„Konflikte im öffentlichen Bereich werden immer zahlreicher, komplexer und schwerwiegender.“ Daher wird in Deutschland seit einigen Jahren ein neues Konzept zur gemeinsamen Bearbeitung von Konflikten diskutiert: die Mediation im öffentlichen Bereich.
Vor diesem Hintergrund fand im Wintersemester 2007/2008 an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer die Projekt-Arbeitsgemeinschaft A 514 von Herrn Dr. Dieter Kostka mit dem Titel „Mediation im öffentlichen Bereich – am Beispiel von Umwelt- und Planungskonflikten aus sozialwissenschaftlicher Perspektive“ statt. Im Rahmen dieser Arbeitsgemeinschaft wurde den Teilnehmern durch Literatur und Fallstudien in Form von Referaten, Gruppendiskussionen und praktischen Übungen ein Überblick über Konflikt sowie Theorie, Technik und Anwendung der Mediation verschafft. Die Teilnehmer sollten für außergerichtliche Methoden der Konfliktlösung insbesondere im öffentlichen Bereich sensibilisiert werden. Ihnen sollte die Mediation als eine spezielle Methode der Konfliktmittlung sowie ihre Anwendungsmöglichkeiten im öffentlichen Bereich vorgestellt werden. Derart sollte die Hörerschaft befähigt werden, in ihrer späteren Tätigkeit die Chancen und Risiken des Einsatzes von Mediation im konkreten einzelnen Konfliktfall einschätzen zu lernen, um gegebenenfalls selbst ein solches Verfahren zu initiieren, zu begleiten bzw. Orientierung für die konstruktive Teilnahme an laufenden Mediationen im öffentlichen Bereich zu bieten.
Thema des vorliegenden Projektes war die „Technik der Mediation“. Ziel des Projektes war es, den anderen Teilnehmern die wesentlichen Techniken zu präsentieren, die dem Mediator in den verschiedenen Phasen des Mediationsverfahrens zur Verfügung stehen. Um einen möglichst konkreten Bezug zur Praxis herzustellen, sollte die Darstellungsform des Rollenspiels gewählt werden.
GLIEDERUNG
LITERATURVERZEICHNIS
Einleitung
A. Die Aufgabenstellung
B. Die Grundkonzeption unseres Projekts
C. Der Projektverlauf
Phase I – Die Vorbereitung
A. Die Techniken der Mediation, ihre Auswahl und Darstellung
1. Techniken in der ersten Phase der Mediation: Die Vorbereitung
a. Das Setting und der Kontext der Mediation
aa. Das räumliche Setting
bb. Co-Mediation
b. Kommunikationstechniken
aa. Aufstellen von Kommunikationsregeln
bb. Nonverbale Kommunikationstechniken
cc. Reframing
2. Techniken in der zweiten Phase der Mediation: Informations- und Themensammlung
a. Aktives Zuhören und Paraphrasieren
b. Wiederholendes Zusammenfassen
c. Visualisieren
3. Techniken in der dritten Phase der Mediation: Interessenfindung
a. Balancing
b. Fragetechniken
aa. Kommunikationsmodell, Schulz von Thun
bb. Meta-Modell eine NLP-Technik
cc. Chunking
c. Perspektivenwechsel
4. Techniken in der vierten Phase der Mediation: Konfliktlösung
5. Techniken in der fünften Phase der Mediation: Die Entscheidung und Umsetzung
B. Der Sachverhalt des Rollenspiels
1. Die Beteiligten
2. Der Fall
3. Rollenanweisung Gemeinde
4. Rollenanweisung Brauerei
5. Rollenanweisung Diskothek
6. Die Mediationsvereinbarung
C. Der Ablaufplan
1. Vorbereitung des Rollenspiels
2. Beginn des Rollenspiels
3. Erste Feedback-Runde
4. Pause
5. Fortsetzung des Rollenspiels
6. Zweite Feedback-Runde
Phase II – Die Durchführung
A. Der tatsächliche Ablauf
1. Die Vorbereitungsphase
2. Die erste Phase des Rollenspiels
3. Die erste Feedback-Runde
4. Die Fortsetzung des Rollenspiels
5. Die zweite Feedback-Runde
B. Die Umsetzung der Techniken
Phase III – Die Analyse
A. Die Atmosphäre während des Rollenspiels
B. Die Struktur des Rollenspiels
C. Der Einsatz und die Vermittlung der Techniken
Fazit
ANLAGEN:
LITERATURVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung
„Konflikte im öffentlichen Bereich werden immer zahlreicher, komplexer und schwerwiegender.“[1] Daher wird in Deutschland seit einigen Jahren ein neues Konzept zur gemeinsamen Bearbeitung von Konflikten diskutiert: die Mediation im öffentlichen Bereich.[2]
Vor diesem Hintergrund fand im Wintersemester 2007/2008 an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer die Projekt-Arbeitsgemeinschaft A 514 von Herrn Dr. Dieter Kostka mit dem Titel „Mediation im öffentlichen Bereich – am Beispiel von Umwelt- und Planungskonflikten aus sozialwissenschaftlicher Perspektive“ statt.
