Der Hautplatz in der österreichischen Stadt Graz gilt als der zentralste Platz der Grazer Innenstadt. Der gesamte Platz befindet sich innerhalb einer Fußgängerzone und gilt als Knotenpunkt des öffentlichen Nahverkehrs der Stadt. Vor allem für Touristen hat der Platz viel zu bieten, doch auch von den Grazern wird ihm in diversen Aspekten eine hohe Relevanz zugesprochen.
In der vorliegenden Arbeit wird näher auf Dynamiken des Platzes eingegangen. Außerdem wird anhand der Theorie des "Sense of Place" analysiert, wie Besucher den Platz wahrnehmen und welche Verbindungen Individuen auf psychologischer Ebene mit dem Platz aufzeigen.
Aus all diesen Erhebungstechniken ergibt sich die folgende Fragestellung, die den Leitfaden dieser Hausarbeit bilden soll und anhand verschiedener Methoden bearbeitet und beantwortet wird: Durch welche Funktionen, Angebote und Nutzungsformen gilt der Hauptplatz als Anker der Grazer Innenstadt und wie wird die außerordentliche Lebendigkeit des Platzes von Besuchern wahrgenommen?
Mit einer funktionalen Karte des Platzes und einer Nutzungskartierung der umliegenden Straßen wird zudem veranschaulicht, welche relevanten Funktionen der Platz innerhalb des Stadtzentrums und für die Infrastruktur der Stadt Graz übernimmt und welche Formen von Angebot und Nachfrage vorzufinden sind. Des Weiteren werden sowohl qualitative als auch quantitative Interviews mit Passanten nähere Einblicke liefern, wie der Platz individuell wahrgenommen wird und welche Erinnerungen und Emotionen er auf verschiedene Weise hervorrufen kann.
Inhalt
I Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theorie des „Sense of Place“
3. Methodisches Vorgehen
3.1 Beobachten
3.2 Quantitative Interviews
3.3 Qualitative Interviews
3.4 Kartierung und Fotodokumentation
4. Der Hauptplatz Graz als Zentrum der Stadt – früher wie heute
4.1 Verortung und Beschreibung des Platzes in der Stadt Graz
4.2 Geschichte des Hauptplatzes
4.3 Besucher
4.4 Nutzung und Funktionen des Hauptplatzes
4.5 Wahrnehmung des Platzes
5. Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit
II Quellenverzeichnis
6. Anhang
6.1 Strukturelle Beobachtung
6.2 Kartierungsliste
6.3 Fotodokumentation
6.4 Qualitatives Interview
6.5 Ausgefüllte Fragebögen
I Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Veranschaulichung der Einflüsse des Ortsbewusstseins
Abbildung 2: Funktionale Karte des Hauptplatzes Graz (eigene Darstellung)
Abbildung 3: Grazer Rathaus, vor dem Eingang aufgebaute temporäre Sandskulpturausstellung (eigene Aufnahme)
Abbildung 4: Erzherzog-Johann-Brunnen, Figur "Enns" (eigene Aufnahme)
Abbildung 5: Datenerhebung zu der Frage, woher Passanten den Hauptplatz kennen (eigene Darstellung)
Abbildung 6: Der Hauptplatz als offene Bühne für viele Musiker (eigene Aufnahme)
Abbildung 7: Nutzungskartierung umliegender Straßen (eigene Darstellung)
Abbildung 8: Mittagessen am Standl „is doch wurscht“ (eigene Aufnahme)
Abbildung 9: Auswertung der verschiedenen Empfindungen zum Hauptplatz (eigene Darstellung)
Abbildung 10: Erinnerung zur Abstandseinhaltung vor dem Rathaus (eigene Aufnahme)
Abbildung 11: Notwendigkeit des Platzes und allgemeines Wohlbefinden, das mit diesem verbunden wird (eigene Darstellung).
1. Einleitung
Der Hautplatz in der österreichischen Stadt Graz gilt als der zentralste Platz der Grazer Innenstadt. Der gesamte Platz befindet sich innerhalb einer Fußgängerzone und gilt als Knotenpunkt des öffentlichen Naheverkehrs der Stadt. Vor allem für Touristen hat der Platz viel zu bieten, doch auch von den Grazern wird ihm in diversen Aspekten eine hohe Relevanz zugesprochen.
In der vorliegenden Arbeit wird näher auf Dynamiken des Platzes eingegangen. Außerdem wird anhand der Theorie des „Sense of Place“ analysiert, wie Besucher den Platz wahrnehmen und welche Verbindungen Individuen auf psychologischer Ebene mit dem Platz aufzeigen. Mit einer funktionalen Karte des Platzes und einer Nutzungskartierung der umliegenden Straßen wird zudem veranschaulicht, welche relevanten Funktionen der Platz innerhalb des Stadtzentrums und für die Infrastruktur der Stadt Graz übernimmt und welche Formen von Angebot und Nachfrage vorzufinden sind. Des Weiteren werden sowohl qualitative als auch quantitative Interviews mit Passanten nähere Einblicke liefern, wie der Platz individuell wahrgenommen wird und welche Erinnerungen und Emotionen er auf verschiedene Weise hervorrufen kann.
