Nach Aussage der amerikanischen Unternehmensberatung Stern Stewart & Co ist „in einer Marktwirtschaft. Wertsteigerung das ultimative Ziel einer Unternehmung und sollte daher oberste Priorität haben!“
Bereits im Jahr 1986 veröffentlichte der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Alfred Rappaport sein Buch mit dem Titel „Creating Shareholder Value. The New Standard for Business Performance“, welches bis heute als Standardwerk der wertorientierten Unterneh-mensführung betrachtet wird. Seitdem richten immer mehr Unternehmen ihr Ziel auf eine nachhaltige Wertsteigerung und orientieren sich somit am Shareholder Value. An der Spitze der Shareholder Value-Bewegung steht der „Economic Value Added“-Ansatz ¬– kurz EVA –, dessen Analyse und Bewertung im ständigen Mittelpunkt dieser Arbeit stehen. EVA stellt das in der Praxis am häufigsten verwendete Verfahren zur Beurteilung und Steuerung der Wert-entwicklung eines Unternehmens und einzelner Geschäftsbereiche dar.
Diese Arbeit soll aufzeigen, warum die wertorientierte Unternehmenssteuerung die Gewinnmaximierung als primäres Unternehmensziel immer mehr ablöst. Zudem wird in diesem Zusammenhang erläutert, wie EVA es schafft, den Interessenkonflikt zwischen Aktionären und Managern zu beseitigen. Neben grundlegenden Bestandteilen werden auch die Basisgrößen des EVA, seine Berechnungsmöglichkeiten und Vorzüge dargelegt und es wird geklärt, wie die Kennzahl auch als Vergütungssystem vorteilhaft eingesetzt werden kann. Richtet ein Unternehmen seine unternehmerische Tätigkeit konsequent auf die positive Ent-wicklung des Unternehmenswertes, entspricht diese Vorgehensweise dem Konzept des Share-holder Value , welches den (Markt)Wert des Eigenkapitals bezeichnet.
Im Mittelpunkt des Shareholder Value-Ansatzes steht allein der Anteilseigner und dessen In-teresse an der Verbesserung seiner Vermögensposition.
Aber aus welchem Grund weicht ein Unternehmen immer mehr vom Grundgedanken der Ge-winnmaximierung – als eigentliche Zielsetzung der Unternehmensführung – ab und handelt fast ausschließlich im Sinne der Aktionäre?
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einführung
2. Wertorientierte Unternehmenspolitik
2.1 Shareholder Value statt Gewinnmaximierung
2.2 Marktwertorientiertes Unternehmenscontrolling
3. Grundlagen des E(conomic) V(alue) A(dded)
3.1 Begriff und Wesen des EVA
3.2 Brücke zwischen Buchhaltung und EVA
3.3 EVA-Anpassungsspektrum
4. Berechnung des EVA
4.1 Capital Charge- und Value Spread-Formel
4.2 Basisgrößen des EVA
4.2.1 Ermittlung des operativen Gewinns nach Steuern und vor Zinsen (NOPAT)
4.2.2 Ermittlung des investierten Kapitals (NOA)
4.2.3 Bestimmung der gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC)
5. EVA als Entlohnungsinstrument
6. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Internetverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Shareholder Value
Abbildung 2: Gewinnorientierte versus unternehmenswertorientierte Betrachtung
Abbildung 3: Verfahren zur Bestimmung des Unternehmenswertbeitrags
Abbildung 4: Kennzahlen der Unternehmensanalyse
Abbildung 5: Einperioden- und Mehrperioden-Betrachtung
Abbildung 6: Zusammenhang zwischen EVA und Shareholder Value
Abbildung 7: Werthebelbaum zur Berechnung des EVA (1)
Abbildung 8: Werthebelbaum zur Berechnung des EVA (2)
Abbildung 9: Die vier wesentlichen Konversionen beim EVA-Verfahren
Abbildung 10: EVA-Spektrum
Abbildung 11: Ermittlung des EVA auf Grundlagen der externen Rechnungslegung
Abbildung 12: Capital Charge- und Value Spread-Formel
Abbildung 13: Einfluss der Capital Charge-Formel auf den EVA
Abbildung 14: Zusammenhang zwischen Investitionsrendite und Gesamtkapitalkostensatz
Abbildung 15: Steigerungsmöglichkeiten des EVA
Abbildung 16: Beispielrechnung des EVA
Abbildung 17: Ermittlung der Basisgröße NOPAT
Abbildung 18: Ermittlung der Basisgröße NOA
