Als Karl der Große 814 starb, übernahm sein einziger noch lebender Sohn Ludwig der
Fromme die Herrschaft über das fränkische Reich. Schon sehr früh tauschte der neue Kaiser einen Teil seiner Berater aus. Hiervon waren unter anderem auch Wala und sein älterer Bruder Adalhard betroffen. Beide waren für Karl den Großen als Berater tätig. Jetzt aber verloren sie zunächst deutlich an Einfluß.
Ludwig, dessen Interessen verstärkt der Theologie und der Kirchenreform galten, reorganisierte zu Beginn seiner Herrschaft über das Frankenreich Hof und Regierung.
Um den problematischen Gegensatz zwischen unteilbaren, universellen Kaisertum und dem traditionellen gleichen Erbrecht aller legitimen Königssöhne zu beseitigen, wurde auf der Aachener Reichsversammlung im Juli 817 durch Ludwig und Große aus seiner Umgebung mit der Ordinatio Imperii ein klar geregeltes Thronfolgegesetz geschaffen. Die getroffenen Entscheidungen waren durch dreitägiges Fasten und Beten vorbereitet worden. Die konkret beschlossenen Maßnahmen betrafen jedoch nur Einzelpersonen. Lothar wurde zum Mitkaiser und Nachfolger Ludwig des Frommen gewählt, Ludwig und Pippin zu Königen erhoben. Deren Unterkönigtümer blieben jedoch weiterhin dem Kaiser unterstellt, beide waren gegenüber ihrem älteren Bruder zu Gehorsam verpflichtet. Weitere Erbteilungen wurden ausgeschlossen.
Entscheidend für die in der Folgezeit entstehenden Auseinandersetzungen war, daß in der Ordinatio Imperii Reich und Kirche als Einheit aufgefaßt wurden. Diese Einheit galt als von Gott gewollt und durfte auf keinem Fall durch Veränderungen zerstört werden.
Für reichlich Konfliktstoff um diese Einheit sorgte jedoch der Kaiser im Jahre 829 mit
der Ausstattung seines jüngsten Sohnes Karl mit einem eigenen Reichsteil. Ludwig verstieß hiermit gegen die Ordnung der Ordinatio Imperii. Aufgrund des Widerstandes der älteren Söhne und der Verfechter der Reichseinheit geriet das Reich in eine schwere Krise, in deren Verlauf es immer wieder zu neuen Kämpfen und Konflikten mit häufig wechselnden Bündnissen zwischen den Beteiligten kam. Die Vertreter der Reichseinheitspartei, zu denen auch Wala gehörte, wollten an der Ordnung der Ordinatio Imperii festhalten.
Diese Arbeit thematisiert die Idee der Reichseinheit am Beispiel des Abtes Wala von Corbie, des bedeutendsten Vertreters der so genannten „Reichseinheitspartei“.
Inhalt
1. Einleitung
2. Radbert´s Epitaphium Arsenii
2.1. Das Epithaphium Arsenii
2.2. Der Autor Paschasius Radbertus
3. Die Reichseinheitspartei am Beispiel Abt Walas von Corbie
3. 1. Lebensdaten Walas
3. 2. Zielsetzung und Vertreter der „Reichseinheitspartei“
3. 3. Wala als Verfechter der Reichseinheit
3. 4. Ursachen für das Scheitern des Reichseinheitsidee
4. Schlußbetrachtung
5. Quellen und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Als Karl der Große 814 starb, übernahm sein einziger noch lebender Sohn Ludwig der
Fromme die Herrschaft über das fränkische Reich. Schon sehr früh tauschte der neue Kaiser einen Teil seiner Berater aus. Hiervon waren unter anderem auch Wala und sein älterer Bruder Adalhard betroffen. Beide waren für Karl den Großen als Berater tätig. Jetzt aber verloren sie zunächst deutlich an Einfluß.1
Ludwig, dessen Interessen verstärkt der Theologie und der Kirchenreform galten, reor- ganisierte zu Beginn seiner Herrschaft über das Frankenreich Hof und Regierung.2
Um den problematischen Gegensatz zwischen unteilbaren, universellen Kaisertum und