Aus all diesen Erhebungstechniken ergibt sich die folgende Fragestellung, die den Leitfaden dieser Hausarbeit bilden soll und anhand verschiedener Methoden bearbeitet und beantwortet wird:
Durch welche Funktionen, Angebote und Nutzungsformen gilt der Hauptplatz als Anker der Grazer Innenstadt und wie wird die außerordentliche Lebendigkeit des Platzes von Besuchern wahrgenommen?
2. Theorie des „Sense of Place“
Bei der Theorie des „Sense of Place“ handelt es sich um eine Art der emotionalen Bindung an verschiedene Plätze. Hierbei geht es im Näheren darum, was für ein Ortsbewusstsein beziehungsweise was für eine Raumwahrnehmung Individuen in einem bestimmten Platz aufweisen. Da es einige Faktoren gibt, die diese Wahrnehmung beeinflussen, ist es wichtig, diese verständlich und nachvollziehbar darzustellen. Hierfür hat Norsidah Ujang, Professor für Stadtdesign an der Putra Universität in Malaysia, im Jahr 2012 in seinem Paper „Place Attachment and Continuity of Urban Place Identity“ eine Grafik veröffentlicht, die einen Überblick über alle Einflussfaktoren liefert (siehe Abbildung 1). Als erste Hauptkomponenten, die den Sense of Place definieren, nennt er die physikalischen Elemente. Zu diesen zählt er als Charakteristikum die Zugänglichkeit und Anbindung eines Ortes, die vor allem durch seine Lage und Ausstattung beeinflusst werden sowie die Nachvollziehbarkeit oder hier auch Lesbarkeit der verschiedenen Schilder, Flächen, Bauten und Einkaufsmöglichkeiten. Auch der Ausblick und die Landschaft spielen hierbei eine wichtige Rolle und allgemein, wie gut oder schlecht man sich zu Recht findet und orientieren kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Veranschaulichung der Einflüsse des Ortsbewusstseins (verändert nach Ujang 2012: 159).
Die nächste Komponente bezeichnet die Aktivität eines Platzes. Hierbei geht es zum einen um die Vitalität oder genauer, wie lebendig ein Platz ist, welche Straßenaktivitäten vorzufinden sind und ob beziehungsweise wie viele Leute Entertainment, das geboten wird auch tatsächlich anschauen und wertschätzen. Denn hier zeigt sich vor allem, ob der Platz bewusst wahrgenommen und genossen wird oder ob er lediglich als Durchgang gilt. Des Weiteren fällt unter den Punkt der Aktivität die Vielfalt der gebotenen Möglichkeiten an einem bestimmten Ort. Diese wird gespeist durch ein Angebot an verschiedenen Produkten und Dienstleistungen aber auch durch Kulinarik, Entertainment rund um die Uhr, Kosten und auch die Vielfalt der anzutreffenden Personen. Nicht zu unterschätzen sind außerdem Transaktionen, die durch Banken, Kommunikationszentren und Straßenverkäufer vollzogen werden.
Das Image eines Ortes gilt als dritte und somit letzte Komponente, durch die das Ortsbewusstsein maßgeblich beeinflusst wird. Allgemein geht es bei einem Image um das Ansehen, den Ruf und die Beliebtheit einer Sache. Einfluss darauf nehmen zum einen Besonderheiten eines bestimmten Platzes. Zu diesen können gewisse Unterscheidungsmerkmale, Einzigartigkeiten und eben andere Dinge gehören, die nur an diesem einen Ort vorzufinden sind. Eben solche, die es lohnenswert machen, genau dorthin zu kommen. Auch die Bestimmung des Komforts durch Sitzgelegenheiten und Vorrichtungen, die den Platz bequem werden lassen spielen beim Image eine wichtige Rolle. Zuletzt ist natürlich das Thema Sicherheit nicht zu vernachlässigen. Fühlen die Besucher eines Ortes sich sicher, so wertet dieses Gefühl auch das gesamte Image auf. Jedoch kann es durch eine zu starke Überwachung auch einengend und befremdlich wirken.
Schaut man sich all diese Faktoren an, so fällt auf, dass der Sense of Place sehr stark variieren kann und je nach individuellen Erfahrungen am gleichen Platz ganz unterschiedlich ausgelegt wird. Daraus ergibt sich eine Welt aus Bedeutungen und Erfahrungen (Cresswell 2004: 13). Ein Platz gilt genau deshalb nicht als ein bebauter funktionaler Ort, sondern kann tiefste Emotionen hervorrufen, sobald er mit bestimmten psychischen Aspekten verbunden wird.