Abbildung 19: Zusammensetzung des Gesamtkapitalkostensatzes (WACC)
Abbildung 20: Zusammenhang von Kapitalkosten, NOPAT und Wertbeitrag (EVA)
Abbildung 21: Kontinuierlich zunehmender EVA bei sinkenden Kapitalkosten
Abbildung 22: Traditioneller Bonusplan ohne Ausrichtung nach EVA
Abbildung 23: Bonusplan nach EVA
Abbildung 24: Werthebelmodell mit nicht-monetären Werttreibern
Abbildung 25: EVA-Treibergrößen
1. Einführung
Nach Aussage der amerikanischen Unternehmensberatung Stern Stewart & Co ist „in einer Marktwirtschaft .. Wertsteigerung das ultimative Ziel einer Unternehmung und sollte daher oberste Priorität haben!“[1]
Bereits im Jahr 1986 veröffentlichte der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Alfred Rappaport sein Buch mit dem Titel „Creating Shareholder Value. The New Standard for Business Performance“, welches bis heute als Standardwerk der wertorientierten Unterneh-mensführung betrachtet wird. Seitdem richten immer mehr Unternehmen ihr Ziel auf eine nachhaltige Wertsteigerung und orientieren sich somit am Shareholder Value. An der Spitze der Shareholder Value-Bewegung steht der „Economic Value Added“-Ansatz – kurz EVA –, dessen Analyse und Bewertung im ständigen Mittelpunkt dieser Arbeit stehen. EVA stellt das in der Praxis am häufigsten verwendete Verfahren zur Beurteilung und Steuerung der Wert-entwicklung eines Unternehmens und einzelner Geschäftsbereiche dar.[2]
Diese Arbeit soll aufzeigen, warum die wertorientierte Unternehmenssteuerung die Gewinn-maximierung als primäres Unternehmensziel immer mehr ablöst. Zudem wird in diesem Zu-sammenhang erläutert, wie EVA es schafft, den Interessenkonflikt zwischen Aktionären und Managern zu beseitigen. Neben grundlegenden Bestandteilen werden auch die Basisgrößen des EVA, seine Berechnungsmöglichkeiten und Vorzüge dargelegt und es wird geklärt, wie die Kennzahl auch als Vergütungssystem vorteilhaft eingesetzt werden kann.
2. Wertorientierte Unternehmenspolitik
2.1 Shareholder Value statt Gewinnmaximierung
Richtet ein Unternehmen seine unternehmerische Tätigkeit konsequent auf die positive Ent-wicklung des Unternehmenswertes, entspricht diese Vorgehensweise dem Konzept des Share-holder Value[3], welches den (Markt)Wert des Eigenkapitals[4]bezeichnet.[5]
Im Mittelpunkt des Shareholder Value-Ansatzes steht allein der Anteilseigner[6]und dessen In-teresse an der Verbesserung seiner Vermögensposition.[7]
Aber aus welchem Grund weicht ein Unternehmen immer mehr vom Grundgedanken der Ge-winnmaximierung – als eigentliche Zielsetzung der Unternehmensführung – ab und handelt fast ausschließlich im Sinne der Aktionäre?
Die Antwort liegt in den oftmals nicht vorhandenen Innenfinanzierungsmöglichkeiten eines Unternehmens, die insbesondere bei Investitionen im größeren Umfang an ihre Grenzen stoßen. Demzufolge muss sich das Unternehmen das benötigte Kapital über eine Außenfinan-zierung beschaffen. Da der Bezug von Fremdkapital über Banken oder andere Kapitalmarkt-institutionen meist nur in begrenztem Umfang zur Verfügung steht, bleibt dem Unternehmen lediglich die Möglichkeit der Kapitalbeschaffung über Eigenkapitalgeber. Diese ist in der Regel teurer, da die Eigenkapitalgeber – im Gegensatz zum vertraglich geregelten Rückzah-lungsanspruch einer Bank – ein deutlich höheres Risiko eingehen.[8]Folglich liegen auch deren Erwartungen an eine rentable Vergütung[9]höher. Demnach kann nur die Ausrichtung auf eine angemessene und nachhaltige Unternehmenswertsteigerung den Verzinsungserwartungen der Aktionäre gerecht werden und eine langfristige Unterstützung derer gewährleisten.[10]Zudem hat eine unternehmenswertorientierte Betrachtung – im Unterschied zur gewinnorientierten Unternehmenspolitik – den Vorteil, dass der Interessenkonflikt zwischen Management und In-vestoren (siehe Anhang, Abb. 2) aufgehoben wird, da nun beide das gleiche Ziel verfolgen.
