Der Kubismus
Schule: Gymnasiale Oberstufe E-Mail: revellator@yahoo.com
Man muß hier nicht noch einmal erwähnen, daß der Kubismus, welcher früh in diesem Jahrhundert in Frankreich begann, eine wichtige Rolle in der Entwicklung moderner Kunst spielte. Diese neuartige Richtung, von Picasso und Braque ausgehend, zielte auf die Gründung einer neuen plastischen Ordnung, welche im kompletten Gegensatz zu der damals Existierenden stand und eine bedeutende Revolution in der visuellen Repräsentation von Kunst brachte. Kubismus hatte einen weitverbreiteten, bedeutenden Einfluß auf die Kunst, die ihm folgte, aber Kubismus tauchte natürlich auch nicht gerade aus dem Nichts auf. Im frühen 20.Jahrhundert war Europa in vielen Dingen an einem bedeutenden Wendepunkt, und gerade in der Kunst entstand eine neue Kunstrichtung nach der Anderen auf dem ganzen Kontinent, so zum Beispiel Fauvinismus in Frankreich, ein Vorgänger des Kubismus, oder Expressionisten wie ,,Die Brücke" oder ,,Der Blaue Reiter" in Deutschland, außerdem der Futurismus in Italien. Es ist unnötig zu sagen, daß sich dieser Geist der Neuerung stufenweise während der 2.Hälfte des 19.Jahrhunderts weiterentwickelte.
Es gibt verschiedene Meinungen über den Beginn des Kubismus, doch es ist am wahrscheinlichsten, das Jahr 1907 als Ausgangspunkt zu wählen. Es war in diesem Jahr, als der Dichter Apollinaire Picasso dem gleichaltrigen Braque vorstellte. Es ist bekannt, daß Picasso und Braque zu dieser Zeit enorm von Cezanne beeinflußt wurden.
Es muß wohl kaum erwähnt werden daß Cezanne damals im Mittelpunkt stand und solide eine geordnete und ausgewogene Welt der Kunst konstruierte. Er übertraf den visuellen Realismus der Impressionisten, ignorierte die traditionellen Rollen der Perspektive und nutzte sehr effektiv die sich selbst kontrollierende Funktion von Formen und Farben. Cezanne bemerkte, das die Natur mit Zylinder, Kugel und Kegel gehandhabt werden sollte. Picasso und Braque folgten seiner Führung, und gerade zu dieser Zeit hatten sie beide getrennt voneinander nach neuen plastischen Formen ihren Mitteln entsprechend gesucht. Nach dieser Entdeckung entwickelte sich der Kubismus rasend schnell. In diesem Jahr gab Cezanne auch eine retrospektive Ausstellung im Salon d´ Automne.
Es war das selbe Jahr in dem Picasso ,,Les Demoiselles d´Aviginion" im Atelier seiner Wohnung in Monmartre, dem ,,Bateau Lavoir", fertigstellte, kurz vor dem Treffen mit Braque. Dieses Werk war eine bedeutende Arbeit, welche die zukünftige Entwicklung des Kubismus vorzeichnete, und zusammen mit dem Einfluß von Cezanne erschien infolge dessen ein Vorschlag über afrikanische Negerskulpturen. Gaugin fand zuerst neuen Wert in dieser Primitivität, doch zu dieser zeit waren es nicht nur er und Picasso, die sich für Negerskulpturen interessierten; Fauvisten wie Matisse, Vlaminck und Derain hatten ebenfalls starke Interessen für Negerskulpturen und sammelten diese sogar. Nichtsdestoweniger unterschieden sich Picassos Interessen von denen der Anderen. Picasso nutzte die Negerskulpturen als einen Anhaltspunkt traditioneller anatomischer menschlicher Körperstruktur, und leitete daraus eine Form ab, die Elemente kombinierte, die man von vielen verschiedenen Gesichtspunkten heraus sehen konnte. Die Tradition hinter sich lassend, natürliche Objekte nur aus einem Blickwinkel heraus nach den Gesetzen der Perspektive darzustellen, eine Tradition, die seit der Renaissance bestanden hatte, und den Betrachtungspunkt des Objektes zu verschieben, zur gleichen Zeit das Objekt in verschiedene Fragmente aufteilen, diese von verschiedenen Blickwinkeln aus zu sehen und diese Fragmente später wieder zusammenzusetzen wurde einer der bedeutendsten Charakterzüge des Kubismus.
