Alleinerziehende Mütter sind immer wieder mit der Pflege, Erziehung und Betreuung ihrer Kinder überfordert. Dennoch erfahren sie in der Gesellschaft wenig Verständnis und Zuspruch für ihre Lage. Auch die psychosozialen und wirtschaftlichen Lagen sowie die Bedürfnisse und Herausforderungen der Lebenswelten werden weitgehend außer Acht gelassen. Trotz Pluralisierung und neuer Lebens- und Familienformen wird Alleinerziehenden nicht selten mit Vorurteilen begegnet.
Eine Fall- und Feldanalyse soll die Umstände in einer solchen Einrichtung und vor allem die Bedeutung in den Fokus nehmen. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf der pädagogischen Entwicklung der Kinder. Denn die Kindheit ist eine bedeutende Phase im Leben, in der Weichen für die spätere Zukunft gestellt werden. Aus diesem Grund wird dem Wohl des Kindes eine hohe Bedeutung beigemessen. Falls das Wohl jedoch nicht gesichert ist, muss der Staat von seinem Wächteramt Gebrauch machen. Die im Kinder- und Jugendhilfegesetz verankerte gemeinsame Wohnform für Mütter und Väter mit ihren Kindern als eine von vielen Hilfsmöglichkeiten, bietet den allein sorgeberechtigten Elternteilen die Chance, ihre Erziehungskompetenzen zu stärken. Es ist auch eine Unterstützungsform für Schwangere in prekären Lebenssituationen, die aufgrund ihrer persönlichen Voraussetzung nicht in der Lage sind, allein Sorge für das Kind zu tragen und denen Unterstützungsangebote aus ihrem sozialen und familiären Umfeld fehlen.
Im Zentrum der Analyse stehen vor allem alleinerziehende Müttern, deren Kompetenzen zur Versorgung und Betreuung ihrer Kinder alleine nicht ausreichen. Gemeinsame Wohnformen, wie die Mutter-Kind-Einrichtungen, bieten eine Möglichkeit, diese fehlenden Kenntnisse und persönlichen Kompetenzen zu erweitern, um später ein selbständiges und eigenverantwortliches Leben mit Kind zu führen. Im theoretischen Teil werden die für die Arbeit relevanten Begriffe bezüglich des Themas Schwanger- und Elternschaft vorerst definiert.
Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG
2. THEORIE UND BEGRIFFSDEFINTION
2.1 Rechtsgrundlage
2.2 Lebensbewältigung
2.3 Der historische Kontext Sozialer Arbeit mit jungen Müttern
2.4 Elternschaft
2.5 Kindheit
2.6 Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung
2.7 Familie
2.8 Lebenslagen alleinerziehender Mütter
3. METHODISCHES VORGEHEN
3.1 Datenerhebung
3.1.1 Schriftliches Interview
3.1.2 Forschungsfeld
3.2 Datenauswertung
3.2.1 Qualitative Inhaltsanalyse
3.2.2 Merkmale Qualitativer Inhaltsanalyse
3.2.3 Allgemeiner Ablauf der qualitativen Inhaltsanalyse
3.2.4 Zusammenfassenden Inhaltsanalyse
3.3 Konkrete Umsetzung der Analyse
3.3.1 Einbettung in den Kommunikationszusammenhang
3.3.2 Formale Charakteristika
3.3.3 Richtung der Analyse
3.3.4 Auswertungs-, Kontext- und Kodiereinheit
3.3.5 Anwendung der zusammenfassenden Inhaltsanalyse
4. VORSTELLUNG DER ERGEBNISSE
4.1 Hauptkategorie “Lebenssituation, Problemfelder, Bedürfnisse Frauen“
4.2 Hauptkategorie “Institutionelle Rahmenbedingungen“
4.3 Hauptkategorie “Betreuung und Förderung der Kinder“
4.4 Hauptkategorie “Persönliche Aspekte der Interviewpartnerin“
4.5 Hauptkategorie “Corona-Pandemie“
5. FAZIT
5.1 Kritische Reflexion
5.2 Offene Fragen und Ausblick
LITERATURVERZEICHNIS
ANHANG
Anhang 1 - Forschungsmanual zur Erhebung
Anhang 2 - Einwilligungserklärung
Anhang 3 - Leitfadeninterview
Anhang 4 - Antworten Leitfadeninterview
Anhang 5 - Soziodemographischer Fragebogen
Anhang 6 - Anschreiben
Anhang 7 - Kategoriensystem
Anhang 8 - Auswertungstabelle
Anhang 9 - Zusammenfassende Auswertungstabelle
1. EINLEITUNG
Die Autorin hat sich dafür entschieden, die Fall- und Feldanalyse in einer Mutter-KindEinrichtung in durchzuführen, da sie durch privaten Kontakt mit einer Mitarbeiterin auf dieses Arbeitsfeld aufmerksam geworden ist. Die Erzählungen einer Mitarbeiterin des Mutter-KindHauses haben sie neugierig gemacht, sodass sie mehr über das Arbeitsfeld und die Einrichtung erfahren wollte. Des Weiteren ist sie bisher mit der Thematik von stationären Einrichtungen für Mütter bzw. Väter im Studium wenig in Berührung gekommen. Auch aus diesem Grund möchte sie sich in der vorliegenden Forschungsarbeit intensiv mit dieser Thematik beschäftigen, um ihr Wissen und ihre Kenntnisse in diesem sozialpädagogischen Arbeitsfeld zu erweitern. Außerdem hat sie das Gefühl, dass dem Arbeitsfeld der stationären Betreuung gesellschaftlich zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Obwohl sich die Mutter-Kind-Einrichtung in der Nachbarstadt ihres Wohnortes befindet, hat sie zuvor kaum bis gar nichts von dieser Einrichtung gehört. Die Autorin denkt, dass es Alleinerziehende schwer haben in unserer Gesellschaft anerkannt zu werden. Auch wenn alleinerziehende Mütter mit der Pflege, Erziehung und Betreuung ihrer Kinder mitunter überfordert sind, erfahren sie wenig Verständnis und Zuspruch für ihre Lage. Doch dabei werden die psychosozialen und wirtschaftlichen Lagen sowie die Bedürfnisse und Herausforderungen der Lebenswelten weitgehend außer Acht gelassen. Trotz Pluralisierung und neuer Lebens- und Familienformen werden Alleinerziehende abgewertet und ihnen wird nicht selten mit Vorurteilen begegnet. Die Auswahl des Themas steht im Zusammenhang mit der weiteren beruflichen Laufbahn der Autorin. Im August 2020 hat sie in der Schwangeren- und Familienberatung des Deutschen Roten Kreuzes in Bautzen eine Stelle als Beratungsfachkraft angetreten. Zu den Adressat*innen zählen überwiegend schwangere Frauen und Paare, die Unterstützung in finanziellen, wirtschaftlichen und sozialen Belangen benötigen. Zu ihren bisherigen Aufgaben gehört zurzeit die gemeinsame Antragstellung bei Stiftungen für Schwangere und Paare, die sich in einer finanziellen Notlage befinden. Nach § 219 StGB ist es vor einem Schwangerschaftsabbruch Pflicht, sich in einer Beratungsstelle einen Beratungsschein ausstellen zu lassen, damit ein Abbruch straffrei erfolgen kann. Es findet eine ergebnisoffene, anonyme und kostenlose Beratung statt, die dem Schutz des ungeborenen Lebens dient und der betroffenen Frau