Das 19. Jahrhundert in Deutschland wird in der Literatur als das bürgerliche bezeichnet. Es schwankte zwischen Einengung und dem Festhalten an feudalen Werten einerseits und dem Aufbruch aus diesen verfestigten und überholten System andererseits. Aber welche Rolle spielten die Frauen in diesem Aufbruch? Waren sie eine der treibenden Kräfte oder ist die zunehmende Emanzipation der Frauen im ausgehenden 19. Jahrhundert eher eine Nebenerscheinung des allgemeinen bürgerlichen Erstarkens und damit verbunden der idealen bürgerlichen Werte? In diesem Kontext sollen in der folgenden Arbeit drei wesentliche Punkte betrachtet werden
Zum einen soll die Stellung der Frau sowohl in rechtlicher als auch in gesellschaftlicher Hinsicht untersucht werden. Gerade hier scheint ein fundamentaler Widerspruch zwischen dem bürgerlichem Ideal des freien, emanzipierten Individuum, wie es in der französischen Revolution auch proklamiert wurde, und der sozial-gesellschaftlichen Praxis im Deutschland des 19. Jahrhunderts zu existieren.
Darauf aufbauend soll speziell auf die Rolle der Ehre eingegangen werden, welcher damals höchsten gesellschaftlichen Stellenwert genoss. Gerade die Ehre war der Frauen und insbesondere der bürgerlichen beinahe einziges Kapital. Ein Verlust brachte nicht nur gesellschaftliche Ächtung, sondern oftmals auch eine Bedrohung jeglicher Lebensgrundlagen mit sich.
Im dritten Teil soll der scheinbare Ausbruch aus dem System, verkörpert durch die bürgerliche Frauenbewegung ab 1848, skizziert werden. Es soll der Frage nachgegangen werden, ob es den Frauen wirklich um eine Gleichstellung und Gleichbehandlung nach bürgerlichem Ideal ging oder ob die Frauenbewegung des ausgehenden 19. Jahrhunderts nicht doch innerhalb der bereits existierenden gesellschaftlichen Struktur und damit in der klassischen Rollenverteilung zwischen Mann und Frau verblieb.
Betont sei an diese Stelle, dass der Fokus dieser Arbeit auf der Stellung der Bürgerlichen Frau und damit ebenso auf den Anfängen der bürgerlichen Frauenbewegung liegt. Die proletarische Frauenbewegung soll mit Rücksicht auf die hier verfolgte, spezielle Fragestellung weitgehend ausgeklammert bleiben. Um das umfassende Gebiet zu strukturieren, soll anhand der im folgenden vorgestellten Leitfragen das Thema bearbeitet werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ausgangsthese
- Die Rolle der Frau in der deutschen Bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts
- These der „separate spheres"
- Widerspruch zu den Idealen der Bürgerlichen Gesellschaft?
- Rechtliche Stellung der Frau
- Die Ehre der Frau
- Die Ehre als ihr größtes Kapital
- Verlust der Ehre am Beispiel des Ehebruchs
- Bürgerliche Frauenbewegungen
- Egalitäres Modell
- Organisierte Mütterlichkeit
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Stellung der bürgerlichen Frau in Deutschland im 19. Jahrhundert. Sie untersucht, inwiefern die Frauen in den gesellschaftlichen und rechtlichen Strukturen des Bürgertums eine Rolle spielten und ob sie an der Emanzipation teilhatten oder eher eine passive Rolle einnahmen.
- Die These der „separate spheres" und ihre Auswirkungen auf die Rolle der Frau
- Die Bedeutung der Ehre für die Frau und ihre Abhängigkeit vom Mann
- Die Entwicklung der bürgerlichen Frauenbewegung und ihre Forderungen nach Gleichberechtigung
- Die Rolle der Frau in der Familie und ihre gesellschaftliche und rechtliche Stellung
- Die Herausforderungen der bürgerlichen Gesellschaft und ihre Auswirkungen auf die Frauen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Ausgangsthese vor, dass die Frauen im 19. Jahrhundert eine wichtige Rolle bei der Herausbildung und Festigung der spezifisch deutschen bürgerlichen Gesellschaft spielten, obwohl sie nicht die bürgerlich-emanzipierten Ideale verfochten, wie dies in anderen europäischen Staaten der Fall war.
Kapitel 2 untersucht die Rolle der Frau in der deutschen bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Es wird die These der „separate spheres" vorgestellt, die eine strikte Trennung der Handlungsräume von Mann und Frau postuliert. Diese Trennung basierte auf einer Differenzierung der Geschlechter, die sich im 19. Jahrhundert herausbildete und die Frauen als passiv und emotional, die Männer als aktiv und rational darstellte.
Kapitel 3 befasst sich mit der Ehre der Frau, die im 19. Jahrhundert einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert genoss. Die Ehre der Frau war eng mit der des Mannes verbunden und hing von seinem Stand ab. Ein Verlust der Ehre konnte nicht nur gesellschaftliche Achtung, sondern auch die Lebensgrundlagen der Frau gefährden. Der Ehebruch galt als eine der empfindlichsten Ehrverletzungen für die Frau, während der Mann seine Ehre durch außereheliche Beziehungen nicht so stark beeinträchtigte.
Kapitel 4 beleuchtet die bürgerlichen Frauenbewegungen, die ab 1848 aufkamen. Die Frauenbewegung durchlief einen Wandel vom egalitären Modell, das freie und gleiche Chancen für alle Frauen forderte, hin zur organisierten Mütterlichkeit, die sich auf soziale Arbeit außerhalb der Familie konzentrierte. Die Frauenbewegung scheiterte letztendlich daran, die traditionelle soziale Rolle der Frau grundlegend zu verändern.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die bürgerliche Gesellschaft, die Stellung der Frau im 19. Jahrhundert, die „separate spheres", die Ehre der Frau, der Ehebruch, die bürgerliche Frauenbewegung, die organisierte Mütterlichkeit, die Emanzipation und die Gleichberechtigung. Der Text beleuchtet die Herausforderungen, die sich aus der geschlechterspezifischen Trennung der Handlungsräume und der rechtlichen Abhängigkeit der Frau vom Mann ergaben, und diskutiert die Rolle der Frauen bei der Herausbildung und Stabilisierung der deutschen bürgerlichen Gesellschaft.
- Arbeit zitieren
- Katja Beitat (Autor:in), 2002, Emanzipation oder Kapitulation? Bürgerliche Frauen in Deutschland im 19. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9486
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