1908 begannen Braque in Estaque in Süd - Frankreich und Picasso in La Ruedes-Bois damit, eine räumliche Ordnung, wobei sie zurückhaltende Farben benutzten und natürliche Formen dabei reduzierten. Einige Leute betrachteten diese Arbeiten als Kubismus im Stil von Cezanne. Im gleichen Jahr hielt Braque eine Ein-Mann-Show in der Kahnweiler Galerie, und es wird behauptet, daß das Wort Kubus, das in einer Nachuntersuchung von Louis Vauxcelles benutzt wurde, der Original Wortstamm des Ausdrucks Kubismus sei. Von 1909 bis 1910 erweiterten Picasso und Braque die Vereinfachung des Objekts durch den Kubismus, welcher versuchte, die Realität eines Objektes ohne die Nutzung der traditionellen Gesetze von Perspektive und Schattierung zu schildern.
Das, was wir ,,Analytischen Kubismus" nennen könnten, erreichte seinen Höhepunkt um 1911;Objekte, die keine klaren Umrisse hatten, erschienen, und die Objekte sahen merklich anders aus als das, was sie in der Natur darstellten. Kubismus wurde farbig, als Apollinaire sagte, ,,nicht von visueller Realität, aber von der Realität der Vorstellung." Gerade deshalb wird behauptet, Kubismus wäre ideenreich und intellektuell, im Gegensatz zu den phänomenalistischen und sinnlichen Tendenzen seines Vorgängers, dem Fauvinismus. ,,Er (der Betrachter) ist erfreut von der intellektuellen und sinnlichen Anziehungskraft einer innerlich konsequenten Bildstruktur".(Edward Fry). Während man sich Picassos ,,Portrai of Vollard" (1909-1910)ansieht, könnte man tatsächlich sagen daß, wenn man ,,die sozialen und historischen Faktoren für einen Moment außer Acht lassen kann, ein Portrait von Renoir einem von Raphael ähnlicher sieht als ein kubistisches Portrait von Picasso."(Golding) Von Picasso und Braque in Schwung gebracht, schockte Kubismus gewaltig Kunstzirkel und sein Einfluß breitete sich sehr schnell danach weiter aus. Im Salon des Independants des Frühlings 1911, wurden Arbeiten von Gleizes, Metzinger, Legr, Andre Lhote, La Fresnaye, La Fauconnier, Delauney und Anderer wurden gesammelt und im 41. Zimmer ausgestellt. Dies wurde die größte Gruppenausstellung des Kubismus. Im gleichen Jahr stellten Gleizes, Leger, Metzinger, Lhote, Jacques Villon, Marc Duchamp, La Fresnaye, Le Fauconnier ihre Arbeiten im Salon d´ Automne noch einmal aus, wobei sie positive sowie negative Meinungen in hitzigen Debatten zu hören bekamen. Während Picasso und Braque nicht großartig im Salon of Paris vertreten waren, wurde der Ausdruck Kubismus in erster Linie mit der großartigen Ausstellung im Salon d` Automne und deren Künstler in Verbindung gebracht. Menschen wie Apollinaire spielten ein wichtige Rolle in der Ausbreitung des Kubismus und Gleizes und Metzingers Buch ,,Über den Kubismus" brache eine Menge von Einflüssen der theoretischen Stufe. Nichtsdestoweniger beanstandete dieses Buch, das kubistische Bilder nicht dekorativ und selbstkontrolliert sein müssen und diese Form des Kubismus der Ausdruck einer Idee sei. Auf der einen Seite gibt es beachtliche Unterschiede der Nuancen zwischen Braque und Picasso, sowie den anderen Künstlern untereinander, aber jeder von ihnen suchte auch seine eigene individuelle Methode nach einer neuen Ordnung in der plastischen Kunst.
