Dieses Ereignis spiegelt einen modernen Trend in der kommunalen Versorgungspolitik der letzten Jahre wider. Seit Beginn der Privatisierungswelle in den 1990er Jahren veräußert die öffentliche Hand aus Kostengründen immer mehr ihrer ehemals hoheitlichen Aufgaben an private Akteure aus der Wirtschaft. Was heute in der Energieversorgung deutlich sichtbar ist, nimmt auch im Bereich der Wasserversorgung immer mehr zu. Darin ist auch die Hoffnung erkennbar, dass sich durch die Privatisierung ein Wettbewerb auf dem Wassermarkt, ähnlich dem der Telekommunikationsbranche entwickelt. Dies würde auch zu einer Verringerung des Wasserpreises für die Verbraucher führen, womit zwei Ziele auf einmal erreicht wären: Finanzielle Einsparungen der öffentlichen Hand und Kostensenkungen für die Bevölkerung.
Jedoch garantiert die Entledigung der Aufgaben durch Privatisierung, noch keinen günstigeren Wasserpreis. Vielmehr muss dafür gesorgt werden, dass die Anbieter dem Wettbewerb ausgesetzt und mögliche, verbleibende Monopolbereiche überwacht und reguliert werden. Die öffentliche Hand hat damit zwar die Aufgabe der Wasserversorgung abgegeben, muss die Versorgung jedoch weiterhin gewährleisten wofür der institutionelle Rahmen dementsprechend geregelt werden muss. Es ist auch zu klären, ob die öffentliche Hand überhaupt in der Lage ist, diese Kontrolle zu leisten und wenn ja, unter welchen Bedingungen dies geschehen kann. Grundsätzlich ist dies nur machbar, wenn die kommunale Verwaltung überhaupt die Möglichkeit hat, die Wasserversorgung als essentielle Daseinsvorsorge an Dritte abzugeben. Da die Veräußerung an Dritte rechtlich machbar ist, muss geklärt werden, in wie weit es der öffentlichen Hand weiterhin möglich sein kann, nachhaltig eine Wasserversorgung für die Bevölkerung sicherzustellen. Staatsrechtlich ist es dem Staat nicht erlaubt in Vorgänge der privaten Wirtschaft einzugreifen. Zudem muss der Einstieg für private Akteure einen gewissen Reiz haben, weshalb gesetzliche Vorgaben liberal gestalten sein sollten.
Art der Privatisierung und institutioneller Rahmen müssen sicherstellen, dass es dem Staat weiterhin möglichen ist, auf vertraglichem Wege die abgegebene Leistung zu regulieren um seinen Einfluss auf die essentielle Wasserversorgung nicht zu verlieren. Durch den gleichzeitigen Versuch durch Privatisierung Kosten zu senken und der Daseinsvorsorge gerecht zu werden, ist ein Wandel im Staatsverständnis vom Wohlfahrtsstaat hin zum Gewährleistungsstaat unausweichlich. Die daraus resultierende Doppelrolle des Staates führt jedoch zu einem Zielkonflikt auf der Policy-Ebene, auf den entsprechend reagiert werden muss.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische Vorklärung
2.1 Institutioneller Rahmen
2.2. Kooperation zwischen Staat und privatem Akteur
2.3. Public Private Partnership als Form der Kooperation zwischen Staat und privatem Akteur
2.4. Das neue Staatsverständnis
2.5. Der Begriff der Regulierung
2.6. Akteure
2.7. Zwischenfazit/ Zusammenfassung
3. Forschungsgrundlagen
3.1. Der Ansatz des „Akteurszentrierten Institutionalismus“
3.2. Die Forschungsfrage
3.3. Darstellung der weiteren Vorgehensweise
4. Forschungsdesign
4.1. Erwartungen
4.2. Überprüfung der Thesen an den Standards der Wasser- versorgung
4.2.1. Qualität
4.2.2. Versorgungsanspruch
4.2.3. Preisstabilität
4.2.4. Marktwirtschaftliche Gesichtspunkte
4.3. Zwischenzusammenfassung
5. Ergebnis der Untersuchungen
6. Ausblick
Literaturverzeichnis
Quellen im Internet
Abkürzungsverzeichnis:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis:
Tab. 1: Trinkwasserpreis in Stuttgart seit 2000 (€/m³):
Tab. 2: Wasserabgabe an Letztverbraucher insgesamt in Stuttgart in 1.000m³:
1. Einleitung
„Stuttgart ist die einzige Großstadt in Deutschland, die ihre komplette Wasserversorgung an einen Energiekonzern verkauft hat. Keine andere Stadt folgt diesem Beispiel. ´Stuttgart könnte jedes Jahr Millionengewinne einstreichen, hätte es noch eigene Stadtwerke´ zitiert die STZ Johannes von Bergen, den Geschäftsführer der Sindelfinger Stadtwerke [...].“
Stuttgarter Zeitung: Ausgabe vom 17.02.2007.