zu einer bewussten und verantwortungsvollen Entscheidung verhilft, mit der sie gut leben kann. Des Weiteren beraten wir Frauen rund um das Thema Schwangerschaft, z.B. hinsichtlich Erziehungspraktiken, Pflege und Betreuung sowie finanzieller Aspekten. Doch wenn die Schwangerschaftsberatung irn Kontext früher Hilfe allem nicht mehr' ausreichend ist und zusätzliche und umfassende Unterstützungs- und Hilfsangebote erforderlich werden, stellt die Mutter-Kind-Einrichtung eine wichtige und weitere Instanz dar. Um sich mit diesem Arbeitsfeld, welches mit der beruflichen Laufbahn der Autorin in Verbindung steht, genauer zu befassen, ist sie mit der Leiterin des Haupthauses der Eimichtung in telefonisch in Verbindung getreten. Sie sicherte ihr die Durchführung der Fall- und Feldanalyse zu und vermittelte sie weiter an die Interviewpartnerin, die als Sozialpädagogin in der Einrichtung arbeitet. Aufgrund der derzeit vorherrschenden außergewöhnlichen Umstände, konnte die Autorin mit der Interviewpartnerin nur telefonisch korrespondieren. Sie schilderte ihr die weitere Vorgehensweise und die Rahmenbedingungen für die Analyse. Die Autorin entschied sich bewusst gegen eine Durchführung der Fall- und Feldanalyse in ihrer ehemaligen Praktikumsstelle, da sie rückblickend sehr unzufrieden mit den Rahmenbedingimgen sowie der fachlichen Betreuung der Mitarbeiter*innen dort war. Das Thema der Feldanalyse umfasst die Rolle von Mutter-Kind-Einrichtungen für Mütter und ihre Kinder als pädagogisch institutionalisierte Wohnräume. Im Fokus steht die Perspektive einer Sozialpädagogin, die ihre professionelle Tätigkeit in der Eimichtung beschreibt. Aufgrund der aktuellen Situation bleibt es den Studentinnen von Seiten der Universität verwehrt, die Fall- und Feldanalyse vor Ort in der Institution auszuführen. Deshalb ist es nicht möglich gewesen, dort lebende Mütter zu interviewen mid ihre Lebenswelten zu rekonstruieren. Aus diesem Grund entschied sich die Autorin für ein Leitfadeninterview mit einer professionellen Sozialpädagogin, die ihr ihre Erfahrungen und Perspektiven in diesem Arbeitsfeld schilderte. Irn folgenden wird die Autorin auf die Relevanz des Themas der Fall- und Feldanalyse genauer eingehen. Kindheit ist eine bedeutende und wichtige Phase im Leben, in der Weichen für die spätere Zukunft gestellt werden. Aus diesem Grund wird dem Wohl des Kindes eine hohe Bedeutung beigemessen. Falls das Wohl jedoch nicht gesichert ist, muss der Staat von seinem Wächteramt Gebrauch machen. Die im Kinder- und Jugendhilfegesetz verankerte gemeinsame Wohnform für Mütter und Väter mit ihren Kindern als eine von vielen Hilfsmöglichkeiten, bietet den allein sorgeberechtigten Eltemteilen die Chance, ihre Erziehungskompetenzen zu stärken. Es ist auch eine Unterstützungsform für Schwangere in prekären Lebenssituationen, die aufgrund ihrer persönlichen Voraussetzung nicht in der Lage sind, allein Sorge für das Kind zu tragen und denen Unterstützungsangebote aus ihrem sozialen Netzwerk fehlen. Im Folgenden befasst sich die Autorin mit Müttern, deren Kompetenzen zur Versorgung und Betreuung ihrer Kinder alleine nicht ausreichen. Gemeinsame Wohnformen, wie die Mutter-Kind-Einrichtungen, bieten eine Möglichkeit, diese fehlenden Kenntnisse und persönlichen Kompetenzen zu erweitern, um später ein selbständiges und eigenverantwortliches Leben mit Kind zu führen. Im theoretischen Teil setzt sich die Autorin mit wichtigen Begriffsbestimmungen bezüglich des Themas Schwanger- und Elternschaft auseinander.
2. THEORIE UND BEGRIFFSDEFINTION
Für das sozialpädagogische Verständnis ist die Definition von wichtigen Begriffen unerlässlich. Aus diesem Grund wird die Autorin im Folgenden auf die zentralen Begrifflichkeiten und Themengebiete Lebensbewältigung, Lebenslagen lediger Mütter, den historischen Kontext Sozialer Arbeit mit jungen Müttern, Kindheit, Familie, Elternschaft, Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung eingehen. Da alle Bereiche wichtig für das theoretische Hintergrundwissen sind, wird im Folgenden auf sie eingegangen und kein Begriff ausgelassen. Um allerdings den Umfang nicht zu sprengen, verzichte ich auf eine ausführliche und detaillierte Beschreibung und gehe lediglich auf eine allgemeine Grundlagenbeschreibung ein. Beginnend wird die rechtliche Grundlage als Basis der pädagogischen Arbeit beschrieben.
2.1 Rechtsgrundlage
Die Mutter-Kind-Einrichtung ist ein stationäres Angebot nach § 19 SGB VIII durch welches Mütter in der Erziehung, Pflege und Betreuung ihrer Kinder unterstützt werden. Dabei steht im Mittelpunkt, die Mütter in ihrer Erziehungsfunktion zu bestärken sowie ihnen dabei zu helfen, ihre berufliche oder schulische Laufbahn fortzusetzen oder zu beginnen. Anspruch auf die gemeinsame Wohnform haben Mütter, die aufgrund ihrer persönlichen Voraussetzungen nicht in der Lage sind, allein Sorge für ihr Kind zu tragen. Das jüngste Kind muss unter sechs Jahre alt sein. Allerdings fallen Geschwisterkinder aus dieser Altersgrenze heraus. Auch das Alter der Mutter oder des Vaters ist nicht entscheidend. Es muss jedoch die Voraussetzung der alleinigen Sorgepflicht erfüllt sein. Letztendlich kann auch eine schwangere Frau vor Geburt ihres Kindes in eine Einrichtung aufgenommen werden, insofern sie nach der Geburt allein sorgeberechtigt ist und der Erziehung und Betreuung des Babys aufgrund ihrer persönlichen Voraussetzungen nicht alleine nachgehen kann. Um die fachlichen Standards zu sichern, arbeiten qualifizierte Fachkräfte in den Wohnformen. Ziel des gemeinsamen Zusammenlebens ist die Befähigung der Mütter und/oder Väter, für ihre Kinder ausreichend Sorge zu tragen, indem sie durch qualifizierte Fachkräfte Hilfe zur Selbsthilfe in den Bereichen Pflege, Erziehung und Betreuung erhalten. Dabei steht die Persönlichkeitsentwicklung der Eltern im Vordergrund. Um festzustellen, ob eine Persönlichkeitsentwicklung des Sorgeberechtigten vorliegt, werden regelmäßig die berufliche oder schulische Situation, psychische Belastbarkeit sowie das Maß an Selbstständigkeit in den Blick genommen (vgl. Fischer 2007, S.122-126).