Dabei wichen sie von traditionellen Sichtweisen ab und durch Überlappung von Zeichnungen sowie Stapelung und Teilung derer in Massive entstanden Mehrfachoberflächenfragmente.
Desweiteren begannen Picasso und Braque um 1912 eine neue Phase zu beginnen. Die extrem unterdrückten Farben begannen ihren Reiz wiederzugewinnen, und die Gestalt der Objekte wurde etwas leichter verständlich.
Braque malte das Getreidefeld im Tropen-Öl-Stil, und beide, Braque als auch Picasso, hatten ihren Anteil bei Experimenten mit Papierschnipseln, welche in der Geschichte bereits auf Segeltücher gedruckt wurden.
Folglich waren Picasso und Braque beim Synthetischen Kubismus angelangt. Die Erfindung der Papierschnipsel schien in der Ordnung des Kubismus einen neuen Sinn eingeleitet zu haben. Aber die Collage, entwickelt von Papierschnipseln machte die Schaffung von mehreren konkreten Inhalten auf der Oberfläche der Segeltücher notwendig, und öffnete einen völlig neuen Kunstzweig. Es ist zwecklos zu sagen, daß das ,,tableau-object" oder ,,das Bild als Objekt" eine Abkehr vom traditionellen Konzept des Raumes im Bild bedeutet. Und es ist ebenfalls allgemein bekannt, daß Collagen, wie die im Dada und Surrealismus, einen allgemeinen Bezug zur zeitgenössischen Kunst besaßen.
Entsprechend dem Wechsel von Braques und Picassos Kubismus zum Synthetischen Kubismus, begannen verschiedene andere Prozesse im sich schnell entwickelnden Kubismus zu entstehen. Die Ausstellung einer Gruppe von Kubisten erschien im Salon des Independants 1912, und die section d´ or Ausstellung in der Boetie Galerie, die im Oktober des selben Jahres stattfand wurde als eine andere wichtige Ausstellung betrachtet. Diese Ausstellung wurde mit Jacques Villon als zentrale Figur und seinem Bruder Ducham, durchgeführt.
Villon und Marcel Duchamp, Gleizes, Metzinger, Picabia, Lhote, La Fresnaye, Leger, Marcoussis und Gris nahmen auch daran Teil. Appolinaire hielt einen Vortrag zu dieser Ausstellung welche später in sein Buch ,,Kubistische Maler" aufgenommen wurde, welches dann im darauf folgenden Jahr veröffentlicht wurde. Mit Rückblick auf diese Ausstellung wurde später gesagt, daß" die Unterschiede zwischen Metzinger und Picasso deutlicher seien als jene, die Renoir und Cezanne trennen, überdies die Unterschiede zwischen Fernard Leger und Marcel Duchamp, Picabia und La Fresnaye oder die zwischen A. Gleizes und Juan Gris noch sichtbarer seien".( Maurice Raynal). Dies wurde als Beweis einer Differenzierung der Individualitäten der einzelnen Künstler aufgefaßt. Dieser Fakt kann ebenfalls als ein Aufbruch in eine neue Richtung derjenigen betrachtete werden, die fühlten, daß der Synthetische Kubismus eine Art Rückfall dessen war, was sie versuchten, wiederzubeleben.
Juan Gris, der als der Prototyp eines Kubisten angesehen wurde und im folgenden von Picasso und Braque übernommen wurde, entwickelte sehr früh einen einzigartig dichten kubistischen Stil. Gris bewahrte die Originalform eines sehr viel genauer variiert, entwickelte komplexe Pläne und fügte feine Anteile von section d´or in seine Kompositionen mit ein. Fernard Leger studierte Cezanne von einem anderen Blickwinkel als Picasso und Braque und versuchte, modernen Rhythmus und Mechanik mit einem fundamentalen Benutzen von zylindrischen Formen auszudrücken, verstärkt durch den Kontrast von geraden und gekrümmten Linien: dies deutet ebenfalls auf einen mechanischen Kubismus hin. Robert Delaunay kam bei seiner Serie von gebrochenen Arbeiten ebenfalls mit Kubismus in Berührung. Er suchte nach einem brillianten Umgang mit Licht und Farbe, und setzte sich damit in die Nichtfigurative Richtung des ,,Orphismus" von Apollinaire 1913, in Bewegung. Während Braque und Picasso weiterhin eine statische Welt betrachteten, zielten Duchamp und La Fresnaye auf das Ausdrücken der täglichen Dynamiken in der Natur, jedoch konnte das Verfolgen von Dynamiken, die die Maschienenzivilisation reflektierten, ebenfalls im Italienischen Futurismus erkannt werden.