Im Rahmen dieser Arbeitsgemeinschaft wurde den Teilnehmern durch Literatur und Fallstudien in Form von Referaten, Gruppendiskussionen und praktischen Übungen ein Überblick über Konflikt sowie Theorie, Technik und Anwendung der Mediation verschafft. Die Teilnehmer sollten für außergerichtliche Methoden der Konfliktlösung insbesondere im öffentlichen Bereich sensibilisiert werden. Ihnen sollte die Mediation als eine spezielle Methode der Konfliktmittlung sowie ihre Anwendungsmöglichkeiten im öffentlichen Bereich vorgestellt werden. Derart sollte die Hörerschaft befähigt werden, in ihrer späteren Tätigkeit die Chancen und Risiken des Einsatzes von Mediation im konkreten einzelnen Konfliktfall einschätzen zu lernen, um gegebenenfalls selbst ein solches Verfahren zu initiieren, zu begleiten bzw. Orientierung für die konstruktive Teilnahme an laufenden Mediationen im öffentlichen Bereich zu bieten.[3]
A. Die Aufgabenstellung
Thema unseres Projektes im Rahmen dieser Arbeitsgemeinschaft war die „Technik der Mediation“. Wir sollten den anderen Teilnehmern die wesentlichen Techniken präsentieren, die dem Mediator in den verschiedenen Phasen des Mediationsverfahrens zur Verfügung stehen. Um einen möglichst konkreten Bezug zur Praxis herzustellen, wurden wir gebeten, dafür die Darstellungsform des Rollenspiels zu wählen.
B. Die Grundkonzeption unseres Projekts
Zeitlich stand uns ein Rahmen von zwei Stunden zur Verfügung. Ein fiktiver oder realer öffentlich-rechtlicher Fall sollte – entsprechend zugeschnitten - die Grundlage für das Rollenspiel bilden. Während wir die Mediatorenrollen selbst übernehmen konnten, waren die Rollenspieler aus dem Plenum zu rekrutieren. Die darzustellenden Techniken sollten innerhalb des Rollenspiels angewendet und auf diese Weise dargeboten werden. In der sich anschließenden Diskussion sollten die Teilnehmer in einem ersten Schritt das von ihnen Wahrgenommene beschreiben und sodann daraus ableiten, welche mediative Techniken dem zugrunde liegen könnten. Erst in einem zweiten Schritt wollten wir dem Plenum die Mediationstechniken theoretisch unter Verwendung einer PowerPoint-Präsentation[4] vorstellen.
C. Der Projektverlauf
Die erste Phase unseres Projektes war durch die Konzeption des Rollenspiels geprägt: es galt einen Sachverhalt zu finden und diesen im Hinblick auf das Rollenspiel zu präparieren. Ferner musste aus der Vielzahl an mediativen Techniken eine Auswahl getroffen werden.
Die zweite Phase des Projekts bildete die tatsächliche Durchführung unserer Präsentation; am 11. Dezember 2007 fand in der Arbeitsgemeinschaft das Rollenspiel statt. Hier sollte sich herausstellen, inwieweit es uns gelingen würde, unsere Planungen in die Tat umzusetzen.
Schließlich wurden in der dritten Phase die Ergebnisse der gesamten Präsentation analysiert, d.h. es wurden die eingangs gesteckten Ziele an den tatsächlichen Ergebnissen gemessen.
Phase I – Die Vorbereitung
In der Vorbereitungsphase ging es vor allem darum, aus der Vielzahl zur Verfügung stehenden Mediationstechniken eine Auswahl zu treffen und ein Rollenspiel zu entwickeln, in das wir diese Techniken einbetten konnten.
A. Die Techniken der Mediation, ihre Auswahl und Darstellung
Zunächst widmeten wir uns der schwierigen Aufgabe, aus der großen Gesamtheit an Techniken, die einem Mediator zur Verfügung stehen, einige bedeutsame und im Rahmen unseres Rollenspiels adäquate auszuwählen. Dafür machten wir uns nochmals bewusst, welche Grundkonzeption und welche Leitbilder dem Mediationsverfahren und damit auch den in ihm Anwendung findenden Techniken zugrunde liegen.
