Lesen spielt in unserem Berufs- und Privatleben eine wichtige Rolle. Um sich im Alltag zu orientieren und sich Wissen anzueignen ist eine ausreichende Lesekompetenz unabdingbar. Die Lesekompetenz ist vor allem das Ergebnis der Lesesozialisation, der Erfahrungen, die man im Laufe des Lebens mit dem Lesen und Lesemedien macht. Die Lesesozialisations-forschung untersucht daher, welche sozialen Faktoren, welche Einflüsse und Bedingungen für die Entwicklung zukünftiger Leser förderlich sind, und welche Hindernisse dem individuellen Werdegang zum Leser im Wege stehen.
Eine Verschärfung der Diskussion um die Lesesozialisation ist nach dem Erscheinen der Ergebnisse der PISA-Studie 2000 eingetreten, in der die deutschen Jugendlichen im Bereich der Lesekompetenz unterdurchschnittlich abgeschnitten haben.
Die vorliegende Arbeit setzt sich mit der Frage nach den Bedingungen und Einflüssen der Lesesozialisation bei Jugendlichen auseinander. Als erstes wird dabei kurz der Begriff der Lesesozialisation definiert. Als nächstes werden die wesentlichen Bedingungsfaktoren der Lesesozialisation dargestellt. Neben sozialer Herkunft und Bildung bestimmt vor allem das Geschlecht, ob man eher viel oder eher wenig liest. Im nächsten Schritt werden die Einflüsse der Lesesozialisationsinstanzen betrachtet. In der einschlägigen Forschung werden haupt-sächlich drei Instanzen der Lesesozialisation thematisiert: die Familie, weil dort die frühesten und die umfassendsten Bezüge zum Lesen hergestellt werden; die Schule und die peer groups, die mit dem Älterwerden an Bedeutung gewinnen, deren konkreter Stellenwert im Prozess der Lesesozialisation aber noch wenig erforscht ist.
Abschließend wird ein Fazit gezogen.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Definition Lesesozialisation
2. Bedingungsfaktoren der Lesesozialisation
2.1 Soziale Schicht
2.2 Geschlecht
3. Instanzen der Lesesozialisation
3.1 Familie
3.2 Schule
3.3 Peers
Fazit
Literaturverzeichnis
Einleitung
Lesen spielt in unserem Berufs- und Privatleben eine wichtige Rolle. Um sich im Alltag zu orientieren und sich Wissen anzueignen ist eine ausreichende Lesekompetenz unabdingbar. Die Lesekompetenz ist vor allem das Ergebnis der Lesesozialisation, der Erfahrungen, die man im Laufe des Lebens mit dem Lesen und Lesemedien macht. Die Lesesozialisations-forschung untersucht daher, welche sozialen Faktoren, welche Einflüsse und Bedingungen für die Entwicklung zukünftiger Leser förderlich sind, und welche Hindernisse dem individuellen Werdegang zum Leser im Wege stehen.
Eine Verschärfung der Diskussion um die Lesesozialisation ist nach dem Erscheinen der Ergebnisse der PISA-Studie 2000 eingetreten, in der die deutschen Jugendlichen im Bereich der Lesekompetenz unterdurchschnittlich abgeschnitten haben.
Die vorliegende Arbeit setzt sich mit der Frage nach den Bedingungen und Einflüssen der Lesesozialisation bei Jugendlichen auseinander. Als erstes wird dabei kurz der Begriff der Lesesozialisation definiert. Als nächstes werden die wesentlichen Bedingungsfaktoren der Lesesozialisation dargestellt. Neben sozialer Herkunft und Bildung bestimmt vor allem das Geschlecht, ob man eher viel oder eher wenig liest. Im nächsten Schritt werden die Einflüsse der Lesesozialisationsinstanzen betrachtet. In der einschlägigen Forschung werden haupt-sächlich drei Instanzen der Lesesozialisation thematisiert: die Familie, weil dort die frühesten und die umfassendsten Bezüge zum Lesen hergestellt werden; die Schule und die peer groups, die mit dem Älterwerden an Bedeutung gewinnen, deren konkreter Stellenwert im Prozess der Lesesozialisation aber noch wenig erforscht ist.[1]
Abschließend wird ein Fazit gezogen.
1. Definition Lesesozialisation
Cornelia Rosebrock definiert Lesesozialisation als „…den dialektischen Verlauf der Heraus-bildung des Einzelnen in der Auseinandersetzung mit literarischen Medien und den Prozess seines Hineinwachsens in die Schrift- bzw. die literarische Kultur.“[2] Einerseits wird das Individuum beim Eingang in Gesellschaft, Kultur und Geschichte von den vorgefundenen literalen Praktiken geprägt, andererseits hat es aber im Sinne der Selbstsozialisation Wahl- und Einflussmöglichkeiten auf diese Vorgänge.[3]
2. Bedingungsfaktoren der Lesesozialisation
Einflussfaktoren der Lesesozialisation „…sind neben dem kulturell und historisch verfügba-ren Medienangebot und neben den kognitiven Fähigkeiten insbesondere die lebensweltlichen Bedingungen, unter denen sich Lektüreprozesse bzw. Medienrezeptionen insgesamt herstellen.“[4] Die wesentlichen Bedingungsfaktoren der Lesesozialisation sind die soziale Lage und das Geschlecht.