3. Methodisches Vorgehen
3.1. Beobachten
Um eine Feldanalyse durchzuführen, muss an erster Stelle der zu erforschende Gegenstand beobachtet werden. Dies stellt bereits seit Jahrhunderten eine der Kernkompetenzen von Geographen dar. Durch das Beobachten wird die Umgebung erst richtig wahrgenommen und aus verschiedenen Perspektiven verzeichnet. Bereits im 19. Jahrhundert schrieb der Geologe Ferdinand Freiherr von Richthofen darüber, „dass alles sofort und genau schriftlich niedergelegt werden muss“ (Von Richthofen 1886: 31). Für eine detaillierte Feldforschung ist es somit unumgänglich, ein Feldtagebuch zur Hand zu haben. Das Führen eines solchen Tagebuchs soll außerdem zum kritischen Hinterfragen des Erlebten anregen (Girtler 2009). Es soll nicht nur das, was gesehen wird analysiert werden, sondern auch auf tiefere Ebenen, wie Emotionen, zwischenmenschliche Aktionen und weitere Besonderheiten des Forschungsgegenstandes eingegangen werden. Ganz nach Sojas Theorie des „Thirdspace“ soll ein Raum eben auch als Ort der sozialen Prozesse und Interaktionen verstanden werden (Soja 1996: 48) und in der Ausarbeitung der Feldanalyse soll der untersuchte Raum somit nicht nur auf einer rein beschreibenden Ebene dargestellt werden, auf der beispielsweise nur kartiert wird. Durch genaues Beobachten, Zuhören und aktives Erleben sollen auch tiefere Ebenen erfasst werden und somit auch soziale Dynamiken, die einen bestimmten Ort ausmachen beobachtet und im weiteren Schritt analysiert werden. Auf der einen Seite formt zwar ein Raum gewisse soziale Interaktionen, doch wechselseitig wird der Raum auch durch gesellschaftliche Prozesse geformt (Soja 2008: 256). Mit diesem Hintergedanken soll stets bis aufs kleinste Detail und in unterschiedlich gewählten Maßstäben beobachtet werden.
3.2 Quantitative Interviews
Diese erste Art der Befragung wird dafür genutzt, um zum Beispiel Vorlieben oder Trends einer Masse kenntlich zu machen. Anhand eines vorgefertigten Fragebogens werden zufällig ausgewählte Passanten über verschiedene Themen bezüglich des Platzes befragt. Hierzu gehören beispielsweise Informationen über das Alter der Befragten oder wie sie sich grundsätzlich auf dem Platz fühlen und ob sie sich gerne dort aufhalten. Durch die Erhebung dieser Daten können verschiedene Schlüsse über Zusammenspiele diverser Faktoren gezogen werden. Bei der hier gewählten Methode handelt es sich um ein analytisches Interview, das dem Zwecke der Ermittlung dient (Lamnek 2010: 305). Mit vorgefertigten Antwortmöglichkeiten auf dem Fragebogen ist diese Art der Datenerhebung eher funktional und liefert den Befragten nur ein gewisses Spektrum an Antwortmöglichkeiten.
3.3 Qualitative Interviews
Im Gegensatz zur quantitativen Datenerhebung fällt das qualitative Interview weitaus persönlicher und offener aus. Zwar gibt es auch Leitfragen, die dem Interviewten dabei helfen sollen, in einen Redefluss zu gelangen, jedoch können die Antworten sehr ausschweifend ausfallen. Bei dieser Art der Befragung geht es weniger um die Verallgemeinerung gewisser Wesenszüge einer Masse, sondern viel mehr um den persönlichen Zugang zu einem Individuum, das über seine eigens gemachten Erfahrungen auf dem Platz berichtet. Diese Art des Interviews gilt als nicht-standardisiert, da man weder die Reihenfolge der Fragestellung, noch die Fragen selbst komplett vorgefertigt abarbeiten kann (Lamnek 2010: 316). Ist der Gesprächspartner erst in seinem Redefluss, muss flexibel auf das Gesagte eingegangen werden, um das Gespräch nicht plötzlich enden zu lassen, somit müssen die Fragen stets in einer eher offen Art und Weise gestellt werden. Ein solches Interview gilt als sehr persönlich und intim, weshalb respektvoll mit den Inhalten umzugehen ist.
3.4 Kartierung und Fotodokumentation
Die Visualisierung eines Platzes auf einer Karte stellt in der geographischen Empirie einen unumgänglichen Arbeitsschritt zur Erfassung des Raumes dar. „Hierbei werden die Verteilung der räumlichen Erscheinungen und die Abläufe von Prozessen im Raum festgestellt und visualisiert“ (Ernst Klett Verlag Leipzig 2009). Für die Kartierung sind mehrere methodische Schritte abzuarbeiten. Der Kartierungsraum muss in erster Linie definiert werden. Im nächsten Schritt muss dieser begangen werden. Währenddessen ist sowohl eine grobe Skizze als auch eine Liste zu erstellen, auf der alle Elemente, die für die generalisierte Karte als relevant gelten, eingetragen werden (Ernst Klett Verlag Leipzig 2009). Es werden zwei unterschiedliche Formen geboten. Zum ersten wird der Platz selber anhand einer funktionalen Karte dargestellt. Auf dieser sind lediglich Objekte und deren Verteilung auf dem Platz eingezeichnet. Wie der Name schon sagt bezieht sich diese Karte auf rein funktionale Aspekte von Elementen, die sich auf dem Platz befinden wie beispielsweise Sitzgelegenheiten. Somit bietet sie einen guten Überblick.
Bei der zweiten Art handelt es sich um eine sogenannte Nutzungskartierung. Hierzu wird die Gebäudenutzung mehrerer umliegender Straßen, die circa eine Gesamtlänge von 800m aufweisen, kartiert. Als Vorarbeit zur Kartenerstellung muss eine Kartierungsliste angefertigt werden, in der genaue Informationen zur Gebäudenutzung eingetragen werden. Durch diese Visualisierung wird deutlich, welche Relevanz im Zusammenhang mit dem Umliegenden einem bestimmten Platz zuzuschreiben ist. Ziel dieser Karte ist es somit, „den Ist-Zustand der wirtschaftsräumlichen Struktur [zu] verdeutlich[en]“ (Ernst Klett Verlag Leipzig 2009).