In der Form, in der man Mediation heute begreift, kam das Verfahren ab 1970 aus den USA nach Deutschland.[5] Gegenwärtig versteht man unter Mediation ein professionelles, freiwilliges, ergebnisoffenes und von den Parteien selbstbestimmtes Verfahren mit Unterstützung eines allparteilichen Vermittlers, der zwar grundsätzlich nur Verfahrensmacht besitzt, aber dennoch Einfluss auf das Ergebnis der Verhandlungen nehmen kann.[6]
Der Mediator als neutraler Dritter soll die Medianden dabei unterstützen, eigene Problemlösungen zu erarbeiten, die von allen Beteiligten getragen werden und allen Beteiligten nützen.[7] Der Mediator ist als neutraler Dritter in der Sache mit keiner Entscheidungskompetenz ausgestattet, sondern die Betroffenen unterziehen sich dem Verfahren freiwillig und legen ihren Konflikt unmittelbar selbst und eigenverantwortlich bei.[8] Kernprinzip der Mediation ist mithin die Neutralität bzw. Allparteilichkeit des Mediators.[9]
Die Selbstverantwortlichkeit ist ein weiteres bedeutsames Prinzip der Mediation, sie sollte respektiert und gefördert werden. Das Prinzip der Selbstverantwortlichkeit besagt, dass nur die Parteien die Lösung ihres Problems erarbeiten können. Der Mediator ist dazu weder in der Lage noch ist er dazu befugt.[10] Die Medianden selbst sind die Experten für ihr Problem!
Hierin kommt ein bedeutender Grundgedanke der Mediation zum Ausdruck: es wird darauf vertraut, dass in jedem Menschen das Potenzial zum Umgang mit und zur Lösung eigener Konflikte vorhanden ist. Es ist der Mediation somit immanent, auf die eigene und die Kompetenz der Parteien zur kreativen Gestaltung und Verständigung im Konflikt zu vertrauen. Dies setzt natürlich auch die Anerkennung der Autonomie jedes Beteiligten voraus sowie den Respekt für die Einzigartigkeit eines jeden und gleichzeitig der Vielfalt der Unterschiede, in der ein besonderes Potenzial gesehen wird. Insofern ist es auch Aufgabe des Mediators, einen geschützten Rahmen zu gewährleisten, der den Konfliktparteien das Sicheinlassen auf den Prozess der Lösungssuche ermöglicht und sie ermutigt, die Verantwortung für den von ihnen eingebrachten Inhalt und die erarbeiteten Vereinbarungen zu übernehmen. Darin erschöpfen sich die Aufgaben des Mediators jedoch nicht: er sollte ferner sowohl auf den Ausschluss von Gewalt als auch auf gegebenenfalls bestehende Machtunterschiede achten. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Bedürfnisse und Interessen aller Konfliktparteien mit gleichem Respekt wahrgenommen werden. Auch sollte er die Medianden zu einer offenen und direkten Aussprache sowie zu gegenseitiger Toleranz und Wertschätzung ermutigen. Dies schließt selbstverständlich mit ein, dass sich der Mediator in die Konfliktparteien einfühlt und auf das gesamte Spektrum der Gefühle aller Beteiligten achtet und auch die gegenseitige Einfühlung der Konfliktparteien fördert, sie ermutigt, ihren Konflikt gemeinsam auszutragen.[11]
Dementsprechend berücksichtigt der Mediator durch alle Phasen eines Mediationsverfahrens hinweg drei Ebenen: die Sachebene, die Beziehungs- oder emotionale Ebene und die Verfahrensebene.[12] Jede dieser Ebenen ist in jeder Mediationsphase mal mehr, mal weniger präsent und muss durch den Mediator im Auge behalten werden:[13] Die Sachebene ist durch ein Problem gekennzeichnet, welches wiederum durch Fakten, Positionen, Interessen und Wahrnehmungen geprägt ist und möglichst durch die Medianden gelöst werden sollte. Die Beziehungsebene hingegen zeichnet sich durch die Personen aus, die in einer bestimmten Beziehung zueinander stehen, unterschiedliche Persönlichkeiten und Verhaltensweisen inne haben und sich hinsichtlich ihrer Emotionen, Sprache, Fähigkeiten usw. unterscheiden. Schließlich ist auf der Verfahrensebene ein bestimmter System- und Interaktionsprozess zwischen den Konfliktparteien festgelegt, der den verschiedenen Interaktionsstilen und Interessen Raum gibt.[14]
Deutlich wird, dass im Mediationsverfahren - anders als bei anderen Konfliktlösungsstrategien - die Interessen der Parteien große Berücksichtigung finden.[15] Man geht davon aus, dass nicht die gegenseitigen Positionen der Parteien das Grundproblem sind, sondern das Problem im Konflikt beiderseitiger Nöte, Wünsche, Sorgen und Ängste liegt.[16] Durch Herausarbeiten und Ausgleich dieser Interessen soll im Mediationsverfahren eine tragfähige zukunftsorientierte Konfliktlösung erzielt, eine sog. „win-win-Situation“ geschaffen werden.