dem traditionellen gleichen Erbrecht aller legitimen Königssöhne zu beseitigen, wurde auf der Aachener Reichsversammlung im Juli 817 durch Ludwig und Große aus seiner Umgebung mit der Ordinatio Imperii ein klar geregeltes Thronfolgegesetz geschaffen. Die getroffenen Entscheidungen waren durch dreitägiges Fasten und Beten vorbereitet worden.3 Die konkret beschlossenen Maßnahmen betrafen jedoch nur Einzelpersonen. Lothar wurde zum Mitkaiser und Nachfolger Ludwig des Frommen gewählt, Ludwig und Pippin zu Königen erhoben. Deren Unterkönigtümer blieben jedoch weiterhin dem Kaiser unterstellt, beide waren gegenüber ihrem älteren Bruder zu Gehorsam verpflich- tet. Weitere Erbteilungen wurden ausgeschlossen.4
Entscheidend für die in der Folgezeit entstehenden Auseinandersetzungen war, daß in der Ordinatio Imperii Reich und Kirche als Einheit aufgefaßt wurden. Diese Einheit galt als von Gott gewollt und durfte auf keinem Fall durch Veränderungen zerstört werden.5
Für reichlich Konfliktstoff um diese Einheit sorgte jedoch der Kaiser im Jahre 829 mit
der Ausstattung seines jüngsten Sohnes Karl mit einem eigenen Reichsteil.6 Ludwig verstieß hiermit gegen die Ordnung der Ordinatio Imperii. Aufgrund des Widerstandes der älteren Söhne und der Verfechter der Reichseinheit geriet das Reich in eine schwere
Krise, in deren Verlauf es immer wieder zu neuen Kämpfen und Konflikten mit häufig wechselnden Bündnissen zwischen den Beteiligten kam. Die Vertreter der Reichsein-
13.6.823 einen Sohn zur Welt, der nach seinem Großvater Karl genannt wurde. Siehe: Schieffer,
Die Karolinger, S. 125.
heitspartei, zu denen auch Wala gehörte, wollten an der Ordnung der Ordinatio Imperii festhalten.
Diese Hausarbeit thematisiert die Idee der Reichseinheit am Beispiel des Abtes Wala von Corbie, des bedeutendsten Vertreters der so genannten „Reichseinheitspartei“.
Als Quellengrundlage für das Thema dieser Arbeit dient Radbert´s Epitaphium Ar- senii, in welchem Wirken und Leben Walas beschrieben werden.7
2. Radbert´s Epitaphium Arsenii
2.1. Inhalt und Bedeutung des Epitaphium Arsenii
Radbert´s Epitaphium Arsenii ist die bedeutendste Quelle für Leben und Wirken Walas.
Das Werk ist in zwei Bücher eingeteilt. Das erste Buch wurde 837 oder 838, also relativ kurz nach Walas Tod im Jahre 836 geschrieben. Es handelt sich hier um eine in Dialog-
form verfasste Leichenrede zu Ehren des verstorbenen Wala, dessen langjähriger Weg-
gefährte der Autor Radbert war. Im ersten Buch behandelt Radbert einige wichtige Sta- tionen im Leben Walas. Er schildert zunächst Walas Leben am Hof, geht dann auf sein Wirken als Mönch und Abt von Corbie ein und berichtet von Walas Aufgabe als Bera- ter von Lothar in Italien. Die vom Autor gewählte Gesprächsform kann als literarische Besonderheit bezeichnet werden und gilt als einzigartig in der Literatur der Karolinger- zeit.8 Auch im etwa 15 Jahre später geschriebenen zweiten Buch wird diese Form bei- behalten.9 Eine weitere Besonderheit des Epitaphium Arsenii ist, daß der Autor für die am Gespräch teilnehmenden Personen Decknamen verwendet. Dies gilt auch für Wala, der Arsenius genannt wird, so wie für weitere im Gespräch vorkommende Personen. So werden im zweiten Buch Ludwig der Fromme Justinian, seine zweite Ehefrau Justina und die drei Söhne Honorius, Gratian und Melanius genannt.10
Radbert nennt sich selbst Paschasius. Er selbst fungiert als Erzähler, während im ersten Buch die Mönche Adeodatus, Severus und Chremes entsprechende Fragen stellen oder,
zu bereits Erzähltem, Ergänzungen beitragen.11 Die Verwendung von Decknamen und die gewählte Dialogform ermöglichten es ihm sehr eindringlich und ausführlich über
Walas Leben und dessen Taten zu berichten. Auf diese Weise konnte er unerkannt Kri- tik an Kaiser Ludwig und seiner Umgebung üben. Radbert sah in ihnen die Hauptver- wortlichen für die seiner Meinung nach unheilvolle Entwicklung im Reich.