2.2 Marktwertorientiertes Unternehmenscontrolling
Kennzahlen sind heutzutage als Steuerungsgrößen aus dem operativen und strategischen Un-ternehmenscontrolling nicht mehr wegzudenken und können – solange sie regelmäßig und nicht sporadisch aufgestellt werden – Stärken und Schwächen des Unternehmens oder auser-wählter Teilbereiche des Unternehmens aufdecken. Des Weiteren fassen Kennzahlen betrieb-liche Daten übersichtlich zusammen. Sie dienen dem Management als schnelle und flexible Entscheidungsgrundlage und beeinflussen maßgeblich dessen unternehmerisches Handeln.[11]
Da den Eigenkapitalgebern eine solch große Bedeutung beigemessen wird, sollten ihnen ne-ben traditionellen Kennzahlen wie Jahres- und Umsatzüberschuss auch wertorientierte Kenn-zahlen als Informationsbasis zur Verfügung gestellt werden. Diese ermöglichen den Inves-toren eine objektivere Bewertung der heutigen und zukünftigen Vermögens-, Finanz- und Er-tragslage eines Unternehmens. Drei Ansätze zur wertorientierten Unternehmenspolitik sind: Der Discounted Cash Flow (DCF), der Cash Flow ROI (CFROI) und der im Rahmen dieser Arbeit untersuchte Economic Value Added (EVA).[12]
Zudem unterscheidet das marktwertorientierte Controlling zwei wesentliche Steuerungs- und Bewertungsverfahren. Zum einen werden mehrperiodische dynamische Verfahren eingesetzt,
um zum Beispiel Investitionen oder Produktprogramme in einer Totalbetrachtung über den ganzen Lebenszyklus bewerten zu können. Beispiele einer mehrperiodischen Betrachtung der Performance sind die DCF-Methode oder die MVA-Methode. Dabei steht MVA für „Market Value Added“ und spiegelt den Barwert[13]aller zukünftig erwarteten EVAs wider. Des Wei-teren kann die Erfolgsbetrachtung auch periodenbezogen dargestellt werden, wie es beim Cash Value Added- (CVA) oder EVA-Verfahren der Fall ist.[14](siehe Anhang, Abb. 5)
3. Grundlagen des E(conomic) V(alue) A(dded)
3.1 Begriff und Wesen des EVA
Die Abkürzung EVA steht für den englischsprachigen Begriff „Economic Value Added“ und bedeutet soviel wie „wirtschaftliche Wertschöpfung“ oder „Wertbeitrag“. EVA stellt eine Be-messungsgrundlage für die Leistungsfähigkeit dar und dient damit als absolute Kennzahl der Erfolgsanalyse eines Unternehmens- oder Unternehmensbereiches.[15]
Entwickelt wurde die Kennzahl EVA von der international führenden Unternehmensberatung Stern Stewart & Co, die Unternehmen darin unterstützt, kontinuierlich Wert zu schaffen.[16]
EVA ist ein eingetragenes Warenzeichen der Stern Stewart & Co. und basiert auf dem 1992 erschienenen Werk „The Quest for Value – A Guide for Senior Managers“,[17]obgleich die Wurzeln des EVA bereits in den Anfängen der Marktwirtschaft selbst zu finden sind.[18]
EVA unterscheidet sich von den meisten anderen Maßstäben, weil die Kennzahl den Gewinn mit den gesamten Kapitalkosten der Unternehmung – also Fremd- und Eigenkapitalkosten – belastet.[19]Dabei bezeichnen die Kapitalkosten die „Mindestverzinsung“[20], die erwirtschaftet werden muss, um den Erwartungen der Kapitalgeber gerecht zu werden.[21]Geht der erzielte Gewinn über die Deckung der Kapitalkosten hinaus, hat das Unternehmen einen Überge-winn[22]erzielt und somit Wert geschaffen.[23]Dieser Übergewinn wird mit der Zahl EVA dar-gestellt, welche aufgrund dessen auch den Namen Übergewinn- bzw. Residualgewinnkonzept erhalten hat.[24](siehe Anhang, Abb. 7 und Abb. 8) Der zusätzliche Gewinn kann – je nach Bedarf – entweder ebenfalls an Anteilseigner ausgeschüttet oder neu investiert werden.[25]