Die Arbeitsweise im Rahmen der Mediation ist folglich von zwei Leitbildern geprägt: durch den verhandlungs- und lösungsorientierten Ansatz sowie durch den Transformationsansatz.[17]
Vor diesem Hintergrund sind auch die mediativen Techniken zu betrachten. In ihnen spiegeln sich die soeben genannten und noch weitere Grundsätze der Mediation wieder. Die Techniken, die dem Mediator zur Verfügung stehen, sind sein Handwerkszeug, um all die Leitlinien der Mediation mit Leben zu füllen. Sie helfen ihm, den Konflikt konstruktiv zu bearbeiten. Dabei muss das Rad jedoch nicht neu erfunden werden; die Mediation bedient sich diverser Techniken, die bereits in anderen Bereichen eingesetzt werden, so z.B. in der Kommunikationstheorie, der Konfliktpsychologie, in therapeutischen Kontexten oder auch in der Rhetorik.
Um aus dieser Vielzahl an Techniken nunmehr eine Auswahl für unser Rollenspiel zu treffen, legten wir die folgenden Entscheidungskriterien zugrunde:
- Es sollte sich um Techniken handeln, die in einer Vielzahl von Mediationsfällen Anwendung finden.
- Ferner sollten Techniken aus den unterschiedlichen Phasen der Mediation vertreten sein, auch wenn wir uns darüber im klaren waren, dass viele Techniken übergreifend in den unterschiedlichsten Mediationsphasen Anwendung finden.
- Schließlich mussten wir darauf achten, dass sich in unserem konkreten Rollenspiel überhaupt die entsprechenden Situationen ergaben, die den Einsatz der von uns ausgewählten Techniken ermöglichten. Es war für uns von Bedeutung, dass wir als noch ungeübte Mediatoren die entsprechenden Einsatzmöglichkeiten erkennen können würden, um die Techniken sodann in geeigneter Weise einzubringen.
In der folgenden Darstellung sind die diversen Techniken grob den unterschiedlichen Mediationsphasen zugeordnet. Selbstverständlich sind die Grenzen hier fließend; die meisten Techniken werden nicht nur in einer, sondern in allen Phasen der Mediation verwendet. In unseren Ausführungen haben wir uns lediglich um eine Schwerpunktsetzung bemüht.
1. Techniken in der ersten Phase der Mediation: Die Vorbereitung
In der ersten Phase der Mediation werden die Weichen für den weiteren Verlauf der Mediation gestellt: die Mediation kann nur dann stattfinden, wenn sich alle Beteiligten darauf einlassen wollen und die jeweiligen Erwartungen an das Verfahren geklärt sind.[18] Insofern ist diese erste Phase von besonderer Bedeutung für die weitere Gesprächskultur. Dies gilt insbesondere bei Konflikten mit mehreren Beteiligten.[19]
Bereits die Vorbereitungen der Mediation sind dementsprechend vom Mediator mit Fingerspitzengefühl vorzunehmen: er muss die zu beteiligenden Personen und Gruppen genauso gründlich analysieren wie die Falleignung, er muss den Konfliktstatus erkennen, die jeweiligen Erwartungen und den geeigneten Prozessverlauf klären.[20] Dabei unterscheiden sich die verschiedenen Felder der Mediation hinsichtlich der Intensität der Vorbereitungsphase zum Teil beträchtlich. Im öffentlichen Bereich sind Vorgespräche mit den zahlreichen Konfliktparteien üblich und sogar unabdingbar.[21] Schließlich gilt es hier zu beachten, dass „die Konfliktparteien selbst als „de facto“ Auftraggeber für die Mediation (innerer Auftrag) meist nicht identisch mit den „de iure“ (zahlenden) Auftraggebern (äußerer Auftrag) sind“[22]. Den Mittelpunkt der Vorgespräche bilden insofern der Konfliktstatus, die Identifikation der zu beteiligenden Personen und ihre jeweiligen Entscheidungskompetenzen und Mandate sowie deren Erwartungen an ein Mediationsverfahren.[23]
Für die erste gemeinsame Sitzung ist es sodann Aufgabe des Mediators geeignete und für alle Beteiligten akzeptable Räumlichkeiten zu suchen, die Erwartungen der Beteiligten an die Mediation zu klären, eine gute, angenehme und von einer positiven Grundstimmung geprägten Atmosphäre zu schaffen.[24] Ein erster Schritt dahin ist sicherlich, die Konfliktbeteiligten für ihren gemeinsamen Entschluss, den Konflikt durch die Mediation regeln zu wollen wertzuschätzen: „Es ist Ihnen sicherlich ich leichtgefallen, heute in die Mediation zu kommen. Die Entscheidung, Ihren Konflikt hier gemeinsam zu regeln, ist bereits ein wichtiger Schritt und ein erster Erfolg.“[25]
Am Ende der ersten Phase schließen die Konfliktparteien einen Vertrag mit den Mediatoren, in dem unter anderem die Aufgaben und die Kosten vereinbart werden.[26]
a. Das Setting und der Kontext der Mediation
Mithin ist in der ersten Phase der Mediation bereits die Technik des Settings von besonderer Bedeutung. Unter Setting wird in der Mediation im wesentlichen die Festlegung der Rahmenbedingungen wie Ort und Zeitpunkt der Vermittlung, die Auswahl der teilnehmenden Konfliktparteien sowie die Anzahl und die Personen der Mediatoren verstanden.[27] In jedem Fall sollte das Setting anlassbezogen und lösungsorientiert sein, um derart die Erfolgschancen der Mediation zu optimieren.[28]
aa. Das räumliche Setting
Eine gute und für den Konflikt konstruktive Atmosphäre wird neben der inneren Wertschätzung und Empathie des Mediators für die Konfliktparteien durch das räumliche Setting erzeugt. Es dient auch der mentalen Einstimmung des Mediators auf das Verfahren, so dass dieser sich mit allen Sinnen dem Mediationsverfahren und den darin beteiligten Parteien zuwenden kann.