2.2 Lebensbewältigung
Das Paradigma der Lebensbewältigung von Lothar Bönisch dient als theoretischer Hintergrund der Fall-und Feldanalyse. Mit dem Konzept der Lebensbewältigung beschreibt er die Bewältigung von kritischen Lebensereignissen, in denen die Aspekte des Selbstwertes, der sozialen Anerkennung und der Selbstwirksamkeit gefährdet sind. Situationen können von den Betroffenen als kritisch empfunden werden, wenn das psychosoziale Gleichgewicht bedroht ist und die vorhandenen persönlichen und sozialen Fähigkeiten nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, um dieses wiederherzustellen (vgl. Böhnisch 2018, S.24). In problematischen Lebenssituationen, die gekennzeichnet sind von fehlender sozialer Unterstützung und sozialer Teilhabe und Orientierungslosigkeit, handeln Betroffene antisozial, um so verloren gegangene Anerkennung und Selbstwert wiederzuerlangen. Durch sozial abweichendes Verhalten wird innere Hilflosigkeit abgespalten und ein befreiender und entspannter Zustand erreicht (vgl. ebd. S.25f.). Dabei ergeben sich unterschiedliche Bewältigungserscheinungen der Geschlechter. Die Geschlechterrollen werden durch Sozialisation in den Habitus übernommen und in alltäglichen Praktiken ständig reproduziert (vgl. ebd., S.41). Männer zeigen eher die Tendenz, sich in Krisensituationen durch externalisierendes Verhalten von Gefühlen der Hilflosigkeit zu lösen, wohingegen Frauen es mit sich selber ausmachen (vgl. ebd., S. 291). Durch das Konzept der Lebensbewältigung entsteht für die handelnden Sozialpädagog*innen ein Verständnis für die Lebenswelten und Zustände der Klient*innen, ohne diese für gut zu befinden. Außerdem kann dadurch nachvollzogen werden, wie und warum sich psychosoziale Probleme in den Lebenswelten manifestieren (vgl. ebd., S.24). Durch Modernisierungs- und Wandlungsprozesse müssen sich Menschen mit Entgrenzungen und damit einhergehenden neuen Bewältigungsformen auseinandersetzen. Vor allem die Sozialpädagogik hat es hauptsächlich mit Klient*innen zu tun, die sozial nicht mehr handlungsfähig sind und unter sozialer Desintegration leiden. Sie konnten in ihrem bisherigen Leben keine Kompetenzen entwicklen, um mit dieser inneren Hilflosigkeit umzugehen und kompensierten diese mit antisozialem Verhalten (vgl. Böhnisch 2016, S.22f.). Dabei steht das Konzept der Lebensbewältigung im Zusammenhang mit dem Lebenslagenbegriff. Damit wird ein theoretisches Konstrukt individueller Lebensweisen und Handlungsspielräume beschrieben, die sich im Kontext gesellschaftlicher Rahmenbedingungen ausformen. Sozialpädagogische Intervention hat wenig oder keinen Einfluss auf sozioökonomischen Aspekte wie Einkommen, den beruflichen Status und sozialpolitische Maßnahmen. Vor diesem Hintergrund lässt sich für die Sozialpädagogik eine Bewältigungslage konstituieren, die sich auf den Dimensionen des Ausdrucks, der Betroffenheit, der Anerkennung und der Abhängigkeit aufspannt. Sozialpädagogisches Handeln kann durch das Schaffen von funktionalen Äquivalenten den Klient*innen zu Wiedergewinnung sozialer Anerkennung verhelfen und einen Raum dafür geben, psychosoziale Befindlichkeiten zu thematisieren (vgl. ebd. S.26f.). Mütter, die mit der Lebensgestaltung und Fürsorge ihrer Kinder überfordert sind, befinden sich auch in einer kritischen Lebenssituation, in der sozialpädagogische Unterstützung unverzichtbar ist. Sie können in der gemeinsamen Wohnform mit professionellen Fachkräften ihre Befindlichkeiten ansprechen, die neue Rolle als Mutter mit den dazugehörigen Pflichten und Rechten übernehmen und eine stabile Beziehung zu ihren Kindern aufbauen.
2.3 Der historische Kontext Sozialer Arbeit mit jungen Müttern
Schon in den letzten Jahrhunderten hatten es ledige schwangere Frauen nicht leicht und haben von der Gesellschaft Missbilligung erfahren. So wurde ihnen der Zugang zu einer angemessenen gesundheitlichen Betreuung während der Entbindung und Versorgung des Säuglings rechtlich verwehrt. Auch waren sie finanziell schlechter gestellt, da Frauen generell mit einem niedrigeren Einkommen auskommen mussten. Aufgrund damals vorherrschender restriktiver Normen und Werte erfuhren Frauen, die unehelich sexuell aktiv wurden, gesellschaftliche Diskriminierung (Klees-Müller 1993, S.54). Dabei wird ein Widerspruch deutlich, der zeigt, dass ledige Mütter wenig Zuspruch erfahren haben, aber Mutterschaft im Rahmen der Ehe sozial anerkannt war. Konfessionelle Träger waren die ersten Institutionen, die sich solidarisch mit den ledigen Müttern zeigten, ihnen Hilfestellung bei damals typisch geschlechtsspezifischen Tätigkeiten gaben, sie materiell auffingen und ihnen ein Obdach zugestanden. Jedoch kann die Hilfe von Heimen und Zufluchtsstätten auch kritisch beleuchtet werden. Den ledigen Müttern wurde die Schuld an ihrer Lage gegeben und somit wurden sie gesellschaftlich stigmatisiert und diskriminiert. Auch wenn Mütter durch Heime aufgefangen und unterstützt wurden, wiesen sie eine Art Anstaltscharakter auf, wodurch die hilfebedürftigen Frauen weiterhin sozial ausgegrenzt wurden. Dabei war es möglich, die Mütter sozial zu kontrollieren und auf ihre Verhaltensweisen einzuwirken. Dabei wird wieder der Widerspruch zwischen Anerkennung der Mutterschaft innerhalb und außerhalb der Ehe deutlich (vgl. ebd., S.55f.).
Während und nach dem 1. Weltkrieg wurde das Feld der Heimerziehung immer größer aufgrund sozialpolitischer und rechtlicher Entwicklungen (vgl. ebd., S.57). Durch die Inkraftsetzung des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes 1924 schlossen sich konventionelle Verbände in der freien Wohlfahrtspflege zusammen, unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips. Dem Jugendamt wurden einheitliche Kontroll- und Aufsichtsaufgaben zugesprochen. Auch Neuerungen im arbeitsrechtlichen Mutterschutz und die Zunahme von katholisch-konfessionellen Einrichtungen kennzeichnete die damalige Lage bis 1930 (vgl. ebd., S.57f.). Während der NS-Zeit differenzierte sich das Bild der jugendlichen Fürsorge hinsichtlich seines ideologischen und rassenpolitischen Weltbildes. Jugendliche, die aus Sicht der Nazis minderwertig und nicht brauchbar waren, wurden durch den Staat selektiert und mussten in Anstalten verbleiben. Durch das „Gesetz zur Verhinderung erbkranken Nachwuchses“ wollte die nationalsozialistische Politik den Anteil “Minderwertiger“ reduzieren, z.B. durch die Schaffung von Bewahrungsanstalten. Auch ledige Mütter wurden gesellschaftlich geächtet (vgl. ebd. S.63ff.). Nach 1945 rekonstruierten sich neue MutterKind-Einrichtungen, die sich an den Vorstellungen vor 1933 orientierten. Die Mutter hat sich selbstverschuldet in ihre individuelle Notlage gebracht und soll jetzt durch Erziehung zur Verantwortungsbereitschaft gebracht werden. Dabei steht das Zusammensein mit dem Kind im Mittelpunkt, damit die Mutter daran wachsen kann. Allerdings lag der Fokus weniger auf der Mutter als auf den Bedürfnissen der Kindes (vgl. ebd., S.67f.). Ende der 60er Jahre gab es einen Wandel in der Heimerziehung, vor allem durch die Heimkampagne und neue Reformen. Man spricht von einer Entwicklung vom “Strafraum“ zum “Schonraum“. Dabei wurden die personellen, strukturellen und finanziellen Rahmenbedingungen deutlich verbessert. Trotzdem kommt es nicht selten zu Stigmatisierungen und Ausgrenzung von (ehemaligen) Heimkindern. Auch haben es viele schwer, sich auf dem Arbeitsmarkt zu behaupten und sich vollständig der sozialen Kontrolle, die ihnen stets auferlegt war, zu entziehen. Dadurch, dass Bewohner*innen individuell die Schuld an ihrer Lage zugesprochen wird und strukturelle Bedingungen außer Acht gelassen werden, sind sie im Leben weiterhin Belastungen ausgesetzt. Auch werden ihnen soziale Bezüge, z.B. zur Berufswelt, zu Nachbarn, Freunden oder anderen gesellschaftlichen Gruppen vorenthalten, sodass ihnen Erfahrungen dahingehend verwehrt bleiben. Die Erfahrungen im sozialen und gesellschaftlichen Raum werden also reduziert (vgl. ebd. S.69f.). Zusammenfassend lässt sich also konstatieren, dass Frauen der Willkür ihrer Männer und der Politik ausgesetzt waren, keine Mitspracherechte hatten und ihre rechtliche Situation stark eingeschränkt war. In der heutigen Lebenswelt ist die Erziehung nicht nur Aufgabe der Frau und auch ihre rechtliche Situation hat sich stark gebessert.