3.2 Brücke zwischen Buchhaltung und EVA
Zahlreiche Neuerungen trugen in den letzten Jahrzehnten dazu bei, dass sich die buchhalter-ischen Vorschriften immer weiter von der ökonomischen Realität entfernt haben. Der Grund dieser Entwicklung liegt insbesondere darin, dass Bilanzen früher in erster Linie für die Kre-ditgeber aufgestellt wurden. Diese sind jedoch ausschließlich daran interessiert, dass ihre Kre-dite im Konkursfall gedeckt werden können. Demnach werden die Bilanzposten im Rech-nungswesen fast ausnahmslos – gemäß dem Vorsichtsprinzip – nach dem niedrigsten Zahlen-ansatz bewertet. Bilanzen zeigen somit das finanzielle Minimum, was bei einer Unternehm-ensauflösung erwartet werden kann.[26]
Die Ursache dafür, warum „die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und des Rech-nungswesens ganz und gar nicht zu der Geschäftswelt passen, die in den kommenden Jahr-zehnten wohl den Ton angeben wird“[27], liegt in der – im Vergleich zum Kreditgeber – völlig anderen Sichtweise von Eigentümern und Managern. Denn diese betrachten Unternehmen richtigerweise nicht als baldige Konkursfälle, sondern als solche, die auch in Zukunft eine adäquate Rendite erwirtschaften. Demnach sollte eine Bilanz oder Erfolgsrechnung heutzu-tage vielmehr den Interessen von Managern und Aktionären dienen und die finanzielle Situa-tion und Performance[28]eines Unternehmens widerspiegeln.
So sind Manager und Anteilseigner bspw. nicht am Marktwert des Vermögens[29]interessiert.
Aktionäre benötigen vielmehr einen Bewertungsmaßstab, der ihnen zeigt, ob ihre Entschei-dung zur Kapitalbereitstellung richtig oder falsch war.[30]Auch Manager erfordern eher eine Messgröße, die ihnen veranschaulicht, wie gut sie gearbeitet haben und welcher Teil übrig bleibt, um die Ansprüche der Eigenkapitalgeber nach Wertzuwachs erfüllen zu können.[31]
Solch ein Maßstab wurde mit der Größe EVA entwickelt. Während in der herkömmlichen Buchhaltung das Eigenkapital als „kostenlos“[32]angesehen wird, fließen in der Berechnung des EVA – wie in Kapitel 3.1 aufgezeigt – die gesamten Kapitalkosten ein. Ermöglicht wird dies, da mittels EVA Buchwerte[33]in Geschäftsvermögen umgewandelt werden. So können mit EVA zwar nicht die Richtlinien für die Bilanzierung ersetzt werden, dennoch lohnt es sich die Kennzahl für interne Entscheidungen heranzuziehen oder sie im Interesse der Investoren als zusätzliche Information zu veröffentlichen.[34]
3.3 EVA-Anpassungsspektrum
Bevor ein Unternehmen den EVA berechnet, sollte es sich entscheiden, inwieweit es eine An-passung der Rechnungslegungsdaten vornimmt. Stern Stewart & Co. sehen bei der Ermittlung des EVA über 160 Anpassungsmaßnahmen vor, von denen jedoch nicht alle als praktisch re-levant beurteilt werden.[35]Im Allgemeinen kann gesagt werden, dass jede Anpassung zu einer Verbesserung von Geschäftsergebnis und Geschäftsvermögen führt. Für Anteilseigner und Manager wird dadurch ein Maßstab erstellt, der vielmehr der Realität entspricht, da der EVA die echten wirtschaftlichen Erträge widerspiegelt.[36]Aufgrund des Umfangs und der Themen-tiefe dieser Arbeit wird auf eine Aufzählung der Anpassungsmöglichkeiten weitgehend ver-zichtet. Lediglich in den Kapiteln 4.2.1 und 4.2.2 werden vereinzelte Beispiele aufgezeigt.
