Die Arbeit untersucht, inwieweit umwelt- und nachhaltigkeitsbezogene Themen im Schulunterricht an zwei Berliner Schulen zur Anwendung kommen, die sich sozialstrukturell stark unterscheiden. Dabei liegt der Fokus vor allem auf der Lehrkraft. Es wird der Frage nachgegangen, welche Bedeutung die Lehrkraft bei der Platzierung von Umweltthemen im Schulunterricht einnimmt. Es wird untersucht, nach welchen Kriterien eine Unterrichtsgestaltung erfolgt, welche Prioritäten weshalb gemacht werden und welchen Einfluss strukturelle Rahmenbedingungen und damit verbundene Zwänge auf die Entscheidungen der Lehrkräfte haben.
Schließlich wird untersucht, ob und welchen Einfluss weitere Akteure, wie Schülerinnen und Schüler sowie Eltern auf Unterrichtsinhalte nehmen. Außerdem wird der Frage nachgegangen, welche Bedeutung die Lehrkräfte selbst den Themen Umwelt und Nachhaltigkeit beimessen und welches Interesse die Schülerinnen und Schüler an diesen Themen haben. Hierfür erfolgt zunächst eine theoretische Hinwendung, die genauer erläutert, was unter Umweltbildung und BNE verstanden wird und wie diese unterschieden werden. Danach wird am Schulstandort Berlin zum einen dargelegt, welche Unterschiedlichkeiten dort vorhanden sind und inwiefern ein schulgesetzlicher Rahmen die Implementierung von Umweltbildungsinhalten ermöglicht. Im Anschluss daran wird auf milieuspezifische Aspekte von Umwelteinstellungen und Wertorientierungen insgesamt eingegangen. Abschließend erfolgen im theoretischen Teil Erläuterungen zu Vorurteilen und Stereotypen, die möglicherweise Unterrichtsentscheidungen mit beeinflussen können. Im empirischen Teil wird die Methodologie der Untersuchungen, die Untersuchungen selbst sowie deren Ergebnisse vorgestellt. Weiterhin wird näher auf das Forschungsinteresse und den Stand der Forschung eingegangen.
Umwelt- und Klimaschutz nehmen heute eine zentrale Stellung in öffentlichen und politischen Diskursen ein. Es wurden zahlreiche alternative ökonomische, soziale und politische Wege zu mehr Umwelt- und Klimaschutz aufgezeigt. Ein Weg davon stellt Bildung dar. Durch Bildung sollen ökologisches Wissen und Zusammenhänge, ökologische und soziale Werte sowie veränderte Einstellungen und neue Verhaltensweisen vermittelt und erlernt werden. Konzepte der Umweltbildung und der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) versuchen dies zu ermöglichen.
Inhalt
1. Einleitung
2. Forschungsinteresse und Stand der Forschung
3. Theoretische Hinwendung zum Forschungsthema
3.1 Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung im Schulunterricht
3.1.1 Hintergrund zur Entstehung der Umweltpädagogik als fester Bestandteil in deutschen Schulcurricula
3.1.2 Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung: Der Versuch einer Abgrenzung
3.1.3 Hemmnisse bei der Implementierung und Umsetzung von Konzepten der BNE und Umweltbildungsinhalten im Schulunterricht
3.2 Der Schulstandort Berlin
3.2.1 Umweltbildung und BNE im Berliner Schulunterricht der Sekundarstufe I
3.2.2 Die Berliner Bevölkerungsstruktur
3.3 Milieuspezifisches Umwelthandeln und milieuspezifische Umwelteinstellungen
3.3.1 Ursachen milieuspezifischer Umwelteinstellungen
3.4 Werte, Wertewandel und milieuspezifische Wertorientierungen
3.5 Umweltbezogene Wertorientierungen bei jungen Menschen
3.6 Ungleichbehandlung, Diskriminierung und Stereotype
4. Zwischenfazit
5. Empirischer Teil
5.1 Methodisches Vorgehen und Methodologie
5.2 Sampleauswahl und Auswahl der Interviewpartnerinnen
5.2.1 Auswertung der Internetauftritte der ISS aus Berlin Neukölln und Steglitz
5.2.2 Auswahl der Interviewpartnerinnen
5.3 Konzeption und Durchführung der Interviews
5.4 Auswertung der Interviews
5.5 Konzeption und Durchführung der Schüler_innenbefragung
5.6 Auswertung der Schüler_innenbefragung
5.7 Konzeption und Auswertung Wettbewerb „Klimaschule Berlin“
6. Zusammenfassung der Ergebnisse
7. Kritische Reflexion der Forschung
8. Fazit und Ausblick
9. Quellen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Anteil Schüler_innen, die von der Zahlung des Eigenanteils bei Lernmitteln befreit sind. Prozentualer Anteil an der Gesamtschülerzahl der öffentlichen Schulen
Abbildung 2: Die Sinus-Milieus in Deutschland 2014
Abbildung 3: Die Sinusmilieus in Berlin
Abbildung 6: Prekäres Milieu in Berlin (Hertie Berlin Studie 2014)
Abbildung 5: Hedonistisches Milieu in Berlin (Hertie Berlin Studie 2014)
Abbildung 7: Liberal-intellektuelles Milieu in Berlin (Hertie Berlin Studie 2014)
Abbildung 8: Karte Bewerber- und Gewinnerschulen des Schulwettbewerbs 2009-
Tabellenverzeichni
Tabelle 1: Gegenüberstellung Schulen in Neukölln und Steglitz nach Berliner Schulstatistik 2016
Tabelle 2: Anteile Schüler_innen Neukölln und Steglitz-Zehlendorf bei Beantwortung Frage, wie wichtig/interessant sie Umweltthemen im Schulunterricht finden
Anhang
Interviewleitfaden
Transkript Interview Schule Steglitz-Zehlendorf
Transkript Interview Schule Neukölln
Schüler_innenfragebogen
Selbstständigkeitserklärung
1. Einleitung
Die gegenwärtige Gesellschaft wird seit einigen Jahrzehnten mit Prognosen globaler Umweltkatastrophen konfrontiert. Vor allem die Folgen des Klimawandels und der damit verbundenen Erderwärmung werden in diesem Zusammenhang genannt. Von Seiten der Wissenschaft, der Politik, der Medien, von Nichtregierungsorganisationen (NRO) und zivilen Akteurinnen und Akteuren wird dabei immer wieder auf die vielfachen Ursachen der globalen Erderwärmung hingewiesen. Neben den Ursachen und Folgen der Erderwärmung besteht aber noch eine Vielzahl weiterer ökologischer, sozialer und ethischer Missstände, die im Informationszeitalter - gewollt oder nicht gewollt - wiederkehrend zu uns durchdringen. Trotz zahlreicher internationaler Abkommen, Gesetzgebungen, roter Listen und ziviler Proteste scheint sich die menschengemachte Zerstörung unseres Planeten nicht zu verlangsamen. Hauptverantwortlich für diesen Zustand ist vor allem die exzessive Ausbeutung natürlicher Ressourcen durch technisch und wirtschaftlich hochentwickelte frühindustrialisierte Staaten, vorrangig aus dem globalen Norden. Das wirtschaftliche Aufstreben von bevölkerungsreichen Schwellenländern wie Indien, Brasilien oder China trägt schließlich weiterhin dazu bei, dass die Ausbeutung natürlicher Ressourcen über die Staaten des globalen Nordens hinaus weiter zunimmt. Umwelt- und Klimaschutz sind demnach Begriffe, die nicht nur in der deutschen Gesellschaft, sondern auch international in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer mehr an Bedeutung gewonnen haben. Umwelt- und Klimaschutz nehmen heute eine wichtige Stellung in öffentlichen und politischen Diskursen ein und es wurden bereits zahlreiche alternative ökonomische, soziale und politische Wege zu mehr Umwelt- und Klimaschutz aufgezeigt. Ein Weg davon stellt die formelle und informelle Bildung dar. Durch Bildung sollen ökologisches Wissen und Zusammenhänge, ökologische und soziale Werte sowie veränderte Einstellungen und neue Verhaltensweisen vermittelt und erlernt werden. Konzepte der Umweltbildung und der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) versuchen dies zu ermöglichen. Bereits seit Jahrzehnten machen sich außerdem unterschiedliche Akteurinnen und Akteure für eine dauerhafte, mindestens aber eine temporäre Platzierung von Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen an schulischen und außerschulischen Einrichtungen stark.
Inwieweit umwelt- und nachhaltigkeitsbezogene Themen im Schulunterricht an zwei Berliner Schulen zur Anwendung kommen, die sich sozialstrukturell stark unterscheiden, untersucht die vorliegende Arbeit. Dabei liegt der Fokus vor allem auf der Lehrkraft. Es wird der Frage nachgegangen, welche Bedeutung die Lehrkraft bei der Platzierung von Umweltthemen im Schulunterricht einnimmt. Es wird untersucht, nach welchen Kriterien eine Unterrichtsgestaltung erfolgt, welche Prioritäten weshalb gemacht werden und welchen Einfluss strukturelle Rahmenbedingungen und damit verbundene Zwänge auf die Entscheidungen der Lehrkräfte haben. Schließlich wird untersucht, ob und welchen Einfluss weitere Akteure, wie Schülerinnen und Schüler sowie Eltern auf Unterrichtsinhalte nehmen. Außerdem wird der Frage nachgegangen, welche Bedeutung die Lehrkräfte selbst den Themen Umwelt und Nachhaltigkeit beimessen und welches Interesse die Schülerinnen und Schüler an diesen Themen haben. Hierfür erfolgt zunächst eine theoretische Hinwendung, die genauer erläutert, was unter Umweltbildung und BNE verstanden wird und wie diese unterschieden werden. Danach wird am Schulstandort Berlin zum einen dargelegt, welche Unterschiedlichkeiten dort vorhanden sind und inwiefern ein schulgesetzlicher Rahmen die Implementierung von Umweltbildungsinhalten ermöglicht. Im Anschluss daran wird auf milieuspezifische Aspekte von Umwelteinstellungen und Wertorientierungen insgesamt eingegangen. Abschließend erfolgen im theoretischen Teil Erläuterungen zu Vorurteilen und Stereotypen, die möglicherweise Unterrichtsentscheidungen mit beeinflussen können. Im empirischen Teil wird die Methodologie der Untersuchungen, die Untersuchungen selbst sowie deren Ergebnisse vorgestellt. Zunächst jedoch wird im nachfolgenden Kapitel näher auf das Forschungsinteresse und den Stand der Forschung eingegangen.
2. Forschungsinteresse und Stand der Forschung
Im Zuge von Recherchen zu Migrantinnen und Migranten als Zielgruppe in der Umweltkommunikation wurde schnell deutlich, dass es nur wenige Forschungsarbeiten und Material zu diesem Thema in Deutschland gibt. Eine Studie weist zwar ein grundlegendes Interesse von Migrantinnen und Migranten an Umweltthemen nach, jedoch werden diese bisher nur mangelhaft in die Umweltkommunikation in Deutschland eingebunden (vgl. Kizilocak/Sauer 2006: 7). Befragungen haben in diesem Zusammenhang außerdem ergeben, dass Akteur_innen innerhalb der Umweltbildung und -kommunikation häufig davon ausgehen, dass bei Migrantinnen und Migranten aufgrund ihres kulturellen Hintergrundes Umweltthemen nicht von Bedeutung seien. Anstelle dessen würden familiäre Belange und eine stärkere Konsumorientierung im Vordergrund stehen (vgl. Röscheisen et al. 2009: 19). Außerdem gab es im Vorfeld dieser Masterarbeit eine vorangehende Beschäftigung mit Diskriminierungen im Bildungsbereich. Dabei wurde deutlich, dass insbesondere die soziale und kulturelle Herkunft auf den Bildungserfolg in Deutschland Einfluss üben und dass diesbezügliche Ungleichbehandlungen in der Institution Schule von unterschiedlichen Stellen immer wieder thematisiert und kritisiert werden. Aufgrund dieser Informationsbasis sowie der weit verbreiteten Annahme, dass Menschen aus niedrigeren sozialen Schichten ein geringeres Umweltinteresse zeigen, basiert das vordringlichste Forschungsinteresse darauf, ob sich die soziale und kulturelle 2 Herkunft von Schüler_innen auf die Platzierung von Umweltbildungsinhalte im Schulunterricht auswirkt. Um diese Frage zu beantworten, werden zwei integrierte Sekundarschulen (ISS) in sozialstrukturell deutlich unterscheidbaren Berliner Bezirken näher betrachtet. Hierzu wurde an jeweils einer Schule in Neukölln und Steglitz-Zehlendorf ein narratives Interview mit anschließendem Leitfaden mit einer Lehrkraft geführt. Anhand der Interviews sollten die befragten Lehrkräfte u.a. erläutern, ob, wie und weshalb sie selbst Umweltthemen in ihrem Schulunterricht behandeln oder nicht behandeln. Neben dem inhaltlichen Erkenntnisgewinn, sollen auch Aspekte analysiert und erörtert werden, die auf einer eher verborgenen Ebene der Befragten liegen. Insbesondere, ob es Vorurteile, Stereotype und Rassismen sowie andere Einflussfaktoren gibt, denen sich die Lehrkräfte bei ihrer Unterrichtsgestaltung vielleicht gar nicht bewusst sind.