2.4 Elternschaft
Der Übergang zur Elternschaft ist ein einschneidendes, bedeutendes und wirkungsvolles Ereignis im Leben eines Menschen. Die Schwangerschaft, aber auch die Zeit nach der Geburt wird von Eltern unterschiedlich wahrgenommen. So werden die neuen Herausforderungen und Anforderungen an die neue Verantwortungsübernahme von einigen mit Glück und Freude assoziiert, während der andere Teil mit Überforderung zu kämpfen hat. Allerdings sind die Faktoren, die dieses unterschiedliche Empfinden begünstigen, empirisch nicht ausreichend belegt (vgl. Huwiler 1995, S.23). Es wird davon ausgegangen, dass die früheren Bewältigungsentwürfe sowie die Bedeutung der Herkunftsfamilie eine wesentliche Rolle spielen. Es muss berücksichtigt werden, dass der Übergang zur Elternschaft hinsichtlich verschiedener Phasen differenziert werden sollte, in denen körperliche, psychische und individuelle Veränderungen vollzogen werden (vgl. ebd., S.28f.). Auf die einzelnen Phasen wird die Autorin jedoch im Näheren nicht eingehen, da diese den Umfang sprengen würden (vgl. ebd., S.28f.). Die Bedeutung der Elternschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Aufgrund erweiterter Freizeit, Konsum- und Erwerbsmöglichkeiten verzichten viele junge Menschen auf Nachwuchs oder verschieben ihre Familienplanung in spätere Lebensphasen. Auch ist festzuhalten, dass Schwangerschaften nicht selten versehentlich passieren und unerwünscht sind. Die Schwangerschaft und die Erwartungen an das heranwachsende Kind sind mit positiven und zugleich negativen Emotionen verknüpft. Es kann weder als ausschließlich glückliches noch nachteiliges Ereignis gesehen werden. Aus diesem Grund ist die Elternschaft mit Bewältigungs- und Entwicklungsaufgaben verbunden (vgl. Lindner 2014, S.9). Um diese zu verstehen ist es zunächst notwendig herauszuarbeiten, was unter den Begriffen Kindheit , Kindeswohl und Familie verstanden wird.
2.5 Kindheit
Zunächst kann festgehalten werden, dass Kindheit eine soziale Konstruktion ist, die stets dem gesellschaftlichen Wandel und den Werten und Normen der jeweiligen Zeit unterliegt. Der französische Historiker Philippe Ariés befasste sich umfassend mit der Geschichte der Kindheit. Kindheit, als eigenständige Lebensphase in unserer modernen Zeit, gab es im Mittelalter nicht. Vielmehr wurden Kinder als Erwachsene behandelt, mussten die gleichen Arbeitstätigkeiten ausführen und ähnliche Kleidung tragen. Eigenständige und getrennte Lebensbereiche wurden ihnen nicht zu teil. (Andresen; Hurrelmann 2010, S.11ff.). Erst ab dem 14.Jahrhundert gab es einen Wandel in der Sicht von Kindheit und ihren Bedürfnissen. Kindlichen Eigenheiten wurde mehr Beachtung geschenkt, um die Kinder in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu verstehen. Ab dem 19.Jahrhundert wurde auch das Interesse an Bildung neu definiert. Kinder einer bürgerlichen Familie hatten die Möglichkeit, sich in Schulen oder durch Privatlehrer auf das künftige Leben vorzubereiten. Allerdings blieb Kindern aus ärmeren Familien dieser Luxus verwehrt, sie mussten weiterhin die gleiche Arbeit wie ihre Eltern verrichten. Erst Ende des 19. Jahrhunderts verbesserte sich auch ihre Lage durch Einführung der Schulpflicht, politischen Bewegungen und dem Kinderschutzgesetz. Durch diese Fortschritte entwickelten sich eigene Lebensbereiche für Kinder und die damit verbundene Kindheit (vgl. ebd., S.14ff.). Die Autorin ist der Ansicht, dass der damals mangelnde technische Fortschritt und die fehlende medizinische Versorgung einen großen Einfluss auf die Eltern-Kind-Beziehung sowie Kindheit an sich hatte. Denn aufgrund der hohen Sterblichkeit im Kindheitsalter war es gewissermaßen eine Art Selbstschutz der Eltern, keine emotionale Bindung zu ihren Kindern aufzubauen. Des Weiteren konnte ihr Überleben nur durch Einbeziehung der Kinder in die täglichen Arbeiten gesichert werden. Kindheit heute ist gekennzeichnet durch Pluralisierung und Individualisierung familiärer Lebensformen. Das traditionelle Familienbild aus Mutter, Vater und Kind verliert immer mehr an Bedeutung. Die Pluralität der verschiedenen Familienformen geht einher mit Scheidungen und Wiederheirat (vgl. Lindner 2014, S.10). Kinder werden mehr und mehr als Akteure und Subjekte ihrer eigenen Lebenswelt gesehen. In ihrer persönlichen Welt entwerfen sie eigene Fantasien und müssen mit Schwierigkeiten und Problemen zurechtkommen. Auch lernen sie in der heutigen Konsumgesellschaft als eigene Adressat*innen ihre Wünsche und Bedürfnisse zu äußern (vgl. Böhmisch 2018, S.83f.).
Wenn heute von Kindheit gesprochen wird, spannt sie sich in einem Spannungsverhältnis zwischen Eigenleben und Erziehung auf. Einerseits werden Kinder als eigenständige und selbstständige Akteure ihrer Lebenswelt betrachtet. Andererseits sind sie abhängig von ihrer familiären und sozialen Umgebung. Damit sich Kinder angemessen in ihrer Persönlichkeit entwicklen können, müssen sie sich auf ihre Umwelt verlassen können. Der sozialpädagogische Fokus sollte darauf abzielen, diese Balance zwischen Eigenleben und Erziehung zu ermöglichen (vgl. ebd., S.86). Sozialräumliche Umwelten sind durch Erwachsene immer mehr funktionalisiert und Kindern fehlt es an eigenen Räumen, in denen sie unter sich sind und sich in ihrem Eigensinn entfalten können. Dabei wird der Sozialpädagogik die wichtige Aufgabe zugesprochen, Kindern und Jugendlichen neue Räume und Zeiten zu formen, die frei von pädagogischen Zwängen sind und Kinder unter sich lassen (vgl. ebd., S.106).
2.6 Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung
Der Begriff Kindeswohl lässt sich nicht eindeutig definieren.Vielmehr handelt es sich hier um einen unbestimmten Begriff, dessen Definition innerhalb individueller Wertvorstellungen variieren kann. Es muss stets im Kontext gesellschaftlicher Entwicklungen betrachtet werden, ob Bedürfnisse der Kinder erfüllt werden. Dabei obliegt den Eltern vorrangig die Pflicht, für das Wohl, die Pflege und die Erziehung des Kindes Verantwortung zu tragen (Art 6. Abs. 2 Satz 1 GG). Falls jedoch die Eltern ihrer Verantwortung nicht angemessen nachkommen können, liegt es in der Verantwortung des Staates, einzuschreiten. Der Staat besitzt das sogenannte Wächteramt. Das bedeutet, dass bei Versagen der Fürsorgepflicht der Staat verpflichtet ist, als Wächter einzugreifen. Das Kinder- und Jugendhilfegesetz handelt entsprechend des Kindeswohls. Des Weiteren ist die rechtliche Definition des Begriffs in der UN-Kinderrechtskonvention verankert. Leitprinzipien sind dabei Hilfe und Unterstützung für Kinder und Teilhabe von Kindern. Dabei stehen die Rechte der Kinder, der Eltern sowie des Staates in einem Spannungsverhältnis. Durch die staatliche Kontrolle und den Eingriff in die Handlungsbefugnisse der Eltern sollen Gefahren für das Kind abgewehrt oder vermieden werden (vgl. Borsche 2005, S.950f). Wenn das körperliche, geistige und seelische Wohl des Kindes gefährdet oder nicht mehr gewährleistet ist, sind staatliche Eingriffe in das elterliche Erziehungsverhalten notwendig. Durch den Begriff “Kindeswohlgefährdung“ findet das Wächteramt des Staates seine Berechtigung. Es wird zwischen verschiedenen Formen der Kindeswohlgefährdung differenziert: der physischen und psychischen Misshandlung, dem sexuellen Missbrauch und der Vernachlässigung von Kindern (vgl. Lindner 2014, S.28). Es gibt verschiedene Risikofaktoren, die zu einer Kindeswohlgefährdung führen können. Allerdings ist es ein komplexes und multifaktorielles Geschehen und Risikofaktoren wirken auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichem Ausmaß. Zudem muss darauf hingewiesen werden, dass nicht jeder Risikofaktor automatisch zu einer Kindeswohlgefährdung führt. Der Kontext sowie die Schutzfaktoren sind entscheidend. Aspekte wie der Gesundheitszustand, die Milieuzugehörigkeit, der finanzielle Status und andere soziale Faktoren bedingen sich. Der gesellschaftliche Kontext bildet den Rahmen von verschiedenen Faktoren, die zu einer Kindesmisshandlung oder Vernachlässigung führen können. Dabei spielen Merkmale der Eltern, des sozialen Umfeldes und individuelle Aspekte des Kindes eine Rolle.
