‘Wir amüsieren uns zu Tode’ lautet der bekannte Titel des Buches von N. POSTMAN (1992). Beklagt wird darin die allmähliche Zerrüttung der Kulturtätigkeit durch das totale Entertainment. Der gewerbsmäßige Illusionismus, v. a. hervorgerufen durch elektronische Medien, gefährde die menschliche Urteilskraft und bereite die Unmündigkeit der Bürger vor, so die Behauptung POSTMANs.
Warum solch harte Worte gebrauchen, ist man geneigt zu fragen? Zwar sind Medien wie Hörfunk und Fernsehen allgegenwärtig, aber sie dienen ja schließlich auch der Information ihrer Rezipienten. Warum sich also gleich zu Tode amüsieren?
Auf dem hier in Frage stehenden schmalen Grad zwischen Information und Unterhaltung bewegen sich auch Talkshows, darunter insbesondere politische Talkshows. Getalkt wird dabei täglich in unterschiedlichen Sendern, wobei der eifrige Zuschauer unter 10 Shows ‘tagtäglich’ wählen kann.
Was konkret kann man sich unter der Talkshow vorstellen? Welche Ziele verfolgt sie? Gehört es zu den Aufgaben ihres ‘Talkmasters’ (im folgenden ‘Moderator’), Gespräche zu leiten? Und wenn ja, in welcher Weise wird das getan? Kann mit Hilfe sprecherzieherischer Kriterien das Leitungsverhalten des Moderators analysiert und über die Kommunikationskultur reflektiert werden?
Zur Untersuchung ausgewählt wurde die Talkshow TALK IM TURM. Motiviert wurde diese Wahl durch den themenzentrierten Anspruch der Sendung. Sie hebt sich durch ein scheinbar vernünftiges Miteinandersprechen von herkömmlichen Talkshows ab, da diese vorwiegend versuchen, durch amüsanten Klatsch und die Herausforderung ihrer Gäste zu verbalem Exhibitionismus und seelischem Striptease, zur Unterhaltung der Zuschauenden beizutragen. Die demokratische Kommunikationskultur, die auch zur (politischen und kritischen) Aufklärung der Zuschauer beisteuert, steht deshalb zur Diskussion (vgl. VOGT, 1996, S. 56).
Erkenntnisleitende Frage der Arbeit ist folglich, ob das Leitungsverhalten des Moderators Erich Böhme zur Verbesserung der demokratischen Kommunikationskultur im Fernsehen beiträgt.
Nach Problematisierung des Talkshow-Begriffs und der Intentionalität derselben, wird die ausgewählte Talkshow TALK IM TURM fokussiert. Dabei werden die konstituierenden Merkmale der Sendung beleuchtet und Folgerungen für den Untersuchungsgegenstand gezogen.
Inhaltsverzeichnis
- GEGENSTAND UND ZIELE
- THEORETISCHER TEIL
- DIE TALKSHOW - ZWISCHEN SCHILLERNDEM GENRE UND GROSSEM RHABABERN
- Definitionsprobleme
- Zur Intentionalität von Talkshows: informare und delectare?
- DIE TALKSHOW TALK IM TURM
- Äußerer Rahmen
- Gäste
- Der Moderator
- ZUR LEITUNG VON GESPRÄCHEN IN SPRECHERZIEHUNG/SPRECHWISSENSCHAFT
- Gesprächsleitung und/oder Moderation
- Moderatorennöte: Das Anforderungsprofil an den Moderator
- Zur Bedeutung der Sprechhandlung Fragen in der mündlichen Kommunikation
- Grundaufgaben der Gesprächsleitung
- Mit Fragen leiten
- Zeitrahmen, Beteiligung, Sachbezug, Stimmungen
- Polarisierungen in die Gruppe öffnen
- Gesprächsprozeß offenhalten
- Bündeln verteilen - bündeln
- EMPIRISCHER TEIL
- HYPOTHESENBILDUNG
- DAS UNTERSUCHUNGSMATERIAL
- Zur Transkription der Gespräche
- DATENERHEBUNG
- Beteiligung der Gesprächsteilnehmer und des Moderators Böhme
- Diskussion der Ergebnisse
- Analyse der Gesprächsbeiträge des Moderators Böhme
- Vorbemerkung
- Anteil der Fragen unter den Gesprächsbeiträgen Böhmes
- Frageformen: öffnend - schließend
- Fragetypen: Erklärung, Rechtfertigung, Ausgrenzung, Entscheidung, Suggestion
- Erklärung oder Rechtfertigung?
- Entscheidung
- Ausgrenzung
- Suggestion
- Zur Klärung nachfragen
- Diskussion der Ergebnisse
- FOLGERUNGEN UND PERSPEKTIVEN
- Die Relevanz und die Definition des Talkshow-Begriffs
- Die Intentionalität von Talkshows: Information versus Unterhaltung
- Die Analyse des Moderatorennöte und des Anforderungsprofils für die Gesprächsleitung
- Die Untersuchung der Bedeutung von Fragen in der mündlichen Kommunikation
- Die Evaluierung des Leitungsverhaltens von Erich Böhme im Hinblick auf die Verbesserung der demokratischen Kommunikationskultur im Fernsehen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht das Leitungsverhalten des Moderators Erich Böhme in der Talkshow "Talk im Turm" und beleuchtet dessen Einfluss auf die demokratische Kommunikationskultur im Fernsehen. Die Analyse fokussiert dabei auf die Gesprächsleitung, die Frageformen und die Rolle des Moderators in der Gestaltung eines konstruktiven Dialogs.
Zusammenfassung der Kapitel
Der theoretische Teil der Arbeit untersucht die Talkshow als Genre und stellt verschiedene Definitionsprobleme sowie die Frage nach der Intentionalität der Talkshow dar. Des Weiteren wird die ausgewählte Talkshow "Talk im Turm" im Detail analysiert, wobei die konstituierenden Merkmale der Sendung, die Gäste und die Rolle des Moderators beleuchtet werden. Das Leitungsverhalten von Moderatoren in Talkshows wird im Kontext der Sprecherziehung und Sprechwissenschaft betrachtet, wobei die Bedeutung von Fragen in der mündlichen Kommunikation und die Grundaufgaben der Gesprächsleitung im Fokus stehen. Die einzelnen Aufgaben der Gesprächsleitung werden im Detail beschrieben und mit sprecherzieherischen Kriterien analysiert.
Im empirischen Teil wird die Hypothesenbildung für die Analyse des Leitungsverhaltens von Erich Böhme vorgestellt. Das Untersuchungsobjekt, die Sendung "Talk im Turm", wird mit den verwendeten Methoden der Transkription der Gespräche näher erläutert. Die Datenanalyse der Gesprächsbeiträge des Moderators fokussiert auf den Anteil der Fragen, die Frageformen und die Fragetypen. Die Ergebnisse werden diskutiert und mit Bezug auf die gestellten Hypothesen ausgewertet.
Schlüsselwörter
Talkshow, Moderation, Gesprächsleitung, Sprechwissenschaft, Sprecherziehung, Kommunikation, Fragen, demokratische Kommunikationskultur, "Talk im Turm", Erich Böhme.
- Citation du texte
- Ingo Kallenbach (Auteur), 1997, "...und Ihr in Bonn könnt die Bude zumachen...", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94594