Durch eine quantitative Befragung von Schülerinnen und Schülern der 7. Jahrgangsstufe soll anhand eines Fragebogens wiederum herausgefunden werden, wie die Schüler_innen selbst einschätzen, inwiefern Umweltthemen im Schulunterricht platziert werden und welche Bedeutung sie dem Thema Umwelt- und Klimaschutz selbst beimessen. Neben diesen einstellungsbezogenen Fragen wurde außerdem nach ihrem konkreten Handeln gefragt, also danach, ob bzw. inwiefern sie in ihrer Freizeit und innerhalb ihres familiären Zusammenlebens umweltbewusst handeln und ob bzw. inwiefern ihre Eltern umweltbewusst agieren. Letztere Fragenkategorie versucht zudem das Wissen hinsichtlich der Möglichkeiten zum Umwelt- und Klimaschutz der Schüler_innen zu erörtern. Anhand der Schüler_innenbefragung sollten außerdem auch die Annahmen und Aussagen der Lehrkräfte auf Stimmigkeit hin überprüft werden.
Bezüglich der vorliegenden Forschungsperspektive liegen bisher keine Studien vor, die sich mit dem Thema der Platzierung von Unterrichtsinhalten im Schulunterricht im Hinblick auf die Schüler_innenstruktur beschäftigt haben. Es gibt hingegen selbstverständlich zahlreiche Arbeiten, die sich aus bildungssoziologischer Perspektive explizit mit sozialen Ungleichheiten im Schulwesen und insbesondere mit Formen der Diskriminierung beschäftigen (u.a. Gomolla & Radtke 2009). Hier stehen vor allem die Beurteilungen der Lehrkräfte bei der Notengebung und der Einfluss der Eltern hierauf im Zentrum. Eine Untersuchung hinsichtlich einer spezifischen Selektion von Unterrichtsinhalten seitens der Lehrkräfte bezüglich der sozialen und ethnisch-kulturellen Herkunft der Schüler_innenschaft ist jedoch nicht bekannt. Auch das Thema Umweltbildung und BNE im Schulunterricht im Hinblick einer Wirkungsmessung theoretischer Konzepte sowie die Bedeutung von außerschulischen Umweltbildungseinrichtungen, findet ebenfalls wissenschaftliche Beachtung (u.a. de Haan 2011; Gollmann 2014; Michelsen 2008). Hinsichtlich der Umwelteinstellungen von Migrantenmilieus sowie der diesbezüglichen Umweltkommunikation existiert neben den Stu- dien von Kizilocak/Sauer 2006 sowie Röscheisen 2009 et al. eine Untersuchung, die sich mit dem Umwelthandeln und Umweltbewusstsein türkischer und deutscher Grundschüler_innen beschäftigt (Rheinländer, 1999). Jedoch geht es bei dieser Studie um ein Lehr- und Lernmodell zur Umweltbildung unter dem Einbezug ethnischer Aspekte. Somit existiert auch hier keine Perspektive, die eine möglicherweise ungleiche Platzierung von Unterrichtsinhalten hinsichtlich der sozialen und ethnisch-kulturellen Herkunft einnimmt. Folglich sind nur begrenzt Möglichkeiten vorhanden, zuvor geleistete Forschungsarbeiten mit unmittelbarem Bezug zur Forschungsfrage zu berücksichtigen. Schließlich hat die Arbeit zum Ziel, den IstZustand an zwei Berliner integrierten Sekundarschulen in Bezug auf die Platzierung von Umweltbildungsinhalten zu untersuchen und zu beschreiben. Mögliche Veränderungen bei der diesbezüglichen Unterrichtsgestaltung können aufgrund nicht vorhandener Forschungsarbeiten somit nicht geleistet werden.
3. Theoretische Hinwendung zum Forschungsthema
Der empirischen Untersuchung sind einige theoretische Erläuterungen voranzusetzen: Hierzu werden zunächst Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung im Allgemeinen näher beschrieben und unterschieden. Danach folgt der konkrete sozialstrukturelle Bezug zum Standort Berlin, wo die Untersuchung schließlich durchgeführt wurde. In Kapitel 3.3 und 3.4 werden außerdem die Wertorientierungen von Milieus aus soziologischer Perspektive näher betrachtet.
3.1 Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung im Schulunterricht
Dieses Kapitel wendet sich der Entstehung der Umweltbildung zu und beschreibt die bildungspolitischen Veränderungen und Wandlungen, die das Thema Umwelt im Schulunterricht in Deutschland genommen hat. Insbesondere wird die Rolle von Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung1 (BNE) aus fachlicher Perspektive erläutert. Schließlich werden auch Hemmnisse formuliert, die einer Implementierung von Umweltbildungsinhalten im Schulunterricht auf curricularer Ebene und auf fachlicher Ebene entgegenstehen. Anhand dieser Ausführungen soll deutlich gemacht werden, welche Bedeutung der Umweltbildung bzw. der BNE beigemessen wird und mit welchem Anspruch sie sich konfrontiert sieht.
3.1.1 Hintergrund zur Entstehung der Umweltpädagogik als fester Bestandteil in deutschen Schulcurricula
Im Zuge des starken Wachstums umweltintensiver Industrien in der Nachkriegszeit, beispielsweise in den Bereichen Energie, Chemie und Verkehr und den damit verbundenen gravierenden Umweltschäden, mehrten sich in den Industrienationen und somit auch in Deutschland Stimmen, die eine Verankerung von Umweltthemen im politischen Geschehen forderten.2 Die nach der Neuwahl 1969 gebildete SPD/FDP-Regierung kam diesen Forderungen mit einem Umweltprogramm nach, das unter anderem detaillierte Gesetzgebungsvorhaben mit konkreten Zielvorgaben beinhaltete. 1971 folgte in diesem Zuge die Einbeziehung eines Sachverständigenrates für Umweltfragen sowie 1974 die Gründung des Umweltbundesamtes. Allerdings haben zu diesen Entwicklungen zum damaligen Zeitpunkt von Seiten der Politik weniger Motive zum Umweltschutz beigetragen, sondern vor allem die damals vorherrschenden ideologischen Gräben zwischen Ost und West. Denn durch die Beseitigung von Umweltproblemen sollte an industriegesellschaftliche Wohlfahrtsversprechungen angeknüpft werden (vgl. Lange in Groß 2011: 35). Schließlich gab es zum damaligen Zeitpunkt auch kaum bürgerschaftliches Engagement im Bereich des Umweltschutzes. Das öffentliche Bewusstsein änderte sich jedoch vor allem durch die Umweltkatastrophe von Bhopal und durch den Reaktorunfall in Tschernobyl. Die dadurch ausgelöste erhöhte Sensibilität der Bürgerinnen und Bürger für Umweltthemen, veranlasste schließlich die schwarz-gelbe Bundesregierung unter Helmut Kohl 1986 dazu, das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ins Leben zu rufen. Seither ist dieses Politikressort fester Bestandteil im Politikgeschehen der Bundesrepublik. Die Belange dieses Ressorts gehen allerdings auch über das heutige Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hinaus, in andere Politikbereiche wie beispielsweise Landwirtschaft, Verkehr, Energie oder auch Bildung über.
Die lokale, nationale und internationale Umweltpolitik durchläuft entsprechend den sich wandelnden sozialen Anforderungen und aus vergangenen Erfahrungen heraus einen Prozess, der unterschiedliche strukturelle und inhaltliche Schwerpunkte, Instrumentarien und Strategien zur Folge hat. Nach einigen umweltpolitischen Bestrebungen wurde sehr bald deutlich, dass für die Beseitigung von Umweltproblemen fast ausschließlich nur solche Strategien Wirkung zeigten, die lediglich der Implementierung technologischer Innovationen in bereits bestehende Strukturen bedurften. Strukturelle Veränderungen konnten dagegen kaum durchgesetzt werden. Eine weitere zentrale Erfahrung war, dass umweltpolitisch intendierte Gesetzgebungen und Regularien den Staat zu überfordern drohten sowie die Folgschaft betroffener Akteur_innen und damit zukünftiger Wählerinnen und Wähler gefährdete. Dies war der Grund, weshalb von der Strategie command and control dazu übergegangen wurde, Anpassungsspielräume zu schaffen sowie die Eigenverantwortlichkeit der Verursachenden in zukünftige Strategien mit einzubeziehen (vgl. Jänicke 2005: 57). Insgesamt wurde außerdem deutlich, dass zur erfolgreichen Umsetzung umweltpolitischer Maßnahmen die Beteiligung und Zustimmung einer breiten Basis erforderlich ist, die auf unterschiedlichen Handlungsebenen agiert (vgl. ebd.: 56). Damit sind neben politischen auch wirtschaftliche sowie zivilgesellschaftliche Akteure wie NRO und Bürgerinnen und Bürger gemeint. Im Zuge von Umweltproblemen, die nicht mehr nur einzelne Regionen oder Staaten betreffen, sondern sich auf den gesamten Globus auswirken, ist vor allem seit Mitte der 1980er-Jahre eine Globalisierung der internationalen Umweltpolitik von statten gegangen. Während zuvor vor allem regionale Umweltabkommen Teil internationaler umweltpolitischer Anstrengungen waren, sind seither zahlreiche globale Umweltverträge geschlossen worden. Vor allem die UNKonferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 stellte einen Meilenstein internationaler Umweltpolitik dar. Zentrales verabschiedetes Dokument war dort die sog. Agenda 21, ein detailliertes und ambitioniertes Arbeitsprogramm für die Implementierung einer nachhaltigen Entwicklung, der sich 178 Staaten verpflichteten. Das darin formulierte Konzept der nachhaltigen Entwicklung stellt bis heute das Leitbild nationaler und internationaler Umwelt- sowie Entwicklungspolitik dar. Ein wichtiges Anliegen dieses Konzeptes ist der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen für nachfolgende Generationen und somit das Erzielen eines schonenden Umgangs mit globalen Ressourcen. Neben diesem ökologischen Ziel sind aber auch ökonomische sowie soziale Ziele Teil des Konzeptes der nachhaltigen Entwicklung. Während die ökonomische Dimension weiterhin am Wachstumsgedanken festhält - der aber einen Fokus auf lang- und nicht kurzfristige Erträge fordert -, will die soziale Dimension eine Grundbedürfnisbefriedigung für alle Menschen sicherstellen, unabhängig davon, welcher Generation oder welchen Geschlechts sie angehören, sowie unabhängig ihrer Herkunft. In Deutschland haben sich bis 1995 Bund und Länder auf Regierungsebene verpflichtet, die Agenda 21 zur Leitlinie ihrer Politik zu machen (vgl. u.a. Oberthür 2005: 69 sowie Bauer 2005: 18).
Jedoch existieren zahlreiche Hemmnisse3, die eine konsequente globale Umsetzung der bereits vorhandenen nationalen und internationalen Abkommen erschweren. Ausgehend von diesen Hemmnissen und Problemen bei der durch staatliche Steuerung intendierten Umsetzung umweltpolitischer Belange und ausgehend von der von dem liberal-demokratischen Leitbild getragenen „Freiheit des Einzelnen“ (Kuckartz 2005: 4), wurden seit den 1990er- Jahren bei umweltpolitischen Konzepten Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Zivilgesellschaft insgesamt stärker in den Fokus genommen. Denn es gelte, so die Argumentation, Individuen innerhalb eines gesetzlichen Rahmens die Entscheidungsfreiheit zu geben, in welcher Form sie handeln und konsumieren möchten. Dies wiederum setze aber auch voraus, dass Individuen durch Bildung entsprechende Entscheidungskompetenzen vermittelt bekommen sowie eine gewisse nachhaltigkeitsbezogene Aktivierung erfahren (vgl. ebd.).