Dieses Ereignis spiegelt einen modernen Trend in der kommunalen Versorgungspolitik der letzten Jahre wider. Seit Beginn der Privatisierungswelle in den 1990er Jahren veräußert die öffentliche Hand aus Kostengründen immer mehr ihrer ehemals hoheitlichen Aufgaben an private Akteure aus der Wirtschaft. Was heute in der Energieversorgung deutlich sichtbar ist, nimmt auch im Bereich der Wasserversorgung immer mehr zu. Darin ist auch die Hoffnung erkennbar, dass sich durch die Privatisierung ein Wettbewerb auf dem Wassermarkt, ähnlich dem der Telekommunikationsbranche entwickelt. Dies würde auch zu einer Verringerung des Wasserpreises für die Verbraucher führen, womit zwei Ziele auf einmal erreicht wären: Finanzielle Einsparungen der öffentlichen Hand und Kostensenkungen für die Bevölkerung. (Stuchtey, 2002. S. 13ff)
Jedoch garantiert die Entledigung der Aufgaben durch Privatisierung, noch keinen günstigeren Wasserpreis. Vielmehr muss dafür gesorgt werden, dass die Anbieter dem Wettbewerb ausgesetzt und mögliche, verbleibende Monopolbereiche überwacht und reguliert werden. Die öffentliche Hand hat damit zwar die Aufgabe der Wasserversorgung abgegeben, muss die Versorgung jedoch weiterhin gewährleisten wofür der institutionelle Rahmen dementsprechend geregelt werden muss. Es ist auch zu klären, ob die öffentliche Hand überhaupt in der Lage ist, diese Kontrolle zu leisten und wenn ja, unter welchen Bedingungen dies geschehen kann. Grundsätzlich ist dies nur machbar, wenn die kommunale Verwaltung überhaupt die Möglichkeit hat, die Wasserversorgung als essentielle Daseinsvorsorge an Dritte abzugeben. Das Stuttgarter Beispiel, eines der wenigen Projekte in Deutschland, zeigt, dass die Umsetzung möglich ist. Auf Grund der geringen Fallzahl ist eine detaillierte empirische Untersuchung noch nicht möglich, weshalb die vorliegende Arbeit entsprechend analytisch vorgehen wird.
Da die Veräußerung an Dritte rechtlich machbar ist, muss geklärt werden, in wie weit es der öffentlichen Hand weiterhin möglich sein kann, nachhaltig eine Wasserversorgung für die Bevölkerung sicherzustellen. Staatsrechtlich ist es dem Staat nicht erlaubt in Vorgänge der privaten Wirtschaft einzugreifen. Zudem muss der Einstieg für private Akteure einen gewissen Reiz haben, weshalb gesetzliche Vorgaben liberal gestalten sein sollten.