2.7 Familie
Aufgrund der verschiedenen Familien- und Lebensformen ist es schwierig, eine einheitliche Definition des Begriffes „Familie“ zu finden. Aufgrund des Bedeutungsverlustes der traditionellen bürgerlichen Kleinfamilie wird Familie definiert als eine Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt mit mindestens zwei Menschen aus unterschiedlichen Generationen. Allerdings bestimmen heute immer mehr Familienmuster das gesellschaftliche Bild, die der traditionellen Familiendefinition nicht entsprechen (vgl. Nünning; Stein 2013, S.7). Denn die personelle Zusammensetzung variiert innerhalb der Familie. Als Beispiel wären hier die außerehelichen Partner- und Lebensgemeinschaften und Patchworkfamilien zu nennen (vgl. Böhmisch 2018, S.91). Nave-Herz schreibt der Familie drei wesentliche Merkmale zu, wodurch sie charakterisiert wird. Die Reproduktions- und Sozialisationsfunktion, die Generationsdiffernzierung zwischen Eltern und Kind sowie gesellschaftlich vorherrschende Rollenzuschreibungen (vgl. Nave-Herz 2009, zitiert nach Lindner 2014, S.11). Bei einem Definitionsversuch von Familie sollte jedoch die Pluralität der verschiedenen Formen berücksichtigt werden. Familie wird nicht nur durch biologische Merkmale, sondern auch auf der emotionalen Ebene beschrieben. Denn Familie als beständiges und dauerhaftes System bietet Raum für emotionale Nähe, Liebesbeziehungen und Vertrautheit. Auch enthält Familie einen funktionalen Wert durch die gegenseitigen Hilfeleistungen von Alltagsaufgaben (vgl. Nanning; Stein 2013, S.19). Auch hinsichtlich der Aufgaben- und geschlechtsspezifischen Rollenverteilung sind Veränderungen zu vermerken. So tritt heutzutage auch die Frau in Deutschland nach der Elternzeit wieder ins Erwerbsleben ein - häufig in Form einer Teilzeitstelle und das Einkommen wird von beiden Partnern erwirtschaftet (vgl. ebd., S.8). In der vorliegenden Arbeit wird vor allem dem Familientyp der unverheirateten alleinerziehenden Elternteile Aufmerksamkeit geschenkt.
2.8 Lebenslagen alleinerziehender Mütter
Wissenschaftliche Prognosen gehen davon aus, dass es in den nächsten Jahren zu einer Zunahme von Alleinerziehenden kommen wird. Während die Geburten bei Minderjährigen zurück gehen, verlagert sich das Alter der Mütter bei Geburt nach oben (vgl. Höltershinken 1990, S.15). Auch geht der Trend bei jungen Frauen eher dahin, sich gegen eine zeitige Mutterschaft zu entscheiden, da sie negative Konsequenzen auf ihre schulische und berufliche Zukunft erwarten. Damit ändert sich das Rollenverständnis und die berufliche Karriere scheint wichtiger zu sein als die Übernahme der Mutterrolle (vgl. ebd., S.18). Ausgehend von Geschlecht als sozialer Kategorie, die sich am biologischen Geschlecht orientiert, haben sich im Laufe der Zeit verschiedene geschlechtsspezifische Rollenzuschreibungen entwickelt. Jungen und Mädchen übernehmen diese gesellschaftlich verankerten Rollen im Laufe ihres Sozialisationsprozesses (vgl. ebd., S.21). Dabei verbindet man hausfrauliche Tätigkeiten, fürsorgliche und emotionale Aufgaben mit typisch weiblichen Eigenschaften im Sozialisationsprozess. Während der Pubertät ergeben sich jedoch für junge Mädchen ambivalente Haltungen. So bieten beide Möglichkeiten, Mutterrolle und Konzentration auf den beruflichen Werdegang, positive wie negative Aspekte. Dabei ist anzumerken, dass der Fokus der Mädchen und ihrer Eltern eher auf der beruflichen und schulischen Orientierung liegt und das klassische Bild der Hausfrau verloren geht (vgl. ebd., S.21). Besonders Frauen aus sozial schwachen Milieus übernehmen eher die klassische Frauenrolle, da sie aufgrund mangelnder Bildung schlechtere Berufschancen haben. Verschiedene Autoren sind der Ansicht, junge Mütter würden durch zeitige Schwangerschaft versuchen, emotionale Zuwendung und Liebe der Eltern oder auch des Partners zu bekommen, was während der Kindheit nicht in ausreichendem Maße geschehen ist. Sie beschreiben den Bezug von Schwangerschaft auf die Identitätsentwicklung. Die jungen Mütter erhoffen sich Stabilität und Identität und die Übernahme des Erwachsenenstatus, obwohl sie selbst noch Kind sind und unerfüllte Bedürfnisse aus der Kindheit durch die Schwangerschaft zu befriedigen versuchen (vgl. ebd., S.22). Ledige Mütter haben es im privaten wie gesellschaftlichen Umfeld nicht leicht. Sie stoßen häufig auf Unverständnis und Verurteilung und müssen sich mit starken psychischen Belastungen auseinandersetzen. Auch die berufliche Situation verschlechtert sich durch die frühe Schwangerschaft, da die jungen Mütter ihre angefangene Ausbildung abbrechen müssen. Außerdem haben sie es im Vergleich zu anderen Frauen schwerer, sich auf dem Arbeitsmarkt zu behaupten (vgl. ebd., S.24). Im Vergleich zu Ehepaar-Familien sind alleinerziehende Mütter häufiger auf finanzielle staatliche Hilfe angewiesen aufgrund fehlender Ausbildung und Übernahme der Betreuungsaufgaben ihrer Kinder. Einige Untersuchungen belegen, dass ledige Mütter weniger in soziale Netzwerke integriert sind und auch auf Aktivitäten in Vereinen oder Organisationen aufgrund ihrer Lebenssituation verzichten müssen. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass das soziale Umfeld oft Vorurteile gegenüber den jungen Müttern hegt. Vor allem in Bezug auf die Erziehung und angemessene Bewältigung des Alltags bestehen Zweifel. Schlussendlich kann man festhalten, das junge Mütter vielen Belastungen ausgesetzt sind. Belastende Faktoren sind dabei die mangelnde materielle Sicherheit, geringe oder fehlende Ausbildungs- und Berufsabschlüsse sowie soziale Separierung (vgl. ebd., S.25).
3. METHODISCHES VORGEHEN
Im nächsten Teil der wissenschaftlichen Arbeit wird der Ablauf des Forschungsprozesses und die Arbeitsweise genauer geschildert.
3.1 Datenerhebung
Da die Durchführung des Interviews aus besonderen Gründen schriftlich ausgeführt werden musste, wird im folgenden Abschnitt das schriftliche Interview als wissenschaftliche Erhebungsmethode in der qualitativen Sozialforschung genauer beleuchtet.