Um hierbei einen möglichst dauerhaften Erfolg zu erzielen, sollen Menschen durch Bildung nicht nur über Umweltprobleme informiert, sondern auch zur Beurteilung, zu einer verantwortlichen Entscheidungsfähigkeit und zu verantwortungsvollem Handeln befähigt werden. Neben diesen sog. Gestaltungskompetenzen wird für eine dauerhafte Implementierung der nachhaltigen Entwicklung in der globalen Gesellschaft aber außerdem ein tiefgreifender mentaler Wandel benötigt, der ebenfalls durch Bildung erlangt werden soll. Die hohe Bedeutungsbeimessung von Bildung für die Etablierung und Verankerung einer nachhaltigen Entwicklung wurde in der Agenda 21 in Kapitel 36 folgendermaßen betont:
„ Sowohl die formale als auch die nichtformale Bildung sind unabdingbar für die Herbeiführung eines Einstellungswandels bei den Menschen, damit sie über die Voraussetzungen verfügen, die Dinge, um die es ihnen im Zusammenhang mit der nachhaltigen Entwicklung geht, zu bewerten und anzugehen. Sie sind auch von entscheidender Bedeutung für die Schaffung eines ökologischen und eines ethischen Bewusstseins, von Werten und Einstellungen, Fähigkeiten und Verhaltensweisen, die mit einer nachhaltigen Entwicklung vereinbar sind, sowie für eine wirksame Beteiligung der Öffentlichkeit an der Entscheidungsfindung “ (Agenda 21 1992: 329).
Die Heranführung von Menschen an umweltpolitische Belange im Rahmen der formellen und informellen Bildung wird aber nicht erst seit den 1990er-Jahren angestrebt. Bereits 1971 wurde im Umweltprogramm der Bundesregierung gefordert, „Umweltbewußtes Verhalten muß als allgemeines Bildungsziel in die Lehrpläne aller Bildungsstufen aufgenommen werden“ (KMK 1998: 10). Auch auf internationaler Ebene wurde - durch die UNESCO angestoßen - 1975 ein „International Environmental Education Programme“ verabschiedet. Seither wurden zahlreiche nationale und internationale Abkommen geschlossen sowie Grundsatzpapiere und Richtlinien im Bereich der Umweltbildung und der nachhaltigen Entwicklung erarbeitet.4 Dabei wurde von Anfang an angestrebt, Umweltbildung auf allen politischen Ebenen, von der internationalen über die regionale bis hin zur lokalen Ebene zu ermöglichen (vgl. Michelsen in Beyersdorf et al. 1998: 28).
Bei der praktischen Umsetzung war die Umweltbildung allerdings in ihren Anfängen vor allem darauf ausgerichtet, durch Wissensvermittlung und der Betonung von menschgemachten Naturkatastrophenszenarien Einstellungs- und Verhaltensänderungen zu erzielen (vgl. u.a. Meske 2011: 85; Kandler/Tippelt 2009: 711). Es wurde ein Leitbild verfolgt, das an der Schadensvermeidung und Schadensbegrenzung orientiert war. Diese Zeigefinger- bzw. Katastrophenpädagogik (Siebert in Beyersdorf 1998: 82) zeigte sich aber häufig wenig wirkungsvoll, da sie statt einer Einsicht eher Ängste schürte und Abwehrmechanismen auslöste, was wiederum eine Verhaltens- und Einstellungsänderung verhinderte (vgl. ebd.: 91). Auf politischer Ebene wiederum hat Ende der 1980er-Jahre der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen in seinem Umweltgutachten betont, dass eine Wissensvermittlung in der Umweltbildung allein nicht ausreiche, um eine langfristige Veränderung von Einstellungen und Verhalten zu erzielen. Zusätzlich müssten Handlungsangebote geschaffen sowie Anreize für umweltgerechtes Verhalten gegeben werden (vgl. Michelsen in Beyersdorf 1998: 53). Dieses Bestreben spiegelt den sich Ende der 1980er-Jahre vollzogenen stärkeren konzeptionellen Fokus innerhalb der politischen Bestrebungen der Umweltbildung wider.
Das Leitbild der Bildung für nachhaltige Entwicklung beinhaltet ebenfalls diese Aspekte. Darin wird aber über die Fokussierung auf ökologische Inhalte hinaus auch auf soziale, kulturelle, globale und ökonomische Zusammenhänge eingegangen. Vor allem wird darin aber die Erlangung der sog. Gestaltungskompetenzen betont:
„Mit Gestaltungskompetenz wird die Fähigkeit bezeichnet, Wissen über nachhaltige Entwicklung anwenden und Probleme nicht nachhaltiger Entwicklung erkennen [und bewerten] zu können. Das bedeutet, aus Gegenwartsanalysen und Zukunftsstudien zur ökologischen, ökonomischen und sozialen Entwicklung in ihrer wechselseitigen Abhängigkeit Schlussfolgerungen ziehen und darauf basierende Entscheidungen treffen und gemeinschaftlich und politisch umsetzen zu können“ (KMK 2007: 5).5
3.1.2 Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung: Der Versuch einer Abgrenzung
Der in den 1990er-Jahren vollzogene Paradigmenwechsel zur BNE hat aber die Existenz der Umweltbildung nicht verdrängt. Insgesamt gibt es verschiedene Auffassungen darüber, wie und ob Umweltbildung von der BNE abzugrenzen ist: Während BNE in manchen Diskursen als ein Modernisierungskonzept zur bisher angewandten Umweltbildung aufgefasst wird (vgl. Kandler/Tippelt 2009: 711, zit. n. Apel) und/oder Umweltbildung als Kernstück der BNE be- griffen wird (vgl. Meske 2011: 87), sieht Michelsen die Umweltbildung in Form von ökologischer und politischer Bildung als Teilbereich der BNE (vgl. Michelsen in Beyersdorf 1998: 46). Im Zuge des Paradigmenwechsels in den 1990er-Jahren beschreibt Michelsen aber auch eine „reflexive und zukunftsorientierte Phase der Umweltbildung“ (ebd.: 48.), die sich in Theorie und Praxis mit der Aufgabe auseinandersetzt, das Nachhaltigkeitsthema zu integrieren. Darüber hinaus gibt er an, dass Konzepte im Sinne der BNE mehrheitsperspektivische und komplexe Sichtweisen erfordern, die über die der Umweltbildung deutlich hinausreichen (Michelsen 2008: o.s.). Auch die KMK fordert in ihrem Orientierungsrahmen zur BNE eine Reflexion der Bildungskonzepte der Umweltbildung und den Einbezug kultureller, sozialer und ökologischer Aspekte. Schließlich wird die Umweltbildung aber nach wie vor als Spezialdisziplin der BNE gesehen (vgl. BLK 1998: 22). Die UNESCO spricht von der BNE als „ein kaum mehr umstrittenes Leitbild, das die vorhandenen unterschiedlichen Ansätze - etwa Umweltbildung und entwicklungspolitische Bildung - zusammenführt“ (UNESCO 2011: 26). Künzli et al. (2011: 213ff.) wiederum betrachten Konzepte zur Umweltbildung nach wie vor differenziert von denen der BNE. Sie stellen in ihrer Untersuchung folgende Ergebnisse zur Abgrenzung von BNE-Konzepten und Umweltbildungskonzepten heraus: So würde bei den Umweltbildungskonzepten die Verbindung von Gegenwart und Zukunft sowie von der globalen und der lokalen Perspektive keine zentrale Rolle spielen. Künzli et al. 2010 betonen dabei auch, dass bei der BNE neben dem Einbezug vielfältiger gesellschaftlicher Einfluss- und Wirkungssphären sowie der Erlangung von Gestaltungskompetenzen vor allem eine Visionsorientierung gegeben sei. Wobei bei der Umweltbildung nach wie vor vorrangig eine Problemorientierung und die damit verbundene Schaffung von Möglichkeiten zur Lösung oder Vermeidung menschenverursachter Umweltprobleme im Zentrum stehen und stets auch Ausgangspunkt sind (vgl. Künzli et al. 2010: 221f.).
In der vorliegenden Arbeit wird von einem Umweltbildungsbegriff ausgegangen, der einerseits, genau wie Michelsen beschreibt, als Teilbereich der BNE verstanden wird. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird also neben Umweltbildung auch die Begrifflichkeit BNE verwendet, wobei jedoch stets Bezug auf die darin eingeschlossenen Umweltbildungsaspekte genommen wird. Selbstverständlich stehen aber auch von der BNE losgelöste Umweltbildungsinhalte im Schulunterricht im Fokus.
3.1.3 Hemmnisse bei der Implementierung und Umsetzung von Konzepten der BNE und Umweltbildungsinhalten im Schulunterricht
Wie bereits oben beschrieben, zielt die Implementierung von BNE als Querschnittsaufgabe in allen Bildungsprozessen, wissenschaftlichen Disziplinen und Verwaltungsressorts darauf ab, langfristig einen tiefgreifenden (Mentalitäts-) Wandel zu erzielen (vgl. Bormann in Pütz et 9 al. 2013: 35). Hierdurch soll eine lebenswerte Welt für alle gegenwärtigen und zukünftigen Generationen ermöglicht werden. Durch die in der BNE formulierten Gestaltungskompetenzen wurde ein neues Paradigma etabliert, das einen Schwerpunkt weg von der Inputorientierung von Unterrichtsinhalten hin zu einer Outputorientierung gelegt hat. Das ambitionierte Konzept der BNE ist mittlerweile in alle schulischen Curricula explizit oder implizit integriert (vgl. Deutscher Bundestag 2013: 38). In der Praxis hingegen ergeben sich einige Probleme und Kritikpunkte:
BNE beschreibt ein ganzheitliches Konzept, das Teil aller Handlungsfelder und Dimensionen sein soll. Dieser Anspruch wird allerdings weithin vernachlässigt. Kruse (2013) gibt beispielsweise an, dass BNE nach wie vor lediglich als additives Instrument gesehen und angewendet werde (vgl. Kruse in Pütz et al. 2013: 36). Dies habe auch zur Folge, dass weiterhin zahlreiche Einzelpädagogiken v.a. im Bereich der Umweltbildung entstünden. Somit sei die Etablierung der Nachhaltigkeit als verbindendes Prinzip, zumindest auf schulischer Ebene, sehr schwer (vgl. ebd.).
Außerdem bestehe die Gefahr, dass BNE vor allem im Schulunterricht in Form einer „Bindestrich-Erziehung“ mit Inhalten überfrachtet werde. Durch den permanenten Wandel gesellschaftlicher Problemfelder würden immer wieder neue Erziehungsaufträge entstehen, die nur sehr schwer im Schulunterricht verarbeitet werden können (vgl. u.a. Künzli et al. 2010: 213). Ein weiteres Problem ist, dass im deutschen Bildungsbereich zentrale Themenkomplexe der BNE noch immer keine Anwendung finden. Gerade solche Inhalte, die für die Kompetenzentwicklung und damit für die gesellschaftliche Zukunft von Bedeutung sind, wie Formen neuer Konsumkulturen oder die Gefahren des Klimawandels, würden kaum im Schulunterricht behandelt (vgl. ebd.). Hinzu kommt, dass diese Themenkomplexe nur interdisziplinär adäquat zu bewältigen sind. Und genau diese Kooperation zwischen den einzelnen Schulfächern ist noch nicht gegeben. Es ist also nach wie vor eine Öffnung der Bildung für interdisziplinär zu bewältigende Problemkonstellationen erforderlich (vgl. de Haan 2011: 46f. sowie Kruse in Pütz et al. 2013: 40). Auch die oben beschriebenen Gestaltungskompetenzen finden kaum konkrete und direkte Anwendung. Die Vermittlung von Kompetenzen folgt in der praktischen Bildungsarbeit nach wie vor bezogen auf kognitive Fähigkeiten und nicht bezogen auf konkretes Alltagshandeln sowie bezogen auf den Umgang mit sozialen und strukturellen Barrieren. Ein konkreter Bezug also zu den jeweiligen Lebenswelten der Zielgruppen werde nur unzureichend hergestellt (vgl. u.a. Kruse in Pütz et al. 2013: 40; Meske 2011: 95.). Ein adäquater Einbezug der jeweiligen Lebenswelten der Lernenden verlangt auch partizipative Unterrichtsarrangements, die aber kaum zu finden sind. Lehrende seien nur sehr selten bereit, flache Hierarchien zuzulassen und würden weiterhin an der tradierten Rolle der Lehrkraft festhalten (vgl. Hauenschild/Rode in Pütz et al. 2013: 70f.) Die Herausforde- 10 rung einer strukturellen Verankerung der BNE betont die Bundesregierung: Zwar ist BNE zwischenzeitlich in allen Bundesländern in den Lehr- bzw. Bildungsplänen sowie weitestgehend in den Universitätsleitbildern festgehalten, in der Praxis habe sich dieses Leitbild aber nach wie vor nicht etabliert und von einer gewünschten kontinuierlichen Möglichkeit, Kompetenzen der BNE zu erwerben, könne nach wie vor nicht gesprochen werden (vgl. Bundestag 2013: 38ff.). Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass von 2004 - 2014 die UN-Dekade zur nachhaltigen Entwicklung ausgerufen wurde und zahlreiche Bestrebungen für eine wirksame Etablierung und Verankerung der BNE stattfanden.