Abhängig von der jeweiligen Problemstellung kann das räumliche Setting sowohl in den Räumlichkeiten des Mediators, der Klienten als auch an einem sonstigen geeigneten Ort stattfinden. Da die psychologische Konfliktforschung die kontextuellen Bedingungen der Konfliktaustragung unzureichend beachtet und erkundet hat, wird für die Gestaltung des Kontextes eher auf Erfahrungswissen anderer Forschungsfelder zurückgegriffen.[29] So haben Fisher und Ury für Verhandlungen eine private Umgebung als günstig vorgeschlagen, weil die Anwesenheit von Öffentlichkeit den Informationsaustausch reduziert und eher zu positionalen Festlegungen führt.[30]
Beim räumlichen Setting ist neben der Wahl der Räumlichkeiten auch die Gestaltung des Mediationssitzungs-Zimmers von Bedeutung. Man geht davon aus, dass auch solche Äußerlichkeiten Einfluss auf die Verhandlungsdynamik haben.[31] Es bietet sich die Wahl von hellen und nicht beengten Räumen sowie einer angenehmen Dekoration (z.B. Pflanzen) an. Ferner sollten geeignete Sitzmöglichkeiten vorhanden sein. Betroffen sind insoweit auch die Abstände und Lage der Stühle zueinander sowie die Frage, ob man mit oder ohne Tisch arbeiten möchte.[32] Gerade Bei der Sitzposition des Mediators zu den Medianden kommt auf der nonverbalen Ebene der Grundsatz der Neutralität zum Tragen: setzt sich der Mediator räumlich näher an einen der Medianden heran, kann der andere Mediand bereits dies als Parteilichkeit werten. Nur dies kann schon eine Gefährdung des Mediationsverfahrens nach sich ziehen. Der Mediator sollte insofern darauf achten, eine neutrale Sitzposition einzunehmen. Auf Frischluft sollte ferner ebenso geachtet werden wie auf eine angenehme Raumtemperatur. Hilfsmittel wie z.B. Karteikarten oder Flipchart sollten so angeordnet sein, dass sich die Medianden damit wohl fühlen und konstruktiv an ihrem Konflikt arbeiten können. Dazu gehört auch, dass etwas für das leibliche Wohl (z.B. Getränke, Snacks) bereit gehalten wird.[33] Zu guter Letzt gehört zum räumlichen Setting auch, dass Ablenkungen von Außen vermieden werden. Zu Beginn der Sitzung bietet es sich daher an, dass der Mediator nachgefragt, ob die Handys ausgeschaltet sind. Natürlich sollte auch er selbst äußerlichen Störeinflüssen vorbeugen – dies gilt insbesondere, wenn das Verfahren in seinen Räumlichkeiten stattfindet (z.B. Telefonklingeln, Türklingel etc.).