3.1.1 Schriftliches Interview
Unter einem schriftlichen Interview versteht man eine problemlösende und selbstgeleitete Textproduktion, die durch Hilfe verschiedener Kommunikationsmittel ohne den unmittelbaren Einbezug des Interviewers stattfindet (vgl. Schieck 2014, S.380). Hauptsächlich erfolgt die Textproduktion mittels eines technischen Mediums. Durch das schriftliche Interview kann zeitliche Unabhängigkeit und eine Anonymität des Interviewers generiert werden. Es handelt sich nicht um eine Verschriftlichung des face-to-face Interviews, vielmehr entstehen Daten mit eigenem Charakter (vgl. ebd., S.381f.). Durch den Schreibprozess können persönliche Gefühle des Selbst sowie individuelle Erfahrungen verschriftlicht werden (vgl. ebd. S.384). Aufgrund fehlender Unmittelbarkeit können die Interaktionspartner nicht wechselseitig aufeinander reagieren, z.B. in Form von Unterbrechungen. Die Situation ist für den Interviewten geschützter und er kann nicht durch Bewertungen verbaler und gestischer Art beeinflusst werden (vgl. ebd. S.385). Der Text kann immer wieder korrigiert, überarbeitet, ausgefeilt und in seiner Struktur umgeformt und gekürzt werden (vgl. ebd. S.387). Die interviewte Person kann somit selbst entscheiden, wie sie sich äußerst. Textpassagen können zurechtgelegt werden und Erzählungen sind nicht der unmittelbaren Interpretation des Gegenübers ausgesetzt. Auch Informationen zum Entstehungshintergrund und Kontextwissen bleiben weitgehend ungewiss, außer es wird explizit danach gefragt (vgl. ebd. S.389f.).
3.1.2 Forschungsfeld
Für die Fall- und Feldforschung wurde das Arbeitsfeld der gemeinsamen Wohnformen für Mütter und ihre Kinder ausgewählt. Die Mutter-Kind-Einrichtung, in der die Interviewpartnerin sozialpädagogisch tätig ist, befindet sich im Norden von einer kleinen ostsächsischen Kreisstadt. Die Einrichtung bietet ein vorübergehendes Zuhause für junge und werdende Mütter. Die Fachkräfte der Einrichtung beziehen sich in ihrer Arbeit stets auf ein christlich-humanistisches Menschenbild. Dabei sind Glaubens- und Bekenntnisfreiheit wesentliche Aspekte. Die Beziehungsarbeit ist geprägt von einer vertrauensvollen, toleranten und respektvollen Beziehung. In einem von Nächstenliebe geprägten Umfeld können sich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene entsprechend ihrer persönlichen und eigenen Bedürfnisse und Neigungen entwickeln. In der Einrichtung leben Christen und Nichtchristen eng zusammen (vgl. Konzeption Mutter-Kind- Einrichtung “Kleeblatt-Wichtel, Stand 2016, S. 7ff.). Die Interviewpartnerin Anna ist in einer kleinen Gemeinde nahe Berlin geboren und wohnt derzeit in einer Kleinstadt in Ostsachsen. Sie ist im Jahr 1970 geboren und absolvierte nach ihrem Realschulabschluss an einer Polytechnischen Oberschule ihr Fachhochschulstudium als Heimerzieher*in. Sie ist nach wie vor als Erzieherin tätig.
3.2 Datenauswertung
3.2.1 Qualitative Inhaltsanalyse
Für die Auswertung des Interviews bot sich die Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring an.
Zunächst wird die Autorin einen Definitionsversuch der Begrifflichkeit „Qualitative Inhaltsanalyse“ vornehmen. Die Inhaltsanalyse befasst sich mit der Auswertung von Material, das aus Kommunikationsformen hervorgebracht wird. Allerdings sind nicht nur Kommunikationsinhalte Gegenstand der Analyse, denn auch formale Aspekte werden berücksichtigt (vgl. Mayring 2015, S.11). Es gibt viele verschiedene Auffassungen und Zielsetzungen der Inhaltsanalyse. Mayring grenzt die Inhaltsanalyse von anderen Methoden der Sozialforschung ab, indem er sie wie folgt charakterisiert: Die Inhaltsanalyse beschäftigt sich in systematischer Vorgehensweise mit jeglichen Kommunikationsformen wie Wort, Bild, Sprache und Musik, welche sich in festgehaltener Form auswerten lassen. Dabei wird regelgeleitet vorgegangen, damit der Betrachter es gut nachvollziehen kann. Des Weiteren ist das theoriegeleitete Vorgehen wichtig, um die Ergebnisse mit Hilfe von theoretischen Modellen bewerten zu können. Ein weiteres Merkmal ist, dass Inhaltsanalyse nicht nur für einen bestimmten Zweck durchgeführt wird, sondern auch Rückschlüsse auf die Intention und den Bedeutungshintergrund der befragten Person vorgenommen werden (vgl. ebd., S.12f.).
Die Unterschiede zwischen qualitativer und quantitativer Analyse sind vor allem sprachlicher Natur. Qualitative Begriffe umfassen Alltagsworte, wohingegen sich quantitative Begriffe auf ein Größensystem beziehen (vgl. ebd., S.17f.). Ein weiterer Unterschied lässt sich in der Messung festhalten. Qualitative Forschung arbeitet mit Nominalskalen, während sich quantitative auf Ordinal-, Intervall- und Ratio-Skalen bezieht (vgl. ebd., S.18f.). Ein weiterer Gegensatz wird im Selbstverständnis beider Wissenschaften sichtbar. Qualitative Sozialforschung hat den Einzelnen, das Individuum, im Blick. Quantitative Wissenschaft orientiert sich an allgemeinen Grundsätzen (vgl. ebd., S.19).
3.2.2 Merkmale Qualitativer Inhaltsanalyse
Im Folgenden stellt die Autorin sieben Merkmale der qualitativen Inhaltsanalyse vor. Die Einbettung der Materialien in ein Kommunikationsmodell ist ein wichtiger Schritt. Dabei wird der Kontext sowie der Entstehungshintergrund berücksichtigt. Die Auswertung des Materials muss für den Leser durch Kennzeichnung im Text immer ersichtlich sein. Durch Heranziehung eines passenden Orientierungsinstrumentes wird ein regelgeleitetes und systematisches Vorgehen gewährleistet. Ein Instrument zur Sicherstellung der Intersubjektivität des Analyseprozesses ist das Erstellen eines Kategoriesystems. Ein weiterer Aspekt ist der Gegenstandsbezug, welcher verdeutlicht, dass der Gegenstand im Mittelpunkt der Analyse steht. Dabei werden stets der theoretische Hintergrund sowie aktuelle Forschungsergebnisse herangezogen. Eine qualitative Inhaltsanalyse integriert auch immer Aspekte der quantitativen Forschung, insbesondere bei Verallgemeinerungen (vgl. ebd., S.50-54).
3.2.3 Allgemeiner Ablauf der qualitativen Inhaltsanalyse
Im weiteren Verlauf der Arbeit stelle ich die weitere Vorgehensweise und die allgemeinen Arbeitsschritte der Auswertung vor. Im ersten Schritt wird die Auswahl des Materials festgelegt. Darunter lassen sich die Analyse der Entstehungssituation und die formalen Charakteristika zuordnen (vgl. ebd. S.54f.). Danach liegt der Schwerpunkt auf der Interpretation der Ergebnisse. Dabei steht die Bestimmung der spezifischen Fragestellung im Mittelpunkt. Es muss vorab festgelegt werden, worauf die Analyse abzielen soll. Dabei können Aussagen über den Gegenstand, den emotionalen Zustand oder die Intention der interviewten Person und die Wirkungen beim Gegenüber gemacht werden. Im nächsten Schritt erfolgt die Einbettung der interpretatorischen Arbeit in einen theoretischen Hintergrund, um den bisherigen Stand der Forschung zu erschließen (vgl. ebd. S.58ff). Als nächstes ist die Entscheidung für eine bestimmte Analysetechnik notwendig. Dabei differenziert Mayring zwischen den drei Grundformen: Zusammenfassung, Explikation und Strukturierung. Die Zusammenfassung kennzeichnet sich durch Reduktion des Materials, um eine übersichtliche Anschauung der zentralen Aussagen zu gewährleisten. Bei der Explikation liegt das Augenmerk auf eingebrachten Ergänzungen und theoretischen Anhängen. Die Strukturierung konzentriert sich auf bestimmte Kriterien, die im Vorfeld festgelegt werden und anhand derer man sich orientiert (vgl. ebd. S.67). Im nächsten Abschnitt wird die weitere Vorgehensweise der zusammenfassenden Inhaltsanalyse beschrieben, da diese die Grundlage der Auswertung bildet.