2.1 Soziale Schicht
Wie in vielen Sozialisationsprozessen zu beobachten, spielt auch in der Lesesozialisation der Faktor der sozialen Schichtzugehörigkeit eine dominante Rolle. In niedrigen Sozialschichten wird dem literarischen Lesen weit weniger kulturelle Bedeutung beigemessen als in den oberen Sozialschichten.[5] „Dieser Befund gilt historisch für die gesamte bürgerliche Lesekultur und kulturübergreifend für moderne Gesellschaften.“[6] In niedrigen Sozialschichten beherrscht vor allem das Fernsehen den häuslichen Mediengebrauch von Kindern und Erwachsenen.[7] Wobei es eine negative Korrelation zwischen Fernsehen und Buchlesen besteht, „…d.h. Vielseher lesen weniger als Wenigseher und umgekehrt gibt es unter den Wenigsehern mehr Vielleser.“[8] „Auch in der Mittelschicht ist das Fernsehen Leitmedium, wobei aber Printmedien hier ebenfalls in größerem Umfang rezipiert werden.“[9]
Die PISA-Studie hat im Kapitel über die „Lebens- und Lernbedingungen“ der befragten 15-Jährigen einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Lesekompetenz der Jugendlichen und der Sozialschichtzugehörigkeit ihrer Familien nachgewiesen.[10]
„Die hohe soziale Bewertung des Lesens, vor allem des Buchlesens (das ja wiederum von den verschiedenen Lesemedien am stärksten mit der Leseleistung korreliert), spielt im Zusammenhang mit dem SES (sozioökonomischen Status, d. Verf.) … eine wichtige Rolle: Lesen und Bücher sind sozusagen „Insignien“ eines hohen kulturellen Kapitals, die in der Gestaltung des individuellen (auch familiären) Lebensstils mehr oder weniger bewusst bzw. gezielt eingesetzt werden.“[11]
2.2 Geschlecht
Ein weiterer Bedingungsfaktor der Lesesozialisation ist das Geschlecht. „Mädchen sind höher motiviert und lesen entsprechend mehr und literarisch orientierter als Jungen – ein Umstand, der für Kinder am Ende der Grundschulzeit wie für Jugendliche und Erwachsene belegt ist.“[12] Die Jungen berichten häufiger, dass das Lesen für sie anstrengend ist, besonders längere Lektüre. Sie weichen dem Lesen aus und widmen sich anderen Freizeitbeschäf-tigungen. Mädchen dagegen lesen nicht nur häufiger als Jungen, sie greifen auch zur anspruchsvolleren Lektüre, je mehr sie lesen.[13]
Auch in Bezug auf die Auswahl der Lektüre besteht zwischen den Geschlechtern ein deutlicher Unterschied: Mädchen sind stärker an Fiktionslektüre und belletristischen Texten, Jungen mehr an Informations- und Sachlektüre interessiert.[14]
„Die qualitativen wie quantitativen Differenzen zwischen den Geschlechtern … sind…, ebenso wie die Schichtzugehörigkeit des Leseverhaltens, kulturübergreifend belegbar und darüber hinaus historisch „tief“: Sie lassen sich für die gesamte bürgerliche Lesekultur seit etwa Mitte des 18. Jahrhunderts zeigen und finden sich vergleichbar in allen 32 an der PISA-Studie beteiligten Staaten.“[15]
3. Instanzen der Lesesozialisation
Lesesozialisation vollzieht sich auf vielen Ebenen. Es gibt unterschiedliche Leseumwelten für die Kinder und Jugendliche, die auf sie einwirken. Die wohl „…wichtigsten Sozialisa-tionsinstanzen für die Herausbildung der kognitiven Lesekompetenz einerseits und der affektiven Bindung ans Medium „Buch“ andererseits“[16] sind Elternhaus, Schule und Gleich-altrigengruppe.
3.1 Familie
„Die Familie ist nach einhelliger Forschungsmeinung nicht nur die früheste, sondern auch die wirksamste Instanz der Lesesozialisation.“[17]
Kinder und Jugendliche, die in Familien mit Eltern aufwachsen, die selber viel lesen, die ihren Kindern häufig vorlesen, sie in Bibliothek und Buchhandlung begleiten, ihnen viele Bücher schenken, sich mit ihnen über Bücher unterhalten und das Buchlesen ihrer Kinder generell unterstützen, haben signifikant bessere Chancen, selbst zu Vielleser(inne)n zu werden als Kinder und Jugendliche, die in leseunfreundlichen Milieus aufwachsen.[18]
[...]
[1] Vgl. Bonfadelli 1999, S. 121, 122
[2] Rosebrock 2006, S. 153
[3] Vgl. ebd.
[4] Ebd., S. 154
[5] Vgl. ebd., S. 155
[6] Zit. nach Rosebrock 2006, S. 155
[7] Vgl. Rosebrock 2006, S. 155
[8] Bofandelli 1998, S. 48
[9] Rosebrock 2006, S. 155
[10] Vgl. Deutsches PISA-Konsortium 2001, S. 361ff.
[11] Böck/Wallner-Paschon 2002, S. 24
[12] Ebd.
[13] Vgl. Lesesozialisation Bd.1 1993, S. 52
[14] Vgl. Dahrendorf 1996, S. 79, Lesesozialisation Bd.1 1993, S. 51, Rosebrock 2006, S. 155
[15] Rosebrock 2006, S. 155, 156
[16] Bonfadelli 1996, S. 53
[17] Hurrelmann 2004a, S. 169
[18] Vgl. Bonfadelli 1996, S. 60, Böck/Wallner-Paschin 2002, S. 20, 21
- Arbeit zitieren
- Natalie Schlee (Autor:in), 2008, Bedingungen der Lesesozialisation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94616
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