„The traditional view ist that Radbert had to conceal his defence of Wala from hostile readers, and to say what could not easily be said.“12
Im zweiten Buch ändern sich die Gesprächsteilnehmer: der Mönch Severus war bereits verstorben und anstelle des an einen anderen Ort versetzten Chremes nimmt nun Theo- phrasus am Gespräch teil. Im Gegensatz zum ersten Buch sind die Beiträge der anderen
Gesprächsteilnehmer wesentlich geringer. Die Unterhaltung im zweiten Buch dreht sich nun um die Versammlung des Jahres 828 in Aachen, die Rebellionen der Jahre 830 und 833 sowie Walas Rückkehr in das Kloster Bobbio und seinen Tod 836.13
In beiden Büchern stellt Radbert Wala als einen frommen, stets weise und bedacht han- delnden Menschen dar. Er versucht Walas Verhalten und Handlungsweisen zu verteidi- gen und zu rechtfertigen. Als dessen langjähriger Weggefährte vermittelt er in seinem Werk ein stark idealisiertes, verherrlichendes Bild von Wala.
Paschasius: O good Lord Jesus, how tireless you made him in all the duties of love, how vigorous, effective, devoted! He did so much during his crowded ministery for care of the poor, guests, infirm; anxious for them before and above all things else during the day. At night, however after very little sleep, he, like Mary unwearied at the feet of the Lord Jesus, lay prostrate on the ground before the holy altar before and after the vigil of the brothers.14
Das Epitaphium Arsenii ist nach E. Dümmler in einer Handschrift erhalten. Diese ent- stand in Corbie und gehörte ursprünglich zum Bestand des Klosters. Dümmler datiert diese Handschrift auf den Anfang des 10. Jahrhunderts.15
2.2. Der Autor Paschasius Radbertus
Paschasius Radbertus wurde um 790 in der Umgebung von Soissons geboren, er starb um 859 in Corbie. Noch vor dem Jahre 812 wurde er Mönch und trat in das Kloster Corbie ein. Hier kam er in Kontakt mit Adalhard und Wala, deren Schüler und Beglei- ter er schließlich wurde. Von 844 bis 852 war er Abt von Corbie. Nachdem er sein Amt in Corbie niedergelegt hatte zog er sich in das Kloster St. Riquier zurück, um sich in den folgenden Jahren wieder seinen Studien zu widmen.16
Obwohl Mönch und später Abt, lebte Radbert nicht nur hinter, von der Welt abgeschie- denen, Klostermauern, sondern begleitete häufig seinen verehrten Abt und Lehrmeister Wala bei dessen zahlreichen Missionen im Reich. Hier kam er auch in Kontakt mit dem
fränkischen Hof. Radbert kann, für seine Zeit, als sehr gebildeter und mit den Werken der alten Dichter und Kirchenväter vertrauter Schriftsteller angesehen werden. In seinen Werken benutzt er einen Beinamen und nennt sich Paschasius Radbertus. Er war aktiv an den dogmatischen Streitigkeiten im 9. Jahrhundert beteiligt.17
Zu seinen Werken zählen unter anderem die „Vita sancti Adalhardi“, „De Corpore et Sanguine Domini“, die „Exposito in Lamentationes Jeremiae“ und das hier bereits be- handelte Epitaphium Arsenii.18
Besonders hervorzuheben wäre noch, daß Paschasius Radbertus hauptsächlich für die Entstehung der Pseudoisidorischen Fälschungen verantwortlich war. Der Inhalt der ge- fälschten Papstbriefe zielte auf den Schutz von Bischöfen vor Anklage oder Verlust des geistlichen Amtes ab. Als Folge der Ab – und Wiedereinsetzungen Ludwigs des From- men durch seine Söhne verloren etliche darin verwickelte Bischöfe ihr Amt. Vor dem Hintergrund der Ereignisse im Frankenreich in den dreißiger Jahren der 9.Jahrhunderts arbeitete Radbert, vermutlich gemeinsam mit Helfern, an der Erstellung falscher Papst- briefe im Kloster Corbie.19 Die bestens ausgestattete Abtei bot ihm hierfür eine ausge- zeichnete Grundlage an Texten. Als Gefolgsmann Walas stand Radbert ebenso wie die- ser in Opposition zum Kaiser.