Wie den Ausführungen zu entnehmen ist, wird der BNE und der darin enthaltenen Umweltbildung eine hohe Bedeutung beigemessen. Zum Leitbild der BNE wurde sich auf allen politischen Ebenen bekannt. Klar wird auch, dass im Konzept der BNE neue Lernformen betont werden, die neben inhaltlichem Wissen insbesondere den Erwerb von Kompetenzen für das alltägliche Leben im Sinne der Nachhaltigkeit enthalten. Ebenfalls liegt ein Fokus auf einer fächerübergreifenden Vermittlung dieser Kompetenzen, was folglich die Kooperation und Abstimmung der Lehrkräfte erfordert. Schließlich kann das Leitbild der BNE und die darin enthaltenen ökologischen Lerninhalte in den meisten Unterrichtsfächern zumindest partiell platziert werden. So können sich beispielsweise Mathematik-Textaufgaben mit ökologischen Problemen oder Lösungen beschäftigen, im Geschichtsunterricht können die mit der Industrialisierung einhergegangenen Umweltprobleme thematisiert werden etc. Schließlich wird auch eine Partizipationsebene betont, die neben den Lehrkräften auch Schülerinnen und Schülern sowie Eltern am Lern- und Gestaltungsprozess teilhaben lassen will. Ob diese Elemente in den Berliner Rahmenlehrplänen für die Sekundarstufen benannt werden und ob sich auch die Lehrkräfte diesen Anforderungen gegenüber verpflichtet fühlen bzw. diese kennen, wird in den nachfolgenden Kapiteln erläutert.
3.2 Der Schulstandort Berlin
Berlin ist nach Angaben der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz die „grünste Metropole Europas“6. Bereits seit den 1980er-Jahren gibt es in der Stadt Umweltbil- dungs- und Naturschutzzentren, die darum bemüht sind, insbesondere Kinder durch Naturerfahrungen für Umweltthemen zu gewinnen. Mittlerweile gibt es ein ganzes Netzwerk von Umweltbildungseinrichtungen, welches berlinweit über 100 Standorte umfasst.7 Neben diesen außerschulischen Orten gibt es aber auch zahlreiche andere Initiativen und Akteure, die Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte auf unterschiedlichste Arten an Umwelt- und Kli- maschutzthemen heranführen möchten. Dieses Bestreben zeigt sich in vielfältiger Weise: Es gibt beispielsweise zahlreiche Projekte, die didaktische Materialien zur Verfügung stellen oder Unterrichtseinheiten personell unterstützen, es gibt Wettbewerbe und Aktionen an denen Schulen oder Schulklassen teilnehmen können und es werden Fort- und Weiterbildungen für Lehrkräfte zum Thema Umweltbildung und BNE initiiert.8 9 Um dieses Angebot nutzen zu können, müssen jedoch die schulischen Rahmenbedingungen Freiräume bieten und Impulse setzten. Inwiefern dies stattfindet, soll im Folgenden geklärt werden.
3.2.1 Umweltbildung und BNE im Berliner Schulunterricht der Sekundarstufe I
In diesem Kapitel wird der gesetzliche und administrative Rahmen der Schullandschaft Berlins erläutert. Es wird der Frage nachgegangen, inwieweit die Berliner Senatsverwaltung für Bildung und Wissenschaft bei den Vorgaben zur Unterrichtsgestaltung offen ist für Umweltbildungsinhalte im Schulunterricht bzw. diese vorsieht. Dabei werden die unterschiedlichen Ebenen und Möglichkeiten dargeboten, wo Umweltbildungsinhalte platziert werden könnten bzw. platziert werden sollen. Anhand der nachfolgenden empirischen Untersuchung soll dann abschließend geklärt werden, ob bzw. inwiefern diese Vorgaben ggf. genutzt und umgesetzt werden. Aus Kapazitätsgründen beziehen sich die Ausführungen jedoch nur auf die Sekundarstufe I. In Berlin wurden im Schuljahr 2006/2007 neue Rahmenlehrpläne für die Sekundarstufe I gültig. Diese Rahmenlehrpläne stellen jene Kompetenzen ins Zentrum, „die Schülerinnen und Schüler benötigen, um sich auf die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen unserer Gesellschaft vorzubereiten. Diese Herausforderungen beschränken sich nicht nur auf die Berufswelt, sondern auch auf eine aktive und selbstbestimmte Lebensgestaltung in einer sich ständig verändernden Welt.‘a Neben dem Erwerb von fachspezifischen wird auch der Erwerb fachübergreifender Kompetenzen betont sowie die Befähigung zur Teamarbeit. Auch die Bedeutung individueller Förderung, die Berücksichtigung der jeweiligen Interessen und Motivationen der Schüler_innen und der Einbezug vielgestaltiger Lernangelegenheiten werden benannt. Schließlich werden den Berliner Schulen Spielräume bei der Gestaltung schulinterner Curricula eingeräumt, um so adäquat auf die jeweiligen Besonderheiten des schulischen Umfeldes eingehen zu können (vgl. ebd.).
In den Schulen können neben den generell vorhandenen Schulfächern optional sog. Lernbereiche eingerichtet werden. Lernbereiche sind, entsprechend § 12 (2) des Schulgesetzes von 2004, zusammengelegte Unterrichtsfächer mit einem engen inhaltlichen Zusammenhang. Die jeweils vorhandenen Rahmenlehrpläne zu den einzelnen Unterrichtsfächern und die darin formulierten Lernziele und Standards, sollen jedoch nach schulinterner Abstimmung nach wie vor die Grundlage der Unterrichtsgestaltung bilden. Bei der Gestaltung der Lernbereiche haben die Lehrkräfte und Schulen insofern Spielräume, indem eine Lehrkraft alleine einen Lernbereich leiten kann oder in Zusammenarbeit mit weiteren Lehrkräften sowie externen Akteuren. Im schulinternen Curriculum sollen schließlich die Anteile der jeweiligen Fächer, der inhaltliche Zusammenhang der einbezogenen Fächer und die Zielsetzungen des jeweiligen Lernbereichs festgelegt und festgehalten werden. Schließlich können auch Schwerpunkte des Lernbereichs benannt werden (vgl. Curriculare Vorgaben für den Lernbereich Lernen in Globalen Zusammenhängen im Rahmen einer BNE 2012: 4).
In § 12 (4) des Berliner Schulgesetzes werden außerdem sog. Aufgabengebiete benannt, die fächerübergreifend unterrichtet werden sollen. Sie umfassen besondere Bildungs- und Erziehungsaufgaben der Schule wie beispielsweise ökologische Bildung und Umwelterziehung, Menschenrechts- und Friedenserziehung, Erziehung zur Gleichstellung der Geschlechter, Medienerziehung und Suchtprävention (vgl. ebd.).
Sollte nun ein Lernbereich durch die Zusammenlegung von Unterrichtsfächern geschaffen werden, können auch die im Schulgesetz beschriebenen Aufgabengebiete als Themenschwerpunkte herangezogen werden. In diesem Fall kann der Lernbereich auch epochal10 unterrichtet werden. Die Lernbereiche können ferner auch als Wahlpflichtfächer eingerichtet und angeboten werden.
Der Unterricht innerhalb der Lernbereiche kann fächerverbindend, fachübergreifend oder anhand von Projekten organisiert werden: Im fächerverbindenden Unterricht werden die beteiligten Schulfächer zu einem Fach zusammengelegt. Beim fachübergreifenden Unterricht arbeiten die beteiligten Fächer in enger Abstimmung zusammen. So sollen die zu bearbeitenden Themen aus unterschiedlichen Perspektiven erschlossen werden. Beim Projektunterricht wiederum sollen die Schüler_innen bereits bei der Organisation und Planung mit eingebunden werden. Fächerübergreifend können die Schüler_innen ihrer Motivation entsprechend selbst Ziele formulieren und diese in Form von Projektwochen oder einem festen Projekttag in der Woche realisieren. Die zuverlässige Vernetzung mit und Einbindung von au- ßerschulischen Partnern würde durch diese Form des Unterrichts zudem gefördert und erleichtert (vgl. ebd.: 5). Ein weiteres Mittel um den Stundenumfang und das Ergebnis von Lernbereichen und den Aufgabengebieten zu vertiefen bzw. Kapazitäten für Lernbereiche zu schaffen, sind sog. Profilstunden. Profilstunden wurden eingerichtet, um Unterrichtsfächer oder Lernbereiche zusätzlich zu stärken, weitere Wahlpflichtkurse einzurichten sowie ggf. den Unterricht in fachübergreifenden Aufgabengebieten, und hier insbesondere im Bereich der Berufsorientierung zu intensivieren (vgl. Schulgesetz Berlin)11.
Für welche Unterrichtsinhalte die Profilstunden genutzt werden, können die jeweiligen Schulen somit weitgehend selbst entscheiden. Jedoch wird auch hier die Kooperation mit Bildungsträgern und/oder geeigneten Organisationen explizit benannt (vgl. Curriculare Vorgaben für den Lernbereich Lernen in Globalen Zusammenhängen im Rahmen einer BNE 2012: 6).
Weiterhin wurden für die Lernbereiche sog. Unterrichtsprinzipien formuliert: Insbesondere die Partizipation von Eltern und Schüler_innen und die dadurch erforderliche Rolle der Lehrkräfte als lernbegleitende und lernunterstützende Kräfte wird betont. Neben der Teamarbeit, die als „grundlegendes Arbeitsprinzip“ (ebd.), bezeichnet wird, werden Offenheit zu anderen Themen und zu Unterrichtsfächern und -formen, als auch der Einbezug von Bildungspartnern hervorgehoben. In den Lernbereichen sollen so „Anregungen und Anstöße für die Beschäftigung mit übergreifenden und komplexen Fragestellungen der Gegenwart“ (ebd.) g e- geben werden. Der konkrete Bezug der Unterrichtsführung und -inhalte zu den Lebenswelten der Schülerinnen und Schüler soll es einerseits ermöglichen, dass die Schüler_innen ihre Lebenswelt aus fachlicher und überfachlicher Perspektive reflektieren und so andererseits eigene Handlungsoptionen in der vorhandenen komplexen Welt erschließen. Anhand dessen soll das Bewusstsein für das Vorhandensein von Pluralität und Mehrdimensionalität bei der Betrachtung von Sachverhalten bzw. der Unterrichtsinhalte geschaffen werden. Die Schülerinnen und Schüler sollen zudem durch die Lernbereiche konkret zu einem Perspektivenwechsel befähigt werden, indem sie lernen, unterschiedliche fachbezogene Blickwinkel einzunehmen und unterschiedlich kulturell und individuell geprägte Interessen und Motive des Handelns erkennen.
Für die Schüler_innen der 8. Jahrgangsstufen sind, genau wie für die Schüler_innen der 7. Jahrgangsstufe, 3 Profilstunden pro Woche vorgesehen.
Anhand der Ausführungen wird deutlich, dass die durch die Senatsverwaltung für Bildung und Wissenschaft vorgegebene Unterrichtsstruktur grundsätzlich Möglichkeiten zur Platzierung Umweltbildungsinhalten bzw. zu Inhalten ökologischer Nachhaltigkeit über die einzelnen Unterrichtsfächer hinaus einräumt. So könnten beispielsweise die curricular vorgegebenen Profilstunden dafür genutzt werden, zusätzlich einen Lernbereich einzurichten, der sich mit dem Aufgabengebiet ökologische Bildung beschäftigt. Zudem wird ersichtlich, dass die jeweiligen Schulen selbst mehr oder minder große Spielräume bei der Platzierung von fächerübergreifenden Unterrichtsinhalten haben. Sie können also nach struktureller Vorgabe weitgehend selbst entscheiden, welche Themen sie für prioritär und zielführend erachten. Dabei wird explizit auch der Einbezug der Motivationen der Eltern und Schüler_innen bei der Gestaltung und Durchführung der Lernbereiche betont.