Die Fotodokumentation eignet sich dazu, Momentaufnahmen des Forschungsgegenstandes abzubilden und diesen somit greifbarer darzustellen. „[…] Studien belegen, dass Bilder eine stimulierende und verifizierende Funktion ausüben […]“ (Eichhorn, C., E. Nagel 2009: 207-216). Um Geschehnisse des Platzes zu belegen, sind Bilder demnach ein sehr gutes Instrument. Nach C. Eichhorn und E. Nagel gibt es einige Schritte, um eine erfolgreiche Fotodokumentation durchzuführen. Als erstes soll eine Fragestellung und das Thema der Dokumentation festgelegt werden. Des Weiteren soll auf die „SHOWeD-Fragen“ (Eichhorn, C., E. Nagel 2009: 207-216) eingegangen werden. Bei diesen geht es im Wesentlichen darum, was auf den Fotos zu sehen ist, was passiert, welcher Bezug zum eigenen Leben besteht, warum ein dargestelltes Problem/Diskurs existiert und was dagegen getan werden kann. Damit wird ein kritischer Diskurs bezüglich der Fragestellung produziert (Eichhorn, C., E. Nagel 2009: 207-216). Bei der Fotodokumentation ist wie bei dem Interview wichtig, abgebildete Personen respektvoll zu behandeln und keine Passanten zu fotografieren, die damit nicht einverstanden sind. Die Fotodokumentation in dieser Hausarbeit wird die drei folgenden Fragestellungen behandeln:
1. Wie wird Musik auf dem Hauptplatz wiedergegeben und wahrgenommen?
2. An welchen Stellen des Platzes wird zur Mittagszeit (zwischen 12 und 13 Uhr) gegessen?
3. Inwieweit äußert sich die durch Covid-19 hervorgerufene Ausnahmesituation auf dem Hautplatz?
4. Der Hauptplatz Graz als Zentrum der Stadt – früher wie heute
4.1 Verortung und Beschreibung des Platzes in der Stadt Graz
Die Stadt Graz ist die Hauptstadt der Steiermark und liegt im Südosten Österreichs. Der Hautplatz liegt inmitten der Grazer Altstadt. Er stellt zudem den Mittelpunkt der Fußgängerzone dar. Somit dürfen hier seit den 1970er Jahren keine Autos mehr fahren. Der Platz ist dementsprechend zugänglich für Passanten, Fahrradfahrer und für die Tram. Nördlich des Platzes befindet sich der Schlossberg mit dem Uhrturm, der als Touristenattraktion gilt, westlich des Platzes ist die Mur fußläufig innerhalb weniger Minuten zu erreichen. Der Platz ist durch ein großes Shoppingangebot und viele Restaurants und Bars sehr belebt. Auch der Tram Verkehr sorgt dafür, dass hier ein großes Menschenaufkommen zu beobachten ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Funktionale Karte des Hauptplatzes Graz (eigene Darstellung, 2020).
Wie auf der funktionalen Karte (Abbildung 2) des Platzes zu sehen ist, weist er eine trapezförmige Anordnung auf und ist Richtung Nordwesten spitz zulaufend. Im Süden des Platzes befindet sich das ansehnliche Rathaus. Dieses wurde 1888-1893 das dritte Mal ausgebaut und zeichnet sich durch seine spätgotische Fassade aus. Allgemein sind die Fassaden der Gebäude, die den Hauptplatz umrahmen spätgotisch, barock und biedermeierlich gestaltet und bilden ein stimmiges Bild, wodurch der Platz sehr harmonisch wirkt (Stadt Graz 2020). Die Gebäude gelten meist dem Wohnzweck, wobei die Erdgeschossräume von Geschäften und Restaurants genutzt werden. Lebt man in einer Wohnung am Hauptplatz befindet man sich somit mitten im Geschehen der Stadt wieder. Aus diesem Grund sind Wohnungen in dieser Lage auch sehr beliebt, jedoch gibt es die Debatte über Leerstand in der Innenstadt. Hierbei geht es darum, dass das Image der historischen Altstadt modernere Läden abschreckt und durch das Altstadthaltungsgesetz das Ansiedeln erschwert. Um dagegen vorzugehen wird von der Wirtschaftskammer ein Bürokratieabbau gefordert. Am Hauptplatz selber gibt es jedoch lediglich einen Leerstand zu verzeichnen.
Auf dem Platz selber finden sich, wie auch auf der Karte eingezeichnet, viele verschiedene Imbissbuden. Diese werden im Österreichischen umgangssprachlich Standl genannt (Stadt Graz 2020). Hier kann allerlei Essen, Snacks und Getränke erworben werden. Dies erinnert an mittelalterliche Märkte und sorgt für ein ganz besonderes Ambiente auf dem Platz. Des Weiteren gilt der Erzherzog-Johann-Brunnen, der mitten auf dem Platz erbaut wurde, als ein beliebter Sitzplatz, um das Treiben zu beobachten oder sein Mittagessen zu genießen.