Für die Darstellung des räumlichen Settings als Mediationstechnik haben wir uns aus mehreren Gründen entschieden. Zum einen gehört diese räumliche Vorbereitungen zu jeder Mediation dazu und sie lässt sich in einem Rollenspiel gut vorführen. Auch machen sie das Rollenspiel für die Teilnehmer realistischer, so dass diese sich besser in die „gespielte“ Situation einfinden können. Zum anderen wollten wir damit aber auch verdeutlichen, dass die mediativen „Techniken“ ein sehr weites Feld abdecken und dass es insbesondere Kleinigkeiten sein können, die in einem solchen Verfahren über Erfolg und Misserfolg entscheiden: selbst das - oftmals nur unbewusst wahrgenommene - räumliche Setting kann großen Einfluss auf die Befindlichkeiten der Konfliktparteien und damit auf den Verlauf des Mediationsverfahrens nehmen.
bb. Co-Mediation
Die Co-Mediation bildet einen weiteren Bestandteil des Mediations-Settings. Je nach Komplexität des Falles können die Mediatoren alleine oder zu zweit arbeiten; bei sehr komplexen Themenstellungen sind auch Mediatorenteams denkbar. Fällt die Wahl auf eine Co-Mediation, hat es sich bewährt, dass diese möglichst durch ein gemischgeschlechtliches Co-Mediatoren-Setting erfolgt.[34] Denkbar sind hier die verschiedensten Konstellationen der Zusammenarbeit: Es kann eine gleichberechtigte Gesprächsleitung genauso angestrebt werden wie die Aufteilung nach „Haupt“- und „Co“-Mediator. Es kann einer der „Interviewer“ und der andere „Visualisierer“ sein oder aber es kann auch eine Polarisierung der Gesprächsführung vorgenommen werden. Schließlich kann die Aufgabenaufteilung nach Themen, nach Parteien oder als „reflecting team“ erfolgen. Grundsätzlich ist die Zusammenarbeit mehrerer Mediatoren in einem Fall aufgrund der deutlich höheren Kosten eher unüblich. Im öffentlichen Bereich gibt es jedoch häufig viele Konfliktparteien und damit Medianden. Gerade hier wird es also am ehesten zur Co-Mediation kommen.[35] Der Vorteil einer Co-Mediation ist zum einen, dass die Mediatoren entlastet werden. Zum anderen können sich die Persönlichkeiten der Mediatoren gut ergänzen. So kann es auch gut sein, dass eine Konfliktpartei mit einem der Mediatoren „nicht gut kann“. Im Rahmen der Co-Mediation hat diese Partei die Möglichkeit, sich eher dem anderen Mediator zuzuwenden, so dass persönliche Apathien nicht derart zum Tragen kommen wie bei einer Einzelmediation.
Im Rahmen unseres Projektes war uns die bot sich die Darstellung einer Co-Mediation an: wir waren zu zweit an dem Projekt beteiligt und konnten auch ein gemischtgeschlechtliches Mediatorenteam bilden. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die Projekt-Arbeitsgemeinschaft dem öffentlichen Bereich, also einem Bereich der Mediation widmet, in dem die Co-Mediation als Mediationssetting am häufigsten Anwendung findet, wollten wir uns diese nutzbar machen. Durch eine bewusste Rollenaufteilung zwischen den Mediatoren planten wir uns gegenseitig zu unterstützen. Wir entschieden uns für die phasenweise Aufteilung in einen Interviewer und einen Visualisierer, wobei sich die Aufgabe des letzteren nicht allein auf die Visualisierung beschränken sollte. Vielmehr gedachten wir, dass dieser durch nonverbale Zuwendung zu den gerade nicht interviewten Parteien für einen Ausgleich der Gesprächsaufmerksamkeit sorgen sollte. Derart sollte die Allparteilichkeit und Neutralität des Mediatorenteams demonstriert werden.
b. Kommunikationstechniken
In dieser frühen Phase der Mediation kommen ferner auch diverse Kommunikationstechniken zum Tragen; es ist besonders wichtig, dass der Mediator durch seine Körpersprache und Worte den Konfliktparteien vermittelt, dass er an deren Erwartungen interessiert ist und deren Bedenken versteht und beachtet.[36] Über die Beherrschung der Kommunkationstechniken hinaus sollte der Mediator allerdings auch über eine kommunikative Kompetenz verfügen, die sich vor allem in einer an den Bedürfnissen der Beteiligten orientierten Gesprächsführung äußert.[37]
aa. Aufstellen von Kommunikationsregeln
Um eine konstruktive Mitarbeit der Parteien zu fördern, sollten den Beteiligten in dieser ersten Mediationsphase die Möglichkeit gegeben werden, sich in einem hohem Maße auf sich selbst zu konzentrieren. Dies bedeutet auch, dass gegenseitige Angriffe und Vorwürfe eingeschränkt werden sollten.[38]
Eine Technik kann hierfür die Aufstellung einer Kommunikationsvereinbarung für die Mediation sein. Entweder kann der Mediator diese bereits vorgeben und absegnen lassen oder nach Bedarf von den Beteiligten gemeinsame Verhaltensregeln für den Umgang miteinander entwickeln lassen.