3.2.4 Zusammenfassenden Inhaltsanalyse
Die zusammenfassende Inhaltsanalyse ist eine von drei Auswertungstechniken, die Mayring vorschlägt. Sie wird in ihrem Ablauf wie folgt beschrieben: Zunächst erfolgt das Paraphrasieren von bestimmten Textstellen. In diesem Schritt werden Wiederholungen und Ausschmückungen weggelassen und wesentliche Aussagen in einer knappen Form skizziert. Im zweiten Schritt erfolgt eine Neuformulierung der Paraphrasen durch Anheben auf ein bestimmtes Abstraktionsniveau. Im dritten Schritt werden Paraphrasen, die in ihrer Bedeutung gleich sind, gestrichen. Danach werden ähnliche oder gleiche Paraphrasen gebündelt. Paraphrasen, die in ihrem Inhalt variieren, werden durch Konstruktion oder Integration zusammengefasst. Anschließend wird ein neues Kategoriesystem auf Grundlage der zusammengefassten Aussagen gebildet. Im letzten Schritt erfolgt die Rücküberprüfung jenes Kategoriesystem mit dem Ausgangsmaterial (vgl. Mayring, 1985, S.194f.).
3.3 Konkrete Umsetzung der Analyse
3.3.1 Einbettung in den Kommunikationszusammenhang
Der Gegenstand der Analyse ist ein Interview einer weiblichen Sozialpädagogin, die in der Mutter-Kind-Einrichtung in kleinen Stadt im Osten arbeitet. Das Interview wurde im Rahmen der Fall- und Feldanalyse durchgeführt, um die Perspektive einer professionellen Sozialpädagogin darzulegen. Aufgrund besonderer Einschränkungen durch die Corona- Pandemie, konnte das Interview nicht wie geplant in einer face-to-face Konstellation durchgeführt werden. Aus diesem Grund korrespondierte die Verfasserin der Arbeit mit der Interviewpartnerin per E-Mail. Aufgrund der schriftlichen Formen lassen sich keine Informationen über Entstehungs- und Handlungshintergrund ableiten. Am 26.06.2020 erfolgte der erste schriftliche Kontakt mit Vorstellung und Erklärung der Interviewdurchführung sowie dem ersten Frageblock mit offenen Einstiegsfragen. Die Verfasserin sicherte der Interviewpartnerin Vertraulichkeit und Anonymität zu. Obwohl die Interviewpartnerin vom 28.06.2020 bis 12.07.2020 in den Urlaub fuhr, beantwortete sie den ersten Frageblock am 01.07.2020. Das ist für die Planung und Durchführung der Fall- und Feldanalyse sehr positiv und zeigt, dass sie sehr engagiert und bereit ist, sich mit dem Interview auseinanderzusetzen. Da sie keinen weiteren persönlichen oder wirtschaftlichen Nutzen aus dem Interview ziehen kann und es lediglich auf freiwilliger Basis beruht, ist es keine Selbstverständlichkeit sich in seiner arbeitsfreien Zeit damit zu befassen. Das wird ihr hoch angerechnet. Auch war die Interviewpartnerin, im weiteren Verlauf mit IP abgekürzt, stets bemüht den zeitlichen Rahmen von einer Woche für die Beantwortung der Fragen einzuhalten.
3.3.2 Formale Charakteristika
Das zu untersuchende Material liegt in schriftlicher Form vor. Die Antworten aus den E-Mails der IP wurden zur Auswertung in einem Dokument zusammengefasst und übersichtlich dargestellt.
3.3.3 Richtung der Analyse
Das vorliegende Material soll hinsichtlich der Fragestellung untersucht werden, wie eine professionelle Sozialpädagog*in ihre Perspektive und Arbeit in einer Mutter-KindEinrichtung schildert. Um zu erfahren, wie eine professionelle Sozialpädagog*in ihre Arbeit beschreibt, wurden mehrere Kategorien entwickelt, die sich in drei bis vier Unterfragen aufschlüsseln lassen. Diese Kategorien mit den Unterfragen dienen als erste grobe Struktur des Interviews. Damit wird die Richtung der Analyse festgelegt. Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring kann in drei Formen durchgeführt werden: Zusammenfassung, Explikation oder Strukturierung. Als Analysetechnik wurde die zusammenfassende Inhaltsanalyse nach Mayring gewählt. Die zusammenfassende Inhaltsanalyse hat zum Ziel, das Material so zu reduzieren, dass ein übersichtlicher Text mit den wichtigsten Erkenntnissen entwickelt werden kann (vgl. Mayring 1991, S.209).
3.3.4 Auswertungs-, Kontext- und Kodiereinheit
Da nur ein Experteninterview vorliegt, wird dieses als Auswertungseinheit definiert. Die Kontexteinheit umfasst den größten Textbestandteil, der einer Kategorie zugeordnet werden kann (vgl. Mayring 2015, S.61). Der größte Textbestandteil, der unter eine Kategorie fallen kann, sind alle vollständigen Antworten, die per E-Mail gesendet wurden. Die Kodiereinheit legt den kleinsten Textbestandteil fest. In diesem Fall sind es die inhaltstragenden Paraphrasen, die aus den Textbestandteilen gebildet wurden.
3.3.5 Anwendung der zusammenfassenden Inhaltsanalyse
Im ersten Schritt wurde eine Tabelle erstellt, in der die Analyse der Texteinheiten vorgenommen wurde. In der ersten Spalte wurden die Antworten der IP stichpunktartig pro Zelle eingefügt, um die inhaltstragenden Abschnitte schrittweise zu paraphrasieren. Danach wurden die gebildeten Paraphrasen generalisiert. Dazu war ein Abstraktionsniveau notwendig. Das Abstraktionsniveau wurde so gebildet, dass allgemeine Aussagen über die sozialpädagogische Arbeitsweise in der Mutter-Kind-Einrichtung möglich waren. Dazu wurden Ausschmückungen, Wiederholungen und unwesentliche Textbestandteile weggelassen. Paraphrasen, die dem Abstraktionsniveau entsprachen, wurden zusammengefasst beibehalten. Ebenso wurden Paraphrasen umschrieben und Wörter zusammengefasst, um dem Leser eine verständlichere und übersichtliche Abbildung darzulegen und die Formulierungen auf eine einheitliche Ebene zu bringen. Dabei wurde darauf geachtet, dass keine wesentlichen Inhalte verloren gehen und wichtige Aussagen, trotz Reduzierung und Umschreibung, erhalten bleiben. Im letzten Schritt in der Tabelle, der Reduktion, wurden doppelt auftretende und inhaltsgleiche Aussagen gestrichen und weitere bedeutsame Aussagen übernommen. Danach erfolgte der Schritt der Bündelung und Integration. Paraphrasen, die sich in ihrem Inhalt ähnelten oder gleich waren, wurden zu einer Aussage verbunden. Dabei wurden bereits Kategorien gebildet, die sich während der zusammenfassenden Inhaltsanalyse ergeben haben. Die Autorin entschied sich für die induktive Kategorienbildung, bei der die Kategorien anhand des zugrunde liegenden Materials gebildet wurden sind (vgl. ebd., S.85). Generalisierungen wurden je einer Kategorie zugeordnet. Wenn sich Generalisierungen keiner Kategorie zuordnen ließen, wurde eine neue Kategorie gebildet. Insgesamt haben sich neunzehn Kategorien gebildet (siehe Anhang 7 - Kategorien). Diese Unterkategorien winden in die unten zu sehenden Hauptkategorien eingegliedert. Die Hauptkategorien ließen sich hauptsächlich aus Themenkomplexen ableiten, die bei Entwicklung des Leitfadeninterviews entstanden sind. Es entstanden jedoch auch zwei neue Hauptkategorien, die sich wählend der Analyse ergeben haben (siehe Anhang 8 - Auswertungstabelle). Die gesamten Arbeitsschritte können in einer Tabelle im Anhang nachvollzogen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ausschnitt aus Anhang 7 - Kategorien
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ausschnitt aus Anhang 8 - Auswertungstabelle
4. VORSTELLUNG DER ERGEBNISSE
Im nachfolgenden Punkt werden die Ergebnisse der Unterkategorien, die sich aus der qualitativen Inhaltsanalyse gebildet haben, vorgestellt. Die Unterkategorien, die sich induktiv aus der Ausweitung abgeleitet haben, winden zu vier Hauptkategorien zugeordnet. Unter jeder Hauptkategorie winden die Unterkategorien in einer übersichtlichen Tabelle dargestellt.