Direkt vor dem Rathaus befindet sich zum Zeitpunkt der Datenerhebung eine temporäre Kunstausstellung (Abbildung 3). Hier werden vier verschiedene Sandskulpturen ausgestellt, die über mehrere Tage von lokalen Künstlern angefertigt wurden. „Durchgeführt wird das sandige Schauspiel von der Initiative „Summer in the City“ der Stadt Graz in Zusammenarbeit mit Graz Tourismusverband und Giuseppe Perna von der iVENTS Kulturagentur“ (ORF 2020). Hierdurch wird eine sehr künstlerische Seite des Hautplatzes deutlich und zeigt, welche kulturelle Vielfalt hier am Leben erhalten werden soll.
Viele der kleinen Gassen laufen vom Hautplatz in umliegende Gebiete aus. Der Platz gilt somit als Mittelpunkt der wichtigsten Straßen und Gassen, die alle in ihm münden. Aus diesem Grund halten auch die meisten Tram Linien an der Haltestelle Hauptplatz. Um das Tram Angebot hier noch attraktiver zu arrangieren gibt es seit 2011 eine Aktion, mit der ermöglicht wird, dass innerhalb der Altstadt bestimmte Routen gratis gefahren werden können (Holding Graz 2020). Die Stadt versucht in vielen Bereichen ökologisch fortschrittlich zu handeln, was sich außerdem darin zeigt, dass der Hauptplatz als autofreie Zone gilt, worunter die Luftqualität an diesem Ort spürbar profitiert. Weitere Funktionen und Nutzungen des Hauptplatzes werden in Punkt 4.5 noch näher behandelt.
4.2 Geschichte des Hauptplatzes
Der Hautplatz Graz gilt bereits seit dem 12. Jahrhundert als Dreh- und Angelpunkt der Grazer Innenstadt. Im Jahr 1160 wurde er durch Herzog Ottkar III. planmäßig angelegt und war damals noch größer als heute. Das erste Rathaus wurde 1550 erbaut. Im Zuge des Baus wurde der Platz verkleinert. Die wichtigsten Straßen der Stadt, zu denen die Schmiedgasse, die Herrengasse, die Sackstraße, die Murgasse und die Sporgasse gehören, laufen vom Platz aus stadtaufwärts. Der Platz galt seit seiner Existenz als ein großer Markt- und Handelsplatz.
Auch Entertainment fand hier schon immer seinen Raum. So wurde bis zum Ende des 18. Jahrhunderts ein kleiner Käfig für Verbrecher inmitten des Platzes aufgestellt, um diese als Bestrafung zur Schau zu stellen.
Ein Umbau des Rathauses erfolgte im Jahr 1806, in dessen Zuge es auch vergrößert wurde. Ein weiteres Mal ausgebaut wurde es dann von 1888-1893 und ist bis heute in dieser Form erhalten geblieben. Neben dem Rathaus befindet sich auf dem Hauptplatz außerdem der Erzherzog-Johann-Brunnen. Dieser wurde mitten auf dem Platz gebaut. Wie auf Abbildung 3 zu sehen ist, befinden sich an allen vier Ecken des Brunnens verschiedene weibliche Skulpturen. Die allegorischen Frauen verkörpern die vier Hauptflüsse der ehemaligen Steiermark (Stadt Graz 2020). Zu diesen zählen die Enns (Abbildung 4), die Mur, die Drau und die Sann.
Der Hauptplatz wurde im Zuge des Zweiten Weltkrieges wie viele andere Plätze in Deutschland und Österreich in “Adolf-Hitler-Platz“ umbenannt. Im Jahre 1945 wurde dies jedoch wieder annulliert und der Platz erhielt seinen ursprünglichen Namen zurück (Stadt Graz 2020).
Die Funktionen des Platzes als Zentrum für den Markt und Handel sowie Kultur und Musik und auch politische Zwecke waren schon damals festzustellen und sind auch zur heutigen Zeit immer noch existent.
4.3 Besucher
Die Besucher auf dem Hautplatz sind bunt durchmischt. Aus eigenen Beobachtungen ist festzustellen, dass der Platz auf jeden Fall über den ganzen Tag, bis in die Nacht, sehr gut besucht ist. Der Platz gilt in der Stadt neben dem Jakominiplatz als der am besten besuchte und auch fast alle Tramlinien fahren über die Haltestelle „Hauptplatz“. Nach längeren Beobachtungen wird deutlich, dass es keine dominierende Altersgruppe an diesem Ort gibt. Von Jung bis Alt ist alles vertreten und die Leute kommen zu ganz unterschiedlichen Zwecken an diesen Platz.
Daraus ergab sich die Fragestellung, woher Passanten den Hauptplatz überhaupt kennen und ob sich hieraus eine bestimmte Gruppierung der Besucher und Nutzer des Platzes schließen lässt.