Wir entschlossen uns, Kommunikationsregeln wie z.B. „ausreden lassen“, „mitarbeiten“, „für neue Lösungen offen sein“, etc. an einem Whiteboard festzuhalten. Dieses Medium ermöglicht es, bei Bedarf zügig eine Regel auszuwischen und eine neue anzuschreiben.
bb. Nonverbale Kommunikationstechniken
Für das Herstellen von Sicherheit und einer geschützten Atmosphäre, kann sich der Mediator insbesondere auch nonverbaler Kommunikationstechniken bedienen. Wichtig ist hier z.B. ein permanenter Blickkontakt und eine Aufmerksamkeit signalisierende Körpersprache, d.h. ein dem Gesprächspartner zugewandter Körper. Es sollte bereits bei der Sitzhaltung auf eine neutrale Körperhaltung geachtet werden, d.h. auch, dass die Beine nicht überschlagen werden sollten, da dies die Zuwendung zu der einen oder anderen Konfliktpartei signalisieren könnte. Wegen des Gebots der Neutralität sollte eine ausgeglichene Zuwendung zu den Konfliktparteien stattfinden. Hier kann - wie bereits oben erläutert - die Co-Mediation zum Tragen kommen.
Auch hier handelt es sich um eine Technik, die gut zu demonstrieren ist, in allen Mediationsverfahren zum Einsatz kommen sollte und vor allem auch in engen Zusammenhang zu der von uns gewählten Co-Mediation steht.
cc. Reframing
Als eine weitere Technik bietet sich das Reframing an. Das Reframing (Umdeutung) ist als eine Methode der Systemischen Psychotherapie und des Neurolinguistischen Programmierens bekannt.[39] Menschliche Denkmuster, Zuschreibungen, Erwartungen weisen in der Regel einen Rahmen (frame) auf, eine Ordnung, nach der Ereignisse interpretiert und dann wahrgenommen werden. Entweder ist das Glas halb voll oder halb leer. Obwohl scheinbar das Gleiche bezeichnet wird, ist der Akzent und die Bedeutung jeweils unterschiedlich, weil einmal ein eher positiver und das andere Mal ein eher negativer Rahmen gesetzt wird. Gelangt man aus der Sicht des halb leeren zur Sicht des halb vollen Glases, so hat ein Reframing, eine Umdeutung, stattgefunden.[40] Als Methode in der Mediation fasst der Mediator also das Gehörte derart zusammen, dass es nunmehr in einem positiven Kontext steht.[41] Vorwürfe aus „Du“-Botschaften werden zu Wünschen in „Ich“-Botschaften.[42] Durch das positive Umformulieren von Vorwürfen und Bedenken kann der Mediator der vorherrschenden und vergangenheitsorientierten Problemperspektive eine zukunftsorientierte Lösungsperspektive entgegenstellen.[43] In dieser lassen sich häufig bereits Übereinstimmungen in den Erwartungen der Beteiligten feststellen. Das Hervorheben und die Betonung dieser Gemeinsamkeiten hat einen positiven Einfluss auf das Gesprächsklima.[44] Diese Art des Paraphrasierens ist hauptsächlich zu Beginn vieler Verfahren notwendig, um bei den Medianden gegenseitiges Verständnis zu wecken. Aus diesem Grund haben auch wir uns für den Einsatz dieser Technik entschieden.
2. Techniken in der zweiten Phase der Mediation: Informations- und Themensammlung
In der zweiten Phase der Mediation formulieren die Beteiligten, wie sie die Dinge sehen, worum es ihnen geht und welche Themen sie im Mediationsverfahren geregelt wissen möchten.[45] Es findet also eine umfassende Analyse der Konfliktsituation anhand einer Informations- und Themensammlung statt.[46] Voraussetzung eines Mediationserfolges mit einer Win-Win-Lösung ist das gegenseitige Verständnis der Parteien. Teil der Konfliktsituation ist oft, dass die Parteien die Anliegen der Gegenseite und deren Berechtigung nicht zur Kenntnis nehmen. Voraussetzung wiederum, um Verständnis für die Position der jeweilig anderen Partei des Konfliktes aufzubauen ist, dass die Parteien ihre jeweiligen Positionen klar artikulieren und begründen. Dabei lässt sich eine Begründung nicht auf abstrakte rechtliche Anspruchsgrundlagen stützen. Eine Begründung sollte die konkrete Lebenswirklichkeit, die konkret erlebten Beeinträchtigungen durch die Handlungsweisen und ebenso die allgemeinen sozialen Normen erfassen als da sind z.B. das Gebot der Rücksichtnahme, der Höflichkeit sowie der Gerechtigkeit. Außerdem geht es in der Mediation darum zu klären, ob die vorgetragenen Ansprüche die wesentlichen im Konflikt verletzen und/oder bedrohten Anliegen der Parteien sind. Oft wird der Streit an der Oberfläche geführt und nicht über die tatsächlichen tieferen Gründe. Die wichtigen subjektiven Anliegen und Sichtweisen, die emotionalen Bewertungen, die Erwartungen und Überzeugungen der Parteien müssen von der Gegenseite aber ebenfalls verstanden werden, wenn eine Konfliktlösung erzielt werden soll. Um dies Verständnis zu erreichen, müssen sie selbst von den Parteien verstanden uns sich selbst eingestanden und sprachlich artikuliert sein.[47] Wichtige Aufgaben des Mediators in dieser Phase sind mithin die unterschiedlichen Positionen, Sichtweisen und Anliegen in Themen zusammenzufassen, auf die Vollständigkeit der Themen zu achten, ihre Visualisierung im Dialog mit den Konfliktparteien vorzunehmen und dabei auch Emotionen Raum zu lassen.[48]
[...]