Schließlich hat die Senatsverwaltung für Bildung und Wissenschaft zudem konkrete curricu- lare Vorgaben für den Lernbereich Lernen in globalen Zusammenhängen im Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung für die Jahrgangsstufen 5-10 entwickelt. Umwelt bzw. ökologische Nachhaltigkeit stellen darin neben Gesellschaft, Wirtschaft und Politik eine zentrale Zieldimension dar. Die in diesen curricularen Vorgaben formulierten Themenbereiche mit direktem Bezug zu Umweltthemen sind u.a. Waren aus aller Welt: Produktion, Handel und Konsum, Landwirtschaft und Ernährung, Gesundheit und Krankheit, Schutz und Nutzung natürlicher Ressourcen und Energiegewinnung, Globale Umweltveränderungen, Mobilität, Stadtentwicklung und Verkehr.
Festgehalten werden kann also, dass es einerseits freie Vorgaben bei der Einrichtung von Lernbereichen mit ggf. umweltrelevanten Themen an den jeweiligen Schulen gibt. Andererseits werden auch fächerübergreifende Aufgabengebiete benannt, die in die jeweiligen festen Schulfächer integriert werden können. Welche Lernbereiche oder fächerübergreifenden Aufgabengebiete in welcher Gewichtung von den Schulen eingesetzt werden, bleibt diesen weitgehend selbst überlassen. Der Beschluss über die Ausgestaltung der Unterrichtsinhalte bzw. der Lernbereiche wird dabei von der Fachkonferenz12 gefasst, wobei wiederum die Schulkonferenz auf Vorschlag der Gesamtkonferenz den Einsatz der vorhandenen Profilstunden beschließt.13 Schließlich beinhalten zusätzlich die einzelnen Rahmenlehrpläne für die vorhandenen Unterrichtsfächer Unterrichtsinhalte, die sich auch auf die Themen Umwelt und ökologische Nachhaltigkeit beziehen. Dies betrifft insbesondere die Unterrichtsfächer Biologie, Ethik, Geografie, Geschichte, Sozialkunde, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sowie Wirtschaft/Arbeit/Technik (WAT).
So lautet es beispielsweise im Rahmenlehrplan im Fach WAT:
„ Umweltverträgliches, ressourcenschonendes und nachhaltiges Handeln sind Inhalte des Faches Wirtschaft-Arbeit-Technik. Jegliche Form menschlichen Handelns hat ökologische Konsequenzen, die allerdings von ökologisch bewussten Schülerinnen und Schüler beeinflussbar sind. Ökologische Fragestellungen können bei der Analyse von Nutzungszyklen ausgewählter Gebrauchsgüter, der Betrachtung der Ökobilanz von Einweg- und Mehrwegverpackungen und der Ermittlung des Energiebedarfs elektrischer Haushaltsgeräte betrachtet werden.“
3.2.2 Die Berliner Bevölkerungsstruktur
In diesem Kapitel wird die Bevölkerungsstruktur der Stadt Berlin beschrieben. Anhand dessen soll auf mögliche Problematiken und besondere Herausforderungen im Berliner Schulalltag hingewiesen werden, die möglicherweise auch die Platzierung von bestimmten, optionalen Unterrichtsinhalten verhindern können.
Die Stadt bzw. das Bundesland Berlin ist mit mehr als 3,52 Mio.14 Einwohnerinnen und Einwohnern die bevölkerungsreichste Stadt Deutschlands. Laut regionalem Sozialbericht Berlin Brandenburg 2015 beträgt der Anteil der Menschen, die eine soziale Mindestsicherung in Berlin erhalten, 19,3 Prozent. Im Bundesvergleich ist dieser Anteil mit Abstand am höchsten, der Bundesdurchschnitt liegt hier bei 9,7 Prozent.15 Werden die sozioökonomischen Daten genauer betrachtet, zeigt sich innerhalb Berlins und seiner 12 Bezirke ein sehr uneinheitliches Bild: So beträgt die Mindestsicherungsquote16 in Steglitz-Zehlendorf 9,4 Prozent, in Neukölln beträgt sie mit 27,7 Prozent fast das Dreifache (vgl. Regionaler Sozialbericht Berlin Brandenburg 2015: 46). Während die Armutsgefährdungsquote17 in Pankow (6,9%) und in Steglitz-Zehlendorf (7,8%) am niedrigsten ist, ist sie in Neukölln mit 21,5 Prozent am höchsten (vgl. ebd.). Weiterhin macht der Regionale Sozialbericht Berlin Brandenburg 2015 (RSB 2015) deutlich, dass in Berlin insbesondere Personen mit Migrationshintergrund18 armutsgefährdet sind. Bei dieser Personengruppe beträgt die Armutsgefährdungsquote mit 25,9 Prozent mehr als das Doppelte als bei Personen ohne Migrationshintergrund (9,8%). An dieser Stelle ist zudem anzumerken, dass in Berlin in bestimmten Stadtteilen oder sog. Planungsräumen ein sehr hoher Anteil an Migrantinnen und Migranten besteht. Die meisten Personen mit Migrationshintergrund leben in den Bezirken Mitte (43,5%) und Neukölln (42,8%).19 Besonders interessant ist der Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund unter 15 Jahren in Berlin: Dieser beträgt insgesamt 44,3 Prozent (55,7% Kinder ohne Migrationshintergrund).20 Im Regionalen Bildungsbericht 2013 (RBB 2013) wurden hierzu die Lebensweltlich orientierten Räume21 der Altersgruppen der sechs bis 15-Jährigen und der 15 bis 21-Jährigen mit Migrationshintergrund genauer untersucht, und kritisch angemerkt, dass „die beiden betrachteten Altersgruppen (...) eine merklich ausgeprägte residentielle Segregation“ (RBB 2013: 29) zeigen.
Wird das Einkommen betrachtet, so kann gesagt werden, dass knapp ein Viertel (24,9%) der Berlinerinnen und Berliner ein Äquivalenzeinkommen22 unterhalb von 70 Prozent des landesspezifischen Medians des Äquivalenzeinkommens haben und somit als armutsnah gelten. Auch hier zeigen sich innerhalb Berlins deutliche Unterschiede: Während in Pankow (13,4%) und Steglitz-Zehlendorf (15,7%) unterdurchschnittlich viele Berlinerinnen armutsnah sind, sind es in Neukölln hingegen 38,2 Prozent. Bei den Berliner Kindern unter 18 Jahren liegt dieser Anteil insgesamt bei 34,3 Prozent. Diese Zahlen drücken sich auch in der Berliner Schulstatistik aus: Hier zeigen sich bei den Anteilen von der Zuzahlung zu den Lehrmitteln23 befreiten Kindern innerhalb Berlins deutliche Unterschiede. Wie Abbildung 1 zeigt, sind in Mitte und Neukölln nahezu 60 Prozent der Schüler_innen von der Zuzahlung befreit, in Steglitz-Zehlendorf sind es hingegen knapp 13 Prozent.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Anteil Schüler_innen, die von der Zahlung des Eigenanteils bei Lernmitteln befreit sind. Prozentualer Anteil an der Gesamtschülerzahl der öffentlichen Schulen. (Quelle: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft)
Ebenfalls variiert der Anteil von Personen mit niedrigem Bildungsstand24 in der Hauptstadt stark: Auch hier bilden die Bezirke Pankow (6,1%) und Neukölln (26,7%) die beiden Pole (vgl. RSB 2015: 91). Schließlich leben insgesamt 18,4 Prozent der unter 18-jährigen Berliner Kinder in Haushalten ohne eine erwerbstätige Person, im bundesdeutschen Durchschnitt sind es 8,8 Prozent.25
Anhand dieser Ausführungen kann abgeleitet werden, dass es in Berlin einen hohen Anteil an Schüler_innen gibt, die sogenannte „familiär begründete Bildungsrisiken“ (Bildung in Berlin und Brandenburg 2013) bzw. Risikolagen26 mitbringen. Der Bericht Bildung in Deutschland 2014 (vgl. 23f.) führt hierzu aus, dass das Bildungsniveau der Eltern, deren sozioökonomischer Status (finanzielle Risikolage) und deren Erwerbsbeteiligung (soziale Risikolage) wichtige Einflussgrößen für den Bildungserfolg sind. Der Bildungsbericht 2016 gibt an, dass 42 Prozent der Kinder unter 18 Jahren in Berlin von mindestens einer Risikolage betroffen sind (Bundesdurchschnitt 28%). Es kann folglich auch angenommen werden, dass sich diese Risikolagen bei vielen Kindern überschneiden und somit den Bildungserfolg zusätzlich erschweren. Insbesondere Kinder aus Familien mit türkischem Migrationshintergrund sowie aus den ehemaligen Anwerbestaaten sind davon verstärkt betroffen (vgl. Bildungsbericht 2014: 23). Zudem stellen Kinder mit türkischem Migrationshintergrund (33,9%)27 trotz rückläufiger Tendenz seit den 2000er-Jahren, nach wie vor die größte Gruppe mit Migrationshintergrund in Berlin dar (vgl. Regionaler Bildungsbericht Berlin Brandenburg 2013: 25).
Dieser unterschiedliche soziale, kulturelle und familiäre Hintergrund, den die Berliner Kinder mitbringen, setzte und setzt die Stadt bzw. das Land Berlin und seine vorwiegend sozialdemokratische und linke Regierung insofern unter Druck, ein Bildungssystem zu schaffen, dass allen Kindern möglichst gleiche Bildungschancen und ausreichende Handlungsoptionen ermöglicht. Berlin hat daher relativ früh Alternativen zu dem in Deutschland, insbesondere in Westdeutschland teils noch immer vorherrschenden und sehr umstrittenen dreigliedrigen Schulsystem geschaffen. In Berlin dauert die Grundschule bereits seit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg in den meisten Fällen sechs statt vier Jahre. D.h., dass ein Wechsel zu weiterführenden Schulen nach der Grundschule in der Regel erst später erfolgt, so dass alle Schulkinder länger gemeinsam lernen.28 Außerdem gab es im Jahr 2010 neben den klassischen dreigliedrigen Schulformen Haupt- und Realschule (51 bzw. 70 Schulen) sowie Gymnasium (110 Schulen) auch einen nicht unerheblichen Teil sog. Integrierter Gesamtschulen (Schulen mit mehreren Bildungsgängen), die ein gemeinsames Lernen aller Schüler_innen ermöglichen sollten (56 Schulen) (vgl. Bildung in Berlin und Brandenburg 2010: 110). Seit 2011 gibt es in Berlin nach dem Besuch der Grundschule außerdem keine Haupt- und Realschulen mehr, sondern nur noch integrierte Sekundarschulen, teils mit oder ohne gymnasiale Oberstufe sowie Gymnasien. An der integrierten Sekundarschule (ISS) können Schülerinnen und Schüler neben der (erweiterten) Berufsbildungsreife und dem mittleren Schulabschluss (MSA) auch das Abitur machen. Somit verliert die am Ende der Grundschulzeit getroffene Übergangsentscheidung tendenziell an Gewicht für die gesamte Bildungsbiografie. Weiterhin sind in Berlin mittlerweile alle öffentlichen Grundschulen und integrierten Sekundarschulen vorrangig offene29 Ganztagsschulen. Bei den Gymnasien trifft dies im Jahr 2012 lediglich auf 29,3 Prozent zu. Schließlich können die Eltern bzw. Schüler_innen ihre Schule nach der Grundschule frei wählen. Durch Ganztagsschulen und späte bzw. wenige Bildungsübergänge und Schulwechsel, sollen die Bildungsrisiken von Seiten des El- ternhauses besser gepuffert und dadurch auch soziale bzw. herkunftsbedingte Disparitäten an den weiterführenden Schulen und beim Bildungserfolg insgesamt verringert werden (vgl. Bildung in Berlin und Brandenburg 2013 & Bildungsbericht 2014).