Wie aus den Ergebnissen der Datenerhebung in Abbildung 4 hervorgeht, lässt sich keine spezielle Gruppe ausfindig machen, die beschreibt, woher der Hauptplatz seine Bekanntheit erlangt. Als Mittelpunkt der Stadt ist die Verteilung zwischen den Ursprüngen, woher Passanten den Platz kennen, relativ gleichmäßig zu beobachten. Die beiden größten Gruppen innerhalb der Erhebung belaufen sich einmal auf Leute, die direkt am Platz arbeiten und ebenso mit einem Wert von 30% auf touristische Gruppen. Dies geht auch aus dem Interview mit dem Grazer Friedel hervor. “[…] die größte [Nutzer]gruppe sind garantiert Touristen auf jeden Fall und danach Leute aus Graz, die sich entspannen wollen, die noch ein bissl feiern wollen oder sonst was Gleiches beispielsweise. Das wäre die zweitgrößte. Und dann die Leute, die hier halt arbeiten…“ (Interview Nr.1, Focking 2020: 20).
Der Hauptplatz gilt demnach als absoluter Touristenhotspot. Teilweise besuchen Touristen den Platz selber, sie kommen hier her, um ihren Shoppingtrip zu starten, sich für eine Sightseeing Tour zu treffen oder an einem der typischen Standl etwas zum Mittagessen zu kaufen. Mit den zentralen Tram-Haltestellen (siehe Abbildung 2) ist seine Funktion als Durchgang jedoch auch nicht zu unterschätzen. Der hohe Anteil an Leuten, die hier arbeiten, ergibt sich daraus, dass es am Hauptplatz und in seinen Seitenstraßen sehr viele Geschäfte, Restaurants und andere weitere Beschäftigungen gibt, zu denen Arbeiter täglich über den Platz gelangen.
Als Wohnort ist der Platz mit seiner zentralen Lage sehr gefragt. Einige der Grazer beschwerten sich in persönlichen Gesprächen zwar über die hohen Mietpreise, jedoch sind diese an einem solch populären Platz nicht vermeidbar. Da Anwohner selber den Platz weniger zum Verweilen nutzen als Leute wie Touristen, die selten zu diesem Ort kommen, sind von tatsächlichen Anwohnern die wenigsten Besucher zu verzeichnen.
Der bekannte Spruch „Kleider machen Leute“ findet auf dem Hauptplatz definitiv Anwendung. Tatsächlich ist die Mischung aus Kleidungsstilen sehr interessant und spiegelt auch die politischen Richtungen der Besucher teilweise wieder. So finden sich sowohl sehr schick und teuer gekleidete Leute, wie auch jüngere studentische Personen, die eher einer Art Hippie-Stil folgen. Mit den politischen Richtungen ist gemeint, dass „hier eine sehr sehr stark kommunistische Partei in Graz [regiert] [sowie] schwarz/blau, also von Mitte rechts bis ganz rechts“ (Interview Nr.1, Focking 2020: 52), woraus eine Heterogenität in der Bevölkerung hervorgeht, die sich in den Besuchern und deren Kleidungsstilen auf dem Hauptplatz wiederspiegelt.
4.4 Nutzung und Funktionen des Hauptplatzes
Als „Anker in der Stadt“ (Interview Nr.1, Focking 2020: 42) , weist der Hautplatz verschiedenste Funktionen und Angebote auf, um für die breite Masse möglichst attraktiv zu wirken.
So sind auch die Angebote, die sich hier finden sehr breit gefächert. Vor dem Rathaus wurde der Platz sehr leer gehalten und bietet somit viele Möglichkeiten, verschiedenste Aktionen auf dieser Fläche umzusetzen. Beispielweise gibt es eine Go-Cart-Strecke, die auf dem Hauptplatz aufgebaut wird. Auch der sogenannte „Gratathlon“, ein Neologismus aus den Wörtern „Graz“ und „Triathlon“, findet seine Start- und Ziellinie inmitten des Platzes. Des Weiteren findet ein Beachvolleyballturnier hier seinen Platz, bei dem extra Spielfelder mit Tonnen von Sand aufgeschüttet werden und den Sportsgeist der sportbegeisterten Grazer stillen. Es wird schnell deutlich, dass im Grazer Alltag das Sporterlebnis auf unterschiedliche Arten eine sehr wichtige Rolle spielt. Daher ist neben vielen weiteren Nutzungen eine sportlich ausgerichtete Nutzung des Platzes unumgänglich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Der Hauptplatz als offene Bühne für viele Musiker (eigene Aufnahme, 2020).
Wie bereits beschrieben, fand auf dem Hauptplatz auch dieses Jahr wieder eine Sandausstellung statt. Neben dieser Art von Kunst, sind auch sehr viele Musiker auf dem Platz anzutreffen, die besonders dieses Jahr im Zuge von Covid-19 und damit abgesagten Konzerten ihre Bühne auf dem Hauptplatz suchen (Abbildung 6).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Nutzungskartierung umliegender Straßen (eigene Darstellung, 2020).
Wie auf Abbildung 7, einer Nutzungskartierung der umliegenden Straßen, zu erkennen ist, liegt der Hautplatz inmitten eines großen Angebots an sowohl Einzelhandelsgeschäften als auch verschiedenster Dienstleistungsgruppen. Im Falle des Einzelhandels lassen sich vorrangig Bekleidungsgeschäfte verzeichnen. Besonders in der Sporgasse findet man viele kleine Boutiquen, die teilweise sehr ausgefallene Modekreationen anbieten.