[1] Fuchs/Hehn/Koska, S. 10.
[2] Fuchs/Hehn/Koska, S. 10.
[3] http://www.dhv-speyer.de/Studium/vvdbdetail.asp?typ=A&ziffer=514&sem=207, Stand: 03.12.2007.
[4] Siehe hierzu Anhang.
[5] Flechsig/Ponschab/Schweizer, S. 25 f, Hehn, § 6, Rn.33 ff.
[6] Hehn, § 6, Rn.3, 45; Hösl, S. 29.
[7] Mediation, Eine Informationsbroschüre, DGM.
[8] Flechsig/Ponschab/Schweizer, S. 24.
[9] Fuchs/Hehn/Kostka, S. 26; Kracht, S. 12 ff.
[10] Kracht, S. 52.
[11] Vgl. hierzu: http://www.bmev.de/www/documents/bm_ethisches_grundverstaendnis.pdf, Abruf vom 12.11.2007.
[12] Kessen/Troja, § 16, Rn. 2.
[13] Kessen/Troja, § 16, Rn. 3.
[14] Vgl. Kessen/Troja, § 16, Rn. 2.
[15] Flechsig/Ponschab/Schweizer, S. 34 f.
[16] Fisher/Ury/Patton, S. 72.
[17] Kessen/Zilleßen, Studienbrief, 43.
[18] Kessen/Troja, § 16, Rn. 5.
[19] Kessen/Troja, § 16, Rn. 11.
[20] Kessen/Troja, § 16, Rn. 10f.
[21] Kessen/Troja, § 16, Rn. 11.
[22] Kessen/Troja, § 16, Rn. 11.
[23] Kessen/Troja, § 16, Rn. 12.
[24] Kessen/Troja, § 16, Rn. 10.
[25] Kessen/Troja, § 16, Rn. 14.
[26] Kessen/Troja, § 16, Rn. 5; Vgl. hierzu Mediationsvereinbarung weiter unten.
[27] http://www.friedensmuseum.at/mediation_abc.pdf, Stand: 03.12.2007.
[28] Montada, Psychologie der Mediation II, S. 65.
[29] Montada, Psychologie der Mediation II, S. 65.
[30] Fisher/Ury, Getting to yes, S. 7f.
[31] http://www.mediatoren-aktiv.brienner44.de/index.php?title=S, Stand: 03.12.2007.
[32] Kessen/Troja, § 16, Rn. 10.
[33] Montada, Psychologie der Mediation II, S. 65.
[34] http://www.oebm.at/cms/fileadmin/users/redaktions-upload/Ausfuehrungsrichtlinien_-_novellierte_Fassung.pdf, Stand: 03.12.2007.
[35] Fuchs/Hehn/Kostka, S. 29.
[36] Kessen/Troja, § 16, Rn. 14.
[37] Kessen/Troja, § 16, Rn. 14.
[38] Kessen/Troja, § 16, Rn. 17.
[39] http://www.uni-koeln.de/hf/konstrukt/didaktik/refraiming/frameset_refraiming.html, Stand: 03.12.2007.
[40] http://www.uni-koeln.de/hf/konstrukt/didaktik/refraiming/frameset_refraiming.html, Stand: 03.12.2007.
[41] Mecke, S. 317.
[42] Besemer, S. 118.
[43] Kessen/Troja, § 16, Rn. 16.
[44] Kessen/Troja, § 16, Rn. 16.
[45] Kessen/Troja, § 16, Rn. 6, 20ff.
[46] Fuchs/Hehn/Kostka, S. 28.
[47] Montada, Psychologie der Mediation I, S. 9 ff.
[48] Kessen/Troja, § 16, Rn. 10.
- Citation du texte
- Yasmine-Lee Schwingenheuer (Auteur), 2008, Die Technik der Mediation in Theorie und Praxis, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94677
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