Zwar kann Berlin beispielsweise hinsichtlich der Beteiligungsquote an Gymnasien Erfolge nachweisen, diese ist im Bundesdurchschnitt am höchsten und auch die hohe Anzahl an Unterrichtsstunden pro Klasse sowie die vergleichsweise gute Schüler-/Lehrerrelation werden im Bildungsbericht 2014 hervorgehoben (vgl. Bildungsbericht 2014: 265ff.). Dennoch liegt beispielsweise die Schulabbrecherquote in Berlin (2014 insg. 9%; ausl. Schulabbrecher_innen 17%) im Bundesvergleich im oberen Drittel und damit auch wie in den Jahren zuvor stets über dem Bundesdurchschnitt (2014 6%; ausl. Schüler_innen 13%) (vgl. Chancenspiegel 2017). Weiterhin wird auch die freie Schulwahl der Eltern nach der Grundschule kritisiert, da dadurch soziale Disparitäten eher verstärkt würden und eine sozial und herkunftsbedingt heterogene Klassenstruktur verhindert werde (vgl. Diskriminierung im Bildungsbereich und im Arbeitsleben 2013: 88f.). Darüber hinaus kritisiert die Antidiskriminierungsstelle in ihrem Bericht von 2013, dass die auf Verwaltungsebene gewählten Einzugsbereiche der Grundschulen eine Segregation fördern und somit Lernerfolge mindern würden (vgl. ebd.). Diesbezüglich weisen Studien darauf hin, dass Klassen mit einem sehr hohen Anteil an Kindern mit niedrigem sozioökonomischen Status tatsächlich die Lernfortschritte der Schüler_innen vermindern können (ebd.: 89). Werden die schulischen Kompetenzen der Schüler_innen in Berlin betrachtet, wird der Einfluss der sozialen und nationalen Herkunft nach wie vor deutlich - auch hier schneidet Berlin im Bundesvergleich schlecht ab (vgl. RBB 2013: 145). Auch die gemessenen Kompetenzen der Berliner Schülerinnen und Schüler insgesamt hängen dem Bundesdurchschnitt in weitgehend allen gemessenen Kompetenzbereichen weit hinterher (vgl. Bildungsbericht 2014).30 Im Bundesvergleich jedoch bescheinigt der Chancenspiegel 2017 der Bertelsmann Stiftung Berlin eine Spitzenposition bei der Chancengleichheit. Aufgrund des insgesamt hohen Anteils an Gesamtschulen, dem hohen Anteil an Übergängen ins Gymnasium und der Inklusion von Schüler_innen mit sonderpädagogischen Förderbedarf in allgemeine Schulen, kommt es trotz der aufgeführten Probleme zu dieser Spitzenposition.
Die beschriebenen Problematiken lassen vermuten, dass der Erwerb klassischer schulischer Kompetenzbereiche deutlichen Vorrang bei der Unterrichtsgestaltung hat und dass dement- sprechend optionale Unterrichtsinhalte nachrangig sind. Ob dies auch auf Umweltbildungsinhalte zutrifft, soll durch die Interviews der Lehrkräfte erörtert werden.
Abschließend ist außerdem zu bedenken, dass Berlin im Verhältnis zwar eine Vielzahl an Parks, öffentlichen Grünanlagen und ebenso sog. außerschulischen grünen Lernorten unterhält. Dennoch bleibt es fraglich, ob die nicht unmittelbar vorhandene Naturnähe, wie sie beispielsweise im ländlichen Raum gegeben ist, die Möglichkeiten für Lehrkräfte einschränkt, im Bereich der Umweltbildung Anknüpfungspunkte zur Natur im Alltag der Schüler_innen zu finden, wenn sie dort kaum eine Rolle spielt. Es ist zudem denkbar, dass die Möglichkeiten für Lehrkräfte geringer sind, schnell und auf direktem Weg Naturorte aufzusuchen, um so Umweltbildungsinhalte erfahrbar zu machen. Dies jedoch wäre wichtig, um das Interesse der Schüler und Schülerinnen zu wecken. Ob dieses Hemmnis zur Sprache kommt, wird in Kapitel 5.4 erläutert.
3.3 Milieuspezifisches Umwelthandeln und milieuspezifische Umwelteinstellungen
Die Ausführungen zur Berliner Bevölkerungs- und Schüler_innenstruktur lassen auch Rückschlüsse auf die spezifischen Umwelteinstellungen und das spezifische Umwelthandeln der Schüler_innen zu. Somit wäre es möglich, dass die Unterrichtsgestaltung auch davon beeinflusst ist, welche milieu- oder schichtspezifischen Interessen oder Erwartungen die Lehrkräfte bei ihren Schüler_innen und deren Eltern vermuten. Kann es also sein, dass Lehrkräfte, die an Schulen in gehobeneren Stadtteilen unterrichten, Umweltbildungsinhalte stärker platzieren, weil sie annehmen, dass dort ein höheres Interesse an Umweltthemen besteht? Und verhält es sich bei einer Schülerschaft, die eher unteren Schichten zuzurechnen ist, genau andersherum? Um diese Fragen zu erörtern wird in diesem Kapitel zunächst ausgeführt, woher überhaupt die Annahmen kommen, dass es milieu- bzw. schichtspezifische Werthaltungen bezüglich Umwelt und Natur gibt. Hierzu folgt zunächst eine Hinwendung zu Modellen, die die unterschiedlichen Wertorientierungen innerhalb der deutschen Gesellschaft abbilden. Im darauffolgenden Kapitel folgt dann eine Erklärung, weshalb die spezifische soziale Lage Wertorientierungen und damit möglicherweise auch Handlungen beeinflusst.
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit und Bau (BMUB) untersucht seit 2009 alle zwei Jahre anhand einer umfassenden repräsentativen Bevölkerungsbefragung das Naturbewusstsein31 der deutschen Wohnbevölkerung ab 18 Jahren. Insgesamt zeigt sich bei diesen Studien, dass das Thema Umweltschutz und Natur bei den Befragten eine hohe Bedeutung hat. Es werden jedoch auch über alle Untersuchungen hindurch alters-, geschlechts- sowie milieuspezifisch unterschiedliche Haltungen gegenüber der Natur sichtbar. So sind es vor allem Frauen, höher Gebildete, Besserverdienende und ältere Personen, die insgesamt eine höhere Wertschätzung gegenüber der Natur und größeres umweltpolitisches Interesse sowie Wissen zum Ausdruck bringen. Jüngere Menschen im Alter bis 30 Jahre sowie Männer und Personen mit niedrigerem Bildungsniveau und niedrigem Einkommen zeigen hingegen eher weniger Interesse an Umweltthemen, handeln insgesamt weniger umweltbewusst und gewichten die Bedeutung von Umweltthemen niedriger. Neben diesen soziodemografischen Faktoren weisen die Autor_innen der Studien insbesondere aber auch auf Werteorientierungen und Lebensstile hin, die die Einstellungen und Haltung zur Natur beeinflussen. Als „soziokulturelles Differenzierungsmerkmal“ (BMU 2011: 15) werden in der Naturbewusstseinsstudie deshalb die Sinus-Milieus herangezogen (vgl. u.a. Naturbewusstsein 2009; 2011; 2015).
Die Perspektive auf soziale Milieus und Lebensstile bei der Beschreibung der Gesellschaft hinsichtlich ihrer Einstellung zur Natur und ihrem Verhalten ihr gegenüber ist insofern sinnvoll, da Milieu- und Lebensstilmodelle die Pluralität moderner Gesellschaften und ihre kulturelle Vielfalt umfassender und übersichtlicher abbilden, als die Modelle sozialer Klassen und Schichten. Letztere kategorisieren Gesellschaften vorrangig hinsichtlich objektiver Faktoren, wie dem beruflichen und ökonomischen Status und analysieren Besitz- und Einkommensverhältnisse sowie vorhandene Konflikt- und Machtstrukturen, um so soziale Ungleichheitsstrukturen zu verdeutlichen. Die Verwendung von Klassen und Schichten als Differenzierungsinstrument zur Veranschaulichung sozialer Ungleichheiten wurde aber seit der Industrialisierung und der damit einhergehenden Modernisierung traditionaler Lebenswelten immer oder zumindest zeitweise obsoleter. Die heute in modernen Gesellschaften vorhandene Vielfältigkeit an Wertorientierungen, Lebenszielen und -stilen, ästhetischen Präferenzen etc. kann innerhalb von sozialen Klassen- bzw. Schichtenmodellen weniger ausgeprägt abgebildet werden. Daher bieten sich für die heutigen modernen diversifizierten Gesellschaften andere Modelle besser an: Dem Klassen- und Schichtentheorem zufolge, entwickeln sich (individuelle) kulturelle Werte wie ästhetisches Empfinden, Umwelteinstellungen etc. der Stellung im sozialen Gefüge entsprechend. D.h., dass Menschen je nach sozialer Herkunft, tendenziell auch eine dieser Herkunft entsprechende kulturelle Mentalität bzw. einen, so Pierre Bour- dieu, Klassenhabitus entwickeln. Milieu- und Lebensstilanalysen jedoch bilden zunächst an- hand der unterschiedlichen kulturellen Muster und Wertorientierungen einer Gesellschaft bestimmte Typen bzw. Milieus, um dann, ggf. in einem zweiten Schritt, einen Zusammenhang zu sozialstrukturellen Merkmalen wie beispielsweise Qualifikation und Einkommen zu ergründen. Häufig jedoch wird die Entstehung von diesen kulturellen Mentalitäten bewusst offen gelassen. Hier stehen also nicht soziale Ungleichheitsstrukturen hinsichtlich vertikaler Dimensionen im Zentrum, die die Lage, das Leben und das Denken von Menschen prägen, sondern ein Abbild der unterschiedlichen Lebenswelten in einer Gesellschaft mit ihren unterschiedlichen Wertorientierungen und Lebenszielen sowie der Wandel dieser Wertorientierungen. Anhand dieser analysierten Lebenswelten können in der Folge beispielsweise zielgruppen- bzw. typengerechte politische oder marktwirtschaftliche Konzepte entwickelt und angewendet werden, was nicht zuletzt für die Bildungsarbeit im Umweltbereich von hoher Bedeutung sein kann. Doch auch in der Milieu- und Lebensstilforschung hat sich entgegen der lange vorherrschenden Ansicht, dass die Herausbildung von Wertorientierungen und Lebensstilen von soziodemografischen Einflussfaktoren entkoppelt seien, die Erkenntnis durchgesetzt, dass sehr wohl auch die äußeren objektiven Lebensumstände, also insbesondere soziodemografische Faktoren wie Einkommen und Bildungsniveau die Unterschiede in den Lebensstilen und Wertorientierungen mit bedingen (vgl. u.a. Geisler 2002: 110ff.).
Weshalb und inwiefern Werteorientierungen und Lebensstile durch die soziale Herkunft geprägt sind, wird in den einzelnen Milieutheorien unterschiedlich diskutiert: Der Habitustheorie von Pierre Bourdieu zufolge beeinflusst die Verfügbarkeit der unterschiedlichen Kapitalsor- ten32 der jeweiligen Klassen deren Handlungsspielräume so, dass den jeweiligen Möglichkeiten entsprechend auch unterschiedliche klassenspezifische Habitusformen, also spezifische Handlungs- und Denkweisen und ästhetische Präferenzen erwachsen, die schließlich inkorporiert werden. Beispielsweise würde die in der Arbeiterklasse vorherrschende Kultur des Mangels ein gewisses Nützlichkeitsdenken befördern, das sich auch hinsichtlich ästhetischer Gesichtspunkte ausdrückt. Die identitätstheoretische Perspektive hingegen stellt das Bemühen von Menschen nach Zugehörigkeit bzw. Abgrenzung ins Zentrum. Menschen würden demnach danach streben, eine soziale Identität zu entwickeln, um sich so die Zugehörigkeit zu und somit auch die Abgrenzung von anderen sozialen Gruppen zu sichern. Die Individualisierungstheorie geht davon aus, dass mit der Modernisierung und der mit ihr einhergehenden Herauslösung aus unterschiedlichen sozialen, kulturellen und ökonomischen Bindungen auch die Individualisierungsmöglichkeiten von Menschen stark gewachsen sind. Diese Individualisierungsmöglichkeiten jedoch hätten auch eine Orientierungslosigkeit zur Folge, weshalb sich Menschen freiwillig und bewusst sozialen Milieus anschließen. Die aufgeführten Erklärungsansätze gewichten also unbewusste deterministische und bewusst intentionale Einflussfaktoren jeweils unterschiedlich. Innerhalb aller Perspektiven ist jedoch auch die Erkenntnis sicher, dass weder allein äußere Bedingungen, noch das menschliche Belieben alleine das Denken und Verhalten nachhaltig beeinflussen (vgl. Hradil 2006: 5f.).
Stefan Hradil betont hinsichtlich der Unterscheidung von Milieus und Lebensstilen, dass sich der Milieustilbegriff vorrangig auf Werthaltungen und Grundeinstellungen bezieht, welche wiederum sehr beständig und tief verankert sind. Der Lebensstilbegriff hingegen beschreibt Verhaltensroutinen, die von außen beobachtbar sind. Dies impliziert auch, dass soziale Milieus eine gewisse Beständigkeit aufweisen, da Werthaltungen und Grundorientierungen meist nur durch existenzielle Krisen und Katastrophen verändert werden. Lebensstile jedoch, die sich vorrangig an Verhaltensroutinen orientieren, können bereits Veränderungen erfahren, wenn sich neue finanzielle Optionen ergeben, eine Familie gegründet wird oder neue soziale Netzwerke entstehen (vgl. Hradil 2006: 5).