4.1 Hauptkategorie “Lebenssituation, Problemfelder, Bedürfnisse Frauen“
In der Hauptkategorie “Lebenssituation, Problemfelder, Bedürfnisse Frauen“ spiegeln sich sechs Unterkategorien (UK) wider, die aus der zusammenfassenden Inhaltsanalyse hervorgegangen sind:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
K2. Die Mütter in der Einrichtung haben verschiedene Pflichten, denen sie nachgehen müssen. Aus der Analyse der Antworten ging hervor, dass vor allem Wert auf eigenständiges und selbstständiges Handeln der Mütter Wert gelegt wird. Im Umgang mit den Kindern obliegt ihnen die Aufgabe der Erziehung und Pflege, der Beschäftigung und Freizeitgestaltung. Weitere Aufgaben sind das Säubern des Wohnbereichs, hauswirtschaftliche Tätigkeiten und die Wahrnehmung von Terminen.
ÄS. Unter dem Punkt „Problemlagen der Mütter“ wird sichtbar, dass es vielen Müttern schwer fällt, die Mutterrolle zu übernehmen und eine Beziehung zu ihrem Kind aufzubauen. Hinsichtlich der Grundbedürfhisse Nahrung imd Hygiene, aber auch in den Bereichen Beschäftigung und emotionalem Verhalten, fällt es ihnen schwer, diese an ihren Kindern zu erkennen und angemessen zu erfüllen. Auch bringen sie vermehrt wenig Geduld im Umgang mit ihnen auf.
K10. Auf die Zusammenarbeit mit den Kindesvätem mid der Herkunftsfamilie wird sein viel Wert gelegt. Besuche, Telefonate mid regelmäßige Kontakte sind sein erwünscht, um positive Beziehungen zu erhalten und aufzubauen. Der Einbezug in alltägliche Aufgaben sowie gemeinsame Gespräche sind Schwerpunkte in der Beziehungsarbeit zwischen Vater, Mutter und Kind. Allerdings herrscht in der Einrichtung ein striktes Alkohol- und Drogenverbot, an das sich die Väter unbedingt halten müssen. In Absprache mit dem Jugendamt sind auch Beurlaubungen zum Vater möglich.
K16. Das Jugendamt stellt eine Fallanfrage, meistens in Verbindung mit einer Sozialpädagogischen Analyse und einem Genogramm. Gemeinsam im Team wird eine Entscheidung getroffen, ob der Fall in das Konzept passt und angenommen wird. In einer angenehmen und offenen Kennenlernsituation wird, meistens in Anwesenheit des Allgemeinen Sozialen Dienstes und der Bezugserzieher*in, die Einrichtung vorgestellt und offene Fragen geklärt. Bei Einzug in die Einrichtung erhält die Mutter eine Blume als Willkommensgeschenk und wird in die Regeln und Gegebenheiten eingewiesen. Um eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen, wird die Mutter bei Aufnahme intensiv begleitet und betreut.
K17. Vor Auszug aus der Einrichtung wird bei Bedarf ein*e Familienhelfer*in installiert. In einem gemeinsamen Gespräch mit der Bezugserzieher*in wird der konkrete Hilfebedarf, die Stundenzahl und eine ordentliche Übergabe geregelt. Auch externe Akteure, wie Ärzte und Kita, werden über den Auszug informiert.
K18. Auch Verweigerungen seitens der Klient*innen sind gelegentlich an der Tagesordnung. In Form von Einzel-, Krisen- und Teambesprechungen werden Probleme geklärt, Lösungen gemeinsam erarbeitet und Konsequenzen des Verhaltens aufgezeigt. Dabei gilt, die Klient*innen stets zu motivieren. Die Bereitschaft zur Mitarbeit ist Voraussetzung für eine gelingende und professionelle Arbeit. Ist diese nicht vorhanden, so bedarf es eines klärenden Gespräches über eine andere Hilfeform. Bei strikter Verweigerung wird die Einrichtungsleiter*in informiert und es findet ein Krisengespräch statt.
4.2 Hauptkategorie “Institutionelle Rahmenbedingungen“
In der Hauptkategorie “Institutionelle Rahmenbedingungen“ werden Rahmenbedingungen, organisatorische Aspekte, Strukturen, Aufgabenschwerpunkte der Pädagog*innen und die Zusammenarbeit im Team näher beleuchtet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Kl. Aus dem Interview wird ersichtlich, dass bei jedem Dienstwechsel eine Übergabe stattfindet. Die Zusammenarbeit ist geprägt von einer selbständigen und eigenverantwortlichen Arbeitsweise, die von regelmäßigen Team- und Fallbesprechungen begleitet wird. Entscheidimgen können eigenmächtig getroffen und bei Bedarf gemeinsam mit Kolleg*imien reflektiert werden.
K12. Das Kolleg*innenfeld setzt sich aus einer Sozialpädagogin mid 7 Erzieher*innen zusammen. Jeder Mutter wird ein/e Bezugserzieher*in zugewiesen. Für die Kasse, Belehrung und die Teamkoordination ist jeweils ein/e Kolleg*in verantwortlich. Des Weiteren haben zwei Pädagog*irmen die Funktion der Praxisanleiter*innen inne.
K13. Falls der Einrichtung mein finanzielle Mittel zur Verfügung stünden, würde die IP Musik-, Kunst- mid Reittherapien anbieten. In Betracht gezogen wird außerdem die Erweiterung des Grundstückes, des Gartens und der Spielfläche. Auch räumliche und bauliche Gegebenheiten der Wolmbereiche würden vergr ößert werden.
K7. Der Tag in der Mutter-Kind-Einrichtung beginnt 5:00 Uhr mit dem Wecken der Mütter, welche benifs- oder schulpflichtig sind. Spätestens 7:30 Uhr stehen die Mütter auf, welche keiner dieser Tätigkeiten nachgehen. 22:00 Uhr beginnt die Nachtruhe mid der Nachtdienst tritt semen Dienst an. Die Mütter und Pädagog*innen orientieren sich an Tages- mid Wochenplänen, die gemeinsam erstellt werden. Durch altersgerechte Spiel- und Entwicklungspläne und dem Einsatz von bestimmten kindgerechten Materialien entwickeln sie Ideen für die gemeinsame Zeit mit ihren Kindern. Auch Einschlaf-Rituale gehören zum Tagesgeschehen dazu.
Die pädagogische Arbeit wird mit Hilfsmitteln, wie Übergabebüchem, pädagogischen Tagebüchern mid Gruppenbüchern begleitet. Einmal irn Monat wird ehre Sitzung mit dem Kamenzer Verbund abgehalten und auch regelmäßige Gespräche mit der Einrichtungsleiterin finden statt.
[...]
- Citar trabajo
- Anónimo,, 2020, Die Rolle von Mutter-Kind-Einrichtungen für Mütter und ihre Kinder als pädagogisch institutionalisierte Wohnräume, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/944587
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