Art der Privatisierung und institutioneller Rahmen müssen sicherstellen, dass es dem Staat weiterhin möglichen ist, auf vertraglichem Wege die abgegebene Leistung zu regulieren um seinen Einfluss auf die essentielle Wasserversorgung nicht zu verlieren. Durch den gleichzeitigen Versuch durch Privatisierung Kosten zu senken und der Daseinsvorsorge gerecht zu werden, ist ein Wandel im Staatsverständnis vom Wohlfahrtsstaat hin zum Gewährleistungsstaat unausweichlich. Die daraus resultierende Doppelrolle des Staates führt jedoch zu einem Zielkonflikt auf der Policy-Ebene, auf den entsprechend reagiert werden muss.
2. Theoretische Vorklärungen
Die angesprochenen Konstellationen auf Policy-Ebene sind so weitläufig, dass eine genaue Eingrenzung nötig ist, um überhaupt verwendbare Ergebnisse erzielen zu können. Dies beinhaltet einerseits Akteure und Institutionen auf der Handlungsebene, andererseits die neue Staatsdefinition. Dazu wird ein theoretischer Ansatz benötigt, mit dessen Hilfe die Situation untersucht werden soll.
2.1. Institutioneller Rahmen
Die institutionellen Gefüge des Staates bilden die Grundlage der gesamten Handlungen. Daher muss zuerst gezeigt werden, wie es institutionell möglich ist, dass die Wasserversorgung als bisherige Versorgungsaufgabe der öffentlichen Hand an private Unternehmen abgegeben werden kann.
Es ist Tatsache, dass in Stuttgart das Wassernetz bereits 2007 komplett an die EnBW veräußert wurde. Die Wasserversorgung gilt in Deutschland als eine klassische Gemeindeaufgabe. Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) §§1, 7 und 7a sowie das GG, Art.70 schreiben die Zuständigkeit für Versorgungsleistungen den Ländern zu. Diese beauftragen in den Landeswassergesetzen, entsprechend dem WHG §21, die Kommunen mit dieser Leistung. Dies bleibt auch von EU-Seite her unberührt (Ellwein/Buck, 1995. S. 35ff). Die Rahmenkompetenz und die damit verbundene kartellrechtliche Aufsicht verbleibt nach Art. 75 GG grundsätzliche beim Bund. (Rehberg, 2001. S. 10). Damit entscheiden die Kommunen selbst über die Art und Weise der Versorgung, bedingt durch die Gewährleistung kommunaler Selbstverwaltung laut Art. 28, 1 GG. Kommunen sind in ihrer Eigenverantwortung nur der Tatsache der Ausführung der Wasser-versorgung verpflichtet, müssen sie aber nicht selbst übernehmen (Difu, 2008). Durch die herrschende Finanzknappheit, ist die Abgabe dieses bisher öffentlichen Sektors an private Akteure eine willkommene Möglichkeit die Verwaltung zu modernisieren und Gelder einzusparen. Darin spiegelt sich die bereits angesprochene Änderung der Staatsauffassung wieder.
Die Tatsache, dass die gesamten Vorgänge von Kommune und privatem Akteur auf der Policy-Ebene eng an institutionelle Rahmen gebunden sind, lässt es nur logisch erscheinen, sie aus institutionellem Blickwinkel zu untersuchen. Die Theorieströmungen des Institutionalismus in den Sozialwissenschaften sehen Politik und Wirtschaft unter Berücksichtigung institutioneller Bedingungen, individuellen und kollektiven Handelns und den dazugehörigen Akteurs-konstellationen. Besonders Institutionen, Handlungsfreiheiten und Interaktionen möglicher Akteure sind von enormer Bedeutung.
Öffentlichen Hand und Wirtschaftsunternehmen treten beide als eigen-ständige, kollektive Akteure auf und steuern mit Hilfe institutioneller Mittel eine Kooperation an. Die dargestellte Sichtweise impliziert, dass die notwendigen Formulierungen und Implementierungen in der öffentlichen Politik durch Akteure geleistet werden müssen, welche bereits positionell durch die institutionelle Struktur des politischen Systems festgelegt sind. Daher gestalten beide Seiten als handelnde Akteure die Politik (Schneider, 2003. S. 114).
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- Florian Huber (Author), 2007, Die Kooperation zwischen Staat und privatem Akteur am Beispiel des Public Private Partnership, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94606
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