Die vom Sinus-Institut beschriebenen zehn Sinus-Milieus33 gruppieren Menschen in Deutschland mit ähnlichen Werthaltungen und Lebensstilen, um so ein möglichst realitätsnahes Abbild der soziokulturellen Vielfalt der Gesellschaft darzustellen. Anhand von repräsentativen Interviews bei der deutschen Wohnbevölkerung werden in Längsschnittuntersuchungen seit den 1980er-Jahren Personen ab 14 Jahren zu dem „was sie bewegt“, zu ihren Werten, Lebenszielen und Einstellungen befragt. Die Milieus werden in einem Schaubild verortet, dessen waagerechte Achse die Grundorientierung von traditionell über mo- dern/individualisiert bis neuorientiert abbildet, und dessen senkrechte Achse hinsichtlich der sozialen Lage bzw. der Schichtzugehörigkeit, von Unterschicht bis Oberschicht angeordnet ist. Je höher sich ein Milieu in dem Schaubild befindet, desto höher ist das Einkommen, das Bildungsniveau und die berufliche Positionierung sowie die damit verbundene Verfügbarkeit weiterer Ressourcen bzw. Kapitalsorten. Je weiter rechts das Milieu angeordnet ist, desto moderner ist die wertliche Grundorientierung. Die Grundorientierung beschreibt außerdem nicht nur klassische Werte wie beispielsweise Familie, Selbstverwirklichung, Sicherheit, Pflicht und Leistung, sondern auch Alltagseinstellungen, Stilpräferenzen sowie Lebens- und Konsumweisen. Das Modell der Sinus-Milieus gibt also eine soziokulturelle Klassifikation der Gesellschaft wieder, in der bei der Verortung der Milieus sowohl die sozioökonomische Dimension (Einkommen, Qualifikation und berufliche Stellung), als auch in ausdifferenzierter Weise die kulturelle Dimension (Werte, Alltagseinstellungen, Lebensziele) abgebildet werden (vgl. u.a. Naturbewusstsein 2015 sowie Geisler 2002).
Wie bei allen Modellen, die die Sozialstruktur einer Gesellschaft abbilden, verlaufen die Grenzen zwischen den definierten Gruppen bzw. Milieus fließend und Überschneidungen sind möglich.
Die Studien des BMUB beschreiben das Milieu der Hedonisten als am naturfernsten, gefolgt von dem Milieu der Prekären. Die Angehörigen dieser Milieus weisen das geringste Wissen zur Natur und zum Umweltschutz auf, sie zeigen am wenigsten Interesse an der Natur und ihrem Schutz und messen diesem auch am wenigsten Bedeutung bei. Bei dem sozialökologischen Milieu und beim Liberal-Intellektuellen Milieu sind hingegen die Nähe zur Natur sowie ihre Wertschätzung und der Wille, einen Beitrag zu ihrem Schutz zu leisten, insgesamt am stärksten ausgeprägt.
Die Sinus-Milieus® in Deutschland 2014 Soziale Lage und Grundorientierung Das Milieu der Hedonisten wird den Milieus der Benachteiligten als auch der unteren Mittelschicht zugeordnet. Die Menschen, die diesem Milieu zugeordnet werden, sind sehr stark 34 Quelle online unter: http://www.hertieberlinstudie.de/pressematerial/Karten_HBSt_2014.zip (12.07.2017). spaß- und erlebnisorientiert. Sie leben im Hier und Jetzt, weisen einen spontanen Konsumstil auf und sind nur begrenzt bereit, sich den Zwängen des Alltags unterzuordnen, es besteht nur eine geringe Verzichtbereitschaft. Dem Milieu der Hedonisten gehören verhältnismäßig junge Altersgruppen an, sie sind im Durchschnitt 38 Jahre alt. Bezüglich ihres Bildungsgrades lässt sich kein eindeutiger Schwerpunkt benennen, sie sind in der Mehrzahl ledig und kinderlos. Die Arbeitslosenquote ist hier leicht überdurchschnittlich, die Beschäftigung findet eher im unteren und mittleren Segment statt.
Das Prekäre Milieu gehört ebenfalls zu den Milieus der Benachteiligten. Dieses Milieu ist von Zukunftsängsten und Ausgrenzungserfahrungen geprägt. Der Wunsch nach Anerkennung und Konsum ist hier besonders präsent. Sie empfinden sich selbst als die Benachteiligten der Gesellschaft. Sie sind im Durchschnitt 54 Jahre alt, der höchste Anteil an Geschiedenen ist in diesem Milieu anzutreffen. Die diesem Milieu Zugeordneten haben meist niedrige Bildungsabschlüsse, sie sind in der Mehrzahl nicht erwerbstätig und haben meist sehr niedrige Einkommen.
Die dem Liberal-Intellektuellen Milieu zugeordneten Menschen werden als die Bildungselite mit weltoffener Grundhaltung beschrieben, deren Wertekanon postmaterialistisch geprägt ist. Sie sind häufig verheiratet und haben Kinder. Sie sind weiterhin gut situiert, mit akademischen Bildungsabschlüssen, hohen beruflichen Positionen und durchschnittlich 46 Jahre alt. Das Liberal-Intellektuelle Milieu ist den sozial gehobenen Milieus zugeordnet.
Das Sozial-Ökologische Milieu ist den Milieus der Mitte zugeordnet. Ihm gehören idealistische Menschen an, die globalisierungs-, konsum- und wachstumskritisch sind und einem ökologischen Lebensstil folgen. Hier sind Frauen sowie Teilzeitbeschäftigte überrepräsentiert, die Mitglieder haben eine hohe Formalbildung und sind im Alter zwischen 30 und 60 Jahren.
Die Anteile der Milieus des Standortes Berlin weichen insbesondere beim hedonistischen, prekären sowie beim traditionellen Milieu vom Bundesdurchschnitt ab. Gerade die naturfernen Milieus sind in Berlin damit insgesamt stärker vertreten und das Milieu der Hedonisten stellt außerdem mit fast einem Fünftel den größten Anteil an der Berliner Bevölkerung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Naturbewusstseinsstudie 2015 kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass die Naturverbundenheit in Städten mit einer Einwohnerzahl von über 500.000 durchschnittlich geringer ausgeprägt ist. Die Ausprägung der Naturverbundenheit jedoch wirkt sich auch auf deren Schutzbedürfnis und Erhalt aus. Somit lässt sich darauf schließen, dass die Berliner Bevölkerung der Natur weniger Bedeutung beimisst, insgesamt weniger an ihrem Schutz interessiert ist und weniger umweltbewusst handelt als der Bundesdurchschnitt. In diesem Zusammenhang wird die Bedeutung der direkten Naturerfahrung für die Herausbildung einer Sensibilität und positiver Werte gegenüber der Natur und ihrem Schutz betont (vgl. u.a. Naturbewusstsein 2011: 11).
3.3.1 Ursachen milieuspezifischer Umwelteinstellungen
Welche Erklärungen es für diese milieuspezifischen Unterschiede hinsichtlich des Wissens gegenüber der Natur, ihrer Wertschätzung und Schutzes gibt, wird in diesem Kapitel erläutert. Hierzu werden zunächst die Erklärungen, die aus den Studien des BMUB hervorgehen, aufgeführt, um dann im Anschluss daran näher auf die Bedeutung und Funktion von Werten sowie die Postmaterialismustheorie von Ronald Inglehart einzugehen. Anhand dieser Ausführungen sollen die Ursachen aufgezeigt werden, weshalb es bei den von der Verfasserin aufgesuchten Schulen und ihrer Schülerschaft unterschiedliche Werteorientierungen geben könnte.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Naturbewusstseinsstudien begründen ein stärker ausgeprägtes Umweltbewusstsein in den sozial gehobenen Milieus vorrangig mit deren Selbstverständnis. Personen dieser Milieus sehen sich als gesellschaftliche Vorbilder, als Elite. Mit diesem Selbstverständnis geht eine ausgeprägte Verantwortungsethik einher, die sich auch auf deren Umwelteinstellungen auswirkt (vgl. u.a. Naturbewusstsein 2009: 55).
Insbesondere dem Liberal-Intellektuellen Milieu werden auch in der Mehrzahl verheiratete Personen mit Kindern zugeordnet bzw. auch Menschen, die sich in der Familienplanung befinden. Dementsprechend spielt hier die Berücksichtigung der nächsten Generation eine größere Rolle. Die Angehörigen dieser Milieus sind stärker darum bemüht, die Umwelt für die nachfolgenden Generationen zu erhalten (vgl. Naturbewusstsein 2011: 40).
Die verhältnismäßig hohen Zustimmungsraten zur nachhaltigen Nutzung der Natur bei den Traditionellen und Bürgerlichen Milieus, werden mit deren Pflichtbewusstsein begründet. Außerdem würden die Angehörigen dieser Milieus den Umweltschutz als Norm anerkennen und sich dieser Norm dementsprechend anpassen (vgl. u.a. Naturbewusstsein 2009: 55f.).
Bei den sozial benachteiligten Milieus finden sich folglich andere Argumente für deren Naturferne: Hinsichtlich der vorherrschenden Ansicht in den Milieus der Prekären und Hedonisten, dass beispielsweise in Krisenzeiten der Naturschutz zurückgestellt werden müsse, wird angegeben, dass diese Milieus auch immer am stärksten und zuerst von ökonomischen Krisen betroffen seien. Die Personen dieser Milieus sind am häufigsten von Erwerbslosigkeit betroffen und aufgrund prekärer Beschäftigungsverhältnisse am stärksten von Erwerbslosigkeit bedroht. Außerdem verfügen sie über ein nur geringes Einkommen. Aufgrund dessen hätten diese Personen existenzielle Zukunftsängste. Wegen ihrer Benachteiligung und den damit einhergehenden Problemen, nehme die Bewältigung der Herausforderungen ihres Alltags sehr viel mehr Raum ein als in anderen Milieus. Ihr Aufmerksamkeitsfokus sei aufgrund der Mehrbelastungen zudem stärker auf das eigene Nahumfeld gerichtet. Dementsprechend hätten die Angehörigen dieser Milieus andere Prioritäten als den Schutz der Umwelt. Sie stünden auch Forderungen zugunsten der Umwelt und Natur eher skeptisch gegenüber, da sie dadurch noch mehr finanzielle Belastungen fürchten. Ein weiteres Argument ist die fehlende Kontrollüberzeugung in diesen Milieus. Die betreffenden Personen würden nur ein geringes Selbstbewusstsein haben und damit einhergehend auch nur ein geringes Vertrauen in die eigenen Einflussmöglichkeiten. Da sie das Gefühl haben, schon ihre eigenen Lebensumstände nicht beeinflussen zu können, zweifeln sie auch daran, Einfluss auf globale oder zumindest fernere Begebenheiten nehmen zu können (vgl. u.a. ebd. 2011: 38; Naturbewusstsein 2009: 59; Naturbewusstsein 2015: 38).
Speziell zum Milieu der Hedonisten wird angebracht, dass deren Fixierung auf das Hier und Jetzt den Blick auf und die Bedürfnisse für Umweltthemen verhindere (vgl. ebd. 2009: 55).
Der Argumentation der Autor_innen der Naturbewusstseinsstudien folgend, beeinflussen einerseits das milieuspezifische Selbstverständnis, die Sorge um die eigenen Nachkommen und direkte Naturerfahrungen die natur- und umweltbezogenen Werte, und andererseits die mit der sozialen Misslage einhergehenden multiplen Probleme. Jedoch muss zu den milieuspezifischen Ausführungen auch hinzugefügt werden, dass Umweltbewusstsein und Umweltverhalten in keinem Milieu konsistent sind und daher als „mosaikhaftes Konstrukt“ (Huber 2011: 305) begriffen werden müssen. Diese Inkonsistenz ist neben zahlreichen Aspekten wohl nicht zuletzt auf die extreme Komplexität von Produktionsprozessen zurückzuführen, die für Konsument_innen hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit nur schwer durchschaubar und nachvollziehbar sind. Und schließlich ist es kaum möglich, sich als Mitglied einer industrialisierten und kapitalistisch geprägten Gesellschaft permanent den für das alltägliche Leben zur Verfügung gestellten Produkten zu entziehen (vgl. Huber 2011: 298ff.).
3.4 Werte, Wertewandel und milieuspezifische Wertorientierungen
Anhand der Ausführungen im vorherigen Kapitel stellt sich nun die Frage, was Werte eigentlich sind, welche Funktionen sie erfüllen und wieso sich Wertorientierungen innerhalb von Gesellschaften verändern.