Stern Stewart unterscheidet beim EVA vier Stufen (siehe Anhang, Abb. 10), die nach der An-zahl vorgenommener Anpassungen eingeteilt werden. Beginnend mit dem „Basis EVA“, bei welchem lediglich die Eigenkapitalkosten berücksichtigt werden, aber keine Wertberichtigung der Daten aus dem Rechnungswesen erfolgt, bis hin zum „echten“ EVA, in dessen Berech-nung alle relevanten Anpassungen aufgenommen werden.[37]In der Praxis ist der „echte“ EVA allerdings kaum umsetzbar, da dessen Kalkulation für Unternehmen zu zeitaufwendig und kompliziert ist. Zudem ist im Falle eines Ranking, aufgrund der zu bearbeitenden Daten-menge, eine Vereinfachung unausweichlich.[38]Stern Stewart sieht es vor, in der Praxis einen „maßgeschneiderten“ EVA zu wählen, der individuell an Organisationsstruktur, Geschäftsfel-der und Strategie des Unternehmens angepasst wird. Zur Berechnung des eigenen optimalen EVAs benötigen Unternehmen, nach der Erfahrung von Stern Stewart, nicht mehr als 15 Wertberichtigungen. Wichtig ist, dass die einmal definierte Formel unverändert bleibt, um ihre Nachvollziehbarkeit und Periodenvergleichbarkeit gewährleisten zu können.[39]
Die Ausführungen über den „maßgeschneiderten“ EVA zeigen, dass insgesamt eine Unzahl an EVA-Formeln existieren muss. Sicherlich wird dadurch die Vergleichbarkeit von Unter-nehmen erschwert, was aber nicht als herausragende Schwäche gesehen werden sollte. Viel-mehr ist es gerade die Flexibilität, die EVA als Kenngröße ausmacht. Auch die einfache Dar-stellung und das leichte Verständnis führen dazu, dass das EVA-Verfahren manch anderen Messungen vorgezogen wird.[40]So setzen mittlerweile viele große Unternehmen wie Coca Cola, Metro, Procter & Gamble und Siemens EVA als Steuerungsgröße im Konzern ein.[41]
4. Berechnung des EVA
4.1 Capital Charge- und Value Spread-Formel
Die Berechnung des EVA erfolgt auf Größen der externen Rechnungslegung und bedarf der drei Basiselemente NOPAT (Net Operating Profit after Taxes = operativer Gewinn[42]nach Steuern), NOA (Net Operating Assets = investiertes Kapital) und WACC (Weighted Average Cost of Capital = Gesamtkapitalkostensatz), welche in Kapitel 4.2 näher erläutert werden.[43]
Der EVA einer Periode ergibt sich aus der Differenz des operativen Ergebnis (NOPAT), vor Zinsen und nach Steuern, und den Kapitalkosten[44](NOA x WACC).[45]Die Ermittlung des EVA nach der so genannte Capital Charge-Formel lautet demnach wie folgt: EVA = NOPAT – NOA x WACC. Positiv ist der EVA immer dann, wenn das operative Ergebnis größer ist, als die Kosten des eingesetzten Kapitals.[46](siehe Anhang, Abb. 13)
Alternativ kann der EVA auch anhand der Value Spread-Formel bestimmt werden: EVA = (ROCE[47]– WACC) x NOA.[48]Dabei entspricht die periodische Erfolgsgröße ROCE (Return on Capital Employed= Investitionsrendite) der Rendite auf das eingesetzte Kapital und be-schreibt, wie effizient ein Unternehmen mit dem eingesetzten Kapital gewirtschaftet hat. Be-rechnet wird der ROCE als Quotient aus NOPAT und NOA.[49]Der ROCE ist mit dem ROI (Return on Investment) vergleichbar, wobei sich der ROCE – im Gegensatz zum ROI – nur auf das investierte und im Unternehmen gebundene Kapital bezieht. Deshalb müssen alle Ver-mögenspositionen, die den Charakter liquider Mittel aufweisen herausgerechnet werden. Dazu gehören kurzfristige Verbindlichkeiten, kurzfristige Forderungen, Bank- und Kassenbestände.
Die Value Spread-Formel hat zum Vorteil, dass eine Wertsteigerung (positiver EVA) bzw. Wertvernichtung (negativer EVA) leicht zu erkennen ist. Denn wenn die realisierte Rendite (ROCE) größer (kleiner) ist als der Gesamtkapitalkostensatz (WACC), dann ist der EVA positiv (negativ). Die Investition des Unternehmens hat in dieser Periode Wert geschaffen (Wert vernichtet).[50](siehe Anhang, Abb. 14)
Dennoch kann das Unternehmen frei wählen, welche Formel es anwenden möchte, da beide Formeln – egal ob Capitel Charge oder Value Spread – das gleiche Ergebnis liefern. (siehe Beispiel im Anhang, Abb. 16)
4.2 Basisgrößen des EVA
4.2.1 Ermittlung des operativen Gewinns nach Steuern und vor Zinsen (NOPAT)
Das Kürzel NOPAT steht für „Net Operating Profit after Taxes“ und spiegelt den betrieblich-en Gewinn nach Steuern und vor Zinsen wider.