,,Zwischen 1913 und 1914 hatten sich so viele Künstler dem Kubismus zugewendet, daß dieser zeitweise die Universalsprache der avant-garde Maler wurde"(Fry). Es ist ebenfalls klar, daß der Kubismus einen weitverbreiteten, enormen Einfluß ausübte als er in verschiedenen Gebieten Europas und New York eingeführt wurde und diesen Einfluß ebenfalls auf Paul Klee als Vertreter des Blauen Reiters, Severing aus dem Fauvinismus, Malevitch aus dem Suprematismus und auf eine Periode von Chagall´s Arbeiten ausübte.
Ursprünglich entstand Kubismus aus den Problemen der zweidimensionalen Welt der Malerei, und er beeinflußte ebenfalls die Skulpturen von Archipenko, Lipchitz, Laurens, Zadkine und Anderer. Doch in der Skulptur, eigentlich eine konkrete dreidimensionale Form, brachte der Kubismus nicht die neuen Gedanken wie in der Malerei, jedoch hatte er wichtigen Anteil als Vorgänger Nicht-Naturalistischer Skulpturen.
Mit solch einer breiten Streuung im Kubismus ist es sehr viel schwerer zu entscheiden, wie wir den Ausdruck Kubismus erklären können, als über seinen Ursprungspunkt nachzudenken. John Golding, allbekannt als Autor des Buches ,,Kubismus", stoppte seine Geschichte und Analyse des Kubismus 1914, als der 1.Weltkrieg begann.
Nur Picasso und Gris wurden nicht eingezogen, doch Braque und viele andere Künstler antworteten dem Einberufungsbefehl und wurden an die Front geschickt. Die kubistische Bewegung mußte sich einiger großer Veränderungen unterziehen. Danach kreierte Picasso solch passende Werke des Synthetischen Kubismus wie ,,Die Drei Musiker"(1921). Braque, Leger und Gris entwickelten in ihrer Stufe individuell den reifenden Synthetischen Kubismus. Ozenfant und Jeanneret (Le Corbusier) veröffentlichten ,,Nach dem Kubismus"(1918) und befürworteten einen theoretischen und funktionellen Purismus als neu entwickelte Form des Kubismus, um der Struktur folgend eine reine Ordnung zu geben. Wenn wir folglich den Kubismus für einen ausgedehnten Hauptausdruck halten, müssen wir ihn als eine weitreichende Kunstbewegung betrachten, welche von 1907 bis Mitte der 20er Jahre anhielt. Hier können wir verschiedene Entwicklungen sehen, welche sich etwas voneinander unterscheiden, aber generell können wir sagen, daß es eine Abweichung vom traditionellen, visuellen Realismus und eine autonome Gründung der Malerei basierend auf neuen Prinzipien der Form war. Braques Ausspruch ,,Der Sinn deformiert und der Geist formt" drücken dies deutlich aus. Zur gleichen Zeit ist Kubismus auch eine neue Form des Realismus vom Standpunkt des Versuches der Realität inmitten des Geistes, und sein Unterschied zur abstrakten Kunst liegt genau in diesem Punkt. Weiterhin hat Kubismus ein sehr viel näheres Verhältnis zu zeitgenössischer Kunst durch die Collage, die von Papierschnipseln ausging.
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- Anonymous,, 1999, Der Kubismus. Ein Überblick über die Grundpfeiler einer Stilrichtung der Kunstgeschichte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94867
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