigten Tories zur Liberal Party zusammen.
6 Der Humanist und Staatsmann Thomas Morus entwarf das Bild einer Arbeitsgesellschaft. Statt Diebe zu bestrafen, sollten die Menschen eine Art Lebensunterhalt erhalten, um Diebstahl vorzubeugen. Im Alter von 57 Jahren wurde jedoch aus anderen Gründen 1535 auf dem Schafott vor dem Tower hingerichtet. Erst die zweite Welle der Einzäunungen (Enclosure Movements) durch meilenweit aufgeschichtete Steinwälle beendete die Selbstversorgung und löste damit einen epochalen gesellschaftlichen Umbruch aus. Schafzucht wurde zunehmend des Fleisches und weniger der Wolle wegen betrieben, was für die Gutsherren Schafzucht profitabler als die Bodenbestellung machte (Gras 1940).
7 Es geht um eine Rückforderung in Höhe von 21 Milliarden US-Dollar, also den kapitalisierten Wert der 90 Millionen Gold-Franc, die seinerzeit gezahlt wurden. Frankreich weigert sich weiterhin, seine historischen Schulden an Haiti zurückzuerstatten.
8 Der Unterschied zwischen den Scheffeln konnte groß sein. Der Winchester-Scheffel hatte acht, der Stamford-Scheffel 16, der Carlisle-Scheffel 24 und der Chester-Scheffel 32 Gallonen. Die Corn Laws in Großbritannien verschärften die Not. Die Ernährungskrise war teils von den Regierenden durch die Folgen der Corn Laws selbstverschuldet durch Einfuhrzölle auf Lebensmitteln vom europäischen Kontinent, der Beschränkung des Freihandels, um die Kornpreise und damit die Gewinne des landbesitzenden Adel zu stabilisieren. Das Gegenmodell zum Paternalismus war der freie, sich selbst regulierende Markt. Adam Smith rehabilitierte die bürgerlichen Müller, Bäcker, Getreidehändler, Hökerer und Spekulanten moralfrei (Smith 1990 1776: 435-554). Seine Argumente sollten gegen die Getreidelobby obsiegen und 1831 wurde die Anti-Corn Law
9 John Bright und Richard Cobden , zwei wichtige Vertreter des Manchesterliberalismus, gründeten die Liga und verfolgten mit ihr eine Doppelstrategie. Gegenüber den Arbeitern erklärten sie, dass die Abschaffung der Kornzölle den Brotpreis verbilligen werde. Gegenüber den Industriellen erklärten sie, dass dies die Gelegenheit eröffne, die Löhne zu senken und dass der steigende Außenhandel die Gelegenheit böte, mehr Fertigwaren in das Ausland zu verkaufen. Die Erwartung sinkender Löhne beruhte auf dem damals aktuellen, von David Ricardo formulierten eisernen Gesetz, dass die Löhne stets zu einem den Lebensunterhalt gerade noch sichernden Niveau tendieren. Von 1815-1846 galten die Corn Laws - abgeschafft im Mai 1846 vom Parlament auf Drängen der Manchesterliberalen und mit Unterstützung der Bevölkerung. Das war der erste große Erfolg der Manchesterliberalen (aus: Wikipedia.de).
10 Die Korngesetze wurden nach dem Ende der Napoleonischen Kriege 1815 beschlossen als die Getreidepreise auf dem Weltmarkt sanken und die Erntemenge des einheimischen Getreideanbaus stagnierte. Einfuhrzölle wurden erhoben, um den Getreidepreis und die Margen des landbesitzenden Adels zu stabilisieren. Zwischen 1845 und 1849 verhungerten allein in Irland mehr eine Million Menschen, etwa zwölf Prozent der irischen Bevölkerung. Wegen der Kartoffelfäule stand kein anderes Grundnahrungsmittel zur Verfügung, weil selbst in der größten Hungersnot Getreide nach England geschafft wurde. Zwei Millionen Iren wanderten aus und viele überlebten auch den Exodus nicht.
11 Die Verwendung des Begriffs „Land“ ist leicht irreführend, da es sich nur um ein sehr kleines Gebiet (Gewann) nördlich von Newbury handelt. Allerdings wurde das Speenhamland-System auf weite Landstriche Englands und Wales übertragen und wurde als Standard auch dort angewendet, wo es diese Armenhilfe nicht explizit gab.
12 Die Zeit zwischen 1811 bis 1820 im Vereinigten Königreich Großbritannien und Irland wird als Regency bezeichnet. Die Epoche beginnt mit der Übernahme der Regierungsgeschäfte durch den Prince of Wales, Georg August Friedrich von Hannover, den späteren George IV., und umfasst den Zeitraum seiner Regentschaft. Durch die Stoffwechselkrankheit Porphyrie war sein Vater George III. nicht mehr in der Lage, die Regierung auszuüben. Politisch endete das Regency mit dem Tod Georges III. und der Inthronisierung des Prince Regent als George IV (aus: Wikipedia).
13 Umrechnung: 6 Brote a 4 kg Brote x 20 €= 120 Euro pro Woche = 120*4,3=516 € /Monat für 4 Personen.
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- Dr. Klaus-Uwe Gerhardt (Author), 2020, Das Speenhamland-System als frühes Grundeinkommen. Vorgeschichte, Wirkungen und Erkenntnisse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/950034
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