Ein Wert ist „eine Auffassung vom Wünschenswerten, die explizit oder implizit für ein Individuum oder für eine Gruppe kennzeichnend ist und welche die Auswahl der zugänglichen Weisen, Mittel oder Ziele des Handelns beeinflusst.“
Clyde Kluckhohn, 1951, zit. n. Klages Werte stellen also grundlegende Orientierungen für Menschen dar, die, wie der Definition von Kluckhohn zu entnehmen ist, in einer Fülle möglicher Handlungsoptionen, eine strukturierende und sinngebende Funktion erfüllen. Sie sind somit verhaltenssteuernd und auch emotional besetzt. Werte sind in den Normen von Gesellschaften und in der Persönlichkeitsund Motivationsstruktur von Individuen verankert. Dementsprechend sind Werteorientierungen sehr stabil, und verändern sich im Leben von Individuen tendenziell nur geringfügig und nur im Falle von persönlichen Krisen oder Katastrophen auch tiefgreifend.
Werte gelten gemeinhin als positiv, weshalb es für Individuen, um die strukturierende Funktion aufrechtzuerhalten, erforderlich ist, Werten unterschiedliche Prioritäten beizumessen. So ergibt es sich, dass zwischen Gesellschaften, zwischen Gruppen in Gesellschaften und zwischen Individuen Werte unterschiedlich gewichtet werden und auch Wertkonflikte entstehen können. Politische Relevanz erfahren unterschiedliche Wertorientierungen, wenn sie zwischen Gesellschaften oder innerhalb Gesellschaften kollektiv geteilt werden und durch politische Mobilmachung Aushandlungsprozesse erforderlich werden. Die notwendige Priorisierung von Werten hat zur Folge, dass das Werterepertoire in Gesellschaften eingegrenzt ist und somit vorrangig nur bestimmte Werte in Gesellschaften Relevanz besitzen. Werte erfüllen somit auch eine diagnostische Funktion: Die relevanten Werte in einer Gesellschaft bedingen auch deren Kultur. Sind also die Werte einer Gesellschaft bekannt, so ist auch ihre Kultur bekannt. Werden die Werte eines Individuums erkannt, so sind Rückschlüsse auf dessen Lebensziel, Denken und Handeln möglich (vgl. u.a. Schäfers 1998: 31).
Die Soziologie beschäftigt sich im Hinblick auf Werte vor allem damit, welche Werte relevant sind, wie und wann sie generiert werden, wann und weshalb sie zu Konflikten führen und wann, inwiefern und weshalb sich Werte in Gesellschaften in ihrer Relevanz ändern.
Bezüglich des Erwerbs von Werten herrscht in der Forschung weitgehend Einigkeit darüber, dass Werte im Prozess der sekundären Sozialisation, insbesondere im frühen Jugendalter, erworben werden. Während der Sozialwissenschaftler Ronald Inglehart, die Überzeugung vertritt, dass dies im Alter zwischen 10 und 16 Jahren passiere, gibt es mittlerweile auch Forschungsarbeiten, die auf eine noch frühere Herausbildung von Werten, bereits im Grundschulalter hindeuten (vgl. Roßteutscher 2013: 939).
[...]
1 In der vorliegenden Arbeit werden allein die ökologischen und nicht die globalen oder sozialen Aspekte der BNE im Schulunterricht untersucht.
2 Diese Entwicklungen nach dem 2. Weltkrieg sollen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Zuge der massiven Umweltbelastungen zur Zeit der industriellen Revolution bereits im 19. Jh. Regelungen geschaffen wurden, die der Luftreinhaltung und zum Schutz der Gewässer dienten (vgl. Jänicke 2005: 54).
3 Diese sind u.a. nicht völkerrechtlich bindend und es gibt daher keine Sanktionsmöglichkeiten bei einer Nichtumsetzung. Ausführliche Informationen u.a. bei Huber 2011: 284 ff.
4 Eine Auflistung hierzu findet sich u.a. bei Michelsen in Beyersdorf et al.: 13ff.
5 Weiterführende Informationen zu den Gestaltungskompetenzen und den darin vorhandenen Teilkompetenzen sind zu finden in de Haan 2004: 41f.
6 http://www.berlin.de/senuvk/natur_gruen/naturschutz/umweltbildung/index.shtml (14.06.2017).
7 Vgl. ebd. sowie Stiftung Naturschutz Berlin: Grüne Lernorte Berlin.
8 Einen Überblick hierzu bieten: http://www.bne-portal.de/de/akteure/karte sowie http://www.umweltbildung- berlin.de/projekte-wettbewerbe/#c724. Außerdem informiert die SenBJF regelmäßig in einem BNE-Newsletter über aktuelle Projekte und Fortbildungen.
9 Siehe online unter: http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/unterricht/rahmenlehrplaene/rahmenlehrplaene- s1/ (18.06.2017).
10 Je nach Maßgabe der Rahmenlehrpläne können auf Grundlage der Sekundarstufe I-Verordnung Aufgabengebiete in einem Umfang von bis zu 30 Jahreswochenstunden epochal unterrichtet werden. D.h., dass innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens die Jahreswochenstunden zeitlich umfassender und deshalb intensivierter abgeleistet werden können. Also statt nur einer Unterrichtseinheit mit 45 Minuten, werden im ersten Schulquartal beispielsweise drei Unterrichtseinheiten am Stück an zwei Tagen in der Woche unterrichtet.
11 Online unter: http://gesetze.berlin.de/jportal/;jsessionid=9E77D0AF3C60D9087DEAA01C64F3027C.jp28?quelle=jlink&query=S chulG+BE&psml=bsbeprod.psml&max=true&aiz=true#jlr-SchulGBEV26P3 (14.07.2017).
12 Die Fachkonferenz wird durch die Gesamtkonferenz der Lehrkräfte für bestimmte Lernbereiche, Fächer oder Fachbereiche gebildet. Auf sie können Befugnisse ganz oder teilweise übertragen werden. Vgl. Schulgesetz für das Land Berlin (Schulgesetz - SchulG). Vom 26. Januar 2004.
13 Die Schulkonferenz stellt das „das oberste Beratungs- und Beschlussgremium der schulischen Selbstgestaltung“ (SchulG §75 Abs. 1) dar. Stimmberechtigte der Schulkonferenz sind u.a. der/die Schulleiter_in, aus der Gesamtkonferenz gewählte Vertretende, aus der Gesamtschüler_innenvertretung gewählte Schüler_innen, von der Gesamtelternvertretung gewählte Erziehungsberechtigte. Die Gesamtkonferenz setzt sich aus der an der Schule tätigen Lehrkräfte und erzieherisch tätigen Personen zusammen. Sie stellt ebenfalls ein Beratungs- und Beschlussgremium für bestimmte Entscheidungsbereiche dar. Die Gesamtkonferenz wählt die Vertreterinnen der Schulkonferenz. Vorsitzende der Gesamtkonferenz ist immer der/die Schulleiter_in (vgl. ebd.).
14 Vgl. Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Siehe unter: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/LaenderRegionen/Regionales/Gemeindeverzeichnis/Administrativ/Aktu ell/05Staedte.html (12.07.2017).
15 Vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2015. Siehe unter: http://www.amtliche- sozialberichterstattung.de/Tabellen_Excel/B1.1.xlsx (12.07.2017).
16 Definition Mindestsicherungsquote: „Anteil der Bevölkerung, der Leistungen aus den sozialen Mindestsicherungssystemen bezieht. Dazu gehören Arbeitslosengeld II/Sozialgeld nach dem SGB II, laufende Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung im Rahmen der Sozialhilfe nach dem SGB XII und Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz“ (Regionaler Sozialbericht Berlin Brandenburg 2015: 46).
17 Die Armutsgefährdungsquote wird im Regionalen Sozialbericht folgendermaßen definiert: „Die Armutsgefäh r- dungsschwelle liegt bei 60 % des Medians dieses Äquivalenzeinkommens. Alle Personen, deren Äquivalenzeinkommen unterhalb der Schwelle liegt, gelten als armutsgefährdet.“ (Regionaler Sozialbericht 2015: 74).
18 Die genaue Definition von Personen mit Migrationshintergrund im Regionalen Sozialbericht 2015, siehe ebd.: 78.
19 Insgesamt liegt der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund in Berlin bei 26,4 Prozent (vgl. RSB 2015).
20 Vgl. Mikrozensus-Datenbank 2014 zur Bevölkerung aus Statistik Berlin Brandenburg. Mikrozensus. Online unter: https://www.statistik-berlin-brandenburg.de/ Eigene Berechnung.
21 Die Lebensweltlich orientierten Räume (LOR), sind auf der Grundlage von zuvor bereits definierten Sozialräumen 2006 in Berlin abgestimmt worden. Sie stellen eine räumliche Grundlage u.a. für die Beobachtung und Planung sozialer Stadtentwicklungen in Berlin. Ausführlich online unter: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/basisdaten_stadtentwicklung/lor/ (20.07.2017).
22 Zur Ermittlung des Äquivalenzeinkommens wurde im Sozialbericht die neue Skala der OECD verwendet. Ausführlich siehe Regionaler Sozialbericht 2015: 84.
23 Die Eltern müssen sich an der Beschaffung von Lehrmitteln mit einem Eigenanteil von max. 100 Euro im Jahr beteiligen. Eltern, die öffentliche Sozialleistungen beziehen, sind jedoch von dieser Zahlung befreit. Weitere I n- formationen online unter: https://www.berlin.de/sen/bildung/unterricht/medien/lehr-und-lernmittel/ (12.07.2017).
24 Hierzu werden nach ISCED 0-2 Personen über 25 Jahre gerechnet, u.a. ohne allgemeinen oder beruflichen Abschluss. Die genaue Definition siehe Regionaler Sozialbericht Berlin Brandenburg 2015: 91.
25 Vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder. Online unter: http://www.amtliche- sozialberichterstattung.de/Tabellen_Excel/tabelleD1.xlsx (18.07.2017).
26 Die Bildungsrisiken bzw. Risikolagen sind abgeleitet von familiären Strukturmerkmalen, wie der Bildungsbeteiligung, dem Bildungsniveau und dem sozioökonomischen Status, die einen gravierenden Einfluss auf die Entwicklungs- und Bildungsprozesse der Kinder haben. Es werden drei Arten von Risikolagen unterschieden: Eine finanzielle und soziale Risikolage sowie die Risikolage bildungsferner Eltern (Bildung in Deutschland 2014: 23).
27 Einwohnerregisterstatistik 2014, ausländische und deutsche Kinder mit türkischem Migrationshintergrund 6 bis 15 Jahren. Eigene Berechnung, vgl. online unter: http://www.statistik-berlin-brandenburg.de/ (11.07.2017).
28 Schnelllerner-Klassen können bereits ab der Jahrgangsstufe 5 auf ein Gymnasium oder eine integrierte Sekundarschule wechseln.
29 D.h. die Inanspruchnahme des Ganztagsangebotes ist weitgehend freiwillig.
30 Die Kompetenzmessung wurde Bundesweit in vierten und neunten Klassen im Zuge des IQB- Ländervergleiches durchgeführt. Weitere Informationen u.a. im Bildungsbericht 2014, RBB 2013 sowie online unter http://www.bildungsbericht.de/de/bildungsberichte-seit-2006/bildungsbericht-2014/excel-bildungsbericht- 2014/d6-2014.xlsx (16.07.2017).
31 Definition Naturbewusstsein: „'Naturbewusstsein' (...) verstanden als die Gesamtheit der Erinnerungen, Wahrnehmungen, Emotionen, Vorstellungen, Überlegungen, Einschätzungen und Bewertungen im Zusammenhang mit Natur, einschließlich der Frage, was vom Einzelnen überhaupt als ,Natur‘ aufgefasst wird. Es geht also nicht um ,hohes‘ oder ,niedriges‘ Naturbewusstsein als normative Kategorie, sondern um subj ektive Auffassungen von und Einstellungen zu Natur“ (BMU 2009: 17).
32 Die Kapitalsorten beziehen sich auf die in den frühen 1980er Jahren entwickelte Kapitaltheorie von Pierre Bourdieu. Sie setzt die Möglichkeitsräume von Personen in direkten Zusammenhang mit ihrer Ausstattung mit bestimmten Kapitalien. Hierbei unterscheidet Bourdieu zwischen ökonomischen (z.B. Besitz von Geldwerten), kulturellen (z.B. Bildungsgrad), symbolischen (z.B. Prestige) und sozialem Kapital (vgl. ebd.: 217ff.). Soziales Kapital umfasst nach Bourdieu „Ressourcen, die auf der Zugehörigkeit zu einer Gruppe beruhen“ (Bourdieu zit. n. Baumgart 2008: 223).
33 Umfassendere Ausführungen zu den einzelnen Milieus siehe u.a. Naturbewusstseinsstudie 2013: 17ff.
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