[...]
1. Schieffer, Rudolf, Die Karolinger, 3. Auflage, Stuttgart 2000, S. 114.
2. Kempf, Friedrich u.a., Die mittelalterliche Kirche, Erster Halbband: Vom kirchlichen Frühmittelalter zur gregorianischen Reform, in: Handbuch der Kirchengeschichte (Band 3), Freiburg u.a. 1966, S. 121.
3. Fried, Johannes, Der karolingische Herrschaftsverband im 9. Jh. Zwischen „Kirche“ und „Königs- haus“, in: Historische Zeitschrift Band 235 (1982), S. 3.
4. Kempf, Die mittelalterliche Kirche, S. 125.
5. Ebd., S. 125.
6. Ludwig der Fromme hatte 819 ein zweites Mal geheiratet. Seine zweite Ehefrau Judith brachte am
7. Radbert´s Epitaphium Arsenii, hrg. von Ernst Dümmler (Abhandlungen der königl. preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin), Berlin 1900.
8. Ganz, David, Corbie in the Carolingian Renaissance, in: Beihefte der Francia Band 20 (1990), S. 113.
9. Weinrich, Lorenz, Wala Graf, Mönch und Rebell, in: Historische Studien, hrg. von Wilhelm Berges u.a. (Heft 386), Lübeck und Hamburg 1963, S. 8.
10. Ganz, David, The Epitaphium Arsenii and Opposition to Louis the Pious, in: Charlemagne´s Heir, New Perspectives on the Reign of Louis the Pious (814-840), ed. von Peter Godman und Roger Collins, Oxford 1990, S. 541.
11. Weinrich, Wala Graf, Mönch und Rebell, S. 7.
12. Ganz, The Epitaphium Arsenii and Opposition to Louis the Pious, S. 538.
13. Ganz, Corbie in the Carolingian Renaissance, S. 113.
14. Cabaniss, Allen, Charlemagne´s Cousins Contemporary Lives of Adalard and Wala, Syracuse, New York 1967, S. 112, Radbert´s Epitaphium Arsenii, Dümmler, S. 37: Pascasius. O domine bone Iesu, quam infatigabilem eum fecisti ad omnia dilectionis officia! quam strenuum, quam efficacem, quamque devotum! Satagebat enim circa frequens ministerium ita sollicitus, ut pauperum curam et hospitum atque infirmorum ante omnia et super omnia gereret in die; nocte vero somno expleto par- vissimi temporis, non minus ante vigilias frartum, quam post vigilias una cum Maria indefessus ad pedes domini Iesu coram sanctis altaribus prostratus humo iacebat.
15. Radbert´s Epitaphium Arsenii, hrg. von Ernst Dümmler , S. 16 f.
16. Cabaniss, Allen, Charlemagne´s Cousins Contemporary Lives of Adalard and Wala, Syracuse, New York 1967, S. 2.
17. Radbert´s Epitaphium Arsenii, hrg. von Ernst Dümmler , S. 7 f.
18. Lexikon des Mittelalters, hrg. von R.- H. Bautier u.a. 10 Bde, München 1980-1999, S. 1754.
19. Zechiel-Eckes, Klaus, Auf Pseudoisidors Spur. Oder: Versuch, einen dichten Schleier zu lüften, in: Monumenta Germaniae Historica Studien und Texte, hrg. von Wilfried Hartmann und Gerhard Schmitz (Band 31), Hannover 2002, S.12 f.
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