Die Geschäfte sind meist sehr hochpreisig und sprechen somit auch ein Publikum an, das bewusst auf sein Äußeres achtet und sich modern sowie schick kleidet. Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch sehr große Modegeschäfte wie „Kastner & Öhler“, die Kollektionen moderner Luxusmarken verkaufen. Diese Art der Bekleidung ließ sich auch deutlich in eigenen Beobachtungen auf dem Platz verzeichnen. Ebenso Juweliere und Schmuckgeschäfte gibt es viele in der Gegend des Hauptplatzes. Der Juwelier „Weikhard“ (ID 81 der Nutzungskartierung) ist eines der ältesten Geschäfte am Hauptplatz und bietet ebenfalls sehr hochpreisig qualitative Produkte an. Die Weikhard Uhr, die vor dem Laden steht, gilt außerdem als der beliebteste Treffpunkt auf dem Hauptplatz (Interview Nr.1, Focking 2020:45). Vor allem abends treffen sich hier viele Leute, um den Feierabend ausklingen zu lassen, auf Dates zu gehen oder auch gemeinsam ein schnelles „Hoabes“ (österreichische Bezeichnung für einen halben Liter Bier) zu trinken.
Im Gegensatz zum Rest der Stadt sind auf dem Hauptplatz selber nicht sonderlich viele Restaurants zu verzeichnen. In den Seitenstraßen gibt es zwar ein paar Cafés und in angrenzenden Innenhöfen findet man das ein oder andere traditionelle Brauhaus, jedoch gilt als Kern der Gastronomie auf dem Hauptplatz die Kultur der Standl. An diesen finden Hauptplatzbesucher eine große Auswahl verschiedener Essensangebote in einem Preisspektrum unter 10€. Die Speisen können häufig direkt an Stehtischen direkt an den Standln (Abbildung 8) oder auch an anderen Stellen auf dem Platz verzehrt werden. Außerdem lassen sie sich überall als Take-Away einpacken. Wie mir ein Standl-Besitzer erzählte, wurden die Standl erst vor einigen Monaten neu gestaltet, um auf dem Hauptplatz nicht als billiges Fast-Food zu gelten, sondern von Gästen als schickere Imbissbuden zu fairen Preisen geschätzt zu werden.
Des Weiteren finden sich hier in den unmittelbar angrenzenden Straßen einige Bio-Geschäfte, die das grüne Herz der Stadt wiederspiegeln. Zu dem Thema Umweltschutz findet man auf dem Hauptplatz zudem sehr häufig Fund Raiser und Aufklärungsstände. Vor allem, weil hier so viele Touristen vorbeikommen, die sich teilweise nicht so viel mit dem Thema Umweltschutz auseinander setzen müssen wie der gebürtige Grazer, eignet sich der Platz für Aufklärungsarbeiten sehr gut.
Kulturelle Bildung findet in dieser Gegend auch ihren Platz: So findet sich nur weniger Gehminuten vom Hauptplatz in der Sackstraße das Grazer Museum, in dem unter anderem über die Geschichte der Stadt aufgeklärt wird.
Neben den wirtschaftlichen Funktionen, die der Platz durch sein großes Einzelhandels- und Dienstleistungsangebot aufweist, gilt er außerdem als digitaler Hotspot. Auf dem gesamten Platz können Besucher kostenloses WLAN nutzen und gelangen bei der Anmeldung in den Hotspot zusätzlich direkt auf die Infoseite der Stadt, die auf verständliche über touristische Attraktionen, den ÖPNV-Fahrplan und weitere häufig gestellte Fragen informiert. Die ÖPNV-Anbindung ist ebenfalls eine sehr wichtige Funktion des Platzes. Durch die viel befahrene Tram Haltestelle erlangt der Platz umso mehr Relevanz im städtischen Netz
4.5 Wahrnehmung des Platzes
Um nachvollziehen zu können, wie der Platz von verschiedenen Besuchern wahrgenommen wird, wurden diese mithilfe von Fragebögen zu mehreren Attributen in Bezug auf den Hauptplatz befragt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Auswertung der verschiedenen Empfindungen zum Hauptplatz (eigene Darstellung, 2020).
In der Summe sollten diese dann ein ungefähres Stimmungsbild liefern, auf welcher psychologischen Ebene der Platz erlebt wird.
Betrachtet man die Ergebnisse in Abbildung 9 so wird deutlich, dass der Platz tendenziell positive Gefühle auslöst, jedoch auch als Ort eines großen Menschenaufkommens wahrgenommen wird, was im Einzelnen nicht unbedingt für jeden als attraktives Merkmal verstanden wird. Die größte Übereinstimmung in der Befragung findet sich somit bei den Attributen „voll“ und „belebt“. Am meisten gingen die Meinungen bei der Frage auseinander, ob der Platz chaotisch oder geordnet sei. Auf der einen Seite wirkt er zwar geordnet durch die parallel zueinander angeordneten Standl, sowie durch die sehr modernen Tram-Haltestellen und den sich in der Mitte befindlichen Brunnen. Auf der anderen Seite findet sich hier, vor allem wenn der Platz tagsüber sehr belebt ist, ein gewisses Chaos, bei dem die Leute durcheinander laufen, verschiedene Promotion Stände aufgebaut sind und Musik aus allen Ecken tönt. Man könnte was sagen, der Platz weist ein „geordnetes Chaos“ auf, oder umgekehrt auch eine „chaotische Ordnung“, da die hier vertretene Mentalität mit klaren Gesetzen und Vorschriften trotz allem Chaos regiert. Das teils vorhandene Chaos wirkt also stets im Rahmen und nicht so, als könnte der Zustand in unerwünschte Anarchie umschlagen.