Die Ermittlung des NOPAT (siehe Anhang, Abb. 17) beruht auf dem in der Gewinn- und Ver-lustrechnung ausgewiesenen Jahresüberschuss, welcher zunächst „vor Steuern“ ausgewiesen wird. Danach werden unter der Prämisse, dass sich das Unternehmen ausschließlich eigen-finanziert, die Zinsaufwendungen hinzuaddiert. Ergebnis dieser Berechnung ist der „Earnings before Interest and Taxes“ (EBIT) bzw. das „Ergebnis vor Zinsen und Steuern“. Im nächsten Schritt müssen auf den EBIT einige Adjustierungen[51]vorgenommen werden. So bleiben bspw. außerordentliche Aufwands- und Ertragskomponente (z. B. Wertpapiererträge) bei der Berechnung unberücksichtigt, da der NOPAT lediglich das operative gewöhnliche Ergebnis aufzeigt. Vorgenommene Abschreibungen auf den Geschäftswert müssen hinzuaddiert wer-den, wenn keine Wertminderungen festgestellt werden konnten.[52]Darüber hinaus werden Finanzierungskosten vom NOPAT abgezogen, da diese bereits Bestandteile des WACC sind.[53]
Nach allen Korrekturen erfolgt zum Schluss die tatsächliche Steuerbelastung und der „betrieb-liche Gewinn nach Steuern und vor Zinsen“ (NOPAT) wurde erfolgreich ermittelt.[54]
4.2.2 Ermittlung des investierten Kapitals (NOA)
Die Vermögensgröße NOA steht für „Net Operating Assets und bezeichnet das investierte Kapital[55]eines Unternehmens oder eines einzelnen Bereiches im Unternehmen.
Zur Berechnung des eingesetzten Kapitals (siehe Anhang, Abb. 18) kann sowohl die Aktiv-seite (Operating Approach) als auch die Passivseite (Financing Approach) der Bilanz herange-zogen werden.[56]Auch hier ist es das Ziel, alle bilanzpolitischen Verzerrungen soweit wie möglich zu eliminieren, um das bereinigte buchmäßige Kapital (NOA) ausweisen zu können.[57]
Da sowohl das Operating Approach- als auch das Financing Approach-Verfahren das gleiche Ergebnis liefern, wird empfohlen nach Ersterem vorzugehen. Hintergrund dieser Empfehlung liegt darin, dass wie beim NOPAT nur solche Vermögenspositionen angesetzt werden sollen,
die den operativen Prozessen und somit der Wertschöpfung zur Verfügung stehen.[58]Demzufolge müssen alle nicht betriebsnotwendigen Bestandteile vom NOA abgezogen wer-den, da diese – wie es ihr Name schon besagt – nicht dem Geschäftsbetrieb dienen. Die Zu-ordnung betriebsnotwendiger und nicht betriebsnotwendiger Vermögensbestandteile ist auf der Passivseite der Bilanz jedoch nicht so eindeutig wie auf der Aktivseite und kann zu einer fehlerhaften Berechnung der Größe NOA, und somit zu einem verfälschten EVA-Wert, führen.[59]
[...]
[1]Ehrbar, A. (1999), S. 14.
[2]Vgl. Stern, J./Shierly, J./Ross, I. (2002), S. 9.
[3]Shareholder Value = Unternehmenswert – Fremdkapital (siehe Anhang, Abb.1).
[4]Der Marktwert des Eigenkapitals berechnet sich bei Börsennotierung aus der Aktienanzahl x den Börsenkurs.
[5]Vgl. Perridon, L./Steiner, M. (2007), S. 14f; Wöhe G./Döring, U. (2005), S. 65.
[6]Aktionär, Eigenkapitalgeber oder Shareholder stehen Synonym für den Begriff Anteilseigner.
[7]Vgl. Perridon, L./Steiner, M. (2007), S. 14f.
[8]Vgl. Horváth, P. et al. (2006), S. 224f.
[9]Zinsen oder Dividenden stellen bspw. Vergütungen für Eigenkapitalgeber dar.
[10]Vgl. Horváth, P. et al. (2006), S. 224f.
[11]Vgl. Hummel, T. (2003), S. 556ff.
[12]Vgl. Horváth, P. et al. (2006), S. 226f; Lachnit, L./Müller, S. (2006), S. 227f.
[13]Barwert ist der Wert, den eine zukünftige Zahlung zum heutigen Zeitpunkt besitzt.
[14]Vgl. Horváth, P. et al. (2006), S. 226f; Lachnit, L./Müller, S. (2006), S. 227f.
[15]Vgl. Ehrbar, A. (1999), S. 25.
[16]Vgl. Stern Stewart & Co. (2007), S. 1.
[17]Vgl. Ebenda, S. 1.
[18]Vgl. Ehrbar, A. (1999), S. 30.
[19]Vgl. Ebenda, S. 25.
[20]Diese „Mindestverzinsung“ wird auch als Cut-Off- oder Hudle-Rate bezeichnet.
[21]Vgl. Lachnit, L./Müller, S. (2006), S. 227ff.
[22]Residualgewinn oder ökonomischer Gewinn stehen synonym für Übergewinn.
[23]Vgl. Töpfer, A. (2007), S. 1124.
[24]Vgl. Fischer, T. (1999), S. 3.
[25]Vgl. Töpfer, A. (2007), S. 114.
[26]Vgl. Ehrbar, A. (1999), S. 173f.
[27]Ehrbar, A. (1999), S. 175.
[28]Performance steht synonym für Wertentwicklung.
[29]Der Marktwert des Vermögens entspricht dem Liquidationswert bei einer Unternehmensauflösung.
[30]Vgl. Ehrbar, A. (1999), S. 173ff.
[31]Vgl. Töpfer, A. (2007), S. 1124; Ehrbar, A. (1999), S. 175.
[32]In der Gewinn- und Verlustrechnung werden die Kosten des Eigenkapitals nicht berücksichtigt.
[33]Es fließen demnach keine aktuellen Werte in der Berechnung des EVA ein, sondern lediglich Buchwerte.
[34]Vgl. Ehrbar, A. (1999), S. 175.
[35]Vgl. Ehrbar, A. (1999), S. 176.
[36]Vgl. Ebenda, S. 175f.
[37]Vgl. Ebenda, S. 176f.
[38]Vgl. Bach, D. (2007), S. 32.
[39]Vgl. Ehrbar, A. (1999), S. 177f.
[40]Vgl. Ebenda, S. 177f.
[41]Vgl. Fischer, T. (1999), S. 3.
[42]Betriebsergebnis, Betriebsgewinn, Geschäfts- und Periodenergebnis stehen synonym für operativen Gewinn.
[43]Vgl. Fischer, T. (1999), S. 3.; Kaminski, T. (2006), S. 37.
[44]Die Kapitalkosten setzen sich aus dem Zinsaufwand für Fremdkapital sowie dem Zinsaufwand von Eigenkapital zusammen.
[45]Vgl. Fischer, T. (1999), S. 2.
[46]Vgl. Kaminski, T. (2006), S. 37.
[47]Alternativ für ROCE (Return on Capital Employed) kann auch ROIC (Return on Invested Capital) stehen.
[48]Vgl. Kaminski, T. (2006), S. 38.
[49]Vgl. Fischer, T. (1999), S. 38.
[50]Vgl. Ebenda, S. 2.
[51]Adjustierungen (oder engl. Adjustments) bezeichnen die in Kapitel 4.1 erwähnten betrieblichen Anpassungen.
[52]Vgl. Fischer, T. (1999), S. 6f.
[53]Vgl. Kaminski, T. (2006), S. 44ff.
[54]Vgl. Fischer, T. (1999), S. 9.
[55]Mitunter wird das investierte Kapital auch einfach als „Capital“ oder Geschäftsvermögen bezeichnet.
[56]Vgl. Eidel, U. (2000), S. 236.
[57]Vgl. Bach, D. (2007), S. 35.
[58]Vgl. Töpfer, A. (2007), S. 1124.
[59]Vgl. Kaminski, T. (2006), S. 41f.
- Arbeit zitieren
- Susann Bartsch (Autor:in), 2007, EVA als Instrument zur Steuerung von Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94608
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