Ansonsten wirkt der Platz in der Summe eher sicher, freundlich und sauber. Diese Meinung hatten sowohl Touristen, die den Platz das erste Mal besuchten, als auch Leute, die schon ihr Leben lang in der Stadt wohnen und den Platz bereits besser kennen.
Unter der Corona-Krise litt auch der Hauptplatz. Wie in vielen Orten fand hier Anfang des Jahres ein Shut-down statt, bei dem alle Läden und auch die Standl für mehrere Wochen ihren Betrieb einstellen mussten. Immer noch und gerade jetzt am Anfang der 2. Welle sind Corona Maßnahmen auf dem Platz zu verzeichnen. An vielen Orten sieht man Hinweisschilder zu der Maskenpflicht und den Abstandsregelungen (Abbildung 10). Leider sieht das in der Praxis jedoch häufig anders aus. Somit scheinen es die Leute, die auf dem Hauptplatz zu beobachten sind, mit den Vorgaben nicht sonderlich ernst zu nehmen und an allen Ecken sind Menschenansammlungen ohne die empfohlenen Abstände zu verzeichnen.
Während der 1. Welle war das Angebot vielfältiger Möglichkeit auf dem Platz deutlich eingeschränkter, als im Normalzustand. Daher waren die Fragen, wie sich Leute auf dem Platz fühlen, ob sie den Platz überhaupt für nötig halten und ob er als guter Treffpunkt gilt, besonders interessante Inhalte der Befragungen.
Betrachtet man nun Abbildung 11, fällt deutlich auf, dass der Platz auch während der derzeitigen Krise definitiv notwendig ist für die Grazer Innenstadt. Auch das Thema Wohlbefinden erhielt bei der Befragung keine negative Stimme. Zudem wird der Platz für einen guten Treffpunkt gehalten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 11: Notwendigkeit des Platzes und allgemeines Wohlbefinden, das mit diesem verbunden wird (eigene Darstellung, 2020).
Dennoch konnte bei beiden Kartierungen keine Grünfläche auf dem Platz ausfindig gemacht werden. Das fehlende Grün auf dem Platz und größere Bäume, die für Schatten sorgen könnten, lassen den Platz vor allem während des Hochsommers sehr schnell zu einer immensen Hitzequelle werden. Da die Fläche jedoch bereits komplett versiegelt ist, sehen die Chancen für den Ausbau der Grünfläche auf dem Platz jedoch eher schlecht aus. Der hier auffallende Mangel an Grün wird auf die gesamte Stadt betrachtet durch die vielen Stadtparks im direkten Umkreis kompensiert.
5. Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit
Kommt man zur anfänglichen Fragestellung zurück, durch welche Funktionen, Angebote und Nutzungen der Platz als Anker in der Stadt gilt, lässt sich zusammenfassend sagen, dass er ein großes Spektrum an Angebot und Nachfrage gewährleistet. Zu diesen gehören wirtschaftliche Komponenten, sowie die Anbindung an den Naheverkehr, kulinarische Vielfalt an den einzigartigen Standln und ein weit gefächertes Angebot an wechselnden sportlichen Events, die auf dem Platz ausgeführt werden.
Diese Art der Lebendigkeit wird von den Besuchern mit Freude angenommen. Zwar ist der Platz dadurch auch meist sehr voll und etwas chaotisch, jedoch kann man genau hier das Leben der Stadt Graz hautnah mitbekommen, was besonders für Touristen als sehr attraktiv gilt. Die vielen Musiker sorgen ebenfalls dafür, dass eine lebhafte Atmosphäre auf dem Platz zu spüren ist.
Auch wenn die Mietpreise von den Grazern kritisiert werden, gilt der Platz als sehr beliebter Wohnraum, weshalb oberhalb der sich im Erdgeschoss befindlichen Geschäften fast ausnahmslos Wohnungen vorzufinden sind.
Verbesserungsvorschläge für den Platz sind unter anderem mehr Schattenplätze und vor allem mehr Grünfläche. Auf der gesamten Fläche ist nicht ein Baum zu finden und ohne Schatten heizt es sich hier vor allem im Hochsommer zwischen den vielen Gebäuden sehr schnell auf.
Der Grazer Hauptplatz hat mich persönlich sehr positiv überrascht. Im Zuge der verschiedenen Datenerhebungen wurde immer wieder deutlich, dass die hier anzutreffenden Leute aus allen möglichen Regionen im Umland und weiter gegriffen sogar aus ganz Europa, der ganzen Welt kommen und sich auf dem Hauptplatz bunt vermischen.
Trotz Covid-19 und der damit einhergehenden Digitalisierung und Virtualisierung braucht die Stadt analoge Räume der Begegnung wie diesen, an dem kollektive Ergebnisse und Ereignisse über Jahrhunderte einen städtischen Hotspot geschaffen haben.
II Quellenverzeichnis
Cresswell, T. (2004): Place. A Short Introduction. Oxford.
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- Louisa Focking (Autor), 2020, Der Hauptplatz als "Anker" der Grazer Innenstadt. Angebot, Nutzung und Einschätzung durch die Besucher, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/947914
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